Warum Diplomatie anscheinend zu langweilig ist

Europa im Jahre 2025. Ein Jahr, in dem man nicht nur Frühkartoffeln früher ernten kann, sondern auch die Rhetorik des drohenden Krieges zeitig blüht. Ursula von der Leyen, ihres Zeichens EU-Kommissionspräsidentin, hat in gewohnt kantigem Technokratendeutsch die Europäer auf die Möglichkeit eines Großkrieges eingeschworen. In fünf Jahren, heißt es, könne es soweit sein. Spätestens. Vielleicht auch früher. Hört man genau hin, stellt man fest: Es ist weniger eine Prognose als eine Einladung zur Panik.

Krieg als selbst erfüllende Prophezeiung

Wer einen Krieg für unausweichlich erklärt, der ebnet ihm den Weg. Sicher, man muss gewappnet sein. Aber muss man ihn deshalb gleich mit Inbrunst herbeireden? Möglicherweise sind es nicht die politischen Realitäten, sondern die hyperventilierenden Statements, die einen Krieg erst plausibel erscheinen lassen. Eine Spirale der Eskalation lebt von der stetigen Wiederholung des Unausweichlichen. Vielleicht ist das der Trick: Je mehr Menschen glauben, dass es passieren muss, desto weniger traut sich jemand, über Alternativen nachzudenken.

Diplomatie? Langweilig!

Dabei gibt es eine andere Perspektive: Wenn man fünf Jahre Zeit hat, um sich auf einen Krieg vorzubereiten, dann hat man auch fünf Jahre Zeit, ihn zu verhindern. Oder ist das schlicht zu unsexy? Es klingt halt nicht so martialisch, wenn man sagt: „Wir setzen uns an den Tisch und reden.“ Helmut Schmidt, der olle Kettenraucher mit dem unerschütterlichen Pragmatismus, wusste: „Lieber 100 Stunden umsonst verhandeln als eine Minute schießen.“ Heute würde man ihm wohl entgegnen: „Aber dann verpassen wir den Moment, wo wir kriegsbereit sein müssen!“

Die ewige Debatte

Für die Kriegstreiber ist das alles ganz einfach: Wer nicht mitzieht, ist naiv. Wer Zweifel äußert, ein Schwächling. Wer von Friedensverhandlungen spricht, ein Putin-Versteher. Dabei geht es gar nicht darum, Appeasement zu betreiben oder sich blauäugig in die Arme eines Aggressors zu werfen. Es geht darum, in diesen fünf Jahren Möglichkeiten auszuloten, anstatt sich nur ein neues Arsenal zuzulegen. Oder ist das Ziel, die Wirtschaft mit noch mehr Rüstungsausgaben anzukurbeln? Ein alter Trick: Angst verkaufen, Rüstung finanzieren, und wenn’s dann doch nicht knallt, wenigstens die Profite kassieren.

TIP:  Wichtig und Richtig, oder Zensur

Der Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln – oder?

Carl von Clausewitz ist schuld. Zumindest, wenn es um diese fatalistische Haltung geht, die Politik und Krieg als zwei Seiten derselben Medaille sieht. Wenn man erst einmal an diesen Gedanken gewöhnt ist, scheint es geradezu naiv, keinen Krieg zu erwarten. Und doch haben sich viele Großmächte genau damit über lange Zeit hinweg arrangiert: mit der Kunst der Diplomatie, des stillen Aushandelns, der Drohgebärden, die eben nicht in einen heißen Krieg münden.

Heute scheint diese Haltung als antiquiert zu gelten. Politiker, die sich für eine diplomatische Lösung starkmachen, werden als Weichlinge verspottet. Krieg aber ist ein Spiel mit dem Feuer. Und so, wie man keine Streichhölzer an ein Benzinfass hält, sollte man auch nicht leichtfertig mit Kriegsprophezeiungen um sich werfen. Außer natürlich, man hat Aktien in der Rüstungsindustrie. Dann ergibt plötzlich alles Sinn.

Fazit: Krieg verhindern ist nicht feige, sondern klug

In einer Welt, in der selbst ernste Politik oft zum medialen Spektakel verkommt, scheint die simple Wahrheit zu verblassen: Krieg ist kein unvermeidliches Schicksal. Er ist das Ergebnis von Entscheidungen. Und Entscheidungen kann man anders treffen. Statt sich in Untergangsrhetorik zu üben, wäre es vielleicht ratsam, die Zeit für genau das zu nutzen, was angeblich niemand mehr ernst nimmt: Diplomatie. Und wenn das zu langweilig ist, dann vielleicht, weil wir die falschen Politiker haben.

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