Keine Witze über Hitze ?

UND WARUM NICHT?

Jeder Witz ist potenziell unanständig, ungerecht, verachtungsvoll, herabwürdigend, beleidigend, rücksichtlos, grausam.

Wir leben in aggressiven, überhitzten, enthemmten Zeiten, die Meinungs- und Kunstfreiheit wird immer wieder heftig strapaziert. Ob Shitstorms im Schutzraum der Internet-Anonymität, Erdogan-Schmähgedichte, Trump-Gemeinheiten, Pegida-Pöbeleien oder mörderische Attacken wie die gegen „Charlie Hebdo“ oder andere Mohammed-Karikaturen – die Frage, wer wen überzeichnet und was Satire darf, ist politischer denn je. Der Witz als Gefahrenzone: In Diktaturen riskiert mancher mit Witzen sein Leben. In Demokratien steht unterumständen die Karriere auf dem Spiel, oder zumindest der bisherige Ruf nicht „rechts(extrem)“ zu sein.

Der Witz, die Satire, der Spott gehören zum Wesen der Demokratie.

Sein Grundgestus ist der Tabubruch, die Subversion, auch deshalb handelt er oft von Sex und Macht und Gott und Tod. Sein Material ist in sehr vielen Fällen ein Vorurteil, ein Ressentiment, unterdrückter Hass, Rassismus, Sexismus, Antisemitismus, Gewaltfantasie, ein gesellschaftliches No-Go. Der Witz, schrieb Sigmund Freud in „Der Witz und seine Beziehung zum Unbewussten“ ist triebgesteuert. Will heißen, in der Pointe wird der Prozess der Zivilisation für einen Augenblick zurückgenommen, Freud nennt es „ersparten Hemmungsaufwand“.

Jeder Witz ist potenziell unanständig, ungerecht, verachtungsvoll, herabwürdigend, beleidigend, rücksichtlos, grausam. Das macht ihn aber auch oft so lustig.

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