
Ein Vorspiel im ewigen Theater der Macht
Wenn die Geschichte sich wiederholt, dann diesmal offenbar als Groteske, inszeniert in einem Provinztheater, dessen Intendanten allesamt der Überzeugung sind, ihre dilettantischen Improvisationen könnten mit Shakespeare konkurrieren. Donald Trump und Wladimir Putin, die beiden ergrauten Titanen des Machtzirkus, treffen sich in Alaska, um die Welt zu retten oder wahlweise zu verkaufen – man ist sich da nie ganz sicher. Und während die Schlagzeilen der internationalen Presse sich überschlagen, dass der Zar des Kreml und der selbsternannte Kaiser von Mar-a-Lago erneut die Bühne betreten, verschiebt Österreich seine Aufmerksamkeit in eine Richtung, die so fern von Weltpolitik ist, wie ein Schaf von der Relativitätstheorie.
Denn während Alaska vor Blitzlichtgewitter erstrahlt, macht sich in Belgrad ein anderes, deutlich provinzielleres Treffen bemerkbar: Bundeskanzler Stocker – ein Name, der sich liest wie ein Tippfehler und klingt wie ein Zwischenruf im Wirtshaus – sucht das Gespräch mit Marko Arnautovic, dem ewig pubertierenden Nationalkicker, der trotz seiner Karriere im Ausland stets so wirkt, als würde er gleich mit einer Faust durch den Tisch schlagen, wenn ihm die Mehlspeise nicht passt.
Die Selbstverzwergung einer Nation
Österreichs neuerlicher Auftritt auf der Weltbühne – wenn man es denn so nennen will – gleicht weniger einem Akt ernsthafter Politik als einem kollektiven Abschiedskonzert. Wo früher Kreisky immerhin noch die Pose des Weltweisen meisterte, wo Vranitzky immerhin im Smoking neben Kohl und Mitterrand nicht ganz verloren aussah, wo Schüssel sich wenigstens einbildete, in Brüssel etwas zu gelten, da steht nun Stocker, der Kanzler der Herzen von Hintertupfing, im Trainingsanzug neben Arnautovic und glaubt, mit einem symbolischen Handschlag in Belgrad geopolitische Relevanz zu demonstrieren.
Was Trump und Putin in Alaska an geopolitischer Muskelspielerei zelebrieren – Öl, Gas, Rüstungsabkommen, das Ende des Westens oder dessen groteske Wiederauferstehung – das reduziert Stocker auf das patriotische Selfie mit dem Stürmer, der schon länger kein Tor mehr geschossen hat als der Kanzler einen klaren Satz ohne Gemeinplatz. Die Nation sieht zu und seufzt, und man spürt in den Wirtshäusern, dass sich die kollektive Erkenntnis durchsetzt: Wir sind nicht mehr dabei. Nicht in Brüssel, nicht in Washington, nicht in Moskau. Wir sind nicht einmal mehr Nebendarsteller, sondern höchstens jene Statisten, die man versehentlich im Hintergrund vergisst, wenn die Kamera schwenkt.
Vom großen Welttheater zum Regionalkabarett
Es ist eine besondere Kunst, sich selbst so nachhaltig aus der Geschichte zu verabschieden, dass man nicht einmal mehr als Anekdote bleibt. Österreich, dieses Land, das einst den Funken entzündete, der die Welt in Brand setzte (1914 lässt grüßen), hat den einzigartigen Trick vollbracht, hundert Jahre später in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden wie ein alter Operettenstar, der immer noch im Kostüm herumläuft, aber niemanden mehr findet, der zuhört.
Während also Alaska als Bühne der geopolitischen Verhandlungen dient, spielt Österreich in Belgrad eine Farce, die selbst Karl Kraus als zu plump verworfen hätte. Stocker und Arnautovic – das klingt wie ein Kabarettduo, das in drittklassigen Kleinkunstbühnen zwischen Schweinsbraten und Apfelstrudel auftritt. „Meine Damen und Herren, wir zeigen Ihnen heute: Die Zukunft Österreichs! Der eine redet, der andere schießt daneben!“ – und das Publikum lacht, nicht weil es witzig ist, sondern weil es wehtut.
Die endgültige Kapitulation vor der Bedeutungslosigkeit
Man sollte sich nicht täuschen: Das alles ist nicht bloß Peinlichkeit, es ist Strategie. Österreich will gar nicht mehr relevant sein. Relevanz bringt Verantwortung, Verantwortung bringt Kritik, Kritik bringt Mühe. Da bleibt man doch lieber klein, süß und belanglos, irgendwo zwischen Mozartkugel und Melange, und lässt die Großen ihre Spielchen spielen. Man könnte meinen, es sei ein genialer Plan: Indem man sich selbst zur Randnotiz degradiert, entzieht man sich jeder Verpflichtung.
Nur: Ein Land, das sich so freiwillig aus der Geschichte verabschiedet, läuft Gefahr, nicht einmal mehr als Ferienziel ernst genommen zu werden. Bald wird man in Brüssel sagen: „Österreich? Ach, das ist doch dieses kleine Land mit den Skigebieten und dem Kanzler, der gern Fußballer trifft.“ Und in Washington wird man schulterzuckend antworten: „Ach so, das Disneyland der Alpen. Nett, aber unwichtig.“
Epilog: Der Walzer ins Vergessen
So tanzt Österreich seinen letzten Walzer, nicht mehr auf den Parketten Europas, sondern auf dem Linoleumboden einer serbischen Sporthalle, wo der Bundeskanzler versucht, mit einem Fußballer politische Gravitas zu simulieren. Und während Trump und Putin in Alaska um die Welt streiten, hat Österreich längst beschlossen, dass die Welt ohne uns besser zurechtkommt.
Man könnte lachen, wenn es nicht so traurig wäre. Man könnte weinen, wenn es nicht so lächerlich wäre. Aber man bleibt am Ende einfach sitzen, nippt an seinem Verlängerten, und denkt sich: Vielleicht ist es gar nicht so schlimm. Denn wer nichts mehr zu sagen hat, kann wenigstens auch nichts mehr Falsches sagen.
Und das, so könnte man meinen, ist die österreichische Form von Weltpolitik: ein eleganter Rückzug ins süße Nichts.