Die Aktualität von Hannah Arendts Denken

Die politische Philosophie Hannah Arendts zählt zu den scharfsinnigsten Analysen der totalitären Strukturen des 20. Jahrhunderts und bleibt bis heute von ungebrochener Relevanz. Ihr Werk, das sich mit den Mechanismen des Totalitarismus ebenso befasst wie mit den Bedingungen für politische Freiheit, liefert nicht nur eine brillante Diagnostik vergangener autoritärer Regime, sondern auch eine bestechend klare Linse, durch die sich gegenwärtige politische Entwicklungen betrachten lassen. Besonders aufschlussreich ist ihre Analyse jener gesellschaftlichen Gruppen, die zur Trägerschaft des Faschismus und anderer autoritärer Bewegungen werden. Arendt widerspricht der gängigen Auffassung, dass der Mob lediglich das Lumpenproletariat oder soziale Unterschichten repräsentiere. Vielmehr beschreibt sie ihn als eine heterogene Formation der „Abgehängten aller Klassen“, als eine Allianz jener, die sich – unabhängig von ihrem ökonomischen oder sozialen Status – durch gesellschaftliche Marginalisierung, Ressentiments und Verachtung des bestehenden politischen Systems verbunden fühlen. Diese Charakterisierung des Mobs als amorphes, aber wirkmächtiges Gebilde politischer Frustration hat tiefgreifende Implikationen für das Verständnis rechter Massenbewegungen, damals wie heute.

Der Mob als politischer Akteur jenseits der Klassenzugehörigkeit

Traditionell wurden faschistische Bewegungen entweder als eine Manifestation des Kleinbürgertums gedeutet, das seine soziale Stellung bedroht sieht, oder als eine Revolte der unteren Schichten gegen die als abgehoben empfundene Elite. Arendt jedoch widerspricht dieser Vereinfachung. Sie argumentiert, dass die Zusammensetzung des Mobs nicht entlang klassischer ökonomischer Linien verläuft. Vielmehr vereint er Menschen aus unterschiedlichen sozialen Milieus, deren gemeinsamer Nenner nicht ihr materieller Status, sondern ihr Gefühl der politischen und kulturellen Entrechtung ist. Der arbeitslose Handwerker, der gescheiterte Intellektuelle, der verarmte Aristokrat, der kleinbürgerliche Angestellte ohne Aufstiegsperspektive – sie alle finden sich im Mob wieder, nicht als einheitliche soziale Klasse, sondern als kollektiv entwurzelte Individuen, die in einer Welt, die sie nicht mehr verstehen und die sie als feindlich empfinden, nach Halt suchen. Arendt beschreibt diese Gruppen als solche, die von der traditionellen Gesellschaft nicht mehr absorbiert werden können, die keine Rolle im bestehenden System mehr finden und sich daher nach radikalen Umbrüchen sehnen. Diese Sehnsucht nach Zerstörung, nach einer Neuordnung, in der sie eine Rolle spielen können, macht sie anfällig für die Verheißungen totalitärer Bewegungen.

Die Entwurzelung als Motor politischer Radikalisierung

Das zentrale Element, das diese disparate Gruppe eint, ist nicht eine spezifische soziale Benachteiligung im ökonomischen Sinne, sondern die Erfahrung der Entwurzelung – eine Erfahrung, die sowohl materielle als auch ideologische Dimensionen besitzt. Die Industrialisierung, die Urbanisierung und die sich wandelnden gesellschaftlichen Strukturen des 19. und 20. Jahrhunderts führten zu einer massiven Auflösung traditioneller sozialer Bindungen. Während einige Gruppen von diesem Wandel profitierten, hinterließ er andere als verlorene Existenzen, die in ihren alten Rollen keine Bedeutung mehr fanden und in den neuen Strukturen keine neue Heimat hatten. Es ist diese Entwurzelung, so Arendt, die den Mob in besonderem Maße anfällig für Ideologien macht, die einfache Erklärungen bieten und Feindbilder präsentieren. Der Mob sucht nicht nur nach ökonomischer Sicherheit, sondern vor allem nach einer neuen Sinngebung seiner Existenz, einer übergeordneten Ordnung, die ihm seine verlorene Stellung in der Gesellschaft wiedergibt – sei es durch Nation, Rasse oder eine andere Form kollektivistischer Identität.

Die Banalität des Bösen und die Verführbarkeit der Abgehängten

Arendts bekannteste These, die „Banalität des Bösen“, beschreibt die Fähigkeit scheinbar gewöhnlicher Menschen, sich in den Dienst monströser Systeme zu stellen, ohne dabei notwendigerweise ein bewusstes moralisches Kalkül zu entwickeln. Diese These ist eng mit ihrer Analyse des Mobs verbunden. Gerade weil sich der Mob nicht durch eine kohärente politische Ideologie auszeichnet, sondern durch Ressentiment, Enttäuschung und das Bedürfnis nach Zugehörigkeit, ist er besonders empfänglich für totalitäre Verheißungen. Die Menschen, die sich in autoritären Bewegungen zusammenfinden, handeln nicht aus einer genuinen Überzeugung heraus, sondern aus einer tiefen existenziellen Notwendigkeit nach Bedeutung. Sie werden von der Struktur der Bewegung aufgesogen, von der Dynamik der Masse mitgerissen und finden in der Partizipation an der Bewegung eine Ersatzidentität, die sie im normalen gesellschaftlichen Leben verloren haben.

Der Mob und die moderne Politik: Eine historische Konstante?

Arendts Analyse des Mobs ist nicht nur eine historische Reflexion über die Entstehung faschistischer Bewegungen im frühen 20. Jahrhundert, sondern auch eine Warnung für die Zukunft. Die Muster, die sie beschreibt, lassen sich in vielen modernen politischen Phänomenen wiedererkennen. Die populistischen Bewegungen des 21. Jahrhunderts, die sich gegen die „Eliten“ richten und eine radikale Umgestaltung des politischen Systems fordern, rekrutieren sich ebenfalls aus einer heterogenen Mischung von Enttäuschten, Abgehängten und Unzufriedenen aller gesellschaftlichen Schichten. Die Mechanismen der Entwurzelung, der Sinnsuche und der Sehnsucht nach einer einfachen, klaren Weltordnung sind heute so wirksam wie in den 1920er- und 1930er-Jahren.

Fazit: Die Herausforderung der Demokratie

Wenn Arendt uns eines lehrt, dann, dass die Demokratie sich nicht auf ihre formalen Institutionen verlassen kann, sondern stets die sozialen und politischen Bedingungen im Blick behalten muss, unter denen Menschen ihre Zugehörigkeit zur Gesellschaft empfinden. Die größte Gefahr für die Demokratie geht nicht von organisierten extremistischen Gruppen aus, sondern von jener diffusen Masse der „Abgehängten aller Klassen“, die sich politisch heimatlos fühlt und bereit ist, sich autoritären Bewegungen anzuschließen, wenn diese ihnen eine neue Identität und Bedeutung versprechen. Demokratie bedeutet nicht nur freie Wahlen und Rechtsstaatlichkeit, sondern auch die kontinuierliche Arbeit daran, gesellschaftliche Teilhabe für alle zu ermöglichen.

Die Herausforderung bleibt also bestehen: Wie kann eine offene Gesellschaft verhindern, dass sich immer wieder Gruppen bilden, die sich selbst als überflüssig empfinden und in ihrer existenziellen Unsicherheit bereit sind, den Verlockungen totalitärer Ideologien zu erliegen? Die Antworten darauf zu finden, ist eine der drängendsten Aufgaben der politischen Philosophie unserer Zeit.

Die Sicherheitsarchitektur der Angst

Es gibt Dinge, die sind so offensichtlich, dass man sie eigentlich gar nicht mehr aussprechen müsste, wäre da nicht das beharrliche Schweigen des offiziellen Narrativs, das jede Diskrepanz zwischen Ideologie und Realität mit der Eleganz eines antiken Redekünstlers in wohlgesetzte Euphemismen verpackt. Und so stehen in Österreich Synagogen unter Polizeischutz, während Moscheen es nicht müssen. Eine Banalität, ein bloßes Faktum, in Zahlen ausgedrückt: etwa 15.000 Juden, aber über 750.000 Muslime. Doch was sagen Zahlen schon aus in einer Gesellschaft, die sich unaufhörlich in der metaphysischen Selbstbefragung über Identität, Schuld und Fortschritt ergeht? Und vor allem: Warum ist das so?

Der asymmetrische Sicherheitsdiskurs: Wer schützt wen und warum?

Es gibt eine einfache Erklärung, die allerdings in der moralisch erhabenen Blase der gutgemeinten Gesellschaftsdialoge als „unangemessen verkürzt“ gelten würde: Synagogen werden bedroht, Moscheen nicht. Oder genauer: Die größte Gefahr für Juden in Österreich geht nicht von Repräsentanten der Mehrheitsgesellschaft aus, sondern von einer importierten Ideologie, die sich unter dem schönen Banner des Multikulturalismus unbemerkt eingeschlichen hat. Dies auszusprechen, ist jedoch in etwa so ratsam, wie einem versoffenen Wirt zu erklären, dass sein Bier nach Spülwasser schmeckt – es stößt auf wenig Gegenliebe.

Die Logik der Bedrohung ist asymmetrisch: Es gibt keine jüdischen Terroristen, die sich in europäischen Fußgängerzonen in die Luft sprengen. Keine Rabbiner, die fatale Bekenntnisse in schlecht übersetztem Arabisch raunen. Keine jüdischen Gemeinden, die schariarechtliche Paralleljustizen etablieren. Und doch ist es genau diese Asymmetrie, die im allgemeinen Diskurs nicht vorkommen darf. Die feinsinnigen politischen Deuter erklären uns stattdessen, dass Antisemitismus in Österreich ein „gesamtgesellschaftliches Problem“ sei, während die steigenden Sicherheitsmaßnahmen für Synagogen ein „bedauerlicher, aber notwendiger Schutz gegen Extremismus jeglicher Art“ darstellten. Jeglicher Art! Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, während der örtliche Polizeibeamte vor dem jüdischen Gemeindezentrum einen kalten Kaffee schlürft und sich fragt, wie lange es dauert, bis seine Präsenz nicht mehr als provokative Machtdemonstration der übergriffigen Staatsgewalt, sondern als bloße Notwendigkeit anerkannt wird.

Der multikulturelle Balanceakt: Zwischen Opferstatus und Herrschaftsanspruch

Die Krux ist nun, dass sich die kulturelle Hegemonie des Diskurses nicht nach empirischer Evidenz, sondern nach ideologischen Modeerscheinungen richtet. So ist die Vorstellung, dass in Österreich Muslime strukturell benachteiligt würden, so tief in den politischen Reflexen verankert, dass jedes Gegenargument als Ketzerei gilt. Der Schutz von Synagogen wird in dieser Logik nicht als Ausdruck einer realen Bedrohung, sondern als Teil einer verschwörungstheoretischen Rhetorik des „rechten Lagers“ abgetan, das natürlich nur darauf wartet, jede Form islamischer Präsenz zu diffamieren.

Dabei ist die Situation viel einfacher und zugleich unendlich komplizierter: Der Islam in Österreich ist nicht monolithisch, sondern ein Patchwork aus nationalen, ethnischen und theologischen Fraktionen, die einander teils misstrauisch beäugen, teils offen bekämpfen. Und trotzdem eint sie eines: das Image des ewig Bedrohten, des strukturell Diskriminierten, des Marginalisierten. Es ist eine komfortable Position, die es ermöglicht, einerseits als Opfer aufzutreten und andererseits kulturelle Deutungshoheit zu beanspruchen.

Der blinde Fleck des Mainstreams: Warum keine Debatte stattfindet

Die Tatsache, dass Synagogen polizeilich bewacht werden müssen, ist also weniger eine Folge staatlicher Paranoia als vielmehr ein Indikator dafür, dass die real existierenden Spannungen nicht thematisiert werden dürfen. Wer wagt es, die Frage zu stellen, warum die jüdische Minderheit, die in Österreich kaum 0,2 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmacht, als Sicherheitsrisiko betrachtet wird – nicht für andere, sondern für sich selbst? Und warum jene Gruppen, die sich als Opfer institutioneller Islamophobie stilisieren, in der Praxis nicht dasselbe Maß an Bedrohung erfahren?

Die Antwort ist unbequem, also wird sie nicht gegeben. Lieber verbleiben wir im Kokon der wohlmeinenden Ignoranz, in dem jede Form der Islamkritik als Hetze, jede Mahnung zur Vorsicht als Xenophobie und jede Sicherheitsmaßnahme für jüdische Einrichtungen als „traurige Notwendigkeit“ bezeichnet wird, ohne dass jemand die Frage stellt, warum diese Notwendigkeit eigentlich besteht.

Aber gut. Solange man noch ohne Polizeischutz einen Kaffee trinken kann, soll man es wohl einfach dabei belassen.

Zuschauer wie Du und Ich

Ein Spiegelbild des Volkes – oder etwa doch nicht?

Man stelle sich vor, es gäbe eine Institution, deren erklärtes Ziel es sei, das Publikum eines öffentlichen Rundfunksenders zu vertreten, dessen Meinungen und Interessen in die Gestaltung des Programms einfließen zu lassen und, mit einer demokratischen Grundhaltung bewaffnet, eine Art Brücke zwischen Medienbetrieb und Volk herzustellen. Welch noble Idee! Welch strahlende Vision! Eine direkte Mitsprache der Menschen, die schließlich den Rundfunk mit ihren Gebühren alimentieren, wäre ein geradezu revolutionärer Schritt in einer Medienlandschaft, in der Entscheidungen oft hinter verschlossenen Türen fallen. Doch wie so oft klafft zwischen Theorie und Praxis ein tiefer Graben, den selbst die ambitioniertesten Ingenieure der Demokratie nicht mit einer schnöden Hängebrücke zu überwinden vermögen.

Wer bestellt, bezahlt – und bestimmt

Um die Vertretung des Publikums zu gewährleisten, werden die Mitglieder des ORF-Publikumsrats nicht etwa von den Zuschauern selbst gewählt – nein, das wäre ja ein geradezu anarchistischer Gedanke, eine unkontrollierbare Volte in Richtung direkter Demokratie, die nur Unruhe stiften würde! Stattdessen dürfen jene entscheiden, die schon immer über den Medienkonsum des kleinen Mannes gewacht haben: Die honorigen Institutionen der Wirtschaft, der Religion, der Wissenschaft und – nicht zu vergessen – die politische Elite des Landes. Ein Gremium, das wahrlich nichts dem Zufall überlässt. Die Mitgliedschaft in diesem erlauchten Kreis verdankt sich nicht etwa Popularität, Fachkenntnis oder gar einem brennenden Interesse am ORF-Programm, sondern der Zugehörigkeit zu Organisationen, die das Wohl des Volkes stets über ihre Eigeninteressen stellen. Ironie? Nein, nein, das ist die pure Realität!

Die erlesene Auswahl der Volksvertreter

Man könnte sich fragen: Wer vertritt hier eigentlich wen? Hier eine kleine Auswahl der Institutionen, die jeweils ein Mitglied direkt entsenden:

  • Die Wirtschaftskammer Österreich – denn wer kennt den Geschmack und die Sorgen des Durchschnittszuschauers besser als jene, die für Firmeninteressen lobbyieren?
  • Die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern – eine Institution, die zweifellos einen unbestechlichen Blick auf den urbanen Medienkonsum hat.
  • Die Bundesarbeitskammer und der Österreichische Gewerkschaftsbund – was wäre eine mediale Volksvertretung ohne jene, die zwischen Betriebsversammlungen und Tarifverhandlungen ein feines Gespür für das ORF-Nachmittagsprogramm entwickeln?
  • Die Kammern der freien Berufe – denn wer, wenn nicht Notare, Ärzte und Anwälte, könnten das ungeschminkte Meinungsbild des durchschnittlichen TV-Konsumenten abbilden?
  • Die Römisch-katholische und die Evangelische Kirche – man munkelt, der direkte Draht nach oben erleichtere die Programmplanung ungemein.
  • Rechtsträger der staatsbürgerlichen Bildungsarbeit im Bereich der politischen Parteien – was in simpler Sprache bedeutet: Die Parteien schicken jeweils einen ihrer handverlesenen Meinungsführer, um die Unabhängigkeit des ORF mit zarter Hand zu lenken.
  • Die Akademie der Wissenschaften – denn ein Physiknobelpreisträger kann sicherlich mitreden, wenn es um die Sendezeiten von Volksmusik-Shows geht.

Und als Sahnehäubchen auf diesem Fest der gelebten Demokratie bestellt der Bundeskanzler dann noch 17 (!) Mitglieder höchstpersönlich. Ja, so fühlt sich echte Bürgernähe an!

Fazit: Ein Publikum, das sich selbst fremd ist

Es ist doch beruhigend zu wissen, dass die wahren Bedürfnisse der ORF-Zuseher von einer handverlesenen Elite vertreten werden, die sich zweifellos mit den Belangen des Durchschnittsbürgers bestens auskennt. Kritiker könnten einwenden, dass eine Wahl des Publikumsrats durch eben jene Zuschauer, die er repräsentieren soll, eine demokratischere Lösung wäre – doch das wäre naiv. Schließlich wissen die Menschen selbst oft nicht, was sie wollen, und bedürfen der weisen Führung jener, die sich von Berufs wegen mit Machtstrukturen auskennen.

So bleibt der Publikumsrat das, was er immer war: Eine Institution, die sich von der Basis des Volkes so weit entfernt befindet wie der ORF von einem mutigen, unabhängigen Journalismus. Aber das macht nichts. Hauptsache, die Gebühren werden pünktlich bezahlt!

Ein groteskes Loblied auf den ewigen Konflikt

Der moderne Krieg hat viele Vorteile. Man kann ihn als Konjunkturprogramm, als identitären Katalysator oder gar als eine Form evolutionärer Selektion betrachten. Natürlich nur aus der wohltemperierten Distanz klimatisierter Ministerbüros, wo Schreibtische groß, Stühle weich und Kriege vor allem eine Frage der Strategie sind. Also so, wie es der Präsident des Bundesnachrichtendienstes Bruno Kahl unlängst in seinem bahnbrechenden Plädoyer für einen unermüdlichen Fortbestand des Ukraine-Krieges dargelegt hat. Ein Krieg, so scheint es, ist dann am wertvollsten, wenn er niemals endet.

Die geostrategische Blütezeit der Moral

Der Gedanke ist bestechend einfach: Ein längerer Krieg schwächt Russland. Und was könnte erstrebenswerter sein als eine Nation, die über Jahre und Jahrzehnte hinweg in Schüttelfrost taumelt, anstatt sich zu regenerieren und eines Tages möglicherweise als gefährlicher Akteur zurückzukehren? Dass die Ukraine dabei geopfert wird, ist im Grunde zweitrangig. Sie ist nicht das Ziel, sondern das Werkzeug.

Diese Auffassung sorgt nun für Empörung – allerdings nicht in deutschen Regierungskreisen, wo man sich gewohnt ist, mit betontem Ernst und leiser Stimme „harte Realitäten“ zu akzeptieren. Nein, es sind ausgerechnet die Ukrainer selbst, die plötzlich zur Erkenntnis gelangen, dass ein Krieg auf unbestimmte Zeit vielleicht doch keine optimale Zukunftsperspektive bietet. Eine unfassbare Naivität!

Die Überlegenheit der westlichen Langzeitstrategie

Man möge sich das einmal vorstellen: Ein schneller Frieden? Ein früher Waffenstillstand? Geradezu absurd! Es gibt doch noch so viele Rüstungsaufträge zu vergeben, so viele moralische Sonntagsreden zu halten, so viele Think-Tank-Analysen zu schreiben! Was sollte aus den medialen Heroisierungskampagnen werden, wenn der ewige Kampfplätze von heute zu den Ruinen von morgen werden?

Die Forderung der ukrainischen Opposition nach einem sofortigen Friedensabkommen erscheint in diesem Lichte geradezu als Sabotageakt am Fortschritt. Was ist schon ein einzelnes Land, wenn es um die viel größere Ordnung Europas geht? Eine Ordnung, die sich – natürlich rein zufällig – auch durch eine strategische Demontage von Konkurrenten definiert. Und wenn es dabei Menschenleben kostet? Nun, das sind doch nur Zahlen in Berichten. Die Weltgeschichte wurde nie von denen geschrieben, die sich vor Verlusten fürchteten.

Eine Welt ohne Krieg – eine trostlose Vision

Doch stellen wir uns für einen kurzen Moment das Schlimmste vor: Der Krieg endet früher als 2029. Was wäre dann? Womöglich eine Art von Frieden? Oder noch schlimmer: Diplomatie? Es wäre das Ende der klaren Fronten, des einfachen Gut-und-Böse-Narrativs, in dem sich westliche Staaten so wunderbar moralisch inszenieren können. Keine heroischen Reden mehr, keine milliardenschweren „Hilfspakete“, keine grenzenlose Empörung in Talkshows – was für eine Tristesse!

Und erst die wirtschaftlichen Folgen! Was sollten die rüstungsindustriellen Komplexe all jener Nationen tun, die sich auf ein langjähriges „Engagement“ eingestellt haben? Eine rückwirkende Rezession droht! Arbeitsplätze in Gefahr! Es ist ein altbekanntes Problem: Friede mag edel klingen, aber er ist einfach verdammt schlecht fürs Geschäft.

Fazit: Ein Krieg für die Ewigkeit

Während in der Ukraine Millionen Menschen versuchen, ihren Alltag zwischen Luftalarm und Inflation zu meistern, hat Europa längst seine Prioritäten gesetzt. Und Bruno Kahl hat sie in einem ungewollt ehrlichen Moment ausgesprochen. Der Krieg ist keine Tragödie, sondern ein nützliches Werkzeug – das lässt sich mit ein wenig zynischer Distanz und der nötigen Portion politischer Eiseskälte erkennen. Er ist nützlich für Strategie, für Wirtschaft, für die Selbstinszenierung.

Wäre es da nicht am besten, wenn er einfach weitergeht? Unendlich. Oder zumindest, bis die Karten neu gemischt sind. Bis zur nächsten Krise. Bis zum nächsten Großprojekt der Weltordnung.

Denn wer braucht schon Frieden, wenn man einen guten Krieg haben kann?

Die selbstverschuldete Ohnmacht der Eliten

Fake News und Desinformation funktioniert nur in Ländern, wo Politiker und Medien ihre eigene Glaubwürdigkeit verloren haben

Es ist eine Ironie der Geschichte, dass ausgerechnet jene, die sich als Fackelträger der Wahrheit und Wächter der Demokratie inszenieren, am eifrigsten an ihrem eigenen Glaubwürdigkeitsverlust arbeiten. Politiker und Medien – zwei einst ehrwürdige Säulen der öffentlichen Ordnung – taumeln mittlerweile durch den Sumpf der Selbstgerechtigkeit und Skandalisierung, unfähig zu erkennen, dass ihr erbärmlicher Zustand nicht das Werk finsterer Mächte ist, sondern das Ergebnis ihrer eigenen Hybris.

Da stehen sie also, die Meinungsmacher und Würdenträger, fassungslos vor dem Scherbenhaufen ihrer Autorität, während sich das gemeine Volk, müde von unzähligen Widersprüchen, Manipulationen und offensichtlichen Lügen, kopfschüttelnd abwendet. Die größte Tragödie dabei? Sie begreifen nicht einmal, dass ihr Problem hausgemacht ist. Denn Fake News gedeihen nicht im luftleeren Raum – sie wurzeln in der Desillusionierung der Massen, die ihren sogenannten Leitfiguren längst nicht mehr vertrauen.

Die Kunst der Inszenierung – oder: Wie man sich selbst entlarvt

Es beginnt mit der Sprache. Einst war sie ein Werkzeug zur Differenzierung und Klärung. Heute dient sie vor allem der Moralisierung und Manipulation. Ein Politiker, der sich erwischen lässt, hat nicht einfach einen Fehler gemacht – er hat „versagt“. Ein Journalist, der eine unbequeme Meinung äußert, ist nicht nur umstritten – er ist ein „Gefährder der Demokratie“. In dieser aufgeheizten Atmosphäre gibt es nur noch Gut und Böse, nur noch Schwarz und Weiß.

Und genau hier setzt das Problem an: Wer ständig „Wahrheit“ predigt, aber selektiv informiert, wer sich als moralische Instanz inszeniert, aber doppelte Standards anlegt, der verliert auf lange Sicht jegliche Glaubwürdigkeit. Fake News entstehen nicht, weil das Volk dumm ist. Fake News entstehen, weil das Volk intuitiv spürt, dass es von offizieller Seite belogen wird. Und wenn die Wahrheit erst einmal als manipulierbar entlarvt wurde, dann öffnen sich die Tore für jede noch so absurde Alternative.

Der Preis der Arroganz: Die Geburt der Alternativrealitäten

Jahrelang predigten die selbsternannten Eliten, dass sie wüssten, was für die Gesellschaft am besten sei. Die Wirtschaft müsse „wachsen“, Kriege müssten „notwendig“ geführt werden, Freiheitsrechte müssten „temporär“ eingeschränkt werden. Und jedes Mal, wenn sie widerlegt wurden – sei es durch wirtschaftliche Krisen, gescheiterte Militärinterventionen oder übergriffige Maßnahmen –, erwarteten sie doch allen Ernstes, dass man ihnen weiterhin vertraut. Aber Vertrauen ist eine fragile Währung, und es hat sich abgenutzt wie eine überstrapazierte Kreditkarte.

In dieser Atmosphäre gedeihen die „alternativen Fakten“ prächtig. Denn wer einmal erkennt, dass die offiziellen Narrative mindestens genauso verzerrt sind wie die wildesten Verschwörungstheorien, wird sich irgendwann fragen: Warum sollte ich den einen glauben und den anderen nicht? Hier beginnt der eigentliche Erosionsprozess der Wahrheit – ein Zerfall, der nicht durch dunkle Machenschaften fremder Mächte, sondern durch die unersättliche Selbstgefälligkeit der herrschenden Klasse befeuert wird.

Der verzweifelte Kampf um Deutungshoheit

Nun stehen sie also da, die Kommentatoren und Experten, ratlos und entsetzt. Sie schimpfen über den „Populismus“, klagen über die „Verrohung der Debattenkultur“, warnen vor „Desinformation“. Doch in Wirklichkeit beklagen sie nichts anderes als ihren eigenen Bedeutungsverlust. Die Bürger informieren sich längst auf anderen Wegen, die Glaubwürdigkeit klassischer Medien liegt am Boden, und Politik wird zunehmend als Schauspiel entlarvt.

Anstatt sich mit Selbstkritik zu befassen, setzen die vermeintlichen Wahrheitswächter auf Repression: Zensurgesetze, Faktenchecker-Orgien, moralische Brandmarkung Andersdenkender. Sie merken dabei nicht, dass sie den Niedergang ihrer eigenen Deutungshoheit nur noch beschleunigen. Denn wer das Recht auf eigene Meinungen, auf Skepsis, auf Zweifel unterdrückt, dem glaubt man erst recht nicht mehr.

Die bittere Pointe: Das Vertrauen ist weg – und es wird nicht zurückkommen

Die Wahrheit ist eine paradoxe Geliebte: Wer sie zu sehr umklammert, wer sich selbst zum Alleinherrscher über sie erklärt, der verliert sie. Politiker und Medien haben ihre Glaubwürdigkeit über Jahrzehnte hinweg selbst demontiert. Das kann kein Faktenchecker und kein Gesetz der Welt mehr reparieren. Die Menschen wissen längst, dass sie es mit Berufsrednern und Inszenierungskünstlern zu tun haben. Und wer einmal erkennt, dass die Realität nicht von oben diktiert, sondern durch eigene Wahrnehmung erschlossen wird, der wird sich nicht mehr so leicht für dumm verkaufen lassen.

Fake News gedeihen, weil die Wahrheit korrumpiert wurde. Und in einer Welt, in der die Eliten selbst den Grundstein für ihre Irrelevanz gelegt haben, bleibt nur eine Frage offen: Wer glaubt eigentlich noch, dass das Problem bei den Falschnachrichten liegt – und nicht bei denen, die sie möglich gemacht haben?

Schreibe etwas…

Das demokratische Paradoxon

oder wie man einen Elefanten im Raum unsichtbar macht

Es gibt Strategien, die sind so raffiniert, dass sie in ihrer Brillanz fast wieder dümmlich wirken. Die Methode, eine unliebsame Partei einfach zu ignorieren, auszugrenzen und in eine Art politisches Vakuum zu verbannen, ist eine davon. In der deutschen Demokratie des 21. Jahrhunderts hat sich genau dieses Verfahren als probates Mittel etabliert, um sich eines Problems zu entledigen, indem man es demonstrativ nicht sieht. Oder besser gesagt: indem man so tut, als wäre es ein unsichtbares Gespenst, ein kontaminiertes Element, dessen bloße Erwähnung bereits toxische Dämpfe freisetzen könnte.

Der Bundestag als Hochsicherheitstrakt der Moral

Man könnte fast meinen, der Bundestag sei ein Hochsicherheitstrakt der moralischen Reinheit geworden. Hier drinnen nur die „Guten“, dort draußen (oder zumindest in einer symbolischen Quarantäne) die „Bösen“. Dumm nur, dass 152 Abgeordnete der AfD einfach nicht kleinzukriegen sind, weil sie – und das ist die eigentliche Unverschämtheit – demokratisch gewählt wurden. Sie sitzen nun einmal da, mitten im Plenarsaal, von der rechten Seite aus bis tief in die Mitte hineinragend, eine unübersehbare Tatsache, die man jedoch mit aller Gewalt unsichtbar machen möchte.

Nun hat man sich allerlei Tricks ausgedacht, um das Problem zu lösen. Der erste und vielleicht eleganteste dieser Kniffe bestand darin, kurzerhand die Geschäftsordnung des Bundestags zu ändern. Früher war es Usus, dass der älteste Abgeordnete als Alterspräsident die erste Sitzung eröffnete. Das mag altmodisch sein, aber es hatte Tradition. Blöd nur, dass diese Regel dazu geführt hätte, dass 2017 Alexander Gauland diese Ehre zuteil geworden wäre. Also änderte man die Vorschrift, sodass nicht mehr der älteste, sondern der dienstälteste Abgeordnete das Amt übernahm. Eine „Lex AfD“, könnte man sagen. So durfte statt Gauland Gregor Gysi von der Linkspartei ans Rednerpult treten, ein Mann, dessen rhetorische Schärfe unbestreitbar, aber dessen politisches Erbe mindestens diskussionswürdig ist.

Vizepräsident? Nein, danke!

Es gehört zum parlamentarischen Brauchtum, dass jede Fraktion einen Bundestagsvizepräsidenten stellt. Das klingt logisch, ist aber nur so lange praktikabel, wie alle Beteiligten genehm sind. Die AfD hat bislang konsequent keinen ihrer Kandidaten durchgebracht. Der neueste Fall: Gerold Otten, ein Mann, der dreimal an der Wand des Widerstands zerschellte, weil die anderen Fraktionen schlicht nicht für ihn stimmen wollten. Das ist einerseits legal, andererseits könnte man sich fragen, was das über die Demokratie aussagt, wenn eine Partei mit 152 Abgeordneten nicht einmal eine zeremonielle Funktion besetzen darf.

Die Grünen-Abgeordnete Irene Mihalic erklärte dazu mit strengem Blick, dass die AfD mit ihrer Kritik an dieser Praxis „parlamentarische Prozesse diskreditiere“ und die „Würde des Hauses“ störe. Es ist eine bemerkenswerte Argumentation: Wer sich darüber beschwert, systematisch ausgeschlossen zu werden, gefährdet also die Demokratie? Das ist ungefähr so, als würde man einem Fußballteam, dem man alle Tore zunagelt, vorwerfen, es schade dem Spiel, weil es sich über die Ungerechtigkeit beschwert.

Demokratie – aber bitte nur mit den Richtigen

Die Strategie der demonstrativen Ausgrenzung könnte funktionieren, wenn sie nicht so sichtbar absurd wäre. Die AfD ist kein Virus, den man durch Nichtbeachtung austrocknen kann. Sie ist ein politisches Phänomen, das sich nicht in Luft auflöst, nur weil man so tut, als existiere es nicht. Im Gegenteil: Diese Form der taktischen Ignoranz wirkt vielmehr wie eine Bestätigung für ihre Anhänger, dass das System tatsächlich etwas gegen sie hat – ein Geschenk für jede Protestpartei.

Eine wehrhafte Demokratie zeichnet sich nicht dadurch aus, dass sie politische Gegner aus dem Parlament verbannt oder deren Existenz leugnet, sondern dadurch, dass sie sich mit ihnen argumentativ auseinandersetzt. Die Strategie der Ausgrenzung mag bequem erscheinen, sie ist aber letztlich ein Armutszeugnis für eine parlamentarische Demokratie, die sich ihrer eigenen Stärke nicht mehr sicher zu sein scheint.

Der Elefant im Raum bleibt also weiterhin sichtbar. Und er wächst mit jeder Wahl weiter.

#FreeShlomo

Es ist ein klarer Fall, oder vielleicht auch nicht – zumindest, wenn man dem rotierenden Karussell der öffentlichen Meinung Glauben schenken darf. Der Fall des „rechten Streamers“ Aron P., alias Shlomo Finkelstein, spaltet die Gemüter wie ein schlecht geführtes Messer durch Butter. Denn eines ist sicher: Hier wird mehr geklärt als nur die Frage, ob man ihn nun als rechten Hetzer oder als Opfer politischer Verfolgung begreifen soll. Nein, hier geht es um das viel tiefer liegende Problem einer zunehmend politisierten Justiz, die sich offenbar nicht mehr nur mit der Anwendung von Recht und Ordnung begnügt, sondern längst zum Werkzeug politischer Agenda geworden ist. Willkommen in einer Welt, in der der Stempel „rechts“ als Freifahrtschein für extreme Maßnahmen fungiert, der Staat sich als moralischer Richter aufspielt und der Zuschauer darüber entscheiden muss, ob er nun mit dem oder gegen das System sympathisiert.

Der erste Akt: Die Festnahme – Dramatischer als ein Actionfilm, aber weniger unterhaltsam

Am 10. Dezember 2020 wurde der junge Aron P. also wegen Volksverhetzung, der Verbreitung verfassungsfeindlicher Symbole und des Anstößigen gegen Religionsgemeinschaften verurteilt. Und man fragt sich: Hat er diese „verruchten“ Taten wirklich begangen, oder sind wir es gewohnt, uns eine Schablone zurechtzulegen, mit der alles, was von der normativen Linie abweicht, in eine schiefe Ecke gestellt wird? Die Gerichtsentscheidung, ein Jahr Haft zur Bewährung, klingt fast schon wie der Versuch, eine politische Haltung durch ein Gerichtsverfahren zu manifestieren, die in einer Demokratie eigentlich keinen Platz haben sollte. Doch das ist nur der Anfang. Denn was danach kam, hat das Potenzial, eine neue Dimension der staatlichen Überwachung zu eröffnen.

Die Bilder von P.s Festnahme bleiben im Gedächtnis: Ein Spaziergang mit seinem kleinen Kind – was ein wunderbares Setting für einen Horrorfilm wäre. Über ein Dutzend, teilweise maskierte Polizisten, die den jungen Mann auf offener Straße in die Mangel nehmen, wie einen Schwerverbrecher. So lautete jedenfalls das Bild in P.s Schilderungen. Der entscheidende Moment ist dabei weniger die Festnahme an sich als die Tatsache, dass die Behörden darauf bestanden, in diesem Moment zu handeln, unter den Augen eines Kindes, ohne Rücksicht auf dessen psychische Belastung. Auch die Frage, warum die Behörden nicht auf subtilere Methoden zurückgriffen, drängt sich auf: Hätte man nicht in der Wohnung, im Büro oder zu einem anderen Zeitpunkt zugreifen können? Hier erweist sich der Fall nicht nur als rechtlich bedenklich, sondern auch als politisch motiviert – oder im besten Fall als übertriebene Symbolpolitik. Es ist ein Strafverfahren, das als Schauprozess inszeniert wird, ein Akt der Einschüchterung und der Demütigung.

Der zweite Akt: Die Haft – Wo Gesetze zu einer Waffe werden

Der Fall nimmt jedoch eine noch bizarresere Wendung, wenn es um den Haftstatus von P. geht. Hier schlägt das Pendel der Justiz noch weiter in die Richtung politischer Repression. Ein Antrag auf Halbstrafe, also die Möglichkeit, die Strafe nach der Hälfte der Haftzeit zur Bewährung auszusetzen, wurde von einer Richterin abgelehnt – nicht etwa aus Mangel an Kriterien oder aus Sicherheitsbedenken, sondern explizit aufgrund der politischen Ansichten von Aron P. Dies ist kein Vorfall, den man als bloße Anekdote abtun kann. In diesem Moment wurde deutlich, dass nicht mehr das Gesetz die Messlatte für die Urteile darstellt, sondern das politische Weltbild des Richters – oder, noch schlimmer, der Staat als politischer Akteur, der sich nicht nur in die Vergangenheit einmischt, sondern auch in die Ideologien seiner Bürger.

In einer demokratischen Gesellschaft sollte die politische Ausrichtung eines Angeklagten keinerlei Einfluss auf die Rechtsfindung haben. Doch die Richterin, deren Name hier nicht genannt werden muss, sprach in einer höchst fragwürdigen Entscheidung aus, dass P. aufgrund seiner politischen Einstellung keine Möglichkeit auf eine vorzeitige Haftentlassung habe. Es ist ein beunruhigendes Zeichen für die Unabhängigkeit der Justiz, wenn politische Zugehörigkeit über den Ermessensspielraum von Richterinnen und Richtern bestimmt.

Der dritte Akt: Die Konsequenzen einer ideologisierten Justiz

Die bitterste Ironie dieser Geschichte liegt darin, dass P. nie als Sicherheitsrisiko galt. Berichte seines Umfelds deuten darauf hin, dass er sich im Gefängnis absolut regelkonform verhielt und keinerlei Auffälligkeiten zeigte. Sogar die Haftleitung soll ihn als unauffällig und kooperativ eingeschätzt haben. Doch all das spielte keine Rolle. Der Mann, der sich bereit erklärte, an einem Deradikalisierungsprogramm teilzunehmen, der seine Strafe mit scheinbar aufrichtigem Bedauern absitzen wollte, wurde dennoch mit der Härte behandelt, die einem politischen Gegner vorbehalten ist. Die Frage stellt sich also: Was passiert hier eigentlich? Geht es um Gerechtigkeit? Oder geht es lediglich darum, einem politischen Gegner ein Exempel zu statuieren?

Ein solches Vorgehen hat weitreichende Konsequenzen für die Glaubwürdigkeit unseres Rechtssystems. Denn was passiert, wenn sich Bürger eines Staates fragen, ob sie vor Gericht nicht nach der Schwere ihrer Taten, sondern nach ihrer politischen Ausrichtung beurteilt werden? Was bleibt von der Vorstellung einer neutralen Justiz, die sich nur an den Fakten orientiert? Diese Fragen sind nicht nur theoretischer Natur, sondern betreffen die Grundfesten unserer demokratischen Werte.

Der epische Schlussakt: Ein System, das gegen seine eigenen Prinzipien kämpft

Die Frage bleibt: Wo endet dieser Fall? Und was wird aus den Idealen von Gerechtigkeit und Freiheit? Die Antwort ist sowohl bedrohlich als auch tragisch: In einer Welt, in der der Staat als Hüter der politischen Ordnung fungiert, droht eine Aushöhlung von Grundrechten und einer fairen Rechtsfindung. Denn hier geht es nicht nur um einen Mann, der in Haft sitzt, sondern um die Integrität des gesamten Systems.

Die Politik hat das Justizsystem längst in ihre Fänge genommen. Der Fall P. mag nur der erste Schritt sein, doch wenn er nicht mit einer breiten Diskussion über die Unabhängigkeit der Justiz und die Rechte von Bürgern endet, könnte dies die Richtung vorgeben, die in den nächsten Jahren immer mehr Menschen betrifft. Und wer weiß? Vielleicht finden sich dann bald schon nicht nur die rechten Strömungen, sondern auch die gemäßigten, die sich zu „fehlerhaften Staatsbürgern“ stempeln lassen müssen, wenn ihre Meinung nicht den „richtigen“ Konsens widerspiegelt.

Die Frage bleibt: Was ist wichtiger? Ein Fall von politischer Verfolgung im Namen des Rechtsstaates oder die Aufrechterhaltung einer Gesellschaft, die sich durch Gleichheit, Freiheit und Gerechtigkeit auszeichnet? Es ist ein Dilemma, das nicht nur Aron P. betrifft, sondern uns alle – und eines, das sich auf einer Ebene abspielt, die mehr ist als nur ein juristisches Theaterstück. Es geht um die Werte, die wir als Gesellschaft vertreten. Und die stehen heute auf dem Prüfstand.

Rüstungslobby und ihre kreativen Vorschläge zur Weltverbesserung

Normalerweise machen Hersteller Werbung für ihre Produkte. Sie preisen ihre Nützlichkeit an, ihre Qualität, ihre bahnbrechende Technologie. Manchmal wird sogar ein bisschen geflunkert – das Auto hält dann doch nicht ewig, das Handy ist in zwei Jahren ein langsamer Schrotthaufen, und die revolutionäre Diätpille führt eher zu revolutionärem Heißhunger. Doch Hersteller von Kriegsgeräten? Die machen keine Werbung. Die fordern. Sie begehren. Sie flehen quasi darum, dass ihre Innovationen endlich zur Anwendung kommen – mit dem kaum verhohlenen Unterton: „Macht doch endlich Krieg, verdammt noch mal!“

Und so fordert die Firma Helsing, die sich auf militärische KI-Technologie und Drohnensysteme spezialisiert hat, nichts Geringeres als einen „Drohnenwall“ an der NATO-Ostflanke. Eine Mauer aus fliegenden Robotern, eine Festung aus algorithmischer Wachsamkeit, ein Bollwerk gegen das drohende Unheil aus dem Osten. Natürlich – rein zufällig – ist Helsing bereits bestens darauf vorbereitet, diesen Bedarf zu decken. Wobei „Bedarf“ hier wohl eher ein rhetorischer Kniff als eine real existierende Notwendigkeit ist.

Die Logik der Aufrüstung: Vom Nutzen zum Zwang

Man kennt das Prinzip aus anderen Branchen: Der Energydrink-Hersteller informiert uns eindringlich darüber, dass ohne seine koffeinhaltigen Zuckerbomben die Leistungsfähigkeit der Bevölkerung dramatisch sinken könnte. Der Brillenhersteller Fielmann argumentiert, dass Soldaten an der Front eine Zweitbrille brauchen – falls der erste Sehbehelf im Getümmel verloren geht. Und die Hersteller von kugelsicheren Westen werben nicht etwa mit Schutz, sondern mit der Frage: „Wollen Sie etwa sterben?“

Helsing geht da natürlich einen Schritt weiter. Es wird nicht mehr nur argumentiert, dass Drohnen nützlich seien. Nein, sie sind jetzt essenziell. Alternativlos. Wer nicht sofort zigtausend Einheiten ordert, handelt fahrlässig, setzt Europa einer untragbaren Gefahr aus, ist möglicherweise sogar ein Komplize des Gegners! Wir haben diesen Logik-Kreislauf bereits erlebt: Erst sind Waffen eine „Abschreckung“, dann eine „Sicherheitsmaßnahme“, dann eine „Präventionsstrategie“ – und schließlich eine „verantwortungsvolle Pflicht“. Am Ende liegt dann eine ganze Region in Schutt und Asche, und der Hersteller zieht Bilanz: „Das war ein erfolgreicher Monat!“

Von der Drohne zur Utopie: Ein Europa voller fliegender Maschinen

Doch träumen wir einmal mit den Herren und Damen von Helsing. Stellen wir uns ihr Europa vor, durchzogen von einem lückenlosen Netz aus Drohnen, die wie emsige Bienen den Himmel bevölkern. Immer auf der Hut, immer bereit. Sie erkennen Gefahren, bevor sie entstehen. Sie alarmieren die Bevölkerung, bevor die Bedrohung real wird. Sie greifen ein, bevor ein Gegner auch nur den Finger am Abzug hat. Sie patrouillieren über unseren Wäldern, Städten und Vorgärten, damit die Sicherheit nicht mehr von menschlichem Versagen abhängig ist. Und irgendwann? Irgendwann brauchen wir vielleicht gar keine Menschen mehr.

Denn warum noch Soldaten ausbilden, wenn es autonom ablaufende Kampfmechanismen gibt? Warum noch Grenzen durch Grenzposten sichern, wenn eine KI das effizienter erledigen kann? Warum noch politische Diskussionen führen, wenn die Algorithmen bereits errechnet haben, was am besten für uns alle ist?

Ein Europa, geschützt durch Helsing-Technologie – eine vollautomatisierte, gesicherte Zukunft, in der sich niemand mehr Sorgen machen muss. Klingt verlockend, oder?

Oder doch eher nach einer Dystopie, in der nicht nur die Freiheit, sondern auch der gesunde Menschenverstand still und heimlich zu Grabe getragen wird?

Der Markt entscheidet: Krieg als Wirtschaftszweig

Helsing ist nicht das Problem. Helsing ist die logische Konsequenz eines Systems, in dem Krieg nicht mehr eine Notwendigkeit ist, sondern ein Geschäftsmodell. Eine Industrie, die nicht aufhören kann, neue Bedrohungen zu erfinden, weil sie sonst selbst überflüssig wird. Ein Markt, der nicht nur Waffen verkauft, sondern auch die Narrative, die ihren Einsatz rechtfertigen. Eine Maschinerie, die sich selbst füttert – mit Ängsten, Feindbildern und der Hoffnung, dass der nächste Konflikt doch bitte nicht zu früh vorbei sein möge.

Und so fordert Helsing einen Drohnenwall. Morgen fordert ein anderer Hersteller etwas anderes. Und irgendwann fordern sie nicht mehr – sondern liefern einfach. Weil wir uns so sehr an ihre „Notwendigkeit“ gewöhnt haben, dass wir gar nicht mehr merken, wie tief wir bereits in ihrem perfiden Spiel stecken.

Denn eines ist sicher: Wer heute Drohnen bestellt, braucht morgen eine Rechtfertigung für ihren Einsatz. Und übermorgen eine neue Bedrohung, die noch mehr Drohnen erfordert. Willkommen im endlosen Kreislauf der Rüstungslogik. Möge der Beste gewinnen – oder besser gesagt: Möge derjenige mit der größten Produktionskapazität triumphieren.

Warum der deutsche Michel an allem schuld ist

Forscher der Technischen Universität Berlin haben eine bahnbrechende Entdeckung gemacht. Nach über drei Jahren akribischer Forschung, finanziert mit bescheidenen 660.000 Euro aus Steuergeldern, kommt die Studie zu einer revolutionären Erkenntnis: Die Schuld an der Clankriminalität trägt – Trommelwirbel – nicht etwa die Clans selbst, sondern die deutsche Gesellschaft! Ein Paukenschlag, der die Art, wie wir über Kriminalität, Verantwortung und die magische Macht der Sozialisation nachdenken, für immer verändern wird.

Kriminalität? Aber doch nur aus Versehen!

Man stelle sich das Drama vor: Junge Männer mit familiären Wurzeln in Palästina und dem Libanon, aufgewachsen in einem Land, das ihnen nichts als Möglichkeiten bietet, müssen – oh Schreck! – erleben, dass man sich in Deutschland an Gesetze halten soll. Der Schock sitzt tief. Denn die Mehrheitsgesellschaft, in ihrer abgrundtiefen Bosheit, hat es versäumt, diesen Männern eine reibungslose Integration auf dem goldenen Tablett zu servieren. Stattdessen überlässt man sie skrupellos dem Alltagstrott, der so gar nichts mit Schutzgelderpressung, Drogenhandel oder Juwelendiebstahl zu tun hat. Und dann wundert man sich, wenn sie aus purem Protest einen Tresor mit 100 Kilo Gold leeren!

Das methodische Meisterwerk: Interviews in der Shisha-Bar

Die bahnbrechenden Erkenntnisse dieser Studie beruhen auf zehn tiefgehenden Interviews von ein bis drei Stunden Länge. Das sind insgesamt stolze 30 Stunden intensiver Feldforschung! Ein beeindruckender Umfang, den man nur mit bahnbrechenden wissenschaftlichen Werken wie der Relativitätstheorie vergleichen kann. Die Interviews wurden – und jetzt halten Sie sich fest – in Shisha-Bars geführt. Welch idealer Ort, um die ungeschönte Wahrheit ans Tageslicht zu bringen! Vermutlich fand die Forschung in einer gemütlichen Rauchwolke aus Wassermelonen-Minze-Duft statt, während die Befragten mit ihrer Ehrlichkeit um die Wette qualmten.

Die Täter sind eigentlich Opfer – oder so ähnlich

Aus den Interviews geht klar hervor: Die „kriminellen“ Clanmitglieder sind gar nicht so kriminell, wie wir alle immer dachten. Vielmehr sind sie missverstandene Genies der alternativen Wirtschaftsförderung. Die Polizei? Nervig. Der Rechtsstaat? Ein Witz. Die Gesellschaft? Unfair. Und überhaupt, wenn jemand in einer Parallelwelt lebt, dann doch wohl der biedere Durchschnittsdeutsche mit seiner absurden Vorstellung von Recht und Ordnung!

Die Medien sind übrigens auch nicht unschuldig: Sie propagieren ein Zerrbild der „bösen Clans“, statt die wahre Geschichte zu erzählen – nämlich die von einer Gesellschaft, die diese Menschen mit fadenscheinigen Erwartungen wie „gesetzestreues Verhalten“ oder „Arbeiten gehen“ belastet. Skandalös!

Der Staat als Beihilfetäter?

Da stellt sich natürlich die Frage: Wenn nicht die Täter, sondern das System Schuld trägt – müsste dann nicht der Staat ebenfalls angeklagt werden? Schließlich hat er es versäumt, diesen talentierten jungen Männern lukrative Jobs in der Hochfinanz oder der Kunstszene zu vermitteln. Anstatt Millionenbeträge mit Banküberfällen zu erbeuten, hätten sie vielleicht als Investmentbanker Millionen in Cum-Ex-Geschäften verschieben können. Statt teure Uhren bei Juwelieren zu rauben, hätte man ihnen doch einfach welche schenken können!

Fazit: Es bleibt, wie es immer war

Wer nun erwartet, dass sich nach dieser bahnbrechenden Erkenntnis die gesellschaftliche Debatte ändert, der irrt gewaltig. Der brave deutsche Michel wird weiterhin seine Steuern zahlen, während sich Forscher, Politiker und andere Wohlmeinende mit der Erklärung beschäftigen, warum Kriminalität nicht von Kriminellen ausgeht. Und währenddessen wird in Shisha-Bars weiter über die Absurdität der deutschen Gesellschaft gelacht – natürlich nur, wenn die Rauchwolken die Sicht nicht zu sehr beeinträchtigen.

Vergelt’s Gott, Frau Minister

In den ehrwürdigen Hallen des Bundeskanzleramts zu Wien, wo die Geschichte Österreichs in jedem Winkel flüstert und die Schatten vergangener Staatsmänner und -frauen über die polierten Marmorböden huschen, hat sich jüngst eine Szene abgespielt, die selbst den abgebrühtesten Beobachter der politischen Bühne zum Stirnrunzeln bringt. Bundesministerin Claudia Plakolm, frisch ernannt und voller Tatendrang, ließ es sich nicht nehmen, ihr neues Büro von Erzbischof Franz Lackner segnen zu lassen. Ein Akt, der in seiner Symbolik so reichhaltig ist wie ein barockes Gemälde, aber in seiner Botschaft ebenso zwiespältig wie ein schlecht komponiertes Menuett.​

Die heilige Allianz von Staat und Kirche

Man stelle sich vor: In einem säkularen Staat, der stolz auf seine Trennung von Kirche und Staat verweist, wird das Büro einer Regierungsvertreterin mit Weihwasser besprengt, als wäre es ein frisch getauftes Kind. Erzbischof Lackner, seines Zeichens Vorsitzender der Bischofskonferenz und somit oberster Hirte der katholischen Herde in Österreich, schwingt den Weihwedel über den Schreibtisch der Ministerin, während die Kabinettsmitarbeiter andächtig das Haupt senken. Ein Bild für die Götter – oder vielmehr für die Chronisten der politischen Satire.​

Ein schlechtes Vorbild für alle Andersgläubigen

Doch was sagt dieser Akt aus in einem Land, das sich der Integration verschrieben hat? Wie mag sich ein Bürger muslimischen, jüdischen oder konfessionslosen Glaubens fühlen, wenn er sieht, dass höchste Regierungsämter mit christlichen Ritualen eingeweiht werden? Ist dies das Signal einer offenen, pluralistischen Gesellschaft, die alle Religionen und Weltanschauungen gleich behandelt? Oder manifestiert sich hier eine subtile Botschaft, dass einige Glaubensrichtungen eben doch näher am Machtzentrum sind als andere?​

Die Themenverfehlung einer Integrationsministerin

Frau Plakolm, in ihrer Funktion auch zuständig für Integration, hätte hier die Chance gehabt, ein Zeichen der Neutralität und Offenheit zu setzen. Stattdessen wählt sie den Weg der konfessionellen Einseitigkeit und lässt ihr Büro im Beisein des Klerus segnen. Eine Themenverfehlung, die in ihrer Deutlichkeit kaum zu überbieten ist. Man könnte fast meinen, die Ministerin habe das Kapitel über die Trennung von Kirche und Staat in ihrem politischen Handbuch überblättert.​

Vergelt’s Gott, Frau Ministerin!

In Anbetracht dieser Geschehnisse bleibt dem staunenden Beobachter nur noch, der Ministerin ein herzliches „Vergelt’s Gott“ zuzurufen – nicht ohne eine gehörige Portion Ironie. Denn wenn die Grenzen zwischen Staat und Kirche derart fließend sind, könnte man fast meinen, wir befänden uns im Österreich des 19. Jahrhunderts, als der Klerus noch direkten Einfluss auf die Staatsgeschäfte hatte. Doch nein, wir schreiben das Jahr 2025, und solche Bilder sollten eigentlich der Vergangenheit angehören.​

Ein humorvoller Blick auf ernste Fragen

Natürlich könnte man all dies als harmlose Folklore abtun, als liebenswerten Anachronismus in einer sonst so nüchternen politischen Landschaft. Doch gerade in Zeiten, in denen Integration und Gleichbehandlung aller Bürger höchste Priorität haben sollten, wirken solche Aktionen wie ein Schritt zurück in vergangene Zeiten. Vielleicht sollte man der Ministerin beim nächsten Mal statt eines Erzbischofs einen interreligiösen Chor vorschlagen, der mit einem fröhlichen Lied die Vielfalt und Offenheit unseres Landes besingt. Das wäre dann wahrlich ein Segen für alle.

Ein Denkmal der deutschen Energiewende – aus Beton und Sturheit

So einfach weicht das ausgemusterte Hamburger Kohlekraftwerk nicht

Es war einmal ein Kraftwerk. Kein gewöhnliches, sondern ein Meisterwerk deutscher Ingenieurskunst, ein Symbol für Effizienz und Leistungsfähigkeit. Das Kohlekraftwerk Moorburg, erst 2015 in Betrieb genommen, markierte mit einem Wirkungsgrad von 46,5 Prozent die Weltspitze der Steinkohlekraftwerke. Zwei Blöcke mit jeweils 800 Megawatt Leistung versorgten eine pulsierende Wirtschaftsregion mit kostengünstiger und verlässlicher Energie. Aber das reicht in diesen Zeiten nicht mehr. Effizienz und Funktionalität? Schnee von gestern. Ideologie ist gefragt, nicht Ingenieurskunst. So wurde der Koloss nach nicht einmal sechs Jahren Laufzeit aufs Abstellgleis geschoben, die Zukunft besiegelt von grünen Schreibtischkriegern mit Abschaltreflex.

Milliarden für den Schrottplatz

Die Zahlen sind absurd, aber so ist eben die Energiewende: 3,5 Milliarden Euro Baukosten, jahrzehntelange Planungen, Umweltauflagen, Genehmigungsverfahren – alles für ein Kraftwerk, das für mindestens 25 Jahre ausgelegt war. Doch bereits im Juli 2021 war Schluss. Die Bundesnetzagentur, unter grünem Einfluss stehend, winkte die Schließung durch, als gäbe es keinen wirtschaftlichen und energiepolitischen Schaden. Hamburg verlor eine seiner wichtigsten Strom- und Fernwärmequellen, der Hamburger Hafen, Airbus und die metallverarbeitende Industrie mussten sich anderweitig behelfen. Ein Ersatzplan? Fehlanzeige.

Aber immerhin bleibt die Symbolik: Hier ruht ein weiteres Denkmal der deutschen Energiewende, ein Mahnmal aus Stahl und Beton für blinden Eifer und wirtschaftliche Kurzsichtigkeit.

Nicht mal die Sprengung bekommen sie gebacken

Nun könnte man meinen, wenn ein Bauwerk schon zwangsgeschlossen und sinnlos entsorgt wird, könnte dies wenigstens mit einem würdevollen Finale geschehen. Eine finale Explosion, ein sauber inszenierter, präzise geplanter Abriss. Doch auch das misslang grandios. Am Sonntagvormittag sollte es so weit sein: Die beiden riesigen Kesselhäuser, Symbole der einstigen Energieautonomie Hamburgs, sollten mit jeweils 600 Kilogramm Sprengstoff in sich zusammenfallen. Doch nur eines folgte brav dem Plan, das andere widerstand stoisch. Die Sprengladungen zündeten – und nichts geschah.

Die Hamburger Energiewerke geben sich ratlos. Woran lag es? War der Beton zu widerstandsfähig? Die Bauweise zu robust? Oder einfach nur die Planung, typisch für die neue deutsche Gründlichkeit, mangelhaft? Es bleibt eine bittere Ironie: Ein Kraftwerk, das nicht hätte abgeschaltet werden sollen, wehrt sich selbst bei der Demontage gegen sein Schicksal. Vielleicht ein letztes Aufbäumen gegen die Absurdität der Verhältnisse.

Und was jetzt? Planlos ins energetische Vakuum

Mit der Abschaltung von Moorburg wurde nicht nur ein hocheffizientes Kraftwerk geopfert, sondern auch jede Form von Weitsicht. Ersatz gibt es nicht. Während die Stadt Hamburg über Notlösungen für die Fernwärmeversorgung brütet, springen teure Gas- und Ölkraftwerke ein, um die entstandene Lücke zu füllen – wenn sie denn genug Brennstoff bekommen. Die Preise steigen, die Versorgungssicherheit sinkt, aber Hauptsache, der politische Wille wurde exekutiert.

Und so bleibt am Ende eine Stadt, die sich selbst die Lichter ausknipst. Ein Wirtschaftsstandort, der sich mutwillig in eine Abwärtsspirale begibt. Ein Kraftwerk, das nicht einmal würdevoll zu Boden gehen durfte. Und eine Nation, die sich fragt, wie lange sie sich diesen Irrsinn noch leisten kann.

Sicherheit durch Pflicht

Es war einmal ein Land, das war bekannt für seine Effizienz, seine Ingenieurskunst und seine Fähigkeit, aus der Not eine Tugend zu machen. Nun aber, in der Ära der kreativsten politischen Lösungen, war man über diese verstaubten Tugenden hinausgewachsen. Man hatte das Problem erkannt, man hatte die Herausforderung verstanden, und nun, ja nun, hatte man auch endlich die richtige Antwort gefunden: die Messergebotszone.

Denn wie jeder Logiker weiß: Wenn die Verbotszone nichts hilft, dann hilft nur das Gebot! So wie das Alkoholverbot in der Prohibition den Konsum auf wundersame Weise reduziert hat, so wie der Krieg gegen Drogen die Welt in eine friedliche, suchtfreie Idylle verwandelte, so wird auch die Messergebotszone der Schlüssel zu einem neuen, besseren, moderneren Deutschland sein.

In dieser Pionierstadt, deren Name hier aus Diskretionsgründen nicht genannt werden soll – nennen wir sie lieber Exemplarstadt – wurde erkannt, dass das Problem nicht etwa durch die Abwesenheit von Messern entstünde, sondern vielmehr durch deren falsche Nutzung. Wäre es nicht also die beste Lösung, die Pflicht zum Messertragen einzuführen? Ein Messer für jeden, eine Pflicht für alle!

Die Moral der Klinge

Ein Messer ist ja per se nichts Schlechtes. Es gibt Brotzeitmesser, Buttermesser, Taschenmesser, Springmesser, Kampfmesser – eine große Vielfalt, ein Fest der Differenzierung! Ist es nicht bezeichnend, dass sich eine Gesellschaft, die so sehr auf Individualität pocht, ausgerechnet hier so restriktiv zeigt? Warum sollten wir weiterhin in einer Welt leben, in der Messer stigmatisiert werden? Wer keine Waffen hat, ist doch dem wehrhaften Bürger unterlegen! Nein, nein – das kann so nicht weitergehen.

Die neue Maßgabe in Exemplarstadt lautet daher: Jeder Bürger muss mindestens ein Messer sichtbar bei sich tragen. Es soll als Zeichen des Vertrauens gelten, als Symbol des guten Willens. Wer keines trägt, fällt auf. Er ist suspekt, ein potenzieller Störer des sozialen Friedens. Denn er könnte sich ja fragen: Warum verzichten? Was hat er zu verbergen? Wer das System ablehnt, macht sich verdächtig. Wer kein Messer hat, ist eine Gefahr!

Von der Messerpflicht zur Waffengleichheit

Natürlich gibt es Kritiker, diese ewigen Querulanten, die in allem den Untergang des Abendlandes wittern. Sie fragen: „Was ist mit denjenigen, die keine Messer tragen wollen?“ Nun, was war mit denjenigen, die einst keine Helme beim Radfahren tragen wollten? Was war mit denen, die Sicherheitsgurte als Eingriff in ihre persönliche Freiheit empfanden? Sie wurden gezwungen, weil das Kollektiv wichtiger ist als das Individuum. Genauso verhält es sich mit der Messergebotszone.

Und was ist mit den Kindern? Nun, sie müssen früh lernen, Verantwortung zu übernehmen. Ein gut geschliffenes Brotmesser in der Schultasche fördert den Sinn für Disziplin. Das Wissen um die eigene Wehrhaftigkeit schärft das Sozialverhalten. Wer seinem Nachbarn jederzeit mit einer scharfen Klinge in die Augen blicken kann, wird sich zwei Mal überlegen, ob er unfreundlich ist.

Wer sich verteidigt, lebt länger

Die Messergebotszone ist nicht das Ende der Entwicklung – sie ist erst der Anfang! Bald werden wir von einer allgemeinen Bewaffnungspflicht sprechen. Vielleicht kommen noch Schwerter, Speere oder Morgensterne hinzu – warum nicht? Schließlich waren jene Zeiten, in denen Waffen ein Zeichen von Ehre und Stärke waren, nicht unbedingt schlechter als unsere heutige Welt der diffusen Unsicherheit. Wer weiß, vielleicht wird Exemplarstadt das neue Vorbild für ganz Europa?

Eines ist sicher: Die Zukunft gehört den Bewaffneten. Und die Messergebotszone ist der erste Schritt in diese strahlende, scharf geschliffene Welt!

Wie man ein Land mit Tinte unterwirft

Es war einmal, in einem Land, das sich seiner Geschichte rühmte und seiner Zukunft fürchtete, ein Dokument, das mit einer einzigen Unterschrift ein ganzes Volk von der Last der Demokratie befreite. Es war ein Dokument, das den wenigen Erleuchteten die Verantwortung aufbürdete, während die vielen Unwissenden erleichtert aufatmen durften. Schließlich, so sagte man sich, war die Demokratie nichts als eine lästige Fußfessel für jene, die schneller laufen wollten als der Rest.

Man sollte meinen, dass eine solch gravierende Veränderung der politischen Landschaft von lauten Debatten, harten Auseinandersetzungen und intellektuellen Kämpfen begleitet worden wäre. Aber nein, nichts dergleichen. Ein federleichter Federstrich genügte – und schon wurde die Geschichte von einem Parlament, das den eigenen Untergang in Gesetzesform goss, fortan nur noch von Historikern diskutiert, die mit weinerlichem Unterton fragten: „Wie konnte das nur geschehen?“.

Dabei war die Antwort denkbar einfach: Es geschah so, wie immer alles geschieht. Die einen wollten es, die anderen fürchteten sich davor, und die meisten waren zu bequem, um es zu verhindern. Die Worte klangen doch so vernünftig, die Argumente so zwingend, und die Alternativen – gab es die überhaupt? „Ein Notstand“, so hieß es. Und wenn es um Notstände geht, dann hat Vernunft immer Pause.

Die Kunst des Regierens mit leeren Händen

Nun, da die Formalitäten erledigt waren und der Stempel trocken, konnte das große Aufräumen beginnen. Und was für ein Aufräumen das war! Endlich konnte man sich der unnützen Altlasten entledigen: Meinungsfreiheit? Ein Relikt vergangener Tage. Parlamentarische Debatten? Ein Hindernis für effizientes Handeln. Rechtsstaatlichkeit? Eine überflüssige Fessel für jene, die wirklich wissen, was gut für das Volk ist.

Das Volk selbst? Ach, das war ein Kapitel für sich. Man hatte es über Jahre hinweg in dem Glauben gelassen, es könnte selbstbestimmt über sein Schicksal entscheiden. Welch ein groteskes Missverständnis! Demokratie war doch nie mehr als eine theatralische Inszenierung gewesen, ein buntes Spektakel für die Massen, die sich in der Illusion wiegten, sie hätten tatsächlich Einfluss auf das Geschehen. In Wahrheit war die Politik immer ein Spiel weniger Auserwählter gewesen, die geschickt die Fäden zogen, während das Volk mit Brotkrumen und Zirkusspielen bei Laune gehalten wurde.

Nun also war die Maskerade beendet. Endlich konnte man regieren, ohne Rücksicht nehmen zu müssen auf widerspenstige Journalisten, akademische Besserwisser oder bockige Oppositionsparteien. Endlich konnte man die großen Visionen in die Tat umsetzen, ohne sich mit lästigen Details wie Verfassungen oder Grundrechten aufzuhalten. Endlich konnte das Volk in eine strahlende Zukunft geführt werden – ob es wollte oder nicht.

Der Preis der Bequemlichkeit – Wer schweigt, stimmt zu

Die große Ironie an der ganzen Geschichte war jedoch, dass es kaum jemanden zu stören schien. Im Gegenteil, viele waren geradezu erleichtert. Endlich Schluss mit der anstrengenden Eigenverantwortung! Endlich keine Wahlen mehr, bei denen man sich zwischen Pest und Cholera entscheiden musste! Endlich klare Verhältnisse, klare Ansagen und – ach, was für ein Glück – keine Kompromisse mehr!

Natürlich gab es einige Unverbesserliche, die mahnten und warnten, die auf den Straßen protestierten oder gar versuchten, das Undenkbare zu tun: Widerstand leisten. Doch sie wurden schnell eines Besseren belehrt. Die neue Ordnung war gekommen, um zu bleiben, und wer das nicht begriff, der fand sich bald in der angenehmen Stille eines gut geführten Lagers wieder, wo er in aller Ruhe über seine Fehler nachdenken konnte.

Das Volk hingegen passte sich an. Es hatte gelernt, dass Schweigen nicht nur Gold, sondern oft auch Leben bedeutete. Und so schwieg es – aus Angst, aus Desinteresse oder schlicht aus der Einsicht, dass man gegen die Strömung nicht schwimmen kann, ohne dabei nass zu werden. Der Alltag ging weiter, der Brotpreis blieb stabil, und solange das Bier nicht teurer wurde, war die Welt in Ordnung.

Lektionen aus der Geschichte, die niemand lernen will

Es ist immer wieder erstaunlich, wie sehr sich Geschichte wiederholt und wie wenig die Menschen aus ihr lernen. Die Mechanismen sind stets die gleichen, die Muster so offensichtlich, dass man glauben könnte, selbst ein Kind müsste sie erkennen. Und doch – immer wieder marschieren Gesellschaften mit offenen Augen in ihr Verderben, angeführt von charismatischen Führern, die ihnen das Blaue vom Himmel versprechen, während sie heimlich die Grundpfeiler der Freiheit untergraben.

Und wenn dann eines Tages das Erwachen kommt – falls es überhaupt kommt –, dann ist das Staunen groß, die Fassungslosigkeit unermesslich. Wie konnte das geschehen? Wo waren die Warner? Warum hat niemand etwas getan? Die Antwort ist so banal wie bitter: Sie waren da, die Warner, aber niemand wollte ihnen zuhören. Und getan hat niemand etwas, weil es immer bequemer ist, nichts zu tun.

So bleibt am Ende nur eine Frage: Wird es beim nächsten Mal anders sein? Oder wird die Geschichte sich wiederholen – nicht als Farce, sondern als Tragödie? Die Antwort liegt, wie immer, in den Händen jener, die heute noch entscheiden können.

(Natürlich ging es um das Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich, RGBl. I S. 141, alle Ähnlichkeiten mit der heutigen Zeit wären natürlich unbeabsichtig und rein zufällig)

Die große Selbstbedienung

Einführung in die Kunst der politischen Selbstfürsorge

Ein altes Sprichwort besagt: „Wer den Futtertrog bewacht, frisst zuerst.“ Und in der EU, diesem leuchtenden Paradebeispiel für demokratische Selbstkontrolle und fiskalische Zurückhaltung, nimmt man diese Weisheit sehr ernst. Denn während sich Otto Normalverbraucher in Brüssel durch die Bürokratielabyrinthe kämpft, um eine Subvention für seinen maroden Bauernhof oder eine Förderung für sein ambitioniertes Start-up zu ergattern, gibt es eine Elite, die sich gar nicht erst mit solchen profanen Dingen herumschlagen muss: die 66.000 Beschäftigten der EU-Institutionen. Ihnen fließt das Geld in zuverlässiger Regelmäßigkeit zu – und das mit einer Konstanz, die Schweizer Uhrmacher vor Neid erblassen lässt.

Eine Erhöhung jagt die nächste – und niemand fragt nach dem „Warum?“

Zum siebten Mal innerhalb von nur drei Jahren werden die EU-Gehälter nun angepasst. „Angepasst“ – welch wunderbar euphemistischer Begriff für das, was es wirklich ist: eine Gehaltserhöhung! Schließlich lebt es sich mit den drückenden Sorgen eines monatlichen Einkommens von 3.645 Euro (im schlimmsten Fall!) oder gar 34.800 Euro (im besten Fall!) nur schwerlich. Man stelle sich vor, man müsste mit diesem Kleingeld in Brüsseler Feinkostgeschäften überleben, eine Sommerresidenz in Südfrankreich unterhalten oder die internationalen Eliteschulen für den Nachwuchs bezahlen. Unvorstellbar!

Inflation? Die Gießkanne regelt das!

Doch halt – die Erhöhung kommt ja nicht aus heiterem Himmel. Es ist die Inflation, dieses böse Monster, das selbst die Elite nicht verschont. Und weil es der EU-Elite stets um Gerechtigkeit geht, hat man sich eine geniale Lösung überlegt: Anpassung zweimal jährlich! Im Januar und im Juli. Damit nicht genug: Wenn es im Vorjahr nicht ganz zur gewünschten Steigerung reicht, dann gibt es einfach eine Nachzahlung im April. Sozusagen der „Inflationsbonus Deluxe“ – ein Konzept, von dem sich Normalverdiener, Rentner und Selbstständige eine dicke Scheibe abschneiden könnten. Dumm nur, dass sie es nicht können. Denn für sie gibt es kein „automatisches Anpassungsmodell“, sondern nur die mühsame Hoffnung auf Tarifverhandlungen, gnädige Arbeitgeber oder großzügige Sozialleistungen.

Eine Managerin der Sonderklasse

Die EU-Kommissionspräsidentin selbst darf sich fortan über 34.800 Euro monatlich freuen – eine Summe, die sie sich durch unermüdliche Arbeit redlich verdient hat. Denn immerhin muss sie den Kontinent durch schwierige Zeiten steuern, sich mit unbequemen Fragen zur Demokratie in der EU und der Vergabe von Impfstoffverträgen auseinandersetzen und gleichzeitig noch ausreichend Zeit finden, um ihre persönliche Vision eines europäischen Superstaates voranzutreiben. Ein Knochenjob, der selbstverständlich gebührend entlohnt werden muss!

Die „Mäßigungsklausel“ – eine Sternstunde der EU-Logik

Aber, liebe Leser, haltet ein! Die EU hat ja tatsächlich Rücksicht genommen. Letztes Jahr hätte es nämlich eigentlich 8,5 Prozent mehr geben sollen – aber man wollte sich bescheiden zeigen und hat „nur“ 7,3 Prozent ausgeschüttet. Welch eine noble Geste! Die restlichen 1,2 Prozent kommen nun mit leichter Verzögerung. So sieht Verantwortungsbewusstsein in der Politik aus: Man genehmigt sich die Erhöhung einfach ein bisschen später. Vielleicht ein Vorbild für zukünftige Rentenreformen?

Ein Schlaraffenland ohne Grenzen

Was lernen wir also aus dieser Geschichte? Wer clever ist, sorgt dafür, dass er sein Geld nicht von einem knausrigen Arbeitgeber oder einer geizigen Rentenkasse bekommt, sondern direkt von der EU. Denn dort sitzt das Füllhorn so locker, dass selbst die biblische Manna-Versorgung dagegen wie ein karges Almosen erscheint. Und während die einfachen Bürger brav Steuern zahlen, auf Gehaltserhöhungen hoffen oder mit den realen Konsequenzen der Inflation kämpfen, sorgen die Brüsseler Eliten dafür, dass ihre eigenen Gehälter sich stets im Gleichschritt mit den steigenden Preisen bewegen – oder besser noch: ihnen vorauslaufen.

Wer also noch kein EU-Beamter ist, sollte dringend über eine Karriere in Brüssel nachdenken. Die Zukunftsaussichten sind rosig – und die Gehaltserhöhungen sind sicher!

NETFLIX: Die Wirklichkeit ist eine Frage der Perspektive

Es gibt sie noch, die magischen Momente der Popkultur. Diese seltenen Sternstunden, in denen die Verantwortlichen einer milliardenschweren Streaming-Plattform gemeinsam mit einer Handvoll gleichgesinnter Drehbuchautoren in einem Londoner Loft zusammensitzen, ein Glas fair gehandelten Bio-Weißweins schwenken und sich fragen: „Wie können wir die Realität noch ein bisschen schöner, noch ein bisschen richtiger machen?“ Und „richtiger“ heißt in diesem Fall natürlich: politisch stimmiger, moralisch vorteilhafter und – selbstverständlich – pädagogisch wertvoller.

So oder so ähnlich muss es wohl gewesen sein, als die Drehbuchautoren von Adolescence, der neuesten Netflix-Produktion aus Großbritannien, beschlossen, dass ihre Serie auf wahren Begebenheiten beruhen soll – allerdings nur so weit, wie es in ihre ideologische Schablone passt. Ein paar Unannehmlichkeiten der Wirklichkeit? Kein Problem, die kann man doch ganz leicht umdeuten! Ein paar Details, die nicht ins Weltbild passen? Einfach wegstreichen! Und so wurde aus einer Reihe von brutalen Messerangriffen, die von schwarzen Jugendlichen verübt wurden, plötzlich eine ganz andere Geschichte. Plötzlich ist der Täter – oh, Überraschung! – ein weißer Junge.

Die Kunst der kreativen Wahrheitsfindung – oder warum 2 + 2 manchmal 5 ergibt

Nun könnte man natürlich anmerken, dass es sich bei Filmen und Serien um Kunst handelt und Kunst selbstverständlich kreative Freiheiten genießt. Ein Märchen, eine Dystopie, eine Fiktion – warum sollte sie sich an die schnöde Realität klammern? Doch das Problem ist nicht die künstlerische Freiheit. Das Problem ist, dass diese Art der „Fiktion“ nicht als solche verkauft wird. Vielmehr behauptet Netflix mit einem unschuldigen Augenzwinkern, die Serie sei inspiriert von wahren Begebenheiten. Es geht also nicht darum, eine völlig aus der Luft gegriffene Geschichte zu erzählen, sondern eine reale Geschichte bewusst umzudeuten – mit einer ganz bestimmten politischen Absicht.

Warum also dieser Austausch? Warum dieser ideologische Kniff? Die Antwort ist ebenso simpel wie deprimierend: Weil die Wahrheit nicht zur bevorzugten Erzählung passt.

Die Realität, so wie sie sich tatsächlich abspielt, ist unbequem. Sie passt nicht in das Weltbild jener Medienmacher, die sich zum Ziel gesetzt haben, dem Publikum ihre Version der Welt aufzudrängen. Eine Version, in der der „böse weiße Mann“ der ewige Schurke ist und alle anderen bestenfalls bemitleidenswerte Opfer, schlimmstenfalls aber passive Statisten ohne Eigenverantwortung.

Wenn Moral über Logik steht – willkommen in der neuen Normalität

In dieser neuen Art von Erzählkunst geht es nicht mehr darum, was passiert ist, sondern darum, was hätte passieren sollen. Es geht nicht mehr darum, eine Geschichte zu erzählen, die auf Fakten basiert, sondern eine, die auf einer moralischen Wunschvorstellung fußt. Die Prämisse lautet: Wenn die Realität nicht so ist, wie wir sie gerne hätten, dann ändern wir eben die Narrative, bis es passt.

Und genau so entsteht eine Serie wie Adolescence – eine Serie, die sich zwar aus dem Fundus der Realität bedient, aber diesen Fundus dann so lange umsortiert, neu etikettiert und mit ideologischen Filtern überzieht, bis von der ursprünglichen Realität nur noch eine Parodie übrig bleibt. Eine Parodie, die sich zwar als ernsthafte Gesellschaftsanalyse ausgibt, aber in Wahrheit nichts anderes ist als ein didaktisches Lehrstück für all jene, die bereit sind, sich erziehen zu lassen.

Die Macht der selektiven Wahrnehmung – oder warum der Zuschauer immer dümmer werden soll

Das Erschreckende an dieser neuen Form der „realitätsbasierten“ Fiktion ist nicht nur die Dreistigkeit, mit der Fakten verdreht werden, sondern auch die dreiste Annahme, dass der Zuschauer es nicht bemerkt. Oder, schlimmer noch, dass er es bemerkt und trotzdem akzeptiert – weil er längst darauf konditioniert wurde, alles zu schlucken, was ihm serviert wird, solange es nur mit der richtigen moralischen Verpackung daherkommt.

Man könnte fast Mitleid haben mit den Netflix-Machern, wenn man sich vorstellt, wie sie sich gegenseitig auf die Schultern klopfen und sich für ihre gesellschaftliche Verantwortung loben. Für ihre mutige Entscheidung, die Wahrheit ein bisschen zu verbessern. Für ihren Beitrag zum großen, edlen Ziel, die Welt ein Stück gerechter zu machen – auch wenn dazu ein paar Details geopfert werden müssen.

Das Märchen vom edlen Motiv – und warum wir uns nicht für dumm verkaufen lassen sollten

Natürlich werden all jene, die es wagen, diese absurde Verzerrung der Realität zu kritisieren, schnell in eine Schublade gesteckt. „Rechte Hetzer“, „reaktionäre Wutbürger“, „ewig Gestrige“ – die Liste der Kampfbegriffe ist lang. Doch das ändert nichts an der Tatsache, dass eine absichtliche Verdrehung der Realität kein harmloser künstlerischer Kniff ist, sondern ein manipulativer Eingriff in unser kollektives Bewusstsein.

Die Frage ist: Wie lange lassen wir uns das noch gefallen? Wie lange schauen wir noch zu, während Streaming-Plattformen, Medien und Kulturschaffende die Realität so lange umschreiben, bis sie in ihr Weltbild passt? Und wann endlich haben wir den Mut zu sagen: Die Wahrheit ist nicht verhandelbar – auch wenn sie unbequem ist.

Was ist mit der einstigen Friedensbewegung geschehen?

Wer braucht noch den Frieden, wenn es um Haltung geht?

Es war einmal eine Bewegung. Sie füllte die Straßen, trug Plakate mit der simplen Forderung „Frieden“, sang Lieder gegen das Wettrüsten, war jung, war mutig, war laut. Man schüttelte wütend die Fäuste gegen die NATO, gegen Pershing-II-Raketen, gegen den imperialistischen Kriegstreiber auf der anderen Seite des Atlantiks. Man stellte sich mutig der Staatsgewalt entgegen, erklärte den Amerikanern, dass ihre Bomben hier nicht erwünscht seien, und wusste sich stets auf der richtigen Seite der Geschichte. Die Friedensbewegung war ein moralischer Leuchtturm, unerschütterlich, unbeirrbar – und, nun ja, längst vergessen.

Vom Protest zur Stille – ein leiser Abgang

Man könnte fragen: Wo ist sie hin? Die Antwort ist eine leise. Sie hat sich in ihre Einzelteile zerlegt, ist aufgesogen worden von anderen, lauteren, dringlicheren Anliegen. Heute füllen Demonstranten die Straßen nicht mehr mit Forderungen nach Abrüstung, sondern mit Begriffen aus dem Poststrukturalismus. Sie kämpfen nicht gegen Kriege, sondern gegen Begriffe, die verletzen könnten. Gendersternchen und Safe Spaces sind wichtiger als Friedensverhandlungen. Wer „die da oben“ kritisieren will, tut dies nicht mehr mit Transparenten gegen Waffenexporte, sondern mit empörten Tweets über mangelnde Diversität in Talkshows.

Krieg ist Frieden, sagte schon Orwell – und keiner merkt es

Vielleicht ist es ja so: Die Friedensbewegung hat ihren Endgegner gefunden – sich selbst. Denn wenn man sich jahrzehntelang mit moralischer Überlegenheit aufgeladen hat, ist es schwer, zu akzeptieren, dass die Welt nicht schwarz-weiß ist. Heute steht man vor dem Dilemma: Was tun, wenn es nicht mehr der böse Westen ist, der die Kriege führt? Wenn ausgerechnet die Länder, die man einst bewunderte, selbst die Aggressoren sind? Lieber schweigen. Lieber hoffen, dass keiner fragt, wo man eigentlich steht. Und vor allem: Bloß nicht den Fehler machen, den eigenen moralischen Kompass zu hinterfragen. Man könnte ja Gefahr laufen, nicht mehr zur richtigen Szene zu gehören.

Haltung zeigen, aber bitte nicht zu laut

Frieden ist kompliziert geworden. Man kann ihn nicht mehr einfach fordern, denn wer Frieden will, muss mit den falschen Leuten reden. Diplomatie ist verdächtig, Waffenlieferungen sind in Mode, und wer einen Waffenstillstand fordert, wird als Verräter beschimpft. Die Parole „Nie wieder Krieg!“ ist modisch überholt – ersetzt durch „Nie wieder Krieg, aber …“. Die Bewegung von einst hat sich in eine Sammlung einzelner Twitter-Hashtags verwandelt, in wohlklingende Statements in Talkshows, in „Haltung zeigen“ als leere Floskel. Man ist heute gegen Kriege, aber nur gegen die richtigen. Gegen Waffen – aber nur die falschen.

Der Frieden stört nur noch

Früher waren die Friedensbewegten unbequem. Sie störten den Status quo, sie zwangen Politiker, sich zu rechtfertigen. Heute ist Frieden selbst eine Störung. Er ist hinderlich für politische Narrative, unbequem für die eigene Seite. Wenn Krieg dem Guten dient, dann kann man ihn ja nicht mehr einfach ablehnen. Dann muss man differenzieren, abwägen, zwischen „guten“ Bomben und „schlechten“ Bomben unterscheiden. Und so hat sich die einst stolze Bewegung selbst in die Irre geführt, hat sich zerlegt in Bekenntnisrituale, in empörte Debatten über Symbolik statt über Realität.

Ein Appell an das eigene Denken

Ist Frieden noch ein Ziel oder nur noch eine nostalgische Erinnerung? Ist er zu kompliziert für unsere Zeit geworden, zu sehr gefangen in den Verstrickungen von Ideologie und Identitätspolitik? Vielleicht wäre es an der Zeit, wieder über das zu sprechen, was wirklich zählt. Vielleicht wäre es an der Zeit, sich daran zu erinnern, dass Frieden mehr ist als ein moralisches Accessoire. Und vielleicht, ganz vielleicht, wäre es an der Zeit, wieder auf die Straße zu gehen – mit einer simplen, altmodischen Forderung: „Keinen Krieg!“ Aber das wäre wohl zu viel verlangt. Denn wer will sich heute noch den Vorwurf gefallen lassen, einfach nur naiv zu sein?