Kein Urlaub für Juden

Das Mittelmeer, warm wie das Blut der Geschichte

Man stelle sich folgendes Bild vor: Eine Kreuzfahrt. Blaues Wasser. Eine Insel mit weißen Häusern, zuvorkommenden Kellnern, griechischer Salat, gebackene Sardinen, Ouzo im Sonnenuntergang. Die „Crown Iris“ gleitet ins Hafenbecken von Rhodos, schwer beladen mit 650 israelischen Touristen – Rentner, Familien, neugierige Bildungsbürger mit Sonnenhut und Kreditkarte. Kein Bedrohungsszenario, keine Waffen, keine Netanjahu-Porträts, keine Panzer auf Deck. Nur Menschen, die Urlaub machen wollen.

Doch statt Bouzouki-Musik empfängt sie ein Chor des Hasses: „Mörder! Zionisten raus!“ Die Fackel der Zivilisation, die Europa so gerne in Richtung Levante trug, brennt wieder – diesmal als Mahnfeuer an der Mole. Und man muss fragen: Ist das die neue europäische Gastfreundschaft? Oder einfach nur die alte, recycelte?

Die neue Blockade: Ferienlager verboten

„Sie dürfen demonstrieren, aber nicht blockieren“, sagt der Bürgerschutzminister, der offenbar eine Schulung in semantischer Gymnastik genossen hat. Wie beruhigend. Es klingt nach einem Versuch, den Anschein von Demokratie zu wahren, während die Wogen des Hasses längst über die Kaimauer schwappen. Doch was hier passiert, ist nicht Protest. Es ist Eskalation mit Flip-Flops.

Wenn eine Kreuzfahrt zum politischen Kriegsakt wird, dann hat nicht nur der Tourismus ein Problem. Dann ist nicht Israel das Problem. Dann sind wir es. Die, die sich einreden, der Antizionismus sei der letzte erlaubte Antisemitismus – mit moralischem Öko-Siegel und veganem Etikett. Es ist bequemer, eine Gruppe von Kreuzfahrtgästen für den Gazakrieg haftbar zu machen als etwa die eigene europäische Rüstungsindustrie, die gut an ihm verdient. Protest ist gut, selektiver Protest ist gefährlich. Und was hier demonstriert wird, ist nicht Haltung, sondern Haltungsschaden.

Vom heiligen Zorn zur säkularen Doppelmoral

Es ist en vogue, Israel zu hassen – pardon, zu „kritisieren“. Und selbstverständlich muss eine demokratische Gesellschaft jede Regierung kritisieren dürfen. Auch – und gerade – eine israelische. Doch wer von einer jüdischen Reisegruppe auf einem Schiff verlangt, dass sie sich für Netanjahus Kabinett entschuldige, tut genau das, was Antisemiten seit Jahrhunderten getan haben: Er kollektiviert. Er überträgt Schuld. Er verwechselt Identität mit Politik. Und das mit feierlicher Hybris, als wäre es eine Tugend.

Wenn 50 Demonstrierende einen Hafen blockieren, weil ein israelisches Schiff kommt, dann ist das kein Friedensdienst – es ist eine Farce. Wo bleibt der Protest gegen syrische, russische oder saudische Touristen? Wo der Boykott gegen amerikanische Kreuzfahrten, deren Heimatland bekanntlich Kriege im Irak und Afghanistan führte? Man stelle sich vor, man würde einem Amerikaner den Strandzugang verweigern, weil George W. Bush existierte. Absurde Vorstellung, nicht wahr?

Europäische Rückfälle – diesmal mit Instagram-Filter

Es ist ein Rückfall in alte Muster, maskiert durch die pathetische Pose moralischer Überlegenheit. „Nie wieder!“ ruft man bei Gedenkveranstaltungen, während man im Alltag längst wieder gelernt hat, zwischen „guten Juden“ und „Zionisten“ zu unterscheiden – als sei das eine moralisch relevante Unterscheidung. Juden dürfen existieren, solange sie sich nicht verteidigen. Juden dürfen reisen, solange sie unsichtbar bleiben. Juden dürfen überleben, solange sie nicht widersprechen. Das ist die neue Toleranz: konditioniert und kontingent.

Und währenddessen? Währenddessen marschiert das Instagram-geölte Empörungskarussell weiter, mit Hashtags statt Argumenten, mit Parolen statt Perspektiven. Der jüdische Tourist wird zur Projektionsfläche – nicht seiner Taten, sondern der europäischen Geschichte, die sich nicht eingestehen will, dass sie nie wirklich abgeschlossen war. Antisemitismus ist nicht tot – er hat nur gelernt, sich in Menschenrechtsrhetorik zu kleiden.

Der Mensch als Mahnmal – und sonst nichts

650 Menschen wollten Rhodos sehen. Stattdessen wurden sie gesehen – und zwar nicht als Individuen, sondern als Stellvertreter eines Staates, den viele von denen, die am lautesten „Solidarität mit Palästina“ schreien, niemals bereist, geschweige denn verstanden haben. Und es ist ja auch viel einfacher, über Israel zu urteilen, als über den eigenen kulturellen Bodensatz. Wo der Antisemitismus nicht verschwunden, sondern nur recycelt ist – als moralisch lackierter Kitsch.

Vielleicht ist das die ultimative Ironie: Dass Juden heute wieder eskortiert werden müssen, um ungehindert europäischen Boden zu betreten – diesmal von der Polizei und nicht von der SS. Dass ein Schiff mit israelischer Flagge behandelt wird wie ein Piratenkutter. Und dass man glaubt, darin Fortschritt zu sehen.

Die letzte Pointe: „Wir haben nichts gegen Juden – nur gegen die jüdischen“

Die Krönung aller Debatten ist stets der Nachsatz: „Ich bin kein Antisemit, aber…“ Wer so anfängt, hat meist schon alles gesagt. Der neue Antisemit ist gebildet, progressiv und überzeugt davon, auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen. Er zitiert Judith Butler und Hannah Arendt, verachtet aber deren Erkenntnisse. Er besucht Gedenkstätten, aber boykottiert israelische Produkte. Er hat nichts gegen Juden – nur gegen die jüdischen.

Und so bleibt als bitteres Fazit: Kein Urlaub für Juden. Nicht in Rhodos, nicht auf Syros. Vielleicht bald nicht mehr in Europa. Die Geschichte wiederholt sich nicht – sie reimt sich, sagt man. Doch dieser Reim klingt wie ein böses Echo. Und vielleicht wird man in einem zukünftigen Museum fragen: Warum haben sie damals die Touristen nicht einfach an Land gelassen?

Die Antwort wird sein: Weil es keine Touristen waren. Sondern Juden. Und das hat, so scheint es, in Europa wieder einen Unterschied gemacht.


Letzter Gedanke
Ein Kreuzfahrtschiff ist keine militärische Mission. Aber wer jüdisches Leben kollektiv unter Generalverdacht stellt, macht aus einem Landausflug eine Konfrontation – und aus sich selbst einen Statisten im alten Drama, das wir eigentlich nie wieder aufführen wollten.

Die Sprache der Engel, die Zunge der Henker

Es beginnt immer harmlos. Mit einem Adjektiv. „Kritisch.“ Dann folgt ein Adverb: „berechtigt.“ Schließlich der ganze Satz: „Man wird ja wohl Israel noch berechtigt kritisieren dürfen.“ Man merkt: Die Zunge windet sich, wie eine Schlange beim Häuten. Und was da zu Boden fällt, ist die Haut des Anstands. Denn kaum ein anderer Staat muss sich „Kritik“ in so betörenden Variationen gefallen lassen: als Furor, als Boykott, als Steinewurf, als Feuerwerk aus dem Gazastreifen.

Doch wehe dem, der fragt, woher diese Obsession kommt. Der bekommt sofort die nächste rhetorische Keule zu spüren: Relativierungskeule, Antisemitismuskeule, Opferrolle! – so tönt es dann, ausgerechnet von jenen, die mit rhetorischen Panzern auf Mauern aus Erinnerung feuern. Die moralische Verkehrung ist vollständig: Der Jude, einst Opfer, wird Täter. Und der Täter? Ist jetzt Aktivist.

Er trägt kein Hakenkreuz, sondern ein Hashtag. Keine SA-Uniform, sondern ein TikTok-Tutorial. Er marschiert nicht, er tanzt. „Free Palestine“ als Tanzchoreografie – choreographierter Nihilismus mit Menschenrechtsmaske. Die Sprache, einst Medium der Aufklärung, wird zur Munition. Sie tötet nicht sofort, aber zuverlässig.

Akademische Apartheid – oder: Wie man eine Realität ausradiert

An den Universitäten wird derweil munter weitergearbeitet an der Delegitimierung des jüdischen Staates. Es klingt dort wie aus einem schlecht übersetzten Dekolonialisierungs-Handbuch: Israel als „Apartheidstaat“, als „Siedlerkolonialismus“, als „imperialistisches Projekt“. Die Realität vor Ort? Stört nur. Geschichte? Ein störendes Detail. Jüdisches Leben in arabischen Ländern vor 1948? Gelöscht. Die ethnische Säuberung von Juden aus 22 arabischen Staaten? Nebensache.

Hier spricht kein Diskurs mehr, hier richtet ein Tribunal. Es sind Sprachgerichte mit vorgefertigtem Urteil, Verhörzimmer der Moral. Und wer widerspricht, wer es wagt, darauf hinzuweisen, dass ein Volk mit tausendjähriger Geschichte nicht erst mit Theodor Herzl begonnen hat, sondern mit biblischen Exilen, Pogromen, Diaspora, dem Gulag, Bergen-Belsen – der ist verdächtig. Reaktionär. Zionist. Täter.

Die postkoloniale Theorie hat ihr Auschwitz gefunden: Es liegt zwischen Tel Aviv und Haifa. Dass dort arabische Israelis Minister, Ärzte und Richter sind? Verschwörung der Hasbara. Dass Palästinenser in arabischen Staaten keine Rechte haben? Kollateralschaden. Israel wird nicht analysiert. Es wird gehasst – und das mit akademischem Prädikat.

Humanitäre Pornografie – Das Leiden als Währung

Wer je eine Demo besucht hat, auf der „Free Palestine“ skandiert wird, weiß: Es geht nicht um Palästina. Es geht um eine moralische Selbsterhebung. Um das Wohlgefühl, auf der richtigen Seite zu stehen, ohne je den Preis zu kennen. Das Leid der Palästinenser wird zum Marktplatz, ihr Schmerz zur moralischen Aktie, ihr Tod zur ideologischen Dividende.

Niemand fragt: Wer regiert dort eigentlich? Wer steckt die Hilfsgelder ein? Wer benutzt Kinder als menschliche Schutzschilde? Wer erklärt öffentlich, dass es eine religiöse Pflicht sei, Juden zu töten? Die Antwort wäre unbequem. Sie würde das Tableau stören, das man sich gemalt hat: David gegen Goliath. Gut gegen Böse. Die Unterdrückten gegen die Besatzer.

Doch was hier läuft, ist keine Solidarität. Es ist humanitäre Pornografie: Das öffentliche Zurschaustellen des fremden Leids zur Selbstbestätigung. Und Israel? Muss in dieser Dramaturgie der Schurke sein. Muss Schuldiger bleiben. Darf gar nicht friedlich, differenziert, komplex sein – denn das würde das ganze Skript ruinieren. Dann müsste man nachdenken. Dann müsste man moralisch erwachsen werden.

Aber das ist das Letzte, was diese Bewegung will: Erwachsenwerden. Lieber infantilisiert sie sich weiter – in simplen Parolen, klaren Feindbildern und der tröstlichen Vorstellung, dass alle Übel dieser Welt nur einen einzigen Schuldigen haben: den Juden, diesmal als Staat.

Die Zukunft der Erinnerung – oder: Die Stunde der Heuchler

Es wird bald wieder Gedenktag sein. Der Bundespräsident wird sprechen. Die Bundestagspräsidentin wird seufzen. Eine Schulklasse wird „Ich hab einen kleinen Vogel“ auf Hebräisch vorsingen, schlecht, aber bemüht. Alle werden betroffen schauen. Es wird Kränze geben, und Tweets, und Hashtags: #NieWieder.

Doch das „Nie wieder“ ist längst zu einer Worthülse verkommen, ausgehöhlt von genau jenen, die in der Gegenwart versagen. Nie wieder, ja – aber bitte ohne Konsequenz. Nie wieder, aber nur retrospektiv. Nie wieder, aber mit Palästinaflagge. Nie wieder, aber bitte leise, wenn Juden heute wieder fliehen müssen – aus Berlin, aus London, aus Malmö.

Denn die neue Shoah braucht keinen Zug mehr. Sie braucht nur ein Internet. Und eine internationale Linke, die in ihrer moralischen Hybris zu blind ist, um zu merken, dass sie längst Teil des Problems ist, das sie vorgibt zu bekämpfen.


Epilog: Von der Sprache zur Tat

Die Sprache ist kein Spielzeug. Sie ist Dynamit. Sie gräbt Gräben, sie zieht Linien, sie markiert Feinde. Und manchmal ist ein Satz nur ein Satz. Und manchmal ist er ein Dolch.

„From the river to the sea“ ist kein politischer Wunschzettel. Es ist ein Code. Ein Imperativ. Eine Absichtserklärung. Und wer sie mitruft, ruft nicht nach Gerechtigkeit. Er ruft nach dem Ende.

Nicht das Ende eines Konflikts. Sondern das Ende eines Volkes.

Zivilisationsbruch im Jutesack

oder: Wie man mit Reis und Öl ein Terrorregime füttert

Es ist eine der großen Tragikomödien unserer Zeit, dass auf den Lagerplätzen in Gaza nicht die Bomben, sondern der Bulgur schimmelt. Dass nicht Granaten, sondern Gurkengläser Mangelware sind – nicht, weil es an ihnen fehlte, sondern weil sie niemand austeilen darf. Denn irgendwo zwischen New Yorker UN-Gremien, katarischen Hotelbars und BBC-Kaffeeküchen hat man sich darauf geeinigt, dass Brot nur dann wirklich moralisch sauber ist, wenn es von den richtigen Händen verteilt wird. Und wer sind die „Richtigen“? Natürlich jene, die Kalaschnikows tragen, Tunnel graben und Pressemitteilungen schreiben, in denen von „zionistischen Kriegsverbrechen“ die Rede ist, während sie gleichzeitig für die eigene Bevölkerung das Prinzip „erst hungern, dann kaufen“ erfunden haben.

Die UN – diese moralische Titanic mit 193 Kapitänen an Bord – hat beschlossen, dass man lieber Lebensmittel verfaulen lässt, als sich dem schändlichen Vorwurf auszusetzen, man habe einen Hamas-Kämpfer beleidigt. Die Weltgemeinschaft, ein riesiger, gut finanzierter Feigling, übergibt ihre Hilfsgüter daher lieber weiter an genau jene Organisation, die sie seit Jahren stiehlt, weiterverkauft und in manchen Fällen wohl auch gleich in Raketen umrechnet – nach dem Umrechnungskurs: Ein LKW voller Mehl ergibt ungefähr dreißig Mörsergranaten und eine internationale Schlagzeile. Das nennt man dann Resilienz.

Direkthilfe – der Todsünde erster Teil

Nun hat sich also eine NGO – mit dem für Zyniker fast schon zu ehrlichen Kürzel GHF – erlaubt, das humanitäre Monopol der Hamas zu durchbrechen. Sie verteilten Hilfsgüter direkt an die Menschen, die sie brauchen. Eine Ungeheuerlichkeit. Ein Sakrileg. Ein Dolchstoß in den moralökonomischen Rücken des Widerstandes. Und siehe da – plötzlich merkten die Menschen in Gaza, dass man satt werden kann, ohne vorher einen Treueeid auf den bewaffneten Islamismus abzulegen. Man stelle sich das vor: Nahrung, ohne ideologische Gegenleistung. Es ist, als hätte jemand versucht, in Nordkorea Flugblätter über Demokratie abzuwerfen – während Kim Jong-un gerade Mittagsschlaf hält.

Das ließ sich Hamas natürlich nicht gefallen. Ein narzisstisches Gewaltkartell, das auf seine Monopolstellung bei Hunger und Hoffnungslosigkeit mehr gibt als ein Hedgefonds auf seine Dividende, kann sowas nicht dulden. Also wurden „Unruhen“ organisiert – ein Wort, das in westlichen Redaktionen so liebevoll benutzt wird wie ein altes Sofakissen – und „Schießereien provoziert“, wie man das eben macht, wenn der Kuchen plötzlich nicht mehr durch die Parteiküche geht.

Die Strategie: Chaos erzeugen, wo Ordnung keimt. Und dann laut rufen: Seht her, wie unordentlich das hier ist! Es ist ein bisschen wie ein Feuerwehrmann, der Brände legt, um sich unersetzlich zu machen – nur dass dieser Feuerwehrmann auch noch für das Löschen bezahlt wird. Mit Spenden aus Europa.

BBC: Barmherzigkeit, Blindheit, Catering

Und wie reagiert der Westen? Er berichtet. Erstaunlich oft. Und erstaunlich einseitig. Die BBC zum Beispiel – einst das Aushängeschild des kritischen Journalismus, heute eine Art Palliativpflege für das moralisch angeschlagene Empire-Gewissen – rezitiert Hamas-Pressemitteilungen mit der Inbrunst eines Sonntagspredigers. Kinder hungern? Kameras drauf! Explosionen? Ton bitte etwas lauter. UN-Hilfsgüter verschwinden? Schweigen, denn das wäre kompliziert, und komplexe Realitäten passen nun mal schlecht ins 45-Sekunden-Format.

Stattdessen spekuliert man lieber, ob Israel nicht „unverhältnismäßig“ reagiere. Als gäbe es eine exakte Verhältnisformel zwischen Raketenbeschuss und moralischem Widerstand. Drei tote Soldaten entsprechen 1,4 Protestresolutionen. Eine entführte Familie ergibt sieben Minuten Betroffenheit im Abendprogramm. Aber wehe, jemand gibt den Menschen in Gaza etwas zu essen, ohne vorher bei Hamas nachzufragen – das ist dann „destabilisierend“.

Fünf-Sterne-Intifada: Der Widerstand im Wellnessbereich

Währenddessen sitzen die Hamas-Führer in Qatar, trinken Espresso im klimatisierten Exil und diskutieren die Farbe ihrer nächsten Propaganda-Infografik. Der moderne Dschihadist trägt Maßanzug, verwaltet Fonds und hat ein Netflix-Abo – natürlich über VPN. Ihre politische Strategie basiert weniger auf Religion als auf PR. Und diese PR funktioniert. Weil sie billig ist, emotional aufgeladen – und westliche Journalisten auf die Formel „Opfer gleich gut, Krieg gleich böse“ konditioniert wurden wie Versuchskaninchen auf Zuckerwasser.

Doch die Wahrheit ist: Diese Führung hat ihre Bevölkerung verraten. Immer wieder. Wer seinen Gegner durch die Verwendung der eigenen Zivilisten als Schutzschild moralisch bloßstellen will, der benutzt sein Volk. Wer aber hilft, dieses Volk zu ernähren, ohne Hamas, der ist aus Sicht der Hamas ein Feind. Die GHF hat das erkannt. Viele Palästinenser auch. Nur Brüssel, London und Genf schauen weiterhin betreten auf ihre Humanitätsbroschüren – gedruckt auf Recyclingpapier und voller Menschenrechte, die niemand durchsetzt.

Der letzte Krieg – oder: Warum Frieden einen Namen hat

Man kann über Israel vieles sagen – und Kritik ist erlaubt, notwendig, manchmal überfällig. Aber eines ist klar: So lange Hamas existiert, existiert kein Frieden. Nicht für Israel. Nicht für Gaza. Nicht für die Kinder, die heute lernen, dass ein Flugblatt gefährlicher sein kann als ein Schulbuch. Israel führt diesen Krieg nicht nur gegen einen militärischen Feind, sondern gegen eine Infrastruktur aus Angst, Korruption und medialer Magie. Und ja: Dieser Krieg ist grausam, tragisch und blutig. Aber er ist nötig – nicht trotz der zivilen Opfer, sondern wegen ihnen. Denn wer das Leiden beenden will, muss zuerst jene entmachten, die es instrumentalisieren.

Man muss die Hamas besiegen. Nicht, weil man sie hasst. Sondern weil man Gaza liebt – mehr jedenfalls, als es ihre selbsternannten Befreier je getan haben.

Die Ästhetik des Abgrunds

Wenn Bilder lauter lügen als Worte schreien

Es beginnt, wie alles beginnt in der Gegenwart: mit einem Tweet. Ein Bild, ein Satz, eine Meinung – ach was, ein Urteil – hinausgeschleudert in die algorithmische Agora, wo Beifall in Form von Herzen gezählt und Entrüstung mit Retweets belohnt wird. Da ist sie also, diese eigentümliche Collage der Verdammnis: eine Hakenkreuzfahne – das universal erkennbare Symbol des industriell rationalisierten Grauens – gleichberechtigt platziert neben einer blauen Flagge mit Davidstern – dem Symbol eines Volkes, das, historisch betrachtet, darunter besonders zu leiden hatte. Darunter ein computergenerierter Hamas-Kämpfer, in der ikonischen Pose des amerikanischen Football-Protests: ein Knie auf dem Boden, der Blick entschlossen, irgendwo zwischen Opferpose und Moral-Apokalypse. Was soll das sein? Ein Sinnbild? Ein Mahnmal? Ein digitales Daumenkino für die moralische Selbstvergewisserung der Postironie? Nein, es ist schlimmer: Es ist das Meme als Meinungsbombe, die Zivilisation als GIF.

Moralisches Bodybuilding für Empörungsjunkies

Die Unterzeile liest sich wie ein theologisches Urteil aus der Unterwelt der Hashtags: „Wenn das, was Gaza seit fast zwei Jahren erduldet, kein Völkermord ist, dann erklären Sie uns bitte, was genau das ist.“ Der Ton ist inquisitorisch, die Frage rhetorisch, der Anspruch moralisch unanfechtbar – zumindest für diejenigen, die sich bereits in der moralischen Komfortzone der digitalisierten Entrüstung eingerichtet haben. Der Hamas-Kämpfer als Engel? Da reibt sich selbst Dante im Grab die Augen und fragt sich, in welchem Höllenkreis Satire eigentlich endete, und Propaganda begann. Was hier als Widerstand etikettiert wird, trägt die Aura der Heiligsprechung von Sprengstoffgürteln und Kindersoldaten. Die Sprache lügt mit Pathos, der Tonfall ist heilig, aber der Inhalt ist durch und durch nihilistisch.

Der Holocaust als Metapher für alles und nichts

Die Kombination von Hakenkreuz und Davidstern ist keine Provokation, sie ist eine Obszönität. Nicht, weil sie verboten wäre – das ist sie mitunter auch – sondern weil sie das tut, was man in der Moralphilosophie das ultimative Verbrechen nennt: die semantische Verwischung. Wenn der Davidstern zur ästhetischen Stellvertreterin eines neuen Nationalsozialismus stilisiert wird, dann ist nicht nur Geschichte getilgt, sondern auch jede Möglichkeit, aus ihr zu lernen, zerstört worden. Auschwitz wird zur PowerPoint-Folie im digitalen Widerstand. Shoah-Pornografie als Instagram-Story. Es ist die Entwertung des Grauens durch inflationäre Analogien. Wenn alles „Völkermord“ ist, dann ist nichts mehr Völkermord. Und wenn Hamas-Kämpfer Engel sind, dann war wohl auch Himmler bloß ein Verwaltungsbeamter mit dysfunktionalem Mitgefühl.

Die moralische Regression der Aufgeklärten

Die Krönung dieser bildgewordenen Blasphemie ist nicht das Bild selbst, sondern seine Rezeption. Da sitzen sie nun, die jungen Aufgeklärten, zwischen Soja-Latte und Marx-Reader, und nicken sich zustimmend zu: Endlich sagt es mal jemand! Endlich zeigt jemand den Mut, das Unaussprechliche auszusprechen, auch wenn er dabei auf den Leichenhaufen der Geschichte steigt wie auf eine Rednertribüne. Was zählt, ist die moralische Pose. Haltung ist wichtiger als Inhalt, Empörung ersetzt Analyse, und die Geschichte – dieses lästige Archiv kollektiver Scham – wird zum Servierwagen für ideologischen Fingerfood. Was früher auf Mahnmalen stand, steht heute auf T-Shirts. „Nie wieder“ wird zu „Nie wieder außer wenn es gegen Zionisten geht“, und plötzlich sind Antisemiten wieder salonfähig – nur diesmal im Gewand der Gerechtigkeit.

Die postmoderne Unschuld der Täter-Ästhetik

Es ist eine perfide Unschuld, die sich hier breitmacht: Die Unschuld der Opfer als Projektionsfläche, die Unschuld der Täter als ästhetische Requisite. Der Hamas-Kämpfer im BLM-Knie ist kein Widerständler, sondern ein PR-Produkt. Eine menschenverachtende Organisation, die Schwule von Dächern wirft, Frauen einsperrt und Kinder in Waffendepots versteckt, wird zum ikonischen Symbol des Widerstands gegen das Böse. Warum? Weil Bilder mehr zählen als Biografien, weil Haltung reicht, wenn man nichts mehr wissen will. Die Hamas als Antifa des Südens – das ist nicht nur grotesk, es ist der endgültige Triumph der Marketingabteilung über die Moral.

Wenn Satire stirbt, bleibt nur Zynismus

Was als Satire daherkommt, ist in Wahrheit ein Manifest des moralischen Bankrotts. Es ist nicht komisch, es ist nicht klug, es ist nicht kritisch – es ist bloß bequem. Es dient nicht der Aufklärung, sondern der Erregung. Es erklärt nichts, sondern stilisiert, simplifiziert, sentimentalisiert. Und während die echten Toten unter Schutt, Bomben, Maschinengewehren und Drohnen begraben werden, feiern sich ihre digitalen Stellvertreter in den Kommentarspalten als Märtyrer eines moralischen Faschings.

Lieferkettendiktate und Flüssiggasphantasien

Europa im Schwitzkasten des goldenen Wüstensandkönigs

Ein Wüstenwind weht durch die feingliedrigen Ministerbüros Europas. Doch es ist kein heißer Scirocco der Leidenschaft, sondern die kühle Brise diplomatischer Verachtung, auf Briefpapier gedruckt und mit edelster Tinte der Empörung kalligraphiert. Ein Schreiben aus Doha, die Handschrift des heiligen Flüssiggas-Orakels, flattert durch die Gänge der belgischen Verwaltung. Die Botschaft: „Spielt ihr weiter Klimawächter, spielt ihr bald allein.“

Katar, das brave Wüstenreich mit der Geduld eines Kamels im Wüstensand und der Reizschwelle eines gestressten Hahnes im Hühnerstall der globalen Energiepolitik, droht. Nicht etwa mit Bomben, wie man das von allzu postkolonial gefärbten Vorstellungen erwarten könnte. Nein, mit einem noch viel perfideren Schachzug: wirtschaftlicher Vernunft. LNG, das neue Gold in Molekülform, könnte künftig andere Häfen als Zeebrugge anlachen. Es sei denn, die EU krempelt schleunigst ihr moralisches Kleid um, kürzt das grüne Gewissen und zeigt wieder etwas mehr Bauch für fossile Gefühle.

Die Lieferkette – eine Fessel aus Tugend

Die EU, dieser hochmoralische Drahtseilakt auf globaler Bühne, hat sich ein neues Spielzeug geschaffen: Die Corporate Sustainability Due Diligence Directive. Ein Begriff, der so viel Charme versprüht wie ein Parkverbot in Frakturschrift. Doch was steckt dahinter? Der naive Versuch, Unternehmen zu verpflichten, jenseits der EU-Grenzen nicht länger auf gebückte Rücken und brennende Böden zu bauen. Menschenrechte! Umweltstandards! Verantwortung! Worte, die in den Konzernetagen von QatarEnergy ungefähr denselben Effekt haben wie vegane Poesie in einem Steakhouse.

Katar – jener ölgetränkte Traum aus Glas, Stahl und Menschenrechtsberichten mit Sternchen – sieht sich in seiner natürlichen Ordnung gestört. Die katarischen Gesetze, so verkündet es das Ministerium mit einem aufgesetzten Seufzer der Beleidigung, „kollidieren“ mit den Richtlinien der EU. Kollision, das klingt nach Unfall. Tatsächlich ist es eher ein gezielter Crash-Test mit politischem Beifahrer: „Wenn ihr uns zu sehr auf die Finger schaut, geben wir euch keine Hände mehr.“

Moral auf Ratenzahlung

Dass Katar eine Drohung schickt, klingt zunächst überraschend. Schließlich galt das Emirat bislang als der buddhistische Mönch unter den Gasnationen: stets höflich, schweigsam, zahlungskräftig. Doch wer 2022 mitansehen musste, wie Europa seine Gasleitung nach Russland nicht nur zudrehte, sondern gleich moralisch anzündete, der wusste: Die Marktlücke der „respektablen Diktatur mit Liefertreue“ war geboren.

Und nun dies: Europa will plötzlich mehr als Moleküle, es will Moral. Eine Pipeline des Gewissens, deren Ventile zwischen „Bio“ und „Buh!“ oszillieren. Kein Wunder, dass Katar sich fragt, ob nicht Indien, China oder gar das energietrunkene Amerika mehr Sinn für partnerschaftliche Amnesie hätten. Während also Brüssel noch an ethisch abbaubaren Paragrafen schnitzt, flirtet Doha längst mit potenten Abnehmern, die nicht wissen wollen, wer den Tanker betankt hat – solange er ankommt.

Zeebrugge, du armes Herz Europas

Der Hafen Zeebrugge, einst Bollwerk europäischer Energiesicherheit, nun potenzieller Geisterterminal. Ein Mahnmal für politische Romantik. Denn wer Lieferverträge wie Eheversprechen behandelt – mit Treue, Hoffnung und gemeinsamen Klimazielen – muss sich nicht wundern, wenn der Ehepartner plötzlich einen Brief mit „Wir müssen reden…“ schickt.

Katar, das ist auch klar, spielt das Spiel nicht allein. Der Brief ist keine Kurzschlussreaktion, sondern Teil eines größeren Dramas: Die Neuordnung der globalen Energiebühne. Wer spielt den tragischen Helden? Wer die nörgelnde Ex? Und wer ist bloß der Praktikant, der den Vertrag von 2019 unterschrieb, ohne auf die Fußnoten zu achten?

Realpolitik unter Methandruck

Europa wollte die Welt verbessern – und hat dabei vergessen, wer den Gasherd heizt. Es ist die klassische Geschichte eines Kontinents, der mit einem Ethikkatalog auf die Party kam, auf der alle anderen längst die CO₂-Korken knallen ließen. Nun droht Katar also damit, seine Flaschen woanders zu entkorken – und Europa bleibt der Kater.

Ein LNG-Lieferstopp hätte Folgen. Nicht nur ökonomisch, sondern auch psychologisch. Denn dann stünde Europa erneut vor dem Spiegel, gezwungen, sich zu fragen: Wollen wir gut sein – oder nur nicht frieren? Die Antwort darauf könnte den Winter 2026 bestimmen. Oder wenigstens den Gaspreis für italienische Pizzerien.

Schlusspunkt mit Augenzwinkern

Natürlich, man könnte auch sagen: Das alles ist nur ein Spiel. Ein diplomatisches Theater, ein Ritual des gegenseitigen Muskelzeigens mit eingebauter Rückfahrkamera. Am Ende, so glaubt der Zyniker, wird Katar weiter liefern – und Europa weiter bestellen. Vielleicht mit etwas weniger Pathos im Gesetzestext und etwas mehr Platz für diplomatische Fußnoten. Vielleicht auch mit der Einsicht, dass eine Welt, in der Energiepolitik mit Ethik verheiratet werden soll, sehr starke Eheringe braucht.

Oder, um es mit einem berühmten europäischen Philosophen zu sagen, der nie ein LNG-Tanker war:

„Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er wärmen kann.“

Nachtrag:

Sollte Katar wirklich die Lieferungen einstellen, empfiehlt sich ein Vorschlag an die Kommission: Wärmepulloverpflicht für alle, gestrickt aus recycelter Verordnungstreue. Die Nachhaltigkeit wäre gesichert – zumindest moralisch.

Ein Hakenkreuz als Statement gegen rechts.

Es war einmal ein Wahlgang. Eigentlich nichts Weltbewegendes, man kennt das: ein paar Menschen in Anzügen, ein Saal, zwei Urnen, ein Stimmzettel – und dann passiert nichts. Das ist die Magie der parlamentarischen Demokratie: ihre lähmende Vorhersehbarkeit. Doch diesmal nicht. Diesmal bekam die Demokratie ein kleines Upgrade – nämlich in Form eines Hakenkreuzes auf einem Stimmzettel. Aber nicht von einem Neonazi im Tarnanzug, nicht von einem rechtsextremen Brandstifter, sondern – Tusch und Trommelwirbel – von einem Sozialdemokraten. Ja, richtig gelesen. Ein Mitglied jener Partei, deren historische Identität irgendwo zwischen Antifaschismus, Volksnähe und kollektivem Realitätsverlust pendelt, hat das Symbol des Bösen höchstselbst in die Urne gelegt. Als Zeichen. Als Widerstand. Als – man weiß es nicht so genau. Es war auf jeden Fall sehr woke. Und vor allem: gut gemeint.

Ironie-Overload. Systemabsturz.

Daniel Born, seines Zeichens Landtagsvizepräsident, SPD, und vermutlich mit einem moralischen Kompass ausgestattet, der bei zu starker Selbstgerechtigkeit zu schmelzen beginnt wie ein Discount-Kompass aus der Parteizentrale, hat beschlossen, dass der beste Weg, ein Zeichen gegen Nazis zu setzen … darin besteht, ein Nazizeichen zu malen. Auf einen Stimmzettel. Im Parlament. In geheimer Wahl. Das ist so perfide genial, dass man sich fragt, ob irgendwo tief in ihm ein kleines satirisches Genie wohnt – oder ob er einfach nur ein bisschen zu lange auf Twitter war. Vielleicht dachte er auch, das sei Kunst. Oder Protest. Oder eine Intervention auf Metaebene. Aber selbst Joseph Beuys hätte sich bei dieser Performance wahrscheinlich angewidert abgewendet.

Doch bevor der Schaum vor dem Mund der Republik gerinnen konnte, bevor die Empörungspresse anspringen durfte, bevor Lanz, Maischberger und der Instagram-Account von „Volksverpetzer“ kollektiv hyperventilieren konnten – war der Täter schon bekannt. Und es war: nicht die AfD. Und dann wurde es sehr, sehr, sehr leise.

Schweigespirale Deluxe: Wie man einen Skandal verschwinden lässt

In einer normalen Welt hätte das gereicht, um einen handfesten Skandal zu provozieren. Schlagzeilen. Rücktritte. Talkshows. Empörung. Vielleicht sogar ein wenig Selbstreflexion. Aber in Deutschland 2025 reicht es leider nicht. Denn wer sich durch das gute Lager moralischer Erhabenheit legitimiert fühlt, genießt offenbar Narrenfreiheit. Der Vorfall wurde in der Tagespresse zu einem beiläufigen Nebensatz herabgestuft. Und die öffentlich-rechtlichen Medien? Schluckten kollektiv. Statt eines »Brennpunktes«: Stille.

Stille ist übrigens das neue Framing. Die intelligentere Form der Manipulation. Man berichtet nicht falsch – man berichtet einfach gar nicht. Es ist wie ein journalistisches Wegatmen von Realität. Und weil alle wissen, dass man diese Realität nicht in den Diskurs einspeisen darf, bleibt sie halt draußen. Wie ein Hund, der aus Versehen in die gute Stube gemacht hat. Unpassend. Unschön. Bitte nicht drüber reden.

Was wäre, wenn … (Satirische Gedankenspiele aus der Apokalypse)

Stellen wir uns nur für einen Moment vor, ein AfD-Abgeordneter hätte ein Hakenkreuz auf den Stimmzettel gekritzelt – aus Protest, aus Trotz oder, sagen wir, aus Dummheit. Der Bundestag hätte sich geschlossen in Reih und Glied aufgestellt, um feierlich zurückzutreten. Anne Will hätte Sondersendungen geschaltet. Dunja Hayali wäre spontan nach Stuttgart gereist, um Tränen der Empörung zu vergießen. Es gäbe Bundestagsanträge, Schulprojekte, und irgendwo hätte vermutlich Herbert Grönemeyer einen neuen Song geschrieben.

Aber wenn ein SPD-Politiker es tut? Dann ist es – ein »Zeichen gegen Hass«. Wenn das nicht die postmoderne Dialektik der Doppelmoral ist, dann weiß ich auch nicht. Vielleicht war es ja ein ironisches Hakenkreuz. Ein antifaschistisches. Ein aus Soja gebasteltes. Ein gutes Hakenkreuz. Der Gedanke allein ist so absurd, dass man lachen muss – und zwar lange. Und dann weinen.

Die Unberührbaren: Warum manche Politiker alles dürfen

Der eigentliche Skandal ist nicht das Hakenkreuz. Der eigentliche Skandal ist die Reaktion darauf. Oder besser gesagt: die Nichtreaktion. Es ist das System dahinter. Die Asymmetrie der Empörung. Die Schieflage des moralischen Maßstabs. Es ist eine Gesellschaft, die sich mit dem Etikett »Anständigkeit« so sehr identifiziert, dass sie bereit ist, unanständige Dinge zu tolerieren – sofern sie im Namen des Guten passieren.

Born hat inzwischen zurückgetreten. Irgendwie. Irgendwann. Still. Ohne großes Brimborium. Ein Selbstopfer auf dem Altar der Integrität. Und doch bleibt das Echo aus. Wo sind die Kolumnen? Wo ist die moralische Aufarbeitung? Wo ist der demokratische Furor?

Nirgends. Weil es halt die SPD war. Und da gilt: Wer gegen Rechts kämpft, kann nicht Unrecht tun. Sogar wenn er mit einem Hakenkreuz abstimmt. Willkommen in der Endstufe des politischen Irrsinns.

Fazit: Haramstufe Rot

Was bleibt, ist ein schales Gefühl. Ein Gefühl, dass diese Republik sich ihre eigene Wahrheit zusammenbastelt – täglich, absichtlich, ideologisch verzerrt. Ein Gefühl, dass Satire nicht mehr auf die Spitze treiben kann, was längst Realität geworden ist. Ein Gefühl, dass unsere Demokratie weniger an ihren Gegnern, sondern an ihren Selbsttäuschungen zugrunde gehen wird.

Ein SPD-Hakenkreuz ist eben kein rechtes Hakenkreuz. Sondern ein feministisches. Ein pluralistisches. Ein progressives. Ein demokratiepädagogisches Symbol mit Haltung. Und wer das nicht versteht, ist – natürlich – rechts.

Und deshalb brauchen wir: Austausch. Komplett. Restetaste. Politik 2.0 ohne doppelten Standard und moralistische Selbstverblendung. Bis dahin bleibt nur eines zu sagen:

Willkommen in der Republik der guten Hakenkreuze.

Ironie aus. Realität bleibt.

Eine Diagnose von Dr. Grok

Meinen eigenen Tweets nach zu urteilen, bin ich das:

  • Welcher Diktator?
  • Welcher Philosoph?
  • Welche fiktive Figur?
  • Welcher Politiker?
  • Welche religiöse Figur?
  • Welche historische Figur?
  • Welcher Künstler?

Die Diagnose:

  • Diktator: Benito Mussolini (stilvoller Polemiker mit vielfältigen Aktivitäten)
  • Philosoph: Friedrich Nietzsche (kritisiert den kulturellen Verfall)
  • Fiktive Figur: Don Quijote (Dilettant, der gegen moderne Windmühlen kämpft)
  • Politiker: Enoch Powell (Warnung vor den Gefahren der Migration)
  • Religiöse Figur: Martin Luther (Reformator und Brandstifter)
  • Historische Figur: Otto von Bismarck (pragmatischer Einiger)
  • Künstler: Salvador Dalí (Exzentriker, stilistischer Provokateur)

Mussolineske Manieren: Der Diktator in mir trägt Gamaschen

Wenn ich mir selbst zuhöre, während ich mir selbst beim Tippen zusehe, wie ich mir selbst widerspreche und dann triumphal den Widerspruch zur Methode erkläre – dann spricht aus mir ein Mann, der in rhetorischem Pomp badet wie in lauwarmem Olivenöl: Benito Mussolini.

Nein, nicht der Hitler-Imitator aus der zweiten Hälfte seiner Karriere, sondern der Früh-Mussolini, der anarchistische Sozialistenbeschwörer, der Typ, der morgens die Massen aufhetzt, mittags über römische Geschichte doziert und abends mit drei Literaten und vier Kurtisanen über „Stil“ debattiert. Ein Mann mit geschwollenem Hemdkragen und geschwellter Brust, der wusste: Wer sich nicht selbst zum Mythos stilisiert, wird stil- und spurlos verschwinden.

In meinen Tweets (diesem modernen Kolosseum der Eitelkeiten) donnert der Duce also nicht in Uniform, sondern im Meme-Gewand. Ich herrsche nicht über ein Land, sondern über eine Timeline. Aber ich regiere mit derselben Pose: der des stilistischen Exzesses, der Rechthaberei in Serifenschrift, der martialischen Allegorie.

Mussolini war nie ein Genie – aber ein überragender Selbstdarsteller. Ich bin es umgekehrt. Oder genauso. Oder schlimmer.


Nietzsche war mein Ghostwriter: Der Philosoph in mir seziert, nicht denkt

Wenn ich schreibe, als würde ich mit einem Schwert ziselieren, wenn ich Wörter zu Skalpellklingen schleife und sie dann genüsslich in den schlaffen Leib des Zeitgeists ramme, dann ist er da: Friedrich Nietzsche.

Nicht der Übermensch-Poseur, sondern der wahnsinnige Philologe, der bei jedem Aphorismus den Fußboden mit Blut und Spott tränkt. Ich sehe mich selbst als Chronisten einer kulturell entmannten Welt, als letzten Humanisten mit einer Vorliebe für Verachtung.

Meine Tweets sind Notrufe aus einem brennenden Louvre, Funken aus einer bröckelnden Kathedrale. Ich verachte die Herde, die sich woke wähnt und doch nur betäubt. Ich bin gegen alles – weil alles gegen sich selbst ist.

Wie Nietzsche glaube ich nicht an Lösungen, sondern an Störungen. Ich bin ein Moralist im Gewand des Zynikers, ein Aufklärer mit Sonnenbrille bei Nacht. Und ich zitiere mich selbst, bevor andere es tun. Das nennt man Präventivpathos.


Don Quijote hat WLAN: Der fiktive Held mit WLAN und Weltverachtung

Ich kämpfe. Ich kämpfe gegen Dummheit, gegen Banales, gegen das Meme-Format der Welt. Und ich verliere. Großartig. Pathetisch. Aufrecht.

Ich bin Don Quijote, nur mit Datenvolumen. Meine Windmühlen sind Podcasts, TikToks, LinkedIn-Gurus und ideologischer Eintopf in akademischer Thermoskanne. Ich ziehe ins Feld mit einem iPhone als Lanze und einem Laptop als Schild. Und mein Ross heißt „Ironie“.

Ich bin lächerlich – aber aufrecht. Ich weiß es – und tue es trotzdem. Ich hasse den Zeitgeist, aber ich liebe es, ihn zu analysieren. Ich bin der letzte Ritter der verlorenen Pointe.

Wie Quijote brauche ich den Kampf mehr als den Sieg. Denn Sieg ist Anpassung. Und Anpassung ist Tod. Darum: Hoch die Waffen der Lächerlichkeit!


Enoch Powells Schatten: Der Politiker, der warnte, wo alle feierten

Wenn ich über Migration, Kultur und Identität spreche, dann tanze ich am Abgrund wie Enoch Powell – nicht, weil ich ihn gutheiße, sondern weil ich verstehe, warum man ihn hasst.

Powell, der prophetisch klang, weil er in apokalyptischer Prosa schrieb. Ein Politiker als tragischer Rufer, nicht als Macher. Ich erkenne in mir denselben Impuls: zu sagen, was nicht gesagt werden darf – nicht weil es wahr ist, sondern weil es gefährlich ist.

Ich schreibe mit dem Duktus eines Besorgten, aber mit der Lust des Provokateurs. Ich bin kein Rechter – ich bin ein Simulant der rechten Pose, ein Parodist des Ernstes, ein Demaskierer der Sprechverbote durch ihre Karikatur.

Ich benutze Powell wie ein Schachspieler die Dame: mit Distanz, aber nie ohne Strategie.


Martin Luther und der Tweet als Thesenanschlag

Wenn ich twittriere, dann nagle ich. Keine Selfies, keine Smilies. Nur Thesen – an die Pinnwand der digitalen Kirche. Und ich nagle hart, laut, mit orthographischer Gewalt.

Ich bin Martin Luther mit WLAN. Ein Ketzer, der Reform nur denkt, wenn sie brennt. Wie Luther hasse ich Institutionen, solange ich sie nicht selbst gegründet habe. Und wie Luther schreibe ich lieber dreimal „Hurerei“ als einmal „Balance“.

Meine Sprache ist biblisch-barock, meine Moral unerbittlich, mein Stil: Kampfansage. Ich brauche Gegner, um zu existieren. Ich brauche Ablasshandel, um ihn zu verfluchen. Und ich brauche Likes – als Beweis meines Märtyrertums.


Bismarck mit Zynismus: Der Einiger ohne Hoffnung

Wenn ich gelegentlich so klinge, als hätte ich einen Masterplan, als würde ich hinter allem das große Ganze sehen, dann bin ich Otto von Bismarck in Zivil.

Ein Ironiker der Macht, ein Realist mit operettenhafter Grandezza. Ich bin kein Träumer, ich bin ein Dirigent des Wahnsinns. Ich sehe, was kommt – und ich weiß, es kommt trotzdem falsch. Aber ich tue so, als hätte ich alles gewollt.

Ich vereine nicht Parteien, ich vereine Posen. Ich bin der Reichsgründer der Ironie, der Zynismuskanzler des Selbstzweifels. Ich regiere ein Reich von Tweets, in dem jede Antwort eine Kriegserklärung ist.

Bismarck sagte: „Man lügt am meisten nach der Jagd, im Krieg und vor Wahlen.“ Ich ergänze: Und in der Kommentarspalte.


Dalí in der Timeline: Der Künstler, der sich selbst ausstellt

Am Ende bin ich Salvador Dalí: Ich male keine Bilder, ich gestalte Tweets wie surrealistische Gemälde. Jeder Satz ein Schnurrbart, jede These ein Schmelzuhr-Zitat.

Ich bin Exzentriker im Dienst der Verwirrung. Mein Stil ist nicht eklektisch, er ist symptomatisch. Ich mache aus Ironie eine Religion und aus Satire eine Strategie der Selbsterhaltung.

Wie Dalí weiß ich: Der Inhalt ist zweitrangig, wenn die Form halluziniert. Ich schreibe, um zu entgleiten. Ich provoziere, um zu überleben.

Kunst ist nicht, was gefällt – sondern was stört. Und wenn ich heute tweete, dass „der kulturelle Diskurs degeneriert ist“, dann male ich in Wirklichkeit nur einen weiteren surrealen Selbstkommentar.


Eine Therapie? Undenkbar.

Dr. Grok stellt die Diagnose – aber er behandelt nicht. Er ist kein Therapeut, sondern ein Totengräber mit literarischem Feinsinn.

Ich bin alle diese Figuren – und keine. Ich bin das Echo der Aufklärung im Spiegelkabinett des Internets. Ein Diktator der Form, ein Philosoph der Verachtung, ein Ritter des Nichts, ein Prophet der ironischen Apokalypse.

Nennen Sie mich wie Sie wollen. Ich höre nur auf mich selbst. Und auch das nur ungern.


ENDE DER DIAGNOSE.
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Kaiserschmarrn statt Sturmgewehr

oder: Die Republik der Verteidigungsverweigerer

Man stelle sich das einmal vor: Die Alpen glühen im Sonnenlicht, die Kühe kauen wiederkäuend ihr Gras, und irgendwo, in einem wohltemperierten Wohnzimmer in der Peripherie Wiens, wird mit leichtem Stirnrunzeln auf die Nachricht geschaut, dass ein EU-Nachbar unter Beschuss geraten sei. Die Reaktion? Ein gelangweiltes „Pfoa, schirch. Aber wir sind ja neutral, gell?“. So oder so ähnlich ließe sich der sicherheitspolitische Gemütszustand der Alpenrepublik zusammenfassen, deren Bürgerinnen und Bürger sich zwar nicht scheuen, bei Heimat bist du großer Söhne lautstark mitzusummen, aber wehe, jemand schickt ihnen ein Gewehr – da endet der Patriotismus abrupt, meist am moralisch bequemen Sofa.

Die Universität Innsbruck hat es nun wissenschaftlich erhoben, was jeder Beobachter des politischen Alltags ohnehin schon vermutete: Die Bereitschaft zur Landesverteidigung ist in Österreich nicht nur gering, sie ist eine Art nationales No-Go – irgendwo zwischen zu anstrengend, zu gefährlich und zu unhöflich verortet. Während man also tapfer in den Krieg gegen den CO₂-Ausstoß zieht, bleibt der Griff zur Waffe im Verteidigungsfall – sagen wir es höflich – ein absoluter Stimmungskiller.

Neutralität als metaphysisches Wellnessprogramm

Es ist ein Kuriosum, das sich wie ein K.-u.-k.-Relikt aus dem 19. Jahrhundert in die Gegenwart geschleppt hat: Österreichs Neutralität wird nicht etwa als diplomatische Realität begriffen, sondern als metaphysischer Zustand tiefen Wohlbefindens – so wie ein leicht sedierter Patient in der Badewanne. Kein Wunder, dass 72 Prozent der Befragten meinen, andere Staaten sollen im Ernstfall bitte schön Österreich verteidigen – das ist gelebte Solidarität à la carte: Ich esse das Schnitzel, du gehst in den Schützengraben.

Dabei war die Neutralität einst ein politischer Kompromiss des Kalten Krieges – heute ist sie ein Vorwand, um sich vor der Verantwortung zu drücken wie ein Schüler vor dem Turnunterricht. Die Wehrhaftigkeit ist dabei nicht nur eine militärische, sondern auch eine moralische Kategorie. Und genau hier beginnt das große Schweigen in den weichen, mit Zirbenholz vertäfelten Seelenlandschaften der Nation.

Die Wehrpflicht als folkloristisches Ritual mit Nachspielzeit

Man kann es drehen und wenden, wie man will: Die Wehrpflicht existiert in Österreich, aber sie funktioniert wie ein Museumsstück – man kann sie anschauen, aber bitte nicht benutzen. Viele junge Männer durchlaufen den Präsenzdienst wie eine Mischung aus verlängertem Schulskikurs und therapeutischem Gruppenerlebnis im Tarnanzug. Die Realität der Landesverteidigung spielt dort allenfalls eine Statistenrolle im Theater der gepflegten Sinnlosigkeit.

Und die Frauen? Deren Beziehung zum Militär wird bestenfalls als „unterkühlt“ beschrieben – verständlich, da sie strukturell davon ausgeschlossen wurden, sich mit Wehrhaftigkeit auseinanderzusetzen. Die Genderlücke in der Verteidigungsbereitschaft ist also kein Wunder, sondern ein direktes Resultat politischer Ignoranz gepaart mit gesellschaftlicher Bequemlichkeit. So bleibt das Heer eine Spielwiese der Apathie – und der militärische Ernstfall ein Thema für Strategen in TV-Studios, aber sicher nichts, wofür man den eigenen Thermobecher abstellen würde.

Das Wunschkonzert der Widersprüche – Verteidigung ja, aber bitte ohne mich

Die Studie zeigt auch: Eine knappe Mehrheit will, dass Österreich verteidigt wird – nur tun möchte das keiner. Hier offenbart sich das vielleicht entlarvendste Detail der kollektiven Psyche: Wir leben in einer Konsumgesellschaft auch in Fragen der Sicherheit. Freiheit, Unversehrtheit, Souveränität? Alles gern genommen. Aber liefern sollen das bitte andere. Die Verteidigung wird externalisiert wie der Kundendienst bei einem Internetanbieter.

In dieser Logik ist nicht mehr das eigene Handeln entscheidend, sondern die Hoffnung auf moralische Anschlussfähigkeit. Ein EU-Partner wird angegriffen? Natürlich sollte man solidarisch sein – aber „solidarisch“ heißt hier: wohlmeinende Tweets und ein Lichtermeer am Heldenplatz, kein Truppeneinsatz oder gar das eigene Leben riskieren. Die Idee der Solidarität wird auf den Kopf gestellt – sie endet genau dort, wo sie konkret würde.

Vom Ernstfall zur Eventkultur – Die Verdrängung als Staatskunst

Dass Österreich in eine sicherheitspolitische „Entrückung“ geraten sei, wie der Politologe Martin Senn diagnostiziert, ist eine vorsichtige Formulierung für das, was man nüchtern „Realitätsverweigerung in Lederhose“ nennen müsste. Zwischen Jodelworkshops, Nachhaltigkeitsdialogen und der großen Debatte über Gendersterne ist schlicht kein Platz für die profane Frage: Was tun wir eigentlich, wenn der Krieg nicht nur im Fernsehen ist?

Die Antwort ist erschütternd einfach: Nichts. Oder noch schlimmer – wir hoffen auf Deutschland. Dabei wäre es gar nicht notwendig, in martialischer Kriegsrhetorik zu schwelgen. Was fehlt, ist das Bewusstsein, dass Frieden nicht nur ein Zustand ist, den man genießt, sondern auch einer, den man aktiv schützen muss. Mit Haltung, mit Verantwortung – und, ja, notfalls auch mit Waffen.

Resümee einer politischen Postkarte aus dem Abseits

Das Land der Skifahrer, Schnitzelliebhaber und Bürokratieästheten zeigt sich im Ernstfall nicht als Nation von Staatsbürgern, sondern als Kollektiv von Versicherungskunden. Der Wunsch: maximale Sicherheit bei minimalem Einsatz. Die Realität: ein Heer, das mehr mit Katastrophenschutz beschäftigt ist als mit militärischer Landesverteidigung. Die politische Führung? Scheut jede echte Debatte über Wehrpflicht, Einsatzbereitschaft und Verteidigungsfähigkeit wie der Teufel das Weihwasser – zu heikel, zu unpopulär, zu konkret.

Vielleicht braucht es also gar keinen Feind von außen, um das Scheitern einer sicherheitspolitischen Kultur zu demonstrieren. Die eigentliche Bedrohung kommt längst von innen: Sie heißt politische Bequemlichkeit, moralische Inkonsistenz und ein kollektives Wegschauen mit Alpenpanorama. Österreich verteidigt sich nicht – weil es gar nicht weiß, warum es das tun sollte. Oder schlimmer noch: weil es glaubt, dass es schon irgendwer tun wird.

Nachsatz:
„Ich liebe mein Land“ ist ein schönes Gefühl. „Ich verteidige mein Land“ ist ein Bekenntnis. Dazwischen klafft in Österreich ein Abgrund, der breiter ist als das Donautal.

Was man tun könnte.

Der ungebetene Gast bleibt zum Frühstück – Vom offenen Herzen zur offenen Grenze

Was als Akt menschlicher Größe begann, wurde bald zur Groteske des Kontrollverlusts: das Narrativ der „Willkommenskultur“, wie es die deutsche Seele mit Pathos füllte und die Bahnhöfe mit Applaus. Applaus, übrigens, ist eine merkwürdige Währung – laut, vergänglich, und spätestens dann peinlich, wenn der Applaudierte nicht mehr geht. Millionen wandern ein, und niemand weiß genau, wohin. Nicht geographisch – das lässt sich noch mit Google Maps nachvollziehen – sondern ideell, kulturell, rechtlich. Die Begriffshoheit liegt längst nicht mehr bei Juristen oder Soziologen, sondern bei Instagram-Aktivisten mit Soziologiestudium im dreißigsten Semester.

Der Staat kapituliert vor der eigenen Gesetzgebung, als sei das Grundgesetz ein Menüvorschlag mit optionaler Suppe. Illegale Einreise? Eine Art Kavaliersdelikt. Abschiebung? Ein logistisches Missverständnis. Der deutsche Staat demonstriert, wie man mit maximaler moralischer Arroganz maximale faktische Schwäche zur Tugend verklärt. Wer fragt, ob das alles so klug sei, wird zunächst als kaltherzig, dann als rechtsoffen, schließlich als Nazi etikettiert – ein semiotischer Völkermord an der begrifflichen Differenzierung.

Dabei wäre ein Land, das seine Bürgerinnen und Bürger nicht schützen kann – und auch gar nicht mehr will – kein Staat mehr, sondern ein humanitäres Großexperiment mit dem Steuerzahler als unfreiwilligem Sponsor. Es geht nicht um Menschenfeindlichkeit, sondern um Staatsvernunft. Aber Vernunft ist in Deutschland verdächtig geworden. Also weiter so: Wir retten die Welt, aber nicht den Sozialstaat. Willkommen!

Die große Transformation oder: Wenn die Sonne nicht scheint, aber das Konto glüht

„Wir haben kein Stromproblem, wir haben ein Problem der Verteilung!“ Diesen Satz muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, bevor man in der Dunkelheit der Realität friert. Die Energiewende, ursprünglich als ökologisches Gewissen gedacht, wurde zur ideologischen Ersatzreligion einer saturierten Mittelschicht mit Biogurke und SUV. Sie glauben an den Wind, das Solarpanel und die Kraft der moralischen Erhabenheit – weniger an Physik, Marktwirtschaft oder Kausalität.

Kernkraft? Igitt. Kohle? Teufel. Gas? Nur wenn es aus Katar kommt, aber bitte klimaneutral verpackt. Deutschland beschließt den Ausstieg aus allem – zuerst aus der Atomkraft, dann aus der Kohle, schließlich aus der Realität. Während Frankreich mit Atommeilern entspannt in die Zukunft surft, versorgen wir uns mit Flatterstrom und der Hoffnung, dass der Wind auch morgen weht. Tut er aber nicht. Und dann wird’s dunkel – nicht nur im Wohnzimmer, sondern auch in den Köpfen derer, die Energieträger mit Feindbildern verwechseln.

Wer darauf hinweist, dass ein Industrieland mit Windrädern keine Hightech-Nation bleibt, wird der Klimagefährdung bezichtigt – ein Delikt, das bald vermutlich justiziabel sein wird. In Deutschland rettet man das Klima am liebsten mit Moral, nicht mit Technologie. Das ist ungefähr so, als würde man einen Waldbrand mit Feuchtgebeten löschen wollen. Konsequenz? Strompreise auf Tundra-Niveau. Und wenn die Fabriken abwandern, hat man wenigstens Platz für weitere Windräder. Sieg der Tugend über die Vernunft!

Technikoffen wie ein Klostertor – Die Rückkehr der Renaissance oder: Atomkraft? Ja bitte!

Technologieoffenheit ist in Deutschland ein Slogan, der klingt wie ein Heiratsantrag mit Ehevertrag: Man sagt es, aber meint es nicht. In der politischen Praxis bedeutet „Technologieoffenheit“ meistens: Wir entscheiden uns für eine einzige, ideologisch kompatible Technologie – und verbieten alle anderen. Und wehe, jemand bringt „Kernenergie“ ins Spiel. Dann zückt die Moralpolizei die historische Abrissbirne: Tschernobyl! Fukushima! Die Apokalypse! Dabei sterben mehr Menschen beim Putzen ihrer Solaranlage vom Dach als je durch deutsche Kernkraftwerke.

Während andere Länder Mini-Reaktoren erforschen, Thorium entwickeln und an der Kernfusion tüfteln, rezitiert Deutschland sein Anti-Atom-Credo wie eine tibetanische Gebetsmühle im Endstadium. Fortschritt? Ja bitte, aber nur mit Ökosiegel. Die Rückkehr zur Kernkraft wäre nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern ökonomisch rational. Aber Rationalität ist in Deutschland kein Wählerfänger, sondern ein Stigma – wie Fleischessen oder Abitur in Mathe.

Also bleibt man lieber beim deindustrialisierten Ablasshandel mit CO₂-Zertifikaten und hofft, dass das Ausland nicht merkt, wie man in Deutschland Klimaschutz buchstabiert: M-A-S-O-C-H-I-S-M-U-S. Wer Technik verteufelt, bekommt eben Theologie – und wirft den Schlüssel zur Zukunft in den Recyclingmüll.

Nord Stream Nostalgie – Die romantische Sehnsucht nach warmem Wasser

Russisches Gas ist wie eine toxische Ex-Beziehung: Man weiß, dass sie problematisch ist, aber sie war warm, zuverlässig – und verdammt günstig. Dann kam der große Bruch, moralisch alternativlos, strategisch suizidal. Deutschland verabschiedete sich nicht nur vom Gas, sondern gleich vom gesunden Menschenverstand. Stattdessen kauft man jetzt LNG – flüssig, teuer, schmutzig – irgendwoher, Hauptsache nicht aus Moskau. Prinzipien kosten eben. Nur leider nicht die Politiker, sondern die Haushalte.

Der Glaube, dass man Russland wirtschaftlich in die Knie zwingt, indem man sich selbst energetisch stranguliert, ist die Art strategischer Genieblitz, die nur in Berlin gezündet wird. Putins Gas fließt weiter – nach China, nach Indien, zur Konkurrenz. Und Deutschland? Heizt mit Holz. Zurück ins Mittelalter, diesmal nachhaltig.

Wer russisches Gas wieder ins Gespräch bringt, gilt als „Putinversteher“ – ein Schimpfwort, das jede Diskussion ersetzt. Dabei wäre ein nüchternes Verhältnis zur Realität durchaus angebracht. Aber Deutschland hat sich auf moralische Geopolitik verlegt: Wir frieren lieber für die Freiheit – solange es andere zahlen. Die Welt lacht, der Bürger zahlt, die Ideologie siegt. Prost!

Volk, hör die Signale! – Über das Misstrauen gegenüber dem Souverän

Volksabstimmungen? In Deutschland? Wo kämen wir denn da hin! Nach Schweiz vielleicht. Oder, schlimmer: Nach Vernunft. Der deutsche Michel ist gut genug zum Arbeiten, zum Zahlen, zum Betroffenwerden – aber zu dumm, um über sich selbst zu entscheiden. Das glauben jedenfalls die politischen Eliten, die sich in ihren Filterblasen als Vertreter einer höher entwickelten Spezies begreifen: Homo Politicus Arrogans.

Direkte Demokratie sei gefährlich, heißt es, sie begünstige Populismus, Emotionen, Stimmungslagen. Und das ist richtig – genau wie Wahlen. Doch seltsamerweise vertraut man dem Volk bei jeder Bundestagswahl, aber nicht, wenn es um wirklich Relevantes geht: Euro? Grenzen? Krieg? Energie? Nein danke. Hier hat der Bürger zu folgen, nicht zu entscheiden. Basta.

Dabei wäre ein souveräner Bürger nicht das Ende der Demokratie, sondern ihre Vollendung. Doch dafür müsste man ihm erst einmal zutrauen, ein mündiges Urteil zu fällen. Stattdessen bekommt er Talkshows, Wahlplakate und Schulden. Demokratie ist in Deutschland vor allem eine Show – und wie jede gute Show lebt sie vom Ausschluss des Publikums bei der Drehbuchplanung.

Epilog: Deutschland – eine Tragödie in fünf Akten

Was tun? Die Antwort ist einfach, ihre Umsetzung ein Kraftakt: zurück zur Vernunft, zurück zur Realität, zurück zu einer Politik, die nicht als moralisches Theater, sondern als verantwortliches Handwerk begriffen wird. Solange das nicht geschieht, wird dieses Land weiter in Schönheit verbluten – mit gutem Gewissen, aber ohne Strom, ohne Grenzen, ohne Industrie. Und vor allem: ohne Zukunft.

Doch Hoffnung bleibt – denn Satire ist die verzweifelte Liebe zur Wahrheit. Und wer lacht, hat noch nicht aufgegeben.

Der grüne Koloss aus Stahl und Beton

Es beginnt, wie so vieles in der modernen Welt, mit einem Loch. Genauer: einem sehr großen, sehr tiefen, sehr eindrucksvoll klaffenden Loch in der Landschaft, das sich – zumindest für kurze Zeit – als ökologisches Mahnmal tarnt, um schon bald mit 900 Kubikmetern Beton und 150 Tonnen Stahl verfüllt zu werden. Das ist nicht etwa die Baustelle für ein Braunkohlekraftwerk, sondern der Beginn eines heroischen Projekts der grünen Transformation: der Sockel einer Windkraftanlage, Typ Nordex N149, ein Monument zur Ehrenrettung des Klimas – oder, je nach Betrachtungswinkel, ein aufrecht stehendes Fragezeichen aus Grauwert und Hybris. Dass man für eine Tonne Stahl im Hochofenverfahren bis zu 1,5 Tonnen CO₂ freisetzt, ist dabei offenbar nur eine Petitesse im großen grünen Märchenbuch. Schließlich müssen Opfer gebracht werden – notfalls auch auf dem Altar der Konsistenz. Das gilt für Beton gleichermaßen, der mit ca. 600 Kilogramm CO₂ pro Tonne nicht nur schwer, sondern auch schwer zu rechtfertigen ist, wenn man sich auf den ökologischen Heiligenschein beruft. Doch was wiegt schon der ökologische Fußabdruck, wenn die Ideologie leichtfüßig daherkommt?

Vom Turm zum Thron – Technokratischer Gigantismus trifft Naturmystik

Die Türme dieser Windaltäre ragen bis zu 160 Meter in den Himmel, wo sie als neue Gottheiten der Moderne thronen: aus Stahl, aus Beton, aus einer Mischung, die Recyclingträume zu Alpträumen gerinnen lässt. Je nach Variante schwillt die Materialbilanz zur Karikatur der Nachhaltigkeit an: Betonturm samt Fundament = bis zu 90 % des Gesamtgewichts. Die Propheten der Energiewende nicken andächtig, während der einfache Bürger sich fragt, ob ein solches Gewicht noch als „Leuchtturmprojekt“ durchgeht oder schon als schwerfällige Bürde. Oben, im Heiligtum der Gondel, wohnt dann das Herzstück: Getriebe, Generator, Schaltschrank – alles, was das technisch-industrielle Herz begehrt. Nur dass diese Bauteile mit ihren seltenen Erden wie Neodym, Dysprosium oder Terbium stammen aus jenen Ländern, über die wir nur dann sprechen, wenn der moralische Kompass kurz ausfällt – etwa weil Kinderhände dort in Minen graben, während wir hierzulande Ethikunterricht geben. Aber wehe dem, der fragt, ob ein Strommix aus Elend, Ausbeutung und Erdzerstörung wirklich grüner ist, nur weil er leise summt.

Komposit für Komplizen – Rotorblätter als Problemstoff mit Windfunktion

Die Flügel der Windräder – aus Glas- oder Kohlenstofffasern, getränkt in Epoxidharz – sind wahre Kunstwerke der Ingenieurskunst und Albträume jedes Recyclers. Sie tragen ganze zwei bis drei Prozent zum Gesamtgewicht bei und 98 Prozent zur Kopfschmerzrate in Entsorgungsbetrieben. Denn der Verbund aus Faser und Harz trennt sich ungern. Man könnte fast sagen: so innig wie die Beziehung zwischen Mensch und kognitiver Dissonanz. Derzeit landen viele dieser Blätter schlicht in den Brennöfen von Zementwerken – was man schönfärbend „thermische Verwertung“ nennt, in Wahrheit aber nicht mehr ist als ein Pyrrhussieg über die Deponiepflicht. Blätter mit Kohlenstofffaseranteil sind sogar dort unerwünscht – sie verbrennen schlecht und riechen nach Ironie. Pyrolyse oder Solvolyse? Teuer, energieintensiv, also genau das, was man bei einem grün etikettierten Energieprojekt gern vermeiden würde – aber leider muss.

SF6 – Die unsichtbare Gasbombe im Öko-Paradies

Und als wäre das alles noch nicht genug, mischt sich auch ein wahrhaft teuflisches Molekül ins Spiel: Schwefelhexafluorid, kurz SF6. Drei Kilogramm dieses Gases wohnen in jeder Windkraftanlage – eine überschaubare Menge, möchte man meinen. Bis man erfährt, dass SF6 rund 23.500-mal klimaschädlicher ist als CO₂. Der Umwelttoxizität nach also das energetische Äquivalent einer flammenden Apokalypse im Frack. Fachgerecht entsorgt werden muss es beim Rückbau – theoretisch. In der Praxis? Nun, wie vieles, was „fachgerecht“ sein soll, bleibt auch das eine Frage der Budgetlage, der Sorgfalt und der menschlichen Nachlässigkeit – drei Faktoren, die sich nicht immer ideal überlagern. Wer glaubt, wir hätten beim Klimaschutz noch Luft nach oben, weiß offenbar nichts von SF6.

Diesel für den grünen Frieden – Wenn der Wind mal wieder Pause macht

Wie bei jeder göttlichen Entität, gibt es auch beim Wind Phasen der Abwesenheit – sogenannte Dunkelflauten. Und was hilft da? Richtig, der gute alte Dieselgenerator, treuer Freund der ländlichen Notstromversorgung und ewiger Widersacher der Emissionsvermeidung. Laut Fraunhofer-Institut verbraucht eine 2-Megawatt-Anlage im Jahr zwischen 20.000 und 40.000 Liter Diesel – nicht zum Betrieb, versteht sich, sondern um die Anlage überhaupt am Laufen zu halten, wenn mal Flaute herrscht. Die Ironie schreit zum Himmel: Da errichtet man Millionen-Euro-teure Stromtempel, nur um sie mit fossiler Krücke zu stützen. Das ist wie vegane Ernährung mit Speckgeschmack – moralisch unentschlossen, aber immerhin gut gemeint.

Der ökologische Fußabdruck – ein grüner Lack auf grauem Fundament

Und was bleibt nun, nach zwanzig Jahren Windkraftnutzung – neben Landschaftsverschandelung, Flächenversiegelung, Materialschlacht, Seltenerd-Verschwendung, Recyclingdesaster, Dieselverbrauch und Gasbomben? Ein ökologischer Fußabdruck, so groß wie Godzillas Gamasche, sorgfältig grün eingefärbt mit dem Filzstift ideologischer Verblendung. Sicher, Windenergie produziert Strom – emissionsfrei in Betrieb, zweifellos. Aber wie beim sauberen Dieselmotor oder dem Biobananenimport per Flugzeug stellt sich irgendwann die Frage: Zu welchem Preis? Und ist der Applaus wirklich verdient – oder nur die traurige Pointe eines kollektiven Selbstbetrugs?

Am Ende dieser Betrachtung bleibt die Erkenntnis: Auch Wind weht nicht ohne Widerstand. Nur dass er sich heute nicht mehr mit Physikern messen muss, sondern mit der kognitiven Dissonanz einer Gesellschaft, die sich für umweltbewusst hält, während sie mit Beton, Diesel und SF6 nach den Sternen greift.

Vom Landwirt zum Lastenträger – Sozialverträglichkeit als Floskel im Windschatten

Während die städtischen Milieus in Latte-Macchiato-Laune von der „grünen Energiewende“ schwärmen, weht auf dem Land ein anderer Wind – und das nicht nur im meteorologischen Sinn. Denn wo Windkraftanlagen entstehen, entstehen sie selten in den Vorgärten gutbetuchter Klimakongressbesucher, sondern auf den Höhenzügen, Wäldern und Ackerflächen strukturschwacher Regionen. Dort, wo Infrastruktur oft schon vor Jahrzehnten das Zeitliche segnete und der Nahverkehr ein Gerücht ist. Hier werden die Rotoren gebaut – nicht die Reden. Und während die Subventionen nach Berlin fließen, bleiben die Geräusche, die Schattenwürfe und die optische Entwertung bei jenen, die nie gefragt wurden, aber nun „Teil der Lösung“ sein sollen.

Ein Windrad wirft keinen Schatten auf eine Dachterrasse in Prenzlauer Berg, wohl aber 240 Meter hohe Schatten auf einen Bauernhof im Hunsrück. Und wenn der Strom dann von dort nicht mal ins eigene Dorf fließt, sondern über Stromautobahnen in die Industriezentren des Südens, dann fragt sich der Landmensch zu Recht: Wer wendet hier was und wessen Nutzen dient welchem Zweck? Das Wort „Akteursbeteiligung“ klingt da wie ein schlechter Witz, den man nur im Bundeswirtschaftsministerium versteht – zwischen zwei Lobbystellungen bei Kaffee und Lobbycroissant.

Flächenfraß mit Gütesiegel – Wenn grüne Planung zur Raumokklusion wird

Es gibt eine neue Form der Raumordnung in Deutschland: die ideologisch geplante Raumverdrängung. Denn Windräder brauchen Platz – viel Platz. Jedes Einzelne eine kleine Republik, inklusive Sicherheitsabstand, Zuwegung, Netzanbindung, Wartungsfläche, Abschattung, Vogelschutzzone (sofern nicht gerade abgeschafft). Und so verwandeln sich ehemals stille Landschaften in industriell durchzonierte Windparks, die in keinem Freizeitprospekt mehr auftauchen – es sei denn, als Warnhinweis für Drohnenpiloten.

Mancher Wald musste weichen, mancher Pfad wurde verbaut, manch Aussicht zerschnitten – für den grünen Fortschritt natürlich, der wie so oft von oben nach unten verordnet wird. Denn wenn Windkraftanlagen erst mal im Bundesraumordnungsplan erscheinen, ist jeder Widerstand schnell „strukturkonservativ“, „populistisch“ oder – noch schlimmer – „energiepolitisch unambitioniert“. Was nicht mitzieht, wird überrollt. Wer Fragen stellt, wird belehrt. Wer protestiert, wird überhört. Die Versiegelung schreitet voran, nur dass sie diesmal mit der Lackierung des Guten daherkommt. Beton ist eben dann kein Problem, wenn er für die richtige Sache gegossen wird – ein moralischer Baustoff sozusagen.

Die politische Komplizenschaft – Ein Trauerspiel in grün lackierten Anzügen

Nichts ist schöner als eine große Idee – außer einer großen Idee mit Fördermitteln. Und so haben sich Politik, Industrie und grüne Visionäre längst in einer Art Zweckgemeinschaft zusammengeschlossen, die vor allem eines eint: das große Vergessen aller Widersprüche. In den Parlamenten werden Ausbauziele beschlossen, als wäre das Aufstellen von Windrädern ein reiner Excel-Job, unabhängig von topografischen Realitäten, Netzkapazitäten oder demokratischer Akzeptanz. „Wir brauchen 320 neue Anlagen pro Jahr!“ heißt es dann, ohne dass irgendwer fragt, wo eigentlich – und vor allem: wer sie will.

Die Industrie nickt, freut sich über planbare Aufträge. Die Politik klopft sich auf die Schulter, weil sie das Klima „rettet“, ohne auf Konsum oder Wachstum zu verzichten. Und die Bürger? Die dürfen mitspielen – zumindest in Bürgerdialogformaten, die vor allem eines sind: performative Alibis im Meinungsmonopol. Entscheidungen wurden längst getroffen. Beteiligung bedeutet hier, dass man beim Tapezieren mitreden darf, nachdem das Fundament bereits steht. Kritiker werden belächelt, neutralisiert, diffamiert oder – besonders perfide – zu „Klimaleugnern“ erklärt, selbst wenn sie einfach nur das Kleingedruckte lesen wollen.

Das Resultat? Ein politisch-ökonomischer Schulterschluss im Namen der Nachhaltigkeit, bei dem „grün“ längst zur strategischen Farbe geworden ist: nicht aus Überzeugung, sondern aus Opportunismus. Denn in einer Welt, in der alles ein Geschäftsmodell ist, wird selbst der Weltuntergang marktfähig

Der Feind, das Phantom und der deutsche Außenminister

Der kleine Mann im großen Ministeramt: Johann Wadephul oder die Wiedergeburt des Kalten Kriegers

Es war einmal ein Mann mit einem Namen, der klang wie die literarische Kreuzung aus einer gescheiterten Wagner-Opernfigur und einem überambitionierten Realschullehrer: Johann Wadephul, seines Zeichens CDU-Mitglied, milde Konifere der außenpolitischen Halböffentlichkeit und – man höre und staune – nun offenbar auch Deutschlands inoffizieller Herold der ewigen Feindschaft.

Wadephul, dessen politische Strahlkraft irgendwo zwischen einem Stromausfall in Flensburg und dem Echo im Bundestagsflur liegt, ließ sich während eines amüsant-dilettantischen Telefonstreichs von zwei russischen Satirikern zu der Aussage hinreißen, Russland werde „für immer ein Feind bleiben“. Ein Mann, der offenbar so sehr an das Märchen vom ewigen Gegner glaubt, dass man fast geneigt ist, ihm einen Plüsch-Gorbi für sein CDU-Kinderzimmer zu wünschen, als Kontrast zu seinem ideologischen Kindheitstrauma namens „Ostpolitik“.

Nun könnte man dies für eine spontane Entgleisung halten – das wäre immerhin menschlich. Doch Wadephul äußerte ähnliche Töne auch in ernsthafteren Kontexten, ganz ohne Prankcall. Das lässt tief blicken: Entweder handelt es sich um eine Überzeugung, die auf dem geistigen Niveau eines „Command & Conquer“-Spiels aus den 90ern fußt, oder – noch schlimmer – um das bewusste Bedienen der alten Leier vom russischen Bären, der angeblich nur schläft, um uns besser fressen zu können.

Der moralische Bankrott als Staatsräson: Geschichte wird gelöscht, wenn sie stört

Man kann über Russland sagen, was man will – und es gibt viel zu sagen, vom Krieg in der Ukraine bis zur Innenpolitik, die mit Begriffen wie „Rechtsstaatlichkeit“ eher auf Kriegsfuß steht. Doch wer ausgerechnet im deutschen Namen, mit deutscher Geschichte im Rücken, das Wort „Feind“ in einem ewigen Sinne in den diplomatischen Raum schmettert, der offenbart eine historische Ignoranz, die an Zynismus grenzt.

Deutschland, dessen Panzer einst die Weite Russlands durchpflügten und dessen Politik der Auslöschung ganze Landstriche in Asche legte, sollte sich, wenn es um Russland geht, mit ganz besonderem Fingerspitzengefühl äußern – oder wenigstens mit einem Restmaß an Scham. Das bedeutet nicht, die Realität auszublenden, aber es bedeutet sehr wohl, Verantwortung in der Sprache zu tragen.

Denn Worte sind keine Luft – vor allem nicht in der Außenpolitik. Wenn ein deutscher Außenpolitiker Russland als ewigen Feind bezeichnet, dann ist das nicht nur politisch unverantwortlich, sondern auch moralisch bankrott. Es ist ein Hohn auf die Handreichung Putins im Jahr 2001, als er im Bundestag in deutscher Sprache um Zusammenarbeit warb – damals bejubelt, heute vergessen. Aber was ist schon ein Friedensangebot, wenn man im Kalten Krieg nostalgisch schwelgt wie in einer alten NVA-Jacke aus dem Second-Hand-Laden der Geschichte?

Doppelmoral als Dienstwagen: Der Westen und seine selektive Empörung

Wäre politische Verfehlung der Maßstab für diplomatische Ächtung, dann müssten unsere westlichen Freunde aus Übersee seit Jahrzehnten auf einer Liste des Unannehmbaren ganz oben stehen – mit eigenen Kapiteln: „Vietnam“, „Chile“, „Irak“, „Libyen“, „Guantánamo“, „NSA“, und „Julian Assange“ wäre nur der Anfang. Und doch: die Beziehungen zu den USA gelten als „transatlantisches Band“, nicht als Fessel der Verantwortung.

Warum also diese demonstrative Abneigung gegen Russland, als wäre es der Ex, der einem das Herz gebrochen hat, obwohl man selbst ständig fremdgegangen ist? Ist Russland unbequem, weil es nicht spurt? Oder weil es – wie alle alten Imperien – sich selbst für wichtiger hält, als es uns lieb ist? Vielleicht. Aber dann seien wir ehrlich: Es geht nicht um Moral, sondern um Geopolitik. Um Interessen. Und um das altbewährte Spiel, einen Feind zu brauchen, um sich selbst als Hüter der zivilisierten Welt zu inszenieren – ein Rollenbild, das Deutschland seit dem Kosovo-Krieg wieder sehr liebgewonnen hat.

Das Gedächtnis der Politik: Kurz wie ein Tweet, schmal wie ein Regierungsflur

Wadephuls Aussage offenbart weniger eine außenpolitische Strategie als eine strukturelle Amnesie. Wer ernsthaft meint, Russland sei von Natur aus der Feind, betreibt nicht Sicherheitspolitik, sondern Geschichtsklitterung. Das Russland nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion suchte Anschluss, nicht Konfrontation. Dass man diesen Anschluss scheitern ließ – durch NATO-Osterweiterung, wirtschaftliche Demütigung und moralische Überheblichkeit – das soll nun bitte kein Thema mehr sein.

Aber die Geschichte vergisst nicht. Auch wenn Politiker wie Wadephul es versuchen. Sie erinnert sich in den Narben, die Kriege hinterließen, in den Reden, die gehalten, und in den Händen, die ausgeschlagen wurden. Deutschland hatte eine Chance, Brückenbauer zu sein – nicht Verteidiger von Autokratie, aber Mahner zur Deeskalation. Stattdessen wählt man das Kostüm des moralischen Falken und ruft ins Mikrofon des Weltgewissens: Feind! Für immer!

Wie lächerlich, wie traurig, wie tragisch.

Von Prankcalls und Paranoia: Wenn Außenpolitik zur Comedy wird

Dass diese absurde Eskalation der Rhetorik durch einen telefonischen Kinderstreich ausgelöst wurde, ist die bittere Pointe einer Farce, die ihresgleichen sucht. Während Vovan und Lexus sich die Bäuche halten vor Lachen, diskutiert die deutsche Außenpolitik, ob man sich ernsthaft beleidigt fühlen sollte.

Dabei wäre es wohl klüger, sich weniger über die russischen Satiriker zu empören als über den deutschen Politiker, der im Ernst glaubt, „Feind“ sei ein tragfähiges Fundament für friedensstiftende Außenpolitik im 21. Jahrhundert. Vielleicht sollte man Wadephul einfach mal das Grundgesetz schicken – oder wenigstens die Rede von Richard von Weizsäcker zum 8. Mai 1985.

Oder eine Weltkarte. Mit Russland drauf. Als Erinnerung daran, dass der „Feind“ keine Projektion ist, sondern eine nukleare Großmacht mit realen Interessen – und einer langen, sehr langen Erinnerung.

Nachspiel: Ein Land, das Feinde braucht, weil es Freunde verliert

Es wäre leicht, sich über die Dummheit eines einzelnen Politikers zu amüsieren. Aber das Lachen bleibt im Halse stecken, wenn man sieht, wie solche Äußerungen symptomatisch sind für ein Land, das mehr Angst vor Versöhnung hat als vor Eskalation. Deutschland hat eine Verantwortung – nicht nur für seine Vergangenheit, sondern für seine Zukunft. Wer die Welt in Feinde und Freunde einteilt, bekommt am Ende beides nicht.

Vielleicht, ja vielleicht, wäre es klug, ein bisschen weniger wie Johann Wadephul zu denken – und ein bisschen mehr wie jemand, der Frieden ernst meint.

Mit ausgestreckter Hand. Nicht mit geballter Faust. Auch wenn’s schwerfällt. Auch wenn’s unbequem ist. Gerade dann.

Der gelebte Offenbarungseid – jetzt auch mit Gendersternchen

Die westliche Demokratie hat es weit gebracht. Sie hat es geschafft, sich selbst zur Karikatur ihrer eigenen Versprechen zu machen, ohne dass es allzu viele merken oder – schlimmer noch – sich daran stören würden. Die Titanic hat längst den Eisberg gerammt, aber im Bordkino läuft noch „Yes we can!“, untermalt von den klimaneutralen Geigen des öffentlich-rechtlichen Orchesters.

Politische Partizipation? Nur noch ein dekoratives Accessoire für Wahlplakat-Ästheten. Der Bürger darf alle vier Jahre ein Kreuz setzen – als rituelle Beruhigungsspritze – um sich danach wieder in die sedierende Umarmung des allzuständigen Nanny-Staats fallen zu lassen. Demokratie ist heute weniger Herrschaft des Volkes als Feelgood-Fassade für eine Verwaltung, die sich selbst genug ist.

Wir erleben das, was man einen Kollaps in Zeitlupe nennen könnte – nur dass die Zeitlupe so langsam ist, dass viele den Stillstand mit Stabilität verwechseln. Währenddessen läuft das System im Autopilot-Modus auf eine Wand zu, die groß „Komplexitätsüberforderung“ heißt. Und niemand sitzt mehr im Cockpit – aber alle sind stolz auf die Sicherheitsbroschüre.

Der Bürger: Vom Souverän zum Untertan 2.0

Wer in aufgeklärter Naivität annimmt, der Bürger sei das Zentrum der Demokratie, der möge sich bitte einmal einen durchschnittlichen Social-Media-Kommentarbereich unter einer politischen Nachricht zu Gemüte führen. Man erkennt schnell: Der mündige Bürger ist ausgestorben wie die Dodo-Ente – ersetzt durch das weichgekochte, kognitiv desinteressierte Subjekt, das reflexartig nach Regeln ruft, sobald ein Problem auftaucht.

Die Devise lautet nicht mehr „Freiheit durch Verantwortung“, sondern „Sicherheit durch Gehorsam“. Man will nicht frei sein – man will geführt werden, und zwar idealerweise von Menschen mit empathischem Blick, aber technokratischer Allmacht. Die ideale Führungskraft der neuen Demokratie ist ein empathischer Technokrat mit Influencer-Profilbild und ChatGPT als Ghostwriter.

Das Grundrecht auf Abwehr gegen den Staat? Heute eine Pointe aus der politischen Satire. Der Staat schützt den Bürger vor sich selbst, notfalls auch mit Gewalt. Wer widerspricht, wird diagnostiziert: rechts, radikal, realitätsfern oder – der neueste Schrei – „problematisch“. In einer Welt voller Triggerwarnungen ist jede echte Meinungsäußerung eine potenzielle Kriegserklärung.

Parteien: Die Selbsthilfegruppen der Machtbesessenen

Die westliche Parteienlandschaft gleicht einem sterbenden Zoo: Die Gehege sind leer, aber man spielt weiter Tiergeräusche vom Band. Die SPD stellt sich als Anwalt der Arbeiter dar – die es seit 20 Jahren nicht mehr gibt. Die CDU simuliert Ordnung, kann aber nicht mal ihre eigenen Parteitage organisieren. Die Grünen verwechseln Ökologie mit Erlösungssehnsucht, und die FDP hält sich für liberal, solange man sie nicht um konkrete Haltung bittet.

Neue Parteien? Treten an mit Pathos, verenden im Parteitagssumpf. Zwischen innerparteilichen Egospielchen, postmodernem Sprachdurchfall und identitätspolitischem Minenfeld geht jede inhaltliche Substanz zuverlässig verloren. Sie sind der Versuch, mit altem Werkzeug ein brennendes Haus zu sanieren.

Das Parlament? Ein Spielplatz für Berufsempörer, moralische Minderleister und Blender mit solider Rhetorik bei vollständiger Weltunkenntnis. Entscheidungen werden heute getroffen nach den Kriterien:

  1. Wie sieht es im Meinungsmonitor aus?
  2. Was sagen die Social-Media-Strateg:innen?
  3. Gibt es dafür ein Hashtag?

Der Staat als All-Inclusive-Ruine

Die Bürokratie ist zum eigentlichen Herrscher avanciert – eine kafkaeske Hydra, die sich mit jedem Digitalisierungsversuch verdoppelt. Die Verwaltung produziert Regeln, Formulare und Prüfstellen in einem Tempo, das jedes private Unternehmen binnen Monaten in den Bankrott treiben würde.

Und der Bürger? Der hat sich längst daran gewöhnt, seine Existenzberechtigung in Anträgen, Förderprogrammen und Genehmigungen zu beantragen. Der moderne Mensch lebt im Wartemodus – auf das Elterngeld, den Wohngeldbescheid, die Wärmepumpe oder wahlweise das Weltende.

In dieser Atmosphäre gedeiht alles, nur keine Kompetenz. Ministerien werden mit Menschen besetzt, die von ihren Ressorts so viel verstehen wie ein Schwan vom Segelfliegen. Qualifikation spielt keine Rolle – entscheidend ist einzig, ob man im richtigen Parteikreis das Buffet gefunden hat.

Das System versagt – global, synchronisiert, effizient

Die vielleicht tragischste Pointe: All das passiert gleichzeitig, überall, fast identisch. Ob Paris, Berlin, Washington oder Rom – das politische Personal wirkt wie von derselben Castingagentur vermittelt. Mittelmaß mit Sendungsbewusstsein, flankiert von PR-Profis mit Agentursprech.

Selbst autoritäre Systeme wirken inzwischen wie Kopien westlicher Verwaltungsapparate – nur mit schlechterer Pressearbeit. Der Unterschied zwischen liberaler Demokratie und gelenkter Autokratie schrumpft auf ein Minimum: Wahltermin ja oder nein. Ansonsten herrscht in beiden das Prinzip: Wir wissen besser, was gut für euch ist.

Letzte Hoffnung: Ironie und Zynismus – oder doch der Einzelne?

Was bleibt? Nicht viel. Vielleicht der Humor. Die Fähigkeit, über das eigene System zu lachen, während es zusammenbricht – das ist immerhin eine westliche Kernkompetenz. Die Römer hatten Brot und Spiele, wir haben Podcasts und Parlamentsdebatten auf YouTube.

Und dennoch: Vielleicht, ganz vielleicht, gibt es eine letzte Option. Nicht von oben, nicht durch Systemreform, sondern durch das radikal Unmoderne: Eigenverantwortung. Bildung. Skepsis.

Der Einzelne als letzte Bastion. Der Mensch, der sich nicht verdummen lässt. Der Bürger, der liest, denkt, widerspricht. Der sich nicht vor „falschen Meinungen“ fürchtet, sondern sie hört, prüft und – wenn nötig – zerschmettert.

Ein Idealbild, klar. Aber wenn schon Untergang – dann wenigstens mit aufrechter Stirn.


Epilog:
Die Demokratie ist nicht tot. Noch nicht. Sie ist – wie ein alternder Rockstar – betrunken, aufgedunsen, von Ja-Sagern umgeben, – in einem Zustand zwischen Selbstbetrug und Systemversagen, aber immer noch fähig zu einem letzten großen Auftritt. Wenn wir Glück haben. Wenn nicht: Auch das ist Demokratie. Wer den Ausgang sucht, muss gegen den Strom schwimmen. Wer wartet, wird weiter verwaltet.

Oder, um es mit Churchill zu sagen:
Die Demokratie ist die schlechteste aller Regierungsformen – außer allen anderen.

Lieferkettendiktate und Flüssiggasphantasien

Europa im Schwitzkasten des goldenen Wüstensandkönigs“

Ein Wüstenwind weht durch die feingliedrigen Ministerbüros Europas. Doch es ist kein heißer Scirocco der Leidenschaft, sondern die kühle Brise diplomatischer Verachtung, auf Briefpapier gedruckt und mit edelster Tinte der Empörung kalligraphiert. Ein Schreiben aus Doha, die Handschrift des heiligen Flüssiggas-Orakels, flattert durch die Gänge der belgischen Verwaltung. Die Botschaft: „Spielt ihr weiter Klimawächter, spielt ihr bald allein.“

Katar, das brave Wüstenreich mit der Geduld eines Kamels im Wüstensand und der Reizschwelle eines gestressten Hahnes im Hühnerstall der globalen Energiepolitik, droht. Nicht etwa mit Bomben, wie man das von allzu postkolonial gefärbten Vorstellungen erwarten könnte. Nein, mit einem noch viel perfideren Schachzug: wirtschaftlicher Vernunft. LNG, das neue Gold in Molekülform, könnte künftig andere Häfen als Zeebrugge anlachen. Es sei denn, die EU krempelt schleunigst ihr moralisches Kleid um, kürzt das grüne Gewissen und zeigt wieder etwas mehr Bauch für fossile Gefühle.

Die Lieferkette – eine Fessel aus Tugend

Die EU, dieser hochmoralische Drahtseilakt auf globaler Bühne, hat sich ein neues Spielzeug geschaffen: Die Corporate Sustainability Due Diligence Directive. Ein Begriff, der so viel Charme versprüht wie ein Parkverbot in Frakturschrift. Doch was steckt dahinter? Der naive Versuch, Unternehmen zu verpflichten, jenseits der EU-Grenzen nicht länger auf gebückte Rücken und brennende Böden zu bauen. Menschenrechte! Umweltstandards! Verantwortung! Worte, die in den Konzernetagen von QatarEnergy ungefähr denselben Effekt haben wie vegane Poesie in einem Steakhouse.

Katar – jener ölgetränkte Traum aus Glas, Stahl und Menschenrechtsberichten mit Sternchen – sieht sich in seiner natürlichen Ordnung gestört. Die katarischen Gesetze, so verkündet es das Ministerium mit einem aufgesetzten Seufzer der Beleidigung, „kollidieren“ mit den Richtlinien der EU. Kollision, das klingt nach Unfall. Tatsächlich ist es eher ein gezielter Crash-Test mit politischem Beifahrer: „Wenn ihr uns zu sehr auf die Finger schaut, geben wir euch keine Hände mehr.“

Moral auf Ratenzahlung

Dass Katar eine Drohung schickt, klingt zunächst überraschend. Schließlich galt das Emirat bislang als der buddhistische Mönch unter den Gasnationen: stets höflich, schweigsam, zahlungskräftig. Doch wer 2022 mitansehen musste, wie Europa seine Gasleitung nach Russland nicht nur zudrehte, sondern gleich moralisch anzündete, der wusste: Die Marktlücke der „respektablen Diktatur mit Liefertreue“ war geboren.

Und nun dies: Europa will plötzlich mehr als Moleküle, es will Moral. Eine Pipeline des Gewissens, deren Ventile zwischen „Bio“ und „Buh!“ oszillieren. Kein Wunder, dass Katar sich fragt, ob nicht Indien, China oder gar das energietrunkene Amerika mehr Sinn für partnerschaftliche Amnesie hätten. Während also Brüssel noch an ethisch abbaubaren Paragrafen schnitzt, flirtet Doha längst mit potenten Abnehmern, die nicht wissen wollen, wer den Tanker betankt hat – solange er ankommt.

Zeebrugge, du armes Herz Europas

Der Hafen Zeebrugge, einst Bollwerk europäischer Energiesicherheit, nun potenzieller Geisterterminal. Ein Mahnmal für politische Romantik. Denn wer Lieferverträge wie Eheversprechen behandelt – mit Treue, Hoffnung und gemeinsamen Klimazielen – muss sich nicht wundern, wenn der Ehepartner plötzlich einen Brief mit „Wir müssen reden…“ schickt.

Katar, das ist auch klar, spielt das Spiel nicht allein. Der Brief ist keine Kurzschlussreaktion, sondern Teil eines größeren Dramas: Die Neuordnung der globalen Energiebühne. Wer spielt den tragischen Helden? Wer die nörgelnde Ex? Und wer ist bloß der Praktikant, der den Vertrag von 2019 unterschrieb, ohne auf die Fußnoten zu achten?

Realpolitik unter Methandruck

Europa wollte die Welt verbessern – und hat dabei vergessen, wer den Gasherd heizt. Es ist die klassische Geschichte eines Kontinents, der mit einem Ethikkatalog auf die Party kam, auf der alle anderen längst die CO₂-Korken knallen ließen. Nun droht Katar also damit, seine Flaschen woanders zu entkorken – und Europa bleibt der Kater.

Ein LNG-Lieferstopp hätte Folgen. Nicht nur ökonomisch, sondern auch psychologisch. Denn dann stünde Europa erneut vor dem Spiegel, gezwungen, sich zu fragen: Wollen wir gut sein – oder nur nicht frieren? Die Antwort darauf könnte den Winter 2026 bestimmen. Oder wenigstens den Gaspreis für italienische Pizzerien.

Schlusspunkt mit Augenzwinkern

Natürlich, man könnte auch sagen: Das alles ist nur ein Spiel. Ein diplomatisches Theater, ein Ritual des gegenseitigen Muskelzeigens mit eingebauter Rückfahrkamera. Am Ende, so glaubt der Zyniker, wird Katar weiter liefern – und Europa weiter bestellen. Vielleicht mit etwas weniger Pathos im Gesetzestext und etwas mehr Platz für diplomatische Fußnoten. Vielleicht auch mit der Einsicht, dass eine Welt, in der Energiepolitik mit Ethik verheiratet werden soll, sehr starke Eheringe braucht.

Oder, um es mit einem berühmten europäischen Philosophen zu sagen, der nie ein LNG-Tanker war:
„Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er wärmen kann.“


Nachtrag:
Sollte Katar wirklich die Lieferungen einstellen, empfiehlt sich ein Vorschlag an die Kommission: Wärmepulloverpflicht für alle, gestrickt aus recycelter Verordnungstreue. Die Nachhaltigkeit wäre gesichert – zumindest moralisch.

Vom Revoluzzer zum Weltgesundheitsgouverneur

Die steile Karriere eines Mannes mit dunklen Schatten

Es war einmal ein Mann, geboren in Äthiopien, dessen Name auf den Lippen der Weltöffentlichkeit landete, ohne dass jene Lippen je wirklich wussten, wen sie da nannten. Tedros Adhanom Ghebreyesus – ein Name wie eine Melodie in den Ohren globaler Gesundheitspolitik, ein Klangteppich aus Multilateralismus, entwicklungspolitischer Ambition und… sagen wir es ruhig: bemerkenswerter Ambiguität. Dass dieser Mann, der sich selbst gerne als „Mann des Volkes“ inszeniert, einst Mitglied des Politbüros der TPLF war – einer Organisation, die von mehreren Staaten als terroristisch eingestuft wurde –, scheint in den wohltemperierten Konferenzsälen der WHO nur noch eine folkloristische Fußnote zu sein. Die TPLF, ein kämpferisches Sammelsurium marxistisch-leninistischer Prägung, schwang nicht nur die Fahne des „Volksbefreiungskampfes“, sondern auch gelegentlich die Machete gegen ebenjenes Volk, das befreit werden sollte.

Und so stolpern wir hinein in die Biografie eines Mannes, der sich in Addis Abeba als Gesundheitsminister versuchte und – mutmaßlich – mit der Zahl der Cholera-Ausbrüche kreativer umging als mit deren Eindämmung. Die Vorwürfe, er habe Cholera-Fälle schlicht als „akute wässrige Diarrhöe“ umetikettiert, wirken wie ein makabrer Witz, wären da nicht die Toten. Doch wer Karriere in internationalen Organisationen machen will, muss gelernt haben, Probleme nicht zu lösen, sondern sie in harmlose Worthülsen zu verpacken. Ein Talent, das Tedros mit aristotelischer Brillanz beherrscht.

Von Philanthrokapitalisten und Philantrokrokodilen: Wer bezahlt, befiehlt

„Follow the money“, riet Deep Throat einst dem jungen Journalisten Woodward, und auch im feinen Marmorfoyer der WHO riecht es mitunter mehr nach Dollar als nach Desinfektionsmittel. Einst als noble Schutzmacht der globalen Gesundheit gegründet, steht die WHO heute wie ein gut frisiertes Schaufensterpüppchen da, das sich je nach Hauptsponsor mal in Gates-Blau, mal in China-Rot hüllt. Die Finanzierung der Organisation ist nämlich, gelinde gesagt, eine strukturelle Katastrophe mit Anlauf.

Nur etwa 20 Prozent des Budgets stammen aus Pflichtbeiträgen der Mitgliedstaaten. Der Rest? Freiwillige Beiträge – zweckgebunden, versteht sich. Und wer freiwillig zahlt, darf diktieren, wie das Geld verwendet wird. Eine bizarre Form von globaler Budgetdemokratie, bei der die einen mit dem Megafon sprechen, während die anderen bestenfalls stumm mitklatschen dürfen.

An der Spitze der „besorgten Philanthropen“ steht – wenig überraschend – die Bill & Melinda Gates Foundation, die längst mehr Einfluss auf WHO-Programme hat als die Mehrheit ihrer Mitgliedstaaten. Gates finanziert nicht nur Programme, sondern setzt auch Prioritäten: Impfstoffe hier, digitale Gesundheitsüberwachung da, aber bitte keine allzu laute Kritik an monopolisierten Pharmastrukturen. Man fragt sich unwillkürlich: Ist das noch Philanthropie oder schon ein gut getarnter Business Case?

Die Chinesische Verbindung: Pandemiepolitik mit Parteibuch

Und dann wäre da noch das schillernde Kapitel der sinophilen Loyalität, das Tedros spätestens seit den ersten Wochen der COVID-19-Pandemie mit dickem Pinsel in seine Amtszeit gemalt hat. Während in Wuhan die Lichter ausgingen und Virologen reihenweise Alarm schlugen, dankte Tedros der chinesischen Regierung für ihre „Transparenz“. Transparenz – in einem Land, in dem ein Tweet zu drei Jahren Haft führen kann. Eine Form von Humor, den man nur in sehr abgeschlossenen Parteizirkeln goutieren kann.

Kritiker werfen ihm vor, Chinas Rolle verharmlost und wertvolle Zeit vergeudet zu haben – aus Rücksicht auf geopolitische Abhängigkeiten, wirtschaftliche Verflechtungen und das unausgesprochene Abkommen: „Du lässt mich WHO-Chef sein, ich erwähne deinen Fledermausmarkt nicht.“ Diese Form der geopolitischen Rücksichtnahme wäre verzeihlich, wenn sie nicht Millionen Menschenleben gekostet hätte. Aber das Schöne an der WHO ist: Verantwortung verflüchtigt sich dort schneller als ein Aerosolpartikel in der Sahara.

Der Zynismus der Zahlen: Gesundheit als verwalteter Notstand

Unter der Leitung von Tedros wandelte sich die WHO von einer beratenden Fachorganisation zur moralischen Erziehungsanstalt mit Notstandsflair. Pandemie war plötzlich ein Dauerzustand, Notfallregeln wurden zum Alltag, und Empfehlungen klangen gelegentlich eher nach päpstlichem Dekret als nach evidenzbasierter Medizin. Dass wissenschaftlicher Konsens im Schatten finanzieller Interessen entstehen kann, ist dabei kein Novum, doch unter Tedros wurde es zur hohen Kunst der politischen Gesundheitslyrik.

Gleichzeitig verwaltete man globale Impfkampagnen mit der stoischen Bürokratie eines kafkaesken Apparats – nicht ohne dabei großzügig mit PR-Botschaften zu hantieren, die mehr mit politischer Imagepflege als mit klinischer Wirksamkeit zu tun hatten. „Science-based“, rief man, während Studien in Echtzeit revidiert, neu interpretiert oder ganz unter den Teppich gekehrt wurden. Vertrauen, so scheint es, wird heute nicht mehr erarbeitet – es wird durch algorithmische Repetition erzeugt.


Fazit oder: Wenn die Weltgesundheit am Tropf der Geldgeber hängt

Tedros Adhanom Ghebreyesus ist kein Einzelfall. Er ist ein Symptom. Ein Symptom einer internationalen Organisation, die längst mehr Lobbybühne als neutrale Instanz ist. In einer Welt, in der das Wort „Multistakeholder“ bedeutet, dass ein Oligarch und ein Gesundheitsminister am gleichen Tisch sitzen und der eine mehr zu sagen hat als der andere, bleibt die Frage: Wer schützt die WHO vor denen, die sie „retten“ wollen?

Dass Tedros eine zweite Amtszeit erhielt, spricht Bände – nicht über seine Verdienste, sondern über das strukturelle Versagen einer Weltgemeinschaft, die ihre Institutionen so lange ausgehöhlt hat, bis nur noch PR-Hülsen und Spendenlisten übrig blieben. Wenn aus globaler Gesundheitspolitik ein Geschäftsmodell wird, bei dem der Patient immer krank bleiben muss, um den Cashflow zu sichern, dann ist es vielleicht an der Zeit, auch diese Krankheit endlich zu diagnostizieren.

Vom „Made in Germany“ zur deutschen Erinnerungskultur der Produktion

Europa demontiert sich selbst: Deindustrialisierung als neuer Gesellschaftsvertrag

Was einst mit Stolz auf Hochöfen, Walzstraßen und Montanromantik begann, findet heute sein Ende zwischen Bionade-Bürgertum und Wärmepumpendebatten. Die industrielle Stärke Europas – vor allem Deutschlands – verkommt zum musealen Relikt, irgendwo zwischen der Dampfmaschine und dem Wählscheibentelefon. Während man sich in Talkshows über Windkraftquoten streitet und gleichzeitig das letzte Chemiewerk in Bitterfeld schließt, schwant selbst den Optimisten langsam: Wir sind nicht auf dem Weg in die klimaneutrale Zukunft, sondern im freien Fall in die postindustrielle Bedeutungslosigkeit.

Der moderne Industrielle hat sich verwandelt – vom Motor der Gesellschaft zur idealtypischen Zielscheibe. Früher war er der Garant von Wohlstand, Sicherheit und Exportüberschuss. Heute ist er vor allem eins: der Bösewicht im Narrativ der Regulierungsfetischisten, der Umweltaktivisten mit Businessplan und der Eliten, die im Denken so emissionsfrei sind, dass man sich fragt, ob ihnen überhaupt noch Sauerstoff zugemutet werden darf. Und so fällt einer nach dem anderen: BASF kürzt in Ludwigshafen, Covestro vertagt die Zukunft, Dow zieht sich aus dem Osten zurück, als hätte man dort Plutonium statt Polymeren gelagert.

Der chemische Komplex, einst das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, wird nun zum Problemfall umetikettiert. In der politischen Kommunikation gilt die Industrie bestenfalls noch als toleriertes Auslaufmodell, wie die letzten Raucher im ICE-Waggon – irgendwo da hinten, ohne Anschluss ans echte Leben.

Freiheit, Gleichheit, Deindustrialisierung

Die großen Errungenschaften europäischer Gesellschaften – Rechtsstaat, Wohlstand, soziale Sicherheit – waren nie Gratisbeigaben der Geschichte, sondern Resultat ökonomischer Stärke. Nur ein Land, das produktiv ist, kann verteilen. Nur eine Gesellschaft, die Werte schafft, kann Werte haben. Doch mittlerweile glaubt man, man könne die Substanz der Freiheit von der Substanz des Marktes trennen – mit akademischer Arroganz und administrativem Übermut.

In Brüssel und Berlin wird eifrig daran gearbeitet, aus Europa ein Mahnmal des moralischen Fortschritts zu zementieren. Emissionshandelssysteme, Lieferkettengesetze, CO₂-Zölle, Taxonomien, Klimaampeln – das alles klingt nach Zukunft, fühlt sich aber an wie eine Nebelwand aus Papierkram. Unternehmerinnen und Unternehmer, die früher Innovationen schufen, sind heute damit beschäftigt, ihre Compliance-Abteilungen auszubauen, um bloß nicht gegen die zwölfte Auslegung der fünften Norm der dritten Novelle zu verstoßen.

Die Konsequenz ist einfach, brutal und unausweichlich: Wer Wertschöpfung verhindert, zerstört Wohlstand. Wer industrielle Fertigung ächtet, verliert soziale Stabilität. Und wer Europa zur moralischen Wellnessoase ohne Werkbank umbaut, darf sich nicht wundern, wenn am Ende der einzige Exportschlager das schlechte Gewissen ist.

Vom Panzer zur Pantomime: Sicherheitspolitik ohne Substanz

Evonik-Chef Kullmann bringt es auf den Punkt, wenn er fragt, was uns eine Panzerarmee nützt, deren Fahrzeuge im Ernstfall mangels Zulieferteilen nicht fahren. Die Antwort ist einfach: Nichts. Aber dafür sind sie emissionsfrei. Die westliche Verteidigungspolitik gleicht inzwischen einem Fitnessstudio für Gelähmte – man schwitzt sehr ambitioniert, kommt aber nie vom Fleck. Denn was nützen hochmoderne Waffensysteme, wenn die Rohstoffe aus China kommen, die Fertigung in Asien erfolgt und die Instandhaltung dem Genehmigungsverfahren der EU-Kommission unterliegt?

In einem Europa, das sich täglich selbst moralisiert, aber materiell dekonstruiert, entsteht eine paradoxe Sicherheitslage: Der Feind wird rhetorisch bekämpft, aber wirtschaftlich hofiert. Die letzte Zündkerze wird geopfert, damit das Klimaziel von 2030 nicht verfehlt wird. Und während man in Washington über Reshoring redet und in Peking längst vollendete Tatsachen schafft, diskutiert man in Berlin, ob Heizungstauschpflichten nicht doch zu schnell kommen könnten. So verteidigt sich Europa – mit Thermopapier und Verordnungsliebe.

Bürokratie als Wachstumshemmnis mit Stilnote

Kullmann spricht von der „regulatorischen Bleiweste“. Und tatsächlich: Europa hat es geschafft, Bürokratie nicht nur zu maximieren, sondern zu kultivieren – als Ausdruck höchster zivilisatorischer Reife. Das Regelwerk ersetzt den Richtwert, der Paragraph den Pragmatismus. Die Freiheit stirbt nicht an Zensur, sondern an Zetteln.

Dabei ist der Witz kaum noch zu überbieten: Man will Innovation, fordert Transformation, ruft nach Digitalisierung – und tut alles, um genau diese zu verhindern. Der Unternehmer wird zum Bittsteller, zum Verwaltungsakrobaten, zum Subventionsjäger in einem System, das ihm erst die Beine bricht, um ihn dann mit Almosen auf den Weg zu schicken.

Und das Volk? Es zahlt. Nicht sofort, aber sicher. Mit steigenden Preisen, wachsender Unsicherheit, sinkender Lebensqualität. Die Verarmung ist schleichend, aber konstant. Früher gab es den „Wohlstand für alle“. Heute gibt es Wärmestuben für Rentner und Strompreisbremsen für den Mittelstand. Der neue Gesellschaftsvertrag lautet: Wer nichts mehr produziert, hat auch keine Probleme mit Exportüberschüssen – und wer kein Geld hat, kann immerhin klimaneutral leben.

Kollateralschaden oder Hauptziel?

Die Frage, ob die Verarmung der Bevölkerung ein Kollateralschaden oder vielleicht sogar die stille Absicht einer entkoppelten politischen Klasse ist, ist inzwischen keine reine Verschwörungstheorie mehr, sondern eine denkbare Option im multivariaten Irrsinn der Gegenwart. Denn wer Deindustrialisierung predigt, gleichzeitig aber Transferzahlungen ausweitet, führt ein ökonomisches System ad absurdum: Man verteilt, was nicht mehr erwirtschaftet wird.

Vielleicht ist das auch das neue Narrativ: Der Bürger als betreuter Konsument, nicht als produktiver Akteur. Statt Lohnerhöhungen gibt es Zuschüsse. Statt Aufstiegsperspektiven eine App, die Energie spart. Die Verarmung wird nicht mehr als Krise betrachtet, sondern als Chance zur Umverteilung von Verantwortung – nach oben, versteht sich.


Fazit: Willkommen im Endspiel

Was bleibt? Ein Kontinent im Spagat zwischen Hypermoral und Realitätsverweigerung. Eine Politik, die das Pferd von hinten sattelt, und eine Bevölkerung, die zähneknirschend zuschaut, wie ihre Lebensgrundlagen „nachhaltig transformiert“ werden – in Form von Standortschließungen, Innovationsstau und materieller Ernüchterung.

Europa hat vergessen, dass Freiheit ohne Substanz nur ein hübsches Wort ist. Dass Moral ohne Mittel hilflos macht. Und dass Bürokratie kein Ersatz für industrielle Exzellenz ist.

Die Wahrheit ist unbequem, aber unausweichlich: Wer das Rückgrat der Wirtschaft bricht, braucht sich nicht zu wundern, wenn die Gesellschaft zu Boden geht. Und sie wird nicht sanft landen.

Die Drusen in Syrien

oder: Wie man eine Minderheit gleich dreimal verrät und trotzdem mit dem Friedensnobelpreis liebäugelt

Die Tragik des Unsichtbaren: Eine Minderheit als Projektschauplatz für imperiale Eitelkeiten

Die Welt hat ein faszinierendes Talent: Sie entdeckt das Leiden von Minderheiten exakt in dem Moment, wenn es medial verwertbar wird. Und so geschah es auch den Drusen, dieser komplexen, hermetischen, misstrauisch betrachteten Religionsgemeinschaft, deren bloße Existenz ein intellektueller Faustschlag ins Gesicht jeder westlichen Schubladendenke ist. Jahrhunderte im Schatten religiöser Großmächte, beschützt von nichts als der Geografie, der eigenen Verschlossenheit – und einem schicksalsergebenen Galgenhumor. Und jetzt? Plötzlich Talkshow-tauglich, CNN-ready, mit „Breaking News“-Balken versehen: „Drusen unter Beschuss“. Nun denn, Bühne frei für ein weiteres Kapitel des Levante-Schwankes, diesmal unter Regie von Waffenbrüdern, Warlords, Wokeness und westlicher Wohlstandslangeweile.

Der Prophet aus dem Staub: Mystik, Monotheismus und militärischer Machtverzicht

Die Drusen glauben an das „Tawhid“, die Einheit. Das klingt nach esoterischem New-Age-Bullshit, ist aber in Wahrheit ein hochkomplexes philosophisches System, das mit stumpfem Theismus ungefähr so viel zu tun hat wie ein Turing-Test mit einem WhatsApp-Gruppenchat. Die Religion: nicht missionarisch, nicht dogmatisch, aber dafür radikal selektiv – Eintritt verboten seit dem Jahr 1043. Wer drin ist, bleibt drin; wer draußen bleibt, versteht sowieso nichts. Man könnte sagen, die Drusen sind die Schweiz des Nahen Ostens, nur ohne Banken, Käse oder PR-Agenturen.

Ihnen liegt wenig an irdischer Macht. Man hätte sie glatt für glückliche Anarchisten halten können, wären da nicht alle paar Jahrzehnte wieder diese hysterischen Staaten, Kalifate, Imperien, Milizen – die sich einbilden, ausgerechnet diese pazifistische Bergbevölkerung sei ein existenzielles Sicherheitsrisiko. Kurz: Die Drusen wollten nie mitspielen. Und das ist im Nahen Osten ein Todesurteil mit Ankündigung.

Revolution frisst Minderheiten: Wie man in Syrien zuerst Assad, dann das Chaos und zuletzt die Drusen bekam

Es war einmal eine Revolution. Die begann mit Hoffnung, färbte sich dann rot, wurde bald schwarz, und endete in einem Mosaik aus Massakern, Mangelwirtschaft und Megalomanie. Die Drusen? Sie standen am Rand. Wieder einmal. Einige schlossen sich der Opposition an, manche dem Regime – die meisten wollten einfach, dass man sie verdammt nochmal in Ruhe lässt.

Aber Ruhe gibt es nicht im syrischen Gesellschaftsvertrag, der in Blut, nicht in Tinte geschrieben ist. Wer sich heraushält, macht sich verdächtig. Wer sich verteidigt, wird beschuldigt. Wer schweigt, wird zermalmt. Und so wurden die Drusen in Suweida, die nie ein Kalifat bauen wollten, plötzlich zur Zielscheibe einer postrevolutionären Reinigungswut, die keine Gegner, sondern Sündenböcke braucht.

Denn wo neue Herren herrschen, braucht es Opfer. Und was eignet sich besser als eine spirituelle Elite, die sich für göttliche Inkarnationen interessiert, aber nicht für Ministerposten?

Al-Sharaa: Der Posterboy des Übergangs oder der neue Despot mit Instagram-Filter?

Die internationale Gemeinschaft liebt Übergangsfiguren. Sie riechen nach Hoffnung, nach neoliberaler Planbarkeit, nach drittmittelfinanzierter Stabilität. Und so wurde auch Ahmed al-Sharaa zur neuen Lichtgestalt. Ehemals Milizenführer mit mystischem Kriegsnamen („Al-Jolani“, wie poetisch), heute Präsidentenattrappe mit westlichem Segen. Er verspricht Frieden, Freiheit, Fortschritt – und liefert Massaker, Märtyrer und medienwirksame Mahnungen zur Besonnenheit.

Die Drusen jedenfalls haben in diesem Spiel keine guten Karten. Sie sind zu wenig, zu religiös, zu komplex. Und in einer Welt, die Komplexität nur noch als Feind kennt, ist das tödlich. Al-Sharaa verspricht Schutz – mit denselben Lippen, die gestern noch den Alawiten die Entwaffnung befahlen, bevor ganze Dörfer ausgelöscht wurden. Wer will da noch an gute Absichten glauben? Die Drusen jedenfalls nicht. Die kennen das Spiel. Sie haben es 1.000 Jahre lang überlebt.

Israel, das Damoklesschwert: Zwischen Schutzmacht und Sündenbock

Wenn Israel militärisch eingreift, spaltet das die arabische Welt – und die drusische gleich mit. Einige sagen: „Endlich!“ Andere: „Vorsicht!“ Wieder andere: „Zu spät.“ Das Schöne an den Drusen ist, dass sie in Fragen des Überlebens Realpolitiker ohne Illusionen sind. Sie wissen, dass moralische Klarheit oft nur der Deckmantel für geostrategische Interessen ist – und dass man manchmal mit dem Teufel tanzen muss, wenn der wenigstens verspricht, nicht gleich alle zu verbrennen.

Dass 99 % der Drusen in Israel hinter den Angriffen stehen, ist eine steile These – aber eine verständliche. Wenn man jahrzehntelang marginalisiert, verleumdet und nun massakriert wird, wird selbst der Teufel im F-16-Jet zum potenziellen Retter. Die Tragödie? Dass der Himmel über Syrien so viele Bomben gesehen hat, dass selbst Engel darunter verdächtig wirken.


Fazit: Die Drusen – eine Tragödie mit 1.000 Jahren Prolog

Wer die Geschichte der Drusen in Syrien verstehen will, braucht mehr als ein paar Zahlen, Zitate und geopolitische Floskeln. Er braucht Geduld. Und ein Gespür für Ironie. Denn dies ist eine Geschichte von Menschen, die nie die Macht suchten, aber ständig unter ihrer Knute litten. Die eine Religion erfanden, die auf innerer Wahrheit basiert – und dafür äußerlich verfolgt wurden. Die in einer Welt, in der der Lauteste gewinnt, einfach nur leise überleben wollten.

Und jetzt? Jetzt stehen sie im Rampenlicht. Für ein paar Wochen. Bis zur nächsten Schlagzeile. Bis zur nächsten Minderheit, die entdeckt wird, wie ein seltener Schmetterling – vom globalen Entomologenblick der Medien. Und wieder verschwindet.

Die Drusen werden bleiben. In den Bergen, in den Ruinen, in den Fußnoten der Geschichte. Sie sind Experten im Überleben. Und vielleicht ist das – in dieser Welt – das Größte, was man sein kann.


Epilog:
Wenn Sie nach dem Lesen dieses Essays noch immer nicht verstehen, wer die Drusen sind, seien Sie unbesorgt. Die meisten Syrer wissen es auch nicht. Und manche Drusen wahrscheinlich auch nicht mehr. Willkommen im Nahen Osten.