Oder: Wie die demokratische Mitte die offene Gesellschaft zu Grabe trägt – in bester Absicht, versteht sich.
Es ist eine dieser ironischen Grotesken, wie sie die Geschichte mit diabolischer Stilsicherheit zu inszenieren pflegt, dass ausgerechnet jene politischen Kräfte, die sich in Sonntagsreden als „liberale Mitte“, als „Bollwerk gegen den Extremismus“, als „Hüter des demokratischen Diskurses“ bezeichnen, in Wahrheit mit stoischer Konsequenz ein autoritäres Regime der Meinungskontrolle errichten – flankiert von der süßlich-säuselnden Rhetorik des „Anstands“, „Respekts“ und „gesellschaftlicher Verantwortung“. Als hätte George Orwell ein Update zu „1984“ geschrieben, diesmal mit Fairtrade-Kaffee, Regenbogen-Emoji und einem EU-geförderten Diversity-Beirat.
Doch halt – wir wollen nicht polemisieren. Wir wollen nur beschreiben. Beschreiben, wie eine „Mitte“, die sich selbst gerne als die letzte Bastion der Vernunft inszeniert, Schritt für Schritt die Werkzeuge der Kontrolle installiert: Cancel Culture als moralische Reinigung, Upload-Filter als technokratische Vorzensur, Verfassungsschutzbeobachtungen als diskursive Exkommunikation und einen Debattenrahmen, so eng gezogen, dass selbst Karl Popper darin Atemnot bekäme.
Die Freiheit stirbt leise – begleitet vom Applaus
Die klassische Methode der Diktatoren war stets dieselbe: Bücherverbrennung, Redeverbote, Gefängnis. Die moderne Methode der Demokraten-Mitte-2020+ ist subtiler, eleganter, geschmacksneutraler. Heute löscht man keine Bücher mehr – man entmonetarisiert, deplattiert, entfollowed. Man verbietet keine Reden – man „moderiert sie weg“, löscht sie „automatisiert“ oder versieht sie mit einem Warnhinweis, als wäre die Meinung eines Biologen zur Geschlechterfrage ein Zigarettenpäckchen: „Achtung! Diese Ansicht kann Ihr Weltbild beschädigen.“
Die EU plant mit dem Digital Services Act ein Konstrukt, das in seiner potenziellen Reichweite nicht weniger ist als die juristische Perfektionierung der „präventiven Maßregelung“. Es ist, als hätte Kafka in Brüssel Karriere gemacht. Plattformen sollen verantwortlich sein für das, was Nutzer sagen – was dazu führt, dass sie lieber alles löschen, was irgendwie anecken könnte. Ergebnis: Ein digitaler Diskurs, bei dem nur noch der übrig bleibt, der gar nichts sagt – oder exakt das, was gerade konform ist.
Wie sagte einst der große Demokrat Voltaire, angeblich: „Ich teile Ihre Meinung nicht, aber ich würde mein Leben dafür geben, dass Sie sie sagen dürfen.“ In der Version von 2025 klingt das eher so: „Ich teile Ihre Meinung nicht, und deshalb sollte sie algorithmisch unterdrückt, juristisch belangt und moralisch geächtet werden.“
Beispiele, wohin das Auge reicht – doch niemand will sie sehen
Man nehme den Fall Ulrike Guérot: Die Politikwissenschaftlerin, einst gern gesehener Gast in Talkshows, wurde innerhalb weniger Monate zur „Unperson“ erklärt. Der Grund? Falsche Corona-Ansichten. Dass ihre wissenschaftlichen Arbeiten weiterhin von Substanz waren – irrelevant. Sie war kontaminiert. Politisch. Falsch. Gefährlich. Sie hatte die Grenzen des Sagbaren überschritten – und diese Grenzen, das sollte man wissen, verschieben sich mittlerweile wöchentlich. Wer heute klatscht, wird morgen gecancelt.
Oder Lisa Fitz, Kabarettistin. Jahrzehntelang gefeiert – dann wagte sie es, in einem öffentlich-rechtlichen Format Corona-Maßnahmen zu kritisieren. Zack: Abgesetzt, gelöscht, diffamiert. Kabarett ist nur dann erlaubt, wenn es die Richtigen trifft. Satire darf alles – außer missfallen.
Und was ist mit Nemi El-Hassan, deren Vergangenheit problematisch war, ja. Aber war die Empörung über ihre Personalie beim WDR ein Beleg für demokratische Wachsamkeit – oder für vorauseilende Kontrolle durch öffentlich-rechtliche Gremien, die längst nicht mehr der Gesellschaft dienen, sondern ihren eigenen Shitstorm vermeiden wollen?
Der Punkt ist: Es trifft Linke, Rechte, Liberale, Konservative – jeden, der auch nur ansatzweise vom schmalen Pfad der ideologisch sanktionierten Mitte abweicht. Die Repression ist gleichmäßig – das macht sie so gefährlich. Sie ist nicht parteipolitisch motiviert, sondern systemisch.
Was erlaubt ist, bestimmen wir – und das nennen wir Toleranz
Es gibt ein rhetorisches Meisterstück, das in den letzten Jahren immer wieder zur Anwendung kommt: Man behauptet, man müsse Intoleranz nicht tolerieren. Klingt schlau, nicht? Stammt von Popper. Leider hat man bei Popper nicht weiterlesen wollen. Denn was heute als Rechtfertigung dient, ganze Debattenräume zu schließen („Das ist keine Meinung, das ist Menschenfeindlichkeit!“), ist in Wirklichkeit ein perfides Spiel mit der Definitionsmacht. Wer definiert denn, was „menschenfeindlich“ ist?
Ist es „menschenfeindlich“, auf statistische Auffälligkeiten in der Kriminalitätsrate hinzuweisen? Ist es „transphob“, wenn eine Feministin biologische Unterschiede benennt? Ist es „rechts“, wenn jemand sagt, dass Grenzen auch Schutzräume sein können?
Nein – es ist nicht rechts. Es ist nicht menschenfeindlich. Es ist unbequem. Und darum muss es weg.
Ein Maulkorb in Regenbogenfarben ist trotzdem ein Maulkorb
Natürlich wird das alles in watteweiche Sprache gehüllt. Es geht nie um Zensur, sondern um „Schutzräume“. Es geht nie um Verbot, sondern um „klare Haltung“. Es geht nie um Kontrolle, sondern um „Verantwortung“. Die Orwell’sche Umwertung der Begriffe ist vollständig. Krieg ist Frieden, Freiheit ist Sicherheit, Meinung ist Gefahr.
Und weil all das aus der Mitte kommt, applaudiert der Bürger. Er applaudiert, wenn der „Hass“ gelöscht wird. Er applaudiert, wenn die Polizei Leute vom Platz holt, die ein Plakat hochhalten. Er applaudiert, wenn ein AfD-Politiker nicht sprechen darf. Und merkt nicht, dass das Instrumentarium, das heute gegen die einen eingesetzt wird, morgen gegen ihn selbst verwendet werden kann – wenn er einmal falsch klickt, falsch spricht, falsch denkt.
Hofberichterstattung 2.0 – Die vierte Gewalt kuschelt mit der Macht
Wie aus Journalisten Lautsprecher wurden – und aus Recherche ein Haltungsdienst
Einst war der Journalist der natürliche Feind des Politikers. Der aufdeckende, unbequeme, neugierige Geist, der in staubigen Archiven stöberte, in dunklen Parkhäusern Informanten traf und mit rauer Stimme die Frage stellte, die niemand hören wollte. Heute ist der Journalist oft nicht mehr Kritiker, sondern Kurator. Kein Jäger der Wahrheit, sondern Dekorateur des Gewünschten. Kein Aufklärer, sondern Erzähler – und zwar einer einzigen, durchkalkulierten Erzählung.
Früher galt: Wenn die Regierung „A“ sagte, fragte der Journalist: „Warum nicht B?“. Heute sagt die Regierung „A“ – und die „Zeit“, der „Spiegel“ und das „ZDF heute journal“ antworten: „Exzellent, wir bringen es auf Titelseite, TikTok und T-Shirt.“
Man erinnere sich an das mediale Dauerfeuer während der Corona-Jahre. Die tägliche Infektionspanik wurde nicht hinterfragt, sondern choreografiert. Die düstere Musik im „Brennpunkt“, die Grafiken mit exponentiellen Kurven, die Dramatisierung jeder Mutation – als ob Netflix selbst die Regie geführt hätte. Kritische Stimmen? Verbannt in dunkle Ecken des Internets, abgewertet als „Schwurbler“, „Querdenker“, „rechts offen“. Das Framing wurde zur Hauptsache – die Information zur Nebensache.
Beispiele? Unzählige. Als der Virologe Klaus Stöhr eine differenzierte Meinung zur Impfpflicht äußerte – gelöscht. Als das Bundesverfassungsgericht fragwürdige Nähe zur Regierung zeigte – kaum ein Aufschrei in den Redaktionen. Als Julian Reichelt – gewiss kein Unschuldslamm – plötzlich zum Staatsfeind erklärt wurde, weil er nicht mitspielte im Konzert der korrekten Haltung: medialer Exitus. Das war keine Kritik – das war Exkommunikation.
Du sollst nicht hinterfragen, was als Wahrheit verkündet wurde – und wehe, du machst es mit einem falschen Gesichtsausdruck.
Es gehört zum Kennzeichen einer ideologisierten Gesellschaft, dass sie nicht mehr argumentiert, sondern glaubt. Dass sie nicht mehr diskutiert, sondern dekretiert. Und dass sie Kritik nicht mehr duldet, sondern diagnostiziert. Widerspruch ist dann kein intellektueller Akt mehr, sondern ein psychologisches Symptom: Wer sich gegen Gendern ausspricht, „hat Angst vor Veränderung“. Wer über Migration spricht, „ist getrieben von Ressentiment“. Wer Corona-Maßnahmen kritisiert, „leidet an Wissenschaftsfeindlichkeit“.
Die neuen Dogmen der Mitte sind nicht diskutabel – sie sind sakrosankt. Klima, Diversität, trans-Inklusion, Antidiskriminierung, EU-Euphorie: Wer hier nicht mitspielt, ist nicht „anders denkend“, sondern „problematisch“. Und problematisch ist heute gleichbedeutend mit: kündbar, stornierbar, ausladbar.
Schulen lehren keine Mündigkeit mehr, sondern Gesinnung. Universitäten keine Dialektik, sondern Compliance. Und in Unternehmen reicht ein „falsches Like“, um eine Karriere zu beenden, bevor sie beginnt. Orwell hätte sich das nicht träumen lassen – dass die Gedankenpolizei einmal aus Diversity-Beauftragten, Twitter-Usern und öffentlich-rechtlichen Redaktionen bestehen würde.
Von Weimar zu Washington – oder: Der neue McCarthyismus trägt Hoodie
Viele fragen: „Wie konnte es damals so weit kommen?“ – gemeint ist Weimar, die Machtergreifung, der lange Marsch in die Unfreiheit. Die Antwort ist immer dieselbe: Es kam nicht mit einem Knall, sondern in kleinen Schritten. Es kam mit Moralismus, mit Feindbildern, mit der Spaltung des Diskurses. Und mit einer „Mitte“, die dachte, sie könne die Kontrolle behalten, während sie das Feuer schürte.
Heute ist es kein Führerkult, sondern ein Tugendkult. Kein arisches Ideal, sondern das Ideal des korrekten Weltbürgers. Aber die Mechanismen ähneln sich frappierend: Die Linientreue wird belohnt, der Zweifel bestraft. Abweichung ist nicht erlaubt – oder wird pathologisiert. Und das Publikum klatscht, weil es glaubt, auf der richtigen Seite zu stehen.
McCarthy jagte Kommunisten. Heute jagt man „rechte Netzwerke“ – real oder imaginiert. Damals reichte ein Verdacht. Heute reicht ein Retweet. Damals verlor man die Stelle. Heute verliert man das Konto, die Reichweite, das digitale Existenzrecht.
Die Methoden haben sich modernisiert. Der Geist ist derselbe geblieben.
Moral im Mandat – Wenn NGOs zu Hilfstruppen der Macht werden
Zwischen Zivilgesellschaft und Zivilreligion: Wie aus Helfern heimliche Herrscher wurden
NGOs – das klang einst nach Hoffnung. Nach Humanität, Engagement, Freiheit von staatlicher Bevormundung. Kleine Organisationen, die sich der Wahrheit, den Entrechteten, der Natur oder der Menschenwürde verschrieben hatten. Doch was einst Graswurzel war, ist heute Großindustrie. Was einst gegen die Macht stand, ist heute ihre loyale Vorfeldorganisation. Und was einst Idealismus war, ist nun professionelle Empörung, voll alimentiert durch Fördergelder, Stiftungen und Steuermittel.
Am deutlichsten zeigt sich diese Entwicklung bei Organisationen wie der Amadeu Antonio Stiftung, wo eine ehemalige Stasi-Mitarbeiterin nun über demokratische Diskurshygiene wacht. Man muss das erst einmal sacken lassen: Eine Stiftung, die mit öffentlichen Mitteln ausgestattet wird, erstellt Listen „problematischer Akteure“, meldet Lehrer, die im Unterricht über Meinungsfreiheit sprechen, und empfiehlt Schulen den Einsatz von „Framing“-Leitfäden, um unerwünschte Diskussionen von vornherein zu vermeiden. Orwell? Nein, Deutschland 2025.
Oder nehmen wir die Deutsche Umwelthilfe, die sich vom ökologischen Mahner zur juristischen Sperrspitze des Verbotsstaates gewandelt hat. Ihre Klagen führen zur Fahrverbotskultur, ihre Prozesse ersetzen parlamentarische Entscheidungsfindung durch Richterrecht. Wer braucht noch demokratische Mehrheiten, wenn man NGOs mit Klagefreude hat?
Selbsternannte „Watchdogs“ wie Correctiv geben sich investigativ – und wirken doch zunehmend wie eine staatlich gestützte Inquisition: Wer falsch schreibt, denkt oder spricht, landet im „Faktencheck“, verliert Sichtbarkeit, Ansehen, Einkommen. Die Grenze zwischen zivilgesellschaftlichem Engagement und staatlich funktionalisierter Meinungskontrolle verschwimmt dabei immer mehr. NGOs haben keine Macht? Im Gegenteil: Sie haben die schönste Form von Macht – sie sind formal unabhängig, moralisch unantastbar und politisch inoffiziell. Ein feuchter Traum für jede Regierung, die Zensur wünscht, ohne Zensur zu nennen.
Selbstzensur – Die bequemste Form der Repression
Warum heute niemand mehr den Mund verbietet – weil wir es längst selbst tun
Die klügste Diktatur ist die, die niemand diktatorisch nennt. Die effektivste Zensur ist die, die keiner bemerkt – weil sie im Kopf beginnt. Wir leben nicht in einer Diktatur, sagen viele. Richtig. Aber wir leben in einem Klima, in dem Millionen Menschen den Satz „Das darf man ja wohl noch sagen“ nur noch flüstern – aus gutem Grund.
Die Journalistin darf sich nicht trauen, eine Zahl zu nennen, wenn sie mit Migration zu tun hat. Der Professor zögert, wenn er in der Gender-Debatte eine biologische Banalität aussprechen will. Der Kabarettist fragt sich: Ist dieser Witz ein Shitstorm wert? Und der Lehrer weiß, dass ein einziger kritischer Halbsatz über Fridays for Future ihm eine Anzeige einbringen kann – von der eigenen Klasse.
Das Resultat? Ein stummes Einverständnis, ein tonloser Konsens. Wir schreiben nur noch in Andeutungen, wir sagen nur noch, was unverdächtig ist. Wir verwandeln die Sprache selbst in eine Wattewolke – keine „Illegalen“, sondern „Menschen mit unsicherem Aufenthaltsstatus“, keine „Impfpflicht“, sondern „solidarische Maßnahme“. Die Realität wird nicht mehr benannt – sie wird gefühlt.
Und so wird das gefährlichste Wort unserer Zeit: Aber.
„Ich bin natürlich für Diversität, aber…“
„Ich finde das Impfen wichtig, aber…“
„Natürlich ist die AfD keine Lösung, aber…“
Dieses Aber ist die letzte Bastion der Vernunft – und ihr Feigenblatt zugleich. Denn es zeigt: Der Mensch hat noch einen Gedanken, den er sich nicht traut zu sagen. Er denkt ihn. Er formuliert ihn. Aber er spricht ihn nicht aus. Die Zensur hat gesiegt – ohne eine einzige Hausdurchsuchung, ohne einen einzigen Schuss.
Die Zukunft der Freiheit – eine elegische Aussicht
Was bleibt von der offenen Gesellschaft, wenn wir alles geschlossen halten, außer die Tür zum Korrektheitsbüro?
Was bleibt, wenn aus Meinungsfreiheit Meinungsverzicht wird? Wenn aus Pluralismus ein medial-politisches Einheitsfrontdenken erwächst, das sich als Vielfalt tarnt? Wenn das Diskursive durch das Deklarative ersetzt wird – und Widerspruch zum Symptom erklärt wird?
Dann, ja dann, werden wir eine Gesellschaft sein, in der alle zustimmen – weil keiner mehr wagt, zu widersprechen. Eine Gesellschaft, in der alle Rechte haben, aber niemand sie mehr ausübt. Eine Gesellschaft, in der man zwar alles sagen darf, solange es vorher von NGOs abgesegnet, von Redaktionen entschärft und vom Community-Management genehmigt wurde.
Doch die Wahrheit, so unpopulär sie klingt, ist: Demokratie lebt nicht vom Konsens, sondern vom Konflikt. Vom zivilisierten Streit. Vom Wagnis, sich zu blamieren. Vom Mut, sich zu irren. Sie lebt von Dissens, von Kontroverse – kurz: von allem, was heute als toxisch, rechts, unzumutbar oder „nicht hilfreich“ gilt.
Wenn wir diesen Raum nicht verteidigen, stirbt die Demokratie nicht durch Putsch, nicht durch Panzer, nicht durch Parteiverbote. Sie stirbt durch Zustimmung. Sie stirbt durch Schweigen. Und am Ende sitzt man da, ganz allein, im perfekten System – und keiner darf mehr lachen, weil keiner mehr weiß, ob man das noch darf.
Epilog aus der Komfortzone – Wie wir die Freiheit verloren, während wir uns für ihre Retter hielten
Die Revolution frisst ihre Kinder nicht mehr. Sie blockiert sie auf Twitter.
Die Geschichte dieses Landes, ja dieses Kontinents, ist reich an Tragödien, Umstürzen, Irrwegen. Doch selten zuvor geschah der Abbau fundamentaler Freiheitsrechte so geräuschlos, so höflich, so scheinbar demokratisch legitimiert wie heute. Es war kein Knall, keine Verordnung, kein Diktator mit Mütze, der uns die Meinungsfreiheit nahm. Es war ein Chor der Korrektheit, eine Kakophonie aus NGO-Reports, Talkshow-Segmenten, Aktivistenposts und politischen Narrativen, die uns sagte: „Du bist frei – aber bitte sag das nicht.“
Und wir gehorchten. Nicht aus Angst vor dem Lager, sondern aus Angst vor dem Shitstorm. Nicht wegen der Polizei, sondern wegen der Peergroup. Nicht unter dem Druck des Staates, sondern unter dem Druck der eigenen Selbstachtung, die nicht riskieren wollte, „falsch“ zu sein.
Die Parteien der sogenannten Mitte haben diesen Umbau nicht nur zugelassen – sie haben ihn betrieben, gefördert, bejubelt. Und dabei stets den Anschein erweckt, es gehe um das Gute, das Wahre, das Anständige. Es sei ein antifaschistischer Schutzwall der Sprache, den man da ziehe. In Wahrheit war es ein Wall gegen die Wirklichkeit – und gegen den Diskurs, der sie benennen könnte.
Die große Ironie dieser Zeit ist: Die, die sich selbst als Verteidiger der Demokratie inszenieren, führen deren Demontage mit chirurgischer Präzision durch – und merken es nicht einmal. Oder schlimmer: Sie merken es sehr wohl, nennen es aber Fortschritt.
Das Fazit also? Vielleicht dieses: Unsere Gesellschaft gleicht einem wohltemperierten Aquarium. Von außen betrachtet: sauber, kontrolliert, korrekt. Doch wer einmal anders schwimmt, merkt schnell: Der Filter ist stark, der Sauerstoff knapp, und das Glas – von innen – kaum zu durchbrechen.
Die Demokratie braucht keine Freunde, die ihr nach dem Mund reden. Sie braucht Kritiker, die ihr ins Gesicht sagen, wenn sie lügt. Solange es sie noch gibt. Solange wir noch dürfen.
Denn wenn wir eines Tages zurückblicken und fragen: „Wie konnte es so weit kommen?“, dann wird die ehrlichste Antwort lauten:
„Ganz einfach. Es war bequem.“