Eine Frage, eine Antwort

Frage

Welches Wahlergebnis siehst Du auf uns zukommen? Ich habe zum ersten Mal ein ganz ganz schlechtes Gefühl. Ich selbst bin gut versorgt, es ist also derzeit keine persönliche Angst, sondern tiefste Besorgnis um unser Land, alleine schon die letzte Interviews und Berichte von Besuch bei Orban, Stenzels Rede bei der Gedenkveranstaltung und Kurz Interview bei Armin Wolf.

Werden diese Parteien tatsächlich gewählt werden?

Antwort: JA

Warum?

Zum 80. Geburtstag (2009) sagte Lord Ralf Dahrendorf, KBE, FBA: „Jetzt sind wir in einer Phase der Unsicherheit. Ein neues Profil sehe ich noch bei keiner Partei. Aber ich sehe neue Fragen, bei denen es alle Parteien mit der Angst kriegen.

Zwölf Jahre vorher (in Deutschland regierte Kohl, in Österreich Viktor Klima, wir zahlten mit Schilling & D-Mark, die osteuropäischen Staaten gehörten noch nicht zur EU, 9/11 war noch nicht geschehen) hat er ein Essay (zu finden im ZEIT-Archiv) über die Probleme der Globalisierung geschrieben und ein der Demokratie überdrüssiges autoritäres 21. Jahrhundert in Aussicht gestellt.

„Ein Jahrhundert des Autoritarismus ist keineswegs die unwahrscheinlichste Prognose für das 21. Jahrhundert.“

Und weiter, Stichwort: Orban, Hofer & Co.:

„Die einzige Alternative (Anmerkung OMG: zur Globalisierung), die aggressive Regionalisierung oder der Fundamentalismus (Integrismus), ist fast strukturnotwendig von Führungsstrukturen geprägt, die man nur als autoritär beschreiben kann.“

Die Statistik bestätigt Dahrendorf. 2014 votierten in einer Sora-Umfrage 29 Prozent in Österreich für einen „starken Führer, der sich nicht um Wahlen und Parlament kümmern muss„. Im Detail: Die Differenzen zwischen 2007 und 2017 sind erheblich, besonders hervorzuheben ist, dass der Anteil jener Menschen, welche diese Aussage völlig ablehnen, von 2007 auf 2017 um ein Viertel auf 45 Prozent gesunken ist und sich der Anteil jener Menschen, welche dieser Aussage eher zustimmen, nahezu verdreifacht hat.

Jahrelang kultivierte die avancierte Linke (SPD bei 12%, SPÖ gerade noch so im Kampf um Platz 2 bei der NR-Wahl) eine Ungleichheit, die Gruppen betrifft (LGBT, Schwule, Muslime, Frauen, …, sie brauchen immer ein Mündel!). Darüber vergaßen sie die soziale Ungleichheit.“

Man findet mehr Artikel über die Benachteiligung von LGBT, als über Notstandshilfeempfänger über 55. Das führt wiederum zu einem Vertrauensverlust in die Medien, und einem fast täglich weiter Auseinanderklaffen der öffentlichen und er veröffentlichten Meinung.

Die Rechten spielen jetzt gekonnt die einen gegen die anderen aus: die Abgehängten gegen die Diskriminierten. Das funktioniert wie wir sehen ziemlich gut.

Folge: Der Populismus erobert das Terrain der Linken. Denn das linksliberale Milieu kämpft gegen (vermeintliche) Diskriminierungen von allem und jedem – aber nicht mehr für die Interessen der unteren Schichten. Damit stehen sie vor dem kaum lösbaren Problem: dem Problem, dass sich die beiden Ungleichheiten nicht verbinden lassen. Sie sind – mittlerweile – so gegeneinander gerichtet, dass es das eine, was nottäte, verunmöglicht: eine linke/linksliberale solidarische, strategische Allianz der Unterdrückten.

Heute sind es von den USA bis Deutschland, von Schweden bis Österreich die wirtschaftlichen Verlierer der Globalisierung (Abgehängten), die jenes autoritäre Jahrhundert anbrechen lassen, vor dem Dahrendorf gewarnt hatte.

Der frühere Ökonom der Weltbank Branko Milanović hat in seiner Studie „Die ungleiche Welt“ jüngst eindrucksvoll dokumentiert, dass es die Arbeiterschaft und die unteren Mittelschichten in den reichen Mitgliedsländern der OECD sind, die durch die Globalisierung an Wohlstand und Sicherheit eingebüßt haben.

DETAILS AM RANDE: Plastik, Atomreaktoren, Co² und Islam
  • Wir verbieten Plastik-Trinkhalme (und fühlen uns gut), aber 95% des Plastik in den Meeren stammen aus 8 asiatischen und 2 afrikanischen Flüssen.
  • Wir „schaffen‘s gemeinsam aus der Klimakrise“ (auf Wahlplakaten). Der Anteil Österreichs an den CO²-Emissionen in der EU liegt 2018 laut Eurostat bei 1,7 Prozent. (0,17% weltweit).  (MEHR HIER)
  • Wir steigen (Deutschland) aus der Atomkraft aus, weltweit sind 82 Kernkraftwerke in Bau oder Planung. Wir setzen auf Windstrom, der dort entsteht, wo er nicht gebraucht wird, bauen die Netzstruktur nicht aus, aber lassen Stromzockerei an Börsen zu, und werden uns beim Blackout wundern.
  • Wir nehme eine vorauseilend gehorsame Haltung (aus der panischen Angst nicht politisch korrekt zu sein) vor einer rückständigen Religion ein, dulden damit eine Re-Religionisierung des Alltags, und eigentlich progressive Menschen verteidigen plötzlich ein reaktionäres, frauenfeindliches Weltbild. Noch vor 25 Jahren wäre es für Linke undenkbar gewesen, FÜR die Ausweitung von Privilegien einer Religion einzutreten, vor allem wenn es auf dem Rücken von Frauen passiert. Z.B. war vor Erdogan in der Türkei ein Kopftuchverbot an allen öffentlichen Schulen und Universitäten in Kraft. (Eine Studie der Stadt Wien (2016) mit Jugendlichen hatte bei 47 Prozent der Jugendlichen aus muslimischen Familien antisemitische Einstellungen festgestellt, Jugendliche aus christlich-orthodoxen Familien teilten solche zu 27, aus katholischen zu 7%.)
Kurz, Orban, Salvini, Morawiecki, Le Pen & Co.

Daran sollt Ihr sie erkennen – Was sie wollen:

  • Sie wollen die Wahlsysteme so verändern, dass Mehrheitsparteien bereits mit 40 Prozent der Stimmen Zweidrittelmehrheiten bei den Mandaten erzielen.
  • Sie möchten die Medien, vor allem das Fernsehen, den jeweiligen Regierungen unterstellen: durch staatliche Finanzierung und/oder Beteiligung regierungsnaher Unternehmen.
  • Sie wünschen sich Wirtschafts- und Strukturhilfen aus Brüssel, lehnen jedoch soziale Verpflichtungen ab.
  • Sie möchten eine europäische Grenzarmee, die den Kontinent zur Festung macht. Einwanderer aus den islamischen Ländern werden als Erste zurückgeschickt.
  • Im Inneren der Länder wird ein Apparat zur Überwachung der Bürger aufgebaut, der weitgehende Vollmachten unter Ausschaltung der Justiz hat.
Und zur kommenden Wahl?

Das ewige Dilemma der österreichischen Politik: Wenn es keine Koalition aus Rot und Schwarz werden soll, dann bleibt nur eine absolute Mehrheit (nicht mehr realistisch) oder eben eine Koalition mit der FPÖ. So alle paar Jahre versucht es dann eine Partei: 1983 ließ sich die SPÖ auf eine Koalition ein, was 1986 scheiterte; im Jahr 2000 dann die ÖVP, was 2006 schiefging. Jetzt wars halt wieder einmal die ÖVP.

Zum Beweis für die Richtigkeit Dahrendorf’s Prophezeiung schreibt heute derstellvertretender Chefredakteur und Leiter der Politikredaktion der ZEIT ( die noch 1997 Dahrendorfs Essay veröffentlicht hatte) Bernd Ulrich (Eigendefinition: katholisch, vegan, Schalker):

Umgekehrt: weil mir Freiheit das wichtigste ist, will ich einen starken Staat, auch einen ökologisch tatkräftigen. Freiheit gegenüber dem Staat ist mehr so 20. Jahrhundert, Freiheit durch den Staat mehr so 21.

(Wohl so eine Art “ZEIT”-autoritäres Öko-Sozialkredit-System, so nach dem Motto: trenne Müll, vermeide CO² & sei vegan, dann gibt’s auch Freiheit. Von China lernen, heißt siegen lernen! – SOLLTE MAL INS ZEIT ARCHIV GEHEN DER GUTE MANN),

daher:

Ja, sie werden gewählt werden,
Ja, es wird autoritärer.

Laut Dahrendorf bringt die Globalisierung eine Phase von „autoritären Verfassungen“ – mit dem „Trost“, dass „sie weder so katastrophenträchtig noch so prekär sind wie totalitäre Diktaturen“

 

 

 

 

 

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