
République en prière – Wie man ein Land langsam entkernt
Es war einmal ein Land, das nannte sich selbst stolz „laïque“. So stolz, dass es den Begriff der Laizität geradezu exportierte, wie andere Länder Wein, Düfte oder schicke Revolutionsmodelle exportieren. Frankreich war die Wiege der Säkularität, der republikanischen Vernunft, der Entkoppelung von Kirche und Staat – ein Land, das, um es mit den Worten seiner Universalisten zu sagen, Gott am liebsten in der Garderobe abgegeben hätte, zusammen mit dem nassen Mantel der Vorzeit.
Doch die Zeiten ändern sich. Heute schließt man in Frankreich lieber den Hörsaalflur, um dort Teppiche auszulegen. Der Korridor als Kaaba-Ersatz, die Universität als Notmoschee. Das ist nicht etwa eine Szene aus einem dystopischen Roman, den Houellebecq mal eben zwischen Rotwein und Melancholie hingeschrieben hätte – nein, es ist Realität. Frankreich 2025. Die Republik auf Knien. Wortwörtlich.
Man könnte nun lange darüber diskutieren, ob das ein Zeichen der Offenheit ist, der Multikulturalität, der berühmten französischen „tolérance“. Doch dann müsste man auch darüber sprechen, warum sich diese Toleranz stets als Einbahnstraße entpuppt. Der Islam marschiert voran. Und der laizistische Staat? Der hält ihm die Tür auf, rollt den Teppich aus und bietet noch einen Pfefferminztee an.
Der große Verzicht – Frankreich schafft sich ab, aber mit Stil
Es wäre ja fast lustig, wenn es nicht so tragisch wäre: Da überbietet sich der französische Staat seit Jahrzehnten selbst im Schrumpfen seiner Autorität. Aus der Trennung von Kirche und Staat wurde ein Rückzug des Staates aus der Gesellschaft. Die Kirchen leer, die Moscheen voll – so sieht der Fortschritt aus, wenn man ihn durch die falsche Brille betrachtet.
Die Politiker in Paris – oder besser: in ihren gesicherten Vierteln, wo der Gebetsteppich höchstens als Designobjekt im Concept Store auftaucht – sind inzwischen in einer Art metaphysischer Abwrackprämie unterwegs: Alles, was Frankreich einmal ausmachte, wird entsorgt, in hübsch verpackten Diskursen über Diversität, Inklusion und Postkolonialismus. Wer das kritisiert, ist wahlweise „islamophob“, „reaktionär“ oder gleich ein potenzieller Fall für den Verfassungsschutz.
Es ist der große Verzicht: auf das eigene Erbe, auf die republikanischen Prinzipien, auf die Idee, dass der öffentliche Raum neutral sein sollte – nicht christlich, nicht muslimisch, sondern eben republikanisch. Doch das ist den französischen Eliten längst zu altmodisch geworden. Neutralität ist langweilig, Streit ist unangenehm, und Verteidigung der eigenen Werte gilt als Faschismus mit Handschuhen. Also lieber gleich kapitulieren – das ist einfacher.
Von der Université zur Ummah – Der neue Bildungsauftrag
Es gibt in Frankreich heute Universitäten, in denen Philosophievorlesungen abgesagt werden, weil sich Studenten über „islamophobe Inhalte“ beschweren. Voltaire? Rassist. Sartre? Islamfeindlich. Rousseau? Vermutlich auch nicht halal. Stattdessen organisieren sich auf dem Campus studentische Gruppen, die eher an Religionsgemeinschaften erinnern als an kritische Diskurszirkel. Debatte war gestern. Heute ist es wichtiger, zu wissen, in welche Richtung gebetet wird als in welche Richtung das Denken gehen könnte.
Die Université wird zur Ummah. Das ist natürlich überspitzt – aber Übertreibung war schon immer die Schwester der Wahrheit, zumindest in der Satire. Und Frankreich ist leider längst selbst zur Groteske geworden. Der Citoyen verneigt sich nicht mehr vor der Republik, sondern schaut, ob die Gebetsrichtung korrekt ist. Die Freiheit? Wird gefiltert durch die Angst, jemand könnte beleidigt sein. Gleichheit? Gibt es nur noch unter dem Schleier des Schweigens. Brüderlichkeit? Nur, wenn sie nicht mit Blasphemie verwechselt wird.
Warum die herrschenden Kreise mehr Islamisierung wollen – ein zynisches Gedankenexperiment
Die große Frage bleibt: Warum reicht es den Eliten noch nicht? Warum immer weiter in Richtung einer Gesellschaft, die von Parallelstrukturen durchzogen ist, in der Rechtsstaat und Religion auf Kollisionskurs sind?
Eine mögliche Antwort – und sie ist so bitter wie plausibel – lautet: Weil es für die herrschenden Kreise bequemer ist, mit religiösen Führern zu verhandeln als mit aufgeklärten Bürgern. Der fromme Muslim, der sich an den Imam wendet, stellt keine politischen Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit oder Umverteilung. Er fragt nicht nach Steuerflucht, nach Korruption, nach Vetternwirtschaft in den Eliten. Er will seinen Gebetsraum, seinen halal-Markt, seine religiösen Feiertage. Das ist für die Oligarchie leichter zu handhaben als ein selbstbewusster, kritischer Citoyen, der das System in Frage stellt.
Mit anderen Worten: Der fromme Untertan ist der bessere Bürger, zumindest aus Sicht der Macht. Er lenkt sich selbst ab, hält sich selbst in Schach, und wenn er unzufrieden ist, betet er eben mehr. Ein Volk auf den Knien protestiert nicht.
Frankreich im Endspiel – Das große Schweigen der Intellektuellen
Wo bleibt eigentlich die große intellektuelle Offensive gegen diesen Selbstmord auf Raten? Wo sind die Denker, die Schriftsteller, die Philosophen, die sonst jedes Unrecht wortgewaltig beklagen? Sie sind merkwürdig still. Vielleicht, weil sie wissen, dass das nächste Shitstorm-Fatwaschreiben schneller kommt als der literarische Preis. Vielleicht, weil sie Angst haben, nicht mehr eingeladen zu werden – weder zum Ramadan-Fastenbrechen noch zum Empfang im Élysée.
Es ist ein Schweigen, das laut ist. Ein Schweigen, das den kulturellen Selbstmord begleitet wie die sanften Klänge eines Muezzinrufs über den Dächern von Marseille oder Roubaix.
Man darf es ja nicht falsch verstehen: Es geht nicht um Muslime, sondern um einen Staat, der den eigenen Rückzug als Fortschritt verkauft. Der eigene Werte verramscht, aus Angst vor dem nächsten Eklat. Der lieber den Korridor sperrt, als den Konflikt zu riskieren.
Die letzte Pointe – und sie ist bitter
Frankreich, das Land der Revolution, der Aufklärung, der laizistischen Prinzipien, ist heute ein Staat, der vor seinem eigenen Schatten Angst hat. Es ist, als ob man einem Patienten, der an innerer Blutung leidet, immer wieder die Lippen schminkt, damit er frischer aussieht.
Man könnte lachen – wenn es nicht so traurig wäre. Aber wer lacht, lebt bekanntlich länger. Und in einem Land, das sich selbst aufgibt, muss man wenigstens den Galgenhumor behalten. Schließlich ist das der letzte Rest von Souveränität, der einem bleibt.