Fünfzigtausend Euro für zwei Tage Klausur – das ist kein Tippfehler, kein Zahlendreher, kein satirischer Kunstgriff, sondern die unverschämt nüchterne Realität eines politischen Wochenendes, das so viel gekostet hat wie ein Einfamilienhaus in der Provinz. Während der brave Bürger im Supermarkt die Sonderangebote für Aufschnitt jagt, gönnt sich die Regierung einen Kurzurlaub im Namen der „Arbeitsgespräche“. Man nennt es dann „intensive Beratungen“, was ungefähr so klingt, als hätte man aus purem Staatsnotstand die Büffetgabeln gezückt. Doch die wahre Kunst besteht darin, das Ganze mit einer Mischung aus salbungsvollen Pressemitteilungen und pseudodemokratischer Transparenz zu verbrämen: „Es war notwendig, um wichtige Projekte voranzubringen.“ Übersetzt bedeutet das: Ein Wochenende zwischen Flipcharts, Schokotörtchen und einem Weinangebot, das vermutlich teurer war als die Sozialhilfe für eine Kleinfamilie.
Die Regierung als Selbsthilfegruppe für Spesenritter
Es ist ein offenes Geheimnis, dass in politischen Tagungshotels die eigentlichen Debatten nicht im Konferenzraum stattfinden, sondern an der Dessertstation. Dort, wo sich die Sahnehaube der Macht mit dem Karamell der Selbstzufriedenheit vermählt. Zwischen glutenfreien Petit Fours und regionalem Ziegenkäse wird dann mit hingebungsvollem Ernst über die „Herausforderungen unserer Zeit“ gefachsimpelt. Gemeint ist freilich nicht die explodierende Miete oder die Frage, wie man mit einem Durchschnittseinkommen den Winter übersteht, sondern ob man für das nächste Mal eher ein Vier- oder ein Fünf-Sterne-Hotel buchen sollte. Und während draußen das Volk in Thermojacken seine Gasrechnung studiert, streitet man drinnen über die richtige Farbe für die PowerPoint-Folien.
Die olympische Disziplin des „Eh-wurschtismus“
Diese Bundesregierung – und, Hand aufs Herz, auch ihre Vorgänger – beherrscht eine Tugend, die in keinem Wahlprogramm steht: die hohe Kunst des „eh wurscht“. Was sind schon 50.000 Euro, wenn man jährlich Milliarden bewegt? Ein Tropfen im Steuerozean, ein Furz im Orkan, ein Peanuts-Krümel auf dem Konferenztisch. Genau in dieser Haltung liegt der eigentliche Skandal: die völlige Abstumpfung gegenüber Summen, die für Normalbürger das Ende aller Urlaubsträume bedeuten würden. Während eine Familie überlegt, ob sie sich den Kindergeburtstag im Indoorspielplatz noch leisten kann, zuckt ein Ministerialbeamter bei fünfstelligen Ausgaben für ein Wochenendseminar nur gelangweilt mit den Schultern – und bestellt noch eine Runde Apfelstrudel „fürs Teamgefühl“.
Der Steuerzahler: Dauer-Sponsor im Hamsterrad
Der Bürger, dieser unerschütterliche Finanzesel, darf das Spektakel natürlich bezahlen. Ohne Einladung, ohne Stimmrecht, aber mit einem Dauerauftrag ans Finanzamt. Sein einziger Trost: die trügerische Vorstellung, dass „irgendetwas“ von diesen Treffen ja wohl dem Land zugutekommen müsse. Doch was bleibt am Ende? Ein paar wolkige Absichtserklärungen, die beim nächsten Regierungsstreit ohnehin wieder in der Versenkung verschwinden. Für den Bürger hingegen bleibt die Erkenntnis, dass er nicht nur das Buffet, sondern auch den Weißwein bezahlt hat, mit dem sich die Mächtigen zuprosten, wenn sie sich gegenseitig zur „konstruktiven Zusammenarbeit“ gratulieren.
Politische Nachhaltigkeit à la carte
Die Regierung predigt Sparsamkeit, Klimaschutz und Nachhaltigkeit, während sie mit Dienstlimousinen anrollt und sich im Öko-Hotel das Bio-Catering vergolden lässt. Man schiebt Quotenfrauen auf Podien und spricht von „solidarischer Gesellschaft“, während man in Wirklichkeit nur solidarisch mit dem eigenen Gaumen ist. Nachhaltig ist hier höchstens die Rechnung, die sich wie ein bleierner Schatten durch den Staatshaushalt frisst – und der moralische Kater, den niemand außer dem Steuerzahler auskurieren muss.
Schluss mit lustig – oder doch nicht?
Man könnte sich empören, demonstrieren, Petitionen starten. Doch die Praxis zeigt: Nach einem kurzen Aufflackern der Wut in den Kommentarspalten versiegt der Protest schneller, als die Regierung den nächsten Klausurtermin ansetzen kann. Und genau darauf baut man in den Ministerien: Empörung als kalkulierte Eintagsfliege. Während wir uns also an den Kopf fassen, planen die Verantwortlichen bereits das nächste „intensive Arbeitswochenende“ – vielleicht diesmal für 60.000 Euro, schließlich sind die Preise ja auch für Politiker gestiegen.
Epilog im Schatten der Quittung
Vielleicht ist das alles gar kein politischer Skandal, sondern ein psychologisches Experiment: Wie viel Verhöhnung verträgt ein Volk, das sich selbst für zu müde hält, um aufzubegehren? Die Antwort liefert jedes neue Tagungshotel, jeder neue Buffetbon, jede neue Rechnung. Und solange wir uns mit ironischem Schnauben begnügen, wird die Regierung weiter die goldene Regel befolgen:
Wenn schon alles wurscht ist, dann wenigstens mit Schokoladenglasur.