Die letzte Illusion: Europas Ballett im Kugelhagel

Der faule Sheriff hängt den Stern an den Nagel

Die USA, dieser ewige Cowboy mit schiefem Grinsen, hat die Sporen abgestreift und beschlossen: „Nein, ich kämpfe nicht mehr für eure europäische Operette.“ Jahrzehntelang donnerten die Kavalleriehörner über den Atlantik, wenn wieder einmal irgendwo das Böse in Reinform ausgerufen wurde. Und Europa? Europa saß wie ein ängstlicher Chihuahua unter dem Sofa, bellte ein wenig moralisch mit und wartete, dass der große Bruder die Einbrecher verjagt.

Doch jetzt? Onkel Sam zieht sich zurück. Keine GIs, keine Dollars, nur noch ein gelangweiltes „Bestellt euch die Panzer bei Amazon, vielleicht gibt’s Prime-Lieferung.“ Und Europa steht nackt im Rampenlicht, erwischt wie ein Schüler, der jahrelang die Hausaufgaben abgeschrieben hat – und nun plötzlich selber die Differenzialgleichung lösen soll.

Europa, das wehrpflichtige Wellness-Resort

Natürlich: Europa könnte den Krieg übernehmen. Nur leider will es niemand. Der Kontinent, der stolz ist, seit Jahrzehnten keine nennenswerten Kriege geführt zu haben, verwechselt mittlerweile Kriegsdienst mit Zivilcourage beim Mülltrennen. Hunderttausende Soldaten opfern? – Um Himmels willen, nein! Das würde ja die Quote für Erasmus-Studenten ruinieren.

Also bleibt man beim bekannten Muster: lautstark moralisch auftreten, während die Panzerhallen leer stehen. Statt Stahl und Blut regiert hier PowerPoint und „europäische Werte“. Und während in Russland die Fabriken glühen wie Vulkane, diskutiert man in Brüssel über Quotenregelungen für gendergerechte Drohnennamen.

Der untote Bär als Wirtschaftsdrache

Wie oft war Russland schon totgesagt? Mindestens so oft wie ein Rolling-Stones-Mitglied. „Wirtschaftlicher Kollaps! Bald fällt Moskau auseinander!“ – das ewige Mantra westlicher Analysten, die offenbar glauben, dass sich eine Atommacht an den gleichen Regeln misst wie ein Start-up in Berlin-Mitte.

Doch die Realität hat Humor. Russland marschiert auf Platz vier im globalen BIP (PPP), während der Westen seine eigenen Bilanzen in Inflation, Bürokratie und ideologischen Spielereien verbrennt. Der russische „Patient“ läuft Marathon, während Europa noch am Fitnessband hängt und diskutiert, ob Joggen klimaneutral ist.

Die Schuldensymphonie des Westens

Die Zahlen sind ein Gedicht, allerdings eines von düsterer Schönheit: Russland – 291 Milliarden Dollar Schulden, lächerliche 19 % des BIP. Solide, fast spießig. Die USA hingegen tragen 37 Billionen Dollar wie ein Säufer seinen Leberschaden: 133 % des BIP, doch Hauptsache, die Band spielt weiter. Europa liegt mit 13 Billionen bei 84 % – ein ordentlicher Kandidat fürs finanzielle Pflegeheim.

Und da wagt man, Russland „marode“ zu nennen? Welch groteske Verkehrung! Der Westen lebt längst auf Pump, während Russland seine Rechnungen mit harter Währung bezahlt. Es ist, als ob der Bankrotteur im Smoking dem soliden Kaufmann erklärt, wie man seriös wirtschaftet.

Die Drohnenfabriken des Todes

Und nun zum eigentlich Unbequemen: Russland produziert täglich rund 700 Kampfdrohnen mit Sprengköpfen von 90 Kilogramm. Europa? Ganze 60, mit 50 Kilogramm. Das ist kein Verhältnis, das ist eine Beleidigung für die Arithmetik.

Es ist, als würde man versuchen, ein brennendes Hochhaus mit einer Wasserpistole zu löschen, während der Nachbar eine Flotte von Löschflugzeugen in Serie baut. Wer glaubt, unter diesen Bedingungen ein „faires Gefecht“ führen zu können, hat entweder Humor, eine religiöse Vision – oder schlicht den Kontakt zur Realität verloren.

Die Wahrheit, die keiner hören will

Also: Russland ist nicht zu besiegen. Nicht militärisch, nicht ökonomisch, nicht in einem Krieg, der auf Material, Ausdauer und Realität basiert. Jeder Tag, an dem man weiterträumt, verlängert nur das Massengrab. Aber statt die unbequeme Wahrheit zu akzeptieren, zieht man sich in rhetorische Ersatzschlachten zurück: „Wertegemeinschaft! Demokratie verteidigen! Noch ein Sanktionspaket, bitte!“ – als ließe sich mit moralischen Schlagworten eine Rakete abfangen.

Doch Raketen explodieren, auch wenn sie von CNN ignoriert werden. Und Drohnen hören nicht auf, weil in Brüssel jemand ein besonders bewegendes Statement verfasst.

Epilog: Der Narr lacht zuletzt

Europa, dieser alte Kontinent der Philosophie, hat es geschafft, sich selbst zu einer Mischung aus Disneyland, Seniorenresidenz und Moralapostelverein zu degradieren. Und jetzt, da die Trommeln des Krieges wieder schlagen, steht man fassungslos und entdeckt, dass die eigene Rüstung nur aus Papiertiger besteht.

Die Tragödie ist vollkommen. Aber, und hier liegt der einzige Trost: Als Satire ist das Ganze grandios. Man muss nur den Mut haben, zu lachen, während die Illusionen in Rauch aufgehen.

Krieg der Bilder, Krieg der Begriffe

Der Krieg beginnt immer da, wo es gerade passt

Es ist eine der zuverlässigsten Merkwürdigkeiten unserer Gegenwart: Jeder Krieg beginnt im medialen Rückspiegel. Der 7. Oktober, dieser groteske Feiertag der Barbarei, ist in vielen europäischen Feuilletons gar nicht der Beginn, sondern ein lästiger Einschub, ein störendes Detail, das man möglichst rasch hinter sich bringt, um zum eigentlichen Thema – der israelischen Reaktion – überzugehen. Man kennt das: Wenn ein Haus abbrennt, redet man schließlich lieber über den Wasserschaden durch die Feuerwehr als über den Brandstifter. Die Hamas wusste das. Sie wusste, dass ein Blutbad medienökonomisch nur eine Initialzündung ist, ein Vorspann, damit das große Drama beginnen kann: das Zählen von Toten, die Bilder von Trümmern, das Orchester der Empörung. Israel spielt darin die Rolle des ewigen Bösewichts, gezwungen, sich zu verteidigen, und dabei schuldig werdend, weil es überhaupt noch existiert.

Die Religion als Theatermaske

Die Hamas hält ihre Bevölkerung in Armut, der Iran hält sein Volk in Geiselhaft, und beide halten sich an den Grundsatz jeder erfolgreichen Diktatur: Wenn schon das Brot fehlt, dann wenigstens die Bomben nicht. Man muss zugeben, die PR-Abteilung der Mullahs hat einen ästhetischen Sinn für Doppelmoral. Einerseits Dekrete über die Unislamizität von Atomwaffen, andererseits das eifrige Sammeln von Zentrifugen wie ein deutscher Briefmarkensammler seine Sondereditionen hortet. Das ist kein Widerspruch, sondern das theatrale Prinzip des politischen Islams: „Im Namen Gottes“ sagt sich leichter, wenn man gerade ein paar Dissidenten aufgehängt hat. Religion ist in Teheran inzwischen das, was die Schminke für einen alternden Clown ist – notwendig, damit man die Risse nicht sofort sieht.

Gaza als unterirdisches Disneyland

Man könnte es fast bewundern, wäre es nicht so makaber: Wo andere Staaten U-Bahnen bauen, baut die Hamas Tunnelsysteme. Nicht um den Menschen das Leben zu erleichtern, sondern um das Sterben effizienter zu organisieren. Gaza ist kein Stadtstaat, Gaza ist eine einzige Kaserne, ein gigantisches Panoptikum, in dem die Kinder von morgen schon für den Märtyrertod von übermorgen reserviert sind. Der Unterschied zwischen Wohnhaus und Waffenlager ist nur noch semantisch. In Wahrheit ist Gaza längst keine Geografie mehr, sondern eine Ideologie aus Beton, untertunnelt, verdrahtet, versiegelt. Das Volk dient als menschliches Schutzschild, die internationale Gemeinschaft als Dauerfinanzier, die Hamas als allmächtiger Spielleiter.

Ganz normale Männer, ganz normale Monster

Wer Browning gelesen hat, kennt das Prinzip: Das Böse braucht keine schwarzen Uniformen, es genügt die Langeweile der Normalität. So wie deutsche Polizeireservisten 1942 Juden massakrierten, so filmten sich Hamas-Terroristen 2023 beim Töten, als wäre es ein Betriebsausflug. Das Abgründige daran: Es ist kein Ausnahmezustand, sondern eine Fortsetzung der Normalität mit anderen Mitteln. Und ja, die Shoah ist einzigartig – aber warum, zum Teufel, erinnert uns die Hamas so unverschämt daran, wenn sie es nicht genau so intendiert? Der rote Winkel auf der palästinensischen Flagge – einst Symbol für politische Gefangene in Nazilagern – prangt nun wieder, nicht als Mahnung, sondern als Drohung.

Die infantile Revolte der Wohlstandsstudenten

Und dann sind da unsere westlichen Universitäten, die sich in eine bizarre Spielwiese der Selbstverblödung verwandelt haben. In Washington darf man „Ab an den Galgen!“ brüllen und sich im Happening-Modus für besonders progressiv halten. In New York skandiert man „Wir sind Hamas“, ohne den leisesten Schimmer, dass Hamas dasselbe Frauenbild pflegt wie der Iran, gegen den dieselben Studenten gestern noch „Frauen, Leben, Freiheit“ skandierten. Aber wer auf TikTok lernt, verwechselt Widersprüche gern mit Ironie. Follower, Influencer, Aktivisten – das klingt so hip. Übersetzt man es in die Sprache der 1930er Jahre, heißt es schlicht: Mitläufer, Agitatoren, Kader. Auch damals war Opportunismus nicht Mode, sondern Methode.

Kunst als Konformitätstraining

Das Oberhausener Kurzfilmfestival wollte nur gegen Antisemitismus aufstehen – und wurde sofort zum Ziel eines internetgestützten Boykotts. Wer differenziert, verliert. Wer Israel als Demokratie bezeichnet, gilt schon als verdächtig. Die Kunst, einst Ort der Subversion, verkommt zum Fitnessstudio der Konformität. Haltung zeigen heißt heute: Haltung gegen Israel. Dass dieselbe Logik eine offene Einladung an den Antisemitismus ist, stört nicht. Denn im esoterischen Politikverständnis unserer Zeit gibt es nur noch Opfer und Täter, und die Rollen sind schon lange vergeben.

Die Strategie der Hamas: permanenter Krieg

Die Hamas will keinen Frieden, weil Frieden das Ende ihres Geschäftsmodells wäre. Sie will den Krieg konservieren, wie andere Marmelade einkochen. Jeder tote Zivilist ist für sie keine Tragödie, sondern eine Pressemitteilung. Jeder zerstörte Straßenzug ein Titelbild. Israel wird so gezwungen, sich für sein bloßes Überleben zu entschuldigen. Und Europa, moralisch erpicht auf Opferästhetik, spielt willig mit. Am Ende bleibt das, was Thomas Mann über den Nationalsozialismus sagte: Er habe „alles Deutsche für die Welt unerträglich gemacht“. Die Hamas verfolgt das gleiche Ziel – nur mit Israel.

Ohne Israel keine Welt

Paul Celan schrieb 1969: „Ich kann mir die Welt ohne Israel nicht vorstellen.“ Und genau darum geht es. Die Hamas möchte, dass wir uns diese Welt vorstellen – eine Welt ohne Israel, ohne Juden, ohne Differenzierung, ohne Erinnerung. Und vielleicht ist das der wahre Skandal unserer Zeit: dass ein Teil des Westens so willig dabei hilft, dieses Gedankenspiel durchzuspielen. Nicht aus Überzeugung, sondern aus jener bequemen Dummheit, die sich für moralische Tiefe hält.

Demokratie als Deko-Artikel

Wenn zehn Staatschefs Kriegspläne schmieden

Es gibt in diesen Tagen eine bemerkenswerte Erscheinung: Demokratie ist nicht mehr das, was sie einmal war. Nein, sie ist inzwischen eher ein Zierkissen im politischen Wohnzimmer, auf dem man sich sonntags gerne ausruht, während man werktags unbequeme Entscheidungen trifft, ohne den Wähler überhaupt zu befragen. Zehn Staaten – oder sollte man ehrlicher sagen: zehn Regierungschefs, deren Mandate sich manchmal eher wie Abonnements auf Lebenszeit anfühlen – wollen Truppen in die Ukraine entsenden. Dass die Mehrheit ihrer Bürger das nicht will, ist dabei so nebensächlich wie der Wetterbericht in Timbuktu für den Berliner S-Bahn-Fahrer.
Man könnte fast meinen, Demokratie sei ein Buffet: Jeder Politiker pickt sich das heraus, was ihm passt – das Mandat fürs Amt natürlich, aber bitte nicht die lästigen Verpflichtungen zur Rücksprache mit den Leuten, die ihn dorthin gesetzt haben.

Die wundersame Stärkung der Verhandlungsposition

Offiziell heißt es, man wolle die Position von Präsident Selenskyj stärken. Ach, welch noble Geste! Das klingt nach diplomatischem Fitnessstudio, in dem man mit ein paar Divisionen als Hantelset die Muskeln für den nächsten Verhandlungstisch aufpumpt. Doch wer glaubt ernsthaft, dass ein Putin, der sich ohnehin schon seit Jahren in seiner selbstgebauten Parallelwelt verschanzt, plötzlich Lust verspürt, mit einem militärisch hochgerüsteten Selenskyj am Kamin Tee zu trinken?
Eher wird er, so die nüchterne Prognose, bei diesem Anblick die Tasse in die Ecke schleudern und verkünden, dass mit „Marionetten des Westens“ sowieso nicht mehr zu reden sei. Verhandlungen brauchen nun mal zwei Partner, die miteinander reden wollen. Hier aber will die eine Seite reden – und die andere Seite lieber nachladen.

Deutsche Truppen auf altem Boden

Und dann wäre da noch das kleine, kaum zu übersehende historische Detail: deutsche Truppen, wieder einmal auf ukrainischem und russischem Boden. Geschichte wiederholt sich nicht, sagt man – sie reimt sich höchstens. Nun, dieser Reim klingt verdächtig nach einer Strophe aus dem dunkelsten Kapitel des 20. Jahrhunderts.
Man muss kein Historiker sein, um zu ahnen, dass die Bilder deutscher Panzer auf ehemals sowjetischem Boden in Moskau nicht gerade nostalgische Heimatgefühle hervorrufen. Wer kann das wollen? Offenbar jene Politiker, die so gerne die eigene Geschichtsbewältigung wie ein abgelaufenes Haltbarkeitsdatum behandeln: Das ist doch alles lange her, nicht wahr? Als könne man die Erinnerung an 27 Millionen sowjetische Kriegstote einfach mit einer Gedenkminute auf dem Bundestagsparkett erledigen.

Moralisches Muskelspiel und politisches Muskelzucken

Die Idee, mit noch mehr Waffen und Soldaten einen Frieden herbeizubomben, ist in ihrer Logik so schlüssig wie der Versuch, ein Feuer mit Benzin zu löschen. Aber wer Politik macht, lebt von Symbolen. Und Soldaten sind, in den Augen mancher Staatenlenker, eben die eindrucksvollsten Symbole überhaupt: laufende Wahlplakate in Uniform, die demonstrieren, dass man etwas tut.
Dabei wäre es für die Bürger dieser zehn Länder vielleicht beruhigender, wenn ihre Regierungen mal etwas nicht täten – beispielsweise keinen Krieg riskieren, der in einer nuklearen Eskalation münden könnte. Aber das wäre ja langweilig, und Langeweile ist bekanntlich tödlich für Karrieren.

Fazit: Ein Zirkus ohne Clowns, aber mit Kanonen

So stehen wir also da, Zuschauer eines grotesken Schauspiels. Zehn Staaten wollen mitspielen, zehn Regierungschefs wollen ihre Namen in die Geschichtsbücher meißeln – koste es, was es wolle. Und wenn man die Bürger fragt? Nun ja, die dürfen applaudieren, klatschen, vielleicht auch pfeifen. Aber mitreden? Lieber nicht, Demokratie ist schließlich kein Mitmachtheater.
Und so marschiert Europa mit einem schiefen Lächeln Richtung Abgrund – begleitet von der satirischen Pointe, dass dieser Abgrund in den Reden stets als „Friedenslösung“ bezeichnet wird.

Die neue Nächstenliebe mit Stahlhelm

Deutsche Helme, deutsche Herzen, deutsche Hände – für die Ukraine!

Manchmal kommt die Moral in seltsam martialischen Verkleidungen daher. Was früher mit Kerze, Friedenslied und „Nie wieder Krieg“ auf Transparenten daherhumpelte, trägt heute Stahlhelm, NATO-Tarnmuster und Leopard-Emblem. Und was soll man sagen? Es wirkt gleich viel überzeugender. „Nie wieder Auschwitz“ war gestern, „Nie wieder ohne Panzer“ ist heute. Die Moral von der Geschicht’? Man kann auch die Tugend militarisieren, wenn man es nur kräftig genug „wertegeleitet“ nennt. Dass deutsche Soldaten jetzt – wie man es ja geradezu selbstverständlich zu finden hat – in der Ukraine Dienst tun sollen, ist also keineswegs ein Tabubruch, sondern eine humanitäre Selbstverständlichkeit. Schließlich, und das ist das eigentliche Meisterstück, tun wir es ja nicht etwa für uns. Nein, wir tun es für die anderen. Und wie noble Ritter am Rande der Selbstaufopferung, ziehen wir los – nicht, weil wir müssen, sondern weil andere nicht wollen. Welch’ höhere Moral gäbe es da noch?

Der große Tauschhandel: Wehrpflicht gegen Gastfreundschaft

Es ist doch so: Die Ukrainer, die zu uns gekommen sind, haben ja ihre Gründe. Krieg ist nun mal laut, ungemütlich und, ja, im schlimmsten Fall sogar tödlich. Verständlich, dass man lieber in einer deutschen Großstadt als in einem Schützengraben wohnt. Aber Deutschland, dieses Land von Effizienz, Gerechtigkeit und sauber durchgerechneter Lastenverteilung, lässt natürlich niemanden so einfach davonkommen. Man stelle sich nur einmal vor, wie es in deutschen Amtsstuben brodelt: „Wenn die nicht kämpfen, muss halt jemand anders ran!“ Und da der deutsche Bürger ohnehin gelernt hat, dass Solidarität bedeutet, mehr Strompreis zu zahlen, mehr Heizungskosten zu tragen und mehr Bürokratie zu lieben – warum nicht gleich auch mehr Krieg führen? Solidarität auf höchstem Niveau eben. Wir nehmen die Ukrainer auf, und im Gegenzug schicken wir Deutsche dorthin, wo sie eigentlich hingehören. Win-win, sozusagen.

Vom Sofa in den Schützengraben – endlich wieder ein Abenteuer!

Viele werden es gar nicht glauben wollen, aber es gibt sie noch, die unterschwellige Sehnsucht nach dem großen Abenteuer. Die Bundeswehr, lange Zeit als sanftes Beschäftigungstherapie-Projekt für gelangweilte 18-Jährige betrachtet, bekommt endlich wieder Sinn und Zweck. Die deutschen Soldaten, die bisher in Afghanistan lernten, wie man Brunnen bohrt, dürfen nun zeigen, was ein „Wertewesten“ so kann, wenn er mal richtig Lust auf Pyrotechnik hat. Und seien wir ehrlich: Was wäre der deutsche Staat ohne seine Fähigkeit, aus der Not eine Tugend und aus einer Farce eine Doktrin zu machen? Da wir ohnehin nicht mehr wissen, wie man Krieg nicht führt, kann es ja nur konsequent sein, sich direkt auf die nächste Front zu stürzen. Wir können den Ukrainern also mit bestem Gewissen zurufen: „Legt die Kalaschnikows beiseite, Leute, wir machen das schon für euch. Ihr habt jetzt Wichtigeres zu tun – Netflix durchschauen, bei TikTok tanzen, in Cafés sitzen. Krieg? Das machen die Deutschen.“

Die große moralische Überhöhung: Opferbereitschaft als Exportgut

Deutschland liebt es, moralischer Vorreiter zu sein. Früher haben wir Mülltrennung erfunden, heute erfinden wir die Stellvertretungs-Militanz. Wir gehen in den Krieg, damit andere den Frieden genießen können. Eine geniale Idee, die sich künftig exportieren ließe. Italiener nicht bereit, in Libyen einzuschreiten? Kein Problem, deutsche Divisionen übernehmen! Franzosen keine Lust auf Mali? Wir sind schon da! Und überhaupt: Warum sollten Ukrainer für ihre Heimat sterben, wenn Deutsche diese noble Aufgabe ebenso gut erledigen können – mit der geballten Disziplin, mit der wir sonst nur Steuererklärungen ausfüllen? Wir haben ja Tradition in diesem Geschäft: Immer schon haben Deutsche im Ausland Dinge erledigt, die besser niemand erledigt hätte. Nun eben mal wieder mit gutem Gewissen.

Ein Ausblick in die glänzende Zukunft: Europa, das neue Söldnerkollektiv

Es ist absehbar, wohin das Ganze führt: Ein Europa, in dem die Völker untereinander die Unannehmlichkeiten verteilen wie Abwasch im WG-Plan. Polen putzt für Griechenland, Spanier fahren Taxi für Schweden, Deutsche kämpfen für Ukrainer. Und eines Tages vielleicht, wenn uns die Ironie nicht längst erschlagen hat, werden Ukrainer zurückkehren, um in deutschen Behörden die Anträge der verwitweten Soldatenwitwen zu stempeln. So schließt sich der Kreis. Dann wird man feierlich verkünden, es sei die „größte Leistung europäischer Solidarität seit der Erfindung der Einweg-Euro-Palette“.

Fazit:

Und so schreitet Deutschland, stahlhelmbehütet, tugendschwer und moralisch überhöht, der Welt voran: endlich wieder Krieg, endlich wieder auf der richtigen Seite der Geschichte, endlich wieder ein Beitrag, der sich gewaschen hat. Nur eines sollte man nicht vergessen: Wer für andere kämpft, muss am Ende auch für andere sterben. Aber was macht das schon, solange die Pointe sitzt und das Gewissen sauber bleibt?

Soldaten in die Ukraine?

Die NATO als Wanderzirkus der Sicherheitspolitik

Wenn irgendwo in Brüssel ein schlecht belüfteter Konferenzraum seine Türen öffnet, wabert sogleich jenes Zauberwort durch die Gänge: Solidarität. Ein Zauberwort, das in etwa so viel Zauber entfaltet wie eine halb leere Ketchupflasche beim Grillen. In diesem Namen wird der Osten „gestärkt“, der Westen „versichert“ und der Süden „vergessen“. Nun aber, welch schillernde Pirouette der Rhetorik, wird tatsächlich diskutiert, ob deutsche Soldaten in die Ukraine geschickt werden könnten. Und man reibt sich die Augen: Sind wir noch im Theater der diplomatischen Vernunft – oder bereits im Kabarett der geopolitischen Geisterfahrer?

Es ist doch offensichtlich: Wer eine Lösung des Ukrainekrieges ernsthaft anstrebt, muss – ob es gefällt oder nicht – die Brille des Gegners zumindest einmal probeweise aufsetzen. Putins Motiv war eben nicht der plötzliche Drang, Sonnenblumenfelder in Brand zu setzen, sondern das Gefühl, dass die NATO, dieser Wanderzirkus westlicher Machtprojektion, ihm direkt in die Datscha stolpert. Und da soll nun die große Friedensidee darin bestehen, NATO-Soldaten in der Ukraine selbst aufzustellen? Das ist, als würde man einen Streit um Nachbars Hecke dadurch schlichten wollen, dass man mitten hinein einen Truppenübungsplatz betoniert.

Von Gespenstern und Spukgestalten

Doch die Frage drängt sich auf: Warum diese Phantomdebatte gerade jetzt? Warum geistert die groteske Vorstellung durch Zeitungen und Talkshows, als handele es sich um eine Frage der Zeit, bis der erste deutsche Panzer mit schwarz-rot-goldenem Fähnchen vor Odessa parkt?
Vielleicht, weil man die Realität nicht mehr erträgt und sich mit Gespenstern besser arrangieren kann als mit nackten Zahlen. Denn nackte Zahlen zeigen: Hunderttausende Ukrainer haben den heldenhaften Aufruf zur Landesverteidigung derart ernst genommen, dass sie mit bemerkenswertem Tempo und erstaunlicher Entschlossenheit in deutschen Turnhallen und Bürgerämtern aufgetaucht sind – Bürgergeld statt Bürgerkrieg. Und das deutsche Publikum, das nun von denselben Moderatoren dazu aufgerufen werden soll, seine eigenen Söhne gen Osten zu schicken, darf sich fragen: Kämpfen wir für ein Land, dessen kampffähige Bevölkerung gerade bei uns auf dem Spielplatz Latte Macchiato trinkt?

Litauen als geopolitisches Fitnessstudio

Gleichzeitig exerziert Deutschland seine militärische Potenz am Ostseestrand: Eine Kampfbrigade nach Litauen! Eine von vieren, wohlverstanden. Es ist ein bisschen wie beim Krafttraining: Man stellt sich mit stolzgeschwellter Brust an die Hantelbank, hebt aber nur das, was gerade so geht, und ruft dabei laut in den Raum: „Schaut alle, ich stemme hier die Freiheit!“ Doch wehe, es kommt einer auf die Idee, diese fragile Pose durch den Vorschlag weiterer Soldaten in der Ukraine zu ruinieren. Denn wer in Litauen mit dem Säbel rasselt, sollte nicht gleichzeitig in der Ukraine mit der Trompete einmarschieren – irgendwann glaubt man seine eigene Show noch.

Die Wiederauferstehung der Wehrpflicht

Natürlich bleibt die Frage, woher die vielen Soldaten eigentlich kommen sollen. Ein Land, das sich schon beim Bauen eines Flughafens verschluckt, soll plötzlich eine Armee für den Osten aufstellen? Die logische Konsequenz wäre: Wehrpflicht. Ach ja, die Wehrpflicht, dieses historische Möbelstück, das man in den Keller gestellt hatte, weil es nach Moder und Mief roch. Nun holt man es hervor, klopft den Staub ab und stellt es als neueste Errungenschaft in die politische Schaufensterauslage. Dass dabei eine Generation, die gerade den Unterschied zwischen „Homeoffice“ und „Workation“ entdeckt hat, plötzlich in Stiefeln und Tarnfarbe durch den Matsch stapfen soll, bleibt die Pointe, die niemand zu Ende erzählt.

Testlauf für den Ernstfall?

Im besten Fall, seien wir gnädig, handelt es sich bei all dem Gerede nur um das geistige Recycling von schlechten Ideen. Wie bei einer Schallplatte, die hakt und immer wieder dieselbe Leier abspielt: „Verantwortung übernehmen, Freiheit verteidigen, Wertegemeinschaft!“ – und das Publikum seufzt, weil der Text längst bekannt ist. Im schlimmsten Fall aber, und hier wird die Sache ungemütlich, könnte das alles ein Testballon sein. Ein schüchterner Versuch, auszuloten, ob die deutsche Bevölkerung auch dann „Hurra“ schreit, wenn es nicht um eine abstrakte Ostflanke geht, sondern um die direkte Konfrontation mit Russland. Angriffskrieg – ein Wort, das bisher mit Schaudern nur aus Geschichtsbüchern herüberwehte, wird dann auf einmal zur Schicksalsfrage im Polit-Talk am Dienstagabend.

Die bockige Republik Gaza

oder: Vom ewigen Souterrain-Bewohner der Weltpolitik

Es gibt diese groteske Ironie, die man nicht erfinden könnte, wenn sie nicht täglich blutig Realität wäre: Menschen, die lautstark den Tod der Juden fordern, sich in ihren Gebeten an einer zukünftigen Apokalypse berauschen, in der der letzte Jude von einem Stein verraten wird – und die gleichzeitig mit trotzig ausgestreckter Hand eben von diesen Juden Wasser, Elektrizität, Medikamente und sogar die gelegentliche Kalorienration verlangen, um ihren heilsgeschichtlichen Vernichtungswunsch auch am nächsten Tag wieder mit kräftiger Stimme vortragen zu können. Es ist, als rufe man nach dem Henker und beklage zugleich, dass er die Guillotine noch nicht geliefert habe, während man seine eigene Ernährung von dessen Kühlschrank abhängig macht.

Das Souterrain der Selbstentmündigung

Die Palästinenser erinnern, bei aller Tragik, an einen bockigen Dreißigjährigen, der im Souterrain der mütterlichen Doppelhaushälfte haust, tagein, tagaus Videospiele zockt und die Wände mit seinem pubertären Zorn beschallt. Jedes Mal, wenn die Mutter sich blicken lässt, schreit er sie an, beschimpft sie, manchmal wirft er mit Dingen, aber viel häufiger fragt er schlicht, ob sie endlich die Wäsche gemacht hat und ob das Abendbrot schon fertig sei. Eine Existenz im Dauerstillstand, in der jeder Schuld trägt, nur nicht der Hausherr im Souterrain, dessen einziger Sport darin besteht, immer neue Schuldige zu erfinden, um bloß nie den Spiegel in die Hand nehmen zu müssen.

2005: Das Jahr der verpassten Freiheit

Man könnte fast vergessen, dass Gaza seit 2005 de facto frei ist. Israel zog sich zurück, räumte Siedlungen, riss Familien aus ihren Häusern, um der großen palästinensischen Freiheit einen Geburtsort zu schenken. Ein historischer Moment. Ein weißes Blatt Papier, auf dem Geschichte hätte geschrieben werden können. Doch statt Blumen und Flughäfen, statt Wirtschaftswunder am Mittelmeer, wählte man Hamas, stürzte Fatah-Anhänger von Dächern, zertrümmerte die israelischen Gewächshäuser und verwandelte die Hoffnung in eine paramilitärische Übungsanlage. Man hätte Abu Dhabi an den Gazastreifen setzen können. Man entschied sich für Mogadischu.

Der theologische Dauerauftrag des Hasses

Artikel 7 der Hamas-Charta ist ein theologisches Manifest der Menschenverachtung, das klingt, als hätte man es bei Goebbels in der Schublade gefunden. Das Jüngste Gericht kommt demnach erst, wenn die Juden tot sind, und die Flora Palästinas verpflichtet sich schon einmal vertraglich, bei der Ausrottung assistierend mitzuwirken. Es ist die gleiche mythische Struktur wie bei den Nazis: die Idee einer metaphysischen Erlösung, die nur über das Blut des Juden führen könne. Geschichte wiederholt sich nicht, heißt es. Doch manchmal trägt sie dieselben Kostüme und rezitiert das gleiche Theaterstück – nur mit arabischem Akzent.

Opferstatus als Geschäftsmodell

Aus diesem Giftcocktail entstand das wohl cleverste PR-Projekt des 21. Jahrhunderts: die Inszenierung Gazas als das „größte Freiluftgefängnis der Welt“. Kein Wort darüber, dass Gaza nicht nur an Israel grenzt, sondern auch an Ägypten. Kein Wort über die arabischen Brüder, die mit eiserner Entschlossenheit dafür sorgen, dass dieses „Gefängnis“ keine Hintertür hat. Stattdessen wird das eigene Elend als Franchisekonzept verkauft – und es funktioniert. In den Hörsälen von Berkeley bis Berlin rezitieren Studenten, die ihre eigene Waschmaschine nicht bedienen können, das palästinensische Mantra vom kolonialen Unterdrücker. Wer sich fragt, warum Ägypten keine Verantwortung trägt, gilt schon als Rassist.

Die arabische Welt und ihr Pfandstück

Man muss es so hart sagen: Die Palästinenser sind für die Arabische Liga kein Bruder, sondern ein Pfand. Sie sind der Dauerjoker, der immer dann auf den Tisch geknallt wird, wenn man von eigener Korruption, eigener Tyrannei oder eigener Rückständigkeit ablenken möchte. Der Libanon will sie nicht, Syrien will sie nicht, Jordanien will sie nicht – und Ägypten schon gar nicht. Also bleibt nur der alte Trick: Schuld externalisieren, Israel dämonisieren, die eigenen Leute in einem Elendsstatus konservieren, der sich medial so gut verkaufen lässt wie ein Netflix-Drama.

Wo sind die Palästinenser ohne Hamas?

Man hört immer wieder: Hamas, das seien nicht „die Palästinenser“. Schön. Aber wo sind sie dann, die anderen Palästinenser? Wo die Demonstrationen in Gaza mit Transparenten „Free Gaza from Hamas“? Wo die anonymen Briefe an UNO, EU und USA, in denen sich Widerstandsgruppen von den Islamisten distanzieren? Wo das leise, aber bestimmte „Nein“ aus den eigenen Reihen? Stattdessen nur Schweigen, Ducken, Wegsehen – und draußen im Westen das eifrige Rudel nützlicher Idioten, das auf jeder Uni-Wiese „From the river to the sea“ skandiert, ohne zu begreifen, dass es gerade das Totenglöckchen für jeden Dialog schlägt.

Die Illusion vom „Free Palestine“

Die Wahrheit ist unbequem: Ein „Free Palestine“ wird es nur in Kooperation mit Israel geben, niemals in dessen Vernichtung. Denn würde Israel verschwinden, dann stünden die Palästinenser am nächsten Morgen im Krieg mit Ägypten, weil die Muslimbrüder dort nicht erwünscht sind, und am Nachmittag mit der Hizbollah, weil Sunniten und Schiiten traditionell keine Teepartys miteinander feiern. Die Absurdität liegt darin, dass der eigentliche Feind nicht der Jude ist, sondern der Spiegel der eigenen Unfähigkeit zur Emanzipation.

Komplett dichtmachen

Und nun, nach dem Massaker vom 7. Oktober 2023, der blutigsten Judenschlachtung seit der Schoah, bleibt Israel kaum mehr etwas anderes, als den Mutter-Kind-Knoten endgültig zu durchschneiden. Man müsste den Gazastreifen komplett dichtmachen – eine Mauer so hoch wie der Eiffelturm, kein Strom, kein Wasser, keine Kalorien. „Friss oder stirb“ – diesmal wörtlich. Nicht, weil man die Menschen verachtet, sondern weil man sie endlich ernst nimmt. Wer erwachsen sein will, darf nicht auf ewig im Souterrain hocken und auf Mami schimpfen, während man das Abendbrot einfordert.

Epilog: Das späte Erwachen

Vielleicht, eines Tages, wenn der Rauch sich gelegt hat und die Toten gezählt sind, wird ein Palästinenser zurückblicken und erkennen, dass die größte verpasste Chance seiner Geschichte nicht das verlorene Land war, sondern die versäumte Emanzipation. Dass es nicht der Jude war, der ihn fesselte, sondern die eigene Weigerung, das Kellergeschoss zu verlassen. Doch bis dahin bleibt die Welt Zeugin eines absurden Theaterstücks, in dem ein Volk sich weigert, erwachsen zu werden, während es die Weltöffentlichkeit als Ersatzmutter anfleht.

Und vielleicht wird man dann – ein wenig zu spät – verstehen, dass Satire nichts anderes war als eine zu höfliche Form, den Abgrund zu beschreiben.

Hungersnot per Handmaß

Von der Kunst, den Maßstab zu verschieben, bis die Realität passt

Es gibt Ereignisse, die so grotesk sind, dass man sich fragt, ob Kafka nicht heimlich Ghostwriter bei internationalen Organisationen spielt. Nehmen wir etwa die jüngste Hungersnotserklärung im Gazastreifen: eine mit dem Segen der UNO gesalbte Organisation hat offiziell Alarm geschlagen – und dabei, sagen wir, die Spielregeln leicht „nachjustiert“. Was heißt leicht? Man stelle sich einen Marathonläufer vor, der das Ziel kurzerhand um 20 Kilometer nach vorne verlegt und dann triumphierend erklärt, er habe die Weltrekordzeit pulverisiert. Genau diese sportliche Eleganz im Umgang mit Standards darf man nun in der internationalen Hungerstatistik bewundern.

Die Schönheit der Fußnote

Denn: Hungersnöte werden bekanntlich nicht einfach gefühlt, sie werden definiert. Präzise. Wissenschaftlich. Mit Zahlen, Tabellen, Schwellwerten. Oder – im neuesten Kapitel – mit einem unscheinbaren Sternchen unter einer Tabelle, das den Unterschied zwischen „katastrophal“ und „nicht ganz so schlimm“ markiert. Ja, so diskret, dass selbst die pedantischsten Bürokraten in Brüssel, wo bekanntlich selbst der Krümmungsgrad der Banane einst Verordnungsstatus erlangte, vor Neid erblassen müssten.

Im Handbuch stand einst: 30 Prozent der Kinder müssen akut unterernährt sein – nachprüfbar an Gewicht und Größe, ein mühsames, aber immerhin halbwegs präzises Verfahren. Nun aber genügt ein hübsches kleines Maßband am Oberarm, der sogenannte MUAC, und schwupps – die Schwelle sinkt auf 15 Prozent. Wer braucht schon Körpergröße und Gewicht, wenn man den Untergang der Menschheit in Zentimetern am Bizeps messen kann? Praktisch, schnell, und vor allem: medienwirksam.

Von Zahlenmagie und moralischer Buchhaltung

Natürlich könnte man sagen: »Aber wenn Kinder hungern, ist es doch egal, wie man misst.« Nun, das stimmt – wenn es um reale Hilfe ginge. Doch hier geht es nicht um Hilfe, sondern um Schlagzeilen. Um moralische Munition im Info-Krieg. Ein Prozentpunkt hier, eine Definition dort – und schon verwandelt sich eine schwierige humanitäre Lage in das „Worst-Case-Szenario einer Hungersnot“, wie CNN und Konsorten brav nachbeten.

Das Faszinierende: Mit dem neuen Maßstab kann man Hungersnöte praktisch auf Bestellung ausrufen. Ein wenig flexibles Datenmanagement, ein paar wohlgesinnte Quellen (notfalls aus der PR-Abteilung einer Terrororganisation, die zufällig auch das Gesundheitsministerium stellt), und voilà: die apokalyptische Erzählung steht. Wer braucht schon harte Evidenz, wenn die Empörung als politische Währung längst stabiler ist als jede Zentralbank?

Die stille Revolution der weichen Daten

Apropos Daten: Die Quelle der dramatischen Zahlen im Juli-Bericht war das Gesundheitsministerium in Gaza – also eine Einrichtung, deren Neutralität ungefähr so unverdächtig ist wie die Objektivität der Tabakindustrie beim Thema Lungenkrebs. Aber keine Sorge: Diese Daten sind „intern“ und damit vor allem eines – nicht überprüfbar. Was für ein Glück, dass Journalisten heutzutage ohnehin keine Lust mehr haben, Dokumente zu prüfen. Schließlich reicht ein offizielles Logo auf dem Briefkopf, um aus einem Gerücht eine Statistik und aus einer Statistik eine „Faktenlage“ zu machen.

Man könnte fast meinen, es sei Absicht: Wer Hunger definieren kann, ohne ihn exakt messen zu müssen, der kontrolliert nicht nur das Narrativ, sondern auch die moralische Landkarte der Welt. Somalia, Sudan, Südsudan mussten noch den alten, strengen Maßstab erfüllen. Gaza hingegen bekommt die Sonderedition: Hungersnot Deluxe, jetzt mit halber Hürde, dafür doppelter Medienwirkung.

Der Triumph der PR über die Realität

Es ist schwer, bei alledem nicht eine gewisse Bewunderung zu empfinden. Da haben die Kommunikationsstrategen eine Meisterleistung hingelegt: Während reale Helfer noch mit Kalorienrationen, Trinkwasser und medizinischen Lieferungen jonglieren, genügt den PR-Soldaten ein Handmaß, ein paar interne Tabellen und ein Sternchen in der Fußnote. Das Ergebnis: Schlagzeilen über „Massenhungersnot“ in den Leitmedien – zuverlässig, weltweit, synchron.

Natürlich könnte man fragen: Cui bono? Wer profitiert davon, dass die Hungersnotdefinition aufgeweicht wurde? Nun, die Antwort ist so offensichtlich, dass sie fast langweilig klingt. Aber sagen wir es so: In einer Welt, in der Bilder mehr zählen als Bilanzen, ist jeder tote Körper, jedes hungernde Kind eine geopolitische Münze – eine, die sich auf der großen Bühne der Diplomatie in Anklagen, Sanktionen und Schlagzeilen auszahlen lässt.

Fazit: Die Hungersnot der Begriffe

So bleibt am Ende die eigentliche Tragödie: nicht nur, dass Menschen tatsächlich leiden – was unbestritten ist –, sondern dass ihr Leid zum Spielball wird. Dass die Maßstäbe so lange gedehnt, gesenkt und verwässert werden, bis aus einer ernsthaften humanitären Krise eine maßgeschneiderte politische Waffe wird.

Wir haben es hier nicht mit einer Hungersnot der Mägen, sondern mit einer Hungersnot der Begriffe zu tun. Mit einer semantischen Diät, die den moralischen Stoffwechsel der westlichen Öffentlichkeit ankurbelt, bis sie im Empörungsrausch zusammenbricht.

Und die UNO? Die nickt, schweigt oder erklärt, man habe leider keine Zeit für Fragen. Verständlich. Schließlich muss man schon die nächste Tabelle vorbereiten – mit einem neuen Sternchen in der Fußnote, für das „Worst-Case-Szenario 2.0“.

Wiener Gericht erkennt Scharia an

Die Wiener Melange aus Rechtsstaat und Religionsgesetz

Man stelle sich die Szene vor: Zwischen Mehlspeisen und Melange, irgendwo in einem ehrwürdigen Wiener Kaffeehaus, blättert ein Richter in seinen Akten. Zwischen § 879 ABGB und den neueren Judikaten zum Mietrecht taucht plötzlich ein Dokument auf, das eher in die Bibliothek einer Koranschule gehört. Die Scharia – nicht als exotisches Studienobjekt der Rechtsvergleichung, sondern als ernstzunehmende Rechtsgrundlage für einen in Österreich wirksamen Schiedsspruch. Und was macht der Richter? Er winkt es durch. Kein Widerspruch zu den Grundwerten! Keine kulturelle Inkompatibilität! Alles paletti, nur halt ein bisschen anders gewürzt.

Das klingt wie der Anfang eines schlechten Witzeabends: Treffen sich ein österreichischer Richter, ein Imam und ein säumiger Schuldner… Doch der Pointe entbehrt es nicht: 320.000 Euro, rechtskräftig, nach bestem Wissen, Gewissen und – Allahu Akbar! – nach Billigkeit.

Das Juristische „Anything Goes“

Man könnte fast meinen, Österreich sei ein Land, in dem man sich sein eigenes Rechtssystem wie eine Pizza zusammenstellen darf: etwas BGB als Tomatensauce, ABGB als Käse, oben drauf ein wenig Scharia, und wer mag, würzt noch mit einem Hauch Talmud oder einer Prise römisch-katholischem Kirchenrecht. Wichtig ist nur, dass es den Grundwerten nicht widerspricht – was auch immer diese sagenumwobenen Grundwerte sein mögen.

Das Gericht hat nämlich mit nobler Zurückhaltung darauf verzichtet, die Scharia inhaltlich zu überprüfen. Man will ja nicht unhöflich sein, schließlich ist Wien die Stadt der gepflegten Zurückhaltung: Beim Heurigen fragt man auch nicht nach dem Traubenzuckerwert im Grünen Veltliner. Warum also kleinkrämerisch im Koran nachschlagen, wenn’s um 320.000 Euro geht?

Das Missverständnis namens „Grundwerte“

Der Begriff „Grundwerte“ ist so dehnbar wie der Gummizug einer zu oft getragenen Jogginghose. In den Sonntagsreden der Politiker wird er beschworen, im Gerichtssaal ist er plötzlich so biegsam, dass selbst die Scharia durchpasst.

Natürlich: Man muss den Richtern zugutehalten, dass es bei der Entscheidung um Vermögensrecht ging. Kein Steinigen, keine Handabhackung, kein modischer Hijab-Zwang für die Prozessbeteiligten. Rein pekuniär. Aber wenn schon der schnöde Mammon durch islamisches Recht gedeckt werden darf – was kommt als Nächstes? Scheidungsrecht nach Sure 4, Vers 34? Oder ein Mietrechtsstreit, der damit endet, dass der Vermieter die Mieterin als „ungehorsam“ erklärt und aus der Wohnung prügelt – selbstverständlich „nach Billigkeit“?

Österreich, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten (solange sie kafkaesk sind)

Man erinnert sich: Österreich ist jenes Land, in dem man nicht einmal im Wirtshaus mehr rauchen darf, weil es die Grundwerte – sprich: die Volksgesundheit – gefährdet. Aber offenbar darf man sich per Vertrag einem mittelalterlichen Religionsrecht unterwerfen, und das verstößt dann nicht gegen die Grundwerte. Eine Zigarette im Beisl? Rechtswidrig! Die Scharia im Gerichtssaal? Rechtskräftig! Man könnte fast meinen, der Qualm einer Marlboro ist gefährlicher für die Demokratie als die Billigkeitsurteile eines Schiedsrichters mit Koran auf dem Pult.

Der Österreicher und sein Verhältnis zur Absurdität

Vielleicht ist das alles nur der logische Endpunkt einer Kultur, die seit Jahrhunderten mit Absurdität kokettiert. Der Wiener Schmäh besteht ja darin, das Tragische ins Komische zu ziehen und das Komische ins Tragische. Und so lacht man schulterzuckend über die juristische Kuriosität, während man innerlich denkt: Na servas, wohin geht denn das noch?

Der Österreicher reagiert auf solche Nachrichten ohnehin mit dem klassischen Dreiklang: Zuerst ein empörtes „Geh, das gibt’s ja net!“, gefolgt von einem lakonischen „Jo eh, wurscht.“ und schließlich einem resignierten „So samma hoid.“

Das große Experiment: Recht als Baukasten

Man könnte fast vorschlagen, die neue Rechtsvielfalt zu institutionalisieren. Warum nicht ein „Juristisches All-you-can-eat“-Buffet? Jeder Bürger wählt bei Vertragsabschluss sein Lieblingsrecht:

  • Scharia für all jene, die Wert auf Tradition legen.
  • Kirchenrecht für katholische Nostalgiker.
  • Römisches Recht für Altphilologen mit Flair.
  • Star Trek-Primärdirektive für die Nerds.

Am Ende entscheidet das Landesgericht Wien, ob’s eh nicht gegen die Grundwerte verstößt. Und falls doch: Man hat ja immer noch die Möglichkeit, das Urteil in eine Melange aus ABGB und Scharia umzuschreiben.

Die Satire schreibt sich selbst

Manchmal bedarf es gar keiner satirischen Zuspitzung. Man muss nur den Zeitungsausschnitt lesen: „Wiener Gericht erkennt Scharia an, kein Verstoß gegen Grundwerte.“ Der Rest schreibt sich von selbst – so wie eine kabarettistische Nummer von Josef Hader, nur dass diesmal das Kabarett nicht auf der Bühne, sondern im Gerichtssaal gespielt wird.

Und man fragt sich: Wenn die Realität derart grotesk daherkommt – was bleibt dann noch der Satire? Vielleicht nur ein resigniertes Lächeln, ein Kopfschütteln und der Gedanke: Österreich ist wieder einmal über sich hinausgewachsen. Leider nicht nach oben.

Islam ist keine Rasse – und Kritik ist kein Verbrechen

Wenn Religion plötzlich Genetik wird

Muslime sind keine Rasse – außer vielleicht in den Köpfen jener moralisch erleuchteten Besserwisser, die Religion für eine Art Pigmentstörung halten. Als ob der Glaube an einen Wüstenpropheten im 7. Jahrhundert sich genetisch im Chromosom 12 einnistet, gleich neben der Haarfarbe. Wer das behauptet, degradiert Muslime übrigens zu Wesen ohne Wahl: biologische Roboter, unfähig, eine Überzeugung abzulegen. Wie gnädig! Das ist nicht Emanzipation, das ist Rassismus im Mantel der Antirassismus-Industrie.

Kritik am Islam ist somit nicht rassistisch!

Kritik am Islam ist kein Rassismus – es sei denn, man ist Akademiker im Fach „Diskurs-Management“, wo man gelernt hat, logische Sätze zu verdrehen wie feuchte Wäsche im Schleudergang. Der Katholik darf verspottet werden, der Evangelikale sowieso, und den Zeugen Jehovas darf man ungefragt Broschüren zurückwerfen. Aber wehe, jemand äußert sich kritisch über den Islam – dann bricht sofort der intellektuelle Feueralarm los: „Rassist! Islamophob! Gefährder der Toleranz!“
Es ist erstaunlich: Dieselben Leute, die das Christentum für den größten Unterdrückungsapparat der Menschheitsgeschichte halten, verlieren plötzlich ihre Stimme, wenn es um den Islam geht. Vielleicht, weil die Kirchen heute nur noch Kirchensteuer kassieren, während Moscheevereine sehr reale Macht entfalten. Und Macht – davor duckt sich der westliche Intellektuelle so tief wie möglich.

Der Islam: Beton, kein Baukasten

Man spricht gern vom „Reformislam“. Das ist ungefähr so sinnvoll wie „veganer Tiger“ oder „alkoholfreier Wodka“. Der Islam ist kein Spielzeugkasten, den man nach Belieben umbauen kann – er ist ein monolithisches Gebäude, errichtet mit der Betonmischung aus Koran, Hadith und Scharia. Und wer versucht, da eine Tür für Aufklärung einzubauen, merkt schnell: Der Presslufthammer ist nicht erlaubt, und das Material ist härter als der Wille der UNESCO, Menschenrechte in Saudi-Arabien einzufordern.
Die Vorstellung, dass der Islam eine Art Christentum 2.0 sei, nur eben „noch nicht durch die Aufklärung gegangen“, ist westlicher Selbstbetrug. Er kann nicht durch die Aufklärung gehen, weil seine Struktur keine Trennung von Religion und Politik zulässt. „Islam“ heißt übersetzt „Unterwerfung“, nicht „Selbstbestimmung“. Wer daraus einen demokratischen Wellnesstempel machen will, glaubt auch an die Rückkehr der Dinosaurier per Gender-Lehrstuhl.

Islamophobie: Die Maulsperre als Wort

„Islamophobie“ ist das perfekte Totschlagargument: eine Krankheitserklärung für jede Kritik. Wer skeptisch ist, wird nicht als rationaler Kritiker betrachtet, sondern als Geisteskranker, der dringend eine Therapiestunde benötigt. Damit hat man den Kritiker nicht nur entwaffnet, sondern gleich psychiatrisiert. Bravo! Orwell hätte es kaum besser formulieren können.
Man stelle sich vor: Hätte man im Mittelalter die Ketzer als „Kirchenphobiker“ bezeichnet, wären sie nicht auf dem Scheiterhaufen, sondern in der Klapse gelandet. Fortschritt sieht anders aus.

In einer freien Gesellschaft steht alles zur Debatte!

Oder doch nicht? In der westlichen Gesellschaft darf man alles infrage stellen – Gott, Staat, Geschlecht, Biologie, ja sogar die Existenz von Realität. Nur der Islam bleibt unberührbar, das letzte sakrale Kalb, das man nicht schlachten darf. Wir leben in einem grotesken Theaterstück, in dem man Mohammed nicht einmal karikieren darf, ohne Polizeischutz zu brauchen. Und dieselben Leute, die sich „Charlie Hebdo“ aufs T-Shirt drucken, rufen heute: „Aber bitte keine Provokationen!“
Freiheit bedeutet, dass es keine unantastbaren Wahrheiten gibt. Wer den Islam davon ausnimmt, kapituliert – nicht aus Respekt, sondern aus Angst.

Der Westen ist frei – der Islam nicht

Der Westen hat Jahrhunderte gebraucht, um die Fesseln der Kirche zu sprengen, während der Islam seine Fesseln stolz als Schmuck trägt. Demokratie, Meinungsfreiheit, Gleichberechtigung – das alles ist im Islam nicht „unrealisiert“, sondern explizit ausgeschlossen.
Und dennoch hört man ständig: „Der Islam gehört zu Europa.“ Ja, und die Guillotine gehört auch zur französischen Haute Cuisine. Der Islam gehört nicht zu Europa, sondern er ist der ungebetene Gast, der beim Abendessen erscheint, das Menü umstellt und anschließend verlangt, dass alle nach seinen Tischmanieren essen.

Der Islam ist kein Teil westlicher Werte

Die Behauptung, der Islam sei „Teil unserer Werte“, ist so absurd, dass man lachen müsste, wenn nicht so viele Politiker sie ernst meinen würden. Der Islam ist nicht Teil westlicher Werte – er ist ihr Gegenentwurf. Freiheit gegen Unterwerfung, Zweifel gegen Dogma, Säkularität gegen Theokratie. Wer sagt, der Islam sei Teil des Westens, erklärt im Grunde die Kapitulation: Wir haben keine eigenen Werte mehr, wir übernehmen deine.
Muslime als Menschen können Teil westlicher Gesellschaften sein – natürlich. Aber der Islam als Ideologie ist mit Freiheit so kompatibel wie ein Presslufthammer mit einem Porzellanladen.

Epilog: Die Freiheit im Koma

Der Westen steht also da, stolz auf seine „Freiheit“, während er sie gleichzeitig an der Garderobe abgibt, um bloß nicht anzuecken. Der Islam wird nicht kritisiert, weil man Angst hat – und diese Angst tarnt man als „Respekt“. Doch Respekt, der aus Angst geboren ist, heißt Unterwerfung. Und wie hieß nochmal das zentrale Wort des Islam? Richtig.

Vielleicht liegt darin die Pointe: Der Westen, der sich selbst für aufgeklärt hält, ist bereits halb islamisiert – nicht durch Moscheen oder Minarette, sondern durch seine eigene feige Sprache.

Europas Geschichte Halal

Die EU und der europäische Koran: Eine Symphonie der Ideologie

Man stelle sich folgendes vor: Die Europäische Union, jenes kollektive Konglomerat von Bürokraten, Beamten und ambitionierten Förderprogrammen, entschließt sich, nahezu zehn Millionen Euro in ein Projekt zu investieren, dessen Titel allein schon so verheißungsvoll klingt, dass man sich automatisch fragt, ob hier nicht ein neuer Bestseller für Museumsshops, eher als für universitäre Archive, geplant ist: The European Qur’an. Zwischen 1150 und 1850 – einer Epoche, in der Europa in mancher Hinsicht noch von der Pest heimgesucht wurde und in anderen noch nicht einmal ansatzweise die politische Kohärenz besaß, die es heute wenigstens auf dem Papier propagiert – soll der Koran als heimlicher Motor europäischer Kultur erkannt werden. Wanderausstellungen, Konferenzen, Buchveröffentlichungen – das volle Programm, um endlich „traditionelle Wahrnehmungen“ zu hinterfragen, während man die Latte gleich so hoch hängt, dass selbst der Turm von Babel neidisch werden würde. Die Botschaft: Der Islam, dieser unterschätzte Wohltäter, habe Europa geprägt – ein wohlfeiles Narrativ, das man ohne Zögern in das leuchtende Schaufenster der EU-Kulturpolitik stellen kann. Dass die Projekt-Website zu Beginn des Artikels nicht aufrufbar war, rundet den Eindruck ab: Wie in jedem guten Abenteuer muss man erst ein Labyrinth überwinden, bevor man die verborgenen Schätze erreicht.

Ideologische Allianz oder akademische Expertise?

Die Story wird jedoch pikant, sobald man die beteiligten Wissenschaftler unter die Lupe nimmt. Einige von ihnen sollen – wie zu hören ist – Kontakte zur Muslimbruderschaft pflegen. Plötzlich erhält die ganze Initiative den Charme einer Mischung aus akademischer Exegese und geopolitischem Schachspiel. Florence Bergeaud-Blackler, selbst unter Polizeischutz wegen kritischer Veröffentlichungen über dieselbe Bruderschaft, warnt vor der subtilen Verankerung dieser Organisation in europäischen Programmen. Ein Hauch von Spionage, vermengt mit wohlmeinender Kulturförderung – ein Cocktail, der sowohl den Geschmack der Neugierigen als auch den der Alarmierten trifft. Man stelle sich die Szenarien vor: Wanderausstellung in Brüssel, daneben ein kleiner Stand mit „Kontakten zur Bruderschaft – bitte nehmen Sie Broschüre“; Konferenzgäste, die zwischen Vorträgen über mittelalterliche Manuskripte und geopolitische Strategieplanungen hin- und hergerissen sind. Alles im Dienste der Wissenschaft, versteht sich.

Geschichtsfälschung mit EU-Siegel

Fabrice Leggeri, Ex-Chef von Frontex und EU-Abgeordneter, nennt das Projekt offen eine „Geschichtsfälschung – finanziert mit öffentlichen Geldern“. Man muss ihm fast zustimmen, wenn man sich die Logik anschaut: Europa soll zwischen 1150 und 1850 durchgehend vom Islam geprägt gewesen sein, ein Gedanke, der Historiker wie Glühwürmchen im Tageslicht erscheinen lässt – sichtbar, aber nicht wirklich glaubhaft. Dass ausgerechnet das Programm Scientific Excellence, das eigentlich dazu dienen sollte, Europas Rückstand in High-Tech-Forschung aufzuholen, nun Mittel für kulturhistorische Koran-Studien bereitstellt, ist eine Pointe, die sich jeder Satiriker in Paris, Brüssel oder Wien nur schwer hätte ausdenken können. Wettbewerbsvorteile gegen die USA durch die Analyse mittelalterlicher Koran-Exegesen – die Vorstellung alleine erzeugt ein leichtes Zucken im Augenlid.

Kontrolle über EU-Gelder: Ein Schattenspiel

Céline Imart, ebenfalls EU-Abgeordnete, schreibt an Ursula von der Leyen, um den „Mangel an Kontrolle über EU-Gelder“ zu beklagen. Man muss sich die Szene bildlich vorstellen: ein Briefwechsel voller höflicher Entrüstung, während im Hintergrund Aktenberge wachsen, die mehr Geschichten enthalten als das gesamte Projektbudget. Die Ressourcen, so argumentiert sie, sollten besser jenen Forschern zugutekommen, die den europäischen High-Tech-Motor am Laufen halten – und nicht jenen, die sich ideologisch einspinnen und historische Narrative umtexten. Das ist eine Ironie, die an sich schon literarischen Wert besitzt: Mit einem Federstrich könnten Milliarden in echte Innovationen fließen, aber nein – man investiert in Koran-Ausstellungen, die nicht einmal online sichtbar sind.

Würde Wien nur…

Und schließlich der köstlich-schwarze Humor: Hätte Wien die freundliche Einladung des Jahres 1529 oder 1683 angenommen, wären diese zehn Millionen Euro heute überflüssig gewesen. Es ist, als würde man sagen: „Danke, Europa, dass du uns heute durch Kulturförderung erleuchtest – während wir vor Jahrhunderten bereits standhaft blieben.“ Ein subtiler Seitenhieb auf die historische Realität, der das gesamte Projekt in ein ironisches Licht taucht: Europa investiert Millionen, um rückblickend die eigene Geschichte zu klittern, während die alten Stadttore längst offen wie Scheunentore sind.

Trump trifft Putin in Alaska, Stocker trifft Arnautovic in Belgrad

Ein Vorspiel im ewigen Theater der Macht

Wenn die Geschichte sich wiederholt, dann diesmal offenbar als Groteske, inszeniert in einem Provinztheater, dessen Intendanten allesamt der Überzeugung sind, ihre dilettantischen Improvisationen könnten mit Shakespeare konkurrieren. Donald Trump und Wladimir Putin, die beiden ergrauten Titanen des Machtzirkus, treffen sich in Alaska, um die Welt zu retten oder wahlweise zu verkaufen – man ist sich da nie ganz sicher. Und während die Schlagzeilen der internationalen Presse sich überschlagen, dass der Zar des Kreml und der selbsternannte Kaiser von Mar-a-Lago erneut die Bühne betreten, verschiebt Österreich seine Aufmerksamkeit in eine Richtung, die so fern von Weltpolitik ist, wie ein Schaf von der Relativitätstheorie.

Denn während Alaska vor Blitzlichtgewitter erstrahlt, macht sich in Belgrad ein anderes, deutlich provinzielleres Treffen bemerkbar: Bundeskanzler Stocker – ein Name, der sich liest wie ein Tippfehler und klingt wie ein Zwischenruf im Wirtshaus – sucht das Gespräch mit Marko Arnautovic, dem ewig pubertierenden Nationalkicker, der trotz seiner Karriere im Ausland stets so wirkt, als würde er gleich mit einer Faust durch den Tisch schlagen, wenn ihm die Mehlspeise nicht passt.

Die Selbstverzwergung einer Nation

Österreichs neuerlicher Auftritt auf der Weltbühne – wenn man es denn so nennen will – gleicht weniger einem Akt ernsthafter Politik als einem kollektiven Abschiedskonzert. Wo früher Kreisky immerhin noch die Pose des Weltweisen meisterte, wo Vranitzky immerhin im Smoking neben Kohl und Mitterrand nicht ganz verloren aussah, wo Schüssel sich wenigstens einbildete, in Brüssel etwas zu gelten, da steht nun Stocker, der Kanzler der Herzen von Hintertupfing, im Trainingsanzug neben Arnautovic und glaubt, mit einem symbolischen Handschlag in Belgrad geopolitische Relevanz zu demonstrieren.

Was Trump und Putin in Alaska an geopolitischer Muskelspielerei zelebrieren – Öl, Gas, Rüstungsabkommen, das Ende des Westens oder dessen groteske Wiederauferstehung – das reduziert Stocker auf das patriotische Selfie mit dem Stürmer, der schon länger kein Tor mehr geschossen hat als der Kanzler einen klaren Satz ohne Gemeinplatz. Die Nation sieht zu und seufzt, und man spürt in den Wirtshäusern, dass sich die kollektive Erkenntnis durchsetzt: Wir sind nicht mehr dabei. Nicht in Brüssel, nicht in Washington, nicht in Moskau. Wir sind nicht einmal mehr Nebendarsteller, sondern höchstens jene Statisten, die man versehentlich im Hintergrund vergisst, wenn die Kamera schwenkt.

Vom großen Welttheater zum Regionalkabarett

Es ist eine besondere Kunst, sich selbst so nachhaltig aus der Geschichte zu verabschieden, dass man nicht einmal mehr als Anekdote bleibt. Österreich, dieses Land, das einst den Funken entzündete, der die Welt in Brand setzte (1914 lässt grüßen), hat den einzigartigen Trick vollbracht, hundert Jahre später in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden wie ein alter Operettenstar, der immer noch im Kostüm herumläuft, aber niemanden mehr findet, der zuhört.

Während also Alaska als Bühne der geopolitischen Verhandlungen dient, spielt Österreich in Belgrad eine Farce, die selbst Karl Kraus als zu plump verworfen hätte. Stocker und Arnautovic – das klingt wie ein Kabarettduo, das in drittklassigen Kleinkunstbühnen zwischen Schweinsbraten und Apfelstrudel auftritt. „Meine Damen und Herren, wir zeigen Ihnen heute: Die Zukunft Österreichs! Der eine redet, der andere schießt daneben!“ – und das Publikum lacht, nicht weil es witzig ist, sondern weil es wehtut.

Die endgültige Kapitulation vor der Bedeutungslosigkeit

Man sollte sich nicht täuschen: Das alles ist nicht bloß Peinlichkeit, es ist Strategie. Österreich will gar nicht mehr relevant sein. Relevanz bringt Verantwortung, Verantwortung bringt Kritik, Kritik bringt Mühe. Da bleibt man doch lieber klein, süß und belanglos, irgendwo zwischen Mozartkugel und Melange, und lässt die Großen ihre Spielchen spielen. Man könnte meinen, es sei ein genialer Plan: Indem man sich selbst zur Randnotiz degradiert, entzieht man sich jeder Verpflichtung.

Nur: Ein Land, das sich so freiwillig aus der Geschichte verabschiedet, läuft Gefahr, nicht einmal mehr als Ferienziel ernst genommen zu werden. Bald wird man in Brüssel sagen: „Österreich? Ach, das ist doch dieses kleine Land mit den Skigebieten und dem Kanzler, der gern Fußballer trifft.“ Und in Washington wird man schulterzuckend antworten: „Ach so, das Disneyland der Alpen. Nett, aber unwichtig.“

Epilog: Der Walzer ins Vergessen

So tanzt Österreich seinen letzten Walzer, nicht mehr auf den Parketten Europas, sondern auf dem Linoleumboden einer serbischen Sporthalle, wo der Bundeskanzler versucht, mit einem Fußballer politische Gravitas zu simulieren. Und während Trump und Putin in Alaska um die Welt streiten, hat Österreich längst beschlossen, dass die Welt ohne uns besser zurechtkommt.

Man könnte lachen, wenn es nicht so traurig wäre. Man könnte weinen, wenn es nicht so lächerlich wäre. Aber man bleibt am Ende einfach sitzen, nippt an seinem Verlängerten, und denkt sich: Vielleicht ist es gar nicht so schlimm. Denn wer nichts mehr zu sagen hat, kann wenigstens auch nichts mehr Falsches sagen.

Und das, so könnte man meinen, ist die österreichische Form von Weltpolitik: ein eleganter Rückzug ins süße Nichts.

Wenn die Sonne lacht und der Wind applaudiert

Revolution der Sonne oder Märchenstunde der Windräder?

„Wind und Sonne könnten Öl und Gas in den kommenden 25 Jahren komplett verdrängen.“ So frohlockt Herr Tim Meyer, der deutsche Energieexperte mit dem Optimismus eines Zehnjährigen, der gerade sein erstes Einhorn gesehen hat. Die Worte klingen wie ein Werbeslogan für eine neue Disney-Produktion: „Energie ohne Ende – powered by Regenbogen!“ Doch wer sich ein wenig mit den nüchternen Realitäten der Elektrizitätsversorgung beschäftigt hat, kann nicht anders, als an der Stirn zu reiben. Dunkelflaute? Grundlast? Schwarzstartfähigkeit? All diese Begriffe, die wie verbotene Runen in der heiligen Hallen der „Erneuerbare-Alles-ist-Möglich“-Propheten klingen, scheinen in Meyers visionärer Utopie schlichtweg nicht existieren. Offenbar reicht es, die Sonne anzubeten und dem Wind ein paar motivierende Tweets zu schicken, dann löst sich jedes Energieproblem in Wohlgefallen auf.

Man könnte fast meinen, wir stünden mitten in einer industriellen Revolution, nur dass diese Revolution offenbar komplett auf Wunschdenken basiert. Historisch gesehen haben Revolutionen ihre Energie eher in Maschinen und Dampfmaschinen gesteckt – heute soll sie plötzlich aus Solarpaneelen kommen, die zwischen Sonnenbrand und Regenguss pendeln. Und während wir noch darüber nachdenken, wie man ein Stromnetz stabil hält, das auf dem Launenhaftesten aller Energieträger basiert, suggeriert Herr Meyer, dass Monsterbatterien schon bald wie Manna vom Himmel fallen werden. Dass diese Batterien nicht nur gigantische Mengen Lithium, Kobalt und Seltene-Erden-Magie benötigen, sondern auch eine Logistik, die selbst ein Schweizer Uhrwerk alt aussehen lässt, wird elegant ausgeblendet.

Der Tanz auf der Dünnen Leitung

Es ist faszinierend, wie unser kollektiver Glaube an die „Energiewende“ inzwischen einem religiösen Dogma gleicht. E-Autos werden fahren, KI wird rechnen, Wärmepumpen werden heizen – und dabei wird irgendwie genug Strom übrig bleiben, um die Grundlast zu decken. Dass die Realität weniger romantisch ist, stört den Enthusiasten kaum: Wenn der Wind nicht weht, die Sonne nicht scheint und die Batterien leer sind, wird das Netz schon improvisieren. Schwarzstart? Ach, wir improvisieren lieber mit Spotify-Playlisten für die Stromausfall-Partys. Degroth, der Name eines mystischen Messias der Energiewirtschaft, wird uns schon retten.

Es gibt eine charmante Naivität in diesem Denken, die fast bewundernswert ist: Warum sich mit langweiligen physikalischen Gesetzmäßigkeiten aufhalten, wenn man einfach Hoffnung verkaufen kann? Die Industrie freut sich, die Politik applaudiert, und der Bürger staunt, während die wahren Ingenieure in stiller Verzweiflung die Stirn runzeln. In dieser Welt ist die Dunkelflaute ein Schreckgespenst aus alten Lehrbüchern, Grundlast eine lästige Fußnote, und Speichertechnologien das Äquivalent von Hogwarts-Zauberei.

Ironie als letzte Energiequelle

Vielleicht ist es gar nicht so falsch, diesen Enthusiasmus mit einem Augenzwinkern zu betrachten. Denn wer sich vorstellt, dass wir in 25 Jahren wirklich ohne Öl und Gas auskommen, während wir gleichzeitig den Energiehunger von Millionen E-Autos, Milliarden KI-Operationen und unzähligen Smart-Home-Geräten decken müssen, könnte durchaus ins Grübeln kommen. Oder in ein ironisches Lachen ausbrechen. Die Hoffnung auf eine totale Solar- und Windrevolution ist nicht per se falsch, aber sie sollte nicht die einzige Leitlinie für unsere Energiepolitik sein. Sonst enden wir in einer Welt, in der wir im Sommer überquellende Solarpaneele haben und im Winter Kerzenlicht-Partys veranstalten – romantisch, aber nur bedingt praktikabel.

Und so bleibt uns die stille Bewunderung für die Visionäre, die glauben, dass der Strom einfach aus der Luft kommt – mit dem Wissen, dass die Realität, wie immer, unbeirrbar ihren eigenen Takt schlägt. Zwischen Polemik, Zynismus und Augenzwinkern dürfen wir uns vielleicht noch an der Hoffnung festhalten, dass Menschheit und Stromnetz eines Tages zusammen tanzen – hoffentlich nicht auf dünner Leitung.

Demokratie – diese alte Tante

Es war einmal ein Staatswesen, das sich stolz „Demokratie“ nannte. Eine behäbige, aber liebenswürdige alte Tante, die einst, in den Tagen ihrer Jugend, den Bürgern versprach, dass ihre Stimmen den Lauf der Welt bestimmen würden. Sie war umgeben von Institutionen, die wie Kinder unterschiedlicher Väter wirkten: das Parlament (volkstümlich, manchmal etwas ungezogen), die Regierung (geschäftig, gern am Telefon) und – im Hintergrund, damals noch in diskreter Zurückhaltung – die Gerichte und die Wissenschaft. Doch wie in jeder alternden Familie haben sich die Rollen verschoben: Heute tritt die Tante nur noch selten auf, spricht, wenn überhaupt, in vorbereiteten Phrasen, und während sie nach Atem ringt, haben ihre einst stillen Kinder das Regiment übernommen. Die Frage, die sich aufdrängt, lautet: Wozu noch Parlamente, wenn Gerichte und „die Wissenschaft“ längst das Programm schreiben und die Pointen verteilen?

Die Robe als Gesetzgeber

Beginnen wir mit dem ersten neuen Machtzentrum: der Gerichtsbarkeit. Früher waren Richter so etwas wie Schiedsrichter in einem Spiel, dessen Regeln das Parlament aufgestellt hatte. Heute wirken sie eher wie Drehbuchautoren, die mitten in der Vorstellung den Plot umschreiben. Das jüngste Lieblingsgenre heißt „Migration“. Die Legislative mag Gesetze erlassen – doch das ist nur das Rohmaterial, das im Gerichtssaal zu einem völlig neuen Werk geformt wird.

Das Muster ist bekannt: Die Regierung will Grenzen setzen (ein altmodischer Reflex, vermutlich aus der Zeit, als Landkarten noch dicke schwarze Linien trugen), doch die Robe hebt die Hand und sagt: „Das widerspricht höheren Prinzipien.“ Diese Prinzipien sind oft so elastisch formuliert, dass man aus ihnen sowohl die Notwendigkeit einer restriktiven Politik als auch das Gegenteil ableiten könnte – man entscheidet sich natürlich für das Gegenteil. Das ist keine Willkür, das ist „Rechtsfortbildung“.

Und so werden aus Absichtserklärungen „unveräußerliche Rechte“, aus temporären Maßnahmen „verfassungswidrige Zumutungen“ und aus jeder Debatte im Parlament ein Staffellauf, bei dem der Stab in der ersten Kurve an den Richter übergeben wird. Das Volk schaut derweil von der Tribüne und fragt sich, warum es eigentlich Steuern für Abgeordnete zahlt, deren Gesetze eine Halbwertszeit kürzer als die eines Social-Media-Trends haben.

Die Laborkittel-Monarchie

Das zweite Machtzentrum trägt keine Robe, sondern einen weißen Kittel. „Die Wissenschaft“ – oder genauer: das, was man in der Öffentlichkeit dafür hält – hat es geschafft, sich als überparteiliche Instanz zu inszenieren, die jenseits aller politischen Auseinandersetzung thront. Wer ihr widerspricht, steht unter dem Verdacht der Häresie. Ihr gegenwärtiges Hauptthema ist der „Klimawandel“.

Früher galt: Wissenschaft liefert Daten, Politik entscheidet. Heute gilt: Wissenschaft liefert Entscheidungen, Politik liefert Rechtfertigungen. Der Abgeordnete, der einst in einer hitzigen Debatte argumentierte, ist nun zu einer Art Pressesprecher der Naturgesetze geworden. Er darf ankündigen, was „die Wissenschaft“ beschlossen hat, und vielleicht noch den Zeitpunkt der Pressekonferenz bestimmen – mehr nicht.

Besonders delikat ist, dass „die Wissenschaft“ in der realen Welt nicht das monolithische Wesen ist, als das sie präsentiert wird. Sie ist ein brodelnder Diskurs, in dem Hypothesen, Annahmen und Interpretationen aufeinanderprallen. Doch in der politischen Nutzung wird daraus eine einzige Stimme – zufällig immer jene, die zur Agenda passt. Man könnte sagen: Wir erleben eine Theokratie, nur dass die Priester Laborbrillen tragen und das Hohe Lied der Peer-Review-Studie singen.

Die Exekutive als Erfüllungsgehilfe

Zwischen diesen beiden neuen Souveränen – Robe und Kittel – steht die Exekutive, die Regierung, und schaut wie ein älterer Bruder zu, dem man den Führerschein abgenommen hat. Ihre Aufgabe besteht zunehmend darin, Verordnungen zu formulieren, die schon vor der Verkündung von Gutachten, Gerichtsurteilen und wissenschaftlichen Konsenspapieren vorgeprägt sind.

Minister werden zu Kurieren degradiert: Sie liefern die Post aus, die andere verfasst haben. Manchmal dürfen sie noch den Umschlag wählen, aber niemals den Inhalt des Schreibens ändern. Die Spielräume schrumpfen auf kosmetische Maßnahmen, während die grundlegenden Weichen längst an anderen Orten gestellt werden. Wer jetzt noch vom „Primat der Politik“ spricht, gleicht einem Schauspieler, der mitten in einer Aufführung „Improvisation!“ ruft, während ihm der Souffleur jeden Satz ins Ohr flüstert.

Das Parlament als Folkloregruppe

Und das Parlament? Es ist zum Theater geworden – allerdings nicht zu einem, in dem das Publikum vor Spannung den Atem anhält. Eher gleicht es einer Folkloregruppe, die historische Bräuche pflegt: hitzige Debatten, lange Reden, Abstimmungen. Doch jeder weiß, dass die eigentlichen Entscheidungen längst anderswo gefallen sind. Die Abgeordneten spielen Demokratie wie man Mittelalter-Märkte spielt: mit authentischen Kostümen, aber ohne echte Pestgefahr.

Das Tragische ist, dass viele Bürger noch immer glauben, hier geschehe die Politik. Sie empören sich über Reden, klatschen bei Zwischenrufen, schreiben empörte Mails an ihre Abgeordneten – und merken nicht, dass diese längst Statisten in einem Stück sind, dessen Drehbuch in anderen Häusern geschrieben wurde. Die wahre Macht hat sich leise und fast unbemerkt verlagert, nicht durch einen Putsch, sondern durch eine schleichende Kompetenzverschiebung, die mit den besten Absichten begann.

Der Bürger als Zaungast

Am Ende bleibt der Bürger übrig – jener Souverän, in dessen Namen all das geschieht. Einst durfte er sich einbilden, durch Wahlen die Richtung zu bestimmen. Heute erinnert er an den Mann, der auf einer historischen Eisenbahnstrecke sitzt und denkt, er steuere den Zug, während in Wirklichkeit ein autonomes System längst Kurs und Geschwindigkeit festgelegt hat. Er darf gelegentlich noch am Hebel ziehen, doch der Hebel ist nur noch Attrappe.

Diese Entmachtung geschieht nicht mit Gewalt, sondern mit einer Mischung aus technokratischer Überzeugungskraft und moralischem Imperativ. Wer fragt, ob vielleicht doch das Parlament entscheiden sollte, gilt schnell als Feind von „Rechtsstaat“ oder „Wissenschaft“. Die Demokratie stirbt nicht in einem Putsch, sie geht in Rente – mit einem feierlichen Applaus und einer Laudatio von denen, die ihre Aufgaben übernommen haben.

Ironie als letzte Bürgerpflicht

Vielleicht ist das alles unvermeidlich. Vielleicht war es naiv zu glauben, dass Parlamente im Zeitalter globaler Krisen, hochkomplexer Wissenschaft und internationaler Rechtsordnungen noch wirklich frei entscheiden könnten. Vielleicht ist die Demokratie einfach ein Nostalgieprojekt – wie Schallplatten, Dampfloks oder handgeschriebene Briefe.

Doch solange die alte Tante noch lebt, könnten wir ihr wenigstens ein würdiges Dasein sichern: Sie muss nicht jeden Tag hart arbeiten, aber sie sollte nicht ganz entmündigt werden. Und wenn wir schon zusehen müssen, wie Robe und Kittel die Bühne übernehmen, sollten wir es mit einem Augenzwinkern tun. Denn wer den Humor verliert, verliert endgültig – und dann bleibt uns nur noch die stille Bewunderung für ein perfekt funktionierendes, völlig demokratieunabhängiges Uhrwerk.

Ist das Demokratie, oder kann das weg?

Demokratie, nur in der EU-Deluxe-Ausführung – ohne Demokratie

Es gibt demokratische Systeme, in denen das Volk entscheidet.
Es gibt oligarchische Systeme, in denen eine kleine Elite entscheidet.
Und es gibt die Europäische Union, in der eine winzige Elite entscheidet, aber nur, nachdem sie das Volk vorher mit einer geradezu rührenden Auswahl an pseudodemokratischen Beschäftigungstherapien unterhalten hat.

Man könnte sagen, die EU sei eine Demokratie, so wie ein Fisch ein Baum ist: Sie hat ungefähr dieselbe Beziehung zum Konzept, teilt aber weder die Eigenschaften noch den Lebensraum. Wenn Churchill sagte, Demokratie sei die schlechteste Regierungsform, ausgenommen alle anderen, so würde er bei der EU vermutlich anmerken: „Das ist nicht die schlechteste Regierungsform – das ist ein IKEA-Baukasten, bei dem man nie alle Schrauben findet, die Anleitung auf Maltesisch ist und der Schrank am Ende wie eine Zeitmaschine aussieht, aber nicht funktioniert.“

Der Zaubertrick mit den Institutionen – und das Kaninchen ist tot

Das Europäische Parlament ist der glamouröse Magier auf der Bühne. Es winkt, lächelt, verbeugt sich, und das Publikum denkt: „Ah, das sind die, die uns vertreten.“ Hinter dem Vorhang jedoch zieht die Kommission die Fäden – ein Gremium, das man weder direkt wählt noch wirklich kontrolliert.

Und genau hier liegt die Magie: Die EU hat es geschafft, ein System zu schaffen, in dem man wählen darf, aber nicht wählen kann, was zählt. Das Parlament darf sprechen – manchmal sogar laut –, aber die Partitur liegt woanders, bei den Kommissaren. Diese wiederum wurden entsandt von nationalen Regierungen, die im Zweifel lieber ihre parteipolitischen Restposten nach Brüssel verschicken, damit diese dort unter Aufsicht und sicherer Verwahrung keinen Schaden mehr daheim anrichten.

Bürokratie als göttliche Offenbarung

Die EU liebt Regeln. Nicht so wie ein Richter Gesetze liebt – sondern so wie ein Pyromane Zündhölzer liebt: exzessiv, mit ungesunder Leidenschaft und ohne Rücksicht auf Kollateralschäden.
Jedes Problem wird in einer Brüsseler Kloake aus Komitologie, Subsidiarität und Binnenmarktlogik ertränkt, bis es – wenn überhaupt – als 1.200-seitiges Dokument wieder auftaucht, das in allen 24 Amtssprachen gleich unverständlich ist.

Beispiel gefällig? Die „Bananenkrümmungsverordnung“. Ja, die ist mittlerweile abgeschafft. Aber allein die Tatsache, dass sie existierte, sagt alles. Es ist die poetische Vollendung eines Apparates, der glaubt, die Natur selbst müsse sich gefälligst an die Zolltarifnummer halten.

Die Wahlfarce im Schaufenster

Alle paar Jahre: Wahl zum Europäischen Parlament. Die Plakate versprechen „Mehr Europa“ oder „Ein anderes Europa“ – was in der Praxis meist „Genau das gleiche Europa, nur mit neuem Logo“ bedeutet. Die Wahlbeteiligung dümpelt vor sich hin, und selbst jene, die wählen gehen, wissen, dass sie im Grunde darüber abstimmen, wer in Brüssel die besten Kantinenplätze bekommt.

Dem Bürger wird eine Rolle zugestanden, die an das kleine Kind bei der Hochzeit erinnert, das die Ringe bringt: Man darf feierlich durchs Mittelgang marschieren – aber die Ehe wird danach trotzdem ohne einen beschlossen.

Kann das weg?

Ob das noch Demokratie ist? Ja, im selben Sinne, wie ein Tiefkühl-Fertiglasagneprodukt noch italienische Küche ist: technisch gesehen ja, kulturell gesehen eine Beleidigung.
Ob es wegkann? Man könnte, klar. Aber man müsste auch bereit sein, alle Konsequenzen zu tragen – und zwar die, die man sich nicht auf EU-Gegner-Plakaten ausmalt, sondern jene, bei denen plötzlich der innereuropäische Güterverkehr so flexibel ist wie ein britischer Zollbeamter nach dem Brexit.

Die EU ist wie ein verhaltensauffälliger, aber unersetzbarer Hund: Sie frisst Ihre Möbel an, bellt nachts grundlos, legt Ihnen tote Mäuse vor die Tür – aber Sie behalten ihn, weil die Alternative darin bestünde, allein im Haus zu sitzen und zuzusehen, wie Einbrecher kommen.

Bis dahin bleibt die EU, was sie ist: eine feierlich lächelnde Bürokratiemaschine, die Demokratie spielt wie ein mittelmäßiger Schauspieler Shakespeare – mit großem Gestus, holprigem Text und der unerschütterlichen Überzeugung, dass niemand es wagen wird, den Saal vor der Pause zu verlassen.

Bürgerkrieg im Westen

Das große Schweigen des Feuilletons

Es gehört zu den sonderbareren Eigenheiten unserer Zeit, dass ausgerechnet jene Berufsgruppe, die seit Jahrzehnten unermüdlich das drohende Ende der Welt herbeischreibt – vorzugsweise durch die Klimakatastrophe, notfalls aber auch durch pandemische Heimsuchung oder den schleichenden Verfall der Rechtschreibung – nun bei einer handfesten Untergangsprognose verstummt. David Betz, Kriegsforscher mit britischem Akzent und akademischem Stallgeruch, hat die Stirn, nicht von Erderwärmung, sondern von Bürgerkrieg zu sprechen. Ein echter, schmutziger Bürgerkrieg, mit Granaten, Schusswechseln und der kleinen, aber feinen Chance, dass der Nachbar plötzlich in Tarnhose und mit Kalaschnikow auf der Einfahrt steht.

Doch statt in die Tasten zu greifen und den literarischen Kriegsdienst anzutreten, sitzt das deutsche Feuilleton in seinen gut geheizten Redaktionsstuben und nippt am dritten Flat White. Man könnte meinen, eine fatale „Themenmüdigkeit“ sei ausgebrochen, oder schlimmer: der stille Konsens, dass Betz’ Analyse so unangenehm wahr sein könnte, dass man sie besser im Giftschrank der unbesprochenen Bücher belässt. Die Angst, durch bloßes Aussprechen den Ereignissen eine Art performative Realität zu verleihen, ist in Deutschland so alt wie die Sorge, dass eine kritische Anmerkung zu Migrationspolitik automatisch zum Verlust der Restlaufzeit der eigenen Karriere führt.

Vom molekularen zum makroskopischen Bürgerkrieg

Hans Magnus Enzensberger, der 1993 noch ungescheut von „molekularem Bürgerkrieg“ sprach, war zu seiner Zeit der intellektuelle Flammenwerfer im wohlgeordneten Garten des bundesdeutschen Diskurses. Seine Warnungen vor dezentraler Gewalt wurden teils als hellsichtig, teils als kulturpessimistische Miesepetrigkeit abgetan. Heute wirken sie wie ein laues Aperitifgespräch gegenüber der satten Hauptmahlzeit, die Betz uns serviert. Wo Enzensberger noch von improvisierten Schlagwaffen träumte, hantieren die Akteure des Jahres 2025 längst mit Sturmgewehren, Sprengstoff und strategischer Logistik, die an Miniaturausgaben echter Kriegsparteien erinnert.

Der „molekulare“ Charakter hat einer geordneten Arbeitsteilung Platz gemacht: Banden, Milizen, religiöse Zellen – alle arbeiten Hand in Hand an der systematischen Zerlegung des Gemeinwesens. Es ist eine Art neoliberaler Bürgerkrieg: dezentral organisiert, divers besetzt, mit flachen Hierarchien und beeindruckender unternehmerischer Initiative. Dass dabei das Staatsmonopol auf Gewalt nicht etwa stürzt, sondern in manchen Gegenden gar nicht mehr auffindbar ist, wirkt weniger wie eine Revolution, sondern wie das Ergebnis einer jahrelangen strategischen Auslagerungspolitik.

Soziales Kapital: Das neue Kryptogeld

Betz spricht vom Verlust „sozialen Kapitals“, als sei es ein Sparkonto, das irgendwann einfach leergeräumt wurde, während die Gesellschaft noch gemütlich auf der Couch döste. Dieses Kapital – Vertrauen, Zusammenhalt, kulturelle Kontinuität – ist im Westen inzwischen so rar wie ein ehrlicher Wahlkampf. Stattdessen wuchert eine Hyperdiversität, die nicht in bunten Werbekampagnen endet, sondern in ethnischen Parallelgesellschaften, deren Einigkeit darin besteht, sich nicht einig zu sein.

Man könnte sagen: Integration wurde zur Netflix-Serie – viel versprochen, am Ende aber mit offenem Ende abgesetzt. Der demokratische Prozess wirkt für viele Bürger wie ein Gesellschaftsspiel, bei dem die Regeln ständig geändert werden, während der Gastgeber ihnen erklärt, das sei alles alternativlos. Das Ergebnis ist nicht einfach Politikverdrossenheit, sondern ein stiller, tiefer Entzug von Loyalität gegenüber einer Ordnung, die nicht mehr als „unsere“ wahrgenommen wird.

Frankreich und Großbritannien: Probefeld des Zerfalls

Betz sieht in Frankreich und Großbritannien die Spitzenreiter auf dem Weg ins Chaos – und man muss zugeben, die beiden liefern beständiges Anschauungsmaterial. Frankreich, wo die Muslimbruderschaft inzwischen nicht nur in Moscheen, sondern auch in Ministerien Fuß gefasst haben soll, probt regelmäßig den Aufstand mit militärischem Gerät. Die Republik taumelt zwischen republikanischem Pathos und innerstädtischen Belagerungszuständen, während Generäle offene Briefe schreiben, als sei die Armee bereits eine Exilregierung.

Großbritannien hingegen hat sich für ein anderes Modell entschieden: den moralischen Selbstmord aus Angst vor falscher Gesinnung. Die „Grooming Gangs“-Skandale offenbaren einen Staat, der bereit war, Kinder systematisch zu opfern, um nicht des Rassismus verdächtigt zu werden. Die moralische Kapitulation vor ethnischen Machtgruppen wirkt dabei nicht wie ein Unfall, sondern wie ein bewusst eingegangenes Schutzgeldverhältnis – nur dass hier nicht der kleine Ladenbesitzer zahlt, sondern die nationale Würde.

Der Normalcy Bias: Das mentale Morphium

Der vielleicht bitterste Teil von Betz’ Diagnose ist sein Hinweis auf den „Normalcy Bias“. Diese geistige Zwangsjacke hindert selbst kluge Menschen daran, sich eine Zukunft vorzustellen, die nicht einfach eine linear fortgesetzte Gegenwart ist. Es ist, als säßen wir alle in einem Zug, dessen Lokführer bereits längst aus dem Fenster gesprungen ist, und hielten es für wahrscheinlich, dass die Gleise sich schon irgendwie selbst verlegen werden.

In Deutschland wird diese kognitive Selbsthypnose gern mit moralischer Überlegenheit garniert. Man kann sich eher das Ende der Menschheit durch Klimawandel vorstellen als das Ende der liberalen Demokratie – schon weil letzteres bedeuten würde, die eigene politische Immunität gegen Irrtum infrage zu stellen. Die Pointe an Betz’ Analyse ist daher ebenso simpel wie schmerzhaft: Das Ende der Geschichte, das uns seit 1989 wie ein Wellnessversprechen verkauft wurde, hat nicht stattgefunden. Im Gegenteil – die Geschichte ist zurück. Und sie hat keine Lust mehr, nett zu sein.

Ein halbes Milliärdchen für den Frieden

Deutschland hat mal wieder das getan, was Deutschland in internationalen Krisen so gerne tut: es hat einen Scheck ausgestellt. Oder besser gesagt, eine Absichtserklärung, die irgendwo zwischen symbolischer Großzügigkeit und haushalterischem Mikado liegt – bloß nicht zu viel bewegen, damit nichts umfällt. 500 Millionen US-Dollar, das klingt nach einer Zahl, die sowohl imposant als auch beruhigend diffus wirkt. Für den Steuerzahler sind es nur ein paar Nullen auf einem Papier, für die Politik ein Argument, beim nächsten Gipfeltreffen das eigene Gewissen in einem schicken Koffer zu präsentieren. Die Ukraine darf sich freuen, und der Bundesbürger darf in Talkshows nickend murmeln, „wir tun ja, was wir können“, bevor er wieder über das Tempolimit diskutiert.

Der große NATO-Weihnachtsmann

Der neue Mechanismus, den NATO und USA so feierlich initiiert haben, erinnert in seiner Funktionsweise verdächtig an einen Wunschzettel an den Weihnachtsmann – nur dass der Weihnachtsmann diesmal eine Uniform trägt, streng nach Dienstvorschrift lächelt und statt Mandeln und Orangen präzisionsgelenkte Munition verteilt. Deutschland spielt in diesem Szenario den Onkel, der beim Familienfest stets den Geldumschlag überreicht, weil er weder die Lust noch die Geduld hat, sich mit der tatsächlichen Wunschliste auseinanderzusetzen. „Hier, macht was draus“, sagt Berlin, und meint damit: „Wir wollen helfen, aber bitte ohne Rückfragen, ob es wirklich reicht.“ Dass der Geldumschlag ausgerechnet aus der Haushaltskasse stammt, in der eigentlich auch Mittel für Schulen, Brücken und kaputte Zugtoiletten liegen, wird im Beipackzettel nicht erwähnt.

Haushaltskunst in Zeiten des Krieges

Natürlich ist so ein halbes Milliärdchen keine Kleinigkeit – zumindest nicht für die Bürger, die zwischen Heizungsgesetz und Supermarktquittung jeden Cent umdrehen. Aber in den Buchhaltungsabteilungen der Ministerien ist diese Summe ungefähr so greifbar wie der Begriff „effektive Klimaneutralität“. Man verschiebt ein paar Posten, streicht hier ein Projekt, dehnt dort den Verteidigungsetat, und schon ist das Geld magisch „gefunden“. Dass man im Gegenzug vielleicht wieder die Sanierung eines maroden Schulgebäudes auf 2032 verschiebt, ist kein Problem – die Kinder können ja schon mal lernen, sich an provisorische Zustände zu gewöhnen. Schließlich will man sie auf das wahre Leben vorbereiten, in dem Kräne und Bauzäune längst zum Stadtbild gehören wie Wahlplakate und Baustellenampeln.

Die deutsche Rüstungsethik

Der Deutsche hat ja ein gespaltenes Verhältnis zu Waffen. Einerseits möchte man sie am liebsten komplett abschaffen, andererseits stellt man sie mit höchster Präzision und Exportfreude her. Und so verpackt man Panzer, Raketen und Munition in diplomatische Watte: es ist keine „Aufrüstung“, es ist „Unterstützung“, keine „Kriegspartei“, sondern „verlässlicher Partner“. Wer sich daran stört, dem wird gern der moralische Zeigefinger entgegengestreckt, garniert mit der Andeutung, man stünde sonst auf der falschen Seite der Geschichte. Dass die eigenen Streitkräfte unterdessen darüber klagen, nicht mal genug funktionierende Helme für die Grundausbildung zu haben, ist nur ein ironischer Fußnotenwitz, den man bei Regierungspressekonferenzen elegant überhört.

Der Preis des Gewissens

500 Millionen Dollar sind nicht die Lösung. Sie sind ein Ablasshandel für das gute Gefühl, nicht völlig untätig zu sein. Sie sind das diplomatische Pendant zum Blumenstrauß, den man schickt, weil man nicht zur Beerdigung kommen konnte. Deutschland kauft sich damit Zeit, Ansehen und eine Position am Verhandlungstisch – falls es jemals zu einem solchen kommt. Und wenn nicht, kann man zumindest später sagen: „Wir haben doch unseren Beitrag geleistet.“ Die Frage, ob dieser Beitrag die gewünschte Wirkung hatte, wird wie so oft in den stilleren Kapiteln der Geschichtsbücher abgelegt. Innenpolitisch dagegen wird man in den kommenden Haushaltsdebatten die Rechnung in Form weiterer „Sparmaßnahmen“ wiederfinden – vorzugsweise bei Themen, die zwar dringend wären, aber keine internationalen Schlagzeilen bringen: Wohnungsbau, Krankenhäuser, öffentlicher Nahverkehr. Denn geopolitische Solidarität ist schön, aber eben auch deutlich medienwirksamer als ein neuer Fahrstuhl im Kreiskrankenhaus.

Schlusswort

Vielleicht ist das größte Geheimnis dieser ganzen Militärhilfe nicht, wie viel Geld fließt, sondern wie geschickt wir es schaffen, den Anschein zu erwecken, dass Geld allein ein Bollwerk gegen Raketen sein könnte. Deutschland liefert keine Wunderwaffen, sondern vor allem Symbolpolitik – hübsch verpackt, international verträglich, innenpolitisch gerade noch vermittelbar. Man könnte fast meinen, wir hätten gelernt, dass das Spiel um Macht und Moral weniger ein Schachspiel als eine Art höfliches Monopoly ist: Man kauft sich Felder, hofft, dass man nicht auf den falschen Platz kommt, und am Ende zählt nur, wer noch ein bisschen Spielgeld in der Hand hält. Der Rest sind Baustellen – im wörtlichen wie im übertragenen Sinne – die wir schon seit Jahrzehnten tapfer ignorieren, weil sie nun mal keinen NATO-Sondergipfel wert sind.