Die Freiheit trägt jetzt Jogginghose

Freiheit war einmal ein stolzes Wort, getragen auf den Schultern von Dichtern, Revolutionären und amerikanischen Präsidenten mit gut frisierten Locken. Heute trägt sie Kapuzenpulli, schielt aufs Smartphone, hasst Werbung und lebt vegan. Sie streamt Serien über dystopische Gesellschaften, in denen alles überwacht wird – und klickt danach ein Cookie-Banner weg, ohne mit der Wimper zu zucken. Freiheit 2025 – das ist nicht mehr das große Pathos der Barrikaden, sondern das kleine Zucken der Zustimmung unter den Nutzungsbedingungen von Meta, während man sich eine App installiert, die einem sagt, wann man atmen darf.

Denn während die Ewigbesorgten immer noch mit argwöhnisch gerunzelter Stirn in die Vergangenheit schielen, als Hitler noch Schnauzbart trug und die Welt in Schwarzweiß zerfiel, merkt keiner, dass heute niemand mehr Bücher verbrennt – sondern sie einfach durch Content ersetzt, der in einem Ozean aus Bequemlichkeit ersäuft. Die neue Zensur? Kein Index, keine Streichung – nur die schiere Bedeutungslosigkeit inmitten algorithmisch ausgekotzter Belanglosigkeiten.

Totalitarismus ist jetzt ein Abo-Modell

Wenn früher der Faschismus im Gleichschritt marschierte, marschiert heute der Neototalitarismus im Laufschritt hinter einem iPhone 17 her. Er hat kein Manifest mehr, sondern eine AGB. Er braucht keine Geheimpolizei, wenn er einen Empfehlungsalgorithmus hat. Er verbietet nicht – er personalisiert. Wer braucht Orwell, wenn er Netflix hat? Die beste Propaganda ist jene, die sich selbst binge-watched.

Wir leben in einer Ära der freiwilligen Knechtschaft, in der man sich über Zensur aufregt, während man TikTok-Filter durchprobiert, die das eigene Gesicht in das eines Einhorns verwandeln. Nichts wird verboten – es wird optimiert. Die Freiheit stirbt nicht an einem Putsch, sondern an einem Software-Update. Niemand verbietet dir, zu denken – aber wenn du es tust, bekommst du keine Likes.

Und wehe dem, der denkt, er sei frei, weil er sich zwischen zehn Sorten Craft-Bier entscheiden kann. Die Wahl zwischen Hefeweizen und Helles ist keine Demokratie. Freiheit ist nicht, ob du vegane oder bio-vegane Mandelmilch trinkst. Freiheit ist, nicht gezwungen zu sein, dazu eine Meinung zu haben.

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Cancel Culture, Safe Spaces und andere Wohlfühl-Diktaturen

Früher wurden Dissidenten eingesperrt, heute werden sie entfolgt. Die neue Form der Repression kommt mit einem Regenbogenprofilbild und einer Triggerwarnung. Satire darf alles – außer jemanden verletzen, provozieren oder zum Denken anregen. Freiheit der Rede ist ein schönes Ideal, solange sie nicht die Komfortzone anderer durchbricht – denn was einst Mut zur Wahrheit war, ist heute Mikroaggression.

Die Diktatur 2025 trägt keinen Stahlhelm, sondern ein empathisches Lächeln. Sie kommt nicht mit dem Gewehr, sondern mit dem Anspruch auf Inklusivität. Der neue Totalitarismus will dich nicht brechen – er will dich umarmen. Er will, dass du dich wohlfühlst, in Watte gewickelt und begleitet von emotional validierten Buzzwords. Nur: Wer alle schützt, entmündigt auch alle. Und wer ständig vor Unfreiheit warnt, weil ein Tweet gelöscht wurde, hat offenbar nie erlebt, was wirkliche Repression bedeutet.

Die Gesichter der neuen Unfreiheit

Während der autoritäre Mensch des 20. Jahrhunderts mit Uniform und Gewehr ausstaffiert war, kommt sein Erbe heute aus dem Serverraum und trägt ein ethisch trainiertes Sprachmodell in der Cloud. Die künstliche Intelligenz weiß alles – und versteht nichts. Sie zensiert nicht, sie „moderiert“. Sie löscht nicht, sie „filtert toxisches Verhalten“. Die Maschine meint es nur gut – genau wie ihre Entwickler, die Gerechtigkeit in Codezeilen gießen wollen, während die Hälfte der Welt noch damit kämpft, überhaupt Strom zu haben.

Und währenddessen? Lässt sich der Mensch entmündigen – freiwillig. Wer denkt noch selbst, wenn ein Bot einem schon sagt, was „kontextuell angemessen“ ist? Warum ein Urteil fällen, wenn ein Score für dich entscheidet, ob dein Dating-Profil „vertrauenswürdig“ ist? Die neue Freiheit ist eine mitgelieferte Option – standardmäßig deaktiviert.

Was bleibt von der Freiheit? Ein Meme mit Reichweite

Die Freiheit 2025 hat keine Guillotine zu fürchten – sie stirbt am Fluch der Irrelevanz. Sie wird nicht abgeschafft, sondern unterwandert, zerlegt, trivialisiert, monetarisiert. Sie ist nicht mehr der Aufschrei des Widerstands, sondern ein YouTube-Video mit 3.000 Klicks, ein TikTok-Statement mit Filtergesicht und Hashtag: #resistance.

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Und nein – wir sind nicht 1933. Wir haben keine SA auf den Straßen, sondern Content Creator mit Meinungen zu allem und Haltung zu nichts. Die Demokratie wird nicht gestürzt – sie wird zur Reality Show umgebaut. Kandidaten? Influencer. Wahlprogramm? Algorithmisch angepasste Emotionen. Am Ende gewinnt, wer am lautesten schreit – oder wenigstens am besten tanzt.

Freiheit ist kein Vintage-Objekt

Freiheit ist nicht retro. Sie ist kein Museumsstück, das man einmal im Jahr am Tag des Grundgesetzes bestaunt. Sie ist unbequem, fordernd, widersprüchlich – und sie stirbt nicht an Gewalt, sondern an Gleichgültigkeit. Sie braucht keinen Diktator, um unterzugehen – es reicht ein Mensch, der sagt: „Ich hab nichts zu verbergen.“

2025 ist kein neues 1933. Es ist viel subtiler, viel bequemer – und genau deshalb gefährlicher. Der Feind der Freiheit trägt heute keine Uniform mehr. Er trägt ein Lächeln, ein Gerät in der Hand – und klickt auf „Zustimmen“.

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