Cicero heute

Der letzte Tango in Berlin

Es war einst Cicero, der große Redner, Philosoph und unverstandene Prophet der römischen Republik, der den legendären Satz formulierte: „Je näher der Zusammenbruch eines Imperiums rückt, desto verrückter sind seine Gesetze.“ Nun, wenn Cicero die heutige Bundesrepublik sehen könnte, insbesondere die hochmodernen Fortschritte im Bereich des „Selbstbestimmungsgesetzes“, würde er vermutlich mit einem resignierten Nicken und einem müden Lächeln bemerken, dass er wohl damals schon alles gesagt hat, was es über den Verfall der Zivilisation zu sagen gibt. Doch widmen wir uns einem aktuellen Thema: dem Gesetz, das die Grenzen zwischen Biologie, Identität und, ja, schierer Fantasie verwischt. Wer hätte gedacht, dass wir eines Tages den „Selfie-Staat“ erleben würden, in dem Identität genauso flexibel ist wie ein Smartphone-Filter?

Die Gesetzgeber als Zirkusdirektoren

Es ist wirklich erstaunlich, wie schnell sich die Legislative heutzutage in ein Panoptikum des Absurden verwandeln kann. Einst gab es noch ein festes Verständnis von Identität, ein Fundament aus Biologie, Geschichte und Philosophie. Doch heute, meine Damen und Herren, erleben wir die Renaissance des magischen Denkens. Mit dem Selbstbestimmungsgesetz können Sie nun Ihre Identität so oft wechseln, wie Sie Ihre Unterwäsche austauschen – nur mit weniger Aufwand. Ein simpler Gang zum Standesamt, eine Unterschrift – und voilà! Sie sind plötzlich jemand ganz anderes. Mann, Frau, irgendetwas dazwischen, davor oder danach – alles ist möglich, und das ganz ohne ärztliches Gutachten oder gar psychologische Beratung. Warum auch? Der Weg zu sich selbst ist schließlich kein wissenschaftlicher Prozess mehr, sondern eine willkürliche Entscheidung in einem Verwaltungsformular. Man könnte fast meinen, Kafka habe das Drehbuch geschrieben, während er eine Drogenkur in den späten 2020er Jahren durchlief.

Ach, die alte Hexe!

Einst war Biologie ein unbequemes Hindernis. Etwas, das im Weg stand, wenn man versuchte, die Welt in willkürliche soziale Konstrukte zu zerlegen. Aber keine Sorge, das Selbstbestimmungsgesetz hat uns endlich von diesen fiesen Fesseln der Realität befreit! Es ist wie ein freundlicher Mittelfinger an die Evolution, ein herzhaftes „Danke, aber nein danke“ an Darwin und seine Anhänger. Wer braucht schon Chromosomen, wenn man staatliche Formulare hat? Cicero hätte bei so viel Fortschritt sicherlich Tränen der Rührung vergossen. Nicht aus Freude, sondern aus einer Mischung aus Unglauben und bitterem Gelächter.

Und so entfernen wir uns nicht nur von der Realität, sondern auch von der Wissenschaft. Die Gene? Unwichtig. Die Anatomie? Überbewertet. Die Geschlechtsmerkmale? Pah! Wer braucht schon Fakten, wenn es Gefühle gibt? Das ist das neue Credo, das uns die Gesetzgeber predigen: Du bist, was du fühlst, und das so oft und so schnell, wie du willst. Als nächstes kommt vielleicht das Gesetz zur spontanen Artverwandlung: „Heute fühle ich mich wie ein Adler.“ Perfekt, hier sind Ihre Flügel, guten Flug!

Der Staat als Wunschmaschine

Aber der eigentliche Spaß beginnt doch erst, wenn wir uns die tiefen Implikationen dieses Gesetzes ansehen. Wenn Geschlecht und Identität zu variablen Größen werden, wird der Staat zu einer Wunschmaschine. Er erfüllt Ihre tiefsten Träume auf dem Papier – solange Sie rechtzeitig Ihre Formulare einreichen. Die Bürokratie wird zum wahren Schöpfer Ihrer Existenz. Was früher Priester, Philosophen oder vielleicht sogar Ärzte über Jahrtausende hinweg definierten, erledigt heute ein Sachbearbeiter mit einem Stempel. Es ist eine regelrechte postmoderne Revolution: Die Metaphysik in die Hände der Verwaltung legen und hoffen, dass niemand merkt, wie absurd das alles ist.

Wer die Kraft dieses bürokratischen Wunders noch immer unterschätzt, dem sei gesagt: Stellen Sie sich vor, Sie könnten Ihr Geschlecht, Ihre Identität und vielleicht bald auch Ihr Alter und Ihre ethnische Herkunft nach Belieben wechseln. Willkommen in einer Welt, in der die Grenzen des Realen nach Belieben gedehnt werden können. Ist das der Fortschritt, den Cicero meinte? Wohl kaum. Aber es ist sicher der Fortschritt, den wir verdient haben.

Wenn alles möglich ist, wird alles egal

In diesem gesetzgeberischen Wunderland, in dem jeder nach Belieben seine Identität wechseln kann, stellt sich die Frage: Wenn alles möglich ist, was bleibt dann noch wichtig? Wenn das Gesetz es uns erlaubt, unsere tiefste biologische Existenz in ein simples Häkchen auf einem Formular zu verwandeln, entwertet es dann nicht die Bedeutung dieser Existenz? Ein Mann zu sein, eine Frau zu sein – was bedeutet das noch, wenn es nichts weiter als eine administrative Entscheidung ist, vergleichbar mit der Auswahl eines Passwortes auf einem neuen Konto?

Es ist die bittere Ironie des Liberalismus im 21. Jahrhundert: Indem er uns immer mehr Möglichkeiten gibt, raubt er uns das, was einst Halt und Bedeutung gab. Wenn alles veränderbar ist, wird nichts mehr konstant. Und in dieser schillernden Welt der unendlichen Optionen bleibt am Ende nichts als Leere. Cicero hätte dies als Vorboten des Zusammenbruchs erkannt, als das letzte Zucken eines Imperiums, das vor lauter Freiheiten den Boden unter den Füßen verliert.

Der imperiale Wahnsinn

Was Cicero in seiner Weisheit bereits erkannte, zeigt sich heute deutlicher denn je: Wenn eine Gesellschaft beginnt, ihre grundlegenden Fundamente zu untergraben, wird der Weg in den Abgrund unausweichlich. Die römische Republik brach nicht von heute auf morgen zusammen. Es begann mit einer Erosion der Werte, einer Verwirrung der Gesetze, die irgendwann so bizarr wurden, dass sie sich gegen das eigene Gemeinwohl richteten. Nun, Cicero würde zweifellos in Berlin oder Brüssel heute das gleiche Trauerspiel sehen: Eine Politik, die mit ihrer eigenen Komplexität nicht mehr klarkommt und immer radikalere, unlogischere Gesetze produziert, um den Verfall zu verdecken.

Das Selbstbestimmungsgesetz ist nicht das erste und wird auch nicht das letzte Beispiel dieses Phänomens sein. Es ist ein Symptom, ein Zeichen eines tiefer liegenden Problems: die Zerstörung des Realen zugunsten eines gefährlichen Individualismus, der so weit geht, dass er sich selbst ad absurdum führt. Wie lange wird es noch dauern, bis der Staat auch die letzte Grenze des Realen einreißt und uns das ultimative Gesetz präsentiert: „Sie sind, wer auch immer Sie sein wollen, so oft Sie wollen, bis der Zusammenbruch eintritt.“

Die Zukunft gehört der Bürokratie

Cicero mag tot sein, aber seine Warnungen hallen in den Gesetzesfluren unserer heutigen Zeit wider. Der Niedergang eines Imperiums beginnt nicht mit einem lauten Knall, sondern mit einer Reihe stiller, seltsamer Gesetze, die immer verrückter und undurchsichtiger werden. Das Selbstbestimmungsgesetz ist nur ein weiteres Kapitel in dieser langen Geschichte des Wahnsinns. In einer Welt, in der nichts mehr feststeht und alles im Fluss ist, bleibt die Frage: Werden wir rechtzeitig aufwachen, oder tanzen wir weiter auf den Ruinen unserer eigenen Vernunft?

Eines ist sicher: Der Zirkus ist noch lange nicht vorbei.


Quellen und weiterführende Links

  1. Cicero, Marcus Tullius. De re publica. Übersetzt und kommentiert von James Zetzel. Cambridge University Press, 1995.
  2. Mohr, Alexander. „Das Selbstbestimmungsgesetz und die Auswirkungen auf das deutsche Rechtssystem.“ Zeitschrift für Rechtspolitik, 2023.
  3. Kelle, Birgit. Gender Gaga: Wie eine absurde Ideologie unseren Alltag erobern will. Adeo Verlag, 2017.
  4. Schubert, Simon. „Postmoderne Identitätspolitik und die Auflösung des Subjekts.“ Philosophische Rundschau, 2022.
  5. Beck, Ulrich. Risikogesellschaft: Auf dem Weg in eine andere Moderne. Suhrkamp, 1986.

Für alle, die dem Wahnsinn noch nicht genug gefrönt haben: Willkommen in der Welt der postfaktischen Gesetze und der unendlichen Identitäten.

Europäische Werte und das neue Gesindel

Der Nobelpreis, der den literarischen Kosmos spaltet

Als Peter Handke 2019 den Literaturnobelpreis erhielt, raunte es durch die literarischen Salons und akademischen Elfenbeintürme: Ein genialer Schriftsteller, der sich mit sprachlicher Virtuosität und tiefsinniger Beobachtung in die Geschichte der europäischen Literatur eingeschrieben hat, wird geehrt. Doch gleichzeitig brach auch ein Sturm der Entrüstung los. Der Mann, der den Völkermord relativierte, der die Gräueltaten auf dem Balkan kleinredete, sollte die höchste Auszeichnung der literarischen Welt erhalten? Skandalös, schrie man aus moralischen Bastionen, wie kann ein solcher Mann die Werte Europas repräsentieren?

Handke selbst, nie ein Freund von glatt polierten Antworten oder harmonischen Konsens, hatte darauf nur ein müdes Schulterzucken übrig. Werte? Europäische Werte? Ein Konstrukt der politischen Eliten, eine neue Keule, mit der man Andersdenkende zum Schweigen bringt. „Das neue Gesindel“, nannte er jene, die ihre Moral als Waffe führen. Und damit riss er gleich noch ein paar Illusionen mit sich.

Die europäische Werte-Industrie

Beginnen wir mit dem Begriff „europäische Werte“. Was für eine blumige, nebulöse Formulierung! Für die einen klingt es wie der sanfte Gesang von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit – für andere wie das nervtötende Gezwitscher eines Kanarienvogels, der sich in einem Käfig moralischer Überlegenheit verheddert hat. Peter Handke scheint zur letzteren Gruppe zu gehören. Die Vorstellung, dass Werte wie Gerechtigkeit, Menschenwürde oder die vielbeschworene Demokratie ausschließlich in den Kammern Europas destilliert und dann wie Parfumflakons in die Welt exportiert werden, erscheint ihm, nun ja, reichlich anmaßend.

In seiner bekannten polemischen Art hat Handke Europa nie als Hort der moralischen Reinheit dargestellt. Vielmehr als einen Kontinent, der sich nach Jahrhunderten der Kolonisation, Kriege und Völkermorde jetzt plötzlich als moralische Instanz aufspielt. Ist das nicht eine herrlich absurde Vorstellung? Europa, das sich so sehr auf seine eigenen Werte beruft, dass es den moralischen Zeigefinger als dauerhafte Pose einzunehmen scheint. Und genau das ist für Handke der entscheidende Punkt: Die Instrumentalisierung dieser „Werte“ als moralische Waffe, die das, was nicht in den europäischen Diskurs passt, einfach niederknüppelt. Mit anderen Worten: Willkommen in der europäischen Werte-Industrie!

Moralapostel in Designer-Anzügen

Aber lassen wir Handke selbst sprechen. „Leute, die so reden, sind das neue Gesindel“, sagt er. Schockierend, nicht wahr? Und doch, wenn man genauer hinschaut, trifft er einen Nerv. Gemeint sind die neuen „Werteschützer“ – die Vertreter der hochmodernen, westlichen Moral, die mit emporgehobenen Nasen und geschliffener Rhetorik als selbsternannte Wächter über das Gute und Richtige walten. Sie schreiben Leitartikel über Demokratie und Menschenrechte, während sie zugleich das Völkerrecht beugen, wenn es ihren geopolitischen Interessen dient. Es ist diese Doppelmoral, die Handke entlarven will, diese schicke neue Variante des Imperialismus, die sich nicht mehr durch Waffen und Kolonien, sondern durch Worte und moralische Belehrungen manifestiert.

Das „Gesindel“, das Handke meint, sind jene, die mit der Axt der europäischen Werte auf alles einschlagen, was nicht in ihr normatives Weltbild passt. Sie tun dies, ohne zu merken, dass sie längst Teil eines Spiels geworden sind, das ihre eigene moralische Selbstherrlichkeit als Währung benutzt. Doch hinter dieser moralischen Pose verbirgt sich oft eine unglaubliche Ignoranz gegenüber der Realität – und eine gefährliche Heuchelei.

Der Literat als Dissident

Handke hat nie den einfachen Weg gewählt. Er war stets ein Literat, der sich dem Mainstream entzog, der sich nicht scheute, auch unpopuläre Meinungen zu äußern. In einer Zeit, in der es einfacher war, auf den moralischen Konsens-Zug aufzuspringen, wagte er es, anders zu denken, anders zu schreiben. Als er Milosevic bei dessen Begräbnis verteidigte, löste das eine Welle der Empörung aus. Doch was war Handkes eigentliche Botschaft? Vielleicht war es nicht eine Verteidigung von Milosevic als Mensch oder Politiker, sondern vielmehr ein Protest gegen die Art und Weise, wie der Westen – und damit auch Europa – die moralische Deutungshoheit für sich beanspruchte.

Ist Handke ein zynischer Provokateur? Sicherlich. Ein literarischer Dissident? Ohne Zweifel. Doch was ihn so schwer greifbar macht, ist, dass er sich nicht in die Schublade der klassischen Ideologiekritiker einsortieren lässt. Handke zielt auf das, was viele übersehen: die Verlogenheit eines Diskurses, der sich als moralisch überlegen ausgibt, aber selbst in Widersprüche und Heuchelei verstrickt ist.

Europäische Werte als Bühnenbild

Handke vergleicht „europäische Werte“ mit einem Bühnenbild – etwas, das man aufstellt, um die Illusion eines noblen, moralisch einwandfreien Spektakels zu erzeugen. Doch was geschieht, wenn der Vorhang fällt? Die Maske der Werte wird abgelegt, und zum Vorschein kommen dieselben alten Machtstrukturen, die schon immer die Weltgeschichte geprägt haben. Die „europäischen Werte“ sind, so könnte man Handke lesen, nichts weiter als ein politisches Narrativ, ein Marketinginstrument, das genutzt wird, um die eigene Position zu festigen.

Und das ist es, was Handke so meisterhaft beherrscht: Die Entlarvung der Widersprüche, das Herausarbeiten der Brüche im Diskurs. Während viele seine Aussagen als Provokation abtun, steckt dahinter eine tiefere Analyse der europäischen Selbstwahrnehmung und ihrer blinden Flecken. Handke zeigt uns, dass die Moralkeule, die Europa schwingt, oft hohl ist, oft nur als Alibi dient, um von den eigenen Verfehlungen abzulenken.

Der lächelnde Zyniker und die letzte Frage

Am Ende bleibt die Frage: Was will uns Handke wirklich sagen? Ist er einfach nur ein zynischer Provokateur, der sich über die Werte der westlichen Welt lustig macht? Oder ist er ein literarischer Moralist, der uns zeigt, dass Werte, wenn sie instrumentalisiert werden, keinen Wert mehr haben? Vielleicht ist er beides – und vielleicht liegt genau darin seine Brillanz.

Handke fordert uns heraus, über den Begriff der „europäischen Werte“ nachzudenken und ihn nicht als selbstverständlich hinzunehmen. Was bedeutet es wirklich, europäische Werte zu verteidigen? Und sind diese Werte tatsächlich universell oder nur eine bequeme Rechtfertigung für Machtansprüche? Am Ende bleibt Handke der unbequeme Denker, der uns aus unserer moralischen Komfortzone herauszwingt – und genau das macht seine Literatur so unverzichtbar.

Quellen und weiterführende Links

  1. Handke, Peter. Versuch über den geglückten Tag. Suhrkamp, 1991.
  2. Handke, Peter. Mein Jahr in der Niemandsbucht: Ein Märchen aus den neuen Zeiten. Suhrkamp, 1994.
  3. Mayer, Michael. „Die Unbequeme Stimme: Peter Handke und die europäische Selbstgerechtigkeit.“ Literaturmagazin, 2020.
  4. Schuster, Anja. „Die Doppelmoral des Westens: Eine Analyse von Peter Handkes Nobelpreisrede.“ Journal für politische Rhetorik, 2019.

Wer mehr über die Brüche im europäischen Selbstverständnis erfahren will, dem sei die Lektüre von Handkes Werken ans Herz gelegt. Vielleicht steckt darin mehr Wahrheit, als es die moralischen Prediger wahrhaben wollen.

Kaffeehaus-Republik

Der intellektuelle Tanz auf dem Vulkan

Deutschland, das Land der Dichter, Denker und – natürlich – Maschinenbauer, Chemiker und Autobauer. Oder war es das Land der Dichter, Denker und Baristas? Die Deindustrialisierung schleicht sich leise, fast unbemerkt, durch die Hintertüren der Fabrikhallen, und das Schlimmste daran: Man tut so, als sei das völlig in Ordnung. Menschen wie Marcel Fratzscher, seines Zeichens Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), stehen an der Spitze dieser absurden Erzählung und versichern uns, dass der Verlust energieintensiver Industrien kein Grund zur Sorge sei. Nein, im Gegenteil! Es ist gut für uns. Wirklich jetzt? Der Gedankengang erinnert an jemanden, der dir lächelnd erklärt, wie gesund es doch sei, wenn dir dein Haus abbrennt – man habe schließlich so eine schöne Aussicht auf den Himmel, wenn das Dach erstmal weg ist.

Ein Wirtschaftsmärchen für Erwachsene

Marcel Fratzscher argumentiert, dass es „nicht schlimm, sondern gut“ sei, wenn die energieintensive Industrie das Land verlässt. Die deutsche Wirtschaft würde wettbewerbsfähig bleiben, indem die Unternehmen ihre Innovationskraft und „guten Arbeitskräfte“ erhalten. Aha, interessant. Wir sollen also glauben, dass all die Jobs, die in der Chemie-, Automobil- und Maschinenbauindustrie wegfallen, durch eine Art magische Hand des Marktes ersetzt werden. Und zwar mit – man höre und staune – „guten Arbeitsplätzen“. Gute Arbeitsplätze, ja? Und wo genau werden die sein? In Coffee Shops? Oder vielleicht in Start-ups, die an der nächsten revolutionären Idee für biodynamischen Cold Brew arbeiten?

Wenn die Produktion geht, dann gehen die Jobs, die hier für Wohlstand gesorgt haben, mit. Aber keine Sorge! Laut Fratzscher sind diese Jobs ja ohnehin überholt. Wer braucht schon Fabriken, wenn man stattdessen ganz modern in hippen Co-Working-Spaces sitzen kann? Es erinnert fast an die Absurdität der französischen Königin Marie Antoinette, die – als das Volk kein Brot hatte – nonchalant vorschlug, man möge doch Kuchen essen. Fratzschers Version: „Ihr habt keine Industriearbeitsplätze mehr? Kein Problem, werdet doch alle Innovationsmanager!“

Umweltbewusstsein light

Ein weiteres wunderbares Detail, das man bei der Abwanderung der Industrie gerne übersehen möchte, ist der Umweltschutz. Der oft zitierte Slogan „Made in Germany“ steht nämlich nicht nur für Qualität, sondern auch für relativ hohe ökologische Standards. Aber die Verlagerung der Produktion ins Ausland scheint diesem edlen Anspruch irgendwie nicht mehr zu entsprechen. Man nimmt es gelassen hin, dass dort oft mit einem wesentlich schlechteren CO2-Abdruck produziert wird. Was hier unter den strengen Augen deutscher Umweltbehörden noch an Standards durchgesetzt wurde, löst sich dann in Ländern mit laxeren Regelungen im Dunst der Industrieabgase auf.

Aber halt, das ist doch eigentlich kein Problem, oder? Wenn wir die Verschmutzung exportieren, sieht unser eigener Vorgarten plötzlich viel sauberer aus. Problem gelöst! Man könnte fast meinen, dies sei der Plan gewesen: eine saubere deutsche Weste, während der Smog anderswo dichter wird. Das nennt man wohl Globalisierung in Reinform. Während hier die Luft immer klarer wird, wird sie anderswo so dick, dass man sie schneiden kann. Aber hey, Hauptsache, wir bleiben „wettbewerbsfähig“.

Ein intellektuelles Hütchenspiel

Ein weiteres Argument der Fratzschers dieser Welt lautet, dass der Wegfall der energieintensiven Industrie Platz für Innovation schaffe. Doch was für Innovationen sollen das sein? Und vor allem: Wo kommen die her? Der Gedanke, dass Deutschland in einer Welt ohne Chemieindustrie und Maschinenbau durch Innovationskraft führend bleiben soll, wirkt fast rührend naiv. Es ist, als wolle man einem Kind erklären, es könne auch dann Weltmeister im Schach werden, wenn man ihm das Schachbrett und die Figuren wegnimmt. Irgendwie wird das schon klappen, oder?

Man stelle sich eine Zukunft vor, in der Deutschland zwar keine Autos mehr baut, aber weltführend im Design von App-Icons für Carsharing-Start-ups ist. Oder vielleicht werden wir Vorreiter in der Entwicklung von umweltfreundlichen To-Go-Bechern für den mittlerweile florierenden Coffee-Shop-Sektor. Fratzscher träumt offensichtlich von einer Welt, in der gutbezahlte Jobs in der Industrie durch ebenso gut bezahlte Jobs im Dienstleistungssektor ersetzt werden. Vielleicht träumt er auch davon, dass Roboter irgendwann die Werkbänke besetzen und die Menschen zu Hause vom Laptop aus dem digitalen Schachspiel des globalen Wettbewerbs zuschauen. Aber bis dahin – bleibt’s wohl eher beim Kaffee servieren.

Eine Illusion für die Arbeitslosenstatistik

Ein weiteres Juwel in der Schatztruhe der neoliberalen Narrative ist die Vorstellung, dass die verlorenen Industriearbeitsplätze durch „gute Arbeitsplätze“ ersetzt werden. Was aber genau sind diese „guten Arbeitsplätze“, die uns da versprochen werden? Die Latte-Macchiato-Brigade in hippen Innenstadt-Cafés? Oder die stundenweise Angestellten in den Versandzentren großer Online-Händler, die Pakete für Mindestlohn sortieren?

Es scheint eine ziemlich realitätsferne Vorstellung zu sein, dass in einer Volkswirtschaft wie der deutschen, die stark auf Industrie basiert, Millionen von Facharbeitern und Ingenieuren plötzlich eine neue Heimat in der Dienstleistungsbranche finden werden. Der Wandel von der Werkbank zum Coffee-Shop-Besitzer ist vielleicht eine nette Utopie, aber in der realen Welt kommt das einer kalten Enteignung gleich – nicht nur der materiellen Mittel, sondern auch der Würde der Arbeit.

Deutschland auf dem Weg zum Caféstaat

Deutschland, so wie es heute dasteht, verdankt seinen Wohlstand vor allem der Industrie. Chemie, Automobilbau, Maschinenbau – das sind die Grundpfeiler des wirtschaftlichen Erfolgs. Doch statt diese Pfeiler zu stützen und auszubauen, scheint die politische und wirtschaftliche Elite bereit, sie ohne mit der Wimper zu zucken abzutragen. Die Begründung? Es ist ja „gut“, wenn die energieintensive Industrie abwandert. Diese Abkehr von der produzierenden Wirtschaft zugunsten einer Wohlfühlpolitik erinnert an die berühmten letzten Tage Roms, als sich die Elite dem Müßiggang hingab, während das Imperium vor ihren Augen zerfiel.

Fratzscher und Konsorten scheinen zu glauben, dass wir in einer Zukunft ohne Industrie einfach weitermachen können wie bisher. Vielleicht wird Deutschland ja der nächste große Caféstaat – ein Ort, an dem die Bürger ihre Zeit in schicken Coffee-Shops verbringen, während der Rest der Welt Autos, Maschinen und Chemikalien herstellt. Man könnte fast meinen, es handele sich um ein großes Experiment: Was passiert, wenn man eine der größten Industrienationen der Welt schrittweise deindustrialisiert und hofft, dass alles gut geht?

Eine Zukunft voller Latte Macchiato und weniger Jobs

Die Deindustrialisierung Deutschlands mag in den Augen mancher Ökonomen wie Marcel Fratzscher als Chance erscheinen, doch für den Großteil der Menschen bedeutet sie vor allem eines: den Verlust gutbezahlter Arbeitsplätze und den Abstieg in prekäre Arbeitsverhältnisse. Es bleibt abzuwarten, wie viele Baristas wir tatsächlich brauchen, um die Lücken in der deutschen Wirtschaft zu füllen. Und ob das Kaffeearoma wirklich den scharfen Geruch des Maschinenöls überdecken kann.

Am Ende bleibt die Frage: Wird Deutschland in ein Land verwandelt, das stolz auf seine Coffee-Shop-Kultur ist, während die Industriehallen leer stehen? Die Antwort scheint klar zu sein: Latte Macchiato schmeckt gut, aber er zahlt keine Renten.

Quellen und weiterführende Links

  1. Marcel Fratzscher, Interview in der Neuen Osnabrücker Zeitung, Oktober 2023
  2. Deutschland 2030: Was die Deindustrialisierung wirklich bedeutet, Deutsche Wirtschaftsnachrichten, 2023
  3. BMWK: Industrie 4.0 und die Zukunft der Arbeit, Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz
  4. Ifo Institut: Wirtschaftliche Auswirkungen der Deindustrialisierung, Studie, 2023
  5. Sabine Rennefanz: Die Latte-Macchiato-Gesellschaft: Ist die Dienstleistungsökonomie die Zukunft?, Zeit Online, 2022

Die ewige Mär vom Siedlerstaat

Der Fall Palästina und der Zirkus der Sympathie

Es ist eine merkwürdige, fast absurde Beobachtung: Der Westen, so stolz auf seine moralische Überlegenheit, seine Menschenrechte und seine Werte, pflegt seit Jahrzehnten eine unheimliche Sympathie für ein Volk, dessen Mehrheit, laut einer Umfrage vom November 2023, die Existenz Israels nach wie vor nicht anerkennt und das in erschreckend hohen Zahlen die Massaker vom 7. Oktober rechtfertigt. Mehr als zwei Drittel der Palästinenser sehen kein Existenzrecht für Israel, und neun von zehn glauben nicht an ein friedliches Zusammenleben. Eine erschütternde Zahl, könnte man meinen. Doch anstatt diese Realität zu akzeptieren und sich den Konsequenzen zu stellen, scheint der Westen lieber die Augen zu verschließen und die immer gleiche Litanei von „Unterdrückung“ und „Kolonialismus“ herunterzubeten, als sei dies eine Entschuldigung für Gewalt, Terror und den offenen Ruf nach Vernichtung.

Ein Erbe ohne Ende

Es gibt ein besonderes Phänomen in der palästinensischen Gesellschaft, das man weltweit sonst nirgends findet: den Status des Flüchtlings als vererbbaren Zustand. Während Flüchtlingsgruppen weltweit mit der Zeit ihre Statusänderung erleben und sich in neuen Gesellschaften integrieren, bleibt der Palästinenser ewig im Stigma der Opferrolle gefangen. Dank der UNRWA, jener gut geölten, milliardenschweren Maschinerie, wird das Schicksal des „Flüchtlings“ sorgsam an jede Generation weitergegeben, wie ein Familienerbstück, das keiner so richtig will, aber keiner loswerden darf. So bleibt die palästinensische Identität gefangen in der Erzählung von Vertreibung und Rückkehr – eine Erzählung, die nicht nur das Narrativ des Staates Israel ablehnt, sondern auch die Aussicht auf Frieden systematisch zerstört.

Die logische Konsequenz? Die Flüchtlinge bleiben, die Gelder fließen, und das Narrativ der Opferrolle bleibt intakt. Der Westen finanziert, mit gutem Gewissen, Jahr für Jahr das Festhalten an der Vergangenheit und ignoriert dabei, dass dieser „Status quo“ den Frieden nicht nur verhindert, sondern aktiv untergräbt.

Die politische Schizophrenie des Westens

Es ist bemerkenswert, wie der Westen mit zweierlei Maß misst, wenn es um die Palästinenser geht. Stellen wir uns einmal vor, eine andere Volksgruppe würde die Auslöschung eines UN-Mitgliedsstaates fordern – und das in aller Offenheit und ohne diplomatische Floskeln. Wäre es denkbar, dass die internationale Gemeinschaft diese Gruppe weiterhin mit Milliarden unterstützt, während sie Massaker feiert und Frieden ablehnt? Wohl kaum. Doch bei den Palästinensern, genauer gesagt bei Gruppen wie Hamas, scheint man großzügig darüber hinwegzusehen. Stattdessen fließt das Geld, die Diplomaten reisen, und die Linken des Westens ergehen sich in moralischen Selbstgesprächen über die angebliche „Schuld“ der Europäer am Leid des Nahen Ostens.

Dieses Phänomen ist eine politische Schizophrenie sondergleichen. Terror wird zu „Widerstand“ umgedeutet, und die Barbarei, die am 7. Oktober 2023 ihren blutigen Höhepunkt fand, wird von linksradikalen Apologeten im Westen als ein Akt der Verzweiflung dargestellt, als ob Verzweiflung jemals Massaker rechtfertigen könnte. Die Frage bleibt: Würde man solchen Gewalttätern auch in Europa freie Hand lassen? Würde man Terroristen, die in den Straßen Londons oder Berlins Angst und Schrecken verbreiten, dieselbe milde Toleranz entgegenbringen, die man der Hamas entgegenbringt?

Eine Märchenstunde für Gutgläubige

Natürlich darf in dieser Diskussion die altbekannte Behauptung nicht fehlen: Israel sei ein „Siedlerstaat“. Ein Begriff, der in den Kreisen der akademischen Linken mittlerweile so inflationär gebraucht wird, dass er jeglichen Sinn verloren hat. Es wird so getan, als ob Israel ein kolonialer Außenposten Europas im Nahen Osten sei, errichtet auf dem Leid und der Vertreibung der „indigenen“ Bevölkerung. Ein bisschen Geschichtsunterricht täte hier gut. Denn die jüdische Präsenz in der Region reicht nicht nur über 3000 Jahre zurück, sie ist ununterbrochen. Juden lebten in der Region lange bevor die Araber überhaupt in die Geschichte des Nahen Ostens eintraten. Das Judentum ist doppelt so alt wie der Islam, und es ist der Islam, der seine Wurzeln im Judentum hat – nicht umgekehrt.

Selbst der Koran spricht von den „Israeliten“ und erkennt ihnen das Recht auf das Heilige Land zu. Aber wer sich mit solchen „Kleinigkeiten“ wie historischen Fakten beschäftigt, wird schnell als Apologet des Kolonialismus abgetan. Es ist fast amüsant, wenn es nicht so traurig wäre, wie geschickt hier Fakten verdreht und in einen politischen Kampf eingebunden werden, der sich vor allem um eines dreht: die Vernichtung Israels.

Eine gefährliche Verzerrung

Doch was steckt hinter dieser offensichtlichen Verwirrung des Westens? Warum wird Terrorismus verharmlost, ja, sogar gerechtfertigt, solange er sich gegen Israel richtet? Die Antwort könnte einfacher sein, als man denkt: Es ist die Faszination des Westens für den „edlen Wilden“, jenen mythischen Kämpfer, der – in den Augen der westlichen Linken – gegen die Mächte des „Imperialismus“ und des „Kolonialismus“ aufbegehrt. Dabei wird die Realität – dass es sich oft um brutale, fundamentalistische Bewegungen handelt – geflissentlich ausgeblendet.

Die Linken im Westen haben es sich zur Aufgabe gemacht, Israel als den letzten kolonialen Außenposten zu brandmarken, obwohl dieser Narrativ schlichtweg nicht der Realität entspricht. Währenddessen wird jede terroristische Gräueltat, solange sie im Namen des „Widerstands“ geschieht, als notwendiges Übel hingenommen. Es ist eine zynische Moral, die Terrorismus als legitime Form der politischen Äußerung betrachtet – und die in Europa in immer größeren Demonstrationen auf den Straßen mündet.

Das Ende der Appeasement-Politik

Es ist höchste Zeit, dass der Westen aufhört, diese Politik der Beschwichtigung fortzusetzen. Wie lange noch will man Terroristen mit diplomatischem Gewäsch besänftigen? Wie lange noch will man Milliarden in ein System pumpen, das Gewalt und Hass schürt, anstatt Frieden und Verständigung zu fördern? Die Vorstellung, dass man durch Appeasement und Zugeständnisse die radikalen Kräfte besänftigen kann, hat sich als tödlicher Irrtum erwiesen – im wahrsten Sinne des Wortes.

Die Zukunft des Nahen Ostens wird nicht durch westliche Schuldgefühle, sondern durch klare Prinzipien entschieden. Frieden kann nur entstehen, wenn Gewalt klar verurteilt wird und die Forderung nach der Vernichtung eines Staates nicht mehr als legitime politische Position akzeptiert wird. Wer den Frieden wirklich will, muss aufhören, Terrorismus zu finanzieren und zu rechtfertigen.

Die Notwendigkeit klarer Prinzipien

Am Ende bleibt die Frage, ob der Westen bereit ist, sich dieser Realität zu stellen. Die Mär vom „Siedlerstaat“, die vererbte Opferrolle und die moralische Verwirrung müssen endlich beendet werden. Die Sympathie für ein Volk, dessen politische Führer die Vernichtung eines anderen Staates anstreben, ist nicht nur moralisch fragwürdig, sie ist gefährlich. Es ist Zeit, dass der Westen seine Prinzipien verteidigt und klar Stellung bezieht – gegen Terrorismus, gegen Gewalt und für das Existenzrecht Israels.

Quellen und weiterführende Links

  1. Arab World for Research and Development. Palestinian Public Opinion Poll – November 2023.
  2. Karsh, Efraim. Palestine Betrayed. Yale University Press, 2010.
  3. Morris, Benny. 1948: A History of the First Arab-Israeli War. Yale University Press, 2008.
  4. UNRWA. Annual Report 2023.
  5. Krämer, Gudrun. A History of Palestine: From the Ottoman Conquest to the Founding of the State of Israel. Princeton University Press, 2008.

Die ewige deutsche Staatsräson

Annalena Baerbock und ihr Problem mit wehrhaften Juden

Ein Sprichwort besagt: „Wahre Freunde erkennt man in der Not.“ Hätte man dieses Sprichwort nicht schon vor Jahrhunderten in die Welt gesetzt, könnte man es glatt mit Blick auf Deutschlands Nahost-Politik erfunden haben. Denn so häufig die Merkel’sche Mantra, Israels Sicherheit sei deutsche Staatsräson, auch beschworen wird, so zuverlässig wie ein Uhrwerk scheitert diese Versicherung an der harten Realität des Nahen Ostens – wo die deutschen Lippenbekenntnisse schneller bröckeln als ein alter Berliner Altbau. Und wer könnte dieses zähe Drama besser verkörpern als Annalena Baerbock, die deutsche Außenministerin, die tapfer um Worte ringt, während Israel um sein Überleben kämpft.

Die Verwässerung der Freundschaft

Es war der 7. Oktober 2023, ein Tag, der nicht nur Israel erschütterte, sondern auch einen kurzen, seltenen Moment deutscher Solidarität brachte. Nach dem mörderischen Überfall der Hamas auf israelische Zivilisten schien es fast so, als hätten deutsche Spitzenpolitiker ihre Herzen aus den tiefen Kellern der Realpolitik hervorgeholt, um ein paar warme Worte an das „befreundete Israel“ zu richten. Doch wie lange dauert eine solche Solidarität in der deutschen Außenpolitik? Wie sich herausstellt: Etwa so lange, wie ein durchschnittlicher Sommerschauer in Berlin.

Schneller als man „UN-Resolution“ sagen konnte, war es vorbei mit der Freundschaft. Deutschland, der selbsternannte Wächter von „Nie wieder“, enthielt sich bei einer anti-israelischen Resolution in der UN-Generalversammlung. Die Begründung? Ach, irgendwas mit „Völkerrecht“ und „Frieden“, die typischen politischen Allgemeinplätze, die wie Weichspüler durch die Talkshows des Landes wabern. Es ist fast so, als habe man die Solidarität auf dem diplomatischen Basar verhökert, weil man in der „Weltgemeinschaft“ nicht anecken wollte. Oder vielleicht liegt es auch daran, dass Deutschland Angst hat, in der globalen Beliebtheitsliga einen Platz zu verlieren – als ob diese je wirklich von moralischer Standhaftigkeit geprägt war.

Israel unter der Lupe

Kaum hatte Israel begonnen, sich gegen den brutalen Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen zu wehren, standen in Berlin – und natürlich im Außenministerium unter der wachsamen Aufsicht von Frau Baerbock – die diplomatischen Alarmglocken nicht etwa wegen des Terrors, sondern wegen der israelischen Reaktion auf eben diesen. „Humanitäres Völkerrecht!“, rief es aus den Fluren der Macht, und schon bald wurde der Fluss deutscher Waffenlieferungen an Israel gestoppt, als ob die eigene Staatsräson in der Schublade für „unbequeme Verpflichtungen“ abgelegt worden wäre.

Natürlich kann man hier eine gewisse Treue zu Prinzipien bewundern – wenn diese nicht so selektiv wären wie das Fernsehprogramm in einer Diktatur. Wo war der Aufschrei, als Israel seine Städte gegen Raketen verteidigen musste, die aus zivilen Einrichtungen wie Schulen und Krankenhäusern in Gaza abgefeuert wurden? Wo waren die moralischen Mahner, als die Hamas Kinder als lebende Schutzschilde benutzte und zivile Opfer förmlich inszenierte, um Sympathien zu gewinnen? In Berlin schien man sich mehr für die Präzision der israelischen Raketen als für die Brutalität der Hamas zu interessieren.

Hisbollahs Terror als Randnotiz

Und dann, als ob das moralische Schlamassel noch nicht genug wäre, kam der Libanon ins Spiel. Fast 100.000 Israelis mussten seit dem 8. Oktober 2023 ihre Häuser im Norden des Landes verlassen, während die Hisbollah munter Raketen auf israelische Städte abfeuerte. Die Reaktion der deutschen Außenpolitik? Ein Schulterzucken, ein paar leere Worte, und – Überraschung! – noch mehr Belehrungen aus Berlin. Man hätte fast erwartet, dass Baerbock persönlich an Israels Grenze reist, um den dortigen Bauern zu erklären, dass sie doch bitte keine „Gewaltspirale“ in Gang setzen sollen, wenn ihr Land erneut von einer Terrorarmee bedroht wird.

Doch als Israel endlich, nach einem Jahr des Ausharrens, zurückschlug und mit chirurgischer Präzision die Kommunikationsinfrastruktur der Hisbollah zerstörte und deren Kommandostrukturen ins Visier nahm – da wurde es in Berlin plötzlich sehr moralisch. Man sprach von Eskalation, von einer „brandgefährlichen Lage“, als ob Israels bloße Existenz und das Bedürfnis nach Sicherheit schon eine Gefahr für den Weltfrieden darstellten. Der Tod des Terrorfürsten Hassan Nasrallah, einer der größten Triumphzüge der israelischen Verteidigung seit Jahren, wurde nicht etwa als Sieg gegen den Terror gefeiert, sondern mit besorgter Miene in die übliche moralische Nebelmaschine geworfen.

Ein leeres Versprechen

Nun stellt sich natürlich die Frage: Wie ernst kann man eine deutsche Außenpolitik nehmen, die immer dann kneift, wenn es wirklich zählt? Die „Sicherheit Israels“ als Teil der deutschen Staatsräson zu proklamieren, mag auf den Reden von Angela Merkel und ihren Nachfolgern gut klingen, doch die Realität auf dem diplomatischen Parkett sieht anders aus. Die Rhetorik ist billig, aber wenn es darum geht, wirklich Stellung zu beziehen – gegen die Hisbollah, gegen die Hamas, gegen den Iran –, dann knickt Deutschland ein wie ein Soufflé ohne Ei.

Es scheint fast, als wäre Deutschland mit seinen moralischen Belehrungen in einen gefährlichen Automatismus verfallen: Zuerst ein paar warme Worte für Israel, um die alte Schuld loszuwerden, dann aber ein schnelles Zurückrudern, wenn es unbequem wird. Man möchte sich fast fragen, wie es wäre, wenn die israelische Regierung bei der nächsten UN-Generalversammlung einfach mal eine Resolution zur Verurteilung der Hisbollah einreicht. Würde Deutschland sich enthalten? Ach, nein, das war schon einmal der Fall.

Die unbequeme Wahrheit

Und nun? Was bleibt von Annalena Baerbocks Nahost-Politik übrig? Ein Flickenteppich aus moralischen Belehrungen, diplomatischen Entgleisungen und einem seltsamen Unwillen, sich klar zu positionieren, wenn es um das Überleben von Juden in Israel geht. Israel wird seine Feinde bekämpfen, ob mit oder ohne deutsche Waffen, und es wird dabei stärker sein als die moralischen Zeigefinger aus Europa. Aber die unbequeme Wahrheit, die Baerbock und Konsorten nicht sehen wollen, ist diese: Wehrhafte Juden passen nicht in das Bild der ewigen Opfer, das die deutsche Politik so gerne pflegt.

Wehrhafte Juden sind ein Störfaktor. Sie lassen sich nicht so leicht in die Rolle des bedauernswerten Unterdrückten pressen, der sich nur mit internationalen Konferenzen und pazifistischen Appellen zur Wehr setzt. Nein, Israel ist ein Land, das kämpft – und das gefällt in Berlin gar nicht. Denn wer kämpft, muss mit Konsequenzen rechnen. Wer sich verteidigt, muss Verantwortung übernehmen. Aber wie sagte doch Baerbock so treffend: „Wir wollen doch nur den Frieden.“

Deutsche Politik zwischen Moral und Machtlosigkeit

Was bleibt also von Deutschlands Freundschaft zu Israel? Ein großes Versprechen, das immer dann gebrochen wird, wenn es darauf ankommt. Annalena Baerbock und ihre Außenpolitik stehen exemplarisch für eine deutsche Geisteshaltung, die sich lieber hinter Prinzipien versteckt, statt klare Kante gegen Terror zu zeigen. Israel hat wehrhafte Juden – und das ist der deutschen Außenpolitik ein Dorn im Auge. Denn wahre Freunde erkennt man eben in der Not. Aber vielleicht ist Deutschland einfach kein solcher Freund.

Quellen und weiterführende Links:

  1. Außenministerium der Bundesrepublik Deutschland. „Deutsche Nahostpolitik seit 1948.“ www.auswaertiges-amt.de.
  2. Jüdisches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus e.V. „Israels Sicherheitsdilemma und Deutschlands Rolle.“ 2023.
  3. Kahana, Avraham. „Die Verteidigung Israels und die Hisbollah.“ Middle East Journal, 2023.
  4. Yedioth Ahronoth. „Israel’s Response to Hezbollah and the International Reactions.“ 2024.

Antisemitismus als Staatsräson

Politik im Zirkus der Absurditäten

In einer Welt, in der politische Entscheidungen immer öfter an den realen Bedürfnissen und Nöten der betroffenen Menschen vorbeigehen, fällt einem kaum noch etwas auf. Doch ab und zu kommt dann doch eine Nachricht durch den Nebel ideologischer Selbstbeweihräucherung und intellektueller Taubheit, die den Mundwinkel heben lässt. Die letzte Farce dieser Art kommt aus Deutschland. Genauer gesagt, aus dem geheimen Theaterstück, das „Bundessicherheitsrat“ genannt wird. Dort sitzen nun unsere grünen Ideologen, Annalena Baerbock und Robert Habeck, und blockieren die Waffenlieferungen an Israel – aus Gründen, die ebenso lächerlich wie gefährlich sind. Antisemitismus als Staatsräson? Willkommen im politischen Karneval der Bundesrepublik!

Eine verquere Forderung

Man stelle sich das vor: Israel, ein Staat, der seit seiner Gründung um das nackte Überleben kämpfen muss, braucht dringend Waffen und Ersatzteile für Panzer und Hubschrauber. Doch was macht Deutschland, die selbsternannte „Freundin Israels“? Es blockiert diese Lieferungen. Warum? Weil Baerbock und Habeck der Meinung sind, Israel müsse schriftlich versichern, die Waffen nicht für einen Völkermord an den Palästinensern zu benutzen. Man kann sich die Szene im Bundessicherheitsrat vorstellen. Habeck, der feingeistige Philosoph der Grünen, und Baerbock, die ewig auf der Suche nach moralischer Überlegenheit, sitzen da und überlegen sich ernsthaft, ob Israel ein potenzieller Genozidstaat ist. Ja, Sie haben richtig gelesen: Israel, das Land, das Tag und Nacht von terroristischen Organisationen mit der Auslöschung bedroht wird, soll erklären, dass es nicht vorhat, einen Völkermord zu begehen.

Ein Witz ohne Lacher

Das Ganze wäre ein brillanter Witz, wenn es nicht so bitterernst wäre. Wer auf diese Idee gekommen ist, dem müsste eigentlich eine satirische Medaille verliehen werden. Die Forderung, Israel solle schriftlich versichern, keine Kriegsverbrechen zu begehen, ist etwa so sinnvoll, als würde man einem Schwimmlehrer verbieten, seine Schüler ins Wasser zu lassen, bevor diese schriftlich erklären, nicht zu ertrinken. Oder wie wäre es, wenn man die Feuerwehr anweisen würde, eine eidesstattliche Erklärung einzuholen, dass sie kein Feuer legen wird, bevor sie mit den Löscharbeiten beginnt? Doch die Tragik dieser grotesken Logik ist offensichtlich: Sie dient nur einem Zweck – Israel keine Waffen zu liefern. Denn natürlich wird die israelische Regierung sich hüten, ein solches Papier zu unterzeichnen, das implizit unterstellt, sie plane einen Genozid.

Die Grünen und ihre unfehlbare Ethik

Baerbock und Habeck könnten sich in ihrem grün-gestrichenen Moralpanzer kaum sicherer fühlen. Sie stehen mit ihren Tugendposen über allem: über den Realitäten des Nahen Ostens, über dem Leben und Überleben der Menschen, die von Raketen bedroht werden, und über den historischen Verpflichtungen Deutschlands gegenüber Israel. Denn was zählt, ist die moralische Überlegenheit. In einer Welt, in der die Realität kompliziert und schmutzig ist, ist es doch so viel angenehmer, auf dem hohen Ross der Unfehlbarkeit zu sitzen und allen anderen die eigenen Werte aufzuzwingen. Man könnte fast meinen, Baerbock und Habeck sähen sich als moderne Messiasfiguren, die Israel, dieses kleine und unbedeutende Land im Nahen Osten, vor seinen eigenen bösen Taten bewahren müssen.

Deutschland als moralischer Vormund Israels

Dass Deutschland sich hier als moralischer Vormund Israels aufspielt, ist der Höhepunkt der Ironie. Da sitzen deutsche Politiker und erklären einem jüdischen Staat, dessen Existenz durch Antisemitismus seit jeher bedroht ist, wie er sich moralisch korrekt zu verhalten hat. Es ist, als hätte sich die Geschichte in einen absurden Kreislauf der Verdrehungen begeben. War es nicht Deutschland, das sich geschworen hatte, angesichts der eigenen Vergangenheit eine besondere Verantwortung für die Sicherheit Israels zu übernehmen? Hat nicht der ehemalige Bundespräsident Gauck von einer „Staatsräson“ gesprochen, die nichts Geringeres als die Sicherheit Israels meint? Doch nun scheint diese Staatsräson eine neue Form angenommen zu haben: Antisemitismus als Staatsräson, moralisch verpackt in grünem Umweltschutzpapier.

Moralische Infantilität

Die Grünen Politiker scheinen sich in ihrer Rolle als Weltretter so wohl zu fühlen, dass sie gar nicht mehr merken, wie lächerlich ihre Forderungen sind. Wer, bitte schön, glaubt ernsthaft, dass ein Staat, der einen Genozid plant, sich von einer schriftlichen Erklärung abhalten lassen würde? „Oh, schade, wir wollten eigentlich einen Völkermord begehen, aber jetzt, wo wir unterschreiben mussten, lassen wir das lieber.“ Was für eine kindische Vorstellung! Doch die Infantilisierung der Politik ist das Markenzeichen der Grünen. Prinzipien stehen über allem, auch wenn sie in der Praxis keinen Sinn ergeben und nur dazu dienen, die Realpolitik zu sabotieren. Dass darunter echte Menschen leiden – Israelis, die unter Raketenbeschuss stehen, und Palästinenser, die von ihren eigenen Führern missbraucht werden – scheint für Baerbock und Habeck nicht relevant zu sein.

Eine Utopie ohne Bodenhaftung

Vielleicht glauben Baerbock und Habeck wirklich, sie könnten mit ihren Waffenblockaden den Frieden im Nahen Osten herbeiführen. Schließlich ist es in der grünen Utopie so einfach: Keine Waffen, kein Krieg. Doch die Realität ist weitaus komplexer. Ohne Waffen wird Israel nicht aufhören, sich zu verteidigen. Ohne Waffen wird es keine friedliche Koexistenz im Nahen Osten geben. Doch anstatt die realen Herausforderungen anzuerkennen und konstruktiv an einer Lösung zu arbeiten, ziehen sich die Grünen lieber auf ihre moralische Insel zurück, von der aus sie mit erhobenem Zeigefinger in alle Richtungen zeigen.

Staatsräson im freien Fall

Am Ende bleibt die bittere Erkenntnis, dass sich die deutsche Politik in Bezug auf Israel in eine Sackgasse manövriert hat. Die „Staatsräson“, die einmal für die unbedingte Sicherheit Israels stand, ist heute zu einem ideologischen Kampfbegriff verkommen, der von grünen Politikern benutzt wird, um ihre eigene moralische Überlegenheit zur Schau zu stellen. Die Opfer dieser Politik sind die Menschen in Israel – und letztlich auch der fragile Frieden im Nahen Osten. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland seine Position überdenkt und wieder zu einer realistischen, verantwortungsvollen Politik zurückkehrt.

Quellen und weiterführende Links:

  1. „Bericht: Baerbock und Habeck blockieren Waffenlieferungen an Israel.“ Bild-Zeitung, Oktober 2024.
  2. Gauck, Joachim. „Staatsräson und Verantwortung – Deutschlands Rolle im Nahen Osten.“ Bundespräsidentenamt, Rede 2012.
  3. „Deutschlands historische Verantwortung für Israel.“ Der Spiegel, März 2023.
  4. Greenblatt, Jonathan. „Israel’s Right to Self-Defense in International Law.“ Harvard Law Review, Vol. 136, 2022.

Der Dreck der grünen Zukunft

Die grüne Illusion und ihre dunklen Schatten

Die Welt der E-Mobilität wird oft als der leuchtende Stern am Himmel der nachhaltigen Technologien gepriesen. Elektroautos, mit ihrem schimmernden Karosseriedesign und der verführerischen Versprechung eines emissionsfreien Fahrens, scheinen das Heilmittel gegen die Klimaerwärmung und die Umweltverschmutzung zu sein. Die moralische Überlegenheit des Westens, der mit einem überlegenen Lächeln in die Zukunft blickt, könnte nicht größer sein. Doch während wir stolz unseren Weg in die saubere Zukunft beschreiten, blenden wir geschickt die unsichtbaren Hände aus, die die Rohstoffe für diese glänzenden Wunderwerke aus dem Erdreich graben. Ist der Schein wirklich so makellos, oder handelt es sich hierbei um eine grandiose Illusion, die die dunklen Abgründe des globalen Kapitalismus kaschiert?

Die Illusion der Sauberkeit

So ziehen wir also mit unseren Elektroautos durch die Straßen, den Kopf hoch, das Gewissen rein – oder zumindest rein genug, um die nachdenklichen Fragen, die uns vielleicht plagen, in den hintersten Winkel unseres Bewusstseins zu schieben. Die Werbebotschaften der Autohersteller preisen uns die „saubere Mobilität“ an, als wäre der Ausstoß von CO₂ ein Relikt der Vergangenheit, das wir mit jedem neuen Kauf endgültig hinter uns lassen können. Wir haben die Rechnung für unseren Umweltschutz brav beglichen, und die Luft riecht nach Freiheit und Fortschritt. Doch die Frage bleibt: Was passiert in der dunklen Welt der Rohstoffgewinnung, die diesen Traum erst ermöglicht?

Der Preis der Fortschrittlichkeit

Wie so oft in der modernen Welt hat alles seinen Preis. Im Fall der E-Mobilität sind es nicht nur die hohen Anschaffungskosten für Elektroautos, sondern auch die moralischen Kompromisse, die wir eingehen, um unseren eigenen Komfort zu wahren. Während wir in unseren klimaneutralen Traumautos durch die Straßen cruisen, graben Kinder in den Kobaltminen des globalen Südens mit bloßen Händen in der Erde – als ob die Schaufeln der Ausbeutung die moralischen Dilemmata überbrücken könnten. Kobalt, der geheimnisvolle Rohstoff, der die Herzen unserer Batterien am Laufen hält, wird häufig unter Bedingungen gewonnen, die im Widerspruch zu unseren ethischen Werten stehen. Aber hey, Hauptsache, die Luft bleibt rein, oder?

Die moralische Absolution des Westens

Hier kommt die moralische Absolution ins Spiel. Während wir uns in den Sofas unserer klimatisierten Wohnstuben zurücklehnen und die Nachrichten über den nächsten großen Fortschritt in der E-Mobilität konsumieren, ist der Schweiß und die Verzweiflung der Menschen, die für unsere Bequemlichkeit leiden, unsichtbar. Wir erteilen uns selbst die Erlaubnis, nicht hinzusehen, denn schließlich tun wir ja etwas Gutes – wir setzen auf Elektroautos, die „die Welt retten“. Es ist ein bisschen so, als würden wir auf eine Wohltätigkeitsveranstaltung gehen und gleichzeitig die Wurzeln der Ungleichheit ignorieren, die unser „gutes Werk“ erst ermöglichen. Der Kontrast zwischen unserem Leben und dem der Menschen, die für unsere Technologien bezahlen, könnte nicht krasser sein.

Die heuchlerische Heiligkeit der Grünen

Und dann gibt es die Grünen, die sich mit ihren heiligen Mantras für die Umwelt vor die Mikrofone stellen und uns belehren, wie wichtig es ist, auf die Umwelt zu achten. Natürlich ist es wichtig! Doch wo bleibt der Aufschrei, wenn es darum geht, die unangenehme Wahrheit über die Rohstoffgewinnung für unsere Elektrofahrzeuge anzusprechen? Da wird lieber auf den tollen neuen Katalog der emissionsfreien Autos hingewiesen, während die Berichte über Kinderarbeit und Umweltverschmutzung in den Minen in der Versenkung verschwinden. Es ist das typische Bild der heuchlerischen Heiligkeit: Wir können ja nicht alles wissen, nicht alles fühlen, also lassen wir die Drecksarbeit einfach von anderen machen.

Der Kreislauf des Ausbeutungs-Kapitalismus

Der Kreislauf der Ausbeutung ist nicht neu, aber die E-Mobilität hat ihm einen neuen, glitzernden Anstrich verliehen. Wo früher Öl und Gas als die Bösewichte galten, nehmen wir nun die „grünen“ Rohstoffe in die Hand, ohne die dunklen Schatten ihrer Gewinnung zu hinterfragen. Wir feiern die E-Mobilität als das nächste große Ding, als die Lösung für die Klimakrise – und während wir das tun, blenden wir die Realität aus, dass die Rohstoffe, die für diese Technologien benötigt werden, oft unter brutalsten Bedingungen gewonnen werden. Aber was kümmert uns schon die Realität, wenn wir in unseren sauberen, leisen, schnittigen Elektroflitzern über die Landstraße brausen?

Ein plätschernder Bach der Heuchelei

Die Debatte um E-Mobilität gleicht einem plätschernden Bach der Heuchelei, der sanft die Gewässer der gesellschaftlichen Verantwortung hinunterfließt. Wir nehmen gerne die gute Nachricht auf, dass wir umweltbewusst handeln, während wir die unbequemen Wahrheiten über die Preisgabe von Menschenleben und die Zerstörung der Umwelt in anderen Teilen der Welt ignorieren. E-Mobilität ist also eine Art der bewussten Ignoranz, die uns erlaubt, das Gewissen zu beruhigen, während wir den Gasfuß mit einem Grinsen auf das „grüne“ Pedal drücken.

Der Weg in die Zukunft oder der Pfad zur Doppelmoral

Am Ende bleibt die Frage: Ist die E-Mobilität wirklich der Weg in eine saubere, grüne Zukunft oder nur ein weiteres Kapitel im Buch der Doppelmoral? Während wir uns in unserer Komfortzone der modernen Technologie sonnen, dürfen wir nicht vergessen, dass der Preis, den wir zahlen, nicht nur in Euro oder Dollar bemessen werden kann, sondern auch in Menschenleben und ökologischen Kosten, die in den Minen und auf den Straßen fernab unserer eigenen Welt bezahlt werden. Der Schein mag grün sein, aber die Wahrheit ist es oft nicht.

Quellen und weiterführende Links

  1. Amnesty International. „The Hidden Costs of Electric Cars“ Link zur Studie.
  2. Human Rights Watch. „The Price of Batteries: Human Rights and the Politics of Cobalt“ Link zur Studie.
  3. Greenpeace. „Mining for Electric Cars: How Green is the Battery?“ Link zur Studie.
  4. McKinsey & Company. „The Future of Mobility: How Electric Cars Will Reshape the Industry“ Link zur Studie.
  5. The Guardian. „The Dark Side of Electric Vehicles“ Link zur Studie.

In der Suche nach einer wahrhaft nachhaltigen Zukunft müssen wir bereit sein, die unbequemen Fragen zu stellen und die Realität zu konfrontieren, anstatt sie hinter dem glänzenden Blech unserer Elektroautos zu verstecken.

Ein Leitfaden für den modernen Gotteskrieger

Die drei goldenen Regeln der Strafverteidigung für Islamisten

In unserer liberalen und selbstverständlich fortschrittlichen Welt, in der Recht und Unrecht so schillernd miteinander verschmelzen wie ein schlecht geschnittener Propagandafilm, darf eines nicht fehlen: der ultimativen Verteidigungsstrategie für jene, die im Namen des Glaubens Bomben werfen, unschuldige Menschen erschießen und anschließend vor Gericht erscheinen, um ihre „unschuldigen“ Hände zu heben. Ja, die Strafverteidigung für Islamisten gleicht einer Art erlesener Kunst. Mit Zynismus betrachtet und einem Augenzwinkern bedacht, präsentiere ich Ihnen die drei goldenen Regeln der Strafverteidigung für jene, die sich im Dschihad verirrt haben.

Es gibt drei essentielle Regeln, die jeder Verteidiger eines angeklagten Gotteskriegers auswendig lernen muss – wie die Suren, die einst in einer Madrasa gemurmelt wurden. Sie sind ein universeller Schlüssel zu Freiheit oder zumindest zu mildernden Umständen:

  1. „Ich kann mich nicht erinnern.“
  2. „Die Stimmen haben mir befohlen.“
  3. „Ich bin traumatisiert und psychisch krank.“

Diese Regeln, wenn mit Präzision und einer Träne im Auge dargeboten, haben die Macht, selbst den härtesten Richter ins Grübeln zu bringen. Schauen wir uns also dieses kleine Meisterwerk der juristischen Eskapaden im Detail an.

Das goldene Amnesie-Syndrom

Die erste und wohl eleganteste aller Verteidigungsstrategien: die gepflegte Gedächtnislücke. Nun, Sie könnten meinen, ein Mensch, der Jahre seines Lebens dem minutiösen Studieren von explosiven Handbüchern, strategischen Planungen und der Glorifizierung des „Heiligen Krieges“ gewidmet hat, könne sich gut erinnern, wer seine Ausbildung bezahlt und wann er das erste Mal einem Waffenhändler die Hand geschüttelt hat. Aber nein! Plötzlich, wie von Allahs eigenem Willen, versagt das Gehirn.

„Haben Sie wirklich in Syrien an einem Terrorcamp teilgenommen?“
„Äh… das weiß ich nicht mehr so genau. War es Syrien? Vielleicht war es auch die Türkei? Ach, mein Kopf, verstehen Sie… es ist alles so verschwommen.“

Pro-Tipp: Diese Strategie funktioniert besonders gut, wenn man die rührende Geschichte von Hitze, Sandstürmen und Nahrungsmangel erzählt. „Die Sahara war gnadenlos, Euer Ehren. Kein Mensch erinnert sich, wenn er tagelang nichts gegessen hat.“ Notfalls hilft auch ein gut gespielter epileptischer Anfall während der Vernehmung – nichts bringt Amnesie glaubhafter rüber als spontane Krämpfe und Schaum vor dem Mund.

Und seien wir mal ehrlich: Wer könnte einem Mann böse sein, der schlichtweg nichts mehr weiß? Erinnerungen, das sind nur Details, die die „Unterdrückten“ nicht belasten sollten. Schließlich ist Vergessen doch der erste Schritt zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft, nicht wahr?

Die schizophrene Eingebung des Propheten

Die zweite goldene Regel ist nicht nur eine hervorragende Verteidigung, sondern auch ein Paradebeispiel dafür, wie flexibel der menschliche Geist auf rechtliche Zwickmühlen reagieren kann. Kaum steht unser tapferer Angeklagter im Zeugenstand, legt er plötzlich dar, dass er die ganze Zeit über nur Befehlen gefolgt sei – nicht von irgendeinem Emir oder wahabitischen Hassprediger, nein, die Befehle kamen direkt von oben, oder sagen wir: von innen.

„Es waren die Stimmen, Euer Ehren. Sie sagten mir, ich solle die Bombe legen.“

Die Stimmen, so mysteriös wie unerbittlich, haben nicht nur die Kontrolle über die Handlungen des Angeklagten übernommen, sondern auch die Verantwortung. Hier ist der Trick: Die Stimmen sind nicht zu fassen, nicht zu widerlegen, nicht anzuklagen. Sie lassen sich weder vorladen noch befragen. Und das ist das Schöne daran! Der unsichtbare Freund aus der Parallelwelt – nennen wir ihn mal den imaginären Mufti – wird zum ultimativen Alibi für jegliche Gräueltat.

Bonus: Falls der Richter eine gewisse Skepsis zeigt, fügt man noch hinzu: „Es könnte natürlich auch der CIA gewesen sein… oder der Mossad. Sie haben solche Technologien, wissen Sie?“ Voilà! Ein bisschen Verschwörungstheorie, und schon wird die Verteidigung zur philosophischen Diskussion über Kontrolle und Manipulation durch die Mächtigen.

Das Schlupfloch der Zivilisation

Kommen wir zur Krönung der modernen Verteidigung: der psychischen Erkrankung. Traumatisiert. Depressiv. Von Angststörungen geplagt. Der dritte und wohl am weitesten verbreitete Joker im juristischen Pokerspiel. Wer könnte es einem Mann verdenken, der in den Ruinen eines Bürgerkriegs aufgewachsen ist, traumatisiert von der grausamen Realität, die er Tag für Tag ertragen musste?

Das Mantra lautet: „Er war psychisch labil, Euer Ehren. Der Krieg hat ihn kaputt gemacht.“
Und was kommt nach der Traumatisierung? Natürlich, die psychische Krankheit. Der Dschihadist, der sich in Europa mit einem Sprengstoffgürtel durch eine U-Bahn zwängt, tut dies nicht aus Hass, sondern weil er schlichtweg verrückt ist. Verständlich, oder?

Die Verteidigung wird rührselig: „Dieser junge Mann ist nur ein weiteres Opfer des Krieges. Sein Gewissen war schon lange, bevor er zur Tat schritt, zerbrochen. Ein Opfer der Umstände. Und jetzt leidet er unter PTSD, schweren Depressionen und einer bipolaren Störung.“

Und während der Staatsanwalt verzweifelt nach Argumenten sucht, die Massenmorde zu verurteilen, zücken die Verteidiger das Totschlagargument: „Es war nicht er selbst, der diese Taten begangen hat. Es war seine Krankheit!“

Die Krönung: Sobald der psychiatrische Bericht vorliegt, könnte der Angeklagte bald in eine bequeme Reha-Anstalt statt in ein Hochsicherheitsgefängnis eingeliefert werden. Die moderne Zivilisation liebt es schließlich, psychisch Kranke zu rehabilitieren – und warum sollte man nicht den einen oder anderen verirrten Gotteskrieger ebenfalls auf den Pfad der Besserung führen?

Die raffinierte Kunst des Entrinnens

Zusammengefasst: Die drei goldenen Regeln der Strafverteidigung für Islamisten erheben das Spiel der Justiz in schwindelerregende Höhen. Mit einem geschickten Wechselspiel aus Gedächtnisverlust, mysteriösen Stimmen und einem Cocktail aus Traumata und psychischen Störungen lässt sich jede Anklage aufweichen, bis sie wie ein unappetitlicher Brei zerfließt. Schließlich will niemand in einer modernen, toleranten Gesellschaft als herzloser Verfechter der harten Strafen dastehen.

Und das ist das eigentliche Genie dieser Verteidigungsstrategien: Sie appellieren an die tiefsten Ängste und Schwächen einer liberalen Gesellschaft, die verzweifelt versucht, Gnade über Gerechtigkeit zu stellen. Sofern man also nur die richtigen Worte findet, öffnen sich die Tore des Rechtsstaats weit für jene, die es wagen, im Namen der Barbarei zu handeln – solange sie sich an die goldenen Regeln halten.


Quellen und weiterführende Links

  1. Deigh, John. The Cambridge Handbook of Human Dignity: Interdisciplinary Perspectives. Cambridge University Press, 2014.
  2. Butler, Judith. Precarious Life: The Powers of Mourning and Violence. Verso, 2006.
  3. Fussey, Pete, et al. Counterterrorism and state political violence: The ‚war on terror‘ as terror. Routledge, 2015.
  4. Amnesty International. „Psychische Erkrankungen und Terrorismus: Ein Zusammenhang?“ [Artikel, 2020].

Diese Verweise könnten Ihnen nicht nur die Feinheiten der juristischen Verteidigung näherbringen, sondern auch einen tiefen Einblick in die moralischen Zwiespalte unserer Zeit geben. Möge das Recht triumphieren – oder zumindest die Amnesie.

Und es gibt ihn doch

Rassismus gegen Weiße gibt es nicht, kann es nicht geben und wird es nie geben. Amen.

Man stelle sich die Szene vor: Ein erhabener Sessel, irgendwo in einem unbestimmten Raum über den Wolken der politisch korrekten Stratosphäre, aus dessen Polster sich eine ebenso erhabene Stimme erhebt, vielleicht begleitet von einem gedämpften Engelschor. Dort, auf diesem Thron der Unfehlbarkeit, sitzt der moderne Zeitgeist, mit erhobenem Zeigefinger, ein Lächeln wissender Überlegenheit auf den Lippen, und verkündet ex cathedra: „Rassismus gegen Weiße gibt es nicht, kann es nicht geben und wird es nie geben.“ Die Menge nickt, applaudiert. Amen.

Doch irgendwo in einem Paralleluniversum – oder vielleicht nur in der verschollenen Fußnote eines Postcolonial-Studies-Manifests – hört man das Echo eines anderen Denkers: „Und sie dreht sich doch!“ Dieses Mal jedoch nicht Galileo Galilei, der wackere Verteidiger der kopernikanischen Weltanschauung, sondern ein etwas verdutzter Durchschnittsbürger, der sich zu fragen beginnt, ob das, was er mit seinen eigenen Augen sieht und mit seinen eigenen Ohren hört, tatsächlich durch ein bloßes Dogma zum Verschwinden gebracht werden kann. Spoiler: Nein, es kann nicht.

Das heilige Dogma: Rassismus als Einbahnstraße

Beginnen wir mit dem Dogma, das die Debatte durchdringt wie Weihrauch die Ostermesse. In den heiligen Schriften des modernen Antirassismus wird gelehrt, dass Rassismus eine Frage der Machtstrukturen sei. Weiße, so heißt es, können keinen Rassismus erfahren, weil sie Teil einer globalen Herrschaftsklasse seien, die durch Kolonialismus, Imperialismus und Kapitalismus geformt wurde. Die Geschichte, so die offizielle Liturgie, hat die Weißen unweigerlich zu Tätern gemacht, während People of Color die Opfer sind – immer, überall, ungeachtet des Kontextes.

Nun könnte man einwenden, dass Machtverhältnisse komplexer sind, dass sie sich je nach geopolitischer oder gesellschaftlicher Situation ändern. Man könnte gar auf die Idee kommen, dass Macht eine wandelbare Größe ist, dass auch Weiße in bestimmten Räumen Opfer von Diskriminierung sein könnten, so wie People of Color in anderen Kontexten privilegiert sein können. Doch halt! Wer so argumentiert, begeht bereits den ersten Akt der Ketzerei gegen das sakrosankte Credo des Identitätspolitischen Kanons. Er zweifelt am Dogma. Und wenn eines klar ist, dann dies: Zweifeln führt immer zum Scheiterhaufen der öffentlichen Ächtung.

Die Kanzel der „Hegemonialen Macht“ und ihre untadelige Lehre

Die klassische Definition von Rassismus – also Vorurteile oder Diskriminierung basierend auf Rasse – ist lange tot, abgeschafft, verbrannt auf dem Scheiterhaufen der postmodernen Ideologie. An ihre Stelle ist eine weit komplexere, manche würden sagen weitaus verworrendere, Definition getreten, die nicht so sehr das Individuum als Subjekt von Diskriminierung sieht, sondern als Teil eines omnipräsenten Systems der Unterdrückung. Der weiße Bäckermeister aus Graz oder der weißhäutige Straßenkehrer in Manchester? Kollateralschaden eines Systems, das sie unweigerlich als Teil der „hegemonialen Machtstruktur“ stigmatisiert.

Selbst dann, wenn ein solcher Bäcker oder Straßenkehrer mit Beleidigungen, Gewalt oder Diskriminierung konfrontiert wird, darf dies nicht als Rassismus interpretiert werden. Denn, so lehrt uns der neue Katechismus, um „echten“ Rassismus zu erleben, müsste er die strukturelle Macht des Systems gegen sich haben. Weiße Menschen haben, so die Lehre, durch ihre bloße Existenz Teilhabe an dieser strukturellen Macht, und damit können sie unmöglich Opfer sein. Dasselbe gilt übrigens auch dann, wenn sich Machtverhältnisse regional oder sozial umkehren. Und in den Worten des großen Postmodernisten: „That’s just the way it is.“

Der moderne Ketzer: „Und es gibt ihn doch!“

Doch lassen wir uns einen Moment in die Gedankenwelt des Ketzers eintauchen, jener modernen Variante des Galileo Galilei, der einen leisen Verdacht hegt, dass diese dogmatische Doktrin vielleicht nicht den gesamten Bereich der Realität abdeckt. Dieser Galileo der Gegenwart würde möglicherweise, wenn auch zögerlich, darauf hinweisen, dass es viele Beispiele gibt, in denen weiße Menschen Diskriminierung erfahren – ja, möglicherweise sogar aufgrund ihrer Hautfarbe.

Er könnte etwa auf die jüngsten Entwicklungen in Südafrika verweisen, wo in einigen Regionen anti-weiße Ressentiments durchaus virulent sind und Weiße systematisch aus wirtschaftlichen oder politischen Prozessen ausgeschlossen werden. Oder er könnte auf die USA schauen, wo es in bestimmten identitätspolitisch aufgeladenen Diskursen mittlerweile salonfähig ist, pauschal und in verallgemeinernder Weise über „weiße Privilegien“ zu reden, was in einigen Kontexten durchaus zu feindseligen Einstellungen gegenüber Weißen führt.

Doch der moderne Ketzer wird gewarnt. Denn die Kanzel der neuen Orthodoxie ist wachsam. „Dies sind keine Beispiele von Rassismus!“, wird man ihm entgegenhalten, „Dies sind bloße Reaktionen auf Jahrhunderte der kolonialen Unterdrückung und der systematischen Diskriminierung.“ Was er beobachtet, ist keine Diskriminierung gegen Weiße, sondern lediglich der notwendige Ausgleich einer historischen Schuld. Jede Form der Demütigung, Verachtung oder Benachteiligung, die Weiße in diesem Kontext erfahren, ist also eine Form von „Wiedergutmachung“ – oder anders gesagt: eine Therapie für die kollektive Seele der Weltgeschichte.

Der Zyniker in der letzten Kirchenbank: Rechnen wir mal nach

Natürlich könnten wir, wie echte Satiriker es zu tun pflegen, die Rechenschieber zücken und anfangen, das Ganze nüchtern durchzukalkulieren. Nehmen wir das Argument der „strukturellen Macht“ ernst. Wir könnten fragen: Ab wann ist ein Individuum privilegiert genug, um nicht mehr Opfer von Rassismus werden zu können? Müssen wir ein bestimmtes Gehalt erreichen? Eine bestimmte Anzahl von Aktien halten? Oder reicht es bereits, in einem Land zu leben, das historisch als Kolonialmacht galt, um automatisch „strukturelle Macht“ zu genießen? Ist der obdachlose weiße Mann auf der Straße etwa ein Teil der „hegemonialen Macht“, während der wohlhabende, im Luxus lebende Angehörige einer Minderheit nicht dazu zählt?

Diese Art der Fragen ist freilich unangenehm. Denn sie entlarvt die Widersprüche der modernen Rassismusdebatte, die so sehr darauf bedacht ist, nicht die individuelle Situation, sondern nur noch die kollektive Schuld oder das kollektive Opfersein zu sehen. Die Realität jedoch, wie der moderne Galileo Galilei zu bemerken wagt, ist nicht schwarz-weiß. Sie ist komplex, chaotisch und weit weniger in vorgefertigte Schablonen zu pressen, als es die dogmatischen Lehrmeinungen uns glauben machen wollen.

Der Humor der Unfehlbaren: Wo bleibt das Augenzwinkern?

Das Satirische an dieser ganzen Debatte ist vielleicht nicht einmal die Tatsache, dass Rassismus als ein strikt unidirektionales Phänomen dargestellt wird – das wäre ja noch irgendwie zu erklären, wenn man sich auf die Machtstrukturen fokussiert. Nein, das Satirische ist vielmehr die absolute Ernsthaftigkeit, mit der diese Position verteidigt wird, als sei sie göttlich offenbart. Keine Ironie, kein Augenzwinkern, keine Zugeständnisse. Es ist, als hätten sich Teile des linken Diskurses von einer humorlosen Form des politischen Puritanismus infizieren lassen.

Manchmal ertappt man sich dabei, die Ironie zu vermissen, die früher in politischen Debatten das Salz in der Suppe war. Wo sind sie geblieben, die schelmischen Grinser, die uns zumindest zu verstehen gaben, dass auch sie wussten, wie absurd es sein kann, starre Definitionen auf eine viel zu komplexe Welt anzuwenden? Heute gibt es keinen Raum mehr für Selbstironie, keine Bereitschaft, die eigene Position infrage zu stellen. Alles ist zur unumstößlichen Wahrheit geworden – und wie wir aus der Geschichte wissen, sind unumstößliche Wahrheiten selten gesund für die geistige Freiheit.

Epilog: Die ewige Wiederkehr des Verdrängten

Und so bleibt uns nur eines: Das leise Murmeln des modernen Galileos zu hören, der da sagt: „Und es gibt ihn doch!“ Es gibt Diskriminierung in allen Formen, und sie kennt keine Hautfarbe. Dass sie strukturell oft gegen Minderheiten gerichtet ist, bleibt eine Realität, die wir bekämpfen müssen. Aber die Behauptung, dass Diskriminierung gegen Weiße per Definition ausgeschlossen sei, weil sie „strukturell privilegiert“ seien, ist letztlich ein Trick, der uns dazu verleiten soll, gewisse Phänomene zu ignorieren, die uns nicht ins Konzept passen.

Vielleicht wäre es an der Zeit, den Diskurs von der Kanzel herabzuholen und wieder auf den Boden der Tatsachen zu stellen. Und vielleicht könnten wir uns dabei einen Moment lang dem Humor zuwenden, um nicht zu vergessen, dass auch in den abgedrehtesten Debatten der menschliche Geist letztlich frei bleibt, sich über die Absurditäten des Lebens lustig zu machen. Denn in dieser Freiheit liegt die wahre Stärke – und die Fähigkeit, über uns selbst zu lachen, ist eine der wertvollsten Gaben, die wir haben.

Quellen und weiterführende Links

Die Zeit – Diskussionen über gesellschaftliche und politische Strömungen.

Honneth, Axel. The Struggle for Recognition: The Moral Grammar of Social Conflicts. Columbia University Press, 1996.

Goldberg, David Theo. Racial Subjects: Writing on Race in America. Routledge, 1997.

Bonilla-Silva, Eduardo. Racism Without Racists: Color-Blind Racism and the Persistence of Racial Inequality in the United States. Rowman & Littlefield, 2017.

DiAngelo, Robin. White Fragility: Why It’s So Hard for White People to Talk About Racism. Beacon Press, 2018.

The Atlantic – Berichterstattung über Rassismus und Identitätspolitik.

New York Times – Analysen über Rassismus in der modernen Gesellschaft.

Tugend, Taliban und Tiefsee

Zurück in die Zukunft – Aber ohne Bilder bitte!

Es ist ein merkwürdiger Widerspruch unserer Zeit: Während die Welt um uns herum immer mehr in Richtung Künstliche Intelligenz und interplanetare Kolonisation strebt, gibt es auf dieser Erde noch einen Ort, an dem man den Blick stur in den Rückspiegel richtet – Afghanistan, das Land der Taliban. Nicht, dass Rückspiegel im neuen Afghanistan irgendeine Bedeutung hätten. Denn die neueste Ankündigung aus dem beschaulichen Tugendministerium besagt: „Bilder von Lebewesen sind verboten!“ Ja, richtig gelesen. Menschen, Tiere, vielleicht sogar Pflanzen – alles, was nicht aus Marmor gemeißelt ist oder wenigstens ein Schafsfell trägt, wird ab sofort aus den afghanischen Medien verbannt.

In der Ära der Taliban also wieder einmal ein Schritt zurück ins Mittelalter, diesmal allerdings mit einem modernen Twist: Anstelle von brennenden Hexenfeuern gibt es nun die Flammen des digitalen Zensors. Der Schritt sei ein notwendiger, betont Saiful Islam Chyber, der Sprecher des Tugendministeriums, denn bildliche Darstellungen „verstoßen gegen das islamische Gesetz“. Man stelle sich also die zukünftige afghanische Tagesschau vor: Eine 30-minütige Tonspur, in der freudig über die neuesten Fortschritte der afghanischen Landwirtschaft berichtet wird – ohne ein einziges Bild. Stattdessen vielleicht ein Schwarzbild oder ein geometrisches Muster, um die Unschuld der Seelen zu bewahren.

Tugendhaftigkeit in Textform

Was aber wird nun aus der Tugend? In der Welt der Taliban ist sie überall. Sie hat Gestalt angenommen, durchsetzt jeden Lebensbereich und kann im Alltag beinahe riechbar sein – Tugend parfümiert den afghanischen Alltag wie ein Duft aus alten Zeiten. Doch Achtung, hier riecht es eher nach gestriger Suppe als nach Rosenblütenwasser. Was die Taliban unter Tugend verstehen, ist eine faszinierende Mischung aus autoritärer Kontrolle, religiösem Dogmatismus und dem Streben nach einer Gesellschaft, in der die Zeit stehen geblieben ist – ungefähr um das Jahr 622.

Das „Tugend“-Gesetz, das im Sommer 2023 eingeführt wurde, regelt das Leben in Afghanistan bis ins Detail. Frauen sollen unsichtbar werden, buchstäblich und akustisch: Die Stimme einer Frau, so besagt das Gesetz, ist eine „aurat“ – ein zu verhüllendes intimes Körperteil. Man stelle sich das mal vor: Der bloße Klang einer weiblichen Stimme in der Öffentlichkeit wird als so gefährlich empfunden, dass er unter einem Verbot steht. Ist das die ultimative Bestätigung der weiblichen Macht oder doch einfach nur die größte Absurdität des 21. Jahrhunderts?

Es ist eine groteske Vorstellung, dass ein Gesetz Menschen vorschreibt, nicht nur, wie sie auszusehen, sondern auch, wie sie zu klingen haben. Aber die Taliban wären nicht die Taliban, wenn sie nicht jede Form von Freude, Lebendigkeit und – man verzeihe den Ausdruck – Menschlichkeit aus dem öffentlichen Leben verbannen würden.

Es lebe der Einheitsbart

Interessant wird es auch bei den Männern. Männer müssen mindestens knielange Hosen tragen und – natürlich – einen ordentlichen Bart. Ein Bart, der, so will es die Tugend, nicht zu kurz sein darf. Barttrimmer und Rasierer sind in dieser neuen Weltordnung wahrscheinlich das Werkzeug des Teufels, und die Taliban scheinen entschieden zu haben, dass ein gewisser Grad an Gesichtsbehaarung essenziell für den Eintritt ins Paradies ist.

Man kann sich den durchschnittlichen Taliban-Herrn also ungefähr so vorstellen: Ein Mann, gekleidet wie eine Mischung aus einem Aladdin-Komparsen und einem mittelalterlichen Einsiedler, mit einem Bart, der so akkurat bemessen ist, dass er den strengsten Kleriker zufriedenstellt.

Und apropos Zufriedenheit: Wer glaubt, dass in der Taliban-Version eines gerechten, gottgefälligen Lebens noch irgendein Platz für individuelle Freiheit oder gar Spaß wäre, der sollte dringend seinen Sinn für Ironie überdenken. Denn das Ziel der Taliban scheint klar: Ein freudloses, graues Leben für alle, in dem man sich am besten durch maximale Unauffälligkeit und gleichförmiges Auftreten über Wasser hält. Schließlich könnte ja ein fehlender Bart, ein kurzer Rock oder, Gott bewahre, das Bild einer Katze die Apokalypse herbeirufen.

Die visuelle Abstinenz als Mittel zur Kontrolle

Die radikale Ablehnung von Darstellungen jeglicher Art – seien es Menschen oder Tiere – ist natürlich kein Zufall. In einer Welt, in der die Macht über das Bild die Macht über die Erzählung ist, sorgt die Taliban mit ihrem neuen Gesetz für ein gnadenloses Monopol auf die Wahrheit. Denn wo es keine Bilder gibt, gibt es keine Zeugen. Kein Kind, das hungrig an der Straße sitzt, kein Haus, das durch eine Bombe zerstört wurde, kein öffentlicher Protest – das alles existiert nicht, wenn es nicht abgebildet wird.

Die Taliban haben verstanden, dass Kontrolle über die Vorstellungskraft der Menschen Kontrolle über ihr Verhalten bedeutet. Denn der Mensch, so scheint es, will glauben. Und wenn die einzigen Bilder, die ihm angeboten werden, diejenigen der Taliban-Ideologie sind, dann gibt es keine Alternative. Eine buchstäbliche Bilderlosigkeit schafft eine imaginationslose Gesellschaft, in der das Wort der Herrschenden Gesetz ist – ein totalitäres Paradies, wie es in den schlimmsten dystopischen Albträumen vorkommt.

Zuflucht in die Absurdität

Aber lassen wir uns doch einen Moment von der Absurdität dieses Gesetzes ablenken und tauchen in die Tiefen der menschlichen Kreativität ein. In den unendlichen Weiten des Ozeans, fernab vom starren Regelwerk der Taliban, erkunden Forscher derzeit Unterwassergärten in der Karibik. Dank modernster Tauchausrüstung und finanzieller Unterstützung durch Rolex (!) entdecken sie farbenfrohe Artenvielfalt in den tiefen Zonen, die die Taliban vermutlich ebenfalls für einen Ausdruck dekadenter Zügellosigkeit halten würden.

Ja, in der Taliban-Logik könnte auch die Tiefsee bald als zu freizügig gelten – denn wer weiß, was sich dort unten an nicht-islamischen Fischarten tummelt? Es bleibt zu befürchten, dass auch der Ozean bald durch ein Tugendgesetz reguliert wird. Fische ohne Schleier, Tentakel, die allzu freizügig durch die See gleiten – solche Dinge könnte man doch nicht unkommentiert lassen! Ein internationaler Taucher-Bann wird wahrscheinlich die einzige Lösung sein.

Die selbsternannten Herrscher über das Unsichtbare

Die Taliban haben es einmal mehr geschafft, sich als die selbsternannten Hüter der Moral und Tugend zu positionieren. Doch ihre bizarre Mischung aus autoritärer Kontrolle und mittelalterlicher Rechtsauffassung wirkt zunehmend wie ein abgedroschenes Theaterstück, dessen Darsteller völlig in ihrer eigenen Welt gefangen sind. Sie haben sich die Aufgabe auferlegt, das Sichtbare unsichtbar zu machen und das Unsichtbare zur einzig gültigen Wahrheit zu erheben.

Während der Rest der Welt auf dem Weg ist, künstliche Intelligenz zu entwickeln, das Universum zu erkunden und in die Tiefsee zu tauchen, träumen die Taliban von einer Welt ohne Bilder, ohne Frauenstimmen und ohne bunte Vielfalt. Die Welt der Taliban ist monochrom und steril, gefangen in einem absurden Paradox, in dem jede Abweichung von der normativen Vorstellung von Tugend als direkter Weg in die Verdammnis gilt.

Die Absurdität des Absoluten

Das Verbot der Darstellung von Lebewesen ist mehr als nur eine Randnotiz im ohnehin schon düsteren Bild des Taliban-Regimes. Es ist der groteske Höhepunkt einer Ideologie, die das Leben verneint, indem sie alles Lebendige verbannt. Aber während die Taliban weiter versuchen, ihre Vision einer perfekten Welt durchzusetzen, bleibt die Hoffnung, dass diese dunkle Episode irgendwann von der bunten Vielfalt der menschlichen Kreativität überstrahlt wird – sei es über Wasser oder unter den Wellen der Tiefsee.

Quellen und weiterführende Links

  1. United Nations Human Rights Office: Report on Human Rights in Afghanistan under Taliban Rule – Eine umfassende Analyse der Menschenrechtssituation seit der Machtübernahme der Taliban.
  2. Ahmed Rashid: Taliban: Militant Islam, Oil, and Fundamentalism in Central Asia – Ein Standardwerk über die Geschichte und Ideologie der Taliban.
  3. Amnesty International: The Situation of Women in Afghanistan – Berichte über die Auswirkungen der Taliban-Gesetze auf Frauenrechte.
  4. Al-Jazeera, BBC, AFP: Berichte über die aktuellen Gesetze und politischen Entwicklungen unter den Taliban.
  5. Rolex Perpetual Planet: Tiefseeforschung und Artenvielfalt in der Karibik – Weil man manchmal lieber tief in die Ozeane abtaucht, als in die Abgründe der Politik.

Von Abfall und Polizeischutz

Wenn Polemik nach hinten losgeht

Es gibt Momente im politischen Diskurs, in denen man sich fragt, ob Satire, Ironie und Provokation die eigentliche Zielscheibe ihrer eigenen Scharfschützen werden. Ein solcher Moment ereignete sich im Juni 2020, als Hengameh Yaghoobifarah, selbsternannte Non-Binäre, taz-Kolumnistin und Profi-Provozeurin, eine Glosse in die Welt setzte, die selbst für das ohnehin polemische Profil der „taz“ eine besonders steile Kurve der Grenzüberschreitung war. Der Titel „All cops are berufsunfähig“ klang zwar nach einem harmlosen Wortspiel auf das bekannte anarchistische Motto „All Cops Are Bastards“ (ACAB), doch der inhaltliche Tiefschlag gegen eine ganze Berufsgruppe sorgte für eine Welle der Empörung – ironischerweise selbst bei denen, die normalerweise der „taz“ politisch zugeneigt sind.

Stilmittel oder verbale Entgleisung

Die rhetorische Volte, die Yaghoobifarah wählte, um ihre Geringschätzung gegenüber der Polizei auszudrücken, war so schroff wie schlicht: Polizisten gehören auf den Müll. Nicht in das Gefängnis oder die psychologische Betreuung – nein, direkt auf die Deponie. „Nicht als Müllmenschen mit Schlüsseln zu Häusern, sondern auf der Halde, wo sie wirklich nur von Abfall umgeben sind. Unter ihresgleichen fühlen sie sich bestimmt auch selber am wohlsten.“

So las es sich in der Kolumne und so wurde es verstanden: eine pauschale Diffamierung von Menschen, die – man mag es als linke Aktivistin nur ungern hören – täglich für den Schutz der Ordnung und Sicherheit eintreten. Doch was wollte Yaghoobifarah damit bezwecken? War es ein Stilmittel, ein Überdruckventil des Frustes über die strukturellen Probleme bei der Polizei? Oder war es schlicht ein verbaler Ausrutscher, der in einer Spirale von Provokationen endete? Eins ist klar: Die Grenzen dessen, was unter der freien Meinungsäußerung und Satire durchgeht, wurden hier extrem gedehnt.

Die Frage, ob Polizisten als „Müll“ bezeichnet werden dürfen, kann man rechtlich in vielen Richtungen ausleuchten, doch der eigentliche Punkt ist, dass Yaghoobifarah sich mit dieser „glänzenden Idee“ selbst ein Eigentor geschossen hat. Ihr Vorwurf der „Berufsunfähigkeit“ trifft ausgerechnet auf sie selbst zurück: Was sagt es über das eigene moralische und journalistische Urteilsvermögen aus, wenn man glaubt, eine ganze Berufsgruppe öffentlich derart zu erniedrigen, ohne dass dies Folgen hat?

Wenn die Satire den Schützengraben verlässt

Empörung gab es reichlich, und das aus allen politischen Ecken. Horst Seehofer, damaliger Bundesinnenminister, drohte mit einer Anzeige – der Konservative in ihm konnte das wohl kaum unkommentiert lassen. Seehofer erkannte schnell, dass eine Kolumne, die Polizisten als „Abfall“ bezeichnet, nicht einfach so in der Schublade „Linke Provokation“ abgelegt werden kann. Die Rede war von Volksverhetzung, einer Strafanzeige und möglichen juristischen Konsequenzen. Selbst der politisch sonst stoische Seehofer konnte sich hier ein wenig moralische Entrüstung nicht verkneifen. Doch am Ende blieb er diplomatisch und ließ die Anzeige dann doch bleiben – Gespräch statt Gericht, so seine Idee.

Interessanterweise war der Schock über den Artikel nicht nur auf der konservativen Seite zu spüren. Selbst Leser der „taz“, die üblicherweise für linke Ideologien ein offenes Ohr haben, konnten ihre Empörung nicht verbergen. Man hatte den Eindruck, dass Yaghoobifarah mit ihrer Polemik eine Grenze überschritten hatte, die viele bisher nicht in Frage gestellt hatten: Die Grenze zwischen berechtigter Kritik und menschenverachtender Diffamierung.

Es ist ein Unterschied, die Institution „Polizei“ als problematisch oder reformbedürftig zu sehen – eine Meinung, die sicherlich viele teilen – und die Menschen, die diese Institution verkörpern, als „Abfall“ zu entmenschlichen. Diese Diffamierung betraf nicht mehr das abstrakte System, sondern zielte direkt auf den Menschen, den Polizisten, der am Ende des Tages genauso wenig der „Feind“ ist, wie irgendein beliebiger Beamter im Bürgeramt.

Von Abfall zur Polizei

Das Leben hat manchmal eine hintergründige Art von Humor, die sich nicht einmal die klügsten Satiriker ausdenken könnten. Nur wenige Tage nach der Veröffentlichung ihrer Polemik sah sich Hengameh Yaghoobifarah plötzlich mit Drohungen konfrontiert, die sie – wie es so oft bei Provokationen geschieht – auch persönlich in Gefahr brachten. Was tat sie in ihrer Not? Sie wandte sich an eben jene Institution, die sie noch wenige Tage zuvor verbal auf die Müllhalde geworfen hatte: die Polizei.

Man stelle sich die Szene vor: Eine Journalistin, die eben noch die moralische Überlegenheit des Anarchismus gepredigt hat, ruft in einem Anflug von plötzlicher Erkenntnis die Polizei zu Hilfe. Das mag bitter zynisch erscheinen, aber es ist ein Lehrstück der realen Widersprüche, die zwischen Selbstbild und Wirklichkeit liegen. Die Erkenntnis, dass die Polizei in Momenten realer Gefahr eine unersetzbare Rolle spielt, muss ein schmerzhafter Schlag für Yaghoobifarah gewesen sein – oder, im besten Fall, eine unerwartete Lektion über das Leben jenseits ideologischer Luftschlösser.

Und so erscheint die Polizei, die im Auftrag des Staates agiert, auf einmal gar nicht mehr so unnütz, sondern als der schützende Leviathan, der den Rechtsstaat sichert. Wer hätte das gedacht? Yaghoobifarah sicher nicht.

Die heikle Frage der Meinungsfreiheit

Die Diskussion um Yaghoobifarahs Kolumne öffnet zugleich eine alte und nie wirklich abgeschlossene Debatte über die Grenzen der Meinungsfreiheit. Natürlich ist Satire frei, und selbstverständlich darf Kritik auch scharf sein. Aber wo endet die Meinungsfreiheit und wo beginnt die Diskriminierung? Diese Frage ist nicht nur juristisch, sondern auch ethisch komplex.

Der Artikel, der zu einem regelrechten Skandal führte, provozierte genau die Debatte, die er vermutlich beabsichtigt hatte – nur eben nicht in dem Sinne, wie es sich die Autorin gewünscht haben mag. Die Diffamierung der Polizei als „berufsunfähig“ und die Entmenschlichung einer ganzen Berufsgruppe haben eine Grenze überschritten, die nicht durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gerechtfertigt ist. Kritik an Polizeigewalt und Missbrauch innerhalb der Institution ist notwendig, ja, aber sie sollte sich an Fakten und nicht an grotesken Pauschalisierungen orientieren.

Man fragt sich auch, wie es zu dieser Diskrepanz zwischen dem Anspruch der „taz“, als moralische Autorität der progressiven Linken zu gelten, und der Realität einer derart geschmacklosen Polemik kommen konnte. Womöglich ist das nur ein weiterer Beweis dafür, dass der moralische Hochmut oft am tiefsten fällt.

Der satirische Abgrund

Was bleibt von der Episode um Hengameh Yaghoobifarah und ihre Kolumne? Ein Lehrstück über die Grenzen der Satire, die Unverzichtbarkeit der Polizei – und die bittere Ironie, wenn Ideologien auf die harte Realität treffen. Die Affäre zeigt uns, dass Worte eine immense Macht haben, und dass Provokation nicht immer die klügste Form der Kritik ist. Und vor allem zeigt sie uns, dass man es sich besser zweimal überlegt, bevor man eine Berufsgruppe pauschal diffamiert, die einen vielleicht noch am nächsten Tag retten muss.

Denn in der echten Welt ist die Polizei kein „Abfall“, sondern oft die letzte Verteidigungslinie gegen echte Bedrohungen. Das mag nicht jedem gefallen – aber es bleibt eine Wahrheit, die auch die schärfsten Polemiken nicht aus der Welt schaffen können.

Quellen und weiterführende Links

  1. „taz“ – Originalartikel „All cops are berufsunfähig“
  2. Bundesministerium des Innern, Pressemitteilung: „Seehofer verzichtet auf Strafanzeige gegen taz-Kolumnistin“ (Juni 2020)
  3. FAZ.net – Debatte um Meinungsfreiheit und Satire in Deutschland
  4. Der Standard – Kommentar zur Polizeikritik und Pressefreiheit
  5. Hengameh Yaghoobifarah, „Ministerium für Träume“, Edition Nautilus, Hamburg, 2021.

Wasserrohrbruch als Migrationspolitik

Wie man den Keller flutet, weil der Dachboden zu trocken ist

Es gibt in der Welt des politischen Denkens eine faszinierende Logik, die so gewaltig und allumfassend ist, dass man sich fragt, warum sie nicht längst zum Fundament jeder strategischen Planung erhoben wurde. Es ist die Idee, dass man den Wasserrohrbruch in der Küche dadurch bekämpft, dass man einfach das Wasser großzügig im ganzen Haus verteilt. Es klingt brillant, nicht wahr? Wieso sich mit der mühseligen Reparatur eines Lecks abgeben, wenn man das Problem doch durch kreatives Umleiten, Verstreuen und Verdünnen lösen kann? Tropfendes Wasser ist schließlich nichts, worüber man sich wirklich den Kopf zerbrechen sollte, solange alle anderen Zimmer auch ein bisschen davon abbekommen. Und genau so, meine Damen und Herren, liebe Leserinnen und Leser, funktioniert die Migrationspolitik. Willkommen in der größten Tausch- und Verteilungsshow seit Erfindung des Geldautomaten für soziale Gerechtigkeit!

Das kaputte Rohr

Man muss zugeben, der Tropfstein kann sehr kunstvoll sein. Das tröpfelnde Wasser, das da unaufhaltsam aus dem Leck einer maroden Weltwirtschaft, kriegerischen Konflikten und klimatischen Katastrophen sickert, formt immer neue, faszinierende Muster. Diese Menschenströme, die uns in den Nachrichten präsentiert werden, werden behandelt wie Naturphänomene. Doch wo liegt die Ursache? Statt die grundsätzliche Dysfunktionalität des globalen Rohsystems zu analysieren, beschränken sich politische Entscheidungsträger gerne darauf, verzückt die Pfützen zu betrachten, die sich überall in der gesellschaftlichen Landschaft ansammeln. Der Wasserrohrbruch – also die grundlegenden Ursachen von Migration – interessiert uns in diesem metaphorischen Haus erstaunlicherweise herzlich wenig.

Stattdessen schauen wir gebannt auf den Wasserstand. Steigt er, sinkt er? Und wenn ja, wo? Wenn das Wasser irgendwo knietief steht, spricht man von einer „Flüchtlingskrise“. Diese Krise, so wird uns oft suggeriert, entsteht natürlich nicht durch das Leck an sich, sondern durch die Weigerung, die Küche mit Handtüchern auszustaffieren, während der Dachboden natürlich immer noch viel zu trocken ist. Es ist die ultimative, subtile Kunst der Verdrängung, die selbst der Psychoanalyse Freud’scher Prägung die Tränen in die Augen treiben würde.

Politik als Wasserverteilungsbehörde

In einem Zustand wahren Genies haben sich die politischen Architekten der Neuzeit also entschlossen, sich nicht etwa der Ursache, sondern der Symptome der Migration zu widmen. Eine Weltordnung, die Konflikte verursacht, Lebensgrundlagen zerstört und ganze Regionen destabilisiert? Ach, was! Wer interessiert sich schon für das defekte Rohr im Keller? Was wirklich zählt, ist die richtige Verteilung des Wassers im restlichen Haus.

Und wie geschickt das vonstattengeht! Kaum tropft es irgendwo mehr als geplant, werden in einer Mischung aus heroischem Aktionismus und planlosem Herumgetüftel Kübel von einem Zimmer ins andere getragen. Man verteilt, man organisiert, man plant, als ginge es darum, den „Großen Preis“ in der Disziplin „Migrationstetris“ zu gewinnen. Dabei ist es wichtig, darauf zu achten, dass nirgends zu viel Wasser ankommt – denn das könnte ja Unbehagen hervorrufen. Also: schön gleichmäßig verteilen! Wäre doch noch schöner, wenn sich irgendwo eine Überschwemmung bilden würde, nicht wahr?

Der wahre Triumph besteht jedoch darin, die Bevölkerung des Hauses glauben zu machen, dass dies die einzig logische Lösung ist. Man setzt auf das große Missverständnis, dass der Wasserrohrbruch etwas sei, das eben passiert, etwas so Unvermeidbares wie schlechtes Wetter. Dass dieser Schaden tatsächlich repariert werden könnte – davon schweigt man lieber.

Der wohlwollende Klempner

Natürlich darf das Ganze nicht einfach nach technokratischem Wahnsinn aussehen. Deswegen wird das Prinzip der Wasserverteilung als „humanitär“ getarnt. Wer wäre so grausam, sich gegen das Verteilen des Wassers zu stellen? Sind wir nicht alle Bewohner dieses Hauses? Haben wir nicht die moralische Pflicht, jeden Tropfen willkommen zu heißen, der sich aus dem kaputten Rohr ergießt? Wer könnte es wagen, hier zu widersprechen, ohne sich sofort als hartherziger Menschenfeind zu outen? Der Applaus ist gesichert. Ein bisschen Nässe im Flur hat schließlich noch niemandem geschadet.

Doch was niemand ausspricht, ist, dass diese Strategie des Verteilens – obwohl sie auf den ersten Blick nach einer Art universellem Heilmittel klingt – am Kern des Problems vorbeischrammt. Man stellt nicht in Frage, warum das Rohr überhaupt so marode ist. Warum es nie repariert wurde. Warum wir überhaupt in einem Haus leben, das derart schlecht in Schuss ist, dass es bei jedem neuen Tropfen fast zusammenbricht.

Feuchtigkeitsschäden, Schimmel und Frust

Nun gibt es jedoch ein kleines Problem: Wasser, das man im ganzen Haus verteilt, bleibt natürlich nicht einfach so friedlich in den Ecken stehen. Nein, es sickert in die Wände ein, es verursacht Schimmel, und irgendwann, das sei vorausgesagt, wird das Haus in sich zusammenfallen. Das Wasser, das wir so großzügig umverteilt haben, hinterlässt Spuren – und das nicht nur im Keller, wo es ursprünglich austrat. Nein, es dringt durch jede Fuge, hinterlässt unschöne Flecken und sorgt für muffige Luft. Aber das ist nicht weiter schlimm, denn solange alle Bewohner des Hauses sich nach wie vor darauf konzentrieren, nur die Oberflächen sauber zu halten, fällt es niemandem auf. Wenn’s mufft, sprühen wir halt Febreze.

Die Realität, dass das Haus längst von innen zu modern beginnt, lässt sich hervorragend kaschieren, solange niemand den Blick auf die tief liegenden Schäden lenkt. Doch irgendwann wird das muffige Gefühl stärker, und man fängt an, sich zu fragen: „Waren die Wände eigentlich schon immer so feucht?“

Die Kunst des ignorierten Rohrbruchs

Während wir uns also weiterhin in der glorreichen Strategie der Wasserumverteilung üben, bleibt das eigentliche Problem unberührt. Das kaputte Rohr – ob man es nun Migration, globale Ungleichheit oder die Folgen westlicher Außenpolitik nennt – wird nicht geflickt. Warum sollte es auch? Es gibt ja Kübel und Mops, und jeder Tropfen, der woanders hin fließt, kann als Erfolg verbucht werden. Das ist die wahre Brillanz der modernen Krisenbewältigung: Die Symptome zu streuen, anstatt die Ursache zu beheben.

Denn wer will schon den Klempner rufen, wenn man einfach alle Zimmer schön gleichmäßig nass halten kann? Es könnte ja sonst noch jemand auf die Idee kommen, dass das eigentliche Problem nicht das Wasser ist, sondern das Rohr, das schon viel zu lange unbemerkt tropft. Doch das, meine Freunde, wäre ja eine viel zu langweilige Lösung.


Quellen und weiterführende Links:

  1. Zuwanderung und ihre Ursachen: Wie geopolitische Krisen die Migrationsströme beeinflussen.
    Link: Geopolitik und Migration
  2. Ungleichheit als Treiber der Migration: Warum ungleiche Wohlstandsverteilung zu Migrationswellen führt.
    Link: Ungleichheit und Migration
  3. Die Rolle des Klimawandels in der Migrationspolitik: Welche Herausforderungen die Klimaflucht für die Zukunft bedeutet.
    Link: Klimaflucht und Migration
  4. Die Verteilungsfrage: Wohin mit den Menschen?: Ein Überblick über die Migrationspolitik der Europäischen Union.
    Link: EU-Migrationspolitik

BAIZUO

Wenn weiße Ritter zu blinden Idealisten werden

Der Begriff „Baizuo“ entstammt dem chinesischen Internet-Jargon und hat es in den letzten Jahren zu einer gewissen Berühmtheit gebracht, insbesondere im Zusammenhang mit der schleichenden Frustration über den moralischen Hochmut und die intellektuelle Kurzsichtigkeit der „woken“ Bewegung. Ursprünglich wurde der Ausdruck von chinesischen Internetnutzern verwendet, um westliche Liberale zu beschreiben, die sich selbst als tugendhafte Verteidiger von Minderheiten, Umwelt und sozialer Gerechtigkeit sehen, dabei jedoch – und das ist der Knackpunkt – ein unvergleichliches Talent dafür besitzen, ihre eigene Arroganz und Ignoranz nicht zu bemerken. Man könnte meinen, „Baizuo“ sei nur ein Schimpfwort, doch der Begriff hat sich längst zu einem Kulturphänomen entwickelt, das präzise das beschreibt, was viele Menschen, insbesondere außerhalb der westlichen Welt, an der modernen, „woken“ Bewegung so abstoßend finden.

Und jetzt, meine Damen und Herren, halten Sie sich fest, denn das Wort „Baizuo“ passt auf das woke Europa wie der berüchtigte Deckel auf den Topf. Denn es ist kein Geheimnis mehr, dass sich gerade in den europäischen Metropolen – von Berlin bis Paris, von Stockholm bis Wien – ein ganz eigener Typ Mensch herausgebildet hat: moralisch unantastbar, vor Tugend triefend und zugleich in einem goldenen Käfig der Privilegien gefangen. Es ist der Typus des wohlmeinenden, weißen, akademisch gebildeten Liberalen, der die Welt retten will – ob sie es nun möchte oder nicht.

Chinas scharfsinniger Spiegel

Der Begriff „Baizuo“ lässt sich wörtlich mit „weißer Linker“ übersetzen, wobei „weiß“ hier weniger auf die Hautfarbe als vielmehr auf eine bestimmte Klasse und Ideologie verweist. In der chinesischen Netzgemeinde beschreibt „Baizuo“ einen Typus westlichen Linksliberalismus, der von grenzenloser moralischer Selbstgefälligkeit durchzogen ist und eine Weltanschauung kultiviert, die sich durch drei Hauptmerkmale auszeichnet:

  1. Hypermoralisierung: Die Baizuo zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich ständig als moralisch überlegen präsentieren und in fast jedem gesellschaftlichen Aspekt nach Ungerechtigkeiten suchen, die sie mit lautem Getöse anprangern können.
  2. Naivität: Baizuo leben in einer idealisierten Welt, in der sie davon ausgehen, dass alles durch politische Korrektheit, Gendergerechtigkeit und Diversity gelöst werden kann, ohne dabei die Realität und die unbequemen Folgen ihrer Politik zu beachten.
  3. Dekadenz und Heuchelei: Sie verurteilen zwar die Ungerechtigkeit des kapitalistischen Systems, genießen jedoch ohne Scham die Früchte eben dieses Systems.

Die Chinesen haben das Schauspiel der westlichen Linken – insbesondere der selbsternannten „woken“ Elite – aus der Ferne beobachtet und sind zu dem Schluss gekommen: Die Baizuo sind eine Karikatur des linken Idealismus, die sich in ihrer eigenen Heiligkeit suhlt, während sie gleichzeitig auf dem Rücken anderer – vor allem der Arbeiterklasse und der Entwicklungsländer – ihre moralische Überlegenheit auslebt.

In China ist man bekanntlich eher pragmatisch veranlagt. Man sieht es als eine unnötige Ablenkung, sich in Diskussionen um Genderneutrale Toiletten oder die korrekte Anrede von Transgender-Personen zu verstricken, wenn das Land massive wirtschaftliche und soziale Herausforderungen bewältigen muss. In diesem Kontext erscheint der Baizuo wie ein leicht verwirrter Tourist, der in den Straßen von Shanghai versucht, chinesische Bauern von den Vorzügen veganer Ernährung zu überzeugen.

Eine perfekte Symbiose

Nun zur Frage: Warum passt dieser Begriff so ausgezeichnet auf das moderne Europa? Lassen Sie uns ein paar exemplarische europäische „Baizuo“-Momente durchgehen, um den Punkt klar zu machen:

Die moralische Elite: Weiße Retter in Designerklamotten

Da wären zum Beispiel jene wohlstandsverwöhnten, akademisch gebildeten Europäer, die sich auf Podiumsdiskussionen über Klimawandel und Flüchtlingskrisen austauschen, während sie in ihren schicken Stadthäusern sitzen, die aus gentrifizierten Vierteln herausragend, die letzten Spuren von Arbeiterklasse vertreiben. Diese gutmeinenden „Weltretter“ scheuen keine Mühen, ihre moralische Überlegenheit zur Schau zu stellen, während sie gleichzeitig auf den vom Aussterben bedrohten lokalen Bäckereien der ehemaligen Arbeiterviertel Bio-Bagels kaufen. Der Baizuo im woken Europa kümmert sich herzlich wenig um die Menschen, die tatsächlich die Kosten für seine moralischen Kreuzzüge tragen: die Arbeiter, die Migranten in den weniger schicken Vierteln und die Menschen in jenen Ländern, deren Wirtschaftssysteme durch den westlichen Interventionismus zerrüttet wurden. Aber Hauptsache, die eigene Überlegenheit bleibt gewahrt.

Die Plastikstrohhalm-Obsession

Dann gibt es die unzähligen „progressiven“ europäischen Gesetzgebungsinitiativen, die sich auf kosmetische Veränderungen konzentrieren, anstatt echte Probleme anzugehen. Der „Strohhalm-Krieg“ ist ein Paradebeispiel. Während in den Meeren jedes Jahr Millionen Tonnen von Plastikabfällen landen, beschließt die EU, Plastikstrohhalme zu verbieten. Hurra! Eine große Tat für Mutter Erde. Nur dass die eigentlichen Umweltsünder sich darüber kaum scheren, und die Menschen, die es betrifft – insbesondere Menschen mit Behinderungen, die auf Plastikstrohhalme angewiesen sind – sich nur über das theatralische Getue und die realitätsfernen Entscheidungen wundern. So wird eine einfache Maßnahme, die hauptsächlich symbolischen Charakter hat, als riesiger Fortschritt verkauft. Für den Baizuo ist das eine Win-win-Situation: Er kann sich moralisch erhaben fühlen, ohne dass er sich jemals mit den echten ökologischen und ökonomischen Herausforderungen auseinandersetzen muss.

Die Einladung ohne Plan

Und was wäre der Baizuo ohne seine multikulturelle Offenheit? 2015, als die Flüchtlingskrise Europa erfasste, öffneten viele Länder – angeführt von Deutschland – ihre Grenzen. Nun, dass Menschen in Not geholfen werden muss, steht außer Frage. Doch wie so oft bei den Baizuo wurde die praktische Seite der Geschichte gerne übersehen. Dass ein völlig unkontrollierter Zustrom von Millionen Menschen in ein System, das dafür nie ausgelegt war, zu Spannungen, sozialen Problemen und Integrationstragödien führen würde, war nebensächlich. Wichtig war, dass man sich auf der richtigen Seite der Geschichte positionierte. Und wenn man dann doch realisierte, dass die Realität etwas anders aussah als erwartet – siehe die Enstehung von Parallelgesellschaften, das Aufkommen rechter Bewegungen und die steigenden Spannungen in den sozialen Brennpunkten – konnte man sich immer noch als moralischer Märtyrer präsentieren, der gegen die „reaktionären“ Kritiker ankämpft.

Wokeness als Klassenkampf – Aber nur auf Instagram

Man kann den Baizuo auch in seiner typischen Online-Form beobachten. In den sozialen Medien zelebrieren sie ihre wokeness, indem sie abwechselnd die Privilegien ihrer Hautfarbe bekennen und die Übel des Kapitalismus beklagen – natürlich mit einem brandneuen iPhone in der Hand und einem macchiato aus biologisch angebauten Kaffeebohnen in der anderen. Der Baizuo möchte sich engagiert und bewusst geben, aber nur solange es ihm keine ernsthaften Opfer abverlangt. Kapitalismuskritik ist schick, solange sie auf Instagram in hübschen Filterfarben zu sehen ist. Der revolutionäre Impuls reicht nur so weit, wie es den eigenen Komfort und das soziale Ansehen nicht gefährdet.

Helden oder Karikaturen

Und so ist der Baizuo in Europa angekommen: Überall sichtbar, laut, dominant und dennoch seltsam weltfremd. Es ist die Kombination aus moralischer Überlegenheit, grenzenloser Ignoranz gegenüber den realen Auswirkungen der eigenen Überzeugungen und einem narzisstischen Drang, von anderen als ethische Vorbilder gefeiert zu werden. Sie sind die neuen „weißen Ritter“, die ohne Rüstung in den Krieg der Tugend ziehen – und dabei jede Schlacht verlieren, ohne es zu merken.

Man kann den Begriff „Baizuo“ als Schimpfwort abtun, als Ausdruck des Zynismus. Aber für viele, die sich mit den politischen Entwicklungen in Europa auseinandersetzen, ist er ein scharfes, fast schmerzhaft genaues Etikett für eine ganze Klasse von Menschen, die ihre moralische Brille so fest auf der Nase haben, dass sie längst nicht mehr sehen, was um sie herum passiert. Die Ironie dabei? Sie sind überzeugt, die besseren Menschen zu sein. Und während sie in ihrer woken Blase hocken, schwingt die Welt weiter – manchmal schneller, als sie hinterherkommen.

Die Empörung als Lifestyle

Eine der faszinierendsten Eigenschaften des Baizuo ist seine Fähigkeit, sich in einer Dauer-Empörung zu verlieren, die fast schon als Kunstform durchgeht. Kein Wort, kein Satz, keine Geste ist mehr sicher vor der hypermoralischen Lupe, die permanent nach dem nächsten Anlass für Skandal und Empörung sucht. Während Europa immer mehr zur Spielwiese der sogenannten „Cancel Culture“ wird, blüht der Baizuo inmitten dieses Chaos regelrecht auf. Er nimmt die Rolle des Scharfrichters ein, wenn es darum geht, prominente Persönlichkeiten für eine unbedachte Bemerkung in der Twitter-Welt zu zerlegen. Besonders ironisch dabei: Der Baizuo, der doch so gerne „Diversität“ preist, hat keinerlei Toleranz für Meinungen, die von seiner eigenen abweichen.

Die Sprachpolizei, mit der der Baizuo bewaffnet ist, hat die europäische Gesellschaft in eine Welt der Vorsicht und Selbstzensur verwandelt. Jeder Satz, jede Meinung muss durch den Filter der politischen Korrektheit, andernfalls droht die Verbannung in die sozialen oder beruflichen Schattenräume. Aber für den Baizuo ist das kein Problem – denn was zählt, ist die Reinheit der Moral, nicht die Freiheit des Denkens.

Die Dekadenz der Privilegierten

Auch beim Thema Klimawandel brilliert der europäische Baizuo mit seiner beachtlichen Fähigkeit, von den hohen moralischen Gipfeln zu predigen, während er zugleich sicherstellt, dass die tatsächlichen Konsequenzen seiner Überzeugungen die sozial Schwachen treffen. Der Kampf gegen den Klimawandel ist ohne Zweifel von entscheidender Bedeutung, doch der Baizuo schafft es, selbst diese existenzielle Herausforderung zu einem Vehikel seines moralischen Überlegenheitsgefühls zu machen. Während er per Zug durch halb Europa fährt, um den nächsten Klimagipfel zu besuchen und dort lauthals den Verzicht auf fossile Brennstoffe fordert, lebt er in einer Sphäre des Wohlstands, die ihn vor den echten Auswirkungen dieser Politik schützt.

Wer zahlt den Preis für die CO2-Steuer, die den Baizuo in seinem Designer-Pullover nicht jucken wird? Genau, die Arbeiter, die Familien, die am Monatsende ihre Heizkosten kaum bezahlen können. Aber das bleibt natürlich nebensächlich, denn es geht hier um die Rettung der Welt! Wer könnte da etwas gegen ein paar Opfer haben? Vor allem, wenn man diese Opfer ja nicht selbst tragen muss.

Der neue Adel Europas

Der Baizuo ist nicht nur ein Begriff für einen abgehobenen, weltfremden Liberalen – er ist ein Symbol für eine neue Art von Adel, der sich durch moralische Selbstgerechtigkeit und politische Naivität auszeichnet. Dieser moderne Adel hat die Tugenden der alten Aristokratie aufgegriffen und sie mit dem Lack der Wokeness überzogen. In früheren Jahrhunderten war es das blaue Blut, das über Recht und Unrecht entschied; heute ist es der moralische Maßstab des Baizuo.

Sie haben ihre eigene Sprache, ihre eigenen Codes und ihre eigenen Rituale. Wer nicht „woke“ genug ist, wird ausgegrenzt, diskreditiert und in die Ecke der „Ungebildeten“ und „Rückständigen“ verbannt. Dabei handelt es sich nicht um einen offenen Diskurs, sondern um eine moralische Machtausübung, die jede andere Meinung als unmoralisch und somit inakzeptabel einstuft.

Eine Welt ohne Substanz

Man könnte meinen, die Welle der Wokeness und der Baizuo-Dominanz sei eine vorübergehende Modeerscheinung, die bald in sich zusammenfallen wird, sobald die Realität sie einholt. Doch wie lange kann sich Europa noch leisten, dieser intellektuellen Dekadenz zu frönen? Während die wirtschaftlichen und geopolitischen Herausforderungen – von einer alternden Bevölkerung über die wachsenden Spannungen mit Autokratien wie China und Russland bis hin zu einer sich verschärfenden Klimakrise – immer drängender werden, bleibt die europäische Baizuo-Elite in ihren symbolischen Schlachten gefangen.

Wenn die Realität dann irgendwann an die Tür klopft – in Form einer wirtschaftlichen Rezession, einer Energiekrise oder eines umfassenden gesellschaftlichen Bruchs – könnte der Baizuo gezwungen sein, seine rosa Brille abzusetzen. Aber bis dahin bleibt uns nichts anderes übrig, als zuzusehen, wie sich Europa in endlosen Debatten um Identitätspolitik, Gendersprache und die politische Korrektheit verliert, während die eigentlichen Probleme unter einem Haufen moralischer Floskeln begraben werden.

Europas wohlmeinender Irrweg

Es gibt keine Frage: Der Baizuo hat noble Absichten. Er möchte die Welt zu einem besseren Ort machen, soziale Gerechtigkeit herstellen, den Planeten retten und die Gesellschaft fairer gestalten. Doch in seiner Naivität und seinem moralischen Eifer verkennt er, dass die Welt nicht in Schwarz und Weiß aufgeteilt ist. Die Probleme unserer Zeit erfordern pragmatische Lösungen, keine ideologischen Kreuzzüge. Und während der Baizuo mit wehenden Fahnen durch die intellektuelle Arena zieht, bleibt die Frage, ob er am Ende wirklich etwas bewegt – oder ob er nur sich selbst feiert.

Weiterführende Links und Quellen:

Jordan B. Peterson: 12 Rules for Life
Ein kritischer Kommentar zu den Auswirkungen der „Woke“-Kultur auf die westliche Gesellschaft.

Liang Qichao: Vom Westen lernen – Chinas Blick auf Europa
Ein Essay über die chinesische Sicht auf den westlichen Liberalismus und seine Fehler.

Eberhard Sandschneider: Globale Rivalen – China und Europa im Ringen um die Zukunft
Wie der chinesische Pragmatismus dem europäischen Idealismus begegnet.

Eric Zemmour: La France n’a pas dit son dernier mot
Ein kritischer Blick auf die Dekadenz des europäischen Liberalismus.

Der Spiegel, Die Zeit und Le Monde Diplomatique
Regelmäßige Analysen über die Entwicklungen der woken Bewegung in Europa.

Die Post-Ideologische Moraloper

Das Ende der Ideologie – Willkommen im Theater der Moral!

Es ist noch gar nicht so lange her, da waren „links“ und „rechts“ noch einfache, klare Begriffe. Man konnte sich relativ sicher sein: Wenn jemand links war, ging es um soziale Gerechtigkeit, Arbeiterrechte, Umverteilung und kollektive Solidarität. War man rechts, standen Begriffe wie freie Märkte, konservative Werte, nationale Souveränität und individueller Fortschritt im Vordergrund. Es war ein Schlachtfeld der Ideen, auf dem man sich hitzige, aber intellektuell stimulierende Debatten lieferte.

Doch irgendwann – und das ist schwer genau zu datieren, da die Moralbekundung ja ein schleichendes Virus ist – wurde aus diesem ideologischen Tanz ein neues Spiel: Moralisches Bashing. Links und rechts sind keine politischen Orientierungen mehr, sondern moralische Etiketten. Wer links ist, ist nicht mehr der sozialpolitisch engagierte Kämpfer für die Arbeiterklasse, sondern schlichtweg „gut“. Wer rechts ist, der trägt nun den Makel des Bösen. Willkommen in der post-ideologischen Arena, in der die Moral triumphiert und die Debatte längst auf der Strecke geblieben ist.

Der heilige Gral des Guten

„Links“ ist mittlerweile weniger eine politische Überzeugung als eine Art moralischer Orden, den man sich umhängen kann wie den Friedensnobelpreis im Taschenformat. In der heutigen Welt steht „links“ für Toleranz, Diversität, Gleichheit und universelle Gerechtigkeit. Und wer würde sich schon trauen, gegen solche erhabenen Ziele anzukämpfen? Da wäre man ja sofort… rechts!

Es ist mittlerweile so, dass jeder, der sich auch nur einen Hauch links der Mitte bewegt, sofort den Nimbus des „Guten“ verliehen bekommt. Du bist für Klimaschutz? Gut! Du bist für Minderheitenrechte? Gut! Du findest, dass die Reichen zu viel haben? Gut! In diesem neuen Schema der moralischen Bewertung reicht es, sich auf der richtigen Seite der moralischen Grenze zu positionieren – die tatsächlichen politischen Inhalte werden nebensächlich. Denn das Ziel ist nicht mehr die Lösung komplexer sozialer oder ökonomischer Probleme, sondern die Bestätigung des eigenen moralischen Superiority-Komplexes.

Dabei vergisst man schnell, dass politische Ideologien komplexer und differenzierter sind. Aber wer hat schon Zeit für Nuancen, wenn man die Welt so schön einfach in Gut und Böse einteilen kann?

Ein wohlmeinendes Verwirrspiel

Ein zentraler Aspekt des „guten“ Linksseins ist die Identitätspolitik. Früher kämpfte man links für eine klassenlose Gesellschaft, heute kämpft man für eine schichtenübergreifende moralische Hierarchie. Die moderne Linke ist so sehr damit beschäftigt, Minderheiten und marginalisierte Gruppen zu schützen, dass sie manchmal das Gefühl hat, für den Rest der Gesellschaft keine Zeit mehr zu haben.

Aber keine Sorge: Wenn man „links“ ist, darf man alles hinterfragen – außer sich selbst. Es ist eine ideologische Immunität, die sich selbst vor Kritik schützt, indem sie die moralische Überlegenheit als Waffe nutzt. Kritik an der Linken? Das kann nur von rechts kommen! Und wer rechts ist, ist schlecht, nicht wahr?

So wird Identitätspolitik zum trojanischen Pferd, das mit wohlmeinenden Absichten ins politische Spielfeld geführt wird, nur um dort die Debatte zu zerschlagen. Wer fragt da noch nach sozialem Fortschritt, wenn man moralisch unantastbar sein kann? Das wahre politische Ziel tritt in den Hintergrund, sobald man sich auf die richtige Seite der moralischen Grenze stellt.

Der ewige Sündenbock

Wo „links“ gut ist, muss „rechts“ zwangsläufig böse sein. Es ist ein binäres System, bei dem Rechtssein eine Art Ursünde darstellt, aus der man sich nur schwerlich herauswinden kann. Der Konservatismus, einst ein durchaus respektabler politischer Standpunkt, der sich auf Werte wie Familie, Nation und Freiheit stützte, ist in diesem neuen moralischen Koordinatensystem zur Karikatur verkommen.

„Rechts“ steht mittlerweile nicht mehr nur für wirtschaftliche Deregulierung oder konservative Familienpolitik – nein, „rechts“ steht für Ausgrenzung, Hass, Engstirnigkeit und, natürlich, Rassismus. Es ist der moralische Sündenbock unserer Zeit, der alles auf sich vereint, was „falsch“ ist. Man könnte sagen, die Rechte hat in der öffentlichen Debatte die Rolle eines klassischen Bösewichts übernommen, wie der Schurke in einem Märchen, der von Grund auf böse ist und dem keine Chance auf Läuterung gewährt wird.

Der moralische Außenseiter

Und dann ist da noch der Populismus, der wie ein ungezogener Junge in der politischen Familie sitzt und versucht, die Regeln zu brechen. Populismus, besonders rechter Populismus, hat das Image des schmuddeligen Stiefkinds, das auf den Klassenclown der moralischen Debatte reduziert wird. Jede politische Bewegung, die auch nur den Anschein erweckt, populistisch zu sein, wird sofort in die rechte Ecke gedrängt. Dort sitzt sie dann – ungeliebt und abgetan – während die moralischen Wächter des linken Lagers sich selbst auf die Schulter klopfen.

Aber ist es nicht gerade der Populismus, der sich aus dem Versagen der „guten“ Politik speist? Wer sich den Aufstieg rechter Parteien in Europa ansieht, kann nicht leugnen, dass hier etwas tieferes im Gange ist als bloß die Rebellion gegen das Gute. Vielleicht sollte man fragen: Warum fühlt sich ein erheblicher Teil der Bevölkerung so vom linken Moralismus entfremdet, dass er sich bereitwillig in die Arme der rechten Populisten stürzt? Aber das wäre eine komplizierte Frage, die man im neuen moralischen Koordinatensystem lieber nicht stellt. Schließlich ist „rechts“ doch einfach nur böse.

Zwischen Tugendwächtern und Häretikern

Was wir hier erleben, ist weniger eine politische Debatte, als eine Art moralischer Kreuzritter-Feldzug. Und wie in jeder guten mittelalterlichen Schlacht gibt es nur zwei Lager: die Tugendhaften und die Sünder. Es gibt kein Dazwischen, keinen Raum für graue Zonen oder differenzierte Argumente. Wer sich nicht klar positioniert, wird sofort als Feind betrachtet.

In dieser neuen Moralordnung haben politische Positionen und Argumente ihre Bedeutung verloren. Was zählt, ist, auf der „richtigen“ Seite zu stehen. Das macht politische Diskussionen heute so schmerzhaft und vorhersehbar: Sie sind nicht mehr darauf ausgerichtet, Lösungen zu finden oder Kompromisse zu schließen, sondern nur noch darauf, das moralische Ansehen des eigenen Lagers zu wahren.

Das führt zwangsläufig dazu, dass wir in einer Ära leben, in der moralische Empörung die Währung des politischen Diskurses ist. Und wie bei jeder Währung gibt es Inflation: Was gestern noch ein Skandal war, ist heute kaum mehr eine Randnotiz. Wer links ist, muss ständig beweisen, dass er oder sie noch „guter“ ist als der Rest der linken Szene. Und wer rechts ist? Nun, der hat ohnehin verloren.

Die Politik der Blasen

Das Internet und die sozialen Medien haben diese moralische Ordnung noch verstärkt. Auf Plattformen wie Twitter oder Facebook sind wir alle Kommentatoren in einem riesigen moralischen Zirkus, der sich ständig selbst überbietet. Es ist kein Wunder, dass in dieser moralischen Kakophonie die Politik zur Nebensache verkommt. Statt über konkrete Probleme zu diskutieren – Bildung, Gesundheit, soziale Gerechtigkeit – reden wir über moralische Zugehörigkeiten.

Die Folge: Wir leben in Blasen. Linke sprechen nur noch mit Linken, Rechte nur noch mit Rechten, und die Kluft dazwischen wird immer größer. Niemand traut sich mehr, wirklich zu debattieren, denn wer würde schon riskieren, als moralisch verwerflich abgestempelt zu werden?

Was bleibt, ist ein inhaltsleerer Diskurs, in dem Positionen nicht mehr durch Argumente, sondern durch moralische Etiketten bestimmt werden. Die Frage, ob ein Vorschlag sinnvoll oder durchführbar ist, spielt kaum noch eine Rolle. Wichtig ist nur, ob er dem moralischen Gutsein entspricht.

Gibt es einen Ausweg aus dem moralischen Teufelskreis

Wie kommen wir also aus diesem moralischen Teufelskreis heraus? Die einfache Antwort: schwerlich. Solange „links“ und „rechts“ keine politischen, sondern moralische Kategorien bleiben, ist eine echte Debatte fast unmöglich. Die Herausforderung liegt darin, die Moral von der Politik zu trennen – eine Aufgabe, die angesichts der aktuellen gesellschaftlichen Dynamiken fast unmöglich erscheint.

Vielleicht müssen wir akzeptieren, dass die Welt nicht in Gut und Böse aufgeteilt ist, dass Menschen komplexe Wesen sind, die nicht immer in einfache Kategorien passen. Vielleicht sollten wir uns darauf besinnen, dass politische Ideen mehr sind als moralische Bekundungen – sie sind Werkzeuge, mit denen wir versuchen, die Welt zu verbessern. Und das geht am besten durch Diskussion und Kompromisse, nicht durch moralisches Fingerzeigen.

Quellen und weiterführende Links:

  1. Eribon, Didier: Rückkehr nach Reims – Einblicke in die moralische Kluft zwischen Stadt und Land.
  2. Rosa, Hartmut: Resonanz – Über die Bedeutung von Zuhören und gegenseitigem Verstehen in einer polarisierten Gesellschaft.
  3. Furedi, Frank: What’s Happened to the University? – Wie der moralische Imperativ das Denken und die Debatte in den akademischen Sphären untergräbt.
  4. Die Zeit, Der Spiegel, Süddeutsche Zeitung – Regelmäßige Berichterstattung über die moralische Polarisierung in der politischen Landschaft.
  5. Sloterdijk, Peter: Zorn und Zeit – Eine philosophische Betrachtung über die Rolle von Emotionen und Moral in der Politik.

Der mürrische alte Mann

Die Weisheit des Alters oder die trügerische Illusion der Milde

Es heißt, mit dem Alter kommt die Weisheit. Wie so viele Sprichwörter, die sich Generationen hinweg als Lebensweisheiten festgesetzt haben, ist auch diese Maxime eine gefährliche Lüge. Denn während die Weisheit vielleicht kommt, kommt mit ihr noch etwas viel Mächtigeres: der Verdruss. Ja, die Lethargie, die wachsende Abscheu vor der Dummheit der Menschheit und die Einsicht, dass all die Mühen, all das Gerede, all die Kämpfe in den letzten Jahrzehnten völlig sinnlos waren. Wenn man jung ist, glaubt man noch, man könne die Welt verändern. Wenn man älter ist, dann weiß man: Die Welt ist längst verloren.

Und so stehe ich hier, der mürrische alte Mann. Meine Beine sind schwach, mein Geduldsfaden hauchdünn. Früher hätte ich vielleicht noch versucht, dir meine Sicht der Dinge in einem langen Gespräch zu erläutern, dich vielleicht sogar überzeugt, meinen Standpunkt zu verstehen. Heute aber… heute ist alles anders. Heute habe ich keine Zeit, keine Kraft mehr für sinnlose Diskussionen. „Ich bin zu alt, um zu kämpfen. Zu langsam, um zu rennen. Ich erschieße dich einfach und bin fertig damit.“ Klingt brutal? Ja, das ist es. Aber brutal ist auch die Erkenntnis, dass wir in einer Welt leben, die nicht einmal die Mühe wert ist, über sie zu sprechen.

Die letzte große Enttäuschung

Es ist eine grausame Ironie des Lebens, dass man im Alter beginnt, alles klarer zu sehen. Die Brille mag dicker werden, die Knochen spröder, die Haare schütter – aber die geistige Klarheit, die ist da, wie ein verfluchtes Geschenk. Man sieht die Welt nicht mehr durch die rosarote Brille jugendlichen Idealismus‘, sondern als das, was sie wirklich ist: ein Haufen Mist, bedeckt von einer dünnen Schicht aus Glanz und Glamour, mit der uns die Medien und Politiker füttern, um uns bei Laune zu halten.

Früher, ja früher hätte ich noch die Energie gehabt, mich über den Verfall der Moral, die wachsende Ignoranz und die unfassbare Dummheit der Menschen aufzuregen. Aber was bringt das? Am Ende redet man sich nur in Rage, die Herzfrequenz steigt und plötzlich findet man sich auf der Notfallstation wieder, weil der Blutdruck einen unschönen Abgang machen will. Nein, ich habe gelernt, die Dinge nüchtern zu sehen: Ich könnte kämpfen, aber wozu? Der Kampf ist längst verloren. Ich könnte rennen, aber wohin? Es gibt keinen sicheren Ort mehr in dieser Welt. Also nehme ich die einfachste Lösung: Ich erschieße dich einfach. Nein, keine Panik – das ist natürlich metaphorisch gemeint. Eine schnelle, scharfe Pointe hier, ein zynischer Seitenhieb da – das ist meine Art, dich zu erledigen. Das ist die letzte Waffe des mürrischen Alten: Sarkasmus als Überlebensstrategie.

Ein verlorener Haufen

Es gibt eine Altersweisheit, die besagt: „Jede Generation ist schlechter als die vorherige.“ Diese Sichtweise mag ein bisschen hart erscheinen, aber mal ehrlich: Schau dich um! Wir leben in einer Zeit, in der Influencer als Vorbilder gelten und TikTok-Tänze wichtiger sind als die Frage, ob der Planet noch 50 Jahre überlebt. Man kann die Jugend nicht einmal wirklich verurteilen – sie hat es ja nie besser gelernt. Sie sind das Endprodukt eines Systems, das sich selbst verschlungen hat.

Aber weißt du was? Früher hätte ich vielleicht versucht, dich als Vertreter dieser verlorenen Generation zur Vernunft zu bringen. Dir erklärt, dass es nicht reicht, sich mit einer App für Klimaschutz zu engagieren, während man gleichzeitig das neue iPhone mit in Plastik verpackten Avocados in der Hand hält. Heute aber? Heute habe ich keine Zeit für solch grundlegende Erklärungen. Heute packe ich meine metaphorische Waffe aus und schieße dir eine messerscharfe Wahrheit ins Gesicht: Du bist die Marionette eines Systems, das dich längst aufgegeben hat, aber du merkst es nicht einmal. Bäng. Das war’s. Ich bin fertig mit dir.

Ein freudiger Rückzug

Und da wären wir nun – am Kern des Problems. Im Alter zieht man sich zurück, nicht weil man einsam ist, sondern weil man die Menschen einfach nicht mehr erträgt. Jeder Besuch, jedes Gespräch wird zur Prüfung. Die ewige Litanei von belanglosen Belanglosigkeiten ist wie Sandpapier auf der Seele eines alten Mannes. Früher hätte ich mir noch Mühe gegeben, das Gespräch am Laufen zu halten. Heute? Ich lass es. Warum sollte ich mich mit deinen dummen Fragen über das Wetter oder den letzten Tatort beschäftigen? Wenn du nicht verstanden hast, dass das Wetter nur eine Metapher für den bevorstehenden Weltuntergang ist, dann bist du Teil des Problems.

Die Einsamkeit ist für uns alte Menschen kein Feind, sondern ein Freund. Sie hält uns von den absurden Ansprüchen dieser Welt fern, bewahrt uns vor den endlosen, leeren Gesprächen, die keinen Wert haben. Sie ist das letzte Geschenk, das uns das Alter macht – die Möglichkeit, den Rest der Zeit mit sich selbst und seinen Gedanken zu verbringen, ohne den ständigen Lärm der Außenwelt. Ich habe kein Interesse daran, die „gesellschaftlichen Erwartungen“ zu erfüllen. Ich bin alt, ich bin mürrisch, und ich genieße es.

Die Gesellschaft als Verfallsprodukt

Manchmal frage ich mich, wann genau es schiefgelaufen ist. War es irgendwann in den 90ern, als alle plötzlich begannen, auf neoliberale Wellen zu surfen, während gleichzeitig die sozialstaatliche Solidarität ertrank? Oder war es schon viel früher, als die Menschen beschlossen, dass das Streben nach immer mehr Geld und Erfolg wichtiger ist als die Nachbarschaft, das gemeinsame Miteinander? Aber weißt du was? Es ist mir egal. Denn selbst wenn wir den Moment finden würden, in dem es gekippt ist, was würde das ändern? Nichts. Die Gesellschaft ist ein Verfallsprodukt. Sie hat sich selbst abgenutzt, und jetzt verrottet sie vor sich hin.

Früher hätte ich versucht, mit meinem Stock auf den Boden zu stampfen, mich über die Ungerechtigkeiten aufzuregen und den Menschen klarzumachen, dass wir dringend etwas ändern müssen. Heute? Heute bin ich pragmatisch. Die Welt wird ohnehin bald den Bach runtergehen – warum also die Mühe? Wie sagte ein weiser Mann einst: „Die Dummheit der Menschen ist unendlich.“ Da stimme ich ihm zu, aber ich ergänze: „Die Geduld der Alten ist es nicht.“

Ein ungeschriebenes Manifest

Am Ende bleibt die Frage: Was nun? Die Antwort ist einfach. Der mürrische alte Mann ist der wahre Held unserer Zeit. Er hat die Absurdität dieser Welt durchschaut und sich entschieden, nicht mehr mitzuspielen. Er kämpft nicht mehr gegen Windmühlen, er rennt nicht mehr den Träumen seiner Jugend hinterher. Er hat begriffen, dass das Ende unausweichlich ist – und er hat beschlossen, seinen Frieden damit zu machen.

Die Waffe des mürrischen alten Mannes ist der Sarkasmus, seine Munition sind zynische Kommentare und sein Schlachtfeld ist die Gesellschaft, die er längst abgeschrieben hat. Früher hätte ich vielleicht noch eine große Rede gehalten, um dich zu überzeugen, die Dinge anders zu sehen. Heute? Heute erschieße ich dich einfach – metaphorisch natürlich – und bin fertig damit.

Was bleibt, ist Schweigen

Und so endet unser kleiner Ausflug in die Gedankenwelt des mürrischen alten Mannes. Am Ende bleibt nicht viel zu sagen. Die Welt dreht sich weiter, die Menschen bleiben dumm, und ich? Ich ziehe mich zurück in die wohltuende Einsamkeit des Alters. Vielleicht mit einem Buch, vielleicht mit einem Glas Whisky. Der Rest ist mir egal.

Quellen und weiterführende Links

  1. Schopenhauer, Arthur: Die Welt als Wille und Vorstellung – Ein Klassiker für jeden mürrischen alten Mann.
  2. Camus, Albert: Der Mythos des Sisyphos – Über den ewigen Kampf gegen die Absurdität des Lebens.
  3. La Rochefoucauld, François de: Maximen und Reflexionen – Die perfekte Lektüre für bittere Weisheiten im Alter.
  4. Psychology Today: Artikel über Altersweisheit und den Rückzug im Alter – Für jene, die das Ganze doch noch ernsthaft psychologisch betrachten möchten.
  5. Günter Grass: Der Butt – Ein literarisches Monument, das sich mit den ewigen Kreisläufen der menschlichen Existenz befasst.

Made in Germany

Wolfsburgs letzter Trommelwirbel

Es war einmal ein Land, in dem drei Dinge als unantastbar galten: das Brötchen beim Bäcker, der Tatort am Sonntag und die Jobgarantie bei Volkswagen. Wenn man eines Tages durch Wolfsburg oder durch die heiligen Hallen der deutschen Industriegeschichte schritt, spürte man den Atem der Vergangenheit. Hier entstand das, was wir heute als „Wirtschaftswunder“ feiern: Volkswagen, die fleißigen Hände deutscher Arbeiter, Stahl, Öl und unerschütterliche Optimierung. Die Autobranche war nicht nur der Motor der deutschen Wirtschaft, sondern das Bollwerk gegen jedwede Krise. Und nun? Nun sitzen wir in einer Art Zeitmaschine, die uns nicht in die Zukunft, sondern zurück in den Abgrund führt – genau in jene dunklen Ecken der Vergangenheit, in denen Fabriken dichtmachen, Jobs verloren gehen und das Versprechen eines stabilen Lebens auf ewig zerbricht.

Inmitten dieser trostlosen Landschaft erhebt sich nun die Nachricht wie ein Paukenschlag aus Wolfsburg: Volkswagen, die Ikone, der Titan unter den deutschen Industrieunternehmen, will die Beschäftigungssicherung aufkündigen und erwägt sogar Werksschließungen. Werksschließungen bei VW? In Deutschland? Das gab es noch nie. Aber wie jeder Albtraum, der Realität wird, öffnet diese Entscheidung die Schleusen für eine Lawine des Niedergangs, die nicht nur VW, sondern die gesamte deutsche Industrie mit sich reißen könnte.

Der gefallene Gigant

Volkswagen – oder „VW“, wie es im deutschen Kollektivbewusstsein verankert ist – war stets mehr als ein bloßer Autohersteller. VW war die Lebensversicherung der deutschen Mittelschicht, das Symbol für Wohlstand und Sicherheit. Ein VW-Job war so sicher wie die Rente – zumindest dachten wir das. Mit der Nachricht, dass VW über Standortschließungen nachdenkt, stehen wir nun vor einer neuen Ära. Es ist, als würde jemand dem verstaubten Familienalbum die letzte Seite entreißen. Die Zeit der „unantastbaren“ Industriegiganten, die uns durch jede Krise tragen, scheint vorbei.

Die Ankündigung von VW hat einen gewissen Hauch von Tragik, ja von Shakespeare’scher Dramatik: Der Gigant, der die deutsche Nachkriegswirtschaft hochgezogen hat, erwägt nun, seinen eigenen Untergang zu besiegeln. Und während die Manager auf ihre Aktienkurse und Quartalszahlen starren, wird in den Hinterzimmern über Werksschließungen nachgedacht, als wäre es nur eine kleine Neuausrichtung. Doch das ist kein harmloser Umbau – das ist der Dammbruch.

Die Titanic der deutschen Industrie

Es scheint, als sei die deutsche Automobilindustrie die Titanic der deutschen Wirtschaft: mächtig, glänzend, unzerstörbar. Bis zu dem Moment, in dem sie den Eisberg namens „elektrische Revolution“ rammte. Und dieser Eisberg kam nicht plötzlich. Die Warnsignale waren da – vom Dieselskandal bis hin zur verzögerten Umstellung auf E-Mobilität. Doch wie Kapitän Edward Smith auf der Titanic glaubte auch die deutsche Autoindustrie, sie könne mit ihrer schieren Größe alles durchbrechen. Doch jetzt dringt das Wasser unaufhaltsam in den Maschinenraum ein.

VW ist nicht der einzige Autohersteller, der wackelt, aber es ist der prominenteste. Wenn selbst der Vorreiter der deutschen Mobilität über Werksschließungen nachdenkt, wie lange wird es dauern, bis andere Unternehmen wie BMW und Mercedes folgen? Diese einstigen Kronjuwelen der deutschen Industrie stehen vor der selben Entscheidung: die Produktion radikal umzustrukturieren oder weiterzusinken. Wie die Titanic kämpft auch die Autobranche nicht gegen einen einzelnen Eisberg, sondern gegen eine ganze Kette von Krisen: Klimawandel, Digitalisierung, Rohstoffknappheit und vor allem – die schwindende Gnade der Verbraucher, die zunehmend an das Elektrozeitalter glauben wollen.

Die Kettenreaktion

VW ist nur der erste Dominostein. Denn wenn die deutsche Autoindustrie taumelt, wird der Rest der Industrie unweigerlich mitgerissen. Die Chemieindustrie zum Beispiel – das Rückgrat jeder Automobilproduktion, denn ohne Chemikalien keine Lacke, keine Kunststoffe, keine Batterien – wackelt schon. Leverkusen, die Heimat von Bayer und Co., wird zum Sinnbild einer Industrie, die sich zwar Jahrzehnte im Weltmarkt behauptet hat, aber nun vor der selben existenziellen Frage steht: Was kommt nach dem fossilen Zeitalter?

Der Niedergang der deutschen Chemieindustrie würde ganze Regionen in wirtschaftliche Finsternis tauchen. Ein düsteres Echo aus den 1980er Jahren hallt durch die Straßen: „Die Zechen schließen, aber wir haben noch die Industrie!“ Und nun? Wenn die Chemie kippt, kippt nicht nur der Standort Deutschland, sondern auch die europäische Chemielandschaft, die in den letzten Jahren immer mehr an globale Konkurrenten verloren hat.

Aber der schlimmste Schlag könnte die Stahlindustrie treffen. „ThyssenKrupp“, das alte deutsche Schwergewicht, steht schon lange auf wackligen Beinen. Die Dekarbonisierung erfordert enorme Investitionen, aber das alte Rezept, den Staat zur Kasse zu bitten, scheint nicht mehr zu funktionieren. Und wer braucht noch Stahlwerke, wenn keine Autos mehr produziert werden? Schon heute werden die Auftragsbücher dünner, die Bänder laufen langsamer, und in den Pausengesprächen geht es zunehmend um Abfindungen statt um Urlaubspläne.

Und dann der Maschinenbau, das Rückgrat der deutschen Exportwirtschaft. Einst der Stolz der Nation, bekannt für Ingenieurskunst und Effizienz. Doch was ist eine Hochleistungsmaschine wert, wenn die Welt keinen Bedarf mehr an den Produkten hat, die sie herstellt? Die asiatische Konkurrenz drängt, und die deutsche Industrie, betäubt von der eigenen Überheblichkeit, hat den Wandel verschlafen.

Das Ende einer Ära – Wer dreht das Licht ab?

Das letzte Jahrzehnt war das Jahr der Krisen: Finanzkrisen, Eurokrisen, Migrationskrisen, Pandemiekrisen. Und jetzt? Jetzt kommt die finale Krise: die Krise der deutschen Industrie. Was einst als unverrückbarer Fels in der Brandung galt, wird nun vom steigenden Meer des globalen Wettbewerbs umspült. Volkswagen hat den Anfang gemacht, aber der Rest wird folgen. Die politischen Parolen von „Standortsicherung“ und „Innovationsführerschaft“ wirken wie schlechte Witze in einem Kabarettprogramm, das niemand mehr sehen will.

Und wer dreht am Ende das Licht ab? Die Frage ist nicht mehr „ob“, sondern „wann“. Vielleicht ist es der letzte Arbeiter in einem entlegenen Werk irgendwo im Ruhrgebiet, der auf dem Weg zur Abfindungsunterzeichnung das Licht am Werkstor löscht. Vielleicht ist es der letzte Ingenieur bei Siemens, der die Computer herunterfährt und sich fragt, ob man nicht doch besser in die USA oder nach China ausgewandert wäre. Oder vielleicht ist es der letzte Journalist, der von der Schließung einer weiteren Fabrik berichtet, bevor auch sein Job dem digitalen Umbruch zum Opfer fällt.

Ein Abgesang auf „Made in Germany“

„Made in Germany“ war einst das Siegel für Qualität, Zuverlässigkeit und Innovation. Heute steht es nur noch für die vergeblichen Versuche, die Zukunft zu sichern, während die Vergangenheit uns langsam erdrückt. Die Schließung eines VW-Werks in Deutschland wäre nicht nur eine ökonomische Katastrophe, sondern der symbolische Abschied von einem Zeitalter, in dem „deutsche Wertarbeit“ der Maßstab für die Welt war. Es ist, als würde man das letzte Streichholz in einem dunklen Raum anzünden – nur um festzustellen, dass es nichts mehr gibt, was man damit erhellen könnte.

Wenn Volkswagen fällt, fällt nicht nur ein Konzern. Es fällt eine ganze Ära des Wohlstands, der Sicherheit und der Arbeitsethik, die Deutschland so lange getragen hat. Die Zukunft? Ungewiss. Der Niedergang? Unaufhaltsam. Der letzte Arbeiter wird das Licht ausmachen, und dann bleibt nur noch die Dunkelheit.

Quellen und weiterführende Links

  1. VDA (Verband der Automobilindustrie): Bericht zur Lage der deutschen Automobilindustrie, 2023.
  2. Böcking, David: Die Zukunft der deutschen Industrie – Chancen und Risiken, in: Der Spiegel, Ausgabe 45/2023.
  3. Frankfurter Allgemeine Zeitung: Volkswagen: Werksschließungen und die Folgen für den Standort Deutschland, Dezember 2023.
  4. Hopp, Christine: Das Ende des Wirtschaftswunders? – Deutschland zwischen Dekarbonisierung und Deindustrialisierung, in: Wirtschaftswoche, September 2023.
  5. Handelsblatt: Krise der deutschen Industrie: VW, Chemie und der Flächenbrand, Dezember 2023.