Lachen, bis die Jihadisten kommen

Man kann Witze über alles machen! Nur nicht über Mohammed, über Allah, über den Koran, über die Schriften?

Mit Salman Rushdie und den „satanischen Versen“ schien 1988/89 alles anzufangen. Im zunehmend säkularen Europa war das Thema Blasphemie vor 2004 nur noch selten zu einem Streitpunkt oder Rechtsfall geworden – schon gar nicht in diesem Ausmaß. Die Ermordung des niederländischen Regisseurs und Publizisten Theo Van Goghs im Jahr 2004 war ein Wendepunkt. Das künstlerische und kulturelle Leben in Europa denkt an Einschüchterungen und Selbstzensur: Europaweit werden Artikel oder Kunstwerke zurückgehalten oder zurückgezogen, Ausstellungen geschlossen bzw. Opern nicht aufgeführt – aus Angst vor möglichen Reaktionen von Islamisten. Kritiker „solch einer Selbstzensur“ sprachen von Kapitulation und Erpressung.

Dass gerade Satire und Religion leicht in Spannung geraten, haben Künstler immer wieder erfahren. So löste in Österreich der Karikaturist Gerhard Haderer einen Skandal aus, als er Jesus als liebenswerten Weihrauch-Kiffer darstellte. Pop-Queen Madonna sorgte für Wirbel, als sie sich während einer Bühnenshow an ein mit Spiegeln besetztes Kreuz hängen ließ und den Papst einlud, ihr Konzert in Rom zu besuchen. Muss man es gutheißen, wenn Femen-Aktivistinnen im Kölner Dom auf den Altar hüpfen? Natürlich nicht, aber man muss es ertragen. Dasselbe gilt auch für die Mohammed-Karikaturen.

Der Koran an sich enthält aber kein dezidiertes Abbildungsverbot des Propheten. Nur die Anbetung von Götterbildern – also der Götzenverehrung – ist strikt untersagt. Denn wie bei anderen monotheistischen Religionen ist der Hintergedanke jener, dass nicht das Bild wichtiger wird als das, was es repräsentiert.

«Unser wunderbares Wertesystem hat es geschafft, dass man auch den Papst karikieren kann und trotzdem steht niemand mit einer Pistole oder einer Kalaschnikow an der Tür. Diese Freiheit haben gerade wir Deutschen mühsam genug errungen. Wir sollten sie keinesfalls aufs Spiel setzen», sagt der deutsche Karikaturist Klaus Staeck, bekannt für seine politischen Poster.

Diese Form der Meinungsfreiheit ist ein durch und durch säkularer Wert, der in der Aufklärung gegen die Religionen und ihre Deutungshoheit über die Welt erstritten wurde.

Eine Gefahr droht aber kaum von Auflagen und Einschränkungen, sondern eher von der Selbstzensur der Medien- und Kunstschaffenden.

Dazu Salman Rushdie: „Was mich beunruhigt, ist die Leichtigkeit, mit der sich die Menschen in Europa und Amerika in ihren Grundfesten erschüttern ließen. Ich glaube, das Problem liegt darin, dass die Einschüchterung zunehmen wird und dass jene Werte, die im Westen hunderte Jahre Gültigkeit hatten, nämlich Satire, Lächerlichkeit, Witze, Lachen und Skeptik sowie die Bereitschaft, sich nicht vor jeder Macht auf den Boden zu werfen, an Kraft verlieren.“

Karikaturenstreit

Am 30. September 2005 veröffentlicht die dänische Zeitung „Jyllands-Posten“ 12 Karikaturen mit dem Titel „Die Gesichter Mohammeds„.

Daraufhin kam es weltweit zu Protesten muslimischer Organisationen, vom Boykott dänischer Produkte bis hin zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, bei denen mehr als 140 Menschen den Tod fanden und über 800 verletzt wurden. Dänische und norwegische Botschaften wurden angegriffen und teilweise zerstört.

Am 1. Februar 2006 druckten dann einige europäische Zeitungen eine oder mehrere der umstrittenen Karikaturen.

In Österreich erschienen diese in der Kronen Zeitung, der Kleinen Zeitung und der Sonntags-Rundschau.

In Deutschland veröffentlichte Die Welt alle zwölf Karikaturen, Die Zeit, FAZ, Tagesspiegel, Berliner Zeitung und die taz einige der Karikaturen, während Bild und Spiegel Online einen Abdruck ablehnten. Später veröffentlichten die beiden Magazine Der Spiegel und Focus im Zuge der Berichterstattung einige Karikaturen, woraufhin Ägypten den Verkauf der aktuellen Ausgaben verbot.

Flemming Rose, damals Feuilleton-Chef der dänischen Zeitung „Jyllands-Posten“, hatte die Karikaturen mit dem erklärten Ziel veröffentlicht, der in Europa um sich greifenden Selbstzensur, die er erkannt haben wollte, ein Zeichen im täglichen globalen Kampf für die freie Meinungsäußerung entgegenzusetzen.

In einem Begleittext zu den Karikaturen schrieb er damals, in einer säkularen Demokratie müssten alle Individuen und gesellschaftlichen Gruppen Hohn, Spott und Satire akzeptieren – auch Muslime. Das sei eine Form von Anerkennung und Inklusion: Ihr seid weder Gäste noch Fremde oder eine Randgruppe, sondern ein gleichberechtigter Teil der Gesellschaft.

Wer anfange, Tabus in der öffentlichen Debatte zu akzeptieren, gerate auf die schiefe Bahn. Dann könne jede gesellschaftliche Gruppe bestimmte Tabus für sich beanspruchen – am Ende sei die Meinungsfreiheit eine Karikatur ihrer selbst.

Der Begriff „Karikaturenstreit“ erreichte bei der Wahl zum Wort des Jahres 2006 in Deutschland den dritten Platz.

CHARLIE HEBDO – Humor bis zum Tod

Charlie Hebdo“ ist eine wöchentlich erscheinende Satirezeitschrift; sie gilt neben „Le Canard enchaîné“ als das bedeutendste Satiremagazin Frankreichs. Die Zeitschrift gehört zu den wenigen auf der Welt, welche im Februar 2006 die Mohammed Karikaturen aus der dänischen Jyllands-Posten nachgedruckt hatten. Bereits 2011 war die Wochenzeitung Ziel eines Brandanschlags, nachdem sie eine Abbildung des islamischen Propheten Mohammed auf ihrer Titelseite veröffentlicht hatte.

Am 7. Januar 2015 fand ein islamistisch motivierter Terroranschlag auf die Redaktion der Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ in Paris statt. Zwei maskierte Täter, die sich später zu Al-Qaida im Jemen bekannten, drangen in die Redaktionsräume der Zeitschrift ein, töteten und verletzten mehrere Anwesende und brachten auf ihrer Flucht einen weiteren Polizisten um. Am 9. Januar verschanzten sie sich in Dammartin-en-Goële; Sicherheitskräfte erschossen die beiden Täter.

Die Täter erschossen in der Redaktion zehn Personen: den Herausgeber und Zeichner Stéphane Charbonnier („Charb“), die Zeichner Jean Cabut („Cabu“), Bernard Verlhac („Tignous“), Philippe Honoré und Georges Wolinski, den Wirtschaftswissenschaftler und Mitinhaber der Zeitschrift Bernard Maris („Oncle Bernard“), den Lektor Mustapha Ourrad, den Kultur-Veranstalter Michel Renaud, die Psychiaterin und Psychoanalytikerin Elsa Cayat und den Personenschützer Franck Brinsolaro.

Der Anschlag erfolgte am Tag des Erscheinens des islamkritischen Romans „Soumission“ (Unterwerfung) von Michel Houellebecq in Frankreich. Der Roman beschreibt das Leben in Frankreich unter einem muslimischen Präsidenten.

Der Schriftsteller Salman Rushdie, der 1989 selbst Ziel einer Fatwa wurde, äußerte sich am Tag des Anschlags in einer Presseerklärung: „Religion, eine mittelalterliche Form der Unvernunft, wird, wenn sie mit modernen Waffen kombiniert wird, zu einer echten Gefahr unserer Freiheiten. Derartiger religiöser Totalitarismus hat zu einer tödlichen Mutation im Herzen des Islams geführt und wir sehen heute die tragischen Folgen in Paris. Ich stehe hinter „Charlie Hebdo“, so wie wir alle es tun müssen, um die Kunst der Satire zu verteidigen, die stets eine Kraft für die Freiheit und gegen die Tyrannei, Unehrlichkeit und Dummheit war. ‚Respekt vor der Religion‘ ist zu einer verschlüsselten Phrase mit der Bedeutung ‚Angst vor der Religion‘ geworden. Religionen, wie alle anderen Ideen, verdienen Kritik, Satire, und, jawohl, unsere angstfreie Respektlosigkeit.“

Angriffe auf Islamkritische Künstler

Februar
1989
Der iranische Staatschef Ajatollah Ruhollah Khomenei verurteilt den Autor Salman Rushdie mittels einer Fatwa zum Tode. Er ruft alle Muslime weltweit zur Vollstreckung des Urteils auf. Grund ist Rushdies Roman „Die satanischen Verse„.
November
2004
Der niederländische Islamkritiker Theo van Gogh bezahlt einen Film über die Unterdrückung der Frauen im Islam mit dem Leben. Er wird in Amsterdam von einem muslimischen Extremisten ermordet. Auf der Leiche hinterließ der Täter einen Brief mit Morddrohungen gegen weitere Niederländer.
Januar
2010
Der dänische Zeichner Kurt Westergaard, von dem die Mohammed-Karikaturen in „Jyllands-Posten“ stammen, entkommt nur knapp einem Attentat. Bereits 2008 hatten die dänischen Behörden Mordpläne gegen ihn aufgedeckt. Mehrere Verdächtige wurden festgenommen.
Mai
2010
Zwei Männer werfen Benzinflaschen durch ein Fenster in das Haus des schwedischen Mohammed-Karikaturisten Lars Vilks. Auf den Zeichner wurde bereits 2007 im Internet von einem El-Kaida-Ableger im Irak ein Kopfgeld von 150 000 Dollar (108.000 Euro) ausgesetzt.
Mai
2011
Ein Kopenhagener Gericht verurteilt den Tschetschenen Lors Dukajew für einen versuchten Anschlag auf die Zeitung „Jyllands-Posten“ zu zwölf Jahren Haft. Der 25-Jährige hatte sich 2010 in Kopenhagen bei der Explosion seines Sprengstoffes verletzt. Er wollte eine Briefbombe an die Redaktion der Zeitung schicken.
November
2011
Unbekannte verüben einen Brandanschlag auf die Redaktion des französischen Satireblattes „Charlie Hebdo“. Es brachte am gleichen Tag ein Sonderheft zum Wahlerfolg der Islamisten in Tunesien heraus und hatte sich dazu in „Scharia Hebdo“ umbenannt. Als Chefredakteur war „Mohammed“ benannt worden.
Februar
2013
Der dänische Journalist Lars Hedegaard übersteht in Kopenhagen ein Attentat unverletzt und kann den unbekannten Täter selbst in die Flucht schlagen. Zuvor hatte eine Pistolenkugel den Kopf des Islamkritikers knapp verfehlt
Januar
2015
Die Brüder Chérif und Saïd Kouachi stürmen am 7. Janur in Paris die Redaktionsräume des religionskritischen Satiremagazins „Charlie Hebdo„. Sie erschießen zwölf Menschen, darunter neun Journalisten.

Festakt zu „70 Jahre Republiksgründung“ in der Hofburg

Die Spitzenpolitik hat am Montag dem 70. Jahrestag der Wiedererrichtung der Republik gedacht. Rund 600 Gäste waren der Einladung von Bundespräsident Heinz Fischer zu einem Staatsakt in der Hofburg gefolgt. Dabei erinnerte er daran, dass Österreich nicht nur Opfer Hitler-Deutschlands war, sondern auch Täter. Betont wurde auch die besondere Verantwortung Österreichs bei der Flüchtlingshilfe.

Bereits Montagfrüh hatten Fischer und die gesamte Bundesregierung beim Staatsgründungsdenkmal im dritten Wiener Gemeindebezirk Kränze niedergelegt. Bei dem im Schweizer Garten nahe dem Belvedere errichteten Denkmal finden sich auch die wichtigsten Passagen der Unabhängigkeitserklärung in Stein gemeißelt. Die an der provisorischen Staatsregierung beteiligten Parteien – SPÖ, ÖVP und KPÖ – hatten am 27. April 1945 die Unabhängigkeitserklärung unterzeichnet. Die Republik war darin als „wiederhergestellt“, der Anschluss an Nazi-Deutschland für „null und nichtig“ erklärt worden.

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10 Dinge, die man nach einer Flugzeug-Katastrophe nicht sehen/hören/lesen will!

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  1. Berichte direkt von der Unfallstelle/dem Trümmerfeld. Bevorzugt mit einem Reporter, der ein Fundstück (Teddybär, Kinderpuppe etc.) in der Hand hält.
  2. In die Liveberichterstattung eingebautes Archivmaterial der Art „Best of-Flugzeugabstürze“ mit den spektakulärsten Katastrophen der Vorjahre.
  3. Luftfahrtexperten, die immer nur wiederholen, dass sie „zum derzeitigen Zeitpunkt“ nichts sagen können. Und dennoch auf penetrante Weise weiterbefragt werden…
  4. Liveschalten an die Frankfurter Börse, wo man betroffen einen Chart einblendet, nach dem die Aktie der Airline XYZ um ganze 2,837 % eingebrochen ist.
  5. Genüsslich ausgewälzte Gedanken, was den Opfern in den langen Minuten während des Sinkflugs und vor dem Absturz wohl durch den Kopf gegangen sein mag.
  6. Reporter, die sich am Zielflughafen auf die Lauer legen, um dort Angehörige oder Freunde der Unfallopfer für ein paar O-Töne zu überfallen.
  7. Bildergalerien mit Porträtfotos von Absturzopfern, die von deren persönlichen Facebookseiten oder Homepages zusammengeklaut wurden.
  8. Die Gefühle der trauernden Angehörigen verletzende und auch ansonsten geschmacklose Fotos von verkohlten Leichen auf der Titelseite.
  9. Idiotische Spekulationen über den Piloten/Copiloten (zu jung, zu alt, depressiv, Alkoholiker, Liebeskummer, Drogenkonsum, Party im Cockpit etc.).
  10. Wilde Ursachenforschung und Verschwörungstheorien. Bevorzugt mit Fragezeichen, um jederzeit wieder davon abrücken und neu drauflos spekulieren zu können.

DANKE!

Kunst, Blasphemie und Meinungsfreiheit

APA: Bei einer Veranstaltung mit dem islamkritischen Künstler Lars Vilks in Kopenhagen ist es am Samstag zu einer Schießerei gekommen. Laut Medienberichten wurde dabei ein Zivilist getötet, drei Polizisten wurden verletzt. Mindestens 40 Schüsse wurden abgefeuert. Auch Frankreichs Botschafter Francois Zimeray nahm an der Veranstaltung teil.

Mit automatischen Waffen wurde ein Kulturhaus im Stadtteil Österbro, in dem der schwedische Mohammed-Karikaturist Lars Vilks und zahlreiche andere Menschen über Kunst, Gotteslästerung und Meinungsfreiheit diskutierten, unter Beschuss genommen. Die Polizei geht davon aus, dass der Angriff Vilks galt, der schon mehrfach Ziel von Anschlägen war. Die dänische Regierung sprach von einem „Terrorakt“. Vilks blieb wie auch Zimeray unverletzt.

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UPDATE:

In der Nacht kam es vor einer Synagoge und später dann auf einem Bahnhof zu weiteren Schusswechseln. Dabei wurden zwei weitere Menschen getötet. Die Schüsse in der Nacht vor der Synagoge in Kopenhagen trafen demnach einen jungen jüdischen Wachmann tödlich in den Kopf. Das sagte der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde, Dan Rosenberg Asmussen, dem dänischen Sender TV2 News. „Er war Mitglied der jüdischen Gemeinschaft und kontrollierte die Menschen, die in die Synagoge zur Feier einer Bar Mitzwa kamen“, sagte Asmussen.

Während bereits eine landesweite Großfahndung nach den flüchtigen Tätern lief – ursprünglich ging man von mehereren Attentätern aus -, eröffnete ein bewaffneter Mann am Bahnhof Noerreport das Feuer auf die Polizei, die ihn daraufhin erschoss.