Vergelt’s Gott, Frau Minister

In den ehrwürdigen Hallen des Bundeskanzleramts zu Wien, wo die Geschichte Österreichs in jedem Winkel flüstert und die Schatten vergangener Staatsmänner und -frauen über die polierten Marmorböden huschen, hat sich jüngst eine Szene abgespielt, die selbst den abgebrühtesten Beobachter der politischen Bühne zum Stirnrunzeln bringt. Bundesministerin Claudia Plakolm, frisch ernannt und voller Tatendrang, ließ es sich nicht nehmen, ihr neues Büro von Erzbischof Franz Lackner segnen zu lassen. Ein Akt, der in seiner Symbolik so reichhaltig ist wie ein barockes Gemälde, aber in seiner Botschaft ebenso zwiespältig wie ein schlecht komponiertes Menuett.​

Die heilige Allianz von Staat und Kirche

Man stelle sich vor: In einem säkularen Staat, der stolz auf seine Trennung von Kirche und Staat verweist, wird das Büro einer Regierungsvertreterin mit Weihwasser besprengt, als wäre es ein frisch getauftes Kind. Erzbischof Lackner, seines Zeichens Vorsitzender der Bischofskonferenz und somit oberster Hirte der katholischen Herde in Österreich, schwingt den Weihwedel über den Schreibtisch der Ministerin, während die Kabinettsmitarbeiter andächtig das Haupt senken. Ein Bild für die Götter – oder vielmehr für die Chronisten der politischen Satire.​

Ein schlechtes Vorbild für alle Andersgläubigen

Doch was sagt dieser Akt aus in einem Land, das sich der Integration verschrieben hat? Wie mag sich ein Bürger muslimischen, jüdischen oder konfessionslosen Glaubens fühlen, wenn er sieht, dass höchste Regierungsämter mit christlichen Ritualen eingeweiht werden? Ist dies das Signal einer offenen, pluralistischen Gesellschaft, die alle Religionen und Weltanschauungen gleich behandelt? Oder manifestiert sich hier eine subtile Botschaft, dass einige Glaubensrichtungen eben doch näher am Machtzentrum sind als andere?​

Die Themenverfehlung einer Integrationsministerin

Frau Plakolm, in ihrer Funktion auch zuständig für Integration, hätte hier die Chance gehabt, ein Zeichen der Neutralität und Offenheit zu setzen. Stattdessen wählt sie den Weg der konfessionellen Einseitigkeit und lässt ihr Büro im Beisein des Klerus segnen. Eine Themenverfehlung, die in ihrer Deutlichkeit kaum zu überbieten ist. Man könnte fast meinen, die Ministerin habe das Kapitel über die Trennung von Kirche und Staat in ihrem politischen Handbuch überblättert.​

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Vergelt’s Gott, Frau Ministerin!

In Anbetracht dieser Geschehnisse bleibt dem staunenden Beobachter nur noch, der Ministerin ein herzliches „Vergelt’s Gott“ zuzurufen – nicht ohne eine gehörige Portion Ironie. Denn wenn die Grenzen zwischen Staat und Kirche derart fließend sind, könnte man fast meinen, wir befänden uns im Österreich des 19. Jahrhunderts, als der Klerus noch direkten Einfluss auf die Staatsgeschäfte hatte. Doch nein, wir schreiben das Jahr 2025, und solche Bilder sollten eigentlich der Vergangenheit angehören.​

Ein humorvoller Blick auf ernste Fragen

Natürlich könnte man all dies als harmlose Folklore abtun, als liebenswerten Anachronismus in einer sonst so nüchternen politischen Landschaft. Doch gerade in Zeiten, in denen Integration und Gleichbehandlung aller Bürger höchste Priorität haben sollten, wirken solche Aktionen wie ein Schritt zurück in vergangene Zeiten. Vielleicht sollte man der Ministerin beim nächsten Mal statt eines Erzbischofs einen interreligiösen Chor vorschlagen, der mit einem fröhlichen Lied die Vielfalt und Offenheit unseres Landes besingt. Das wäre dann wahrlich ein Segen für alle.

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