Ein alter Marxist auf verlorenem Posten

Stellen wir uns also einen alten Genossen vor: Er trägt die Spuren einer Vergangenheit, die nach kaltem Rauch in Hinterzimmern riecht, nach Flugblättern, die im Regen aufweichten, nach Politisierung bei Bier und Blutwurst. Seine Hände zittern ein wenig, nicht nur vom Alter, sondern auch vom Anblick dessen, was sich heute „Linke“ nennt. Er sitzt da, auf einem unbequemen Plastikstuhl im muffigen Konferenzraum einer hippen Parteigliederung, umgeben von jungen Menschen, die aussehen, als hätten sie mehr Zeit in Second-Hand-Läden verbracht als in Betrieben.

Er hört sich an, wie eine sichtlich empörte Sprecherin, Mitte zwanzig, mit lilafarbenem Haar und MacBook im Schoß, in leidenschaftlichem Tonfall erklärt, dass die größte Gefahr für die Gesellschaft nicht Ausbeutung, Verarmung oder Krieg sei, sondern die „strukturelle Diskriminierung durch binäre Toilettensysteme“. Der alte Marxist nimmt einen Schluck aus seiner Thermoskanne, die noch den Aufkleber „Frieden schaffen ohne Waffen“ trägt, und murmelt halblaut: „Toiletten, ja, früher war’s der Klassenkampf, jetzt ist’s wohl der Klosettkampf.“

Als ein anderer Delegierter den Vorschlag macht, man müsse den Kapitalismus „transkulturell dekonstruieren“ und am besten durch „flüssige Netzwerke von Caring Communities“ ersetzen, greift sich der alte Marxist an die Stirn. In seinem Kopf rauscht das Echo vergangener Zeiten: Streiks, Barrikaden, harte Auseinandersetzungen mit Fabrikbesitzern. Er denkt an Kolleginnen mit Hornhaut an den Händen, an Männer, die mit kaputtem Rücken heimkamen. All das wirkt heute so fern wie eine schwarz-weiße Wochenschau.

Er versucht, die Hand zu heben, um einzuwerfen, dass Marx den Kapitalismus nicht „dekonstruieren“, sondern stürzen wollte, dass Klassen keine „Diskurse“, sondern knallharte ökonomische Realitäten sind. Doch die Sitzungsleitung bittet ihn freundlich, aber bestimmt, seine „privilegienbasierte Rednerliste“ zu respektieren. „Ältere weiße Männer“ stünden diesmal „ganz hinten“, erklärt man ihm. Er nickt bitter und schweigt. „Ich bin also ein Bourgeois, nur weil ich meine Rente beziehe“, denkt er, „das hätte Marx bestimmt so gesehen.“

Als er später nach Hause schlurft, die Jacke noch nach kaltem Rauch von gestern riechend, kramt er in seiner alten Kiste, findet das vergilbte „Kommunistische Manifest“, blättert hinein und lacht kurz auf – dieses herzhafte, sarkastische Lachen eines Mannes, der schon zu viel gesehen hat. „Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“, murmelt er, und setzt hinzu: „…aber bringt bitte auch eure Genderleitfäden mit, sonst wird’s nichts mit der Revolution.“ Dann klappt er das Buch zu und denkt sich, dass die Bourgeoisie diesmal nicht von der Linken gestürzt wird, sondern sich vor Lachen totlacht.

Österreich zahlt, Kiew spendet, Afrika isst.

Außenpolitik als Ablasshandel für ein schlechtes Gewissen

Österreich, dieses Land, das sich seit Jahrzehnten damit durchlaviert, auf der Weltbühne so unsichtbar wie möglich zu sein, hat nun seine neue Rolle entdeckt: Zahlmeister der Umwege. Statt einfach Geld dorthin zu schicken, wo Hunger herrscht, muss es erst durch die Waschstraße ukrainischer Symbolpolitik – damit es nachher schön glänzt. Wie beim Ablasshandel im Mittelalter: Man bezahlt brav, damit jemand anderer stellvertretend das Gute tut. Nur dass diesmal nicht der Papst kassiert, sondern Selenskyj.

Meinl-Reisinger im Hilfs-Disneyland

Die Außenministerin reist nach Odesa wie in einen All-inclusive-Club für moralische Selbstdarstellung. Drei Besuche in sechs Monaten – und jedes Mal ein Scheck im Handgepäck. So sieht moderne Diplomatie aus: Händeschütteln für die Kameras, ein Pressetext voller Vokabeln wie „Solidarität“ und „Partnerschaft“, dazu ein paar Millionen, die ohnehin nicht aus der eigenen Tasche stammen, sondern aus jener des Steuerzahlers, der zuhause gerade über Energiepreise, Wohnungsknappheit und Pflegenotstand stöhnt. Aber gut – wenn Wien sich schon daheim um nichts kümmert, dann wenigstens um das Image am Schwarzen Meer.

Die Doppelmoral in Reinkultur

Innenpolitisch jammert man über „Belastungsgrenzen“, „fehlende Mittel“ und „Sparzwänge“. Jeder Cent für Pflegekräfte wird dreimal umgedreht, Lehrerstellen bleiben unbesetzt, und in den Spitälern kollabiert die Infrastruktur. Aber für ukrainischen Weizen, der dann nach Nigeria verschifft wird, ist plötzlich alles da. Da wirft man Millionen wie Konfetti in den Ozean, solange nur ein UNICEF-Foto dabei herausspringt. Der alte Grundsatz: Für das Ausland immer großzügig, solange es nur weit genug weg ist, damit es niemand daheim direkt merkt.

PR-Umwege statt ehrlicher Politik

Das Geniale am „Food from Ukraine“-Kunststück: Man verkauft denselben Euro gleich dreimal. Zuerst als humanitäre Hilfe für Afrika, dann als Unterstützung der ukrainischen Landwirtschaft, schließlich als österreichischen Beitrag zur Weltordnung. Dreifach verwerteter Steuerzahlergroschen, frisch etikettiert. Wer das kritisiert, wird sofort als unsensibler Provinzler abgetan, der den Sinn für „geopolitische Verantwortung“ nicht begriffen hat. Dabei wäre die einfachste Frage: Warum nicht gleich die Hilfsgüter direkt finanzieren, statt diesen PR-Umweg? Antwort: Weil es dann keine hübschen Fotos mit Odesa-Silos gäbe.

Bauernopfer Europa

Besonders grotesk: Österreich zahlt, damit ukrainisches Getreide nach Afrika fährt – während gleichzeitig europäische Bauern auf die Barrikaden gehen, weil ukrainische Billigimporte ihre Märkte ruinieren. Die Regierung erklärt heuchlerisch, man unterstütze „alle Seiten“. Das klingt ungefähr so, als würde man gleichzeitig für Tierschutz spenden und in der Freizeit Tierkämpfe organisieren. Aber das passt perfekt zur österreichischen Innenpolitik: Immer alle bedienen, niemandem weh tun – und am Ende doch allen auf die Zehen steigen.

Österreichs ewige Hoffnung: der Auftragstisch

Die eigentliche Motivation liegt ohnehin offen am Tisch: Wer jetzt zahlt, sitzt später näher am Buffet des Wiederaufbaus. Asphalt, Stahl, Ziegel – alles, was das österreichische Bauwesen so liebt. Hilfe als Vorinvestition, moralische Rhetorik als Eintrittskarte zum Geschäft. Es geht um Aufträge, nicht um Altruismus. Man kennt diese Logik: So wie man in Wien gerne neue Behörden gründet, nicht weil sie gebraucht würden, sondern weil man Posten braucht. Politik als Jobmaschine, diesmal halt international.

Fazit: Provinzposse mit Weltbühnen-Kostüm

So sieht sie aus, die große österreichische Weltpolitik: Ein provinzieller PR-Umweg, kaschiert als globale Solidarität, bezahlt vom Steuerzahler, der gleichzeitig hört, dass „für das eigene Land leider kein Geld da ist“. Aber immerhin: Man kann sich selbst als moralische Supermacht inszenieren, ohne wirklich etwas zu riskieren. Österreich bleibt, was es immer war – ein Land, das lieber Schaufensterdekoration betreibt als ehrliche Politik. Und während in Wien weiter Krankenhäuser verfallen und Wohnungen unleistbar werden, freut sich in Odessa ein PR-Fotograf über sein bestes Geschäftsjahr.

Dunja Hayali und die Suche nach der „inneren (Un)sicherheit“

Die Moderatorin als Missionarin

Es gibt Menschen, die scheinen auf dieser Welt mit einer ganz besonderen Berufung zu wandeln: Sie fühlen sich nicht bloß als Journalisten, sondern als Retter der Republik, als Gurus der Moral, als Flankenschutz für all jene, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, das Land ununterbrochen zu „sensibilisieren“. Dunja Hayali gehört zweifellos in diese Kategorie. Die 51-Jährige, deren Fernsehkarriere so glänzt wie eine frisch polierte Pressestelle, begibt sich also neuerdings auf eine Expedition in die Gefilde der „inneren (Un)sicherheit“. Natürlich mit ZDF-Mikrofon, Sicherheitsweste aus Empathie und dem festen Vorsatz, dem Publikum zu erklären, dass die Realität keine Realität, sondern bloß ein Missverständnis ist.

Dass sie dafür, wie bereits an anderer Stelle kolportiert, neben ihren journalistischen Tätigkeiten auch als Moderationsdienstleisterin für die Bundesregierung tätig war, könnte man selbstverständlich als „Interessenkonflikt“ bezeichnen. Doch das wäre zu kleingeistig. In einer Medienlandschaft, in der Regierungsnähe zum Ehrenzeichen erklärt wurde, gehört so etwas zur Tugend. Wer von Staatsgeldern lebt, der beißt nicht die Hand, die ihn füttert – er reicht ihr die Serviette.

Bremen, die Quattro-Streife und die heilige Relativierung

Die Reportage führt Hayali unter anderem zum Bremer Hauptbahnhof, einem Ort, an dem Realität üblicherweise in Polizeiberichten und nicht in Imagebroschüren vorkommt. Dort trifft sie auf die „Quattro-Streife“, jene Allianz aus Polizei, Ordnungsamt, Sozialarbeitern und irgendjemandem, der vermutlich nur dabei ist, um nicht ganz nutzlos zu wirken. Sie trifft auch auf Therapeutinnen, die mit traumatisierten Migranten arbeiten, und auf Forscher, die herausgefunden haben, dass nicht etwa Straftaten, sondern Social-Media-Algorithmen das eigentliche Problem seien: Facebook, TikTok und Instagram machen den Bürgern Angst, nicht etwa die Messerattacke in der Nebenstraße.

Hayalis Film gerät so zu einem 45-minütigen Lehrstück der Relativierungskunst, einer Art Agitprop-Ballett im öffentlich-rechtlichen Biedermeierstil: Alles, was passiert, passiert aus Gründen, und diese Gründe sind stets nachvollziehbar. Das Messer in der Brust? Ein Produkt unglücklicher Umstände. Das Trauma? Primär bei den Tätern. Der Bürger, der sich unwohl fühlt? Opfer des Algorithmus, nicht des Angreifers. Man fragt sich beinahe: Wann präsentiert das ZDF den ersten Dokumentarfilm, der erklärt, dass Schwerverbrechen in Wahrheit nur eine missverstandene Form der kulturellen Bereicherung sind?

Austauschstudent versus Messerstecher

Natürlich darf auch die groteske Vergleichslogik nicht fehlen, die in diesem Diskurs längst Standard ist. Während sich das Land an Fällen von schwerer Gewalt abarbeitet, während Schlagzeilen von Messereien und Überfällen die Schlagzeilen dominieren, erklärt das öffentlich-rechtliche Fernsehen mit Grabesernst, dass auch der Junggesellenabschied eine „Gefahr im öffentlichen Raum“ darstelle. Mit derselben Gravität, mit der man andernorts einen Terroranschlag seziert, sinniert man hier über betrunkene Deutsche in bunten Kostümen.

So reiht sich der australische Austauschstudent bei Louis Klamroth, der angeblich den öffentlichen Frieden gefährdet, nahtlos ein neben Dunja Hayalis „Messerstecher Uwe“ – ein fiktiver Bösewicht aus dem Reich der rhetorischen Gleichmacherei. Wer beide Gefahren für gleichrangig erklärt, zeigt nicht Mut zur Differenzierung, sondern schlicht den Verlust der Maßstäbe.

Von Sigmaringen bis Völklingen – die Realität als lästiger Betriebsunfall

Doch Hayali ist nicht allein. Georg Restle vom WDR liefert die gleichen Kunststücke: Ausgerechnet Sigmaringen, wo ein Asylbewerber kürzlich eine Frau krankenhausreif prügelte, stilisierte er zum Hort der Sicherheit. Dass dies ungefähr so plausibel ist wie die Behauptung, der Berliner Hauptbahnhof sei ein Wellness-Resort, stört keinen. Das mediale Narrativ hat die Kraft, blutige Tatsachen zu übertünchen – wie eine Schicht Dispersionsfarbe auf bröckelndem Beton.

Währenddessen berichten Polizeimeldungen nüchtern von immer neuen Opfern: Messerangriffe in Berlin, Überfälle in Dortmund, Hinrichtungen wie im Fall des Völklinger Polizistenmords. Es sind die nüchternen Daten, die im Kontrast zur schillernden Beruhigungsrhetorik stehen: Zahlen, Tatorte, Nationalitäten. In den Polizeistatistiken liest man nüchterne Überrepräsentationen – dort, wo ARD und ZDF lieber von „individuellen Einzelschicksalen“ sprechen.

„Where is the structure?“ – Lektionen aus Dresden

Die vielleicht bitterste Pointe liefert ein junger Amerikaner in Dresden, der nach einem brutalen Angriff blutüberströmt fragt: „Where is the structure? Where is the law?“. Ein Fremder muss aussprechen, was hiesige Journalistinnen nicht einmal zu denken wagen: Dass ein Land, das seine Gesetze nicht durchsetzt, die Axt an seine eigene Glaubwürdigkeit legt.

Währenddessen wird einer der syrischen Täter noch am selben Tag wieder freigelassen – vermutlich in der Hoffnung, dass ihn kein Algorithmus zu sehr verunsichert. Und während die Opfer Traumata davontragen, sorgen sich Hayali und Konsorten um die Traumata der Täter. Es ist, als ob die Moral dieses Landes völlig aus den Fugen geraten wäre: Opfer sind Dekoration, Täter sind Patienten, und Journalisten sind deren Pressesprecher.

Nachspiel: Die innere Unsicherheit der Bürger

Und so bleibt am Ende dieses Films nicht Erkenntnis, sondern Beklemmung. Die Beklemmung, dass ein Land sich in einem kollektiven Selbstbetrug eingerichtet hat, der mit journalistischer „Neutralität“ verwechselt wird. Die Beklemmung, dass Bürger mit ihren Sorgen alleingelassen werden, während Talkshow-Studios zu moralischen Hochämtern mutieren. Die Beklemmung, dass man schon als „rechts“ gilt, wenn man Polizeistatistiken liest.

Die innere Unsicherheit, die Hayali sucht, liegt längst offen zutage: Sie ist nicht im Algorithmus, sondern im Alltag. Sie sitzt im Zug, der nachts durch menschenleere Bahnhöfe rollt. Sie steht am Bahnsteig neben jemandem, der mit dem Messer spielt. Sie fragt nicht nach einer ARD-Dokumentation – sondern nach dem Gesetz.

Doch beim ZDF hat man die Antwort längst parat: „Gehen Sie weiter. Hier gibt es nichts zu sehen.“

Alte sollen helfen: DIW-Chef fordert Rentner in Pflege und Bundeswehr

Die letzte Ausfahrt heißt Dienstpflicht

Man muss es den deutschen Ökonomen lassen: Ihnen gehen die Ideen niemals aus, wenn es darum geht, das Leben anderer zu reglementieren. Kaum hat man sich an die Vorstellung gewöhnt, dass Jugendliche mit der Zahnbürste den Gehweg schrubben sollen, flattert schon die nächste Pflicht in den Briefkasten der Republik: Die Rentner ran! Endlich wieder eine Front, die man eröffnen kann – diesmal gegen die Gebrechlichkeit.

DIW-Präsident Fratzscher, jener Oberpriester der PowerPoint-Apokalypse, verkündet also: „Wir brauchen mehr Solidarität der Alten.“ Übersetzt heißt das: Wer ein Leben lang eingezahlt hat, darf nicht nur weiterzahlen, sondern auch noch im Alter rackern. Man muss sich diesen perversen Logik-Twist auf der Zunge zergehen lassen: Einmal fürs System arbeiten reicht nicht. Zweimal auch nicht. Man muss es bis zum finalen Atemzug tun. Wer früher stirbt, macht sich immerhin volkswirtschaftlich nützlich.

Rollatorgrenadiere für die Heimatfront

Besonders fein: Rentner sollen zur Landesverteidigung antreten. Das Bild allein ist von einer Groteske, die Brecht im Grabe Samba tanzen ließe. Rentnerkompanien, die sich in Zeitlupe über den Kasernenhof schleppen, den Gehstock in der einen Hand, die Sauerstoffflasche in der anderen. Das Kommando: „Stillgestanden!“ wird wahlweise mit Herzstillstand beantwortet oder mit der höflichen Nachfrage, ob man bitte eine Sitzgelegenheit bekommen könnte.

Und falls Putin tatsächlich an die Grenze klopft, könnte Deutschland ihm gleich mit der gefürchtetsten aller Waffen begegnen: 300.000 Senioren mit Hörgeräten, die gleichzeitig pfeifen. Ein akustischer Angriff, der jedes russische Panzerbataillon binnen Sekunden in die Flucht schlägt.

Pflegedienst mit Tremor

Natürlich bleibt auch die soziale Komponente nicht verschont. Rentner im Pflegeheim sollen gefälligst andere Rentner pflegen – eine Art endloser Alterskarussellbetrieb: Demenzkranke füttern Demenzkranke, Parkinsonkranke reichen Parkinsonkranken das Tablett, und der letzte, der sich noch erinnern kann, wer eigentlich wer ist, bekommt den Orden für Zivilcourage.

Was für ein Geniestreich: So spart man Pflegekräfte, Kosten und Personal – und gewinnt gleichzeitig eine neue Reality-TV-Idee für RTL: „Rentner retten Rentner – das ultimative Pflichtjahr“.

Solidarität, das Codewort der Sparfüchse

Die Rhetorik ist bekannt: „Solidarität.“ Dieses Wort wird von Politik und Ökonomen so gerne benutzt wie Deo im Hochsommer – nicht für den Eigengeruch, sondern um die anderen zu übertünchen. Solidarität heißt in Wahrheit: Ihr macht, wir kassieren. Wer jung ist, zahlt. Wer alt ist, arbeitet. Und wer Pech hat, macht beides.

Das wirklich Geniale daran: Aus der moralischen Erpressung („die Alten sollen was zurückgeben“) wird eine fiskalische Zwangsjacke. Statt endlich ein funktionierendes Pflegesystem zu finanzieren, zieht man die letzte Reserve aus dem Schützengraben der Demografie. Deutschland, ein Land, das sich weigert, Geld für Kinder, Kranke oder Alte in die Hand zu nehmen – aber Milliarden für eine Bundeswehr, die nicht mal funktionierende Helme hat.

Visionen für die Vollendung

Und wenn wir schon dabei sind, warum dann aufhören? Man könnte ein ganzes Pflichtkontinuum schaffen:

  • Babys leisten eine „Krabbelbrigade“ im Krankenhaus, um gestresste Krankenschwestern aufzuheitern.
  • Arbeitslose müssen ab sofort unbezahlt Politikerreden klatschen, damit diese sich wieder nützlich fühlen.
  • Und die Toten? Nun, die könnten posthum noch ein paar Jahre CO₂-Bindungspflicht übernehmen, indem man ihre Särge als Blumenkästen aufstellt.

Warum halbherzig sein, wenn man gleich ein komplettes Pflichtuniversum einführen kann?

Das letzte Stadium des Neoliberalismus

Fratzschers Vorschlag ist nicht einfach nur absurd, er ist die finale Offenbarung: Deutschland ist nicht mehr in der Lage, seine Alten zu versorgen, also lässt man sie einfach selbst die Drecksarbeit machen. Ein Land, das jahrzehntelang stolz war auf seinen „Generationenvertrag“, zeigt nun, dass es diesen Vertrag schlicht als Knebelvertrag verstand: Alles für den Staat, nichts zurück.

Die Pointe: Dieselben Leute, die Rentner jetzt in den Pflichtdienst schicken wollen, werden in zwanzig Jahren selbst Rentner sein. Man darf sich also freuen auf den Tag, an dem Herr Fratzscher im Tarnanzug und mit Katheter in der Bundeswehrkantine sitzt und erklärt: „Das ist Solidarität!“ – bevor er beim Stiefelputzen am Herzinfarkt verstirbt.

Fazit: Der Wahnsinn trägt Schlips

Die Pflichtdienst-Idee für Rentner ist kein Witz. Aber sie klingt wie einer. Und vielleicht ist genau das das Bitterste: Dass man in Deutschland mittlerweile nicht mehr unterscheiden kann zwischen ernst gemeinten Vorschlägen und Satire. Wenn die Wirklichkeit schon nach Titanic riecht, braucht man eigentlich keine Satiriker mehr.

Aber keine Sorge: Irgendwann, wenn die letzte Oma den letzten Dienst an der Heimat geleistet hat, wird man erkennen, dass man eine Gesellschaft nicht dadurch rettet, dass man ihre Alten verheizt. Bis dahin gilt: Durchhalten! Pflichtjahr ist nur ein anderes Wort für „Endstation Sehnsucht“.

Gewerbepark statt KZ-Gedenkstätte

Leobersdorf, Niederösterreich: Ein idyllisches Fleckchen Erde, das bald den würdevollen Duft von Bürokaffee, Druckertoner und Parkettöl verströmen wird. Wo einst das zweitgrößte Frauenkonzentrationslager des Landes stand, sollen nun Gewerbepark und Renditeobjekte entstehen. Die Idee, eine Gedenkstätte zu errichten, ist „nicht vorgesehen“. Man muss dem Bürgermeister Andreas Ramharter zugutehalten, dass er konsequent ist: Wer braucht schon Erinnerung, wenn man Profit machen kann? Genehmigungen liegen vor, und das genügt, um jede moralische Diskussion elegant in den Papierkorb zu befördern. Effizienz schlägt Ethik. Rendite über Respekt. Pragmatismus über Menschlichkeit.

Kapitalismus mit Makel: Wo Menschen durch Quadratmeter ersetzt werden

Die Mathematik dieser Transaktion ist bestechend: 15,25 Millionen Euro für die Grundstücke, plus 1,34 Millionen durch Umwidmungen – ein veritabler Sieg des Taschenrechners über das Gewissen. Auf diesem Gelände wird kein Gedenken errichtet, sondern Parkplätze, Hallen und vielleicht ein schickes Bistro, in dem man unbeschwert Mittagessen kann, während unter dem Asphalt die Schreie der Vergangenheit leise nachhallen. Es ist fast poetisch: Menschliches Leid wird in Euro und Quadratmeter umgerechnet, und die Bilanz stimmt. Moral? Überbewertet. Verantwortung? Luxus. Die Geschichte? Ein lästiger Nebensatz.

Die makabre Eleganz der Bürokratie

„Alle Bewilligungen liegen vor“, sagt Ramharter, und man könnte fast applaudieren. Welch klare, schnörkellose Logik! Wer sich über Moral oder Ethik Gedanken macht, ist im Bürokratie-Paradies einfach fehl am Platz. Alles ist geregelt: Genehmigungen, Umwidmungen, Renditeoptimierungen. Was zählt, ist die Linie auf dem Papier – nicht die Linie des Schicksals, das hier einst Menschen gezeichnet hat. Die Vergangenheit wird abgeschoben, in die Staubschicht unter dem Asphalt, während die Gemeinde feiert, als hätte sie gerade den Bau eines Flughafens genehmigt. Nur dass dieser Flughafen Erinnerungen statt Flugzeuge transportiert hätte.

Satire als letzter Trost

Und so bleibt uns die Satire, bitter wie ein überteuerter Espresso, mit dem Nachgeschmack von Zynismus. Wir lachen über die Absurdität: Ein Gewerbepark auf einem Ort des Grauens. Ein Bürgermeister, der gleichzeitig Immobilienmogul ist. Genehmigungen, die über moralische Fragen triumphieren. Es ist eine groteske Oper der modernen Gemeindepolitik: Profit über alles, Erinnerung als störender Akteur im Nebensatz. Wir lachen, weil Weinen zu unbequem ist, und vielleicht, nur vielleicht, merken wir dabei, wie surreal unsere Zeit geworden ist.

Fazit: Erinnerung auf Abruf

Leobersdorf wird bald glänzen: Parkplätze, Bürogebäude, Gewerbeflächen – alles korrekt bewilligt, alles buchhalterisch abgesichert. Die Vergangenheit? Entsorgt, parkiert, gewissermaßen „umgewidmet“ in Stille und Vergessen. Moralische Empörung mag man empfinden, wenn man will; die Gemeinde aber hat entschieden, dass Rendite die einzige Erinnerung ist, die zählt. Und so bleibt nur die bittere Erkenntnis: Geschichte kann man umwidmen, Schrecken kann man versiegeln, und Erinnerung kann man ignorieren – solange die Zahlen stimmen. Willkommen im modernen Österreich, wo man sogar die dunkelsten Kapitel mit einem Augenzwinkern in Kapital verwandeln kann.

1914 – 1939 – 2025

Vom Déjà-vu der deutschen Weltgeschichtsübungen

Es gibt Sätze, die klingen wie frisch aus der Gruft der europäischen Katastrophengeschichte heraufgekrochen. Einer davon fiel jüngst in die Mikrofone der Republik, als Bundeskanzler Friedrich Merz – im Takt seiner eigenen Hackenschläge, halb burschikos, halb wilhelminisch– erklärte, Deutschland müsse „die stärkste konventionelle Armee des Kontinents“ haben. Man möchte lachen, wenn nicht schon die historische Pointe dreimal gespielt worden wäre: 1914, 1939 und – mit feiner Ironie der Chronologie – 2025. Drei Daten wie drei Glockenschläge, die im europäischen Gedächtnis keine Melodie ergeben, sondern Sirenengeheul.

1914 – Der erste große Betriebsunfall

Damals, als Europa noch Kaiserkrone trug und die Generäle mit Landkarten spielten wie gelangweilte Internatsschüler mit Schachfiguren, begann das Experiment „größte Armee des Kontinents“ bereits einmal. Es endete bekanntlich nicht in Stolz und Glorie, sondern in Schützengräben, Gaswolken und einer Versehrtenrente, die ganze Generationen zu Hypothekensklaven machte. Wer sich heute noch die Bilder der marschierenden Kolonnen ansieht, mit pickelhaubiger Gravität und unverrückbarer „Pflichterfüllung“ im Blick, erkennt die alte Formel: Je lauter der Befehlston, desto größer die Ahnungslosigkeit über das Kommende.

1939 – Das Comeback der Marschmusik

Doch der Mensch lernt bekanntlich nicht aus Erfahrung, sondern höchstens aus Katastrophen – und auch nur dann, wenn sie frisch sind. 25 Jahre nach dem ersten „großen Spiel“ standen die Trommeln erneut parat, diesmal orchestriert von einem Mann, dessen Bart die Ironie der Weltgeschichte in sich trug: so klein, so grotesk, und doch so tödlich. Wieder die Rede von Stärke, wieder die Verheißung nationaler Größe, wieder die militärische Selbstaufplusterung, diesmal in industrieller Perfektion. Das Resultat: Trümmerhaufen, verbrannte Erde, ein moralisches Erbe, das uns Deutschen eigentlich für mindestens tausend Jahre jeden Militärton hätte verbieten sollen. Doch siehe da – die Halbwertszeit der Einsicht ist deutlich kürzer.

2025 – Die Wiederkehr des Verdrängten

Und so stehen wir nun in der Gegenwart, in der sich die politische Sprache ein Vokabular leiht, das man längst in die Quarantänestation der Geschichte gesperrt wähnte. „Stärkste konventionelle Armee Europas“ – das klingt nach den feuchten Träumen jener Think-Tank-Strategen, die in klimatisierten Konferenzräumen Schlachten auf PowerPoint-Karten verschieben, während draußen die Rentner ihre Butterpreise vergleichen. Der Kanzler spricht, die Medien notieren, das Volk horcht – und irgendwo in Moskau, Peking oder Washington klatscht ein Generälsstiefel im Takt.

Natürlich, der Kontext ist heute ein anderer: Putin als Schreckgespenst, NATO als Dauerchor, Ukraine als Stellvertreterfront. Doch die Semantik bleibt dieselbe: Größe, Stärke, Vorrang. Wer die stärkste Armee haben will, dem genügt Verteidigung nicht – er möchte auch auf dem Pausenhof Europa das größte Lineal in der Hosentasche haben.

Der deutsche Reflex

Warum also dieser Griff in die historische Waffenkammer der Worte? Vielleicht, weil Deutschland notorisch unter Identitätsmangel leidet: Als Wirtschaftsmacht beneidet, als Militärmacht misstraut, als Fußballmacht verspottet. Was bleibt da übrig? Rüstung natürlich, die große alte Droge, die schon Bismarck süchtig machte. Und wenn Merz nun seine Hacken zusammenschlägt, dann klingt darin die ganze Sehnsucht eines Landes, das endlich wieder etwas „Stolz“ in die Pose gießen will. Dass man damit ausgerechnet die Bühne betritt, auf der Deutschland schon zweimal grandios gestolpert ist, scheint Nebensache – oder Tradition.

Zwischen Tragödie und Farce

Marx sagte einmal, Geschichte wiederhole sich erst als Tragödie, dann als Farce. Die Deutschen allerdings scheinen eine dritte Kategorie zu erfunden zu haben: die peinliche Selbstparodie. Denn was wäre lächerlicher, als ausgerechnet im Jahr 2025 – wo die größten Schlachten digital, ökonomisch oder klimatisch geschlagen werden – noch immer auf Panzerstahl und Marschmusik zu setzen? Es ist, als wolle man gegen einen Hackerangriff mit einer Pickelhaube anstürmen. Oder gegen den Klimawandel mit einer Parade der Gebirgsjäger.

Epilog: Europa erschrickt

Und ja, Europa erschrickt – nicht, weil es die deutsche Armee fürchtet, sondern weil es die deutsche Amnesie bemerkt. Man hat sich an unser Bier, unsere Autos, sogar an unseren Fußball gewöhnt. Aber an unsere Militärträume? Das ist ungefähr so vertrauensbildend wie ein Pyromane, der die Feuerwehr übernehmen will.

So bleibt am Ende nur der ironische Trost: Vielleicht will Merz ja gar keine Armee, sondern nur ein Prestigeprojekt, eine Rüstungskathedralle, die er dereinst als Denkmal hinterlassen kann. Eine Kathedrale aus Stahl, Kanonenrohren und Etatposten, in der die Deutschen wieder „stolz“ durch die Gänge marschieren dürfen – bis Europa sich fragt:

„Sag mal, kennen wir das nicht schon?“

Die Republik am Abgrund – und alle wollen schubsen

Es gehört zu den zuverlässigsten Konstanten französischer Politik, dass das Volk irgendwann kollektiv beschließt, das Land müsse stillstehen, und zwar restlos, kompromisslos, bis zur letzten Métro-Linie. Wer glaubt, Generalstreiks seien nur ein museales Relikt der 1970er, wird in Frankreich zuverlässig eines Besseren belehrt: Hier ist der Stillstand ein Hochleistungssport, und zwar einer mit olympischer Disziplin. Am 10. September soll es also wieder so weit sein: Ein Land von 67 Millionen soll kollektiv die Arme verschränken – als ob die Grande Nation sich ein verlängertes Wellness-Wochenende verordnete. Der Unterschied: Während im Spa ätherische Öle dampfen, riecht es in Paris nach Tränengas.

Das Motto diesmal: „Bloquons tout!“ – Blockieren wir alles. Man muss es sich auf der Zunge zergehen lassen. Kein halbherziges „Vielleicht streiken wir“, kein deutsches „Warnstreik von 10 bis 11 Uhr“, sondern der große französische Rundumschlag: nichts geht mehr. Nicht arbeiten, nicht fahren, nicht kaufen – ja, nicht einmal der Fernseher darf laufen, was im Mutterland der grande culture télévisuelle einem Akt des Hochverrats gleichkommt.

Die große Koalition der Unzufriedenen

Besonders hübsch an der aktuellen Lage ist, dass sich sowohl ganz links als auch ganz rechts die seltene Gelegenheit bieten, im Gleichklang zu schimpfen. Marine Le Pen und Jean-Luc Mélenchon, ansonsten ideologische Erzfeinde, wirken plötzlich wie ein altes Ehepaar, das nach Jahrzehnten ständiger Streitereien beschließt, sich doch wenigstens gemeinsam über die Nachbarn aufzuregen. Was verbindet sie? Natürlich der Hass auf Macron – jenes Chamäleon im Designeranzug, das mit 21 Prozent Zustimmung gerade einmal knapp über der Fehlertoleranz liegt.

Mélenchon versucht, den Protesten ein revolutionäres Sahnehäubchen aufzusetzen: Generalstreik! Ganz Frankreich soll wieder einmal den Geist von 1789 beschwören. Le Pen dagegen reibt sich die Hände: Jeder Tag, an dem Macron schwächer wirkt, ist ein Tag, an dem sie in den Élysée-Palast einziehen könnte – vorzugsweise, ohne auch nur ein Pflastersteinchen selber geworfen zu haben.

Es ist das seltene Schauspiel einer Querfront, die nicht einmal eine gemeinsame Ideologie braucht, sondern nur den gemeinsamen Gegner. Und dieser Gegner ist ein Präsident, der verzweifelt so tut, als hätte er die Zügel noch in der Hand, während das Pferd längst durchgeht.

Bayrous frommer Sparhaushalt – und der Zorn des Osterhasen

Man muss François Bayrou fast Mitleid zollen. Mit 74 Jahren hat der Premier nichts Besseres im Sinn, als den Gürtel enger zu schnallen – nur eben nicht seinen eigenen, sondern den von 67 Millionen Franzosen. Gespart werden soll an Gesundheit, Pensionen und Beamtenstellen. Das klingt technokratisch, ist aber in Frankreich politischer Selbstmord, denn hier ist der öffentliche Dienst nicht einfach ein Arbeitgeber, sondern eine Zivilreligion.

Besonders grotesk wirkt die Idee, zwei Feiertage zu streichen – Ostermontag und den 8. Mai. Der Osterhase soll also in Frührente, und der Sieg über Nazi-Deutschland wird mit einem Achselzucken aus dem Kalender radiert. Es verwundert nicht, dass 84 Prozent der Franzosen diese Idee ablehnen. Wahrscheinlich sind die restlichen 16 Prozent einfach in der Umfrage eingeschlafen.

Die Botschaft ist klar: Wer an den Feiertagen sägt, sägt am Herzen der Nation. In Deutschland könnte man vielleicht den Buß- und Bettag opfern, ohne dass es jemand merkt. In Frankreich jedoch löst schon die Idee, am Ostermontag zu arbeiten, eine Stimmung aus, als hätte man den Eiffelturm bei eBay versteigert.

Die Vertrauensfrage als Himmelfahrtskommando

Macron und Bayrou, in der Rolle des Feuerwehrmanns und Brandstifters zugleich, wollen der drohenden Volkswut mit einem taktischen Manöver begegnen: Am 8. September, zwei Tage vor dem großen Stillstand, soll Bayrou im Parlament die Vertrauensfrage stellen. Man erkennt das Kalkül: Vielleicht halten die Abgeordneten angesichts der Aussicht auf Straßenschlachten noch einmal ihre schützende Hand über die Regierung.

Doch Frankreich wäre nicht Frankreich, wenn diese Rechnung aufginge. Rechts wie links haben bereits angekündigt, die Regierung im Regen stehen zu lassen. Le Pen schielt auf Neuwahlen, die Linke träumt vom Umsturz, und die Sozialisten – deren politisches Überleben schon länger an der Intensivstation hängt – wittern endlich ein Sauerstoffgerät in Reichweite.

Macron selbst steht damit vor einem Dilemma: Zieht Bayrou die Reißleine und stürzt, dann fällt unweigerlich auch der Präsident. Es wäre das klassische Beispiel einer politischen Symbiose – nur dass hier beide Partner gleichzeitig im Sumpf ertrinken.

Die Tragikomödie der Macht

Man könnte die Situation auch als brillante Satire begreifen, wenn sie nicht blutiger Ernst wäre: ein alter Premier, der Feiertage abschafft, um Geld zu sparen; ein Präsident, der sich selbst für Jupiter hält, inzwischen aber kaum noch als Pluto wahrgenommen wird; eine Rechte, die plötzlich das Volk umarmt; und eine Linke, die den Generalstreik als Netflix-Serie verkauft.

Frankreich inszeniert sich einmal mehr als Theaterstaat, in dem die große Bühne wichtiger ist als das Drehbuch. Und während die Akteure sich gegenseitig zu übertrumpfen versuchen, steht das Publikum – das Volk – bereit, die Vorstellung mit Böllern und Barrikaden zu garnieren.

Es ist ein Schauspiel, das nur in Frankreich möglich ist: ein Land, das mit gleicher Leidenschaft Revolutionen anzettelt und Baguettes bäckt. Am 10. September soll es stillstehen. Stillstehen? Nein – donnern, krachen, poltern. Der Stillstand wird in Frankreich niemals ein Schweigen sein, sondern stets ein ohrenbetäubender Aufschrei.

Der Mohr hat seinen Namen verloren

Ein Straßenname, ein Aufschrei, ein Weltgeist

Ach, die deutsche Öffentlichkeit! Was sie nicht alles in Rage versetzt: von falsch gesetzten Gendersternchen über den Benzinpreis bis hin zur „Entsorgung“ kolonialer Relikte. Und so kam es, dass ein paar Straßenlaternen später die Mohrenstraße in Berlin, dieser unauffällige Asphaltstreifen im Gewimmel der Hauptstadt, ein neues Schild erhielt. Man taufte sie feierlich zur Anton-Wilhelm-Amo-Straße, auf dass die Bewohnerinnen und Bewohner – und auch jene, die stets nur durchbrausen – künftig bei jeder Fahrplanauskunft an die glorreiche Stunde denken, da man den „Mohr“ offiziell zum Schweigen brachte. Dass Anton Wilhelm Amo tatsächlich eine faszinierende Gestalt der deutschen Geistesgeschichte war – Afrikaner, Philosoph, Jurist, Dozent, akademische Berühmtheit des 18. Jahrhunderts – tritt dabei beinahe in den Hintergrund. Denn in Wahrheit geht es, wie immer, nicht um Geschichte, sondern um das süße, moralisch kalorienfreie Dessert der symbolischen Politik.

Die Unendlichkeit des moralischen Fortschritts

Es ist ja keineswegs so, dass der „Mohr“ in den letzten Jahrhunderten friedlich auf dem Straßenschild vor sich hinvegetierte. Nein, er stand stets unter Generalverdacht: Wer den Namen las, hörte sogleich den dumpfen Nachhall kolonialer Verachtung, gleichsam als ob aus jedem Pflasterstein ein Peitschenhieb knallte. Dass das Wort „Mohr“ ursprünglich einmal neutral, manchmal gar ehrerbietig gebraucht wurde, ja dass Amo selbst eine Schrift mit dem Titel De iure Maurorum in Europa verfasste, in dem er über die Rechtsstellung der „Mohren“ disputierte – geschenkt! Heute liest man bekanntlich nie alte Texte, sondern nur die eigene Empörung. Der Fortschritt verlangt schließlich Opfer, und wenn es nur die Lexikographie ist.

Amo als Feigenblatt

Natürlich hätte man auch überlegen können, Anton Wilhelm Amo in deutschen Hörsälen mehr Aufmerksamkeit zu schenken – jenseits der Fußnote in einem Seminarplan. Man hätte seine Schriften übersetzen, kommentieren, debattieren können. Aber wozu? Eine Straße reicht doch völlig! Eine Straße ist schnell umbenannt, kostet überschaubar, erzeugt ein hübsches Pressefoto mit ernster Miene und Transparent, und schon kann man behaupten: „Wir haben das koloniale Erbe aufgearbeitet.“ Welch angenehmer Zufall, dass Amo außerdem dunkelhäutig war und also perfekt ins Drehbuch der moralischen Kompensation passte. Er selbst hätte wahrscheinlich mit spitzem Federkiel notiert, dass er in der Debatte um „Mauren“ wohl auch heute nur als Projektionsfläche dient.

Der Triumph des Schilderwesens

Man muss es nüchtern sehen: In Deutschland wird Geschichte bevorzugt durch Schilder reguliert. Wenn die Realität schmerzt, malt man ein neues Straßenschild, hängt eine Tafel an die Wand oder eröffnet eine Gedenkstele. Danach kann man beruhigt nach Hause gehen, die Welt ist wieder heil. Dass im selben Berlin Menschen ohne Wohnung in U-Bahnhöfen erfrieren, ist freilich ein Detail, das die Leichtigkeit des symbolischen Fortschritts stören würde. Wer will schon Sozialpolitik, wenn man auch Eitelkeitspolitik betreiben kann? Der deutsche Staat ist, was das betrifft, hochprofessionell: Er verwaltet Probleme am liebsten im Futur II. Es wird aufgearbeitet gewesen sein.

Der Mohr geht, Amo bleibt – oder auch nicht

Ironisch ist es natürlich schon, dass Amo selbst von den Deutschen kaum gekannt wird. Man könnte fast wetten, dass neun von zehn Befragten auf der Anton-Wilhelm-Amo-Straße nicht wissen, wer er war. Vielleicht halten sie ihn für einen Popstar, einen afrikanischen Fußballspieler oder einen veganen Kochbuchautor. Die Ironie steigert sich, wenn man bedenkt, dass Amo nach einem Leben voller akademischer Triumphe Deutschland enttäuscht den Rücken kehrte – angewidert von Rassismus und Ignoranz. Also ehrt man ihn jetzt, indem man sein Namensschild zwischen Asia-Imbiss und Backshop schraubt. Der Philosoph, der Europa intellektuell herausforderte, muss nun als Wegweiser dienen, wenn man zum Parkhaus will.

Fazit mit Augenrollen

Die Umbenennung der Mohrenstraße ist ein glänzendes Beispiel dafür, wie man sich moralisch aufputschen kann, ohne tatsächlich Verantwortung zu übernehmen. Man tauscht ein Wort gegen ein anderes, verbucht es als Fortschritt und klopft sich gegenseitig auf die Schultern. Ob Amo dadurch tatsächlich geehrt wird? Ob er nicht vielmehr als dekoratives Alibi missbraucht wird? Ob wir nicht lieber seine Schriften ernsthaft studieren sollten, anstatt sie durch ein Straßenschild zu ersetzen? – Fragen, die man im Rausch der guten Absicht lieber verdrängt.

Doch vielleicht ist das die letzte Pointe: Der Mohr hat seine Straße verloren, Anton Wilhelm Amo hat eine gewonnen – und wir alle haben die beruhigende Gewissheit, dass wir wieder ein kleines Stück besser sind, als wir gestern waren. Bis zum nächsten Straßenschild.

Die Brüsseler Wahrheitsfabrik

– oder: Wie man Pressefreiheit totknuddelt, der EU-Staat als strenger Kindergärtner

Stellen wir uns Brüssel als übergroßen Kindergarten vor. Dort sitzen wir Bürger – sabbernd, kreidebleich und mit bunten Wachsmalstiften – und malen eifrig unsere kleinen Bilder. Doch wehe, jemand malt außerhalb der Linien! Sofort steht Tante Ursula in der Tür, wedelt mit dem Media Freedom Act und erklärt, dass dieser Strich nun wirklich „desinformativ“ sei. Zur Strafe wird das Blatt konfisziert und durch eine vorgedruckte Malvorlage ersetzt, mit zwölf goldenen Sternchen und einem Regenbogen obendrauf. Pressefreiheit heißt hier: Du darfst malen, solange du die Linien triffst. Alles andere ist „toxisch“ und landet in der pädagogischen Tonne.

EU-Zensur 2.0: Jetzt auch in kuschelig

Die alten Zensoren waren wenigstens ehrlich. Ein roter Stempel, ein beherzter Schnitt – fertig. Heute hingegen wickelt man Zensur in ein pinkes Geschenkpapier, bindet eine Schleife drum und nennt es „Schutzschild der Demokratie“. Die EU hat die perfekte Methode gefunden, Kritik zu ersticken: Man erwürgt sie im Namen der Freiheit. Ein Geniestreich! Das ist ungefähr so, als würde man dem Hund die Hundehütte abfackeln und es als Beitrag zur Brandprävention verkaufen.

Medien als Hofnarren – Subventionen als Leckerli

Die Medien, das muss man neidlos anerkennen, haben ihre Rolle im Brüsseler Zirkus verstanden. Statt wilder Gladiatoren sind sie längst zu zahmen Hofnarren degradiert, die brav ihre Späße machen dürfen – solange sie niemanden von Rang beleidigen. Für ein paar Fördermillionen aus der EU-Trickkiste setzt man sich gern die bunte Narrenkappe auf und klatscht synchron. Kritische Recherche? Viel zu riskant. Da schreibt man lieber die nächste Verlautbarung über „Resilienz gegen Hassrede“, notfalls wortgleich aus dem PDF der Kommission. Und währenddessen sitzen die eigentlichen Zensoren im Hintergrund und zählen die Klicks wie mittelalterliche Ablasshändler.

Der Bürger im Bällebad der geprüften Meinungen

Die Krönung dieses Schauspiels ist das Versprechen, „Transparenz“ zu schaffen. Der Bürger soll frei wählen dürfen – natürlich nur aus einer kuratierten Auswahl genehmigter Meinungen. Das ist wie ein All-inclusive-Urlaub im Ferienresort: Du darfst dich am Buffet satt essen, aber der Koch entscheidet, ob heute Schwein, Rind oder Tofu auf den Teller kommt. Und wehe, du fragst nach etwas anderem – dann heißt es: „Tut uns leid, das ist gegen die Hausordnung.“ Willkommen in der schönen neuen Medienwelt: ein gigantisches Bällebad voller geprüfter Meinungsbausteine. Quietschbunt, weich, ungefährlich – und völlig steril.

Der Schutz, der keiner ist

Das Schönste am ganzen Theater bleibt der Etikettenschwindel: „Media Freedom Act“. Ein Name, so edel wie Champagner – nur dass die Flasche längst mit abgestandenem Sodawasser gefüllt ist. Freiheit heißt hier: frei sein von jeder abweichenden Meinung. Kritik gilt als Gefahr, Satire als potenzielles Risiko, und selbst Ironie muss bald wohl durch einen Brüsseler Ironie-Ausschuss genehmigt werden. Wer den falschen Witz macht, steht schneller auf der schwarzen Liste, als er „Pluralismus“ buchstabieren kann.

Finale: Die Freiheit im EU-Regal

So also sieht sie aus, die neue „Freiheit“: standardisiert, genormt, vakuumverpackt. Ein Produkt, das im Brüsseler Supermarkt der Tugenden neben „Solidarität“ und „Resilienz“ im Sonderangebot liegt. Haltbar bis 2030, kühl lagern, vor direktem Denken schützen. Echte Pressefreiheit aber ist wie roher Käse: unberechenbar, manchmal stinkig, aber nahrhaft. Sie gehört auf den Tisch, nicht in den Kühlschrank der Bürokratie.
Doch Brüssel will lieber Quark aus der Tube.

Grüner Bürgermeister erklärt Halal-Wurst zur neuen Normalität

Deutsche Eltern sollen sich fügen – Willkommen im Wurst-Kalifat

Bad Harzburg, einst Kurort für Rheumapatienten, ist nun Labor für eine neue Republik, in der die Wurst nicht mehr einfach Wurst ist, sondern ein politisches Manifest mit Darm. Bürgermeister Ralf Abrahms – Grünen-Mitglied, also qua Amtshandlung weltfremd – erklärt Halal-Wurst kurzerhand zum „Bio 2.0“. Damit jeder mitessen kann. Schön! Vielleicht führt er demnächst auch das „Rituelle Fahrradfahren“ ein: Nur wer beim Treten Allah anruft, darf in die Pedale treten. Das hat dann dieselbe Logik.

Integration heißt: Die Mehrheit trägt Kopftuch am Gaumen

Die Kita Hasenwinkel serviert jetzt nur noch Halal. Die offizielle Begründung: „Alle sollen mitessen.“ Klingt nach Inklusion, schmeckt aber nach Unterwerfung. Kinder, die bisher Butterwurst kannten, müssen sich nun an den Koran im Kühlregal gewöhnen. Integration, auf Deutsch: die Mehrheit tritt ihre Gewohnheiten ab und bedankt sich höflich. Das ist, als ob man beim Kindergeburtstag die Kerzen nicht auspustet, weil ein Gast sonst das Gefühl haben könnte, sein Schicksal würde von Dämonen bestimmt. Und alle klatschen.

Grüne Realität: Ein Paralleluniversum aus Tofu und Tugend

Abrahms erklärt mit der Gelassenheit eines Mannes, der noch nie einen Wurstaufschnitt gesehen hat, dass Halal nur ein Label sei wie „Bio“. Richtig, Herr Bürgermeister! Nur dass Bio bedeutet: „Das Schwein hatte ein glückliches Leben.“ Und Halal bedeutet: „Das Schwein hatte gar keins.“ Aber warum über Schlachtmethoden streiten, wenn man beim nächsten Elternabend eh schon mit erhobenem Zeigefinger das „Klimafreundliche Laternelaufen“ einführen muss: bitte nur mit Solarlampe, sonst Ermahnung!

Die große Halal-Verschwörung der kleinen Schritte

Das alles ist kein Einzelfall. Es ist ein Lehrstück in „kulturellem Salami-Slicing“ – Schritt für Schritt verschwindet das, was mal normal war. Heute keine Schweinewurst, morgen kein Weihnachtsbaum, übermorgen bekommt der Osterhase Burkini-Pflicht. Und wehe, jemand sagt etwas! Dann ist er ein „Rechter“, „Ewiggestriger“ oder, ganz schlimm: „kritisch“. Die Grünen verteidigen das Schächten, weil es angeblich „multikulturell“ sei. Dieselben Grünen, die beim Anblick einer Bratwurst im Freibad sofort eine CO₂-Bilanz ziehen und den Grill verbieten wollen.

Von der Blutwurst zur Blutsbruderschaft

Es geht nicht um die Wurst, es geht ums Prinzip. Heute bringen wir den Kindern bei, dass Allah beim Frühstück mit am Tisch sitzt. Morgen wundern wir uns, wenn sie fragen, ob der Nikolaus eigentlich Halal-zertifiziert ist. Integration heißt plötzlich: Die Mehrheit verlernt ihre Kultur, damit sich die Minderheit maximal wohlfühlt. So wie ein Gastgeber, der bei einer Party sein eigenes Wohnzimmer räumt, um sich selbst im Gartenstuhl niederzulassen – während die Gäste auf der Couch fernsehen.

Der deutsche Endgegner: die Leberwurst

Der Bürgermeister spielt die Elternsorgen herunter, als hätten sie über Staubflusen auf dem Linoleumboden gemeckert. Aber genau hier entscheidet sich die Frage: Wer bestimmt eigentlich noch, was normal ist? Die Mehrheit? Oder die Minderheit, die gelernt hat, dass man nur laut genug „Diskriminierung!“ schreien muss, und schon knickt die Politik ein wie ein veganer Pappstrohhalm im Cola-Becher?

Kurswechsel dringend – oder wir landen im Kalifat der Kantine

Deutschland diskutiert über Messerattacken, explodierende Kriminalität und zerfallende Innenstädte – und die Grünen beschäftigen sich mit der Frage, welche Wurst aufs Brötchen darf. Das ist, als ob man auf der Titanic darüber debattiert, ob die Rettungsboote glutenfrei sind. Und das alles im Namen der Toleranz.

Wenn wir nicht bald wieder den Mut finden, eine ganz normale Leberwurst auf den Tisch zu legen, dann werden unsere Kinder in einer Republik groß, in der es keine Bratwurst mehr gibt, nur noch „kulturell sensitive Mettbällchen“ mit EU-Siegel. Und irgendwann wird jemand fragen: „Wie hat das alles angefangen?“ – und die Antwort wird lauten: Mit einer Wurst. In Bad Harzburg.

Mit Fußnoten, Dialogen und anderen Bosheiten

Die Bilder, die Welt und die Kunst des Weglassens

Es ist die alte Geschichte: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte, aber nur, wenn man sorgfältig alle störenden Worte vorher weglässt.¹
Kinderkörper, eingefallen, fragil – das Grauen in JPEG-Format. Und weil es so schön einfach ist, wird daraus nicht eine Geschichte, sondern die Geschichte. Wer will da schon nachfragen?

Dialog zwischen Bild und Text:

  • Das Bild: „Ich bin universell! Ich bin das Symbol für alles!“
  • Der Text: „Aber Moment, das Kind hat eine Vorerkrankung, das gehört erwähnt—“
  • Das Bild: „Pssst! Rede mir nicht rein. Du zerstörst meine Dramaturgie.“

¹ Fußnote für Zyniker: Das Gleiche gilt übrigens auch für politische Talkshows. Je kürzer die Sätze, desto größer der Applaus.

Die Heuchelei als olympische Disziplin

Medienhäuser präsentieren sich gern als letzte Bastion gegen die Flut der Desinformation. Aber wehe, jemand überprüft ihre eigenen Erzählungen – dann mutiert die Bastion zur Burg aus Zuckerwatte, die beim ersten kritischen Regenfall in sich zusammenfällt.

Dialog zwischen Reporter und Kritiker:

  • Reporter: „Wir haben nachgeforscht und festgestellt, dass…“
  • Kritiker: „Ruhe! Ihr seid ekelhaft. Ihr klingt wie Holocaust-Leugner.“
  • Reporter: „Aber Sie haben doch gar nicht meine Zahlen widerlegt?“
  • Kritiker: „Muss ich gar nicht. Moral schlägt Mathematik.“

Déjà-vu im postfaktischen Theater

Wir sind, Hand aufs Herz, nur noch Zuschauer in einer endlosen Soap.
Staffel 2020: „Die Polizei mordet systematisch.“
Staffel 2021: „Wer Schulen öffnen will, liebt den Tod.“
Staffel 2023: „Wer an Kinderhormone Fragen stellt, hasst Kinder.“
Staffel 2025: „Wer Fotos hinterfragt, hasst Wahrheit.“

Regieanweisung: Applaus vom Publikum, während der Autor leise Popcorn kaut.

Von der Kunst, ausgerechnet den Journalismus zu fürchten

CNN, Washington Post, Guardian – sie alle üben die Kunst des „Ups, wir korrigieren heimlich“. Man könnte fast Mitleid haben: wie Kinder, die beim Abschreiben in der Mathearbeit erwischt werden und behaupten, sie hätten nur „geguckt, ob der Nachbar die Aufgabe verstanden hat“.

Dialog zwischen Korrektur und Stolz:

  • Korrektur: „Sorry, das war ein Fehler. Wir haben ein altes Foto benutzt.“
  • Stolz: „Psst! Sag das leiser. Sonst merkt noch jemand, dass wir Mist gebaut haben.“
  • Korrektur: „Aber… Integrität?“
  • Stolz: „Integrität ist das, was wir anderen predigen, nicht was wir selbst üben.“

Der Spiegel im Zerrspiegel

Die eigentliche Pointe: Nicht die Fakten werden bestritten, sondern die Frechheit, dass jemand sie ausspricht. Der Skandal ist nicht das, was gesagt wird, sondern dass es gesagt wird.

Fußnote: Man nennt das im modernen Jargon „Fakten-Feindlichkeit light“ – eine Art Diät-Version des klassischen Totalitarismus. Nur ohne Uniform, dafür mit Tweet.

Epilog: Die Wahrheit als unbequemer Gast

Am Ende bleibt die Szene wie in einem absurden Theaterstück von Ionesco:

  • Die Wahrheit klopft höflich an die Tür.
  • Der Journalist öffnet und sagt: „Komm rein, aber bitte leise.“
  • Das Publikum schreit: „Raus mit ihr! Sie stört das Stück!“

Und so bleibt die Wahrheit in der Garderobe sitzen, während auf der Bühne Bilder tanzen, die mit jedem Schritt lauter lügen – aber so wunderschön choreographiert, dass das Publikum sich lieber verführen lässt.

Deutschland, das Land ohne Alternative

Wie man Demokratie rettet, indem man sie abschafft

Deutschland, Sommer 2027. Karlsruhe, feierliche Atmosphäre wie bei einer Opernpremiere. Die Richterin zieht langsam den roten Hut vom Kopf – das Publikum hält den Atem an. Dann fällt der Satz, der als „Sternstunde“ der Demokratie in die Geschichtsbücher eingehen soll: „Die AfD ist verfassungswidrig.“
Applaus! Sektkorken knallen! Die Bundesrepublik klopft sich kollektiv auf die Schulter: Wir haben die Demokratie gerettet!
Blöd nur: Zehn Millionen Wähler gucken verwirrt in die Röhre. Aber wen interessieren Wähler, wenn man endlich wieder moralisch rein ist?

Demokratie als Rausschmeißer-Show

Der Bundestag gleicht am nächsten Tag einem schlecht organisierten Flohmarkt. Polizisten führen Abgeordnete ab, die sich an Stühle ketten wie verzweifelte Liebhaber an Ex-Partner. Manche streamen ihren Rauswurf live, während sie „Diktatur!“ schreien – und die Bundesregierung nickt zufrieden: Seht her, was für Clowns – gut, dass wir die los sind!
In Moskau lacht man Tränen, in Washington reibt man sich die Hände, und selbst die New York Times kichert hämisch: Deutschland, das Land, das Meinungsfreiheit mit Hausmeistertricks verwechselt.

Razzia statt Rede

Die Bilder sind grotesk: Sturmhauben in Kreisverbänden, SEK-Beamte, die Laptops einpacken, als handle es sich um Kalaschnikows. In Kleinstadtbüros werden Aktenordner beschlagnahmt, in Rathäusern Parteischilder abgeschraubt, während ein Staatssekretär stolz erklärt: „Heute ist ein guter Tag für die Demokratie.“
Ja klar – Demokratie definiert sich neuerdings dadurch, dass man den politischen Gegner behandelt wie eine Rockergruppe. Argumente? Überflüssig. Man hat ja Handschellen.

Der Wähler – lästiges Störgeräusch

Und da wären noch diese zehn Millionen Bürger. Sie sind leider immer noch da. Man kann sie weder verbieten noch konfiszieren. Also erklärt man sie einfach zu bedauerlichen Irrtümern. Der Wählerwille? Wird aussortiert wie abgelaufene Milch: „Tut uns leid, aber ihre Stimme war leider extremistisch kontaminiert, bitte beim nächsten Mal sauberer wählen.“
Dass man damit genau das bestätigt, was diese Leute seit Jahren brüllen – nämlich, dass Demokratie hier nur Kulisse ist –, merkt man natürlich nicht. Man sonnt sich ja gerade im Glanz der eigenen moralischen Selbstgerechtigkeit.

Der Märtyrermaschinenraum

Die ehemaligen AfD-Politiker haben plötzlich das, was sie nie hatten: Bedeutung. Vorher: Hinterbänkler mit schlecht sitzenden Anzügen. Jetzt: Polit-Märtyrer mit Heldenstatus. Jeder Rauswurf ein Beweis, jeder eingefrorene Euro ein Orden. Aus Verlierern macht der Staat unfreiwillig Heilige.
Und die Ersatzorganisation? Natürlich kommt sie. Nenn sie „Bürgerunion“, „Freiheitsbund“ oder „Partei ohne Namen“. Sie wird da sein – stärker, lauter, wütender. Verboten hat man nur das Etikett, nicht das Gift.

Der Offenbarungseid des Establishments

Ein Parteiverbot ist kein Sieg, sondern ein Armutszeugnis. Es zeigt: Die politische Elite kann die Debatte nicht mehr gewinnen. Also ruft sie nach Karlsruhe, nach Roben, nach roten Hüten. Es ist der juristische Totschläger, gezogen von Leuten, die mit Worten nicht mehr treffen.
Man nennt es „wehrhafte Demokratie“. In Wahrheit ist es die Demokratie, die so schwach geworden ist, dass sie jeden Gegner als existenzielle Bedrohung empfindet – und lieber den Richter vorschickt, statt sich selbst die Hände schmutzig zu machen.

Deutschland, das Land der Pose

Das Parteiverbot wird als „großer Neustart“ verkauft. Tatsächlich ist es nichts anderes als ein peinlicher Taschenspielertrick. Ein Land, das zu feige ist, mit politischem Gegner auszukommen, erklärt ihn einfach für illegal. Wie ein Schachspieler, der den gegnerischen Turm vom Brett wirft und verkündet: „Der war verfassungswidrig!“

Am Ende bleibt ein Bild, das man nicht mehr loswird: ein leerer Bundestag voller Stühle ohne Besitzer, Polizisten, die Parteischilder abmontieren, und eine Richterin mit rotem Hut, die stolz verkündet, Deutschland sei jetzt wieder rein, sauber, demokratisch.
In Wahrheit hat sie nur bewiesen, dass die Republik vor allem eines ist: hysterisch, selbstverliebt, schwach.

Finale: Willkommen im Satire-Staat

Deutschland 2027: eine Demokratie, die so viel Angst vor ihren eigenen Bürgern hat, dass sie sie lieber verbietet. Eine Politik, die sich selbst applaudiert, während die Wähler draußen im Regen stehen. Ein Staat, der Freiheit predigt – und dabei gerade gezeigt hat, dass er sie nicht erträgt.

Willkommen im Satire-Staat. Eintritt frei, Wahlen gestrichen.

Halal ist das neue Lecker

Willkommen im Schlaraffenland der Rücksichtnahme

Der Westen, dieses gemütliche Sofa aus Schuldgefühlen, hat sich wieder einmal eingerichtet in seiner Lieblingspose: der permanenten Selbstverneigung. Kaum weht irgendwo ein Hauch von möglicher Kränkung, schon stürzt die Konsumgesellschaft auf die Knie und ruft: „Entschuldigung! Wir ändern sofort alles, bitte nicht böse sein!“ Dass Halal mittlerweile nicht nur eine Essensregel, sondern ein Türöffner für eine ganze Ideologie geworden ist, fällt niemandem auf. Oder schlimmer: es fällt allen auf, aber niemand wagt es auszusprechen, weil schon das bloße Fragen als Mikroaggression gilt.

Das Märchen vom harmlosen Burger

McDonald’s wirbt stolz: „Jetzt auch halal!“ Ein Akt der Diversität, heißt es. In Wahrheit nichts anderes als die freundliche Unterwerfung unter ein Regelwerk, das nicht aus der Freiheit geboren ist, sondern aus einem göttlichen Diktat. Aber wehe, man sagt das! Dann ist man sofort der Unmensch, der Kindertränen verursacht, weil der kleine Mehmet kein Chicken McNugget essen darf. Dass dabei das Prinzip kippt – nämlich dass nicht mehr die Minderheit tolerant die Mehrheit akzeptiert, sondern die Mehrheit sich rituell anpasst – fällt unter den Tisch. Hauptsache, das Marketing stimmt und der Umsatz fließt. Kalorien mit Zertifikat. Ideologie im Pappkarton.

Kindergarten ohne Schwein – Fortschritt oder Farce?

In Kindergärten werden Schweinefleischgerichte zunehmend gestrichen. Nicht, weil die Kinder sie nicht mögen – wer liebt keine Würstchen? –, sondern „aus Rücksicht“. Rücksicht auf wen? Auf Eltern, die sich weigern, dass ihre Kinder mit einem anderen Stück Fleisch auf demselben Teller konfrontiert werden. Man könnte fast meinen, Schweinefleisch sei radioaktiv, ein kulinarisches Tschernobyl. Und die Mehrheitskinder? Sie lernen von klein auf, dass ihre Normalität eine Zumutung ist. Dass ihre Kultur nichts ist, wofür man einstehen darf, sondern etwas, das man besser still und heimlich entsorgt. Willkommen in der Schule der Unterwerfung, erste Klasse: Schwein ist raus, Schuld ist drin.

Flugzeuge im Halal-Modus

Selbst Fluglinien stellen ihr Catering zunehmend auf halal um – und verkaufen es als „globalen Standard“. Klingt nach Fortschritt, ist aber schlicht Kapitulation vor dem lautesten Kunden. Die Freiheit, zwischen Pasta mit Schinken oder Hühnchen in Sahnesoße zu wählen, weicht der rituellen Einheitskost. Ironisch betrachtet: Wir sind die erste Zivilisation der Geschichte, die ihre Esskultur freiwillig aufgibt, um im Flugzeug in 10.000 Metern Höhe niemanden zu kränken, der nicht einmal neben uns sitzt.

Politik im Wohlfühlmodus

Und unsere Politiker? Sie sitzen wie immer zwischen allen Stühlen – und haben sich längst daran gewöhnt, dass man auch darauf bequem einnicken kann. Für sie ist Halal eine Goldgrube: ein Markt, ein Narrativ, ein weiterer Beweis, wie „weltoffen“ das Land sei. Wenn irgendwo eine Moschee eröffnet, schneidet der Bürgermeister das Band durch und hebt stolz hervor, wie wichtig es sei, „Zeichen zu setzen“. Kein Wort darüber, dass das Zeichen in diesem Fall nicht für Vielfalt, sondern für Separatismus steht. Aber warum ehrlich sein, wenn man sich mit ein paar Floskeln ins Abendjournal retten kann?

Die Rhetorik der freiwilligen Entmündigung

Natürlich: „Niemand zwingt uns.“ Das ist das Mantra. Niemand zwingt uns – wir machen alles ganz freiwillig. Wir geben die Bratwurst auf, wir wechseln das Catering, wir stempeln unsere Produkte, wir erziehen unsere Kinder zur Selbstverleugnung – ganz ohne Zwang! Es ist wie bei einer toxischen Beziehung: Man wirft alles über Bord, um die Liebe des anderen zu behalten, und nennt es „Partnerschaft“. In Wahrheit ist es schlicht Selbstaufgabe. Nur dass es hier nicht um eine Person geht, sondern um eine Ideologie, die uns im Kern nichts anderes zu sagen hat als: Ihr seid falsch, wir sind richtig.

Das neue Reinheitsgebot

Und so endet alles dort, wo es immer endet: beim Moralismus. Halal ist nicht nur eine Ernährungsweise, es ist eine Grenzziehung zwischen rein und unrein, gut und böse, erlaubt und verboten. Und der Westen, statt dieses Muster zu durchschauen, stürzt sich begeistert hinein. Wir lieben doch nichts mehr, als uns schlecht zu fühlen. Endlich eine neue Möglichkeit, endlich ein neuer Maßstab, an dem wir scheitern dürfen! Bald wird nicht nur das Fleisch, sondern auch das Wort halal sein müssen, sonst ist es nicht mehr konsumierbar.

Epilog im Supermarkt

Eines Tages wird man durch den Supermarkt schlendern, und alles, wirklich alles, wird ein kleines grünes Siegel tragen. Die Kinder werden fragen: „Papa, was bedeutet halal?“ Und der Vater wird verlegen lächeln und sagen: „Das bedeutet lecker.“ Und die Mutter wird hinzufügen: „Und gut. Und richtig. Und normal.“ Und niemand wird sich mehr erinnern, dass es einmal anders war – dass Essen einfach nur Essen sein durfte, ohne rituelle Unbedenklichkeitsbescheinigung.

Halal ist das neue Lecker. Aber das Lecker ist nicht mehr unseres.

Der Westen am Rande eines Bürgerkriegs?

Die Wissenschaft als Orakel – oder: Wenn Professoren zu Propheten mutieren

Es ist eine eigentümliche Ironie unserer Zeit, dass die Apokalypse nicht mehr von bärtigen Propheten mit flatterndem Gewand auf Marktplätzen verkündet wird, sondern von Männern im Anzug, die zwischen zwei PowerPoint-Folien und einer Tasse „Fair-Trade-Espresso“ nüchtern darauf hinweisen, dass die Wahrscheinlichkeit für einen Bürgerkrieg in Europa bei über fünfzig Prozent liege. Professor David Betz vom King’s College – man muss ihm Respekt zollen – spricht nicht in Schlagzeilen, sondern in Tabellen. Kein Trompetenstoß, kein Jeremiad, nur die kühle Statistik: Das Pulverfass ist gebaut, der Zünder liegt bereit, und alles Weitere ist eine Frage der Geduld. Man könnte beinahe meinen, die Moderne habe selbst die Katastrophe verwaltet – als säße der Untergang bereits in einer Excel-Tabelle und warte geduldig darauf, dass jemand die Zelle aktualisiert.

Fraktionalisierung: Vom Volk zum Shisha-Club

Die sogenannte „Fraktionalisierung“ klingt harmlos, beinahe nach einem mathematischen Hobby für gelangweilte Statistiker. In Wahrheit ist es die höfliche Umschreibung für das, was wir im Alltag sehen: Eine Gesellschaft, die so fragmentiert ist, dass sie eher einem Flickenteppich gleicht, bei dem die Nähte knarzen. Wo früher eine vage Vorstellung von „Wir“ existierte – man konnte sich immerhin noch gemeinsam über die Steuern, das Wetter oder den Schiedsrichter im Fußballspiel aufregen –, herrscht heute ein „Jeder für sich“. Ethnische, kulturelle, ideologische Kleinstaaterei. Der Westen ist nicht mehr die Polis, sondern ein Shisha-Club neben einer Craft-Beer-Bar, neben einer Gender-Studien-Lounge, und alle betrachten einander mit der Mischung aus Misstrauen und Arroganz, die traditionell Kriege gebiert.

Multikulturalismus: Die gute Idee, die in der Praxis in den Straßenschluchten endete

Das multikulturelle Projekt, dieses große moralische Experiment der Nachkriegszeit, hat in den Hochglanzbroschüren der 1990er Jahre blendend funktioniert. Alle Menschen, so versprach man, würden sich in einem Kaleidoskop bunter Vielfalt gegenseitig bereichern. Doch leider verhält sich die Realität ungern wie eine UNESCO-Werbekampagne. Robert Putnam hat es wissenschaftlich nachgewiesen, die Menschen spüren es alltäglich: Je vielfältiger die Nachbarschaft, desto mehr verriegeln wir die Türen, ziehen die Vorhänge zu und starren auf Netflix. Der Traum von der großen, weltoffenen Gemeinschaft wurde zum Albtraum der Parallelgesellschaften. Man predigte Integration, aber baute Ghettoisierung. Man rief nach Vielfalt, erhielt jedoch Entfremdung. Und wer das zu benennen wagt, darf sich sicher sein, als Populist, Rassist oder, noch schlimmer, als „Stammtischdenker“ verbannt zu werden.

Die Erwartungslücke: Von der Eigentumswohnung zum Hamsterrad

Die eigentliche Sprengkraft liegt aber nicht allein im kulturellen Auseinanderdriften, sondern in der ökonomischen Falle. Jahrzehntelang versprach man den Bürgern, dass es ihren Kindern besser gehen würde. Heute wissen die Kinder: Es war eine Lüge. Wer in Berlin, Paris oder London eine Wohnung kaufen will, braucht wahlweise einen Lottogewinn, wohlhabende Eltern oder einen Karriereweg als Oligarchenberater. Stattdessen: befristete Verträge, wachsende Abgaben und eine Rente, die sich bestenfalls noch für Heizkosten eignet. Politik reduziert sich zum moralischen Kabarett: Statt Lösungen gibt es Appelle. Statt Substanz: Hashtags. Kein Wunder, dass die Überzeugung wächst, Wahlen änderten nichts – außer der Friseurwahl des Kanzlers.

Die Mathematik des Untergangs

Die Politikwissenschaft hat den Bürgerkrieg längst berechnet. Vier Prozent Wahrscheinlichkeit pro Jahr – das klingt so nüchtern wie eine Versicherungspolice. Doch vier Prozent jährlich bedeuten: In fünf Jahren liegt die Wahrscheinlichkeit bei knapp zwanzig Prozent, und wenn man die Dominoeffekte hinzuzählt, marschiert man schnell auf sechzig Prozent zu. Europa spielt russisches Roulette mit fünf Patronen im Revolver – und streitet gleichzeitig darüber, ob man beim Abdrücken gendergerechte Sprache verwenden sollte.

Verwaltete Demokratie: Das Schauspiel der Ohnmacht

Sheldon Wolins Begriff der „verwalteten Demokratie“ trifft das Herz des Problems: Wahlen sind heute Operettenaufführungen. Das Bühnenbild wechselt, die Kostüme auch, aber das Stück bleibt gleich. Links, rechts, Mitte – am Ende werden Schulden gemacht, Bürokratien vergrößert und internationale Konferenzen mit großen Worten abgehalten. Der Bürger merkt: Sein Kreuz auf dem Stimmzettel hat die politische Wirkung einer Glückskeks-Botschaft. Die Demokratie ist formal intakt, doch inhaltlich versteinert. Wir wählen nicht mehr Regierungen, wir wählen Animateure.

Europa am Scheideweg: Retribalisierung oder Renaissance?

Die düstere Vision lautet: „Retribalisierung“. Der Rückfall in kleine, ethnisch definierte Gruppen, die nicht mehr durch eine gemeinsame Idee des Nationalstaats verbunden sind. Jeder Clan für sich, jeder Bezirk seine eigene Ordnung, und dazwischen Polizei, die längst zum Notarzt des Sozialen degradiert wurde. Ein Szenario, das an Jugoslawien erinnert – nur diesmal nicht auf dem Balkan, sondern mitten im Herzen der EU. Doch noch ist nichts unvermeidlich. Es gäbe die Möglichkeit einer echten Erneuerung – einer Politik, die Integration nicht nur predigt, sondern fordert; die Gemeinsinn nicht belächelt, sondern belohnt; die nationale Identität nicht als Relikt der Vergangenheit behandelt, sondern als Fundament für Zukunft. Nur: Wer soll das durchsetzen? Eine politische Klasse, die seit Jahren beweist, dass sie Probleme nicht löst, sondern verwaltet wie Altakten?

Die Ironie des Untergangs

So bleibt die bittere Pointe: Ausgerechnet jene, die vor „Populismus“ warnen, schaffen durch ihr Wegsehen die Bedingungen, in denen Populismus gedeiht. Wie ein Arzt, der den Patienten mit „Es ist nur ein Schnupfen“ vertröstet, während die Lunge kollabiert. Napoleon hatte recht: Der Krieg bildet nicht den Charakter, er enthüllt ihn. Vielleicht steht Europa also nicht vor einem Bürgerkrieg, sondern vor einem großen Reality-Check: Wie viel „Zusammenhalt“ ist noch übrig, wenn die Illusionen zerfallen?

Und man fragt sich: Wenn die Wahrscheinlichkeit tatsächlich bei sechzig Prozent liegt – wo wetten wir dagegen? Oder ist das Casino längst geschlossen, weil das Personal im Schichtdienst auf der Straße demonstriert?

Am Schauplatz Antisemitismus

Prolog: Die Bühne ist bereitet

Es ist wieder einmal soweit: Noch bevor der ORF bekanntgibt, ob der nächste Song Contest in Linz, Graz oder in einem eigens dafür hergerichteten Gemeindebau-Waschsalon ausgetragen wird, schiebt sich ein anderes Spektakel in den Vordergrund. Nein, nicht die üblichen Diskussionen über die Kosten des Events, die Schlaglöcher in den Straßen oder die Frage, ob Conchita Wurst noch einmal als moralischer Leuchtturm zurückkehrt. Sondern ein Posting. Ein simples, schäbiges, in seiner Dreistigkeit fast schon kunstvolles Posting. Verfasst nicht von irgendeinem Troll mit 17 Followern und einem Profilbild, das nach fünf Minuten Photoshop schreit, sondern von einem Mitarbeiter des ORF – genauer: einem Redakteur der Sendung Am Schauplatz. Welch Ironie, dass der Schauplatz diesmal er selbst ist.

Der alte Reflex: Schuldumkehr als Volkssport

Robert Gordon also, seines Zeichens Journalist mit öffentlich-rechtlicher Dienstnummer, fand es offenbar notwendig, die Judenfrage in bester Stammtisch-Rhetorik neu zu erörtern: „Wenn ich 2000 Jahre lang Opfer bin, dann sollte ich mir langsam überlegen, woran das wohl liegen mag“ und „Man kann nicht andere bestehlen, vertreiben und umbringen und dabei unschuldig bleiben“. Man kennt diese rhetorische Figur: Die Jahrtausende der Verfolgung, Vertreibung, Pogrome und Vernichtung sind nicht etwa historische Realitäten mit blutigen Konsequenzen, sondern schlichtweg der Hinweis auf ein – nun ja – „systemisches Problem“ der Betroffenen selbst. Das ist so, als würde man einem Misshandlungsopfer zurufen: Na, wenn dich jeder prügelt, dann bist wohl du das Problem. Es ist die alte Schule der Täter-Opfer-Umkehr, nur diesmal in der geistlosen Kurzfassung für den algorithmischen Beifall der Facebook-Kommentarsektion.

Antisemitismus 2.0: Copy & Paste im Meme-Zeitalter

Die Pointe am ganzen Schauspiel: Es ist nicht einmal originell. Kein Funken von intellektueller Raffinesse, kein Zynismus von der Qualität eines Karl Kraus, nicht einmal der verlogene Esprit eines antisemitischen Demagogen alter Schule. Nein, Gordon bedient sich der abgenutzten Textbausteine, die seit Jahrzehnten auf Bierdeckeln, Telegram-Kanälen und schlecht gestalteten PowerPoint-Präsentationen kursieren. Es ist der Antisemitismus des Copy-&-Paste-Zeitalters: geistlos, billig, nach unten geklaut. Ein ideologisches Fertiggericht aus der Mikrowelle des Ressentiments. Und doch reicht es, um die größte Sendeanstalt des Landes in eine peinliche Debatte zu stürzen.

Der ORF im Spagat zwischen PR und Peinlichkeit

Nun steht der ORF da, zwischen dem Song Contest, der Glorie Europas und einem antisemitischen Posting seines eigenen Mitarbeiters. Man muss sich den Pressesprecher vorstellen: Schweißperlen auf der Stirn, während er versucht, gleichzeitig Diversität, Verantwortung, Meinungsfreiheit, interne Konsequenzen und das unvermeidliche „Wir nehmen das sehr ernst“ in einen Absatz zu pressen. Alles unter dem Zeitdruck der Twitter-Timeline. Und der Intendant? Wahrscheinlich in einer Sitzung, in der die Frage diskutiert wird, ob man Gordon suspendiert, abmahnt oder ihn einfach stillschweigend an das Wetterteam in Eisenstadt versetzt. Derweil reiben sich die Kommentatoren die Hände: der Boulevard mit kalkulierter Empörung, die Rechtsaußen mit Häme, die Linken mit moralischem Furor – und irgendwo dazwischen die große schweigende Masse, die denkt: Was hat der ORF eigentlich noch alles im Keller?

Antisemitismus als Traditionshandwerk

Dass Antisemitismus in Österreich keineswegs ausgestorben ist, wäre an sich keine Überraschung. Er gehört, so bitter es ist, zur kulturellen DNA des Landes wie der Radetzkymarsch oder die Schwarzbrennerei in den Kellern der Provinz. Was neu ist, ist die völlige Gedankenlosigkeit, mit der er mittlerweile reproduziert wird. Früher musste man noch Pamphlete drucken, rhetorische Figuren basteln, pseudowissenschaftliche Studien fälschen. Heute reicht ein unüberlegtes Posting zwischen dem dritten Kaffee und dem nächsten Schnittbericht. Der Hass ist nicht mehr elaboriert, sondern flüchtig; er ist kein Werk, sondern ein Klick. Und gerade das macht ihn so gefährlich – weil er ohne Hemmung, ohne Nachdenken, ohne Selbstkontrolle die Runde macht.

Und dann wundert man sich, dass …

Ja, Herr Gordon. Und dann wundert man sich tatsächlich. Aber nicht darüber, dass Juden nach 2000 Jahren Verfolgung immer noch Opfer sind, sondern darüber, dass im Jahr 2025 ein Journalist eines öffentlich-rechtlichen Senders noch immer nicht versteht, warum solche Sätze nicht nur falsch, sondern brandgefährlich sind. Man wundert sich, dass jemand, der beruflich angeblich recherchiert, beobachtet und analysiert, so blind für historische Fakten und so taub für ethische Verantwortung sein kann. Und man wundert sich, dass es überhaupt noch nötig ist, diese Binsenweisheit zu betonen: Antisemitismus ist kein mutiger Tabubruch, kein launiger Witz und schon gar keine legitime Meinungsäußerung. Er ist schlicht – dumm, widerwärtig und alt.

Der wahre Schauplatz

So bleibt der eigentliche Schauplatz nicht die ORF-Sendung, nicht der Song Contest, nicht einmal das Posting selbst, sondern das gesellschaftliche Echo darauf. Es ist der Spiegel, in den man gezwungen wird zu blicken: ein Land, das immer noch nicht gelernt hat, den Antisemitismus als das zu begreifen, was er ist – kein „Randphänomen“, sondern ein strukturelles Gift. Und solange er nicht als solcher benannt und geächtet wird, wird es auch weiterhin Robert Gordons geben, die meinen, mit einem Satz auf Facebook die Geschichte erklären zu können.

Doch immerhin: Für eine bitterböse Satire reicht es allemal.

Der deutsche Traum vom Platz an der Front

Bismarcks langer Schatten

Die deutsche Außenpolitik gleicht seit jeher einem unruhigen Schüler, der mal den Lehrer zu beeindrucken, mal die Klasse zu dominieren versucht, und dabei regelmäßig über seine eigenen Schnürsenkel stolpert. Bismarck, der eiserne Kanzler, verstand es immerhin noch, das Reich mit einer Mischung aus Zynismus und Kalkül in das europäische Gleichgewicht einzupassen – mit dem Bewusstsein, dass Deutschland „saturiert“ sei, wie er es nannte. Doch schon seine Nachfolger ließen sich von einer gefährlichen Sehnsucht packen: dem „Platz an der Sonne“. Und kaum war dieser Anspruch formuliert, stolperte das Kaiserreich in Kolonialabenteuer, die weniger Sonne als vielmehr Untergang bescherten. Man hätte meinen können, zwei Weltkriege später sei diese Hybris für immer kuriert. Aber offenbar ist das historische Gedächtnis eine fragile Angelegenheit, die sich zuverlässig dort verflüchtigt, wo politische Eitelkeit neue Nahrung findet.

Vom Kaiser zum Kanzlerkandidaten

So wirkt Merz’ Vorstellung, deutsche Soldaten könnten zwischen Russland und der Ukraine als Friedenswächter auftreten, wie eine groteske Neuauflage dieses alten Weltpolitikdramas: Ein Land, das doch vor allem als wirtschaftliche Mittelmacht glänzt, träumt wieder von militärischer Selbstinszenierung. Der deutsche „Platz an der Front“ – diesmal nicht in Afrika oder in China, sondern direkt am Dnipro. Man darf sich fragen, ob Merz die ironische Pointe bewusst ist: dass er in seiner Sehnsucht nach historischer Gravitas genau in jenes Muster verfällt, das Deutschland im 20. Jahrhundert zweimal ins Verderben führte. Vielleicht glaubt er, gerade diese Wiederholung könne nun endlich die ersehnte Katharsis bringen. Tragischerweise gilt aber nach wie vor: Wer mit der Geschichte Schach spielt, riskiert, dass sie einen mattsetzt.

Weltpolitik als Theater

Das Drama der deutschen Außenpolitik besteht darin, dass sie sich für ein Drama hält. Bismarck wusste noch, dass Politik ein Kunsthandwerk war, das im Verborgenen blüht, zwischen Geheimverträgen und Balanceakten. Doch die Nachgeborenen sahen darin eine Bühne. Kaiser Wilhelm II. ließ sich in Uniformen fotografieren, um Weltpolitik als Pose zu verkaufen. Friedrich Merz, mit seiner Stahlkantenbrille, versucht dasselbe auf intellektuelle Weise: kein Pickelhaube-Kaiser, sondern der moderne Manager, der glaubt, den Frieden wie einen Konzernvertrag absichern zu können. Doch das Theaterstück bleibt dasselbe: Deutschland überschätzt sich, das Publikum schaut irritiert, und die Bühne endet nicht selten in Trümmern.

Die NATO als Neuauflage der Kanonenbootpolitik

Man könnte die NATO auch als eine Art späte Variante jener Kanonenbootpolitik sehen, die einst im Kaiserreich Mode war. Nur dass diesmal die Flotte nicht in Übersee, sondern in Osteuropa ankert. Dass Russland die bloße Möglichkeit einer NATO-Präsenz in der Ukraine als existenzielle Bedrohung wahrnimmt, könnte man als Warnsignal begreifen – oder, in deutscher Tradition, als Einladung zur Eskalation. Denn nichts reizt den deutschen Drang zur Weltpolitik so sehr wie die Aussicht, sich endlich als moralischer Zuchtmeister der Geschichte profilieren zu dürfen.

Orwell im Berliner Regierungsviertel

George Orwell hat das Prinzip des ewigen Krieges als Grundlage hierarchischer Gesellschaften beschrieben. In Deutschland lässt sich das noch feiner zuspitzen: Der ewige Krieg als Mittel, jene Weltpolitikpose aufrechtzuerhalten, die man im Frieden nie durchhielte. Frieden würde Deutschland auf seine eigentliche Rolle zurückstutzen – das Land der Autos, Dichter und Exportüberschüsse. Krieg hingegen erlaubt die große Rede, das Pathos, die staatsmännische Gravitas. Kurz: Krieg ist die Bühne, die Frieden verweigert. Insofern könnte man fast zynisch sagen: Merz ist nur die logische Figur in einem alten deutschen Stück, das immer wieder gespielt wird – ein Reprisenprogramm, das nie zu Ende gehen darf.

Schluss: Die Eleganz der Verweigerung

Doch es gäbe eine Alternative – eine, die Bismarck vermutlich gefallen hätte: die bewusste Selbstbegrenzung. Keine Stiefel im Osten, keine Illusionen vom deutschen Weltordner, sondern die nüchterne Rolle des Vermittlers, des stillen Diplomaten, des verlässlichen Händlers. Ein Frieden, gesichert nicht durch deutsche Soldaten, sondern durch die kluge Einbindung neutraler Staaten, wäre nicht heroisch, aber stabil. Doch das erfordert jene Tugend, die in Deutschland seit über hundert Jahren rar geworden ist: die Eleganz der Verweigerung. Und so bleibt der Verdacht, dass Deutschland, statt Geschichte zu überwinden, erneut beginnen, sie zu imitieren – diesmal unter dem Banner des Friedens, aber mit denselben alten Illusionen im Gepäck.

Der deutsche Traum vom Platz an der Front

Bismarcks langer Schatten

Die deutsche Außenpolitik gleicht seit jeher einem unruhigen Schüler, der mal den Lehrer zu beeindrucken, mal die Klasse zu dominieren versucht, und dabei regelmäßig über seine eigenen Schnürsenkel stolpert. Bismarck, der eiserne Kanzler, verstand es immerhin noch, das Reich mit einer Mischung aus Zynismus und Kalkül in das europäische Gleichgewicht einzupassen – mit dem Bewusstsein, dass Deutschland „saturiert“ sei, wie er es nannte. Doch schon seine Nachfolger ließen sich von einer gefährlichen Sehnsucht packen: dem „Platz an der Sonne“. Und kaum war dieser Anspruch formuliert, stolperte das Kaiserreich in Kolonialabenteuer, die weniger Sonne als vielmehr Untergang bescherten. Man hätte meinen können, zwei Weltkriege später sei diese Hybris für immer kuriert. Aber offenbar ist das historische Gedächtnis eine fragile Angelegenheit, die sich zuverlässig dort verflüchtigt, wo politische Eitelkeit neue Nahrung findet.

Vom Kaiser zum Kanzlerkandidaten

So wirkt Merz’ Vorstellung, deutsche Soldaten könnten zwischen Russland und der Ukraine als Friedenswächter auftreten, wie eine groteske Neuauflage dieses alten Weltpolitikdramas: Ein Land, das doch vor allem als wirtschaftliche Mittelmacht glänzt, träumt wieder von militärischer Selbstinszenierung. Der deutsche „Platz an der Front“ – diesmal nicht in Afrika oder in China, sondern direkt am Dnipro. Man darf sich fragen, ob Merz die ironische Pointe bewusst ist: dass er in seiner Sehnsucht nach historischer Gravitas genau in jenes Muster verfällt, das Deutschland im 20. Jahrhundert zweimal ins Verderben führte. Vielleicht glaubt er, gerade diese Wiederholung könne nun endlich die ersehnte Katharsis bringen. Tragischerweise gilt aber nach wie vor: Wer mit der Geschichte Schach spielt, riskiert, dass sie einen mattsetzt.

Weltpolitik als Theater

Das Drama der deutschen Außenpolitik besteht darin, dass sie sich für ein Drama hält. Bismarck wusste noch, dass Politik ein Kunsthandwerk war, das im Verborgenen blüht, zwischen Geheimverträgen und Balanceakten. Doch die Nachgeborenen sahen darin eine Bühne. Kaiser Wilhelm II. ließ sich in Uniformen fotografieren, um Weltpolitik als Pose zu verkaufen. Friedrich Merz, mit seiner Stahlkantenbrille, versucht dasselbe auf intellektuelle Weise: kein Pickelhaube-Kaiser, sondern der moderne Manager, der glaubt, den Frieden wie einen Konzernvertrag absichern zu können. Doch das Theaterstück bleibt dasselbe: Deutschland überschätzt sich, das Publikum schaut irritiert, und die Bühne endet nicht selten in Trümmern.

Die NATO als Neuauflage der Kanonenbootpolitik

Man könnte die NATO auch als eine Art späte Variante jener Kanonenbootpolitik sehen, die einst im Kaiserreich Mode war. Nur dass diesmal die Flotte nicht in Übersee, sondern in Osteuropa ankert. Dass Russland die bloße Möglichkeit einer NATO-Präsenz in der Ukraine als existenzielle Bedrohung wahrnimmt, könnte man als Warnsignal begreifen – oder, in deutscher Tradition, als Einladung zur Eskalation. Denn nichts reizt den deutschen Drang zur Weltpolitik so sehr wie die Aussicht, sich endlich als moralischer Zuchtmeister der Geschichte profilieren zu dürfen.

Orwell im Berliner Regierungsviertel

George Orwell hat das Prinzip des ewigen Krieges als Grundlage hierarchischer Gesellschaften beschrieben. In Deutschland lässt sich das noch feiner zuspitzen: Der ewige Krieg als Mittel, jene Weltpolitikpose aufrechtzuerhalten, die man im Frieden nie durchhielte. Frieden würde Deutschland auf seine eigentliche Rolle zurückstutzen – das Land der Autos, Dichter und Exportüberschüsse. Krieg hingegen erlaubt die große Rede, das Pathos, die staatsmännische Gravitas. Kurz: Krieg ist die Bühne, die Frieden verweigert. Insofern könnte man fast zynisch sagen: Merz ist nur die logische Figur in einem alten deutschen Stück, das immer wieder gespielt wird – ein Reprisenprogramm, das nie zu Ende gehen darf.

Schluss: Die Eleganz der Verweigerung

Doch es gäbe eine Alternative – eine, die Bismarck vermutlich gefallen hätte: die bewusste Selbstbegrenzung. Keine Stiefel im Osten, keine Illusionen vom deutschen Weltordner, sondern die nüchterne Rolle des Vermittlers, des stillen Diplomaten, des verlässlichen Händlers. Ein Frieden, gesichert nicht durch deutsche Soldaten, sondern durch die kluge Einbindung neutraler Staaten, wäre nicht heroisch, aber stabil. Doch das erfordert jene Tugend, die in Deutschland seit über hundert Jahren rar geworden ist: die Eleganz der Verweigerung. Und so bleibt der Verdacht, dass Deutschland, statt Geschichte zu überwinden, erneut beginnen, sie zu imitieren – diesmal unter dem Banner des Friedens, aber mit denselben alten Illusionen im Gepäck.