Europa beim Klimaminigolf
Europa liebt es, der Klassenbeste zu sein. Vor allem in jenen Fächern, die niemand anders freiwillig belegt. Während die Weltmächte lässig am Rand stehen, Popcorn knabbern und gelegentlich anmerken, dass man sich vielleicht nicht in die Knie schießen sollte, bevor man auf die Rennstrecke geht, poliert Europa stolz seine selbst auferlegten Klimaziele, als handle es sich um olympische Medaillen im moralischen Hochleistungssport. Die Devise lautet: Wenn wir schon untergehen, dann zumindest mit einem zertifizierten CO₂-Fußabdruck pro Kopf, der uns als Heilige in die Geschichtsbücher eingehen lässt.
Doch die Frage, die im Raum steht wie ein schlecht gelüfteter Sitzungssaal nach einem 12-Stunden-Energiegipfel: Warum ruiniert sich ein Kontinent selbst – und erwartet Applaus dafür? Warum glaubt man, die Welt rette sich, wenn man in Mitteleuropa den Industriestecker zieht, während andere fleißig neue Kraftwerke bauen, die aussehen, als würden sie mit Drachenfeuer betrieben?
Die große Ökologische Erleuchtung: Wenn Ideologie die Physik schlägt
Man könnte meinen, Energiepolitik sei ein Gebiet, auf dem Naturgesetze gelten. Ein fataler Irrtum! In Europa hat man längst entdeckt, dass sogenannte „physikalische Realitäten“ nichts als lästige Details sind, die man flexibel interpretieren kann – wie Steuersätze, Versprechen oder die Haltbarkeit von Regierungskrisen.
Windstille? Ein rechtsradikales Konstrukt. Dunkelflaute? Ein kolonialistisches Narrativ. Netzengpässe? Nur eine Frage der inneren Einstellung. Hauptsache, die Dächer glitzern im Photovoltaikrausch. Dass man damit ein Stromnetz füttert, das bereits beim Einschalten eines Wasserkochers Schnappatmung bekommt, wird großzügig übersehen.
Und während paneelbedeckte Siedlungen stolz ihrer eigenen Stromproduktion frönen, merken sie erst später, dass sie ihren Solarstrom genau dann nicht brauchen, wenn er produziert wird – und genau dann nicht haben, wenn sie ihn benötigen. Aber solange das moralische Wohlbefinden stimmt, ist es doch egal, ob die Lichter ausgehen.
Infrastruktur? Ja, aber bitte nur theoretisch.
Jedes Großprojekt wird blockiert. Nicht manchmal. Immer. Besonders gern von jenen, die es am nächsten Tag fordern. Ein paradoxes Schauspiel, das nur Europa in dieser einzigartigen choreografischen Perfektion vollführen kann:
„Wir wollen mehr erneuerbare Energie!“
„Gut, hier ist der Antrag zum Netzausbau.“
„Nein, nicht SO!“
„Dann Windkraft?“
„Nicht DORT!“
„Dann Speicher?“
„Speicher? In MEINER Nachbarschaft??“
Europa gleicht inzwischen einem Patienten, der dringend eine Operation braucht, aber sämtliche Instrumente ablehnt: Skalpell? Zu scharf. Narkose? Zu chemisch. Verband? Zu kolonial. Ergebnis: Man blutet fröhlich weiter, aber mit moralischer Eleganz.
Wenn die Industrie zum Deko-Objekt wird
Man könnte fast meinen, Wirtschaftswachstum sei optional – wie eine Garantieverlängerung oder das Vorwort in einem Buch, das ohnehin niemand liest. Die Realität: In vielen europäischen Ländern erinnert das wirtschaftliche Fundament an ein Kartenhaus, das man mutwillig in einen Tornado stellt, um anschließend empört zu fragen, warum es nicht steht.
Die Energiepreise steigen wie ein schlecht erzogener Hefeteig, die Wettbewerbsfähigkeit sinkt schneller als die Wahlbeteiligung nach einer gescheiterten Reform, und die Industrie überlegt leise, ob sie nicht doch lieber irgendwohin ziehen soll, wo Strom nicht so teuer ist wie ein Kurzurlaub im Mittelmeerraum.
Doch statt sich zu fragen, wie man ein Land am Leben erhält, wird lieber diskutiert, wie man es klimaneutral zu Grabe trägt.
Klimaneutral 2040: Der Ehrgeiz, der keiner sein wollte
Der Stolz, mit dem manche Regierungen ihre früh datierten Klimaneutralitätsziele präsentieren, gleicht der Begeisterung eines Marathonläufers, der beschließt, die 42 Kilometer rückwärts, barfuß und mit zwei Koffern voller Pflastersteine zu absolvieren – um anschließend festzustellen, dass niemand anderes bereit ist, auch nur zu joggen.
2040 klimaneutral sein? Warum nicht gleich nächste Woche? Der Unterschied wäre marginal, der wirtschaftliche Schaden ähnlich, und die Realismuskurve genauso flach wie der Strompreis hoch.
Das Ganze erinnert an eine Art geopolitischen Beitrag zur Weltkomödie: Ein kleines Land kündigt an, im Alleingang das Klima zu retten – und erwartet ernsthaft, dass die Erdatmosphäre kurz innehält und dankbar nickt.
Die letzte Frage: Wozu das alles – und wer glaubt es noch?
Die Menschen spüren inzwischen, dass etwas faul ist im Staate Klimarettung: Milliarden fließen, Ergebnisse bleiben aus, und das einzige, was zuverlässig steigt, sind die Kosten, die Preise und die Frustration.
Die Bevölkerung versteht zunehmend weniger, wofür sie eigentlich bezahlt. Für moralische Prestigeprojekte? Für internationale Symbolpolitik? Oder für die Illusion eines ökologischen Heldentums, das niemand außerhalb des eigenen Kontinents bemerkt?
Denn die Wahrheit – und sie ist so bitter wie humorvoll – lautet: Das Klima wird sich nicht beeindrucken lassen. Die Wirtschaft hingegen sehr wohl.
Europa rennt voraus, doch niemand folgt. Es ist der einsame Läufer eines Rennens, das niemand sonst gestartet hat – und am Ende gewinnt niemand, weil es gar keinen Preis gibt. Nur eine Erkenntnis:
Man kann die Welt nicht retten, indem man sich selbst abschafft.
Aber man kann dabei sehr überzeugt aussehen. Und vielleicht ist es genau das, was Europa am besten kann.