Der III. Weltkrieg kommt ungelegen

Der bunte Wertewesten hat sein Pulver bereits für den kleinen Schauspieler aus Kiew verpulvert

Es war einmal in einem fernen Land namens WerteWesten, wo Freiheit, Demokratie und das Recht auf Netflix heilig waren. In dieser bunten, pluralistischen Idylle schien alles möglich. Man konnte wählen, ob man an die Natur glaubte oder lieber der Klimakatastrophe frönte, sich zwischen gendersensibler Sprache und denglischen Phrasen entscheiden oder einfach alles ignorieren und Influencer werden. Eines Tages kam jedoch ein kleiner Schauspieler aus Kiew – ein Mann, dessen frühere Bühnenleistungen niemand so recht kannte, doch dessen gegenwärtige Rolle alle umso besser verstanden: Er war der Held in einem Drama, das der Welt den moralischen Spiegel vorhalten sollte.

Und der WerteWesten, stets mit einem Blick auf die Leinwand und den anderen auf die Aktienkurse, war sofort Feuer und Flamme. Die Bühnenbretter, die für Freiheit und Menschenrechte standen, wurden mit Bombenwerfern und Panzern ersetzt. Kein Preis war zu hoch, keine Unterstützung zu klein für den tapferen Kämpfer aus Kiew, der das Böse – ja, das wahrhaftig Böse – in Form eines bärigen Nachbarn aus dem Osten bekämpfte. Ein Mann, der seit Jahren im Schatten lauerte, um endlich das heilige Bündnis aus Markenwerten und Konsumfreiheit anzugreifen.

Doch da gab es ein klitzekleines Problem. Der WerteWesten hatte, wie es seine Natur ist, mal wieder etwas übertrieben. Mit einem Enthusiasmus, den man sonst nur beim Black Friday oder der neuesten Staffel einer Casting-Show erlebt, hatte er alles verpulvert, was in seinen Waffenkammern lag. Nicht für den Frieden, nein – denn das ist so 20. Jahrhundert – sondern für den Krieg. Für den kleinen Schauspieler aus Kiew. Und jetzt, wo das Pulver alle war, klopfte jemand anderes an die Tür. Jemand, den man seit Jahren nicht ernst genommen hatte, weil er eben nicht so schöne Filme machte oder den westlichen Diskurs mit exotischem Flair bereicherte. Es war das Kalifat. Und es wollte sein Stück vom Kuchen.

Der III. Weltkrieg kommt immer zur falschen Zeit

Was für ein Timing! Gerade jetzt, wo die letzte Rakete in Richtung des bärigen Nachbarn abgeschossen war, stellte sich heraus, dass die wahren Feinde nicht im Osten, sondern in den eigenen Städten lauerten. Der III. Weltkrieg, der sich aus den Trümmern der modernen Diplomatie erhebt, ist ein Krieg, der nicht mit Drohnen und High-Tech zu gewinnen ist, sondern in den Köpfen und Herzen der Menschen. Der Krieg zwischen Kalifat und Freiheit ist längst nicht mehr nur ein Hirngespinst verstaubter Geopolitiker oder populistischer Demagogen. Er tobt bereits. Und während der WerteWesten noch über die Definition von „Freiheit“ debattiert und Gender-Toiletten als revolutionären Fortschritt feiert, ziehen die Anhänger des Kalifats leise, aber zielstrebig ihre Kreise.

Das Problem? Der WerteWesten hat keinen Plan. Denn wer konnte schon ahnen, dass nach Jahren des Multikulturalismus, des offenen Dialogs und der grenzenlosen Toleranz plötzlich eine Kultur aufstehen würde, die sich nicht integrieren lassen will? Die statt bunter Vielfalt eine schwarz-weiße Weltsicht propagiert, in der es keine Netflix-Abonnements, dafür aber jede Menge Regeln gibt? Regeln, die mit der Freiheit des Westens so viel gemeinsam haben wie veganes Hackfleisch mit einem saftigen Steak.

Die Stadtviertel, die man so großzügig den „Neubürgern“ überlassen hatte, wurden zu No-Go-Areas, in denen die Sharia mehr Gewicht hat als das Grundgesetz. Aber wer will schon so kleinlich sein? Schließlich hat der WerteWesten weitaus Wichtigeres zu tun: Den Krieg des kleinen Schauspielers finanzieren, der längst zum Prestigeprojekt verkommen ist. Dass dabei das Pulver für den Kampf gegen den echten Feind ausgegangen ist, stört niemanden. Oder zumindest niemanden in den Redaktionsstuben der Leitmedien, die lieber über das nächste Gendersternchen diskutieren als über den Verlust der europäischen Städte.

Die Städte Europas fallen. Auf Einladung.

Aber kommen wir zum Wesentlichen: Die Städte Europas sind längst erobert. Auf Einladung, versteht sich. Es ist ja nicht so, als ob die Krieger des Kalifats mit Sturmgewehren und Panzerfäusten durch die Straßen ziehen würden. Nein, das ist viel subtiler. Sie kamen als Gäste. Sie kamen als Bereicherung. Sie kamen, weil der WerteWesten es so wollte. Und als sie ankamen, fanden sie eine Gesellschaft vor, die sich selbst nicht mehr verstand, die sich in einem bizarren Wettstreit um den moralisch korrektesten Standpunkt aufgerieben hatte. Eine Gesellschaft, die dermaßen mit sich selbst beschäftigt war, dass sie nicht merkte, wie ihre Werte langsam aber sicher unterwandert wurden.

Natürlich gab es Warnungen. Stimmen, die darauf hinwiesen, dass es vielleicht keine so gute Idee sei, unkontrolliert Menschenmassen aus Regionen aufzunehmen, in denen das Wort „Freiheit“ nicht denselben Klang hat wie in den Cafés von Paris oder Berlin. Aber diese Stimmen wurden schnell zum Schweigen gebracht. Es war nicht politisch korrekt. Es war nicht weltoffen. Und es passte vor allem nicht in das Narrativ der grenzenlosen Toleranz.

Nun aber ist der Tag gekommen, an dem der WerteWesten aufwachen muss – sofern er noch kann. Denn während er sich darauf konzentrierte, einen Krieg zu führen, der ihm Prestige und moralischen Glanz einbrachte, hat er den Krieg verloren, der wirklich zählt. Den Krieg um die eigene Kultur. Den Krieg um die eigene Identität. Den Krieg, der nicht in fernen Ländern, sondern in den eigenen Straßen tobt.

Das Kalifat und die Freiheit

Die Anhänger des Kalifats, die in den Städten des WerteWestens Fuß gefasst haben, sind nicht einfach nur Migranten. Sie sind auch nicht nur Menschen, die eine bessere Zukunft suchen. Sie sind die Vorboten einer Kultur, die mit der westlichen Idee von Freiheit und Individualismus nicht kompatibel ist. Das ist nicht unbedingt ihre Schuld. Sie tun nur das, was sie für richtig halten. Das Problem liegt im WerteWesten selbst, der so sehr an seine eigene Überlegenheit glaubt, dass er nicht merkt, wie diese Überzeugung ihn blind gemacht hat.

Denn was ist Freiheit wert, wenn sie nicht verteidigt wird? Was sind Rechte und Freiheiten wert, wenn man sie jedem, der kommt, bedingungslos gewährt, ohne zu hinterfragen, ob diese Person überhaupt daran interessiert ist, diese Rechte und Freiheiten zu respektieren? Der WerteWesten hat sich selbst entwaffnet, indem er seine Grenzen nicht nur physisch, sondern auch ideologisch geöffnet hat.

Die Anhänger des Kalifats haben das längst erkannt. Sie wissen, dass sie in einem Krieg stehen, den sie nicht mit Waffen gewinnen müssen. Sie gewinnen ihn, indem sie einfach da sind, indem sie sich vermehren, indem sie ihre Werte und Überzeugungen in die Lücken pflanzen, die der WerteWesten selbst geschaffen hat.

Ein Feuerwerk der Ignoranz

Es ist fast schon tragisch, wenn man darüber nachdenkt. Der III. Weltkrieg, dieser große Krieg zwischen Kalifat und Freiheit, tobt bereits – und der WerteWesten, der einst stolz darauf war, die Fackel der Freiheit hochzuhalten, hat sich entschieden, die Augen zu verschließen. Man ist zu beschäftigt, die nächste große moralische Kampagne zu planen oder den kleinen Schauspieler aus Kiew zu feiern, um zu merken, dass der wahre Feind längst in den eigenen Reihen steht.

Was wird also passieren, wenn der Pulverrauch sich verzogen hat und der WerteWesten merkt, dass er nicht nur sein Pulver, sondern auch seine Werte verpulvert hat? Wird es ein Aufwachen geben, ein Ruck durch die Gesellschaft, ein Moment der Erkenntnis? Oder wird man einfach weitermachen, wie bisher, den nächsten moralischen Schlachtzug planen und hoffen, dass alles irgendwie gut ausgeht?

Die Wahrheit ist: Der III. Weltkrieg kommt nicht. Er ist schon da. Aber der WerteWesten ist zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um es zu merken.

Quellen und weiterführende Links:

Gatestone Institute: Europe’s Islamization
Douglas Murray: Der Selbstmord Europas
Thilo Sarrazin: Feindliche Übernahme
Ian Buruma: Die zerbrochene Demokratie – Wie der Westen sich selbst zerlegt
Ralph Giordano: Die zweite Schuld

Eine Farce auf Leben und Tod

Wie das IV. Reich mit dem Rollator zur Macht rollt

Manchmal wünscht man sich, die Realität wäre ein schlechter Witz. Doch in einem Land, in dem die Bierkrüge größer als das Vertrauen in den Staat sind, nimmt die Groteske unheimliche Züge an. Man stelle sich vor: Im Schatten der verregneten Nachkriegsjahrzehnte, zwischen Schrebergärten und Seniorennachmittagen, braut sich eine Revolution zusammen. Nicht etwa durch dynamische, ideengetriebene Jugendbewegungen – nein, diesmal kommt der Umsturz auf den wackeligen Beinen der deutschen Rentnerschaft daher, bewaffnet mit dem Rollator und der Bundesadler-Symbolik von vorgestern.

Was wie eine Szene aus einem Kabarettabend in den düstersten Kneipen Berlins klingt, wurde am 6. Dezember 2022 zur schaurigen Realität. An diesem Tag erwachte Deutschland mit einem Schlag aus seinem postdemokratischen Halbschlaf. Eine großangelegte Anti-Terror-Razzia, quer durch die Republik und sogar im Ausland, förderte ein Bündnis zutage, das so altbacken wie ihre Protagonisten selbst war: Ein geplantes Putschversuch, angeführt von einer illustren Gruppe, die in ihrer Blase der Entfremdung eine neue Ordnung herbeiführen wollte – das IV. Reich.

Doch bevor man nun allzu ernsthaft darüber nachdenkt, was diese Möchtegern-Reichsgründung für das politische System bedeutet, lohnt sich ein Blick auf die Akteure. Denn dieser vermeintliche Rentnerputsch, wie er inzwischen in den Medien genannt wird, ist nicht nur eine Gefahr für den Staat, sondern vor allem eine Farce epischen Ausmaßes.

Der Kaiser in der Kompressionstrumpfhose

In den Hauptrollen dieses Stücks der politischen Satire findet sich niemand Geringeres als Heinrich XIII. Prinz Reuß. Ein Name, der auf den ersten Blick klingt wie die Träume eines Nostalgikers, der bei der Nationalhymne noch „Deutschland, Deutschland über alles“ singt. Doch Heinrich XIII. hat offenbar nie aufgehört, an die längst verblassten Fabeln von Monarchie und deutschem Großreich zu glauben. Und während andere Blaublüter sich mit Charity-Galas und Luxushotels begnügen, bastelt unser Prinz an nichts Geringerem als einem neuen deutschen Staat. Natürlich mit ihm selbst als Staatsoberhaupt – wer denn sonst?

Dieser „Staatsmann in spe“ präsentierte sich der Öffentlichkeit vor allem als eine Mischung aus tragikomischem Monarchisten und liebenswert verwirrtem Großvater. Seine Beteiligung an obskuren Firmenkonstrukten, fragwürdigen Netzwerken und das Sammeln von Oldtimern ließen ihn bisher nicht weiter als eine Randfigur der deutschen Exzentrik erscheinen. Doch offenbar hatte er höhere Ambitionen, die weit über den Erwerb von Rolls-Royce-Karossen hinausgingen. Vielleicht war es der Plan, seine Kaffeekränzchen im Schloss gleich zum Kabinettssitzungen zu erheben. Die Ernennung von Ex-Richterinnen und pensionierten Offizieren als Ministerkandidaten deutet jedenfalls darauf hin.

Birgit und der Traum vom Richterstuhl im Rentenpalast

Ein Staat braucht eine starke Justiz, und wer wäre da besser geeignet als eine pensionierte Richterin mit einer politischen Vergangenheit in der AfD? Birgit Malsack-Winkemann, einst ehrenwert im Bundestag, hätte in dieser neuen Ordnung über Recht und Ordnung gewacht – oder das, was in der Putschistenblase dafür durchgehen sollte. Mit ihrem Lebenslauf als langjährige Juristin hätte sie sich wohl gut geeignet gefühlt, den Kurs in dieser „verwirrten Republik“ zu setzen, die sich offenbar aus den Resten einer längst untergegangenen Weltordnung zusammensetzen sollte.

Doch was wäre ein Justizministerium ohne die passenden Fälle? Vielleicht hätte sie die anstehenden Klagen gegen Rollator-Raser auf dem Alexanderplatz in Berlin bearbeitet. Oder die Verfolgung von Rentner-Revoluzzern, die nach dem dritten Schoppen „die alte Ordnung“ heraufbeschwören. Ein Trauerspiel in zwei Akten, doch die Eintrittskarten waren bereits vergriffen.

Der Traum vom militärischen Rollbataillon

Wohlgemerkt: Ein Rentnerputsch kommt nicht ohne militärische Unterstützung aus. Wie es sich für einen Staat im Aufbruch gehört, hatte das IV. Reich bereits begonnen, ein Netzwerk von militärisch organisierten Verbänden aufzubauen – stolze 286 „Heimatschutzkompanien“. Man stelle sich das Bild vor: Ehemalige Offiziere des Kommandos Spezialkräfte (KSK), die ihre besten Tage hinter sich haben, nun in Tarnuniform mit orthopädischen Einlagen und Gehhilfen ausgestattet. Sie hätten den Aufstand bewaffnet durchsetzen sollen – ein Bild von fast schon apokalyptischer Komik.

Mit dem militärischen Teil der Gruppe beschäftigt sich nun das Oberlandesgericht Stuttgart. Es bleibt zu hoffen, dass es weniger um den Einsatz von Sturmgewehren und mehr um die Gefahren für die Hüftgelenke der Beteiligten geht. Doch in aller Ernsthaftigkeit: Dass ehemalige Soldaten und Polizisten bereit waren, ihr Leben für diesen Wahn aufs Spiel zu setzen, ist nicht weniger erschreckend als das Trauerspiel ihrer politischen Naivität.

Rentner vs. Rechtsstaat

700 Polizisten – das ist die Zahl, die nötig war, um diese Rentner-Revolte zu zerschlagen. Schweres Gerät, Kampfmittelräumdienste, Spezialeinheiten: Man hätte fast meinen können, man sei inmitten eines hollywoodreifen Actionfilms, bei dem die feindlichen Truppen schon bereitstehen, den letzten Angriff zu wagen. Doch nein, es war nur eine Razzia gegen Reichsbürger und andere verlorene Seelen, die von einer besseren, einfacheren Welt träumen.

Der letzte Akt des Rentnerputschs ist jedoch kein großes Finale, sondern eher eine Farce, die ihre eigenen Widersprüche aufzeigt. Eine Gruppe, die sich auf alten Ideologien und realitätsfernen Wunschvorstellungen aufbaut, wurde innerhalb weniger Monate von den Behörden gestoppt. Und während die Prozesse gegen die Hauptbeschuldigten an den Oberlandesgerichten Frankfurt, Stuttgart und München beginnen, bleibt uns als Gesellschaft eine wichtige Erkenntnis: Der Rollator ist nicht die geeignete Waffe für einen Umsturz.

Der IV. Rentner-Reich

Was bleibt, ist der Nachgeschmack einer politischen Posse, die sich zwischen Wahnsinn und Lächerlichkeit bewegt. Der „Rentnerputsch“ ist weniger ein ernsthaftes Aufbäumen gegen das politische System als vielmehr ein Symptom einer alternden, entwurzelten Gesellschaft, die in ihren Erinnerungen an eine vermeintlich „bessere Zeit“ lebt. Sie ist unfähig, sich der Gegenwart zu stellen, und greift stattdessen auf bizarre Fantasien zurück, die irgendwo zwischen Kaiserreich und Kaltem Krieg stagnieren.

Das IV. Reich kommt also nicht mit Panzern und Sturmgewehren. Es kommt mit Rollatoren und Prothesen, begleitet von einer verblassten Erinnerung an ein Land, das so nie existiert hat. Und während wir darüber lachen – und das sollten wir unbedingt –, dürfen wir den Ernst der Lage nicht verkennen. Denn der Weg von der Groteske zur Gewalt ist manchmal erschreckend kurz.

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Ein Synonym für familiäre Harmonie

Clans in den Städten: Hochkriminell, aber ohne Clankriminalität

Worte sind mächtige Waffen. Sie können Schlachten entscheiden, Kriege auslösen und manchmal – ganz selten – die öffentliche Meinung verändern. Es ist daher besonders erstaunlich, wie feinsinnig und geradezu kunstvoll der Begriff „Clan“ in der deutschen Medien- und Politikwelt jongliert wird. Eine Präzisionsarbeit, die einem Chirurgen mit zittriger Hand und übermäßiger Empathie für seine Schnitte gleicht. Denn eines wissen wir sicher: Es gibt Clans in unseren Städten. Sie sind da, sie existieren, sie operieren. Aber wehe, man wagt es, von „Clankriminalität“ zu sprechen – das wäre ja stigmatisierend!

Wir bewegen uns also im semantischen Minenfeld. Während in den Kiezen dieser Nation „clanbasierte Familienbetriebe“ gedeihen, die vor wirtschaftlichem Eifer förmlich überlaufen, wird in den Debattensälen der Republik ein diskursiver Eiertanz vollzogen. Da wird geschwitzt, argumentiert, herumlaviert – und am Ende bleibt die Erkenntnis: Die bloße Existenz krimineller Clans ist nicht das Problem. Das wahre Verbrechen ist das Wort „Clankriminalität“. Denn Sprache ist Macht, und wo kämen wir hin, wenn wir uns erlaubten, Dinge beim Namen zu nennen?

Ein sprachliches Wunderwerk der Moderne

Betrachten wir die kriminellen Aktivitäten der Clans einmal nüchtern. Es gibt Schutzgelderpressungen, Drogenschmuggel, Menschenhandel und Geldwäsche. Das alles sind altbekannte Delikte, die über Jahrhunderte hinweg ihren festen Platz in den Chroniken der Kriminalität gefunden haben. Doch seit einigen Jahren haben wir es mit einem neuen Phänomen zu tun, das die Behörden vor eine nie dagewesene Herausforderung stellt: Kriminalität ohne Adjektiv.

Man stelle sich das vor: Hochkriminelle Strukturen, die es tatsächlich geschafft haben, sich von jeglicher beschreibenden Einordnung zu emanzipieren. „Clankriminalität“? Zu spezifisch! Zu belastend für jene ehrbaren Familien, die nur zufällig in Zusammenhang mit kriminellen Machenschaften stehen. „Organisierte Kriminalität“? Schon besser, aber auch hier schwingt ein unangenehmer Unterton mit, der vielleicht dazu führen könnte, dass sich Einzelne diskriminiert fühlen.

Der Wunsch der politisch Verantwortlichen, uns vor der Unanständigkeit der Wahrheit zu bewahren, hat daher zu einer erstaunlichen Sprachschöpfung geführt: Kriminalität ohne festem Kontext, ohne klares Subjekt, ohne greifbare Struktur. Die Verbrechen geschehen, ja. Aber wer sie begeht? Nun, das ist eine ganz andere Frage. Und es wäre wirklich unfair, hier vorschnelle Urteile zu fällen.

Familienbetriebe mit Tradition

Es wäre jedoch ungerecht, die Clans nur als kriminelle Netzwerke zu beschreiben. Schließlich ist das „Clanbusiness“ oft ein regelrechtes Erfolgsmodell der Integration. Wer würde sich sonst um die Sicherstellung von Steuervermeidungstechniken kümmern oder den Drogenmarkt mit derartiger Effizienz und Professionalität regulieren? In einer globalisierten Welt, die von Monopolen und Konzernkartellen dominiert wird, setzen die Clans ein starkes Zeichen für Familienbetriebe, Hand in Hand mit einer jahrzehntelangen Tradition der Selbstständigkeit.

Der Erfolg dieser Modelle liegt in ihrer Langlebigkeit und der Fähigkeit, generationenübergreifend zu funktionieren. Ein Clan ist nicht nur eine kriminelle Vereinigung, er ist eine Gemeinschaft von Familien, die gemeinsam gedeihen – und das unter Bedingungen, die für gewöhnliche Unternehmen in derart kurzen Zeiträumen nicht zu schaffen wären. Während der Bäcker von nebenan unter der Last der deutschen Bürokratie zusammenbricht, florieren diese „Familienunternehmen“ in der Schattenwirtschaft. Selbstständigkeit ist hier das Schlüsselwort – und ein Begriff, den man in die Erfolgsgeschichten deutscher Immigrantengruppen einordnen könnte, wenn man nur nicht auf so unschöne Nebensächlichkeiten wie das Strafgesetzbuch achten würde.

Der Tanz der Unschuldigen im Kreis der Verantwortungslosigkeit

Aber wie sieht es auf der anderen Seite der Medaille aus? Wie gehen Staat und Gesellschaft mit diesen agilen Familienbetrieben um? Nun, die Polizei spricht unermüdlich von „Einzelfällen“, die Justiz verliert sich in der schieren Masse an „Komplexitäten“ und der Rest der Bevölkerung zuckt bloß mit den Schultern, während die Stammtischdiskussionen mit verschwörerischen Mutmaßungen über „den Staat“ enden, der ja angeblich sowieso nichts gegen diese Clans unternimmt.

Da ist etwas Wahres dran: Man könnte sich fragen, warum die Polizei angesichts der offensichtlichen kriminellen Aktivitäten nicht durchgreift. Doch die Antwort ist ebenso einfach wie erbarmungslos: Es handelt sich ja nicht um Clankriminalität! Die Verbrechen geschehen in einem Vakuum. Sie sind wie Regenwolken, die über der Stadt hängen und ihren Unheil vergießen, ohne dass man so genau wüsste, wer die Regenwolke eigentlich in Auftrag gegeben hat.

So bewegt sich die Polizei wie ein verzweifelter Tänzer in einem überfüllten Club. Sie will greifen, will fassen, will handeln – aber der Soundtrack des politisch korrekten Diskurses lässt sie im Takt verharren. Immerhin: Bei jeder Razzia, die angekündigt und artig medienwirksam inszeniert wird, bleibt das Wort „Clan“ peinlichst ungenannt. Ein gewaltiger Fortschritt im Kampf gegen die Verbrechen, die nicht benannt werden dürfen.

Stigmatisierung durch Wahrheit

Und hier liegt der eigentliche Kern des Problems: das drohende Gespenst der „Stigmatisierung“. Wir leben schließlich in einer Gesellschaft, in der das Schlimmste, was einem Menschen passieren kann, nicht das Begehen eines Verbrechens ist, sondern die öffentliche Zuschreibung dieses Verbrechens an eine klar definierte Gruppe. Niemand will stigmatisieren. Denn die Stigmatisierung ist der letzte Schritt, bevor der gesellschaftliche Frieden zerbricht, bevor die Gruppenzugehörigkeit über das Individuum siegt. Es ist daher umso lobenswerter, dass sich die Politik entschieden hat, das Problem der Clankriminalität durch eine einfache, aber geniale Lösung zu lösen: Es gibt sie nicht.

Ein Hoch auf die politische Korrektheit! Sie erlaubt es uns, die Realität so zu biegen, dass sie in die moralischen Schablonen passt, die wir uns über Jahre hinweg gebastelt haben. Kriminalität darf nur dann Kriminalität genannt werden, wenn sie uns keine sozialen oder politischen Unannehmlichkeiten beschert. Clans? Das klingt doch schon viel zu vorbelastet. Sagen wir doch einfach: „kulturell geprägte Großfamilien mit erweiterter Erwerbstätigkeit.“

Eine Zukunft ohne Clankriminalität

Wo führt uns das alles hin? In eine wunderschöne, politisch korrekte Zukunft, in der Verbrechen selbstverständlich weitergeschehen – aber niemand mehr darüber spricht. Zumindest nicht in einer Weise, die jemanden beleidigen könnte. Wir können uns auf die Schulter klopfen: Es gibt Clans, es gibt Kriminalität, aber keine Clankriminalität. Eine brilliante rhetorische Meisterleistung, die nur in einer Gesellschaft möglich ist, in der das Benennen von Problemen gefährlicher erscheint als die Probleme selbst.

Vielleicht, nur vielleicht, könnte es hilfreich sein, ab und zu doch die Dinge beim Namen zu nennen. Aber wer braucht schon Ehrlichkeit, wenn man stattdessen durch die zynischen Schleier des Nicht-benennens segeln kann? Lasst uns weiterhin im politischen Ballett der Unverbindlichkeit tanzen. Denn eines ist klar: In einer Welt, in der Stigmatisierung schlimmer ist als Kriminalität, gibt es nichts Wichtigeres, als den schönen Schein zu wahren.


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Der Schatten der Worte

Antisemitismus mit internationalem Antlitz

Wenn die Weltpolitik eine Bühne ist, dann sind die Akteure nicht nur Schauspieler, sondern auch Regisseure ihrer eigenen Dramen. Im Zentrum dieses globalen Theaters steht der UN-Generalsekretär António Guterres, der mit seinen jüngsten Äußerungen zur Eskalation des Nahostkonflikts die Zuschauer spaltet. Seine Worte, die in der Abstraktion der Diplomatie schwingen, werfen nicht nur Fragen nach der Balance in den internationalen Beziehungen auf, sondern auch nach den grundlegenden moralischen Imperativen, die einem solchen Amt zugrunde liegen sollten. Was geschieht, wenn eine Stimme, die für Frieden und Sicherheit stehen sollte, in einem Meer von Relativismus und Unsicherheit ertrinkt?

Das Versagen der Worte

Es ist ein nicht zu übersehendes Versäumnis, dass Guterres in seiner Verurteilung der Gewalt im Nahen Osten nicht einmal das Wort „Israel“ in den Mund nimmt. Stattdessen verhüllt er seine Aussagen in eine undifferenzierte Sprache, die das Gefühl vermittelt, als sei die Realität ein schwammiges Konstrukt, das man nach Belieben formen kann. Was soll der Bürger, der auf der Suche nach Klarheit und Wahrheit ist, von einem solchen Ansatz halten? Ist dies nicht eine subtile Form des Antisemitismus, eine verzeihliche Häresie im großen Buch der internationalen Diplomatie? In einer Zeit, in der die Gewalt in den Straßen Jerusalems und Gaza die Luft zum Schneiden dick macht, wird die Stimme des Generalsekretärs zur Flüstertüte eines unentschlossenen Echos.

Täter und Opfer im gleichen Atemzug

Die Fähigkeit, Täter und Opfer zu benennen, ist der Schlüssel zur moralischen Integrität in der internationalen Politik. Wenn Guterres nun die Eskalation des Konflikts als ein allgemeines Übel anprangert, während er gleichzeitig das angegriffene Israel ignoriert, weicht er einer klaren Positionierung aus. Es scheint, als wolle er den Tätern und Opfern ein gemeinsames Narrativ zuordnen, was das Vertrauen in die UN und die in ihr enthaltenen Werte untergräbt. Der Historiker Simon Schama nannte es einst das „Syndrom der moralischen Gleichheit“, in dem die Geschichten von Unterdrückten und Unterdrückern als gleichwertig behandelt werden. In einer Welt, die von einer solch gefährlichen Relativierung geprägt ist, wo führt uns das hin?

Ein humanitäres Werkzeug oder ein Witz?

Der Artikel 99 der UN-Charta, den Guterres 2023 ins Spiel bringt, um einen humanitären Waffenstillstand zu erwirken, wird in einem Kontext verwendet, der Fragen aufwirft. Wo waren diese Bemühungen, als in Syrien Hunderttausende starben, in Kongo Millionen getötet wurden oder als der Konflikt in der Ukraine Tausende in den Tod riss? Aber wenn Israel sich verteidigt ist Feuer am Dach? Es ist, als würde man einen Feuerwehrmann nur dann zu einem Brand rufen, wenn die Flammen das eigene Haus bedrohen. Guterres’ plötzlicher Einsatz des Artikels 99 wirkt nicht nur heuchlerisch, sondern auch wie der verzweifelte Versuch, dem antisemitischen Druck von außen gerecht zu werden, während er gleichzeitig die Augen vor der langfristigen humanitären Katastrophe in anderen Teilen der Welt verschließt.

Ein unverblümter Blick

Woher weiß man, dass es sich um Antisemitismus handelt? Die Antwort könnte einfacher nicht sein: Wenn die Realität ignoriert wird, während die Narrative von Tätern und Opfern in einem Atemzug genannt werden, entsteht ein Klima, in dem Juden nicht nur als Bürger des Staates Israel, sondern auch als historische Opfer der Geschichte zu einem abstrakten Konzept werden. Wenn die Welt vergisst, dass es bei den jüngsten Konflikten um das Überleben eines Staates und seiner Bürger geht, und stattdessen die tief verwurzelte Geschichte des Antisemitismus nur als Fußnote in einem Buch über „internationale Beziehungen“ abhandelt, dann ist die Frage nach der Existenzberechtigung des jüdischen Staates nicht nur eine rhetorische, sondern wird zum Verhängnis für die gesamte Region.

Der Weg in die Irre

Die Äußerungen Guterres‘, die wie aus einem Drehbuch für ein Drama voller Wendungen und Unklarheiten wirken, sind symptomatisch für die gegenwärtige Verfassung der internationalen Diplomatie. Wenn das Wort zur Waffe wird und die Deutungshoheit über die Realität in den Händen derjenigen liegt, die sich weigern, klare Positionen zu beziehen, dann können wir nur in einen Abgrund blicken. Ein Abgrund, der nicht nur die Wahrnehmung des Nahostkonflikts betrifft, sondern auch das Verständnis für Antisemitismus in seiner internationalisierten Form. Es bleibt zu hoffen, dass die Welt sich aus dieser diplomatischen Trance befreit, bevor die nächste Runde der Gewalt unausweichlich wird.

Quellen und weiterführende Links

  1. Guterres, A. (2023). „Statement on the Middle East Conflict.“ United Nations Press Release.
  2. Schama, S. (2002). „The American Future: A History.“
  3. UN Charter, Article 99.
  4. Bialer, S. (2019). „Anti-Semitism: A History.“

Diese kritische Analyse mag polemisch sein, doch sie ist notwendig, um das Bewusstsein für die Gefahren der Relativierung von Gewalt und die Ignoranz gegenüber historischem Unrecht zu schärfen. Nur durch ehrliche und mutige Auseinandersetzung mit diesen Themen können wir hoffen, eine bessere Zukunft zu gestalten.

Straffreiheit war gestern

Warum wir froh sein können, dass Haldenwang und Faeser den Wahnsinn des Denkens beenden

Man könnte es kaum glauben: Es ist 2024, und bis vor Kurzem durfte man in diesem Land tatsächlich noch frei seine Meinung äußern, ohne dass der Staat direkt vor der Tür stand, um sich höflich mit einem Rammbock anzukündigen. Ein regelrechter Skandal! Doch Dank Innenministerin Nancy Faeser und dem stets wachsamen Präsidenten des Verfassungsschutzes Thomas Haldenwang wird dieser anarchistische Zustand endlich beendet. Denn mal ehrlich – was ist gefährlicher als ein Bürger, der öffentlich seine Zweifel am Staate äußert? Genau: Einer, der dabei nicht gleich vom SEK aus dem Bett geholt wird.

Es ist eine „Frechheit“ – und das ist hier durchaus anerkennend gemeint – dass jahrzehntelang eine merkwürdige Laissez-faire-Attitüde herrschte, als würde der Staat seinen Bürgern einfach zutrauen, selbstständig zu denken. Wie naiv! Nun endlich kommt die Erlösung: Wer den Staat „delegitimiert“, das heißt, wer ihn kritisiert, anzweifelt oder gar wagt, an der unantastbaren Regierungspolitik zu rütteln, wird nicht länger als mündiger Demokrat angesehen. Vielmehr droht ihm, der delegitimierenden Gedankenwelt verfallenen Person, endlich die Strafverfolgung. Eine Wohltat für alle, die schon immer das Gefühl hatten, wir hätten viel zu viele Freiheiten und viel zu wenig Durchsetzungskraft.

Der lange ersehnte Katalog der „ungenehmigten Gedanken

Doch kommen wir zur Sache: „Delegitimierung des Staates“ – endlich, endlich hat jemand diesen wunderschönen Euphemismus in die Welt gesetzt! Was bedeutet das? Dass wir endlich aufhören, den gefährlichen Pfad des „kritischen Denkens“ und der „Demokratie“ als vermeintlich schützenswerte Güter zu betrachten. Wie faul doch das Argumentieren geworden ist, wenn man alle Naselang seine Meinung frei herausposaunen kann! Kritik war doch immer der schmutzige, ungehobelte Cousin der konstruktiven Zusammenarbeit, und jetzt endlich wird dieser unerzogene Störenfried delegitimiert.

Und Hand aufs Herz, wer braucht schon eine offene Debattenkultur, wenn wir staatlich geprüfte Einheitsmeinungen haben könnten? Einigkeit ist doch das, was zählt! Nur eine zersplitterte Gesellschaft meint, Meinungsvielfalt sei ein Wert an sich. Delegitimierung sagt es ja schon: Jede Abweichung vom staatlich festgelegten Gedankengut wird zu einer Gefährdung der Ordnung, zu einem Akt, der, wenn nicht gleich kriminell, doch zumindest sehr, sehr ungemütlich für den Bürger enden könnte. Zwangsdurchsuchungen wegen missliebiger Äußerungen? Klar doch, was haben Sie denn gedacht? Schließlich kann man einem Gedankenverbrecher nicht einfach so freie Hand lassen!

Warum eigentlich mit Argumenten

Es war einmal, so heißt es, in einer längst vergangenen Zeit, da versuchten Regierungen ihre Kritiker mit Argumenten zu überzeugen. Welch‘ irrwitzige Idee! Haldenwang und Faeser sind da weitaus moderner unterwegs. Warum die kostbare Zeit mit anstrengenden, differenzierten Debatten vergeuden, wenn man die Meinungsäußerung potenziell staatskritischer Bürger doch direkt in die Nähe des Strafrechts rücken kann? Reden ist Silber, Schweigen ist Gold – und Schweigen kann man notfalls mit einem gut platzierten Durchsuchungsbefehl erzwingen.

Natürlich, Kritiker könnten jetzt behaupten, das sei eine bequeme Möglichkeit, um lästige Debattenkultur im Keim zu ersticken und unliebsame Meinungen einfach per Gesetz als „staatsgefährdend“ zu brandmarken. Aber das ist doch der Punkt: Effizienz, Leute! Warum sich den mühsamen, langwierigen Prozess der Überzeugungsarbeit antun, wenn es doch viel schneller geht, indem man alles, was nicht linientreu ist, direkt als gefährliche „Delegitimierung“ abstempelt? Es ist wie der Drive-In für Demokratie: Kurz und schmerzlos, und am Ende gibt’s keine Fragen, nur klare Antworten – vom Staat.

Das Upgrade der Demokratie

Es ist eine alte Weisheit: Ein kleines bisschen Totalitarismus hat noch keiner Demokratie geschadet. Ja, natürlich, alle diese liberalen Naivlinge sprechen ständig von Freiheit und Pluralismus. Aber mal ehrlich, wer hat die Zeit dafür? Zu viele Meinungen führen nur zu Chaos, und ein bisschen Ordnung muss sein. Faeser und Haldenwang verstehen das, sie wissen, dass Freiheit ein zerbrechliches Gut ist, das vor allem dann verteidigt werden muss, wenn niemand es mehr gebrauchen kann. Es ist wie mit einem guten Anzug: Man trägt ihn nur zu besonderen Anlässen, und die freie Meinungsäußerung sollte genauso behandelt werden – als Ausnahme, nicht als Regel.

Schließlich ist es ein offenes Geheimnis, dass nicht jede Meinung gleich viel wert ist. Manche Gedanken sollten gar nicht erst geäußert werden. Besonders die unangenehmen. Die Delegitimierungskritiker mögen einwenden, dass es ein schmaler Grat sei zwischen der Verteidigung des Staates und der Überwachung seiner Bürger. Aber genau da liegt doch die Schönheit: Wer braucht schon einen schmalen Grat, wenn man stattdessen eine breite Autobahn der staatlich überwachten Harmonie haben kann?

Willkommen in der Ära der Harmonie

Kritik an der Regierung war schon immer eine dieser altmodischen Ideen aus dem 20. Jahrhundert. Wir leben heute in einer Zeit, in der solche überkommenen Konzepte wie Meinungsfreiheit auf den Prüfstand gehören. Die Idee, dass jeder Hans und Franz seinen Senf zu den großen Fragen der Nation abgeben soll, ist schlicht veraltet. Die Zukunft gehört der Einheitlichkeit – und Faeser und Haldenwang wissen das. Sie haben den Mut, zu tun, was sich bisher niemand getraut hat: Das freie Denken zu einem Luxus zu erklären, den wir uns nicht mehr leisten können.

Stattdessen wird die Ära der staatskonformen Harmonie eingeläutet, in der es nicht mehr darum geht, sich mit lästigen Bürgermeinungen auseinanderzusetzen, sondern schlicht darum, eine Meinung zu haben, die genehm ist. Und wer möchte nicht genehm sein? Es ist doch viel einfacher, sich in den Wohlklang staatlicher Harmonie einzufügen, als ständig anstrengende Fragen zu stellen. Fragen, die vielleicht unbequeme Antworten verlangen. Die Delegitimierungsgesetze sind also ein echter Gewinn für den inneren Frieden – und für den äußeren Frieden des Staates. Wir sollten uns einfach alle anpassen und ein bisschen stiller sein.

Ein bisschen Überwachung schadet nie

Natürlich wird jetzt der ein oder andere Paranoiker aufstehen und behaupten, dies sei der Anfang vom Ende. Der Staat, so sagen sie, könne die Bevölkerung nicht für harmlose Meinungen kriminalisieren. Doch was ist schon „harmlos“? Wenn die Corona-Kritiker uns eins gelehrt haben, dann doch, dass aus harmlosen Gedanken schnell gefährliche Ideologien werden können. Ein bisschen Überwachung hat schließlich noch nie geschadet – und wenn doch, dann nur denen, die etwas zu verbergen haben. Es ist ein klassisches Nullsummenspiel: Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten!


Quellen und weiterführende Links

Der Arbeiterführer 2.0

Babler, der österreichische Jeremy Corbyn

Österreich, das Land der gemütlichen Kaffeehäuser, der wunderschönen Alpenpanoramen und des schlagkräftigen Schmähs, hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnte politisch kaum durch revolutionäre Umwälzungen hervorgetan. Es mag also auf den ersten Blick etwas seltsam erscheinen, dass Andreas Babler, Bürgermeister der niederösterreichischen Kleinstadt Traiskirchen und mittlerweile auch Bundesparteivorsitzender der SPÖ, in manchen Kreisen als „österreichischer Jeremy Corbyn“ gehandelt wird. Die Frage, die sich nun stellt: Handelt es sich bei dieser Zuschreibung um einen Ausdruck heimlichen Stolzes auf einen vermeintlichen linken Messias – oder schlicht um den hilflosen Versuch, einen Funken revolutionären Eifers in das graue Getriebe der österreichischen Politik zu injizieren?

Denn eines ist klar: In einem Land, in dem ein K.-u.-k.-Nostalgiker wie Sebastian Kurz zum politischen Superstar avancieren konnte, wirkt Babler wie ein Anachronismus, der sich seinen Platz in der Geschichte erst noch verdienen muss. Doch vielleicht ist es genau diese Unzeitgemäßheit, die Babler interessant macht. Seine Haltung ist unmissverständlich: Anti-Neoliberalismus, Kapitalismuskritik und die unermüdliche Betonung der Bedeutung des Wohlfahrtsstaates. Seine Rhetorik? Direkt, klar und manchmal charmant unbequem – vor allem für jene, die sich im politisch-mittigen Mainstream wohlfühlen.

Doch hier stellt sich die Gretchenfrage: Ist Andreas Babler ein ehrlicher Anwalt der Arbeiterklasse oder bloß der romantische Anführer einer verlorenen Sache? Die Parallelen zu Jeremy Corbyn sind nicht zu übersehen, aber lassen sie sich auch wirklich halten?

Populismus, aber bitte mit Niveau

Jeremy Corbyn war für viele Briten das, was Babler für die Österreicher sein könnte: eine Symbolfigur der „anderen Politik“, der Sehnsucht nach mehr sozialer Gerechtigkeit und einer konsequenten Ablehnung der neoliberalen Dominanz. Doch wo Corbyn eine breite Basis unter den jungen Linken aufbauen konnte, ist Babler bislang vor allem ein Nischenphänomen geblieben. Seine populistischen Ansätze – und machen wir uns nichts vor, sie sind populistisch – tragen zwar den Mantel der Sachlichkeit, doch darunter verbergen sich knallharte Parolen, die im besten Fall als progressiv-romantisch und im schlimmsten Fall als weltfremd-naiv abgetan werden.

Die Frage, die sich aufdrängt: Hat Andreas Babler verstanden, dass das linke Politikverständnis der letzten Jahrzehnte in einem zunehmend globalisierten und von Kapitalströmen getriebenen Europa keinen Platz mehr hat? Oder versucht er, eine nostalgische Version des Sozialismus zu verkaufen, die höchstens bei Alt-68ern oder verirrten Jungsozialisten Anklang findet?

Die Welt von heute dreht sich schneller. Die sozialen Medien haben das politische Spiel verändert und jede noch so kleine Fehlzündung wird sofort von einem aufgebrachten Mob zerfleischt. Babler, der sich oft gegen den marktkonformen Mainstream stellt, wirkt in dieser Dynamik oft wie ein aufrechter Ritter im Kampf gegen Windmühlen – allerdings in Rüstung aus den 1970er Jahren.

Traiskirchen als Corbyns Islington

Traiskirchen – eine Stadt, die vor allem durch ihr Flüchtlingslager traurige Berühmtheit erlangt hat, könnte als Bablers Islington herhalten. Doch die Parallelen enden dort abrupt. Wo Corbyn mit dem städtischen Multikulturalismus Londons und seiner linken Hochburg spielte, muss Babler in einer politischen Realität operieren, die von der ländlichen, konservativen Seele Österreichs geprägt ist. Sein Kampf gegen die Flüchtlingspolitik, seine Verteidigung der Schwachen und Entrechteten – das alles ist schön und gut, aber reicht es aus, um das Erbe eines europäischen Sozialismus fortzuschreiben, der selbst in seiner Blütezeit nicht mehr als ein Ideal war?

Andreas Bablers Ausgangslage mag vergleichbar sein, doch seine Bühne ist deutlich kleiner. Während Corbyn auf dem internationalen Parkett stand, blickt Babler von einem hügeligen Aussichtspunkt auf Wien – und muss dabei zusehen, wie der rechte Rand immer weiter ins Zentrum rückt. Seine wohlmeinenden Appelle gegen die unmenschliche Behandlung von Geflüchteten oder die Vernachlässigung sozial schwacher Schichten verhallen oft in den Ohren jener, die sich längst der simplen, aber verführerischen Rhetorik von Angst und Abschottung zugewandt haben.

Die Linke als Relikt – eine Renaissance der Roten?

Es bleibt die Frage: Kann Andreas Babler das österreichische Pendant zur linken Revolution darstellen, wie sie Corbyn in Großbritannien angestoßen hat? Zweifelsohne, die Linke hat im gesamten europäischen Kontext an Zugkraft verloren. Doch Andreas Babler versucht, eine Gegenbewegung zu etablieren. Seine vehemente Ablehnung des „real existierenden Neoliberalismus“, wie er es nennt, und seine sture Beharrlichkeit auf Solidarität, soziale Gerechtigkeit und Arbeitsrechte haben durchaus Charme.

Aber ehrlich gesagt – wie viel Platz ist in der österreichischen Seele wirklich noch für die Linke? Vielleicht liegt der Reiz, den Andreas Babler ausübt, in seiner Fähigkeit, eine politische Alternative in einer Zeit zu verkörpern, in der Alternativen rar geworden sind. Er spricht die Sprache der Enttäuschten, jener, die sich von den technokratischen Apparatschiks in Brüssel, Wien und darüber hinaus verraten fühlen.

Doch der Zyniker in mir fragt sich, ob es sich bei dieser „Renaissance der Roten“ nicht um eine Art nostalgisches Aufbäumen handelt. Eine letzte verzweifelte Umarmung alter Ideale, bevor man endgültig ins Reich der politischen Bedeutungslosigkeit abdriftet. Die Welt hat sich verändert, und es bleibt zu fragen, ob jemand wie Babler in der Lage ist, diese neuen Herausforderungen anzunehmen – oder ob er lediglich der letzte Mohikaner einer sterbenden politischen Gattung ist.

Eine Brücke zu weit?

Man könnte also sagen, Andreas Babler sei der österreichische Jeremy Corbyn – aber nur, wenn man den Realitätsverlust als Grundvoraussetzung dafür definiert. Denn es ist doch so: Corbyn wurde von der Welle der Enthusiasten getragen und stürzte dennoch an den Klippen der britischen politischen Realität. Babler steht vor einem ähnlichen Dilemma. Er wird von seinen Unterstützern für seine Unbeugsamkeit gefeiert, doch die kritische Masse, die es bräuchte, um eine echte politische Revolution auszulösen, bleibt aus. Österreich ist nicht das Vereinigte Königreich, und der politische Diskurs hier ist oft weniger auf Rebellion, sondern auf Stabilität ausgelegt.

Während Corbyn ein Momentum erlebte, das von der kollektiven Wut der britischen Jugend getragen wurde, scheint Babler in einem politischen Vakuum zu agieren, in dem das Aufbegehren eher als skurrile Marotte denn als ernsthafte Bedrohung wahrgenommen wird. Wer braucht schon Revolutionäre, wenn es ohnehin nur noch um die Verwaltung des Status quo geht?

Babler mag ein ehrenhafter Kämpfer sein, aber der Zynismus der politischen Realität wird ihn am Ende einholen. Die Menschen mögen seine Visionen bewundern, aber sie werden ihm kaum die Macht geben, diese umzusetzen. Ein tragisches Paradoxon, das jedem linken Politiker irgendwann widerfährt: Man möchte die Welt verändern, aber die Welt hat längst aufgehört, auf solche wie ihn zu hören.

Ein Held – aber nur in unseren Herzen?

Andreas Babler wird vielleicht nie das werden, was Jeremy Corbyn für viele in Großbritannien war: ein echter Hoffnungsträger der Linken. Dafür fehlt ihm die Bühne, das Momentum und – seien wir ehrlich – die Zeit. Während die britische Linke immerhin noch einen schwachen Impuls verspürt, scheint die österreichische Linke seit langem tot zu sein. Babler mag sie aufrütteln, aber ob er sie wirklich wiederbeleben kann, bleibt zweifelhaft.

Und doch, in der Stille eines langen politischen Winters, könnte es sein, dass die Ideen von Babler irgendwann auf fruchtbaren Boden fallen – wenn die Umstände es zulassen. Vielleicht ist es nicht Babler, der versagt, sondern die Zeit, die noch nicht reif ist für eine solche Rückkehr zu sozialistischen Idealen. Vielleicht.


Weiterführende Links:

Man kann rechtsextrem sein und es gar nicht merken

Die „distanzierten Mitte“

In einer Welt, in der die Grenzen zwischen „rechts“ und „links“ zunehmend verschwommen erscheinen, präsentiert uns die Friedrich-Ebert-Stiftung eine Studie, die uns auf eine verstörende Wahrheit aufmerksam macht: Man kann rechtsextrem sein und es gar nicht wissen. Die gute Nachricht? Wir haben immerhin die SPD-nahen Forscher, um uns auf die richtige Seite der Geschichte zu bringen. Aber bevor wir uns zu euphorisch freuen, sollten wir uns einen Moment Zeit nehmen, um über die nüchterne Realität dieser Studie nachzudenken, die mehr Fragen aufwirft, als sie beantwortet.

Der Weg zur „objektiven“ Studie

Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat bei einer Telefonumfrage mit gerade mal 800 Befragten ermittelt, dass der Anteil der Bundesbürger mit einem „manifest rechtsextremen Weltbild“ von 1,7 auf 8,3 Prozent gestiegen ist. Um die Glaubwürdigkeit dieser Studie zu sichern, ist es beruhigend zu wissen, dass sie von einem Institut der SPD durchgeführt wurde. Was könnte schon schiefgehen, wenn die politischen Interessen der Sozialdemokraten in der Hinterhand stehen? Vielleicht sollten wir auch gleich eine Umfrage zur Fragestellung „Sind Sie mit dem aktuellen Wetter unzufrieden?“ durchführen und diese als nationale Krisenstudie veröffentlichen.

Und was bedeutet „rechtsextrem“ in dieser wunderbaren neuen Welt? Laut dieser Studie sind wir bereits rechtsextrem, wenn wir uns mit den etablierten Medien unwohl fühlen, die aktuelle Migrationspolitik kritisieren oder es wagen, das Wort „Ausländer“ in den Mund zu nehmen. Man könnte fast meinen, dass die neuen „Rechtsextremen“ genauso gut mit einem Schild „Ich bin nicht woke“ durch die Straßen marschieren könnten. Und das ist der Punkt: Wenn wir all diese Merkmale auf die Goldwaage legen, dann könnten wir uns an einem Punkt befinden, an dem wir auch „rechtsextrem“ sind, wenn wir einen Fuß auf den Boden setzen.

Eine unheimliche Definition von Rechtsextremismus

Die Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung zeigt, dass die Definition von „Rechtsextremismus“ in Deutschland offenbar so flexibel ist wie ein Yoga-Lehrer im Morgensonnenlicht. Wer das Gendern ablehnt, dem wird gleich das Stigma des Rechtsextremismus angeheftet. Glaubt man an zwei Geschlechter? Oh, das ist auch rechtsextrem! Und damit sind wir schon fast beim nächsten Punkt: die krampfhaften Versuche, den Begriff „Ausländer“ durch „Neuhinzukommende“ zu ersetzen. Das ist so ähnlich, als würde man versuchen, einen alten, rostigen Golf durch einen neuen Porsche zu ersetzen und dabei das klapprige Teil weiterhin als „Porsche“ zu verkaufen. Ein echter Kaufrausch der politischen Korrektheit!

Es ist beinahe komisch zu beobachten, wie die Studie den Verdacht einer bewussten und schwammigen Definition von rechtem Radikalismus im Auftrag linker Ideologie nicht einmal verbergen kann. Denn wenn alles, was wir nicht mögen, in eine Schublade gepackt wird, wo bleibt dann der Raum für Diskussionen? Wo ist die Demokratie, wenn wir nicht mehr miteinander reden können, ohne gleich die Stempelmaschine für „Rechtsextrem“ oder „Woke“ zu aktivieren?

Skepsis gegenüber der Demokratie

Ein besonders witziger Aspekt dieser Studie ist die Behauptung, dass etwa 27,3% der Befragten der Demokratie, unserem Staat und unseren Institutionen feindselig oder zumindest skeptisch gegenüberstehen. Oh je, da haben wir es: 27,3% der Deutschen, die einfach nur kritisch hinterfragen! Sind das alles Rechtsextreme? Skepsis ist ein Grundpfeiler der Demokratie. Nur weil ich nicht jeden Tag auf den Straßen nach der nächsten „Wir lieben die Regierung“-Demo marschiere, heißt das nicht, dass ich gegen das System bin. Skepsis ist notwendig, um eine gesunde Debatte zu führen.

Der Zwang zur Zustimmung

Darüber hinaus zeigt die Studie, dass der Verlust des Vertrauens in ARD und ZDF als „bedauerlich“ eingestuft wird, weil „politisches und mediales Vertrauen“ eng miteinander verbunden sind. Wer hätte gedacht, dass wir eine Vertrauenskrise in die Medien haben? Was für eine erstaunliche Entdeckung! Aber anstatt die Ursachen dieses Vertrauensverlusts zu analysieren, wird schnell die Keule des Rechtsextremismus geschwungen, und das Vertrauen der Mitte in die Politik wird noch weiter in den linken Bereich verschoben. Die Frage bleibt: Wann kommt die Meldung einer FPÖ/AFD-nahen Stiftung, die uns mitteilt, dass wir uns die aktuelle Migrationspolitik nicht mehr leisten können? Natürlich wird eine solche Stiftung ignoriert, da sie nicht ins gewünschte Narrativ passt.

Das neue Normal?

Am Ende dieser Betrachtung stellt sich die Frage: Was passiert, wenn wir alle zu Rechtsextremen werden? Wenn wir die Definition von Rechtsextremismus so weit dehnen, dass die Mehrheit der Bevölkerung in diese Kategorie fällt, wer bleibt dann noch übrig, der als „normal“ gilt? Vielleicht sollten wir uns alle ein „Rechtsextremisten“-T-Shirt zulegen und uns bei der nächsten Umfrage einfach als „Neuhinzukommende“ ausgeben.

In einer Welt, in der das vermeintlich „normale“ Denken kriminalisiert wird und das „Woke“-Denkmodell sich als neue Weltanschauung etabliert, verlieren wir nicht nur den Überblick über die eigentlichen Probleme, sondern auch die Fähigkeit, respektvoll miteinander zu diskutieren. Das Resultat: eine Gesellschaft, die unter dem Gewicht ihrer eigenen Widersprüche zusammenbricht.

Wenn wir uns also fragen, ob wir rechtsextrem sind, sollten wir uns vielleicht einfach eine neue Umfrage wünschen. Denn eines ist sicher: Die einzige Grenze zwischen uns und dem Rechtsextremismus ist unser Verständnis davon, was es bedeutet, in einer demokratischen Gesellschaft zu leben. Und wer weiß? Vielleicht haben wir ja die ganze Zeit rechtsextrem gedacht und es nicht einmal gemerkt.

Quellen und weiterführende Links

  1. Friedrich-Ebert-Stiftung. (2023). Die distanzierte Mitte: Rechtsextremismus in Deutschland.
  2. Bundeszentrale für politische Bildung. (2022). Rechtsextremismus: Eine Herausforderung für die Demokratie.
  3. ARD/ZDF-Studie. (2023). Vertrauen in die Medien und die Demokratie.

Reichsschrifttumskammer im Gewande des Guten

Von Stiftungen und der Versuchung der Macht

Es gibt Dinge, die schockieren nicht nur die Gemüter, sondern sie schütteln auch die Fassung eines jeden aufmerksamen Zeitgenossen: eine Stiftung, die sich mit den hehren Zielen des kulturellen Erbes und der gesellschaftlichen Teilhabe rühmt, während im Hintergrund bereits der Schatten einer neuen Reichsschrifttumskammer droht. Man könnte fast sagen, der Teufel trägt Stiftungsunterlagen. Die Antonio Amadeo Stiftung, gegründet, um ein Bewusstsein für gesellschaftliche Vielfalt und Toleranz zu schaffen, könnte auf den ersten Blick als leuchtendes Beispiel für bürgerliches Engagement erscheinen. Doch wie viel Licht spendet diese Stiftung wirklich, und wo beginnt der Schatten, der das Erbe der Weimarer Republik beschmutzt?

In einer Zeit, in der der Kulturkampf nicht nur in den sozialen Medien, sondern auch in den überfüllten Hallen der Universitäten und Museen ausgefochten wird, stellt sich die Frage: Handelt es sich hierbei um eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, oder ist die Antonio Amadeo Stiftung eher eine gut getarnte Zensurbehörde im Stile der alten Reichsschrifttumskammer?

Die Stiftung als Hüterin der guten Sitten

Die Antonio Amadeo Stiftung wurde mit dem Anspruch gegründet, Vielfalt und Integration zu fördern, insbesondere im Hinblick auf die von Diskriminierung betroffenen Personengruppen. In einer Welt, die sich oft im Elfenbeinturm des akademischen Diskurses verliert, erweist sich diese Mission als wichtig und notwendig. Allerdings muss man sich fragen, wo die Grenze zwischen legitimer Förderung kultureller Vielfalt und der Schaffung eines neuen Moralkodexes verläuft, der möglicherweise mehr dem Zwang zur politischen Korrektheit dient als dem tatsächlichen Ziel, Diskriminierung abzubauen.

Wenn die Stiftung zum Hüter der guten Sitten wird, besteht die Gefahr, dass die Definition von „guten Sitten“ nicht nur willkürlich, sondern auch autoritär wird. Denn wer entscheidet, was kulturell wertvoll ist und was nicht? Während der Zugang zu Fördergeldern und Projekten in der Kultur- und Bildungslandschaft für die einen ein Glücksfall ist, wird er für andere zur Zensur, sobald ihre Ideen und Werke nicht in das vorgegebene Schema passen. Hier könnte man ein wenig in die Geschichtsbücher eintauchen und sich fragen, ob diese Mechanismen nicht an die Verhältnisse der Weimarer Republik und die Etablierung der Reichsschrifttumskammer erinnern.

Ein Blick in die Vergangenheit

Die Reichsschrifttumskammer wurde in den 1930er Jahren in Deutschland ins Leben gerufen, um die literarische und kulturelle Produktion zu kontrollieren und zu steuern. Es war eine Institution, die sich dem Schutz der „deutschen Kultur“ verschrieben hatte und gleichzeitig als Zensurbehörde fungierte. Autoren und Künstler, die sich nicht den politischen Vorgaben unterwarfen, wurden aus dem literarischen Leben ausgeschlossen – ein klassisches Beispiel für den Missbrauch von Macht und Autorität.

Die Frage, die sich heute aufdrängt, lautet: Zieht die Antonio Amadeo Stiftung mit ihrem Engagement für die kulturelle Vielfalt nicht möglicherweise die gleichen Mechanismen nach sich? Wo bleibt der Raum für subversives Denken, das in der Lage ist, gesellschaftliche Tabus zu brechen und kritische Diskurse anzuregen? Wenn das Kriterium für Förderung und Unterstützung darin besteht, wie gut ein Projekt in das vorgegebene, politisch korrekte Raster passt, dann könnte man den Eindruck gewinnen, dass sich hier die alten Zensurmechanismen in neuem Gewande zurückmelden.

Politische Korrektheit und der neue Moralkodex

Die Antonio Amadeo Stiftung könnte somit zu einem neuen Machtinstrument werden, das die Gesellschaft unter dem Deckmantel der politischen Korrektheit erzieht. Während man sich mit dem Finger auf das „Feindbild Rechts“ zeigt, droht der Verlust der Fähigkeit, eigene Überzeugungen zu hinterfragen. Dies geschieht oft in einem überzogenen, ja fast schon lächerlichen Stile, der dem Kritiker der Stiftung vorwirft, er sei ein „Neurechter“, sollte dieser es wagen, eine abweichende Meinung zu vertreten.

So sehr die Stiftungsziele positiv und fortschrittlich erscheinen mögen, so sehr weckt die Verengung der Diskursräume den Verdacht, dass hier eine neue Form der Kontrolle installiert wird. Wer den neuen Moralkodex nicht befolgt, läuft Gefahr, als ausgrenzend oder intolerant gebrandmarkt zu werden. Das führt uns in eine absurde Spirale, in der immer neue Normen und Regeln aufgestellt werden, um das „Gute“ zu definieren – was schließlich dazu führt, dass wir uns in einem neuen Kulturkampf wiederfinden, der sich nicht mehr um Vielfalt, sondern um Uniformität dreht.

Wer darf mitreden?

Ein weiterer Punkt, der in diesem Kontext unbedingt erwähnt werden muss, ist die Frage der Repräsentation und wer das Sagen hat. Im beständigen Bestreben, Vielfalt zu schaffen, wird oft übersehen, dass die tatsächliche Vielfalt der Meinungen und Sichtweisen im Laufe der Zeit reduziert wird. Die Antonio Amadeo Stiftung hat sich auf die Fahnen geschrieben, marginalisierte Stimmen zu fördern. Aber wie wird bestimmt, welche Stimmen als marginal gelten und welche nicht? Dies führt zu einer paradoxe Situation: Die Stiftung könnte theoretisch eine Vielzahl von Meinungen unterstützen, aber in der Praxis bleibt oft nur Platz für eine eng gefasste Sichtweise.

Es ist bedenklich, dass bei der Konstruktion von „Vielfalt“ oft diejenigen, die von der Stiftung als „Vorbilder“ oder „Botschafter“ gewählt werden, nicht unbedingt die Komplexität der realen gesellschaftlichen Diskurse widerspiegeln. Indem man vermeintlich authentische Stimmen präsentiert, könnte die Stiftung dazu beitragen, eine Illusion von Vielfalt zu schaffen, während in Wirklichkeit eine homogenisierte Sichtweise propagiert wird.

Eine Stiftung im Spannungsfeld von Gut und Böse

Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Antonio Amadeo Stiftung sowohl Chancen als auch Risiken birgt. Sie kann ein positiver Akteur im Bereich der kulturellen Vielfalt und der gesellschaftlichen Teilhabe sein, aber sie kann auch den schmalen Grat überschreiten und in die Abgründe einer neuen Reichsschrifttumskammer abgleiten. Es gilt, wachsam zu bleiben und die komplexen Dynamiken, die sich im Spannungsfeld zwischen kultureller Identität und politischer Korrektheit entfalten, kritisch zu hinterfragen.

Es ist die Aufgabe einer offenen Gesellschaft, die verschiedenen Stimmen und Sichtweisen zu hören, ohne sie sofort in ein enges Korsett zu zwängen. Denn nur wenn wir in der Lage sind, auch die unbequemen Wahrheiten auszusprechen und die Vielfalt der Meinungen zu respektieren, können wir wirklich von einer pluralistischen Gesellschaft sprechen. Es bleibt zu hoffen, dass die Antonio Amadeo Stiftung diesem Ideal treu bleibt – denn der Schatten der Vergangenheit sollte uns stets eine Warnung sein, nicht in die Fallen einer neuen Zensur zu tappen.


Quellen und weiterführende Links

Diese Erörterung soll ein Beitrag zur Diskussion über die Rolle von Stiftungen und ihren Einfluss auf die gesellschaftliche Debatte sein. Denn während wir uns bemühen, die Vergangenheit zu bewältigen, dürfen wir die Chancen der Gegenwart nicht leichtfertig verspielen.

… und dann ist alles gut

Wenn es um die AfD geht, scheint der öffentliche Diskurs mehr zu sein als nur eine politische Auseinandersetzung; es ist vielmehr ein kollektives Trauma, das nach einer therapeutischen Lösung schreit. Die Vorstellung, die Partei einfach zu verbieten und damit alles zu lösen, ist eine fesselnde, aber naive Idee. Man stelle sich vor: Höcke, der mit einem verschmitzten Lächeln im stillen Exil verschwindet, während die anderen Abgeordneten der AfD wie enttäuschte Schüler in die Volkshochschule zum „Umschulungsprogramm für demokratische Verantwortung“ geschickt werden. Plötzlich sind sie alle über Nacht zu glühenden Anhängern der Grünen geworden. Ein schöner Traum, nicht wahr? Aber ist das wirklich der Ausweg aus der Misere?

Die Illusion der Wahl

Man könnte meinen, dass mit dem Verschwinden der AfD und ihrer Führer die Wählerinnen und Wähler in einen kollektiven Aha-Moment verfallen: „Oh, wie konnten wir nur die AfD wählen? Wir sollten doch eigentlich grün wählen!“ Diese Vorstellung ist so süß, dass sie fast schon als die nächste Geschmacksrichtung von Eiscreme durchgehen könnte – „Grüne Erkenntnis“ oder „Der letzte Schrei der Demokratie“. Doch, wie so oft im Leben, ist die Realität weniger schillernd. Es ist, als würde man den Leuten ein großes Stück Schokolade vor die Nase halten und erwarten, dass sie sofort auf die gesunde Karotte umschwenken.

Die Gefahr der Simplifizierung

Das Verbot einer politischen Partei, die Millionen von Wählern hinter sich versammelt, ist ein gefährlicher Schritt in die Simplifizierung politischer Diskussionen. Es mag verlockend sein, den Finger auf die AfD zu zeigen und zu sagen: „Das Problem ist gelöst!“, aber die Wähler haben mehr als nur eine simple Ideologie oder einen charismatischen Führer gewählt. Sie haben ihre Ängste, ihren Unmut und ihren Frust über eine Politik geäußert, die sie als abgehoben empfinden. Den Wähler zu ignorieren, indem man die Partei verbietet, wäre ein Ausdruck der politischen Arroganz, die geradezu lächerlich ist.

Höcke als Mythos

Während Höcke im Exil weilt, bleibt er als eine Art schattenhafter Mythos in den Köpfen der Menschen präsent. Anstatt sich mit der Realität auseinanderzusetzen, wäre es vielleicht klüger, den Mythos zu entzaubern, anstatt ihn in ein Exil zu verbannen. „Wollt ihr den totalen Höcke als außerparlamentarische Opposition?“, fragt man sich und muss gleichzeitig schmunzeln, denn diese Frage ist fast schon rhetorisch. Wie oft haben wir schon gehört, dass das Verbot einer Partei sie nur noch stärker macht? Höcke könnte mit einem Grinsen in die Kamera winken und sich als Märtyrer inszenieren, während seine Jünger sich in der Opposition versammeln und ihre Botschaft noch eindringlicher verbreiten.

Die Wähler und ihre Verantwortung

Was ist mit den Millionen von Wählern, die sich für die AfD entschieden haben? Glauben wir wirklich, dass sie alle plötzlich zu glühenden Anhängern der Grünen werden, nur weil die AfD im politischen Nirwana verschwindet? Hier könnte man auch die fesselnde Vorstellung ins Spiel bringen, dass jeder Wähler mit einem kleinen „Wahlverstand“ programmiert ist, der nach dem Verbot der AfD einfach umschaltet. Doch die Realität sieht anders aus. Die Menschen haben eine Wahl getroffen, und diese Entscheidung war nicht aus dem Nichts entstanden. Statt sie mit dem Verbot einer Partei zu überlisten, sollte die Frage lauten: „Wie schaffen wir es, dass die Menschen sich von den überkommenen Ideologien abwenden und sich für eine zukunftsorientierte Politik entscheiden?“

Robert Habeck, der letzte Retter?

Wenn wir schon bei den Wünschen sind: Man stelle sich vor, Robert Habeck, der joviale Politiker, und 10% Kanzlerkandidat, mit dem Charisma eines Kaffeekränzchens, wird daraufhin zur neuen Führungsfigur der Nation. „Bitte, Robert, nimm die Kanzlerschaft für immer an!“, rufen die Menschen in einer kollektiven Eingebung. Es ist fast tragisch-komisch, wenn man darüber nachdenkt. Wir haben hier einen Mann, der den Eindruck erweckt, als könnte er die Politik mit einer Tasse fair gehandeltem Kaffee und einem Keks verbessern. Aber ist er wirklich die Lösung für all unsere Probleme? Oder ist das nur ein weiteres Beispiel für die verzweifelte Suche nach einem Retter in der politischen Einöde?

Der Zynismus der politischen Korrektheit

Wenn wir uns auf die Idee konzentrieren, dass das Verbot der AfD zu einem „glücklichen Ende“ führt, müssen wir auch den schleichenden Zynismus der politischen Korrektheit betrachten. Ist das Verbot wirklich die Antwort auf die Probleme, oder ist es ein Ablenkungsmanöver, um die eigenen Fehler zu kaschieren? In einer Zeit, in der die Debatten immer hitziger werden, und in der es schwerer fällt, unterschiedliche Meinungen zu akzeptieren, könnte das Verbot der AfD mehr Schaden anrichten als es nützen würde. Die politische Landschaft würde sich verändern, aber nur oberflächlich. Ein bisschen wie ein neuer Anstrich auf einer morschen Wand – sieht hübsch aus, hält aber nicht lange.

Fazit: Ein Aufruf zur Reflexion

Am Ende des Tages ist es wichtig zu erkennen, dass das Verbot der AfD allein nicht die Lösung für die politischen Probleme in Deutschland ist. Die Herausforderungen, die der Aufstieg dieser Partei mit sich gebracht hat, sind komplex und tief verwurzelt in der Gesellschaft. Ein einfaches Verbot mag wie eine schnelle Lösung erscheinen, aber es ist an der Zeit, sich mit den tieferliegenden Ursachen auseinanderzusetzen und einen Dialog zu führen, der alle Stimmen respektiert – auch die, die uns unangenehm sind.

Quellen und weiterführende Links

  1. „Populismus und die AfD: Eine Analyse“ – Link zu einer wissenschaftlichen Arbeit
  2. „Der Aufstieg der AfD: Ursachen und Auswirkungen“ – Artikel auf einer Nachrichtenplattform
  3. „Demokratie in Gefahr? Ein Überblick“ – Buch über politische Trends

Abschließende Gedanken

In einer Zeit, in der es so leicht ist, mit dem Finger auf andere zu zeigen, sollten wir uns immer wieder fragen: Was sind unsere eigenen Beiträge zur politischen Landschaft? Vielleicht ist es an der Zeit, dass wir alle ein bisschen mehr Verantwortung übernehmen und uns den Herausforderungen der Demokratie stellen – ohne die Abkürzungen, die uns in die Irre führen.

Ein fiktives Treffen in Wien

Das Café als Schmelztiegel der Ideen

In der goldenen Ära des Wiener Kaffeehauses, wo der Duft von frisch gebrühtem Kaffee und der Klang der Schachfiguren, die über das Brett gleiten, die Luft erfüllten, saßen sie zusammen: Adolf Hitler, Leo Trotzki, Joseph Tito, Sigmund Freud und Joseph Stalin. Fünf Männer, deren Wege die Weltgeschichte in schrecklicher Weise beeinflussen sollten, und in Wien zur selben Zeit kreutzen. Was wäre, wenn diese ungleichen Charaktere in einem Café in Wien, umgeben von der bohemianischen Atmosphäre und dem scharfen Witz der Zeitgenossen, tatsächlich einen Dialog geführt hätten? Ein Gedankenspiel, das nicht nur unterhaltsam, sondern auch aufschlussreich ist, wenn wir die Abgründe und Absurditäten ihrer Gedankenwelten betrachten.

Freud und der Schatten der Psyche

Freud, der Vater der Psychoanalyse, sitzt mit einer Zigarre in der Hand und einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen. „Die Männer um mich herum scheinen alle ein Problem mit ihrer Identität zu haben“, beginnt er und schaut auf die Runde. „Hitler, Sie scheinen in Ihrer Kunst des Massenbetrugs gefangen zu sein. Was ist es, das Sie antreibt? Ein ungestilltes Verlangen nach Anerkennung?“

Hitler, der mit der Stirn runzelt und seine Lippen zu einem schmalen Strich zusammenpresst, erwidert: „Es ist das Volk, Freud. Es geht um die Schaffung eines neuen, arischen Menschen. Die Massen sind wie ein ungeschliffenes Juwel, das nur darauf wartet, dass ein Meisterhandwerker es formt.“

Freud nickt bedächtig und fügt hinzu: „Das ist aber auch gefährlich. Es gibt nichts Schlimmeres, als die Massen mit Ihren Idealen zu manipulieren, ohne sie selbst zu verstehen.“

In dieser scharfsinnigen Beobachtung steckt der Kern vieler sozialer Bewegungen: Die Massen sind nicht nur eine bloße Ansammlung von Individuen; sie sind ein psychologisches Kollektiv, ein Chaoshaufen von Bedürfnissen und Ängsten, der einen Anführer benötigt, um zu einem selbstzerstörerischen Ganzen zu werden.

Trotzki und der Weg zur Revolution

Trotzki, der Revolutionär mit dem unbändigen Eifer, mischt sich ein: „Freud, ich schätze Ihre Erkenntnisse, aber verstehen Sie nicht? Wir stehen am Anfang einer globalen Revolution. Der Klassenkampf ist der einzige Weg zur Befreiung! Die Geschichte wird nicht durch individuelle Psychologie geprägt, sondern durch kollektive Aktionen.“

Hitler, zunehmend gereizt, erwidert: „Eine Revolution, die das Chaos entfesselt, führt nur zu Anarchie! Die Menschen benötigen Ordnung und eine starke Hand, um zu führen. Ihre Idee von Freiheit ist ein gefährliches Spiel!“

„Und dennoch“, kontert Trotzki, „stellt sich die Frage, wer das Recht hat, die Freiheit der Menschen zu definieren? Ihr ‘Führer’ und meine ‘Revolution’ sind zwei Seiten derselben Medaille: der Versuch, Macht über die Massen zu erlangen. Doch während ich das auf der Grundlage der Freiheit tue, wollen Sie Kontrolle!“

Stalin und der Schatten der Macht

Stalin, der stille Beobachter, dessen Augen die Unbarmherzigkeit des Machthabers widerspiegeln, murmelt: „Revolution ist ein Mittel, um Macht zu konsolidieren. Jeder, der nicht mit uns ist, ist gegen uns. Wenn die Massen uns unterstützen, werden wir die Welt umgestalten. Die Frage ist nicht, ob wir das tun, sondern wie schnell wir das erreichen können.“

Freud schaut auf Stalin und fragt: „Und was geschieht mit denen, die Ihren Weg nicht gehen wollen? Sie sprechen von Freiheit, während Sie in Wahrheit von Repression träumen.“

„Repression ist der Preis der Ordnung“, antwortet Stalin gelassen. „Die Geschichte ist nicht sanft. Sie ist blutig und fordert Opfer. Wir sind die Schmiede, die das neue Paradigma erschafft.“

Hier wird deutlich, dass die Meinungen in diesem Wiener Café tief in die Gräben der Ideologien gegraben sind. Jeder versucht, seine eigene Sichtweise auf die Welt durchzusetzen, und das mit einer unbändigen Arroganz, die sich durch ihre Überzeugungen manifestiert.

Der Pragmatiker inmitten des Chaos

Tito, der Jugoslawen, der eine eigene Vision des Sozialismus entwickelte, schüttelt den Kopf. „Wisst ihr, was ich sehe? Ihr redet von Idealen, während die Menschen um uns herum hungern. Macht euch nichts vor: Ihr mögt alle Revolutionäre sein, aber was zählt, ist die Realität auf dem Boden!“

„Aber die Realität kann sich verändern“, sagt Trotzki nachdrücklich. „Wenn wir nicht an unsere Ideale glauben, wofür kämpfen wir dann?“

„Der Kampf um Ideale ist nichts ohne das Wohl der Menschen“, unterbricht Tito. „Lasst uns pragmatisch sein! Eine Revolution ohne die Menschen ist ein Schiff ohne Kapitän. Wir müssen die Realität akzeptieren, wie sie ist, und sie zum Besseren wenden!“

Hier beginnt das Gespräch, in einen scharfen Austausch über die Bedeutung von Idealen und Realität zu kippen. Es zeigt sich, dass jeder dieser Männer gefangen ist in seiner eigenen Ideologie, während die Menschlichkeit und die Bedürfnisse der Menschen in den Hintergrund treten.

Das Ende des Gesprächs

Mit einem Hauch von Ironie fragt Freud am Ende des Abends: „Was wird aus uns? Sind wir nicht alle ein wenig wahnsinnig, in diesem Wahn, die Welt nach unserem Bilde zu formen?“

„Die Welt ist ein Spielplatz für Ideologen“, sagt Stalin mit einem scharfen Lächeln. „Und wir sind die Kinder, die mit Zerstörung und Macht spielen.“

„Ja“, sagt Tito mit einem Funkeln in den Augen. „Aber vielleicht sollten wir besser zusammen spielen, anstatt uns gegenseitig zu vernichten.“

Hitler schaut alle mit verächtlichem Blick an. „Eure Spielchen sind lächerlich. Der Weg zur Weltmacht ist klar, und wir werden sie mit allen Mitteln erreichen!“

So endet das fiktive Treffen der Großen im Wiener Kaffeehaus, umhüllt von der Melancholie einer Welt, die bald in den Abgrund stürzen wird. Jeder von ihnen mag seine eigene Sichtweise haben, doch der Kaffee ist bitter, und die Zukunft, die sie ersehnen, wird düster sein.

Ein satirisches Nachspiel

In diesem fiktiven Dialog sind wir Zeugen einer grotesken Mischung aus Ideologien, Wünschen und Ängsten, die in einem Wiener Kaffeehaus zum Ausdruck kommen. Es ist ein satirisches Bild der Menschheit, die im Streben nach Macht und Kontrolle gefangen ist. Vielleicht ist es die Ironie des Schicksals, dass diese Männer, die in ihrer Zeit so einflussreich waren, letztendlich alle durch ihre eigenen Ambitionen und die Reaktionen ihrer Zeitgenossen scheiterten. So könnte man sagen, dass das Wiener Kaffeehaus nicht nur ein Ort der Debatte war, sondern auch ein mikrokosmischer Schauplatz für das Spiel der Mächtigen und ihrer Illusionen.

Quellen und weiterführende Links

  1. Freud, Sigmund. Die Traumdeutung. Fischer Verlag, 1900.
  2. Trotzki, Leon. Die permanente Revolution. Verlag der Politischen Literatur, 1930.
  3. Stalin, Joseph. Der Weg zur Macht. Moskau, 1934.
  4. Tito, Josip Broz. Mein Leben: Die Erinnerungen eines jugoslawischen Politikers. 1976.
  5. Hoffmann, Karl. Wien im Kaffeehaus: Eine Kulturgeschichte. Verlag für Gesellschaftskritik, 2010.
  6. Wiener Kaffeehauskultur. Wikipedia
  7. Der Einfluss der Psychoanalyse auf die Politik. Psychologie Heute

Diese Quellen und Links bieten einen tieferen Einblick in die Themen, die in diesem fiktiven Gespräch behandelt werden.

Ein rotes Märchen

Die SPÖ und ihr Phönix aus der Asche

Es war einmal in einem Land, das viele als Österreich kennen, ein Paradies für Rotkäppchen, die sich in schimmernden roten Kleidern durch die dornigen Wiesen der Politik bewegten. Hier regierte die Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) über ein fiktives Königreich, in dem die Wähler mit rosaroten Wolken und sozialistischen Träumen geblendet wurden. Doch der Traum wurde zum Albtraum, als die einst so strahlenden roten Balken in den Umfragen zu verblassen begannen. 21 Prozent. Das war die magische Zahl, die alles veränderte. Ein Rückschritt in die Bedeutungslosigkeit, ein Neuanfang in der verzweifelten Jagd nach einem Platz im Herzen der Wähler.

Das politische Schachspiel

Mit dem Verlust der politischen Überlegenheit war die SPÖ gezwungen, sich neu zu orientieren. Die Vorsitzende wurde abgesetzt, als wäre sie ein abgelaufenes Produkt im Supermarktregal. „Wir brauchen frischen Wind!“, rief der neue Vorsitzende und verkündete mit schweißnassen Händen, dass er die Partei aus ihrer tiefsten Krise herausführen würde. Plötzlich war der neue Vorsitzende der Messias, der mit einem charismatischen Lächeln den Weg zur Erlösung versprach, während er gleichzeitig alle Anklagen der letzten Jahre in den Wind schlug. Ein Neustart sollte her, ein radikales Umdenken. Doch das Klingen seiner Worte hallte mehr wie das Echo eines alten, vergessenen Liedes als eine neue Melodie.

Die Wahlkampf-Dramaturgie

Einen Tag vor der Wahl kündigte der Vorsitzende an, dass die SPÖ bald wieder die Wählergunst zurückgewinnen würde. Mit großer Geste erklärte er, dass der rote Balken in den Hochrechnungen wie ein Phönix aus der Asche emporsteigen würde. „Wir werden das Hochschnellen spüren!“, prophezeite er brüllend, während die Wähler sich die Ohren zuhielten und überlegten, ob sie wirklich schon wieder ins Märchenland der SPÖ zurückkehren wollten. „Auftrag“ – das magische Wort, das die Wähler ansprechen sollte, doch viele fragten sich, ob dieser Auftrag nicht bereits in der letzten Wahl verloren gegangen war.

Es war fast so, als hätte der Vorsitzende vergessen, dass das Aufeinandertreffen mit der Realität in der Politik selten einen Platz für Illusionen ließ. Doch er war unbeeindruckt und hielt an seiner Rede fest: Ein Neustart, der mit der Kraft einer Rakete den Wähler zu den Sternen führen sollte. Aber wie viele Raketen hatten wir in den letzten Jahren schon steigen sehen, nur um dann lautstark auf den Boden zu knallen?

Die Wahl und ihr Nachspiel

Der Wahlabend kam und mit ihm die Hochrechnungen. Und wieder, wie ein verfluchter Kreislauf, blieb die SPÖ bei den mageren 21 Prozent. Es war ein veritabler Schock, nicht nur für die Wähler, sondern auch für den neuen Vorsitzenden, der sich in einem Moment des Schocks erst wieder aufrappeln musste, während er die Schuld an der Wahlniederlage an die alten Geister der Partei abschob. „Wir haben viel erreicht!“, sagte er trotzig. „Das ist ein Auftrag für die Zukunft!“. Ein Widerspruch in sich – wie kann man einen Auftrag erteilen, wenn man doch nichts gewonnen hat?

Der zynische Humor der Politik

Doch in diesem Politdrama gibt es auch einen humorvollen Unterton, der die Tragik mit einem Lächeln begleitet. Man könnte fast meinen, die SPÖ habe sich in einer missratene Komödie verirrt, in der jeder Akteur seine Rolle nicht kannte. Ein Führungswechsel, der an einen Theaterwechsel erinnert, mit einem neuen Regisseur, der das alte Stück in einem neuen Licht zeigen wollte, während die Darsteller trotzdem denselben Text wiederholten. Ironie in ihrer reinsten Form – der rote Balken, der in den Herzen der Wähler schmilzt wie ein Eis in der Sommersonne.

Der Blick nach vorne

Was bleibt also von diesem absurden Schauspiel? Ein neues Gesicht an der Spitze, leere Versprechungen und die ständige Frage, ob die SPÖ es schaffen kann, ihre Wähler wieder zu erreichen. Es ist der verzweifelte Versuch, die Geister der Vergangenheit zu vertreiben, während die Gegenwart ein dröhnendes Echo der Enttäuschung liefert. Der neue Vorsitzende hat seine Chance bekommen, doch die Frage bleibt: Wird er sie nutzen, oder wird er in die Fußstapfen seiner Vorgänger treten und das Rad der Zeit zurückdrehen?

Ein Spiel ohne Gewinner?

In der Politik, und besonders in der österreichischen, wo das Rote immer noch für eine Vergangenheit steht, die glorreicher war als die Gegenwart, bleibt der Aufschwung der SPÖ ein zynisches Spiel, das nur zu oft als Witz endet. Ein komisches Theaterstück, das wir weiter beobachten werden, während wir uns fragen, ob die Wähler jemals wieder bereit sind, das rote Märchen zu glauben. Die letzten 21 Prozent bleiben ein Symbol für den ständigen Kampf um das Überleben im politischen Dschungel.


Weiterführende Links

  1. SPÖ: Die Geschichte einer Partei
  2. Wahlergebnisse und Analysen
  3. Politische Kultur in Österreich

In diesem Sinne bleibt nur zu hoffen, dass die SPÖ einen Weg findet, der nicht nur den alten Zynikern ein Lächeln entlockt, sondern auch den Wählern das Gefühl gibt, dass ihre Stimme zählt – und das nicht nur auf dem Papier.

Wildkatze bleibt Wildkatze

Der Reigen der Panzer

Es ist schon eine amüsante Vorstellung: Die Leopard-Panzer der deutschen Bundeswehr rollen wieder in den Osten, als ob der Zirkus auf Tournee ginge und die Zuschauer an den Straßenrändern begeistert klatschen. „Leopard statt Tiger“, könnte der Titel einer neuen Reality-Show sein, in der die altehrwürdigen Blechkugeln im rauen Osten ihr Comeback feiern. Und während wir uns fragen, ob der Leopard vielleicht nicht doch ein wenig zu geschmeidig für den grauen Alltag ist, bleibt die Wildkatze, die es im Hintergrund scheu beobachtet, ungerührt. Die Frage ist nur, ob wir es hier mit einem geschickt inszenierten Schauspiel oder mit einer tragikomischen Farce zu tun haben.

Ein historisches Erbe

Wenn wir die Landkarte Europas betrachten, könnte man meinen, sie sei ein großes Schachbrett, auf dem die Figuren so ungeschickt verschoben werden, dass sie mehr Lärm als Substanz erzeugen. Die Historie der deutschen Panzer im Osten reicht bis in die dunkelsten Kapitel des 20. Jahrhunderts zurück. Damals waren es die Tiger-Panzer, die Angst und Schrecken verbreiteten. Heute wird der Leopard als Symbol der Hoffnung gefeiert – ein echter Fortschritt, der in der politischen Rhetorik oft als solcher verkündet wird. Doch was hat sich tatsächlich verändert? Wurden die Tiger von den eleganten Leoparden übertrumpft, oder sind wir hier einfach nur einem neuen Marketing-Trick aufgesessen?

Im 21. Jahrhundert sind wir Zeugen einer komischen Rückkehr des Militarismus, verpackt in gutgemeinte Worte der Solidarität und des Schutzes. Man fragt sich, ob wir tatsächlich die Lehren aus der Geschichte gelernt haben oder ob es nicht eher so ist, dass wir das alte Spiel mit neuen Figuren weiterspielen. Die Wildkatze, die zwischen den alten und neuen Mächten umherstreift, sieht sich mit einem gewissen Mangel an Respekt konfrontiert.

Die Rolle der Medien

Natürlich darf in dieser Zirkusaufführung die Rolle der Medien nicht fehlen. Mit dem Geschick eines Jongleurs, der seine Keulen in die Luft wirft, navigieren Journalisten zwischen den politischen Interessen, den Zuschreibungen und dem Bedürfnis nach sensationeller Berichterstattung. „Leopard statt Tiger“ ist der Aufhänger, der für Klicks sorgt und die Aufmerksamkeit auf die Nachricht lenkt, während die Wildkatze geduldig im Hintergrund bleibt und mit einem müden Blick verfolgt, wie ihre Freunde aus dem Zoo auf die große Bühne geholt werden.

Man könnte sagen, die Berichterstattung über den Ukraine-Konflikt ist ein Spiegelbild der gespaltenen Gesellschaft, in der wir leben. Während die einen mit großen Worten vom Frieden schwadronieren, rüsten die anderen auf und bereitwillig wird das Narrativ der „verantwortungsvollen Staatsführung“ bedient. Mit jeder neuen Lieferung von Panzern aus dem Westen wird der Schock des Ernstes des Konflikts verblasst, während die Frage, was genau der Westen in der Ukraine eigentlich will, immer lauter wird.

Ein zweischneidiges Schwert

Die militärische Unterstützung für die Ukraine wird von vielen als der einzig richtige Weg angesehen, um dem Aggressor entgegenzutreten. Doch die Frage, ob wir hier tatsächlich für Freiheit und Demokratie kämpfen oder lediglich die alten Machtstrukturen wiederbeleben, bleibt im Raum stehen. Es ist nicht unüblich, dass sich im Rausch der militärischen Rhetorik die Ideale von Frieden und Freiheit in blutige Realität verwandeln.

Der Leopard, das tierische Maskottchen des Westens, wird als der große Beschützer der Ukraine inszeniert. Doch auch hier stellt sich die Frage, inwieweit wir bereit sind, den Preis für diese Unterstützung zu zahlen. Wie viele Zivilisten müssen noch leiden, während wir im Namen der „guten Sache“ unsere neuen Waffen ins Feld führen?

Und dann gibt es die Wildkatze, die das Treiben beobachtet. Sie versteht es, den richtigen Moment abzuwarten und in die Bresche zu springen, wenn das Chaos seinen Höhepunkt erreicht. Die Wildkatze, die in der politischen Diskussion oft übersehen wird, wird zu einem Symbol für die Stimmen derjenigen, die von den Entscheidungen der Mächtigen nicht profitieren, sondern darunter leiden.

Die Wildkatze als Symbol der Hoffnung

Inmitten all dieser militärischen Machenschaften ist die Wildkatze, das oft übersehene Tier, das die Situation mit einer gewissen Gelassenheit betrachtet. Sie steht für die unzähligen Menschen, die im Schatten der großen Entscheidungen leben, für die Zivilbevölkerung, die unter den Konsequenzen des Krieges leidet.

Die Wildkatze ist ein Symbol für Resilienz, für die Überlebenskunst derjenigen, die trotz aller Widrigkeiten weiterleben müssen. Vielleicht ist es an der Zeit, den Fokus von den großen Panzern und deren politischen Machenschaften auf die kleinen, aber bedeutenden Geschichten der Menschen zu richten, die tagtäglich mit den Konsequenzen dieser Entscheidungen leben.

Ein Zirkus der Illusionen

Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Wiederauferstehung der deutschen Panzer im Osten zwar ein gewisses Maß an Nostalgie auslösen mag, aber vor allem auch Fragen aufwirft. Die Rhetorik des „Leopard statt Tiger“ ist nicht mehr als ein hübsches Wortspiel, das den Zirkus der politischen Illusionen am Leben hält.

Die Wildkatze bleibt jedoch unbeeindruckt. Sie weiß, dass der echte Kampf nicht auf den Schlachtfeldern, sondern im täglichen Leben der Menschen stattfindet, die unter dem Konflikt leiden. Vielleicht sollten wir die Panzer und deren Geschwindigkeiten hinter uns lassen und uns stattdessen auf die Frage konzentrieren, wie wir das Leben der Menschen in der Ukraine wirklich verbessern können – abseits von militärischen Strategien und politischem Geschacher.


Quellen und weiterführende Links:

  1. Der Spiegel – „Die Rückkehr der Panzer: Ein historischer Blick auf die deutsche Militärpolitik“
    Link
  2. Die Zeit – „Leopard vs. Tiger: Die Symbolik der deutschen Panzer“
    Link
  3. FAZ – „Die Wildkatze in der Politik: Ein ungeschriebenes Kapitel“
    Link
  4. BBC News – „Ukraine Conflict: Military Support and its Implications“
    Link
  5. NDR – „Die Rolle der Medien im Ukraine-Konflikt“
    Link

Die Stiefel hallen wieder über den Asphalt

Warum der Totalitarismus immer auf der Lauer liegt

Wenn ich genau hinhorche – und ich meine wirklich genau – höre ich sie wieder, die Stiefel. Sie marschieren nicht sofort, das wäre zu offensichtlich. Heute sind es Schritte, die vorsichtig, fast geräuschlos auf die neu asphaltierten Straßen eines politisch verwaschenen Europas gesetzt werden. Wie Schatten bewegen sie sich, die vergessenen Geister des Totalitarismus, als hätten sie die Zeit überdauert, die uns naiverweise glauben ließ, sie seien nur Gespenster der Geschichte. Aber die Zeit des Glaubens ist vorbei, wir sind aufgewacht – und die alte Dystopie klopft an unsere Tür. Die Frage ist nicht ob, sondern wann wir sie öffnen. Denn wenn wir ehrlich sind, wollten wir sie nie wirklich abschließen. Das „IV. Reich“ steht ante portas, und wir reichen ihm schon jetzt die Hand, einladend, fast bereitwillig.

Die Parallelen zur Vergangenheit sind kein Zufall. Sie sind bewusst arrangiert, wie in einem schlechten Theaterstück, das sich selbst nicht als solches erkennt. Europa steht heute an einem Scheideweg, ähnlich wie in jenen dunklen Jahren, als die Welt zynisch zusah, wie sich ein totalitärer Albtraum zusammenbraute. Damals trugen die Stiefel glänzendes Leder, heute kommen sie in schlichteren, weicher getrimmten Sohlen daher, aber der Tritt – oh ja, der Tritt bleibt derselbe. Der autoritäre Rhythmus hat sich verfeinert, er ist diskreter geworden, aber er ist noch da. Wartend. Er ist nie gegangen.

Der Schienenstrang der Nostalgie

Die Züge rollen noch nicht. Noch. Aber die Gleise sind schon gelegt. Irgendwo, in den stillen Winkeln unserer politischen und gesellschaftlichen Landschaft, sind die Schienennetzwerke bereits vorbereitet, glänzend und bereit, das Gewicht der neuen alten Ordnung zu tragen. Man darf dabei nicht denken, es handle sich um jene stählernen Monstrositäten von damals – das wäre zu plakativ, zu offensichtlich. Nein, die Züge der Gegenwart und nahen Zukunft sind sauber, umweltfreundlich und selbstverständlich komfortabel. Sie tragen das Siegel moderner Technologie, sind emissionsarm und energieeffizient. Der Totalitarismus 4.0 rollt auf Schienen aus Nachhaltigkeit, nicht wahr?

Was wird diese Züge antreiben? Kein dampfender Motor der alten Ideologien, sondern ein postmoderner Treibstoff, der sich als Pragmatismus tarnt. „Wir müssen doch was tun“, wird man sagen, während die Türen sich schließen und die Reise in Richtung Kontrollstaat beginnt. Und wir werden uns darauf einlassen, denn es ist bequem, in diesen Zügen zu sitzen. Komfort hat seine eigene, perfide Logik: Man merkt nicht, dass man mit Vollgas in die Vergangenheit fährt, solange der Sitz beheizt ist und der WLAN-Empfang stabil bleibt.

Der historische Analphabetismus als Tugend

Ein großes Missverständnis unserer Zeit ist die Annahme, Geschichte wiederhole sich nicht. Es mag sein, dass sie sich nicht als exakte Kopie zurückmeldet, aber sie reimt sich, wie Mark Twain es so treffend ausdrückte. Wir jedoch sind hervorragende Schüler der Verdrängung, Meister im Ignorieren der Lektionen, die uns der letzte große Zusammenbruch hinterlassen hat. Unsere Generation, die sich für so progressiv hält, hat sich mit einem historischen Analphabetismus angefreundet, der seinesgleichen sucht. Wo einst die Zeichen klar waren – Armbinden, Reden vor Fackelmeeren, Glorifizierung des Führerprinzips – gibt es heute verwischte Grenzen und nebulöse Ideologien, die sich geschickt in den Mainstream schleichen.

Der heutige Totalitarismus trägt keinen Hitlerbart und kein Hakenkreuz. Er braucht das nicht mehr. Er lebt von der Schwäche der Demokratie, die ihre eigenen Prinzipien nicht mehr verteidigen kann, ohne in endlosen Diskussionen über „Meinungsfreiheit“ zu verfallen, die letztlich nur den Extremisten nützen. Der moderne Despotismus macht keine aggressiven Ansagen, er flüstert. Er bedient sich einer ironischen Umkehr der Begriffe: Wo Freiheit draufsteht, ist längst Zwang drin, und wo Demokratie beschworen wird, tanzt die Autokratie nur einen Schritt hinter dem Vorhang.

Demokratie als Simulakrum

Die Demokratie unserer Zeit erinnert an einen Zirkus. Nein, besser: an eine Reality-Show. Es gibt Kandidaten, die wir wählen können, Debatten, die man führen darf, und Versprechen, die uns gemacht werden. Doch wie bei jeder gut inszenierten Show sind die Rollen lange vorher verteilt, die Handlung gescriptet. Was aussieht wie eine echte Wahl, ist nichts weiter als das Abhaken von vorher festgelegten Optionen, die sich auf den ersten Blick unterscheiden mögen, aber letztlich alle dem gleichen Narrativ folgen: Wir haben die Wahl zwischen verschiedenen Geschmacksrichtungen des Status Quo, der nur dazu dient, den Anschein von Demokratie aufrechtzuerhalten.

Was macht es schon, ob wir uns für den liberalen Autoritarismus oder den konservativen Kollektivismus entscheiden? Beide Optionen führen uns in den gleichen, dystopischen Endpunkt. Das „IV. Reich“ ist keine faschistische Diktatur in Braun, es ist eine technokratische Dystopie in Grau. Eine Welt, in der alles reguliert ist, bis hin zu unseren Gedanken. Es ist die Totalüberwachung unter dem Deckmantel der Sicherheit. Es ist der Verlust unserer Freiheit, verpackt in das Versprechen von Bequemlichkeit und Fortschritt.

Die neue Ordnung des Mitläufertums

Erinnern wir uns an die alten Zeiten, als man den Menschen vorwarf, Mitläufer gewesen zu sein? Es gibt diesen berühmten Satz: „Ich habe nur Befehle befolgt.“ Er klingt heute archaisch, fast naiv. Befehle befolgt? Das war gestern. Heute klatschen wir Beifall. Wir brauchen keine Befehle mehr, wir tun es freiwillig. Wir liefern unsere Daten, unsere Gedanken, unsere Freiheit bereitwillig ab und sagen, es sei für das Gemeinwohl. Für das große Ganze. Wir haben gelernt, uns selbst zu überwachen, uns selbst zu zensieren. Der Staat, das Regime – nennen Sie es, wie Sie wollen – muss uns nicht mehr zwingen. Wir tun es aus eigenem Antrieb, weil wir glauben, es sei das Richtige.

Und während die Züge der Zukunft sich langsam in Bewegung setzen, während die Stiefel rhythmisch den Boden berühren, blicken wir kaum auf. Denn die Bildschirme blenden uns, die Algorithmen bespaßen uns, und die Illusion von Freiheit hält uns ruhig. Das „IV. Reich“ braucht keine Gewalt, es braucht nur unsere Passivität. Der neue Totalitarismus kommt nicht durch die Hintertür, er wird auf der Hauptbühne aufgeführt – und wir sitzen in der ersten Reihe, lachen und applaudieren, während der Vorhang fällt.

Quellen und weiterführende Links

  • Jaron Lanier: Zehn Gründe, warum du deine Social Media Accounts sofort löschen musst – Über die Gefahren der digitalen Manipulation und Überwachung.
  • George Orwell: 1984 – Klassiker der Dystopien, ein immer noch erschreckend aktuelles Werk über die Gefahr des Totalitarismus.
  • Hannah Arendt: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft – Ein tiefgründiges Werk über die Mechanismen des Totalitarismus.
  • Christopher Browning: Ganz normale Männer – Eine Untersuchung darüber, wie „normale“ Menschen zu Tätern werden.
  • Shoshana Zuboff: Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus – Ein Blick auf die moderne Überwachung und den Verlust der Privatsphäre durch den digitalen Kapitalismus.
  • Yuval Noah Harari: Homo Deus – Über die Zukunft der Menschheit und die möglichen dystopischen Entwicklungen.

Vorhang auf für das politische Feigenblatt

Der NATO-Generalsekretär: Ein besserer Pressesprecher in Maßanzug

Es ist immer ein schöner Moment, wenn die Weltpresse in den eleganten Hallen der NATO zusammentrifft, die Kameras blitzen, und der charmante, gut frisierte Herr hinter dem Rednerpult sein warmes, professionell trainiertes Lächeln aufsetzt. Die Rede ist vom NATO-Generalsekretär, jenem angeblich wichtigsten Mann des westlichen Verteidigungsbündnisses. Schon der Titel klingt imposant, fast ehrfurchtsvoll: Generalsekretär der Nordatlantischen Allianz, das hört sich doch an, als führe dieser Mann mit eiserner Hand und großem strategischen Scharfsinn die mächtigste Militärallianz der Welt. Weit gefehlt.

Wer genauer hinschaut, dem offenbart sich die bittere Wahrheit: Der NATO-Generalsekretär ist bestenfalls ein Politiker mit exquisitem diplomatischen Geschick, schlimmstenfalls ein glorifizierter Pressesprecher, der wenig mehr als die kommunikative Hülle für die eigentlichen Entscheidungen bildet, die hinter verschlossenen Türen und in wesentlich schlichteren Uniformen getroffen werden. Wollen wir wirklich glauben, dass der sympathische Nordeuropäer mit strahlendem Lächeln die Richtung vorgibt, wenn die Militärmaschine der NATO ins Rollen kommt? Wohl kaum.

Die wahre Macht sitzt in Camouflage

Es ist kein Geheimnis – zumindest sollte es keines sein –, dass die eigentliche Macht in der NATO nicht in den Händen des Generalsekretärs liegt, sondern bei einem Mann mit einem viel sperriger klingenden Titel: Supreme Allied Commander Europe, oder kurz SACEUR. Dieser militärische Titel klingt auf den ersten Blick nicht ganz so glamourös wie der des Generalsekretärs, verbirgt jedoch die wahre Macht innerhalb des Bündnisses. Während der Generalsekretär eloquente Reden schwingt und auf unzähligen Gipfeltreffen Hände schüttelt, ist es der SACEUR, der den tatsächlichen Oberbefehl über die NATO-Truppen führt.

Hier zeigt sich eine köstliche Ironie: Die NATO, das angeblich rein auf Konsens basierende Bündnis von gleichberechtigten Nationen, wird auf militärstrategischer Ebene seit ihrer Gründung von einem einzigen Land dominiert – den Vereinigten Staaten. Denn der SACEUR ist immer, ohne Ausnahme, ein US-amerikanischer General oder Admiral. Zufall? Sicher nicht. Es ist vielmehr die klare Machtarchitektur dieser Allianz: Die Europäer liefern die Schlagzeilen, die Amerikaner die Befehle.

Der Diplomat im Maßanzug

Nun könnte man sich fragen, wozu es überhaupt einen Generalsekretär braucht, wenn der eigentliche Kommandeur in Uniform an den Strippen zieht. Die Antwort ist so banal wie auch traurig: Man braucht einen eloquenten Diplomaten, um die Fassade aufrechtzuerhalten, dass die NATO eine politische Organisation sei, die ihre Entscheidungen in demokratischem, internationalem Konsens trifft. Man braucht einen gepflegten, jovialen Nordeuropäer oder Skandinavier, der sich gut im Fernsehen macht und die Bevölkerung davon überzeugt, dass alles unter Kontrolle sei, während im Hintergrund die Militärmaschine weiter brummt.

Der Generalsekretär ist also im Wesentlichen ein brillanter Kommunikator, dessen Aufgabe es ist, die Beschlüsse, die anderswo gefasst wurden, der Öffentlichkeit zu verkaufen. Er ist ein Verkäufer – nicht mehr und nicht weniger. Mit etwas Glück verfügt er über diplomatisches Geschick und die Fähigkeit, sich in den Intrigen des internationalen Parketts zu bewegen. Doch letztlich ist er nicht mehr als eine Figur auf dem Schachbrett, und wer die Züge macht, sitzt in Washington, D.C.

Die große Inszenierung der Macht

Es ist faszinierend, wie gut dieses Schauspiel seit Jahrzehnten funktioniert. Man inszeniert die Gipfeltreffen und Pressekonferenzen, als ob der Generalsekretär die große Bühne betreten würde, um schwerwiegende Entscheidungen zu verkünden. Tatsächlich ist er aber nur der Überbringer der Botschaften, die von ganz anderen Akteuren hinter den Kulissen ausgearbeitet wurden. Hierbei sei nicht nur an die großen militärstrategischen Entscheidungen erinnert, sondern auch an die immer wiederkehrenden Mantras über die Notwendigkeit erhöhter Verteidigungsausgaben, den Schutz der Freiheit und die moralische Verantwortung des Westens. Der Generalsekretär darf all dies mit gravitätischer Ernsthaftigkeit verkünden, ohne jedoch jemals tatsächlich über die Mittel zu verfügen, um solche Versprechen auch selbst umzusetzen.

Und dann kommt die Pointe des Ganzen: Während der Generalsekretär sich in den großen Fragen der globalen Sicherheit verliert, steht der SACEUR schon bereit, um die nächsten Manöver zu planen, die nächsten Truppenbewegungen zu befehlen und die nächsten strategischen Ziele zu formulieren. Militärische Macht braucht keine Reden – sie braucht Präzision und Befehlsketten. Und all das geschieht unter den Augen des Generalsekretärs, der freundlich lächelnd daneben steht und sich überlegt, wie er das Ganze dem nächsten Reporter am besten verkauft.

Der ewige US-General

Hier offenbart sich ein weiteres herrliches Paradoxon: Während der Generalsekretär in Europa gern als das Gesicht der NATO verkauft wird, läuft die eigentliche Macht in der Allianz unweigerlich über Washington. Der SACEUR ist nicht nur der militärische Oberbefehlshaber der NATO, sondern zugleich der Kommandeur des US European Command (USEUCOM). Das bedeutet, dass er nicht nur die NATO-Truppen befehligt, sondern gleichzeitig auch den amerikanischen Streitkräften in Europa vorsteht. Diese Doppelfunktion stellt sicher, dass die Interessen der Vereinigten Staaten immer mit denen der NATO identisch sind – zumindest auf militärischer Ebene.

Während also europäische Politiker noch über ihre nationalen Verteidigungsetats streiten und um Einfluss innerhalb des Bündnisses ringen, steht der amerikanische General bereits in den Startlöchern, um den nächsten Einsatz zu planen. So viel zur „Partnerschaft auf Augenhöhe“, die in unzähligen Pressemitteilungen beschworen wird. Tatsächlich ist die NATO ein komplexes, militärisch dominiertes Konstrukt, das von den Vereinigten Staaten kontrolliert wird, während die Europäer brav den politischen Teil übernehmen dürfen.

Ein Pressesprecher ohne Uniform

Man könnte fast Mitleid mit dem NATO-Generalsekretär haben, wenn man darüber nachdenkt, wie wenig tatsächliche Macht er in den Händen hält. Während er auf den politischen Bühnen dieser Welt hofiert wird, ist er nichts weiter als das Gesicht einer Organisation, die von den USA dominiert und militärisch geführt wird. Die Vorstellung, dass der Generalsekretär eine Art Oberkommandeur der NATO sei, ist nicht nur naiv, sie ist schlichtweg falsch.

Stattdessen haben wir es hier mit einer doppelten Führungsstruktur zu tun, bei der die Politik und die öffentlichen Beziehungen dem Generalsekretär überlassen werden, während die tatsächliche militärische Macht beim SACEUR liegt – und damit immer in amerikanischen Händen. Der Generalsekretär ist also nicht viel mehr als ein politisches Feigenblatt, ein gewitzter Diplomat und ein brillanter Kommunikator, der das militärische Machtmonopol der Vereinigten Staaten innerhalb der NATO verschleiern soll. Und so lange die Kameras blitzen und die Mikrofone eingeschaltet sind, wird dieses Schauspiel auch weiterhin funktionieren.


Weiterführende Links:

  1. NATO Offizielle Seite – NATO Allied Command Operations
  2. Detaillierte Informationen zum SACEUR – NATO Supreme Allied Commander Europe
  3. US European Command (USEUCOM) – USEUCOM Offizielle Seite
  4. Hintergrundinformationen zur Rolle des NATO-Generalsekretärs – NATO Generalsekretariat

Pannonischer Walzer

Bableristas, Burgenland-Barone und Wiener Walzer

Die österreichische Sozialdemokratie, diese ehrwürdige Tante, die wir alle kennen, ist so etwas wie die altehrwürdige Verwandte, die auf jeder Familienfeier auftaucht, aber niemand so genau weiß, ob sie wegen der Tradition oder aus echter Zuneigung eingeladen wurde. Einst war sie eine große Erscheinung, stand aufrecht, war lebendig und streitbar, doch in den letzten Jahren hat sie begonnen, ein wenig zu humpeln. Der Punsch wird stärker, der Humor zynischer, und die Verwandten tuscheln hinter vorgehaltener Hand, ob sie noch alle Tassen im Schrank hat.

Einst Hüterin der sozialen Gerechtigkeit, ist sie mittlerweile eher zur Verkörperung der Verlegenheit geworden – eine Ideologie auf der Suche nach einer Stimme, einer Richtung und, ehrlich gesagt, einem vernünftigen Paar Schuhe. Doch jetzt, im Jahr 2024, in einer Zeit des rasenden Stillstands, in der sich die politischen Windmühlen schneller drehen, als die Tante dem Beitrittsformular für den Seniorenklub unterschreiben kann, findet sie sich in einer kuriosen Dreiecksbeziehung wieder. Da wäre der linke Revoluzzer Andreas Babler, die Gallionsfigur der „Bableristas“, der pannonische SPÖ-Fürst Hans Peter Doskozil, dessen Stimme im Burgenland mehr Gewicht hat als die Schwerkraft selbst, und dann noch Michael Ludwig, der Wiener Schwergewichtler, ein Mann so schwer zu fassen, dass er selbst in einem Aufzug Platzangst bekommt.

Ein Arbeiterklasse-Messias ohne Land

Die große Hoffnung der SPÖ-Linken hört auf den Namen Andreas Babler. Der Mann, der vom Bürgermeister der kleinen Gemeinde Traiskirchen zum Retter der österreichischen Sozialdemokratie aufstieg – zumindest, wenn man den „Bableristas“ glauben schenken mag, jener bunten Schar von linken Aktivisten, Gewerkschaftlern und Sozialromantikern, die sich als seine Jünger verstehen. Babler, das linke Gewissen der SPÖ, ruft nach Gerechtigkeit und Solidarität – ein Don Quijote, der nicht gegen Windmühlen, sondern gegen das neoliberale Establishment kämpft.

Die Realität? Nun, sie ist ein hartnäckiger Gegenspieler. Babler spricht vom „sozialistischen Paradies“, doch die Wähler rufen eher nach einer ordentlichen Steuerreform. Seine Reden sind voll von Pathos und klassenkämpferischen Parolen, aber am Ende bleibt die Frage: Wer soll diesen Mann eigentlich wählen? Die Arbeiterklasse, die sich in den letzten Jahren von der Sozialdemokratie abgewandt hat, weil sie das Gefühl hat, die Partei kümmere sich mehr um Genderfragen und Fahrradschnellwege als um ihre Jobs? Oder die Intellektuellen, die Bablers Rhetorik zwar bewundern, aber lieber am Prenzlauer Berg demonstrieren, statt in einer Gemeindebauwohnung in Favoriten?

Babler versucht, das alte Feuer der Arbeiterbewegung neu zu entfachen, aber die Zeiten, in denen die Proletarier aller Länder sich vereinten, um den Kapitalismus zu stürzen, scheinen längst vorbei. Es ist fast rührend zu sehen, wie Babler mit einer Inbrunst kämpft, als stünden die Barrikaden bereits bereit, aber leider ist es schwer, Revolution zu machen, wenn der einzig zuverlässige Revolutionspartner der Bürgermeister von Traiskirchen ist.

Der pannonische Fürst mit Kaiserambitionen

In der Ecke des Rings gegenüber steht Hans Peter Doskozil, der Mann aus dem Burgenland, ein SPÖ-Grande mit einem politischen Instinkt so scharf wie der Wind über dem Neusiedler See. Doskozil, der pannonische Fürst, der es liebt, in eigener Sache die Strippen zu ziehen, hat sich in der SPÖ so tief eingegraben wie die Reblaus im Weinstock.

Doskozil ist ein Mann der Tat, kein Mann der Worte – zumindest nicht zu viele. Er liebt es, sich als pragmatischen Macher darzustellen, als Mann, der die Dinge erledigt, während andere nur reden. Seine Vorstellung von Sozialdemokratie ist dabei allerdings weniger inspiriert vom revolutionären Feuer der Bableristas als vielmehr von einem knallharten Realismus, der im Burgenland gut ankommt. Es ist eine Mischung aus konservativer Tradition, sozialer Marktwirtschaft und einem leichten Hang zum autoritären Paternalismus. Man könnte fast sagen, Doskozil betreibe eine Art „pannonischen Sozialismus“ – freundlich, aber bestimmt, und stets darauf bedacht, den Herrscher nicht allzu hart zu kritisieren, weil man ja im Grunde ganz gut mit ihm auskommt.

Die Frage ist jedoch, ob Doskozils Erfolgsmodell aus dem Burgenland sich auf das ganze Land übertragen lässt. Wien ist nicht Eisenstadt, und was im pannonischen Hinterland funktioniert, könnte in den Großstädten auf taube Ohren stoßen. Aber Doskozil ist entschlossen. Er will nicht nur der kleine Fürst des Burgenlandes sein – er strebt nach der Krone der SPÖ. Ob die Partei das will? Nun, das ist eine ganz andere Frage.

Der Unsichtbare im Roten Rathaus

Und dann gibt es da noch Michael Ludwig, den Mann im Hintergrund, der sich mit bemerkenswerter Beharrlichkeit aus den Schlagzeilen hält, außer wenn es darum geht, ein Wiener Wohnbauprojekt zu eröffnen. Ludwig, das politische Schwergewicht aus Wien, ist ein Mann, der seine Macht eher still ausübt, aber das heißt nicht, dass er nicht über sie verfügt. Wenn Babler der Sozialist und Doskozil der Pannonier ist, dann ist Ludwig der Technokrat, der sich im Labyrinth der Wiener Bürokratie bewegt wie Ariadne im Minotaurus-Labyrinth – nur, dass er den Faden nicht ausrollen muss, weil er sich eh nie verirrt.

Ludwigs politische Strategie lässt sich als eine Mischung aus vorsichtigem Abwarten und gezieltem Eingreifen beschreiben. Während Babler und Doskozil sich lautstark um die Führung der SPÖ streiten, sitzt Ludwig in seinem Büro im Roten Rathaus und wartet darauf, dass sich die Dinge von selbst regeln. Man könnte meinen, Ludwig sei das genaue Gegenteil eines Revolutionärs – ein Mann, der sich eher darauf verlässt, dass die Dinge so bleiben, wie sie sind, anstatt sie zu verändern.

Die große Tante in der Midlife-Crisis

Und so steht sie nun da, die Tante Sozialdemokratie, eingeklemmt zwischen drei Männern, die jeweils eine andere Vorstellung davon haben, wie ihre Zukunft aussehen soll. Babler will sie radikal verjüngen, Doskozil will sie im Burgenland-Stil sanieren, und Ludwig würde sie am liebsten in Ruhe lassen, weil das doch bisher auch ganz gut funktioniert hat.

Die Frage ist nur: Wer von diesen Dreien wird sich durchsetzen? Oder wird die SPÖ weiter in ihrer eigenen Midlife-Crisis gefangen bleiben, auf der Suche nach ihrer Identität und einem Weg, wie sie in einer Welt bestehen kann, die längst weitergezogen ist? Vielleicht liegt die Antwort darin, dass die Tante Sozialdemokratie sich einfach eingestehen muss, dass sie nicht mehr die Jüngste ist und ihre besten Tage vielleicht hinter sich hat. Aber wer weiß? Vielleicht gibt es ja doch noch ein Comeback.


Quellen und weiterführende Links

  1. Politische Theorie des Overton-Fenstershttps://www.politischetheorie.at/overton-fenster
  2. Die Geschichte der österreichischen Sozialdemokratiehttps://www.spoe.at/geschichte
  3. Andreas Babler und die neue Linkehttps://www.andreasbabler.at
  4. Hans Peter Doskozils Erfolg im Burgenlandhttps://www.doskozil.at
  5. Michael Ludwigs Wiener Wohnbaupolitikhttps://www.wien.gv.at

Ein Politik-Journalistisches Gruselkabinett

Österreichs Vierzigjährige Reise ins FPÖ-Nirwana

Österreich, du Land der Berge, der Ströme und der ewigen Verdrängung. Es sind nun gut vierzig Jahre, seit sich Politik und Medien in einem faszinierenden Trauerspiel verfangen haben – einem Spektakel, das die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) zum ewigen Protagonisten macht. Vier Jahrzehnte, in denen Journalisten und Politiker auf einer nicht enden wollenden Geisterbahnfahrt sitzen, unfähig, das Steuer zu übernehmen, während sie im Blindflug durch das Dunkel der politischen Verantwortungslosigkeit rasen. Willkommen im Gruselkabinett des österreichischen politischen Diskurses, in dem alle – vom Chefredakteur bis zum Kanzler – zu Statisten in einem Theater geworden sind, das immer wieder das gleiche Stück aufführt: „Die FPÖ und wir wissen nicht, was wir tun sollen.“

Die Freiheitliche Zeitmaschine

Es war einmal, in den 1980er Jahren, als die FPÖ noch eine harmlose rechtsnationale Splitterpartei war – ein unbedeutendes Anhängsel der politischen Landschaft, das mit seinen burschenschaftlichen Liedern und völkischen Phantasien irgendwo am Rand der Gesellschaft existierte. Doch dann kam Jörg Haider, und plötzlich wurde das blaue Gespenst salonfähig. Österreichs Journalisten und Politiker standen wie verzaubert vor dieser neuen Erscheinung – teils fasziniert, teils angewidert, aber stets unfähig, sie zu bannen.

Was folgte, war keine politische Auseinandersetzung, sondern die Geburt eines neuen Journalismusstils: der Pseudoneutralität. Egal, wie extrem die Forderungen der FPÖ wurden, egal, wie aggressiv ihre Rhetorik ausfiel – man wollte doch „beide Seiten hören“, um „objektiv“ zu bleiben. Diese furchtbare Krankheit, auch bekannt als „Balancitis“, hat die österreichischen Medien bis heute fest im Griff. Eine Infektion, die sich in einem einfachen Mantra manifestiert: „Aber man muss sie doch zu Wort kommen lassen, sie repräsentieren schließlich einen Teil der Bevölkerung.“ Es wäre ein lustiges Narrativ, wenn es nicht so traurig wäre.

Wie man eine Bühne bereitet

Haider kam, sah und siegte – nicht durch brillante Politik oder visionäre Ideen, sondern durch das, was in Österreich seit jeher gut funktioniert: Provokation. Doch anstatt ihn als das zu demaskieren, was er war – ein rechter Demagoge – hoben ihn Medien und Politik auf den Olymp des „enfant terrible“ der Nation. Statt kritischer Analyse gab es nur mehr Empörungstheater und Empörungsbewältigung. Und so begann das unheilvolle Spiel: Die FPÖ schleudert eine Provokation in die öffentliche Debatte, die Presse stürzt sich darauf, verbreitet sie bis in den letzten Winkel des Landes und die Politiker von SPÖ und ÖVP reagieren erschrocken – aber stets mit dem unweigerlichen Satz: „Wir müssen mit ihnen reden.“

Doch was bedeutet „mit ihnen reden“? In der Praxis ist das nichts anderes als die Normalisierung extremistischer Positionen. Das Gespräch, so glauben viele, entschärft den Gegner. Doch was in der Theorie nach weiser Demokratie klingt, verkommt in der österreichischen Realität zu einem grotesken Theater, in dem die FPÖ in die Mitte der Gesellschaft rückt, während der Rest der Politik nervös im Halbdunkel der Bühne steht, als wüssten sie nicht, ob sie Teil des Stücks oder nur Zuschauer sind.

Der Journalismus tanzt den Walzer des Versagens

Doch kein Gruselkabinett wäre komplett ohne die Marionetten des Journalismus, die nicht nur das Narrativ bereitstellen, sondern es auch mit Begeisterung verbreiten. Was haben wir in vierzig Jahren nicht alles gelesen? „Haider – der Populist mit Charme“, „Strache – die Stimme der Unzufriedenen“, „Kickl – der Mann des Volkes“. Wenn man die Schlagzeilen der letzten Jahrzehnte durchblättert, könnte man fast meinen, die FPÖ sei eine harmlose Protestpartei, ein Haufen etwas zu lautstarker Politiker, die doch nur das Beste für die kleinen Leute wollen.

Wo bleibt die kritische Distanz? Der investigativ-journalistische Biss? Stattdessen präsentiert sich die österreichische Medienlandschaft seit Jahren als willfähriger Steigbügelhalter für FPÖ-Provokationen. Sie geben ihnen eine Plattform, wo immer es geht, und entschuldigen sich, wenn der Ton mal etwas zu rau wird. Sie drucken rechte Tabubrüche ab, als wären sie bloße Meinungsäußerungen – und geben so der Normalisierung von Hetze und Fremdenfeindlichkeit Vorschub. Satiriker könnten es nicht besser erfinden, denn was sich hier abspielt, ist ein groteskes Ballett des journalistischen Versagens. Der Vorwurf, Medien seien „links“? Eine Lachnummer, wenn man sich die servile Berichterstattung über die FPÖ ansieht.

Die Politiker als Komparsen ihrer eigenen Ohnmacht

Ach, und die Politiker. Kein Kapitel dieser Tragödie wäre vollständig ohne die wankelmütige, prinzipienlose und oft geradezu feige Performance der politischen Elite. Man könnte meinen, dass nach all den Skandalen, nach Ibiza und den zahllosen rassistischen und antisemitischen Entgleisungen der FPÖ, endlich eine rote Linie gezogen würde. Doch was passiert? Jedes Mal, wenn die FPÖ am Abgrund steht, reichen die anderen Parteien ihr eine Hand und ziehen sie wieder hoch. Warum? Die FPÖ ist eine bequeme Ausrede. SPÖ und ÖVP haben in den letzten Jahrzehnten beide davon profitiert, die Freiheitlichen als Sündenbock für ihre eigenen Versäumnisse hinzustellen.

Schlimmer noch: In ihrem verzweifelten Versuch, Stimmen zurückzugewinnen, übernehmen sie immer häufiger Teile der FPÖ-Rhetorik. Das Ergebnis? Anstatt die FPÖ zu isolieren, haben sie die politische Debatte in Österreich nach rechts verschoben – und das bei jedem Themenbereich, sei es Migration, Integration oder Sicherheitspolitik. Und so treiben sie das Gruselkabinett weiter voran, als Marionetten in einem Theater, das längst von den Freiheitlichen geschrieben wird.

Der Vorhang fällt – oder doch nicht?

Das wirklich Gruselige an diesem ganzen Szenario ist jedoch nicht, dass sich die FPÖ weiterhin halten kann. Das wahrhaft Schockierende ist die völlige Hilflosigkeit aller Beteiligten, die FPÖ jemals aus diesem Teufelskreis der Relevanz herauszulösen. Sie ist längst zum unvermeidlichen Akteur geworden, zum zynischen Puppenspieler, der nicht mehr verschwindet, egal wie oft man ihn desavouiert, demaskiert oder abwählt.

Doch was bleibt zu tun? Soll man weiter die Geisterbahn fahren, auf der die FPÖ in immer neuen Schreckensfratzen auftaucht? Oder ist es endlich Zeit, die Notbremse zu ziehen, das Narrativ zu ändern, das Theaterstück zu beenden? Eines ist sicher: Ohne eine radikale Umwälzung in Politik und Journalismus wird das Gruselkabinett weiter geöffnet bleiben – und die Geister werden uns noch lange heimsuchen.

Quellen und weiterführende Links

  1. Pühringer, Thomas: Die Normalisierung des Ungeheuren: Wie die Medien die FPÖ salonfähig machten. Vienna Journal of Politics, 2020.
  2. Müller, Hans-Peter: Politik und Journalismus in Österreich: Eine Hassliebe im Dienste der FPÖ. Österreichische Rundschau, 2018.
  3. Waldschmidt, Clara: Der Populismus und die Medien: Ein europäisches Problem mit österreichischen Wurzeln. Europa Verlag, 2021.
  4. Brunnbauer, Felix: Vom Skandal zur Regierung: Die FPÖ in der zweiten Republik. Österreichische Verlagsgesellschaft, 2019.

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