Der Diskurs als Wrack – Wenn der Hammer zur Zunge wird

Lina E., die Hammerbande und die Kunst des Zuschlagens

Es brechen die morschen Knochen, wenn der Hammer das Argument ersetzt. Und während sich mancher noch fragt, wo genau links aufhört und Gewalt beginnt, haben Lina E. und ihre Hammerbande längst die Schwelle überschritten – selbstverständlich mit Haltung. Wer früher Flugblätter verteilte, wirft heute Pflastersteine, und wer früher diskutierte, reicht heute beim Kulturamt ein Konzept ein: „Performative Deeskalation durch gezielte Eskalation im urbanen Raum“ – oder kurz: Zuschlagen mit Haltung. Dafür gab’s kürzlich den Kunstpreis. Für eine Schlägerin.

Von der Tugend zur Tugendterrorzelle – Eine Evolutionsgeschichte in schwarz vermummt

Es war einmal eine Bewegung. Geboren im Widerstand, genährt von der Hoffnung, dem Faschismus nie wieder die Straße zu überlassen. Damals, als Antifa noch etwas mit Haltung zu tun hatte und nicht mit hashtags, Black Block-Choreografien und Debattenverweigerung. Heute wirkt selbst der wutverzerrte Straßenkampf von 1984 wie ein nostalgisches Schattenspiel verglichen mit dem performativen Furor einer Lina E., die mit dem Pressesprecherblick den Vorschlaghammer schwingt – und dabei stets korrekt gendert.

Der Diskurs als Domina – Wer Argumente liebt, wird geprügelt

Argumente sind von gestern. Sie sind unsexy. Sie sind verdächtig. Denn wo das moralisch aufgeladene Bauchgefühl regiert, wird das Nachfragen zur Mikroaggression. Der neue Diskurs ist kein Gespräch mehr, sondern ein Casting für die nächste Ausladung. Und wer im falschen Moment fragt, ob das wirklich so gemeint war, steht schneller auf der digitalen Abschussliste als Lina E. ihren Hammer heben kann. Ihre Schlagkraft ist inzwischen kulturell kodifiziert – zwischen „Zivilcourage“ und „Handlungsdruck“.

Kampf gegen rechts – oder gegen alles, was nicht mitprügelt?

Früher stand man gegen den autoritären Staat. Heute steht man gegen alles, was auch nur nach differenzierter Meinung riecht. Wer fragt, wird verdächtig. Wer argumentiert, ist ein potenzieller Kollaborateur. Und wer die Ideologie nicht vollständig mitsingt, darf gerne als Faschist zweitverwertet werden. Die neue Antifa ist kein Schild mehr – sie ist ein Spiegel: Sie kämpft nicht gegen das Böse, sondern gegen die Abweichung. Und das mit zunehmend autoritären Mitteln. Wer Lina E. kritisiert, braucht Polizeischutz – oder besser noch: eine Therapiegruppe.

Ironie? Kann weg. Ernst ist das neue Schwarz

Humor war mal Widerstand. Heute ist er Verbrechen. Die einzige erlaubte Satire ist jene, die man vorher schriftlich einreicht und mit Triggerwarnung versieht. Lina E. lacht nicht. Ihre Bewegung auch nicht. Gelacht wird nur über die „Boomer“, die glauben, man könne Diskussionen gewinnen. Der neue Humor ist korrekt, sanitär, akademisch zertifiziert – und in seinen besten Momenten so spitz wie ein abgerundeter Gummiknüppel.

Der Feind in der Fratze des Verbündeten

So bleibt uns ein Trümmerhaufen aus moralischem Furor, sprachlicher Exorzistik und aktivistischer Selbstbefriedigung. Die Fahne weht – aber nicht mehr im Wind der Freiheit, sondern im klebrigen Dunstkreis selbstgerechter Empörung. Lina E. wird eingeladen, ihre Tat zu erklären – als Kunstperformance. Die Hammerbande bekommt Applaus von Intellektuellen, die einst noch für Menschenrechte stritten. Und der Diskurs? Der liegt zerschlagen am Boden. Ein Splitter davon steckt vielleicht noch in deinem Tweet.

Die große Gleichzeitigkeit des Verschweigens und Verkündens

Es war einmal ein Stromausfall. Kein romantisches Kerzenlicht bei Rotwein im baskischen Hirtendorf, sondern ein kompletter Zusammenbruch des Stromnetzes auf der Iberischen Halbinsel – jener sonnendurchfluteten Insel der Glückseligen, die weder Insel noch selig ist, aber dafür zuverlässig mit heißer Luft versorgt wird, auch wenn die Ventilatoren ausfallen. Schuld, so munkelten einige Elektriker mit Restverstand, war das flatterhafte Wesen erneuerbarer Energien – diese meteorologischen Diven, die sich weigern, zuverlässig zu liefern, wenn der Mensch sie braucht, und dafür Überfluss speien, wenn keiner ihn will. Doch so etwas darf man nicht sagen. Nicht einmal denken. Denn plötzlich herrscht Dunkelheit – nicht nur auf der iberischen Steckdose, sondern vor allem in der medialen Großhirnrinde unserer Republik.

Wer sucht, der findet nichts. Kaum Schlagzeilen. Keine Brennpunkte. Kein investigativer Nervenzusammenbruch mit Kamerateam in der Trafostation. Keine sorgenvollen Talkrunden mit Habeck und Heizstrahler. Und wenn doch, dann allenfalls im verschämten Kleingedruckten der Digitalhölle – hinter der Cookie-Wall, wo das gemeine Nachrichten-Nagetier eh nicht mehr schürft. Es war ein „Nicht-Ereignis“, das sich durch das Fehlen seiner eigenen Darstellung ins kollektive Bewusstsein derer eingebrannt hat, die gelernt haben, zwischen den Schlagzeilen zu lesen. Es war, mit Verlaub, eine Informationsverweigerung von epochalem Ausmaß – ein Schelmenstreich der Verdeckung, orchestriert vom Orchester der Scheinaufklärung.

„Gesichert rechtsextrem“ – und medienwirksam versiegelt

Vom Mainstream-Megaphon zur moralischen Maschinenpistole

Ganz anders dagegen die AFD, dieses mediale Perpetuum Mobile der Empörung, das – ob steigend oder fallend in den Umfragen – stets den Stoff für Schlagzeilen liefert. „Gesichert rechtsextrem“ titelt es nun allerorten – eine Etikettierung, so offiziell wie ein TÜV-Stempel, so präzise wie ein deutsches Formularwesen und so erquicklich für das sendungsbewusste Herz wie ein doppelter Espresso für den Chefredakteur, der endlich wieder eine Story hat, bei der er nicht differenzieren muss.

Hier sind alle Kanäle voll aufgedreht: Talkshows überschlagen sich in moralischem Orgelspiel, Presseschaffende erklären mit bebender Stimme die Notwendigkeit, „klare Kante zu zeigen“ (ein Slogan, der klingt, als hätte man ihn aus einem Friseursalon für maskuline Selbstfindung entführt), und der öffentlich-rechtliche Rundfunk jongliert zwischen Bildungsauftrag und Gesinnungsdressur. Die AFD – ob man sie mag oder nicht – ist der Clickgarant, das Feindbild mit eingebauter Selbstvergewisserung: Solange es die gibt, ist man selbst noch auf der richtigen Seite. Ein mediales Reinwaschungsritual in Echtzeit.

Die doppelte Wahrheit der vierten Gewalt

Was berichtet wird – und was nicht – erzählt mehr als der Inhalt selbst

Und so steht sie da, die deutsche Medienszene, diese einst stolze Bastion der Aufklärung, mit schiefem Helm und blankem Schwert, bereit, die Wahrheit zu verteidigen – solange sie in das ideologisch genehmigte Raster passt. Es ist eine merkwürdige Dialektik, diese Gleichzeitigkeit des Überberichtens und des Unterlassens, des Hochkochens und des Versickerns, des lärmenden Schweigens und des dröhnenden Murmelns. Eine Dialektik, die nicht auf Aufklärung zielt, sondern auf Einrahmung. Was wichtig ist, bestimmen nicht mehr Ereignisse, sondern Haltungen. Und Haltung ist, was die Redaktion draus macht.

Die „Nicht-Berichterstattung“ über den iberischen Blackout – verursacht durch die sprunghafte Natur jener Energien, die wir mit staatsnaher Inbrunst als unsere Zukunft feiern – zeigt, wie sehr Berichterstattung zur Kuratierung geworden ist: Die Realität wird nicht mehr erklärt, sondern vorsortiert, etikettiert, auf Instagram-Format zusammengedampft oder im Archiv versenkt. Währenddessen wird die politische Rechte – und sei sie noch so demokratisch gewählt – mit dem semantischen Flammenwerfer bearbeitet. Beides folgt demselben Prinzip: Aufmerksamkeit ist kein Spiegel der Relevanz, sondern ein Werkzeug der Steuerung.

Fazit: Der journalistische Offenbarungseid im Spiegel der selektiven Aufklärung

Wie man mit der Wahrheit Schach spielt – und dabei immer Weiß zieht

Was sagen diese beiden Beispiele – die verschämte Auslassung dort, die lärmende Fixierung da – über den Zustand unserer Medien aus? Sie zeigen, dass der Journalismus in großen Teilen nicht mehr Beobachter ist, sondern Mitspieler. Ein Schiedsrichter mit Lieblingsmannschaft, ein Kommentator mit Parteibuch, ein Chirurg mit Missionsauftrag. Der noble Auftrag der Presse – Macht zu kontrollieren, Licht ins Dunkel zu bringen, Orientierung zu geben – ist auf seltsame Weise mutiert: Zur moralischen Redaktion mit Narrativbindung. Zur Haltungsfabrik.

Wer nun sagt, das sei überzogen, der möge sich fragen: Warum herrscht Funkstille beim Blackout, und Dauerfeuer bei der AFD? Warum ist ein Stromnetz weniger berichtenswert als ein Verfassungsschutzurteil? Warum wird der eine Skandal versendet wie ein Werbespot – und der andere verschluckt wie ein unliebsames Furzgeräusch in der Tagesschau?

Die Antwort ist ebenso banal wie beunruhigend: Weil nicht Wahrheit zählt, sondern Narrativkohärenz. Der gute Journalismus stirbt nicht am Fake, sondern am Frame.

Prolog zur Demokratie

Wenn der Feind ruft, ruft man zurück?

Es gibt ein uraltes Missverständnis zwischen Demokratie und ihren Feinden, das ungefähr so alt ist wie die Idee der offenen Gesellschaft selbst: dass man den einen Feind nur dann besiegen könne, wenn man ihn wie einen Feind behandelt. Die Demokratie aber ist kein Boxer. Sie schlägt nicht zuerst. Sie hält sich zurück, sie ringt mit sich selbst, sie hält Monologe über Verhältnismäßigkeit, während der andere längst in der Ecke steht und mit einer Fackel wedelt. Und gerade das macht sie stark. Oder – je nach Lage – unfassbar naiv.

Und doch geschieht derzeit etwas von bemerkenswerter Abgründigkeit: Die stärkste Oppositionspartei der Bundesrepublik – „AfD“, drei Buchstaben wie ein Leuchtraketenversagen auf der politischen Autobahn – ist vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft worden. Das allein ist bereits ein Wort, das sich gewaschen hat. Doch nun sprechen kluge Leute mit ernster Miene vom Verbotsverfahren – und man möchte fast glauben, die Demokratie selbst wolle sich endlich von ihrer unartigen Tochter emanzipieren, indem sie sie einfach enterbt. Dass das nach hinten losgehen könnte, ist dabei keine ferne Möglichkeit, sondern eine ziemlich sichere Bank.

Die große Gefahr: Wenn Demokratie auf Selbstverteidigung macht

Man stelle sich vor: Die Demokratie, die mit sich wirbt, dass bei ihr jede Meinung zählt, bis auf die, die die Meinungsfreiheit infrage stellt, macht Ernst. Sie nimmt die Axt in die Hand und fällt den Baum, der am lautesten nach Wind gerufen hat. Die AfD, so heißt es, müsse weg – sie sei toxisch, gefährlich, eine Gefahr für die Ordnung, die Mäßigung, das Abendland (diesmal das echte, nicht das aus Höckes Fieberträumen). Und wie immer, wenn etwas „weg“ muss, kommt das Staatsrecht ins Spiel wie ein zerzauster Oberlehrer, der seine Paragraphen auf den Tisch knallt und mit schwerem Herzen nickt: Ja, es geht. Irgendwie. Vielleicht. Unter Bedingungen.

Doch genau darin liegt das eigentliche Gift: Nicht, dass man sie nicht verbieten könnte – sondern dass man glaubt, man müsse. Ein Verbotsverfahren ist kein chirurgischer Eingriff, sondern ein medienwirksamer Hochofen der öffentlichen Meinungsbildung. Wer darin verbrannt wird, wird zum Märtyrer. Und Märtyrer wählen sich in Deutschland erschreckend gut.

Die Mär vom rechtsfreien Raum, oder: Wer Erdogan sagt, darf nicht AfD verbieten

Es ist ein lustiges Spiel, das viele derzeit treiben: Auf der einen Seite die moralisch Aufrechten, die bei jedem zweiten Artikel „Wehret den Anfängen“ in Fraktur drucken würden, wenn man sie ließe, auf der anderen Seite jene, die finden, das mit dem Rechtsstaat sei irgendwie optional, solange es gegen die Richtigen geht. Zwischen diesen Fronten sitzt ein recht schlauer, aber zunehmend verunsicherter Souverän – das Volk – und fragt sich, ob man das alles noch glauben soll.

Denn wehe dem, der sich über die Demokratie erhebt, indem er sie für ihre Widersprüche kritisiert. Wer heute einwendet, dass man doch nicht mit Geheimakten und Verfassungsschutz-Stempeln Opposition neutralisieren dürfe, steht schneller im Verdacht, „Querfront“ zu tanzen, als er „In dubio pro reo“ sagen kann. Und wehe dem, der jetzt noch wagt, Erdogans Demokratieverständnis zu kritisieren – schließlich agiert dieser doch genauso: Er erklärt unliebsame Gegner zu Extremisten und lässt den Sicherheitsapparat den Rest erledigen.

Der Unterschied? Erdogan macht daraus wenigstens kein Geheimnis.

Der Staat als Erzieher – und andere politische Albträume

Ein Verbot der AfD mag im juristischen Sinne gerechtfertigt sein. Es mag verfassungstechnisch sogar elegant durchargumentiert werden können – die Ironie einer Demokratie, die sich durch das Verbot von Demokratiefeinden schützt, hat schließlich ihre eigene juristische Schönheit. Aber politisch? Psychologisch? Gesellschaftlich?

Man stelle sich das Szenario vor: Die AfD wird verboten. Ihre Funktionäre erscheinen bei „Welt TV“ als Märtyrer im Exil, ihre Wähler radikalisieren sich im Telegram-Dunkel, und plötzlich ist die „bürgerliche Mitte“ nichts weiter als ein verschwindender Streifen Asphalt zwischen zwei Abgründen. Der demokratische Staat, einst zuversichtlich und selbstironisch, steht dann da wie ein autoritärer Pädagoge, der seinem pubertierenden Kind die Tür zuschlägt und ruft: „Solange du unter meinem Dach wohnst…!“

Fazit ohne Frieden: Demokratie muss aushalten, was sie hervorbringt

Es gibt keinen edleren Weg zur Selbstzerstörung als den, das Böse mit Mitteln des Guten zu bekämpfen – und dabei selbst unkenntlich zu werden. Die AfD mag rechtsextrem sein. Sie mag giftig sein. Sie mag die Demokratie verhöhnen, sabotieren, missbrauchen. Aber sie ist da. Sie wurde gewählt. Sie ist nicht vom Himmel gefallen, sondern aus Urnen gestiegen, in denen enttäuschte Hoffnungen liegen wie alte Wahlversprechen.

Ein Verbot ist keine Lösung. Es ist ein Symptom. Und wie bei jeder schweren Krankheit wird der Organismus nicht gesünder, wenn man nur das Fieberthermometer zerschlägt. Wer glaubt, man könne den Rechten die Bühne nehmen, indem man ihnen das Theater schließt, hat das Stück nicht verstanden.

Epilog mit Augenzwinkern: Oder, wie ich lernte, den Verfassungsschutz zu lieben

Vielleicht, nur vielleicht, müsste man sich einmal die Frage stellen, was passiert, wenn wir der Demokratie wirklich alles zutrauen – auch den Umgang mit ihren Widersachern. Vielleicht braucht es keine Verbote, keine Geheimakten, keine juristischen Nebelkerzen. Vielleicht reicht es schon, sie reden zu lassen. Laut, schrill, peinlich, schmerzhaft. Die Demokratie kann das ab. Wenn nicht – hat sie es nicht besser verdient.

Und während irgendwo jemand mit ernster Miene ein Gutachten in den Schredder schiebt, lacht der Bürger – oder lacht nicht mehr. Denn was heute als Rettung erscheint, ist morgen schon ein Präzedenzfall. Und wer heute schweigt, wenn andere verboten werden, sollte morgen nicht jammern, wenn er selbst aus dem Saal geführt wird.

Dienende Dominanz …

… oder wie man mit gesenktem Haupt die Welt regiert

In einer Zeit, in der Worte wieder wichtiger sind als Taten – weil letztere, seien wir ehrlich, ohnehin meist zu spät, zu teuer und zu symbolisch daherkommen –, erhebt sich aus dem Nebel der Berliner Republik ein philosophischer Leuchtturm der postheroischen Moderne: Robert Habeck, der große Philosoph, Wirtschaftsminister, Vizekanzler, Grüner mit Pastellbindung. Der Mann, der aussieht, als würde er lieber Gedichte über Windkraft schreiben als Terminkonflikte mit dem Kanzlerstab klären, spricht. Und wie er spricht! Mit Bedacht, mit Duktus, mit einem Unterton, der zwischen Kant und Kafka oszilliert – oder jedenfalls oszillieren möchte.

Zwischen Hegemonialverzicht und Haltungsakrobatik

„Wenn Deutschland Verantwortung übernimmt, dann muss es dienend führen“, philosophiert er, der Robert, und schiebt sogleich nach, dass Leadership nicht mit Pathos und Stolz gleichzusetzen sei. Man muss das zweimal lesen, einmal mit der Brille der politischen Rhetorik, dann mit der Lupe der logischen Konsistenz – und beide Male bleibt man ratlos zurück, wie ein Philosoph in der Aldi-Kassenschlange.

Was ist das, dienende Führung? Ein oxymoronaler Taschenspielertrick? Eine moralpädagogische Volte, mit der man den fauligen Duft geopolitischer Realität mit dem Bio-Raumspray der wertebasierten Außenpolitik zu übertünchen sucht? Dienend führen – das klingt nach einem Sado-Maso-Ratgeber für Nationalstaaten, in dem Deutschland gleichzeitig Domina und Dienerin gibt. „Ich befehle, weil ich mich unterwerfe“, flüstert das exportüberschwere Land mit devoter Ernsthaftigkeit Richtung Washington.

Vom Zuhören im Ansagemodus

Es folgt die nächste semantische Premierenlesung: Deutschland als „zuhörendes Ansagen“. Schon grammatikalisch wirkt dieser Terminus wie der Versuch, einen Kreis quadratisch zu schlichten. Was genau tut Deutschland da? Ist das eine Meditation? Eine akustisch vermittelte Erleuchtung? Oder einfach ein besonders bemühtes Rebranding von „wir machen halt doch, was alle anderen tun, aber mit schlechtem Gewissen“?

„Zuhörend Ansagen“ ist ein sprachlicher Drahtseilakt zwischen IKEA-Bauanleitung und postkolonialem Schuldbewusstsein. Man möchte rufen: Ja, Robert, sag es uns! Aber bitte so, dass man es auch versteht – oder wenigstens daran verzweifeln kann wie an einem mittleren Hegel-Absatz.

Führungsverzicht als Führungsstil

Natürlich ist die Ablehnung von Pathos und Stolz eine Tugend – zumindest dann, wenn man sich gerade anschickt, die energetische Selbstaufgabe Deutschlands als Akt ethischer Erhabenheit zu inszenieren. Habeck, der Ludwig Wittgenstein der Wärmepumpenpolitik, will führen, ohne zu führen, wollen, ohne zu wollen, und überzeugen, ohne zu überreden. Er ist ein Sokrates der Strompreise, ein Zen-Meister des Industriestandorts, dessen Antworten nicht zum Denken anregen, sondern zum Googeln zwingen.

Was uns dieser Ansatz lehrt, ist nicht weniger als die Neuerfindung der Weltordnung im Modus der therapeutischen Selbsthilfegruppe. Deutschland spricht jetzt in Ich-Botschaften. Deutschland fühlt. Deutschland versteht. Und wenn nicht, dann mindestens: Deutschland meint es gut.

Apokalypse mit Attitüde

In dieser Weltsicht ist Führung nicht mehr das strategisch durchdeklinierte Kalkül von Interessen, sondern ein atmosphärisches Yoga zwischen Schuldmanagement und moralischem Höhenflug. „Führen ohne Stolz“ – das klingt wie Autofahren ohne Motor oder Grillen ohne Feuer. Aber der Robert schafft das. Denn er führt nicht das Land, sondern seine eigene Vorstellung davon, wie es sein sollte, wenn alle so wären wie er: gebildet, sprachverliebt, schuldig an allem und doch immer im Recht.

Und während China führt, Amerika dominiert und Russland kriegerisch walzt, bastelt Deutschland an einem neuen Typus des Machthabers: Der dienende Philosoph mit DAX-Faible und Veggie-Day-Vergangenheit. Die Welt soll das sehen, bewundern – und vor allem: imitieren.

Schlussakkord im moralischen Moll

Man könnte nun schlussfolgern, dass Habeck mit seinem „zuhörenden Ansagen“ eine neue Ära der Selbstrelativierung einläutet. Eine Ära, in der nicht mehr das Machbare zählt, sondern das Denkbare – und sei es noch so widersprüchlich. Denn was ist schon Realität gegen ein gutes Narrativ?

So sitzt er also da, unser Wirtschaftsphilosoph, zwischen den Aggregatzuständen von Wollen und Sollen, spricht in Gleichnissen und Paradoxien, als wolle er beweisen, dass man auch mit philosophischer Dialektik eine Volkswirtschaft steuern kann. Und vielleicht – vielleicht – gelingt ihm ja genau das: Dass am Ende alle nicht mehr wissen, was eigentlich gesagt wurde, aber das Gefühl haben, es sei wichtig gewesen.

Denn wie sagte schon der große Denker Habeck: Verantwortung heißt, den Widerspruch zu umarmen. Vielleicht ist es genau dieser Widerspruch, in dem Deutschland nun lebt: zwischen Dienerschaft und Dominanz, zwischen Ethik und Erdgas, zwischen Pathosverweigerung und Pathosersatz.

Was bleibt? Ein mildes Lächeln. Und der Wunsch, dass wenigstens jemand zuhört, wenn wir ansagen.

Sag zum Abschied leise „rechtsextrem“

Demokratie als Risikoabschöpfungsmodell

Der demokratische Rechtsstaat ist ein zartes Pflänzchen. Er braucht Pflege, Fürsorge, Wachsamkeit – und im Zweifelsfall ein bisschen autoritäres Mikromanagement. Jedenfalls scheint das die neue sicherheitspolitische Gartenlehre aus Berlin zu sein, wie jüngst wieder mit einem in seiner diskreten Schamhaftigkeit fast rührenden Schritt der Innenministerin demonstriert wurde. Ein Gutachten, wohlgemerkt „nur für den Dienstgebrauch“, stuft die stärkste Oppositionspartei als „gesichert rechtsextrem“ ein. Nicht etwa möglicherweise oder wahrscheinlich, sondern „gesichert“ – als hätte man in einem Geheimlabor endlich den ideologischen Erreger unter dem Mikroskop isoliert. Bravo, Nancy. So diskret, so schnörkellos, so grundrechtlich minimalinvasiv.

Man kann es auch als eine Art von chirurgischem Demokratieverständnis bezeichnen: Ein kleiner, präziser Schnitt am Parteienpluralismus, möglichst ohne Öffentlichkeit, ohne Widerspruch, ohne Verfahren – und dann ab in den verfassungsrechtlichen Abfallcontainer. Es ist die perfide Eleganz der Macht, die sich darin offenbart: Während das Verfahren noch schläft, marschiert das Urteil schon durch die Nachrichtenagenturen. Das nennt man dann wohl Demokratieschutz durch Vorverurteilung. Wer fragt, ob das mit Demokratie noch irgendetwas zu tun hat, steht schneller im „rechten Eck“, als man „Verfassungsschutz“ sagen kann – dieser politpoetische Begriff, der immer weniger mit Schutz und immer mehr mit Verfassung zu tun hat.

Faeserland ist abgebrannt: Wenn die Ministerin das Denken übernimmt

Was ist eigentlich das Ziel dieser stillen Exkommunikation? Wähler erziehen? Der Diskurs säubern? Die Demokratie immunisieren, wie man es mit einem Prebunking-Virus tun würde, wie Ursula von der Leyen es so schön vorschlug? Der Slogan „Vorbeugen ist besser als heilen“ klingt verdächtig nach einem Desinfektionsmittel für politische Meinungsvielfalt. Das Denken wird zur infektiösen Krankheit erklärt, und das politische Heilmittel heißt: möglichst frühzeitig verdächtige Gedanken isolieren – samt ihrer Träger. Wer einmal auf der Liste steht, kommt schwer wieder runter. Man könnte fast meinen, man hätte den autoritären Reflex nicht bekämpft, sondern lediglich neu etikettiert.

Es ist ein Fortschritt in der Verwaltung des Sagbaren, dass der Diskurs nicht mehr über Debatten geregelt wird, sondern über Gutachten. Demokratie wird nicht mehr gelebt, sondern bewertet. Und zwar von Behörden, die in ihrer Loyalität zur Ministerin einen so stabilen Kontakt haben wie der Verfassungsschutz zur politischen Zweckmäßigkeit. Früher schrieben Philosophen über den Souverän, heute schreibt der Inlandsgeheimdienst darüber, wer überhaupt in seiner Nähe stehen darf.

Die 60-Prozent-Republik: Applaus für Abwesenheit

Liebe Wahlberechtigte, 60 Prozent Wahlbeteiligung – das ist das neue „Wir haben geliefert“. 40 Prozent Abwesenheit sind nicht etwa ein Zeichen politischer Entfremdung, sondern eine Form demokratischer Schrumpfungspflege. Man versteht sich mit dem Rückzug. Wer nicht wählt, überlässt das Feld freiwillig jenen, die es besetzen dürfen – und sei es mit dem Segen einer ministeriellen Totalvermutung. Doch wer sich dann noch beklagt, hat laut offizieller Lesart kein Recht zur Klage. So einfach ist Demokratie heute: Wer nicht mitmacht, wird gezählt, aber nicht gehört. Und wer mitmacht, aber falsch wählt, wird pathologisiert.

Die Demokratie lebt. Aber wie ein Koma-Patient, der durch Infusionen aus EU-Geldern, Verwaltungsakten und Talkshow-Applaus künstlich beatmet wird. Und währenddessen sprechen ihre Pfleger von „wehrhafter Demokratie“ – was so klingt wie „sanfte Strangulierung im Namen der Rechtsstaatlichkeit“. Die Gewaltenteilung winkt freundlich aus dem Off, während die Exekutive das Urteil spricht, bevor irgendein Gericht es lesen darf.

Vom Rechtsstaat zur Meinungsdesinfektion: Hygienemaßnahmen für das Wahlvolk

Informationsmanipulation, so sagt Frau von der Leyen, sei wie ein Virus. Und tatsächlich, der Vergleich hinkt nicht – er kriecht, speichelt, krampft. Wer infiziert ist, muss behandelt werden, wer noch gesund ist, wird geimpft – mit Prebunking. Ein Begriff so steril und bürokratisch, dass selbst Orwell ihn abgelehnt hätte. Das Prebunking ist gewissermaßen der Zensur-Vorläufer, die Prophylaxe gegen das Denken, bevor es beginnt. Man impft das Volk gegen Informationen, die nicht mit dem gewünschten Narrativ harmonieren – wie eine Firewall gegen Meinungsabweichung.

Es ist die Aufklärung in ihrer inversen Phase: Nicht der mündige Bürger, sondern der präventiv überwachte Verdachtsfall. Und wer sich dieser „Immunisierung“ widersetzt, der ist dann eben – ja, genau – ein Symptom. Ein Symptom der Krankheit, gegen die sich der demokratische Körper wehren muss. Ein Keim. Ein Träger. Ein Nichtdenker. Ein Feind.

Was bleibt? Das Mantra vom Schutz – und das Grinsen der Geschichte

Was bleibt, ist die vollendete Umdeutung. Die Demokratie schützt sich nicht mehr durch Diskurs, durch Toleranz, durch Stärke. Sie schützt sich durch Listen, Akten, Bewertungen und das sprachlich weichgebettete Ausschalten der Opposition. Eine Demokratie, die meint, nur noch durch Exkommunikation überleben zu können, hat ihre immunologische Selbstsicherheit längst verloren. Und das macht sie anfällig. Nicht für Rechtsextremismus. Sondern für sich selbst.

Denn irgendwann, in einer stillen Nacht, wird ein zukünftiger Historiker auf diese Zeit blicken – und er wird schmunzeln. Nicht aus Zynismus, sondern aus historischer Wiedererkennung. Er wird sagen: „Damals glaubten sie, sie könnten die Demokratie retten, indem sie sie abschafften. In kleinen Stücken. Gutachtenweise. Und sie nannten es: Fortschritt.“