Kunst und Kultur in Andi Bablers Restekorb mit Wohnen und Sport
Es gibt Sätze, die schlagen ein wie ein Vorschlaghammer auf einen leeren Pappkarton. Sie sind so hohl, dass sie beim Aufprall nicht einmal knistern. „Kunst und Kultur gemeinsam mit Wohnen und Sport“ – so lautet die jüngste Komposition des sozialdemokratischen Österreichs, ein Satz, der in seiner Lautlosigkeit an eine diskret ablaufende Stilllegung erinnert. Der gelernte Parteimensch weiß: Wo kein Aufschrei, da kein Problem. Die Zusammenlegung von Ressorts ist keine politische Innovation, sondern eine grammatikalische Fusion, die vor allem eines bezweckt: die lautlose Abschiebung dessen, was man sowieso nicht mehr für nötig hält.
Die Kunst der Marginalisierung
Es ist eine eigene Disziplin geworden, die Kunst in der Politik zu verwalten. Es braucht Fingerspitzengefühl, um die Stimme von Kulturschaffenden genau so leise zu drehen, dass man sie nur noch hört, wenn man ausdrücklich danach sucht. Dass die Kultur in Österreich nicht erst seit gestern in einer Mischung aus Häme und Gleichgültigkeit erstickt wird, ist bekannt. Aber die neue Disziplin der Marginalisierung perfektioniert die Choreografie: Man packt sie in ein Ressort, das klingt wie ein Aschenbecher voller Zigarettenstummel am Rande eines Fitnesstudios.
Es bleibt eine Meisterleistung des politischen Handwerks, Kultur mit Sport in einen Topf zu werfen – zwei Bereiche, die in ihrer gesellschaftlichen Funktion ungefähr so viel gemein haben wie ein Rilke-Gedichtband mit einer Bierflasche in der Fankurve. Aber es ist auch ein entlarvender Akt, eine Art Meta-Performance, ein politisches Readymade. Die Botschaft ist klar: Kunst ist kein eigenständiges Thema, sondern eine Randnotiz, ein Pausenfüller zwischen Mietrechtsnovellen und Hahnenkammrrennen..
Die Restpostenlogik
Es war wohl eine Mischung aus Mutwilligkeit und Gedankenlosigkeit, die dieses Arrangement hervorgebracht hat. Die Logik dahinter ist bestechend simpel: Was nicht profitabel ist, gehört ins Lager der Restposten. Kultur lässt sich nun einmal schwer verkaufen – zumindest dann, wenn man sie nicht gerade zur Eventbespaßung kastriert. Wer über Kultur redet, redet nicht über Rendite, sondern über Irritation, Widerspruch, Freiheit. Das alles sind Kategorien, die im politischen Betrieb ungefähr so beliebt sind wie ein Zwergschimpanse in einer Porzellanmanufaktur.
Die Abwicklung der Kulturpolitik ist längst kein Versehen mehr, sondern System. Die Verantwortlichen arbeiten mit der Eleganz von Heuschrecken, die sich über ein Sonnenblumenfeld hermachen: Erst wird das Förderwesen entbürokratisiert – was immer bedeutet, dass weniger Geld verteilt wird. Dann wird die Infrastruktur ausgehöhlt, bis nichts mehr bleibt als Fassaden. Schließlich erklärt man die leeren Gebäude zur „Partizipationschance für die Zivilgesellschaft“. Und am Ende wartet das große Versprechen der kulturellen Selbstverantwortung – eine Euphemismus-Kaskade, hinter der sich schlichtweg der Entzug jeder öffentlichen Verantwortung verbirgt.
Kultur als Dekoartikel der Demokratie
Es wäre eine hübsche Anekdote, wenn es nicht so traurig wäre: Die Kunst ist in Österreich längst zur Deko der Demokratie verkommen. Sie darf in Hochglanzbroschüren und Wahlprogrammen als Leuchtturm für Vielfalt und Freiheit flackern – aber bitte ohne zu sehr zu brennen. Kritische Stimmen werden nach wie vor brav gefördert, solange sie sich selbst nicht zu laut dabei zuhören. Doch wehe, jemand verwechselt die Freiheit der Kunst mit der Freiheit, der Politik zu nahe zu treten. Dann schaltet sich plötzlich eine Verwaltungslogik ein, die so undurchdringlich ist wie ein Herbstnebel im Waldviertel.
Die symbolische Bedeutung der neuen Ressortzusammenstellung ist nicht zu unterschätzen: Kultur ist das Zierkissen auf dem sozialpolitischen Sofa. Man legt es hin, wenn Besuch kommt, aber niemand setzt sich wirklich drauf. Es hat die Aufgabe, hübsch auszusehen – am besten in den Farben der Standortpolitik.
Der Sport als Trojanisches Pferd
Dass die Kunst ausgerechnet mit dem Sport zusammengelegt wurde, ist kein Zufall. Sport ist der perfekte Partner für die politische Verbrämung. Er ist massentauglich, unkritisch, stets gut für einen Fototermin mit lokalen Nachwuchstalenten. Wo der Sport ist, ist die Welt in Ordnung – zumindest solange niemand nach Korruption, Doping oder Gigantomanie fragt. Die Kunst hingegen stört, wo sie es ernst meint. Man kann sie nur zähmen, indem man sie einhegt, unterfinanziert und mit Bürokratie erschlägt.
Die neue Allianz von Kunst, Sport und Wohnen erinnert an eine dieser semi-essbaren Fertigsuppen, die im Supermarktregal verstauben: wenig Substanz, aber mit einer Aufschrift, die verspricht, dass hier alles drin sei, was man für ein gutes Leben brauche. Das Wasser muss man sich halt selbst dazudenken.
Epilog: Die Lächerlichkeit der Pragmatik
Natürlich wird es auch in Zukunft kulturelle Leuchtturmprojekte geben. Es wird Premieren, Festivals und Preisverleihungen geben, die man als Zeichen der kulturellen Blüte deuten darf – solange man nicht zu genau hinsieht. Doch die Grundmelodie dieser Politik bleibt dieselbe: Kunst darf sein, solange sie sich selbst nicht zu wichtig nimmt.
Die wahre Satire an dieser Entwicklung ist, dass die politische Verwaltung der Kunst längst selbst zur großen Performance geworden ist. Ein absurdes Theaterstück, in dem Bürokraten die Hauptrollen spielen und Künstler die Statisten sind. Der Titel des Stücks könnte lauten: „Da muss man durch“. Eine Tragikomödie in fünf Akten, geschrieben von der Verwaltung, inszeniert von der Politik, subventioniert mit dem Restgeld aus dem Wohnbauetat.
Und das Publikum? Es sitzt im Dunkeln, schweigend, nickend – in der Hoffnung, dass der Applaus den Zustand nicht mit der Zufriedenheit verwechselt.
Vorhang zu. Ein paar Pflichtklatscher. Licht aus.