Zwo Denkwürdige Tage im Monat September: Der eilfte und der zwölffte

Proömium: Vom Kalender als Spiegel göttlicher Launen

O Ihr Leser, deren Augen sich noch nicht verblendet haben vom blendenden Schein der neuen Bildschirme, die den Geist zerstreuen wie ehedem das Gauklerpack auf Jahrmärkten: Merket auf! Denn der Monat September, welcher den Sommer mit einer welkenden Hand zu Grabe trägt und den Herbst mit melancholischer Kälte gebiert, hat sich nicht begnüget, bloß das Obst von den Bäumen zu schütteln, sondern er hat auch der Welt dergestaltige Tage beschert, daß sie gleich einer Brandmarkung ewiglich ins Gedächtnis gebrannt sind.

So war es am eilften Tage des Septembers im Jahre 2001 nach Christi Geburt, da die Himmelsschiffe, welche man Aeroplana heißet, in feuriger Gewalt die stolzen Türme von Neu-Amsterdam (welches die Barbaren New York nennen) zerstörten; und wiederum am zwölfften Tage desselben Monats, doch um vieles Jahrhunderte zuvor, da die osmanische Macht vor Wien zurückgestoßen ward durch polnische Reuter mit Flügeln von Federwerk und durch die hochfahrenden Gebete katholischer Altäre.

Vom modernen Babel: Ein Schauspiel des Untergangs

O 11. September! Welch ein Schauspiel ward da geboten! Nicht in den dumpfen Chroniken zu lesen, sondern live, wie der Pöbel es zu sagen beliebet, übertragen in jedes Haus, in jede Stube, in jede glotzende Pupille. Gleich einer neuen Sintfluth ergoß sich das Bild über die Erde, und jedermann ward zum Propheten, zum Richter, zum Kommentator.

Die Thore des Geldes, die Twin Towers, stürzten ein; nicht bloß Mauerwerk und Glas, sondern Symbol, Idol, Tempel der Moderne. Und wie sie fielen, da jauchzten die Apologeten des Zorns und heulten die Verteidiger des Westens: „Unsere Welt, unser Reich, unser Glaube sind angegriffen!“ – als hätten sie selbst nie Bomben über andere Völker ausgeschüttet, als sei ihre Hand rein und unblutig wie die einer Jungfrau im Nonnenkloster.

Doch siehe: der Jammer ward bald zur Waffe. Aus Asche ward Kriegsrhetorik, aus Tränen ward Öl für den Motor der Kanonen. Afghanistan, Irak und wer sich sonst noch fand – sie alle mußten bezahlen für jenes Schauspiel, das vor den Augen der Welt zum neuen Mythos gerann.

Vom wienerischen Drama: Triumph in Federrüstung

Doch lasset uns nicht vergessen die Begebenheit des 12. Septembers anno 1683. Da rüsteten die Osmanen, mit Sichel und Halbmond, vor den Mauern Wiens, als wollten sie das Herz Europas durchstoßen. Doch der Himmel, immer parteiisch, schickte Jan Sobieski, König von Polen, dessen Reuter, geschmückt mit seltsamen Flügeln aus Federn, die Sonne verdunkelten wie ein Sturm der Vögel.

Sie stürzten die Belagerer, und siehe, das Abendland ward gerettet – so sagten die Prediger, so sangen die Chronisten. Daß es in Wahrheit um Herrschaft, Beute und territoriale Eitelkeiten ging, das verschwieg man tunlichst; denn die Geschichte liebt es, sich im Gewande des Heiligen zu zeigen, auch wenn ihr Leib nach Schweiß und Blut stinkt.

Von der Wiederholung des Immergleichen

So nehmet Ihr beide Tage zusammen, den eilften und den zwölfften, und Ihr werdet erkennen: Es ist derselbe Tanz, derselbe Chor, nur in anderen Kostümen. Einmal der Türke, ein andermal der Terrorist; einmal das Kreuz, ein andermal das Pentagon. Immer aber das nämliche Lied: „Wir sind die Guten, sie sind die Bösen; wir die Zivilisation, sie die Barbarei.“

Und also ist die Weltgeschichte nichts denn ein müßiger Spielball im Theater des Menschen, der niemals Neues dichten kann, sondern die alte Leier ewiglich fortklimpert, bis selbst der Tod gähnend zuschaut.

Epilog: Ein satyrischer Wink

So bleibt uns nichts als der Trost des Zynischen: daß vielleicht dereinst, an einem künftigen Septembertage, wiederum ein Spektakel geboren werde – sei es durch fallende Türme, durch explodierende Maschinen, oder, wer weiß, durch den Zusammenbruch eines digitalen Babels, dessen Priester heute „Influencer“ und „Algorithmen“ heißen.

Dann wird man abermals predigen von Kampf der Welten, von Licht wider Finsterniß, und abermals wird die Wahrheit im Rauch verschwinden wie ein Schaf im Maul des Wolfs.

O September, du Narr im Kalender! Mögest du doch einmal einen Tag hervorbringen, der nicht mit Blut, sondern mit Gelächter endigt – obgleich, wie ich den Menschen kenne, selbst dann einer käme, der die Pointen zu seinem Kriege machte.

Palantir, Pegasus und Gotham – die neuen Herrscher

Die digitale Monarchie mit AGB statt Verfassung

Früher hatten Könige wenigstens noch die Anständigkeit, mit Schwert und Guillotine klarzumachen, dass Untertanen am kürzeren Hebel sitzen. Heute bekommt man dieselbe Botschaft als „Nutzervereinbarung“ präsentiert, die 38 Seiten umfasst und ohnehin niemand liest, außer den Juristen von Palantir, die sich beim Verfassen vermutlich gegenseitig High-Fives geben. Willkommen in der neuen Datenmonarchie, in der die Krönung nicht auf dem Marktplatz stattfindet, sondern im App-Store. Wer hier regiert, heißt nicht Ludwig XIV., sondern Palantir, Pegasus und Gotham – drei glänzende Firmennamen, die so harmlos klingen wie Comic-Merchandise und so tödlich sind wie Zyankali im Sektglas.

Palantir – Orwells feuchter Traum in Start-up-Optik

Palantir verkauft sich als „Software für bessere Entscheidungen“. Man könnte auch sagen: ein allsehender Datenstaubsauger mit angeklebtem Freiheitslogo. Orwell hätte sich vermutlich totgelacht, wenn er gewusst hätte, dass Big Brother nicht als Diktator in Uniform, sondern als hipper Silicon-Valley-Typ mit Hoodie und Latte Macchiato daherkommt. „Wir wollen nur helfen“, säuselt Palantir, während es sämtliche Kommunikationsnetzwerke aussaugt und Zusammenhänge herstellt, die gar nicht existieren müssen, solange sie sich verkaufen lassen.

Die Pointe: Wer Palantir kritisiert, landet dank Palantir vermutlich sofort in einem Palantir-Dossier. Das Unternehmen ist wie ein Voyeur, der einem erklärt, man habe ja schließlich freiwillig die Vorhänge offen gelassen – und wenn nicht, dann findet er schon einen Spalt im Rolladen.

Pegasus – der geflügelte Trojaner im Nachttisch

Pegasus ist die digitale Vergewaltigung im Staatsauftrag. Ein Trojaner, der nicht hackt, sondern gleich das ganze Handy adoptiert: Kamera, Mikrofon, Chats, alles. Ein smarter Parasit, der so tief im Gerät nistet, dass man sich fragt, ob er nicht längst die Geburtstagsgrüße an die Schwiegermutter selbst verschickt.

Man könnte lachen, wenn es nicht so traurig wäre: Ein mythologischer Pegasus, Symbol der Freiheit und Dichtung – degradiert zum Cyber-Stallknecht für Regierungen, die ihre Kritiker mundtot machen wollen. Wer Pegasus reitet, braucht keinen Rechtsstaat mehr, nur noch einen Draht zur nächsten Rüstungsmesse. Und wir alle wissen: Wenn Demokratien denselben Trojaner nutzen wie Diktaturen, dann ist der Unterschied zwischen beiden nur noch eine Fußnote im PR-Prospekt.

Gotham – Batman ohne Moral, aber mit Businessplan

Und schließlich Gotham, die Software, die klingt wie eine Comic-Metropole, aber funktioniert wie eine Verwaltungsvorlage für Technokraten ohne Fantasie. Wo früher Batman über den Dächern wachte, sitzt heute ein Analyst im Großraumbüro, klickt auf „Analyse starten“ und verkauft das Ergebnis als Sicherheitsstrategie. Gotham verwandelt Komplexität in PowerPoint, und PowerPoint in Budgets, und Budgets in Macht.

Die wahre Ironie: In den Comics kämpfte Batman gegen korrupte Oligarchen und kriminelle Masterminds. Heute hätten dieselben Oligarchen Batman längst als Berater eingestellt – selbstverständlich über Gotham lizenziert, 12 Monate Mindestlaufzeit, Rabatt bei mehr als 1.000 aktiven Nutzerkonten.

Die Heilige Dreifaltigkeit des Überwachungskapitalismus

Palantir, Pegasus, Gotham – das ist die neue Trinität. Keine Götter, keine Könige, keine Ideologien. Nur Geschäftsmodelle. Der Bürger ist kein Untertan mehr, sondern ein Datensatz. Und wie jeder Datensatz wird er gespeichert, verknüpft, verkauft – und notfalls gelöscht.

Das Schönste daran: Wir machen begeistert mit. Wir installieren Apps, die uns belauschen, wir kaufen Geräte, die uns überwachen, und wir stimmen der eigenen Entmündigung mit einem Daumendruck auf „Akzeptieren“ zu. Früher hat man Sklaven mit Ketten gehalten. Heute reicht eine Push-Benachrichtigung.

Epilog – Die Krone sitzt auf unserem eigenen Kopf

Palantir, Pegasus und Gotham sind keine Herrscher, die uns unterdrücken. Sie sind die Spiegelbilder unserer selbstverschuldeten Dummheit. Wir wollten Sicherheit, wir bekamen Überwachung. Wir wollten Bequemlichkeit, wir bekamen Abhängigkeit. Wir wollten Freiheit, wir bekamen AGB.

Die Wahrheit ist: Der neue König braucht keinen Palast, keine Armee, keinen Thron. Er braucht nur unser Handy. Und das Tragische – oder Komische, je nach Zynismusgrad – ist, dass wir es ihm sogar nachts unter das Kopfkissen legen.

„Selbstdenken“ als bürgerliche Ungeheuerlichkeit?

1. Der Aufstand der Synapsen im Sonntagsdress

Man muss sich die Szene bildlich vorstellen: Es ist Sonntag, der Himmel ist wie frisch gestrichen, die Katze sitzt auf dem Kissen, als wäre sie die Königin von England, und Herr Müller, bestens frisiert, öffnet die Teekanne. Alles ist perfekt – perfekt absurd, perfekt steril, perfekt langweilig. Und plötzlich: ein Gedanke. Ein eigener, selbstständiger Gedanke. Ein Skandal! Sofort erstarrt die Gesellschaft, als hätte jemand die Handbremse der Zivilisation gezogen. Die Nachbarin, die sonst über Sträucher und Kaffeekränzchen tratscht, wird blass, ihre Perlenkette rutscht, und Herr Müller schaut so, als hätte man ihm den finalen Akt seiner Existenz gestohlen: „Wer denkt hier? Wer wagt es?“

In diesem Moment wird Selbstdenken zur intellektuellen Waffe: Die kleinen Katastrophen der Bürgerlichkeit, die jahrelang ungestört funktionierten – der akkurat gefaltete Serviettenrand, die sorgfältig polierte Tischplatte, die obligatorische Wiederholung des Satzes „Wie schön der Garten doch blüht!“ – beginnen zu wanken. Es ist, als würde jemand das Fundament der gepflegten Langeweile sprengen, und plötzlich merkt man: Alles war nur Dekoration für das eigene Sicherheitsgefühl.

2. Die groteske Ritualmagie des Kleinbürgers

Man könnte fast glauben, das Bürgertum hat seine eigene Religion erfunden – und tatsächlich: Es gibt Opfergaben (Kuchen), heilige Rituale (Teekränzchen) und hochheilige Texte (lokale Wochenzeitungen). Wer diese Rituale stört, wird sofort exkommuniziert – mit der sanften Gewalt subtiler Augenrollen und scheinbar wohlwollender Kommentare wie: „Ach, Sie haben wieder eine eigenartige Meinung.“ Eigenartig, weil gefährlich. Eigenartig, weil denkend.

Die absurden Regeln reichen von der Auswahl des richtigen Bestecks bis zur korrekten Betonung von „schön“ beim Lob des eigenen Blumengartens. Wer es wagt, eine kritische Bemerkung zu äußern – etwa, dass der Kuchen wie Gummi schmeckt oder dass der Garten eher einem botanischen Missgeschick gleicht –, wird mit einer Mischung aus Empörung, Mitleid und verschämtem Lachen gestraft. Jeder eigenständige Gedanke wird hier behandelt wie ein feuriger Drache, der ins Wohnzimmer stürmt: majestätisch, bedrohlich, völlig unkontrollierbar.

3. Selbstdenken als Mini-Revolution

Doch das Beste daran: Die Folgen des selbstdenkenden Aktes sind sofort spürbar und gleichzeitig urkomisch. Die bürgerliche Ordnung bricht in leisen, aber verheerenden Schritten zusammen: Plötzlich diskutiert man über Politik, Philosophie oder die Tragik des sonntäglichen Kuchens – und die ehemals makellose Ordnung verwandelt sich in eine Bühne des Chaos. Das Bürgertum reagiert mit einer Mischung aus hysterischem Entrüstetsein und neugierigem Staunen, als hätte jemand eine intellektuelle Bombe gezündet, die die Tassen klirren lässt und die Servietten fliegen.

Jeder selbstständig geäußerte Gedanke wird zum Mini-Aufstand: Man diskutiert, man widerspricht, man lacht. Die groteske Komik liegt darin, dass der Denker zugleich gefeiert und gefürchtet wird – wie ein kleiner, rebellischer Kobold, der das monotone Paradies der Mittelmäßigkeit untergräbt.

4. Absurde Szenen: Die kleine literarische Groteske

  • Frau Schmidt, beim Versuch, den Kuchenteller zu balancieren, stolpert und verheddert sich in ihrer Perlenkette – nur, weil Herr Becker eine eigene Meinung über den Kaffee äußerte.
  • Der Hund des Hauses bellt aufgeregt, als hätte er den intellektuellen Aufstand des Denkers erkannt; der Kater dagegen betrachtet die Szene wie ein Richter.
  • Die Blumenzwiebeln, sonst makellos in Reih und Glied gepflanzt, erscheinen plötzlich anarchistisch verstreut, weil jemand laut sagte: „Vielleicht wächst auch mal etwas Chaos.“
  • Selbst die Wanduhr scheint den Atem anzuhalten: Sekunden dehnen sich zu dramatischen Momenten, als ob die Zeit selbst eine Meinungsäußerung abwarten würde.

Alles wird zur Bühne einer absurden, satirischen Tragikomödie – und jeder Denker zum heimlichen Regisseur dieser grotesken Inszenierung.

5. Fazit: Denkt – und verwandelt die Welt in ein Theater

Selbstdenken ist nicht nur eine Provokation, es ist ein Akt der künstlerischen Schöpfung. Wer sich traut, seinen eigenen Gedanken zu folgen, verwandelt den Alltag in ein absurdes Theater, in dem jede Kleinigkeit zur Farce wird, jede Regel zum Witz, jede langweilige Tradition zur Komödie.

Das Bürgertum mag entsetzt, empört, peinlich berührt sein – aber wir wissen: Es lebt von unseren Gedanken, von unserem Humor, von unserer Fähigkeit, selbst in der langweiligsten Konformität ein Feuerwerk der Absurdität zu entzünden. Wer denkt, ist ein stiller Revolutionär, ein Komiker, ein Magier der Intelligenz – und wer lacht, hat die Oberhand.

Selbstdenken ist die höchste Form der Freiheit, die eleganteste Form der Rebellion und die köstlichste Form der Unterhaltung. Möge der rebellische Geist niemals schweigen – und möge jeder Salon, jedes Teekränzchen, jeder perfekt gefaltete Serviettenrand Zeuge dieser unaufhaltsamen, grotesken Macht der Synapsen werden.

Handbuch für den deutschen Rettungsdienst 2030

„Kulturell sensibel retten – aber richtig!“

Sehr geehrte Feuerwehrleute, Sanitäterinnen und sonstige Lebensverlängerungs-Dienstleister,

da Deutschland seit 2025 offiziell den Titel „Weltmeister im Toleranz-Triathlon“ trägt, sind neue Richtlinien für die Rettung verschütteter, verletzter oder brennender Personen notwendig. Bedenken Sie: Ein falsch gesetzter Griff kann nicht nur ein Menschenleben retten, sondern gleichzeitig auch eine Klage wegen kultureller Unangemessenheit nach sich ziehen.

Kapitel 1: Erkennen Sie Ihr Opfer

Bevor Sie eine Frau unter Schutt hervorziehen, stellen Sie bitte folgende Fragen (per Megafon, falls sie noch atmen kann):

  1. „Sind wir miteinander verwandt?“
  2. „Haben Sie ein schriftliches Einverständnis Ihres Ehemanns?“
  3. „Liegt eine Fatwa zur Rettung vor?“
  4. Falls nicht: Bitte abwarten. Setzen Sie sich daneben und rezitieren Sie die Grundrechtecharta der EU, bis die Situation sich biologisch erledigt.

Kapitel 2: Feuerlöschen mit Respekt

Bei Wohnungsbränden beachten Sie:

  • Frauen im Haus dürfen nur gelöscht werden, wenn ein männlicher Angehöriger vor Ort das Wasser freigibt.
  • Alternativ: warten, bis die Flammen den Schleier auflösen – danach ist die Frau rein genug, um gerettet zu werden.

Kapitel 3: Erste Hilfe für Männer, zweite für Frauen

Die Rangfolge bei der Rettung lautet ab sofort:

  1. Männliche Glaubensvertreter mit Bartlänge über 10 cm.
  2. Männliche Angehörige.
  3. Kinder männlich.
  4. Frauen (nur, wenn Punkt 1–3 abgehakt).

Bitte dokumentieren Sie die Rettungsreihenfolge sorgfältig, sonst droht eine Verwarnung vom Integrationsministerium.

Kapitel 4: Notfall-Beispielszenario

Lage: Nachbeben in Köln-Ehrenfeld, mehrere Verschüttete.

  • Feuerwehrmann Meier entdeckt eine Frau, eingeklemmt unter Beton.
  • Meier: „Brauchen Sie Hilfe?“
  • Frau (keuchend): „Ja!“
  • Meier: „Sind Sie mit mir verwandt?“
  • Frau: „Nein!“
  • Meier: „Dann tut es mir leid, das würde meine interkulturelle Kompetenzprüfung gefährden.“
  • Die Frau verstirbt. Meier erhält das Bundesverdienstkreuz für Toleranz.

Kapitel 5: Politische Kommunikation

Sollten Sie in eine Kamera geraten, sprechen Sie bitte nur die vorgesehenen Formeln:

  • „Wir respektieren alle Traditionen!“
  • „Die Diversität geht über alles – auch über den Defibrillator!“
  • „Das Opfer ist leider einer kulturell sensiblen Situation erlegen.“

Die Tagesschau im Jahr 2030

Sprecherin mit ernster Miene:

„Guten Abend, meine Damen und Herren. Heute sind in Frankfurt 17 Frauen bei einem Gebäudeeinsturz ums Leben gekommen. Rettungskräfte standen bereit, durften aber nicht eingreifen, da keine männlichen Verwandten zur Freigabe erschienen waren. Die Bundesregierung sprach den Hinterbliebenen ihr Beileid aus und betonte, Deutschland sei weiterhin führend im Bereich der weltoffenen Katastrophenhilfe. Gleichzeitig wurde bekanntgegeben, dass ab nächstem Jahr ein neues Schulfach eingeführt wird: ‚Religionskonforme Erste Hilfe‘. Kinder lernen dort, wie man eine verschüttete Frau kulturell korrekt ignoriert.“

Epilog

So also sieht er aus, der Fortschritt im europäischen Sinne: Wir retten alle – solange es die Religion erlaubt. Der Schutt Afghanistans hat die Grenzen überschritten. Er liegt nicht mehr auf Frauenkörpern, er liegt jetzt auf unseren Köpfen.

Und wir nennen es Willkommenskultur.

Die große Zombie-Retardierung™

Ein Anfang im Nebel – oder warum wir plötzlich alle Kaugummis im Kopf haben

Bis vor kurzem konnte man es noch als schiefen Verdacht abtun, als schrullige Privatobsession, irgendwo zwischen „die Leute sind halt doof“ und „die Evolution hat uns im Baum hängen lassen“. Aber inzwischen, man mag es kaum leugnen, drängt sich ein erschütterndes Gefühl auf: Wir sind kollektiv abgestürzt. Und zwar nicht in eine neue Epoche des Wissens, nicht in das „goldene Zeitalter der Aufklärung 2.0“, sondern eher in eine sumpfige, schleimige Niederung des Intellekts. Als hätte jemand den globalen Schalter auf „Kindergarten“ zurückgedreht, während die Menschheit stolz auf ihre glänzenden Smartphones glotzt, unfähig zu merken, dass sie gerade die Fähigkeit verloren hat, zwischen „A“ und „B“ zu unterscheiden. Ein IQ-Drop von 20–30 Punkten, sagst du? Optimistisch gerechnet! Eher 40–50, wenn man die Kommentarspalten der großen Nachrichtenportale liest – dort findet man nichts als lallende Syntax und Argumente, die den dialektischen Standard einer Bockwurst unterbieten.

Das neue Normal: Das Licht ist an, aber niemand wohnt hier

Von außen betrachtet wirken die Betroffenen erstaunlich intakt. Sie gehen einkaufen, schieben ihre Kinderwagen, zahlen mit Karte, schnallen sich sogar den Sicherheitsgurt an. Doch wehe, man verlangt von ihnen die einfachste Form geistiger Operation: einen Zusammenhang zu erkennen, eine Ursache von einer Wirkung zu unterscheiden, eine Ironie zu verstehen, ohne sofort „Fake News!“ zu schreien. Es ist, als hätte man das Gehirn gegen eine Art algorithmische Zahnpasta ausgetauscht: blendend weiß, hübsch verpackt, aber ohne jeden Nährwert.

Man spricht sie an, man versucht, sie auf eine logische Abfolge hinzuweisen („wenn Regen → nass“), und bekommt als Antwort ein emotionsgeladenes Meme mit Katzenohren. Das ist die kommunikative Endstufe: eine Art dauerdurchgekaute Kaugummi-Existenz, in der Worte nicht mehr Bedeutung, sondern nur noch Klangkörper sind, um die eigene innere Leere zu übertönen.

Ursachenforschung im Menschenzoo: Wer hat uns die Gehirne geraubt?

Die Frage drängt sich auf: Wie konnte es so weit kommen? Liegt es an den „sozialen“ Medien, die alles sind außer sozial, an der Dauerberieselung mit Influencer-Weisheiten, die so tiefgründig sind wie eine Wasserpfütze im Hochsommer? Oder war es die schleichende Zersetzung durch eine Bildungspolitik, die seit Jahrzehnten damit beschäftigt ist, das Niveau unter den Teppich zu drücken, damit auch wirklich niemand mehr überfordert ist? Vielleicht ist es auch nur die evolutionäre Müdigkeit: Der Mensch, erschöpft vom mühseligen Denken, hat kollektiv beschlossen, dass es angenehmer ist, einfach nichts mehr zu verstehen. Gehirn aus, Dopamin an.

Natürlich gibt es auch die Verschwörungstheorie-Fraktion, die flüstert: „Das machen sie mit Absicht! Die da oben wollen uns dumm halten!“ Aber Hand aufs Herz: Wer „die da oben“ auch immer sein sollen – glaubt irgendjemand ernsthaft, die hätten die intellektuelle Raffinesse, einen globalen Idiotisierungsplan durchzuziehen? Die Wahrheit ist banaler, und darum so trostlos: Wir haben uns freiwillig in die Kollektivretardierung begeben, weil sie angenehm weich gepolstert ist.

Der Witz an der Apokalypse: Wir lachen uns selbst in die Verdummung

Und hier kommt der eigentliche Clou: Wir merken es gar nicht. Im Gegenteil, wir feiern unsere eigene Verblödung als Fortschritt. Wir nennen es „Niedrigschwelligkeit“, „Userfreundlichkeit“, „Barrierefreiheit des Denkens“. Alles wird so heruntergekocht, dass es niemandem mehr Bauchschmerzen macht. Eine Welt, in der niemand je wieder mit komplexen Sätzen belästigt wird, in der jedes Argument nur noch aus drei Emojis besteht, in der Logik als „toxisch“ gilt. Und während wir in diesem geistigen Ikea-Bällebad herumhüpfen, klatschen wir uns gegenseitig ab und glauben, wir seien wahnsinnig modern.

Wie geht es weiter? Willkommen im Zeitalter des Nichts

Die Zukunft? Oh, sie zeichnet sich bereits ab. Ganze Gesellschaften, die sich im Kollektiv-Koma eingerichtet haben, unfähig, irgendetwas zu unterscheiden außer „Gefällt mir“ und „Gefällt mir nicht“. Parlamente, die über Smileys abstimmen. Wissenschaft, die sich in TikTok-Clips von 12 Sekunden Dauer auflöst. Politik, die nur noch aus Reaction-Videos besteht.

Und irgendwann, wenn das letzte Fünkchen Restintellekt verloschen ist, werden wir zufrieden in unseren Sofas liegen und die Zombie-Retardierung™ nicht mehr als Verfall, sondern als Vollendung begreifen: Endlich keine Sorgen, endlich kein Denken mehr. Das Gehirn, diese störende Instanz, ist erfolgreich abgeschafft. Was bleibt, ist ein Kollektivwesen, das simultan lacht, weint und klickt – eine Herde von aufrecht gehenden Smartphones, die sich für Menschen halten.

Epilog mit Augenzwinkern

Vielleicht, nur vielleicht, gibt es aber noch Hoffnung: Denn wenn du das hier gerade lesen und verstehen kannst, dann bist du (noch) nicht komplett infiziert. Du bist ein Relikt, ein Fossil einer Denk-Spezies, die gerade im Aussterben begriffen ist. Mach dich auf was gefasst: Die Horde kommt, sie wird dich mit Memes bewerfen, mit moralischem Pathos übertönen und mit süßlicher Ignoranz ersticken. Aber du darfst dir ins Fäustchen lachen: Denn du weißt, was hier gespielt wird.

Und wenn alles verloren ist – immerhin bleibt uns die Satire. Sie war schon immer die letzte Bastion derer, die begriffen haben, dass der Rest längst verloren ist.

Deutschland als Duty-Free-Shop des Mittelalters

Afghanistan: Der olympische Wettbewerb im Sterben

Man könnte fast meinen, Afghanistan habe ein neues Sportformat erfunden: Synchron-Sterben unter Schutt. Disziplin: Frauen liegen verschüttet, Männer stehen drumherum, falten die Hände und beraten, ob Allah wohl einverstanden wäre, wenn sie das Opfer befreien. Spoiler: Ist er nicht. Punktabzug, rote Karte, Abpfiff. Die Frau stirbt, das Team gewinnt. Publikum: tobt. Richterkommentar: „Vorbildlich! Kein Körperkontakt, kein Regelbruch. So sieht Reinheit aus.“

In einem Land, in dem ein Sack Mehl mehr Wert hat als ein Mädchen, überrascht es kaum, dass auch die Rettung zur Farce wird. Afghanistan – das einzige Land, wo der Rettungswagen direkt zur Moschee fährt, um erst mal den Imam zu fragen, bevor er das Martinshorn anmacht.

Die Taliban als Rettungsdienst deluxe

Man könnte lachen, wenn es nicht so grauenhaft wäre: Taliban-Sanitäter im Einsatz. Statt Defibrillator tragen sie die Scharia unterm Arm. Statt einer Trage eine Fatwa. Statt Erste Hilfe gibt’s Letzte Ölung. Die Szene:

  • Eine Frau liegt im Schutt.
  • Ein Mann tritt vor.
  • „Entschuldigung, darf ich Sie retten?“
  • „Sind Sie mein Ehemann?“
  • „Nein, aber ich bin zufällig Chirurg.“
  • „Tut mir leid, dann nicht.“
  • Das nennt man medizinische Selektion auf religiöser Grundlage. Quasi der TÜV für Frauenleben: Nur zugelassen, wenn Bruder, Vater oder Sohn ein Häkchen setzt. Alle anderen – bitte zurücktreten. Lebensgefahr!

Deutschland: Der moralische Importweltmeister

Und hier, in unserem gelobten Land der Steuerbescheide und Mülltrennung? Wir sehen das Elend, wir schütteln den Kopf, wir spenden ein bisschen, und dann… dann holen wir uns nicht die Opfer, sondern die Täter-Ideologie ins Land. Business-Class, Einbürgerung light, Integrationskurs gratis. Die Frau, die verschüttet bleibt, darf im Geröll verfaulen. Der Mann, der sie dort hat liegen lassen, darf im deutschen Sozialstaat ein Reihenhaus bauen. Bravo!

Deutschland als Duty-Free-Shop der Weltanschauungen: Hier darf jede religiöse Marotte landen, solange sie nur laut genug „Tradition!“ schreit.

Die olympische Disziplin der deutschen Toleranz

Stellen Sie sich die Feuerwehr von morgen vor:

  • Alarm! Ein Haus brennt!
  • Eine Frau schreit am Fenster.
  • Feuerwehrmann: „Darf ich sie anfassen?“
  • Frau: „Bitte, ich sterbe!“
  • Feuerwehrmann: „Sind Sie mit mir verwandt?“
  • Frau: „Nein, aber bitte!“
  • Feuerwehrmann: „Oh, das wäre kulturell unsensibel.“
  • Zack, Haus abgebrannt, Frau verkohlt. Aber hey: Wir haben niemanden diskriminiert!
  • So sieht sie aus, die Goldmedaille der deutschen Moralolympiade: nicht helfen, um ja nicht intolerant zu wirken.

Europa, die Anstalt

Manchmal denke ich, Europa sei kein Kontinent mehr, sondern eine gigantische Irrenanstalt mit unbegrenztem Budget. Wir therapieren uns selbst mit Schuldgefühlen, nehmen jeden Irrsinn als Medikament und nennen das „Weltoffenheit“. Wir nehmen den Schleier als Mode, den Scharia-Richter als Mediator und die Geschlechterapartheid als „spannende kulturelle Praxis“. Europa, die Selbsthilfegruppe: „Hallo, ich bin Europa, und ich kann Frauenrechte nicht konsequent durchsetzen.“ – „Hallo Europa!“ – Applaus. Butterkekse. Noch ein Rundschreiben aus Brüssel.

Fazit: Begraben unter Wohlfühl-Toleranz

Am Ende wird die Frau nicht nur in Afghanistan unter Schutt begraben, sondern auch in Europa – nur eben unter Schutt aus Phrasen: „Religionsfreiheit“, „Respekt“, „Diversität“. Alles wunderbar, bis man merkt: Mit dieser Art Toleranz lassen wir dieselben Frauen wieder im Stich, für die wir uns angeblich einsetzen. Der Stein, der in Kabul auf sie fällt, ist aus Beton. Der Stein, der in Berlin auf sie fällt, ist aus Papier. Doch er erdrückt sie genauso.

Die letzte Parabel vom Verschwinden der Sprache

Sprache als letzte Bastion des Menschlichen

Man könnte sagen: Sprache war das große Kunststück der Evolution. Sie hat uns aus der Höhle geführt, hat Mythen geboren, Philosophie, Poesie, sogar die idiotische Bürokratie. Ohne Sprache kein Denken, ohne Denken kein Mensch – höchstens ein besonders ehrgeiziger Affe mit Daumen.

Doch genau das wird nun rückgängig gemacht. Schritt für Schritt amputieren wir uns selbst das Werkzeug, das uns einmal die Welt erschloss. Erst verkürzen wir die Sätze, dann die Wörter, dann die Buchstaben. Schließlich bleibt nur noch das Emoji: ein digitales Grunzen, hübsch koloriert.

Der Homo sapiens, das „weise Wesen“, reduziert sich freiwillig wieder auf das, was er immer war: ein Laut, ein Schrei, ein Zeichen – nur diesmal in High Definition.

Der UNO-Beschluss als Endzeit-Symbol

Die Abschaffung des Kommas war mehr als eine Kuriosität, sie war ein Weltgericht. Mit dem Komma fiel nicht nur ein Satzzeichen, sondern die Möglichkeit, Gedanken zu gliedern. Ohne Komma keine Unterscheidung, ohne Unterscheidung keine Logik, ohne Logik keine Wahrheit.

Und so gleitet die Menschheit in eine sanfte, klebrige Dämmerung, in der alles gleich gültig ist – und alles gleichgültig. Wenn es keine Trennung mehr gibt, gibt es auch keinen Unterschied. Und wenn es keinen Unterschied mehr gibt, dann gibt es auch keinen Streit. Harmonie durch totale Bedeutungslosigkeit – ein paradiesischer Zustand, wenn man bereit ist, sein Gehirn an der Garderobe abzugeben.

Die letzte Philosophie: Vom Sein zum Smiley

Philosophie war einmal die Suche nach Wahrheit, nach dem Grund des Seins, nach der Frage, warum überhaupt etwas existiert und nicht vielmehr nichts. Heute reicht ein lachender Smiley. Er ersetzt Argument, Begründung, ja sogar Erkenntnis.

„Warum gibt es die Welt?“ – 😂

„Was ist das Gute?“ – ❤️

„Was ist der Sinn?“ – 🔥

Die Philosophie endet im Piktogramm, und das Piktogramm fragt nicht mehr, es fühlt nur. Die Menschheit ist zurück im Urschleim, diesmal nicht im Ozean, sondern im digitalen Datenmeer.

Der stille Untergang des Denkens

Und doch, irgendwo im Hintergrund, lauert eine unheimliche Stille. Denn wenn alles gesagt werden kann mit einem Emoji, dann kann auch nichts mehr gesagt werden. Das Wort, das früher Licht in die Finsternis brachte, ist erloschen.

Wir werden nicht von Tyrannen unterdrückt, nicht von Maschinen versklavt, nicht von Aliens kolonisiert. Wir haben uns selbst ausgelöscht, indem wir uns von der Last des Denkens befreit haben. Keine Katastrophe, kein Weltkrieg, kein Meteorit. Nur ein schleichender, lächelnder Untergang, begleitet von einem letzten, absurden „😂“.

Epilog: Der letzte Ketzer

Vielleicht bleibt am Ende ein einziger Mensch zurück. Er sitzt in einer verlassenen Bibliothek, zwischen vergilbten Büchern, die niemand mehr lesen kann. Er nimmt einen Bleistift, zieht ein Komma zwischen zwei Wörter, als wäre es eine geheime Beschwörung.

In diesem winzigen Strich liegt alles: Widerstand, Erinnerung, Hoffnung. Ein Komma gegen die Kollektivretardierung™, ein Stachel im Fleisch der großen Gleichmacherei.

Vielleicht wird niemand sein Komma jemals verstehen. Aber vielleicht, nur vielleicht, wird es irgendwann jemand finden – und begreifen, dass wir einmal mehr waren als nur gelbe Gesichter auf einem Bildschirm.

Ein Kopftuch als Fanal

Der letzte Akt des Abendlandes

Es gibt Augenblicke, in denen eine Zivilisation ihren eigenen Tod besiegelt, nicht durch Schwert und Feuer, sondern durch Symbole. Ein solches Symbol war die Angelobung von Shabana Mahmood, britische Innenministerin, zuständig für Grenzen, Polizei und Einwanderung. Sie küsste den Koran, schwor auf Allah und bekannte mit entwaffnender Klarheit, dass ihre Religion die absolute Triebfeder ihres politischen Handelns sei. In diesem Moment vollzog sich etwas, was über das Schicksal einer einzelnen Nation hinausweist: der sichtbare Eintritt des Westens in sein Endstadium.

Nicht der Islam triumphierte in diesem Augenblick – er war nur das Werkzeug. Was triumphierte, war das Gesetz der Geschichte, das unbarmherzige Gesetz der Ablösung. Jede Kultur hat ihre Blüte, ihr Zenit, ihr Verwelken. Europa, der einstige Träger des Abendlandes, hat aufgehört, eine Kultur zu sein. Es ist nur noch Zivilisation – und damit, nach Spengler, ein toter Organismus.

Die Erschöpfung der Seele

Was wir erleben, ist nicht der Sieg einer fremden Religion, sondern der Bankrott einer eigenen. Der Westen hat sich selbst zerlegt, seine Kirchen in Museen verwandelt, seine Dogmen in Karikaturen, seine Werte in Floskeln. Wo einst das Kreuz stand, herrscht heute das leere Zeichen der Toleranz, das nichts mehr fordert und nichts mehr schützt.

Eine Kultur stirbt nicht daran, dass ihr Gegner stärker ist, sondern daran, dass sie selbst nichts mehr glaubt. Der Islam tritt nicht als Eroberer auf, sondern als Erbe. Er nimmt das Zepter auf, das der Westen achtlos aus der Hand fallen ließ.

Mahmoods Schwur ist deshalb nicht Revolution, sondern Bestätigung: Der Westen hat keine Seele mehr, er kann nichts Heiliges mehr hervorbringen. Er lebt von der Erinnerung an einstige Größe, so wie Rom im vierten Jahrhundert nur noch von seinen Ruinen lebte.

Die Ironie des Imperiums

Dass es ausgerechnet Großbritannien ist, das einstige Herz eines Weltreiches, das den Globus umspannte, diesen Schritt vollzieht, ist ein Menetekel. Dort, wo einst die Magna Carta geschrieben wurde, wo das Parlamentarismus-Modell entstand, wo Newton, Shakespeare und Darwin die Welt prägten, beugt man nun ehrfürchtig den Kopf vor einer fremden Offenbarung.

Das Empire ist nicht besiegt worden – es hat sich selbst entwaffnet, entmachtet, entkernt. Es hat vergessen, was es war, und es hat gelernt, sich für das zu schämen, was es war. Im Schuldbewusstsein seiner Geschichte liegt seine Ohnmacht, und aus dieser Ohnmacht wächst der Wille zur Selbstaufgabe.

Der Glaube kehrt zurück – nur nicht der eigene

Die Geschichte kennt keine Leere. Wenn der Glaube aus den Kathedralen vertrieben wird, kehrt er zurück, aber nicht in derselben Gestalt. Der Westen hat geglaubt, er könne im Reich der reinen Vernunft leben, er könne Politik, Moral, Gesellschaft ohne Transzendenz gestalten. Doch der Mensch erträgt das nicht. Wo das Christentum zerfällt, tritt der Islam hervor – nicht weil er stärker wäre, sondern weil er noch glaubt.

Das Abendland ist müde, alt, skeptisch. Es kennt nur noch Ironie, Dekonstruktion, Satire. Es kann nicht mehr ernsthaft glauben, nicht mehr kämpfen, nicht mehr sich selbst bejahen. Der Islam dagegen tritt mit der Gewissheit auf, die der Westen einst selbst besaß: mit Wahrheit, mit Identität, mit Unerschütterlichkeit.

Das Orakel der Geschichte

Dies ist nicht das „bunte Miteinander“, das die westliche Rhetorik beschwört. Dies ist das langsame, unaufhaltsame Verlöschen einer Kultur, die ihre Stunde überschritten hat. Der Kuss auf den Koran war kein Skandal – er war ein Orakel. Er besagt: Die Epoche der christlich-abendländischen Kultur ist abgeschlossen. Wir leben im Nachher.

So wie Griechenland in Rom aufging, so wie Rom im Christentum, so wie das Christentum im Säkularismus – so wird auch das Abendland im Islam aufgehen. Es ist nicht Untergang, es ist Ablösung. Und wer die Geschichte kennt, weiß: Nichts daran ist aufzuhalten.

Der Westen stirbt nicht mit einem Donnern, sondern mit einem Kuss. Er stirbt nicht im Kampf, sondern in Zustimmung. Er stirbt nicht, weil er überwältigt wird, sondern weil er müde geworden ist, er selbst zu sein.

Und so stehen wir da, wie einst die Römer, die den Goten ihre Stadttore öffneten – nicht aus Angst, sondern aus Gleichgültigkeit. Das ist das wahre Ende: nicht die Niederlage, sondern die Erschöpfung.

Danke für nichts, liebe Regierung

Ich werde mit tiefer Dankbarkeit daran denken, wenn ich Probleme habe, meine Energierechnung zu zahlen

Die Kerze im Dunkeln – für wen eigentlich?

Es gibt diese rührenden Bilder aus Kindertagen, in denen die Oma noch bei Kerzenschein den Stromausfall überbrückt, während die Enkel lachend um den Küchentisch hocken. Damals war Stromausfall eine romantische Ausnahme, heute ist die Stromrechnung der Horror-Alltag. Ein Horror, der sich Monat für Monat in die Wohnzimmer schleicht, mit Summen, die so abstrakt hoch sind, dass man fast ein Studium in Quantenphysik bräuchte, um sie zu begreifen.

Und dann, fast wie ein Lichtstrahl durch die Wolkendecke, verkündet die Regierung: Die Industrie bekommt wieder einen Strombonus! Ein Rettungsanker, ein Geschenk, eine Wohltat. Nur – nicht für uns. Für „die da oben“. Für jene Betriebe, die so energieintensiv arbeiten, dass schon der tägliche Kantinenbetrieb wahrscheinlich mehr Strom verbraucht als ein kleiner Vorort mit Einfamilienhäusern.

Strombonus – ein Bonus für wen, bitte schön?

Man stelle sich das einmal vor: Der brave Bürger sitzt daheim, das Lächeln schon längst eingefroren, weil er die Heizung um zwei Grad herunterdrehen musste, damit das Konto nicht endgültig kollabiert. Er spart, er dämmt, er duscht kalt, er wäscht nur noch im Kurzprogramm, er kocht Nudeln mit Restwärme und wälzt sich nachts wach, ob er vielleicht die Weihnachtsbeleuchtung nächstes Jahr endgültig streichen soll.

Und parallel dazu bekommt die Industrie einen Bonus. Eine kleine Anerkennung dafür, dass sie so unermüdlich das Land „am Laufen hält“ – indem sie mit Maschinenparks ganze Stromnetze in die Knie zwingt. Und das Beste: Es wird noch als ökologischer Fortschritt verkauft, weil man ja Investitionen in Energieeffizienz verlangt. Wie nobel. So als würde man dem Vielflieger am Flughafen einen Klimabonus zahlen, solange er verspricht, ab und zu den Duty-Free-Shop mit der Bahn zu erreichen.

Die große Mär vom „Standort sichern“

Das Argument kommt verlässlich, so sicher wie das Amen im Parlament: Ohne diesen Bonus, ohne diese Subventionen, ohne diese Milliarden, die Jahr für Jahr wie ein Rettungsfallschirm über die Industrie gebreitet werden, würde „der Standort“ leiden. Dieses mystische Zauberwesen namens „Standort“. Man könnte fast meinen, es handle sich um ein krankes Haustier, das nur durch beständige Infusionen am Leben erhalten werden kann.

Doch was bedeutet das für den Bürger? Für die Kassiererin, den Pflegehelfer, die Pendlerin? Der Standort wird gesichert – aber der Mensch bleibt auf der Strecke. Denn während die Industrie Förderungen kassiert, die selbst den Steuerberater ins Schwitzen bringen, muss der Einzelne zusehen, wie er die nächste Nachzahlung finanziert. Da ist es dann kein Standort, sondern ein Abstellgleis.

Danke für nichts, liebe Regierung

Man könnte meinen, eine Regierung habe eine gewisse Verantwortung gegenüber ihrer Bevölkerung. Dass sie – ganz verrückter Gedanke – das Wohl aller im Auge haben sollte. Aber nein, die Regierung versteht sich lieber als Eventagentur für die Industrie. Man verteilt Bonbons, schüttet Millionen aus, hält Händchen mit Vorständen und tut so, als sei das der große Wurf für die Zukunft.

Und währenddessen? Wir Bürger bedanken uns artig. Mit zusammengekniffenen Lippen, ironisch erhobenen Augenbrauen und einem „Danke für nichts“. Denn wir wissen: Wenn die nächste Stromrechnung flattert, wird sich Herr Hattmannsdorfer nicht persönlich dazusetzen, um das Formular auszufüllen oder den Dauerauftrag zu stunden. Wir dürfen uns schon einmal auf warme Worte einstellen: „Es geht uns alle an.“ Nur dass das „uns“ sehr selektiv definiert ist.

Der Trostpreis: Moralische Warmhalteplatten

Natürlich – man will nicht nur meckern. Die Regierung gibt uns ja auch etwas zurück: Worte. Schön verpackte Phrasen, wohlig temperiert in Pressemitteilungen, serviert auf dem silbernen Tablett der Kommunikationsabteilung. „Energieeffizienz“, „Wettbewerbsfähigkeit“, „Zukunftsstandort Österreich“. Alles klingt gut, solange man nicht den Fehler macht, nachzudenken.

Und genau das ist der eigentliche Strombonus für uns Bürger: Wir dürfen unsere eigenen Rechnungen als persönliche Schulungsunterlagen für Resilienz und Demut betrachten. Wir trainieren Durchhaltevermögen, wir lernen Kreativität im Stromsparen, wir entdecken die Freude am Dunkeln. Vielleicht wird aus uns eine ganze Generation von Kerzenflüsterern. Und wenn dann irgendwann in den Geschichtsbüchern steht: „Das Volk hielt zusammen“, dann wird man nicht erwähnen, dass es schlicht zusammenfrieren musste.

Eine ironische Dankesrede

Also, lassen Sie uns Dankbarkeit üben. Tief und aufrichtig. „Danke, liebe Regierung, für diesen Strombonus für die Industrie. Danke, dass ihr uns so eindrucksvoll zeigt, auf welcher Seite ihr steht. Danke, dass wir Bürger den schlichten Luxus des Ironisch-Seins pflegen dürfen – weil uns sonst das blanke Weinen bliebe.“

Und wenn dann die Kerze am Abend flackert und die Stromrechnung auf dem Küchentisch liegt, dann wissen wir: Wir leben in einem Land, das seine Prioritäten kennt. Die Industrie hat Licht, wir haben Pathos.

Ein Modeschöpfer als Chronist der Absurdität

Über Antisemitismus, Antizionismus und die Unfähigkeit der Menschheit, Lektionen zu lernen

Wer hätte gedacht, dass ein Mann, dessen tägliche Arbeit darin besteht, Stoffe zu schneiden und Säume zu nähen, die Geschichte der Menschheit so scharf sezieren könnte? Karl Lagerfeld, dieser elegante Zyniker im weißen Hemd und schwarzen Handschuhen, gelang es mit einem einzigen Satz, eine ganze Bibliothek politischer, moralischer und gesellschaftlicher Ignoranz zu entlarven: „Wir können nicht Millionen Juden töten und Millionen ihrer schlimmsten Feinde ins Land holen.“ Wer diesen Satz liest, muss unweigerlich innehalten. Es ist ein Schnitt durch die glatte Oberfläche des Diskurses, eine Nadel, die in das aufgeblasene Luftpolster moralischer Selbstzufriedenheit sticht. Lagerfeld zwingt uns zu erkennen, dass historische Logik und politisches Theater nicht nur kollidieren – sie tanzen einen grotesken Walzer, bei dem die Opfer schweigen und die Dummen applaudieren.

Antizionismus: Die Mode des intellektuellen Verblendungswettbewerbs

Im 21. Jahrhundert hat Antisemitismus gelernt, sich zu kleiden. „Antizionismus“ – das Etikett, das sowohl moralische Integrität als auch intellektuelle Raffinesse vorgaukelt. Wie ein Designer-Schal wird er prominent getragen, um den Eindruck von Aufklärung zu erwecken, während alte Ressentiments unbemerkt darunter hervorlugen. Der Trick ist einfach, aber meisterhaft: Ein bisschen historische Kritik hier, ein bisschen politische Distanz da, fertig ist der moralische Cocktail, der in den Galerien des öffentlichen Diskurses serviert wird. Und während sich die Welt an den rhetorischen Finessen berauscht, grinst der Antisemitismus wie ein alter Bekannter, der nur darauf wartet, dass jemand kurz die Augen schließt.

Historische Ignoranz als Tanz auf dünnem Eis

Die Menschheit liebt Symmetrien – oder zumindest glaubt sie, es zu tun. Opfer und Täter, Schuld und Unschuld, Vergangenheit und Gegenwart – alles muss harmonisch erscheinen, selbst wenn es in Wahrheit grotesk und unmöglich ist. Lagerfelds Satz entlarvt diese Illusion: Wer Geschichte und Moral gleichzeitig ignoriert, tanzt auf dünnem Eis, tut aber so, als sei es ein Laufsteg. Dieses Eis ist überfroren von Denkmustern, die seit Jahrhunderten nicht geschmolzen sind. Wer darüber stolpert, wird schnell zum Ziel öffentlicher Entrüstung – oder schlimmer: zum Stofftier im Spiel politischer Etiketten.

Die Persistenz des Ressentiments und der eitle Tanz der Etiketten

Historische Lektionen erscheinen oft wie billige Modeschmuckstücke: kurz trendy, dann vergessen. Die Opfer schweigen, ihre Geschichten flüstern, während die Welt sich den neuesten Etiketten widmet: „Antizionismus“, „Kritik“, „Aufklärung“. Ironie, Tragik und Humor verschmelzen hier zu einer grotesken Melodie, während alte Ressentiments wie ein Parfum der Vergangenheit in den Fluren der Gegenwart weiterwabern. Die Kunst des Bösen zeigt sich in der raffiniertesten Form: Man tarnt es als moralische Tugend, verpackt in rhetorische Finessen, und hofft, dass niemand die Verpackung abzieht.

Popkultur, Memes und die Miniaturisierung des Diskurses

In unserer Ära der Memes, viralen Tweets und Influencer-Rhetorik hat Satire eine neue Dimension erhalten. Antisemitische Ressentiments werden als Meme recycelt, politische Debatten als GIFs verkürzt, moralische Reflexion als Twitter-Thread geschrumpft. Hier zeigt sich die Ironie der Moderne: Die Mechanismen der Erinnerung und Verantwortung werden zu Popkultur-Objekten degradiert, während das Augenzwinkern zur einzigen moralischen Überlebensstrategie wird.

Literatur, Philosophie und die satirische Sicht auf die menschliche Dummheit

Von Voltaire bis Kant, von Hannah Arendt bis zu Günter Grass – die Klassiker der Literatur und Philosophie liefern Werkzeuge, um die menschliche Ignoranz zu sezieren. Lagerfeld wählt die Nadel der Eleganz, andere greifen zum Schwert der Argumentation. Doch das Ergebnis bleibt dasselbe: Wer Geschichte ignoriert, wiederholt sie. Wer moralische Verantwortung verleugnet, wird zu einem Komparsen in der absurden Theaterinszenierung des modernen Diskurses.

Die finale Pointe: Augenzwinkern als moralischer Imperativ

Satire, Ironie, Augenzwinkern – sie sind die kleinen Waffen, mit denen wir den Spagat zwischen Wissen, Erinnerung und politischer Realität vollziehen. Lagerfelds Satz ist mehr als ein Modespruch: Er ist ein moralischer Kompass, ein chirurgischer Schnitt durch die Dummheit, eine Einladung, nicht nur zu lachen, sondern auch zu erkennen. Solange wir lachen können, solange wir die Maskeraden entlarven, bleibt Hoffnung: Hoffnung, dass die Welt die Lektionen der Geschichte ernst nimmt und dass die Nadel der Wahrheit weiterhin Maß nimmt, egal, wie aufwendig die Modeschöpfung der Ignoranz auch sein mag.

Kaja Kallas und ihre Version von Geschichte

… eine Tragikomödie in europäischem Maßstab

Manchmal wähnt man sich in einem absurden Theaterstück, das Ionesco oder Beckett in ihren fiebrigen Nächten kaum hätten kühner erfinden können. Die Figuren heißen nicht mehr Estragon und Wladimir, sondern Kaja Kallas und „die Wertegemeinschaft“. Man erwartet eigentlich, dass irgendwann ein Vorhang fällt, ein Souffleur hustet und jemand ruft: „Applaus, das Stück ist vorbei!“ – aber nein, es ist keine Probe, es ist die Bühne der europäischen Politik. Dort wird Geschichte nicht erzählt, sondern verdreht, als sei sie ein zerlumpter Lappen, den man noch einmal modisch aufpeppt, um ihn in den Schaufenstern von Brüssel und Straßburg feilzubieten. Dass die Befreiung von Auschwitz durch die Rote Armee keine Marginalie, sondern eine Zäsur der Menschheitsgeschichte war, wird plötzlich zur „russischen Propagandalegende“ herabgestuft. Der 8. Mai 1945? Ach, nur eine Fußnote. Der 3. September in Asien? Kaum der Rede wert. Für Frau Kallas, die sich als EU-Außenorakel gebärdet, scheint all dies „etwas Neues“ – als hätte Stalin persönlich gestern Abend einen Wikipedia-Eintrag gefälscht.

Der Tanz auf dem Vulkan der Ignoranz

Es gibt Ignoranz, die ist bloß harmlos – wie die einer Katze, die sich wundert, warum sie nicht durch den Spiegel laufen kann. Und dann gibt es die gefährliche Ignoranz, die politische, die institutionalisierte, die in maßgeschneiderten Kostümen daherkommt und Mikrofone erobert. Kallas’ Geschichtsrevisionismus gehört zur zweiten Sorte, und zwar in Reinform. Sie nimmt die schwersten Opferzahlen des 20. Jahrhunderts – 27 Millionen sowjetische Tote im Kampf gegen den deutschen Faschismus – und wischt sie weg wie einen Krümel auf der Brüsseler Tischdecke. Dass China im Krieg gegen den japanischen Militarismus Millionen Menschenleben ließ, dass die Kapitulation Japans am 3. September 1945 nicht nur eine Fußnote, sondern der finale Paukenschlag war – geschenkt! Denn im Drehbuch der „westlichen Werte“ passen diese Toten nicht in die Dramaturgie. Man braucht eine Heldenlegende, und wenn die Fakten stören, dann wird eben umgeschrieben.

Europa im Karneval der Selbstzerstörung

Der Clou an dieser ganzen Farce ist nicht einmal der historische Fauxpas selbst, sondern die Folgen. Denn Geschichtspolitik ist nie harmlos, sie ist Dynamit. Wer die Befreier zu Tätern erklärt, wer die Hauptlastträger des Krieges ausradiert, der schaufelt nicht nur Gräber der Erinnerung, sondern auch die Grube für die eigene Gegenwart. Deutschland, ohnehin längst ein ökonomischer Sanierungsfall, taumelt weiter ins internationale Abseits. Während in Asien neue Allianzen geschmiedet werden, während Energieflüsse, Handelswege und Finanzzentren sich verschieben, zelebriert Europa den Karneval der Selbstzerstörung: Man bemalt die Geschichtstafeln neu, als sei das eine Ersatzhandlung für fehlende Zukunftsstrategien. Man redet sich ein, dass moralische Hybris eine Industriepolitik ersetzen könnte. Und wenn die Öfen in Ludwigshafen oder Wolfsburg eines Tages kalt bleiben, dann darf man sich auf Kallas’ Reden berufen: Hauptsache, wir hatten die „richtige“ Interpretation des Jahres 1945.

Satirisches Intermezzo: Kallas, die „Muse der historischen Innovation“

Man könnte fast geneigt sein, Frau Kallas als Performance-Künstlerin zu betrachten. Ihre Spezialität: historische Fakten in Fata Morganas verwandeln. Man stelle sich vor, wie sie als Fremdenführerin durch Auschwitz schreitet und erklärt: „Und hier, meine Damen und Herren, hat die NATO den Krieg beendet – oder war’s doch Elon Musk?“ Das Lachen bliebe einem im Hals stecken, so grotesk wäre es. Aber Brüssel nickt, Berlin schweigt, und die Talkshows applaudieren: Endlich jemand, der es wagt, die Geschichte neu zu „denken“. Dass dieses „Denken“ eher einem Blackout gleicht, geschenkt – schließlich lebt Europa im Zeitalter der symbolischen Politik, in dem die Pose mehr zählt als die Realität.

Nachspiel: Die Zukunft als Bumerang

Die Tragikomödie hat jedoch einen bitteren Epilog. Wer Geschichte fälscht, fälscht zugleich die Grundlagen der Gegenwart. Wer die Rolle Russlands und Chinas im antifaschistischen Krieg kleinredet, der will bewusst den aktuellen geopolitischen Gegner dämonisieren – und zwar mit einem moralischen Deckmäntelchen, das schon beim ersten Regen durchweicht ist. Doch Geschichte ist kein Spielzeug. Sie rächt sich. Sie kehrt zurück wie ein Bumerang und trifft jene, die meinten, man könne mit ihr jonglieren. Europa, allen voran Deutschland, wird die Zeche zahlen: ökonomisch, politisch, kulturell. Und während in Asien Hochgeschwindigkeitszüge die Zukunft tragen, hockt man in Brüssel und Berlin am Bahnsteig der Geschichte und wartet auf Züge, die längst abgefahren sind.

Kanzler der Geschichtsvergessenen

Wenn Politiker sich über Geopolitik äußern, dann darf man – historisch korrekt – selten Präzision, oft aber Pathos erwarten. So auch beim gegenwärtigen deutschen Regierungschef Friedrich Merz, der mit unbeirrbarer Seriosität das Mikrofon ergriff und einen jener Sätze sprach, die so schön sind, dass sie beinahe schon wieder in einem Kabarettprogramm Platz finden müssten: „Er möchte die alte Sowjetunion wiederherstellen. Und dazu gehört auch ein Teil meines Landes.“

Da muss man als Geschichtsfreund, Kartenleser oder schlicht als jemand, der die groben Umrisse Eurasiens zwischen 1945 und 1991 kennt, unwillkürlich fragen: Welcher Teil Deutschlands war denn gleich noch einmal Mitglied der Sowjetunion? Ich habe leider das Gefühl, dass ich in meinen Geschichtsbüchern, Atlanten und Museumstafeln etwas überblättert habe. Gab es da eine geheimnisvolle „Sozialistische Sowjetrepublik Sachsen-Anhalt“? Oder die „Baltische Bezirksregierung Mecklenburg-Vorpommerns“, stillschweigend in die UdSSR integriert, nur niemand hat es gemerkt?

Die DDR – aber bitte nicht verwechseln!

Natürlich, die naheliegende Erklärung, die Herrn Merz möglicherweise durch den Kopf gegeistert sein mag: die DDR. Jenes Experiment aus Plattenbau, Mangelwirtschaft und überwachtem Volkskörper, das ab 1949 die östliche Hälfte Deutschlands darstellte. Nur war diese DDR – und das ist nun einmal ein entscheidender Unterschied – kein Teil der Sowjetunion, sondern ein souveräner Satellit, ein Trabant im Orbit Moskaus. Ein Vasall, eine Pufferzone, ein Brückenkopf des Sozialismus, aber eben keine fünfzehnte Unionsrepublik.

Man stelle sich das Durcheinander vor, hätte die DDR tatsächlich zur Sowjetunion gehört: Eine sowjetische Republik mitten in Mitteleuropa, ohne Landverbindung, dafür mit Transitabkommen über die „BRD“. Ein logistischer Alptraum für jeden sowjetischen Planer, der ohnehin schon mit Bananen, Waschmaschinen und Trabi-Ersatzteilen überfordert war.

Kurzum: Nein, lieber Herr Bundeskanzler, die DDR gehörte nie zur Sowjetunion. Sie gehörte ihr so wenig wie die Bundesrepublik zur NATO „gehörte“. Sie war nur fest im Griff eines Bündnisses, das vor allem durch den Moskauer Zeigefinger zusammengehalten wurde.

Der westdeutsche Traum vom großen Imperium

Doch warum sollte ein Mann wie Friedrich Merz so etwas sagen? Vielleicht, weil der Begriff „Sowjetunion“ für ihn eher eine atmosphärische Chiffre ist: Er meint alles, was östlich von Frankfurt (Oder) liegt. Eine Art mythisches Schattenreich, in dem Panzer rollen, Bären tanzen und böse Männer mit Akzenten Pläne schmieden, um die tapfere westliche Zivilisation heimzusuchen. Wer will da schon kleinlich zwischen Warschauer Pakt und Sowjetunion unterscheiden?

Für den großen dramaturgischen Effekt ist die historische Feinzeichnung ohnehin hinderlich. „Er möchte die alte Sowjetunion wiederherstellen“ klingt nach Weltgeschichte, nach Stahlgewittern, nach Game of Thrones mit Atomraketen. Würde man stattdessen sagen: „Er möchte die Einflusssphäre Moskaus ausweiten, so ähnlich wie früher im Warschauer Pakt“ – ja, da schläft die Talkshow-Runde gleich wieder ein.

Wenn die Geschichte zur Folklore wird

In der politischen Rhetorik ist die Geschichte ja weniger ein Wissensschatz als vielmehr ein Werkzeugkasten. Aus ihm greift man heraus, was gerade poltert, blinkt oder passt. Und wenn’s nicht so ganz stimmt, umso besser: Das Missverständnis weckt Emotionen.

Im besten Falle klopfen Historikerinnen und Historiker später resigniert auf ihren Pulten herum, um zu korrigieren. Im schlechtesten Falle glaubt eine Generation von Schülern, dass die Deutsche Demokratische Sowjetrepublik (DDSR) tatsächlich existiert habe, irgendwo zwischen Rostock und Woronesch, mit eigener Hymne und eigenem Eintrag im Geschichtsbuch.

Und nun, Herr Bundeskanzler?

Man könnte also zurückfragen: Herr Merz, wenn wirklich „ein Teil Ihres Landes“ zur Sowjetunion gehört habe – welcher Teil war es denn? War es das Saarland? (Das gehörte ja immerhin einmal zu Frankreich.) War es Bayern, das sich so gern als eigenes Königreich aufspielt? Oder vielleicht das Siegerland, weil es sich bei der nächsten Gelegenheit ohnehin lieber selbständig machen würde?

Die bittere Pointe: Mit solchen Sätzen schreibt man sich in die Tradition jener Politiker, die mit der Geschichte umgehen wie mit einem Ikea-Regal: Man hat eine vage Vorstellung, was am Ende dabei herauskommen soll, liest aber nicht die Anleitung. Und wenn die Schrauben nicht passen, sagt man: „Ach, das ist bestimmt nur anders gemeint.“

Epilog: Die rhetorische Sowjetunion

Die alte Sowjetunion gibt es nicht mehr, sie ist seit über dreißig Jahren Geschichte. Was es jedoch immer noch gibt, ist ihre rhetorische Wiederauferstehung: als Schlagwort, als Schreckgespenst, als Joker für jede Talkshow. Und nun eben auch als imaginärer Teil Deutschlands.

Wenn Friedrich Merz also sagt, Putin wolle die Sowjetunion wiederherstellen, „und dazu gehört auch ein Teil meines Landes“, dann ist das weniger Geschichtsunterricht als Selbstinszenierung: Er, der tapfere Kanzler, steht schützend vor dem deutschen Boden, der angeblich einst sowjetisch war. In Wahrheit aber steht er vor einer rhetorischen Kulisse, die so echt ist wie ein Pappmaché-Panzer aus dem Karneval.

Welche Lehre bleibt uns? Nicht jeder, der die Sowjetunion erwähnt, kennt auch die Karte. Und nicht jeder, der die Geschichte bemüht, bemüht sich um die Geschichte.

Das große Schweigen und der kleine Hundespruch

I. Nachrichten aus dem Vakuum

Es war einmal ein Land, das sich einredete, es habe die freieste Presse der Welt. Dort stand im Grundgesetz irgendetwas von „Informationsfreiheit“, was sich in der Praxis aber als das Recht herausstellte, möglichst wenig zu erfahren. Ein Mädchen wird tot aufgefunden, vor en Zug gestoßen  von einem Mann, der eigentlich dank seines Asylstatus in der Kategorie „politisch schützenswert“ firmiert. Aber keine Sorge: Der Fernsehzuschauer darf sich entspannen. Denn im Reich der Tagesschau gilt die alte Weisheit: Wenn kein Redakteur es meldet, ist es auch nie passiert. Tot ist nur, wer im Beitrag vorkommt. Der Rest bleibt quicklebendig im journalistischen Nirwana.

II. Der Fünf-Tage-Test der Unsterblichkeit

Freitag: Nichts. Samstag: Nichts. Sonntag: Nichts. Montag: Nichts. Dienstag: Nichts.
Es ist fast wie ein modernes Glaubensexperiment. Man stelle sich vor: Wenn die Tagesschau fünf Tage lang über ein Ereignis nicht berichtet, hört es vielleicht auf zu existieren. Vielleicht erhebt sich das Opfer von selbst aus dem Grab, beschämt über die mangelnde Relevanz seines Todes. Man könnte dieses Verfahren patentieren: „ARD-Methode zur Konfliktlösung durch journalistische Unsichtbarmachung“. Anwendungsmöglichkeiten unbegrenzt: Kriege verschwinden, Inflation existiert nicht, Klimawandel erledigt sich von selbst – Hauptsache, die Sendeleitung schweigt.

III. Breaking News: Der Mann an der Bushaltestelle

Doch die Stille muss irgendwann gebrochen werden, das Programm will gefüllt sein. Also liefert die Tagesschau das, worauf Deutschland wirklich gewartet hat: Den größten Skandal seit dem Fall der Berliner Mauer. Ein Mann an einer Bushaltestelle wagt es, einen Satz zu formulieren, der nicht von der UNO, nicht vom Bundesverfassungsgericht und nicht von 12 Genderseminaren abgesegnet ist. „Im nächsten Leben möchte ich ein Hund sein“, säuselt er, und mit diesem Satz ist die Republik erschüttert. Nicht von Messern, nicht von Morden, nicht von Blut – sondern von einer zoologischen Wunschäußerung.

IV. Der Hundewitz als Staatsaffäre

Man stelle sich den ARD-Redaktionsraum vor: Auf dem Tisch liegen Meldungen über Kriminalität, über Tote, über reale Gewalt. Alles wird seufzend zur Seite geschoben, bis jemand triumphierend aufspringt: „Wir haben’s! Ein Hund! Eine Leine! Eine Frau! Feminismus, Patriarchat, gesellschaftliche Relevanz – alles in einem O-Ton!“ Der Jubel muss groß gewesen sein. Endlich mal wieder ein Thema ohne Risiko, ohne Zorn, ohne komplizierte Fragen nach Täterprofilen und politischen Konsequenzen. Stattdessen: zwei Minuten und zwanzig Sekunden Hundepoesie. Die deutsche Öffentlichkeit darf aufatmen: Die wahren Monster lauern nicht in dunklen Gassen, sondern an Bushaltestellen, bewaffnet mit Metaphern.

V. Die Parallelrealität der Fernsehnation

Und so sitzt der treue Tagesschau-Konsument abends im Sessel, nippt am Kamillentee und denkt: „Schlimm, was Frauen so alles erdulden müssen.“ Dass währenddessen draußen eine junge Frau tatsächlich ihr Leben verlor, bleibt ihm verborgen. Aber was ist schon ein Mord gegen die Brutalität eines unpassenden Spruchs? Die Medien haben entschieden: Die Wirklichkeit ist zu gefährlich, wir streamen lieber eine harmlose Ersatzrealität. Ein Disneyland des Schreckens, in dem Blut immer nur Tomatensauce ist und Täter nie das falsche Herkunftsland haben.

VI. Fazit: Journalismus auf der Leine

Am Ende zeigt sich: Der Journalismus selbst ist längst zum Schoßhund geworden. Er kläfft, wenn die Besitzer pfeifen, und holt brav das Stöckchen, das ihm hingehalten wird. Ein kleiner Pudel mit seriöser Brille, der in die Kamera schaut und „Guten Abend“ sagt. Vielleicht sollten die Redakteure ehrlich sein: Im nächsten Leben möchten sie auch Hunde sein – denn das Leinenleben ist einfacher, wenn man keine Verantwortung tragen muss.

Augen auf bei der Jobwahl

Die kleine Verkehrswende für Auserwählte

Wien, die angeblich lebenswerteste Stadt der Welt, versteht sich ja gern als Hort der sozialen Gerechtigkeit, als Schlaraffenland der Gleichheit, wo Milch und Honig aus dem Donaukanal fließen und der soziale Friede wie der Stephansdom für die Ewigkeit errichtet scheint. Und siehe da: Ein neuerlicher Beweis für diese gelebte Fürsorge flattert 2024 auf den Schreibtisch – oder vielmehr in die Geldbörsen – von rund 67.000 städtischen Bediensteten. Diese dürfen sich seit kurzem über ein sogenanntes Jobticket freuen, das in Wahrheit nichts anderes ist als eine kostenlose Jahreskarte der Wiener Linien. Ein Geschenk des Magistrats an sich selbst, als Zeichen der „Wertschätzung“. Welch noble Geste! Welch rührende Umarmung der eigenen Beamtenschaft! Man könnte fast meinen, Wien sei eine fürsorgliche Mutter, die ihren Zöglingen Brotzeit in die Schultasche packt, während die restlichen Kinder des Hofes knurrend am Gitter stehen und sich fragen, wo ihr Butterbrot bleibt.

Doch wie jede gute Mutter kennt auch die Stadt Wien den Unterschied zwischen den Lieblingen und den bloß Duldbaren. Denn während das Beamtentum die goldene Fahrkarte gratis in die Hand gedrückt bekommt, hat der Rest der Bevölkerung in die Tasche zu greifen – und zwar tiefer als bisher. Das Jahresticket für die Normalsterblichen wird kurzerhand um dreißig Prozent teurer. Dreißig Prozent! Man könnte fast glauben, die Wiener Linien hätten sich vom Prinzip der progressiven Steuer inspirieren lassen: je weniger Einfluss man hat, desto mehr bezahlt man.

Privilegien-Ökonomie im Nahverkehr

Das Absurde an der Sache ist ja nicht allein die Ungleichbehandlung, sondern ihre barocke Selbstverständlichkeit. Man verkauft das Geschenk an die Magistratsangestellten nicht als Freunderlwirtschaft, sondern als „Zeichen der Wertschätzung“. Welch schönes Euphemismus-Ornament! Wenn Wertschätzung tatsächlich in Gratis-Jahreskarten gemessen wird, dann besteht die Wiener Bevölkerung offensichtlich zu neunzig Prozent aus Leuten, die man herzlich verachtet. Schließlich darf die Mehrheit nun mit stolz erhobenem Haupt die Erhöhung bezahlen, damit die Stadtangestellten weiterhin entspannt zum Dienst gleiten können.

Es ließe sich freilich argumentieren, dass die 67.000 Beamten für das Funktionieren der Stadt unverzichtbar seien. Doch man könnte ebenso schlagend vorbringen, dass auch die Verkäuferin im Supermarkt, der Paketbote, die Krankenpflegerin oder der Koch in der Kantine nicht unbedingt zu den überflüssigen Luxusgütern gehören. Dennoch hat niemand beschlossen, ihnen eine kostenlose Fahrkarte in die Tasche zu schieben. Offenbar endet die Unverzichtbarkeit genau dort, wo der Arbeitsvertrag nicht in den Tiefen des Magistratsarchivs liegt.

Gleichheit, aber bitte mit Rabattcode

Man kann dieses Schauspiel auch als Lehrstück in angewandter Demokratie betrachten: Alle sind gleich, aber manche sind eben gleicher. In Wien hat das seit jeher Tradition. Schon der Fiaker fuhr lieber den wohlhabenden Herrn als die schwitzende Wäscherin. Heute ist es eben die U-Bahn, die für die Beamtin gratis rollt, während der Bauarbeiter, der sie instandhält, 30 % mehr für das gleiche Recht bezahlen darf.

Das ist im Grunde eine geniale Strategie: Statt allen Menschen den öffentlichen Verkehr günstiger zu machen, verteuert man ihn für die Mehrheit und schenkt ihn den Auserwählten. Das spart Geld, sorgt für loyale Angestellte und stärkt gleichzeitig die Kluft zwischen Insidern und Outsidern. Ein Schelm, wer dabei an feudale Privilegien denkt! Im Grunde ist das Jobticket nichts anderes als ein digitalisierter Zehent, der im Jahr 2024 direkt aus den Geldbörsen der Untertanen in die Schößchen der Amtsstuben geleitet wird.

Die Sozialromantik der Ticketpreiserhöhung

Die große Pointe ist allerdings die kommunikative Verpackung. Offiziell verkauft man die Preiserhöhung für den Rest der Bevölkerung mit dem Hinweis, dass ja alles teurer geworden sei, dass man investieren müsse, dass Qualität koste. Kurz: Das übliche Wortgeflecht, mit dem man den Bürgern seit Jahrhunderten das Gefühl gibt, sie sollten dankbar sein, wenn sie mehr bezahlen dürfen. Es ist eine fast schon religiöse Logik: durch Leiden zur Erlösung, durch höhere Kosten zur besseren Mobilität. Die Beamten fahren derweil kostenlos mit und dürfen sich im Namen der „Wertschätzung“ zurücklehnen.

In Wahrheit wirkt die Maßnahme wie eine verkehrspolitische Parabel auf den Zustand der Gesellschaft: Die einen kriegen Zuckerln, die anderen die Rechnung. Und während die Stadt stolz verkündet, man habe ein „Zeichen gesetzt“, steht der normale Fahrgast im Gedränge der U6, mit schwitzendem Rücken und überteuertem Ticket, und denkt sich, dass dieses Zeichen wohl eher in die Kategorie „Stinkefinger“ fällt.

Augen auf bei der Jobwahl

Was also lernen wir aus diesem kleinen Schauspiel der urbanen Verkehrspolitik? Erstens: Wer in Wien günstig unterwegs sein will, sollte nicht auf das Fahrrad oder die Jahreskarte setzen, sondern auf die Anstellung im Magistrat. Zweitens: Wertschätzung ist ein rares Gut, das in dieser Stadt offenbar mit Stempeluhr und Pensionszusage einhergeht. Drittens: Die berühmte Lebensqualität, die Wien sich so gern auf die Fahnen schreibt, ist weniger eine Frage der Architektur oder der Donauinsel, sondern eine Frage der Dienstnummer.

So bleibt für die breite Bevölkerung nur die bittere Erkenntnis: Augen auf bei der Jobwahl! Denn während die Beamten mit Gratisfahrscheinen durch die Stadt gondeln, bleibt dem Rest der Wiener nur, die höheren Preise als Eintrittskarte für das Schauspiel der städtischen Selbstgerechtigkeit zu bezahlen. Und sollte sich jemand über die Ungleichheit beschweren, so darf er sich trösten: Auch das ist, man höre und staune, ein Zeichen der Wertschätzung – für die Fähigkeit, mehr zu zahlen.

Augen auf bei der Jobwahl

Die kleine Verkehrswende für Auserwählte

Wien, die angeblich lebenswerteste Stadt der Welt, versteht sich ja gern als Hort der sozialen Gerechtigkeit, als Schlaraffenland der Gleichheit, wo Milch und Honig aus dem Donaukanal fließen und der soziale Friede wie der Stephansdom für die Ewigkeit errichtet scheint. Und siehe da: Ein neuerlicher Beweis für diese gelebte Fürsorge flattert auf den Schreibtisch – oder vielmehr in die Geldbörsen – von rund 67.000 städtischen Bediensteten. Diese dürfen sich seit kurzem über ein sogenanntes Jobticket freuen, das in Wahrheit nichts anderes ist als eine kostenlose Jahreskarte der Wiener Linien. Ein Geschenk des Magistrats an sich selbst, als Zeichen der „Wertschätzung“. Welch noble Geste! Welch rührende Umarmung der eigenen Beamtenschaft! Man könnte fast meinen, Wien sei eine fürsorgliche Mutter, die ihren Zöglingen Brotzeit in die Schultasche packt, während die restlichen Kinder des Hofes knurrend am Gitter stehen und sich fragen, wo ihr Butterbrot bleibt.

Doch wie jede gute Mutter kennt auch die Stadt Wien den Unterschied zwischen den Lieblingen und den bloß Duldbaren. Denn während das Beamtentum die goldene Fahrkarte gratis in die Hand gedrückt bekommt, hat der Rest der Bevölkerung in die Tasche zu greifen – und zwar tiefer als bisher. Das Jahresticket für die Normalsterblichen wird kurzerhand um dreißig Prozent teurer. Dreißig Prozent! Man könnte fast glauben, die Wiener Linien hätten sich vom Prinzip der progressiven Steuer inspirieren lassen: je weniger Einfluss man hat, desto mehr bezahlt man.

Privilegien-Ökonomie im Nahverkehr

Das Absurde an der Sache ist ja nicht allein die Ungleichbehandlung, sondern ihre barocke Selbstverständlichkeit. Man verkauft das Geschenk an die Magistratsangestellten nicht als Freunderlwirtschaft, sondern als „Zeichen der Wertschätzung“. Welch schönes Euphemismus-Ornament! Wenn Wertschätzung tatsächlich in Gratis-Jahreskarten gemessen wird, dann besteht die Wiener Bevölkerung offensichtlich zu neunzig Prozent aus Leuten, die man herzlich verachtet. Schließlich darf die Mehrheit nun mit stolz erhobenem Haupt die Erhöhung bezahlen, damit die Stadtangestellten weiterhin entspannt zum Dienst gleiten können.

Es ließe sich freilich argumentieren, dass die 67.000 Beamten für das Funktionieren der Stadt unverzichtbar seien. Doch man könnte ebenso schlagend vorbringen, dass auch die Verkäuferin im Supermarkt, der Paketbote, die Krankenpflegerin oder der Koch in der Kantine nicht unbedingt zu den überflüssigen Luxusgütern gehören. Dennoch hat niemand beschlossen, ihnen eine kostenlose Fahrkarte in die Tasche zu schieben. Offenbar endet die Unverzichtbarkeit genau dort, wo der Arbeitsvertrag nicht in den Tiefen des Magistratsarchivs liegt.

Gleichheit, aber bitte mit Rabattcode

Man kann dieses Schauspiel auch als Lehrstück in angewandter Demokratie betrachten: Alle sind gleich, aber manche sind eben gleicher. In Wien hat das seit jeher Tradition. Schon der Fiaker fuhr lieber den wohlhabenden Herrn als die schwitzende Wäscherin. Heute ist es eben die U-Bahn, die für die Beamtin gratis rollt, während der Bauarbeiter, der sie instandhält, 30 % mehr für das gleiche Recht bezahlen darf.

Das ist im Grunde eine geniale Strategie: Statt allen Menschen den öffentlichen Verkehr günstiger zu machen, verteuert man ihn für die Mehrheit und schenkt ihn den Auserwählten. Das spart Geld, sorgt für loyale Angestellte und stärkt gleichzeitig die Kluft zwischen Insidern und Outsidern. Ein Schelm, wer dabei an feudale Privilegien denkt! Im Grunde ist das Jobticket nichts anderes als ein digitalisierter Zehent, der im Jahr 2024 direkt aus den Geldbörsen der Untertanen in die Schößchen der Amtsstuben geleitet wird.

Die Sozialromantik der Ticketpreiserhöhung

Die große Pointe ist allerdings die kommunikative Verpackung. Offiziell verkauft man die Preiserhöhung für den Rest der Bevölkerung mit dem Hinweis, dass ja alles teurer geworden sei, dass man investieren müsse, dass Qualität koste. Kurz: Das übliche Wortgeflecht, mit dem man den Bürgern seit Jahrhunderten das Gefühl gibt, sie sollten dankbar sein, wenn sie mehr bezahlen dürfen. Es ist eine fast schon religiöse Logik: durch Leiden zur Erlösung, durch höhere Kosten zur besseren Mobilität. Die Beamten fahren derweil kostenlos mit und dürfen sich im Namen der „Wertschätzung“ zurücklehnen.

In Wahrheit wirkt die Maßnahme wie eine verkehrspolitische Parabel auf den Zustand der Gesellschaft: Die einen kriegen Zuckerln, die anderen die Rechnung. Und während die Stadt stolz verkündet, man habe ein „Zeichen gesetzt“, steht der normale Fahrgast im Gedränge der U6, mit schwitzendem Rücken und überteuertem Ticket, und denkt sich, dass dieses Zeichen wohl eher in die Kategorie „Stinkefinger“ fällt.

Augen auf bei der Jobwahl

Was also lernen wir aus diesem kleinen Schauspiel der urbanen Verkehrspolitik? Erstens: Wer in Wien günstig unterwegs sein will, sollte nicht auf das Fahrrad oder die Jahreskarte setzen, sondern auf die Anstellung im Magistrat. Zweitens: Wertschätzung ist ein rares Gut, das in dieser Stadt offenbar mit Stempeluhr und Pensionszusage einhergeht. Drittens: Die berühmte Lebensqualität, die Wien sich so gern auf die Fahnen schreibt, ist weniger eine Frage der Architektur oder der Donauinsel, sondern eine Frage der Dienstnummer.

So bleibt für die breite Bevölkerung nur die bittere Erkenntnis: Augen auf bei der Jobwahl! Denn während die Beamten mit Gratisfahrscheinen durch die Stadt gondeln, bleibt dem Rest der Wiener nur, die höheren Preise als Eintrittskarte für das Schauspiel der städtischen Selbstgerechtigkeit zu bezahlen. Und sollte sich jemand über die Ungleichheit beschweren, so darf er sich trösten: Auch das ist, man höre und staune, ein Zeichen der Wertschätzung – für die Fähigkeit, mehr zu zahlen.

Tikkun Olam

Die große Reparaturwerkstatt der Welt

Man stelle sich die Schöpfung als IKEA-Bausatz vor, bei dem Gott, dieser ewige Handwerker ohne Gebrauchsanleitung, nach sieben Tagen erschöpft den Inbusschlüssel fallen ließ und dachte: „Ach, das passt schon, die Menschheit schraubt den Rest zusammen.“ Seitdem sitzen wir hier, zwischen schiefen Regalbrettern und wackeligen Tischbeinen, und nennen das Ganze „tikkun olam“ – die Reparatur der Welt. Nun, welch grandioser Euphemismus! Die Welt ist nicht „leicht angeknackst“ wie ein Porzellanteller aus Omas Schrank, sie ist vielmehr eine Dauerbaustelle, auf der selbst die Maurer nach Feierabend Bier trinken und heimlich die Steine klauen.

Der jüdische Gedanke, man müsse diese Welt „reparieren“, ist dabei so charmant wie vermessen. Wer jemals versucht hat, ein tropfendes Waschbecken zu flicken, weiß: Reparatur klingt leichter, als sie ist. Und nun also nicht der Wasserhahn, nicht der Dachziegel, nicht die Waschmaschine – nein, gleich die ganze Welt. Der Auftrag lautet, mit Mizwot, guten Taten und moralischem Feilen das Chaos zu bändigen. Kosmische Handwerkskunst als kollektiver Auftrag. Es ist, als hätten die Rabbiner gesagt: „Die Realität ist kaputt, bitte einmal im Großformat nachkleben.“

Messias als Ersatzteilhändler

Natürlich, wenn man schon repariert, braucht man auch einen Meisterschrauber: den Messias. Diese sagenumwobene Gestalt, die angeblich eines Tages erscheint, um Krieg, Hunger und Neid zu verbannen – quasi ein Service-Techniker der Schöpfung mit unbegrenzter Garantie. Doch wie es so ist mit Handwerkern: Man wartet. Und wartet. Und wartet. Die Jahrtausende vergehen, der Messias kommt nicht, aber die Rechnung für den Vorschussglauben steigt ins Unermessliche.

Die Bibel malt Bilder: Schwerter zu Pflugscharen, Spieße zu Sicheln – ein schönes Recycling-Projekt, das Greenpeace vor Neid erblassen ließe. Aber realistisch? Wenn der Mensch seine Waffen nicht mehr gegen Menschen richtet, findet er garantiert ein Ersatzhobby: Schwerter zu Brotmessern, Pflugscharen zu Designer-Skulpturen, Panzer zu Outdoor-Grills. Der Traum vom universalen Frieden ist edel, doch so naiv wie die Hoffnung, man könne eine Grundschule voller Kinder mit nur einem Schokoriegel ruhigstellen.

Ethik als Reparaturkitt

Doch nicht alles ist reiner Messianismus. Die Idee, die Welt wenigstens ein bisschen zu flicken, indem man Gerechtigkeit übt, Barmherzigkeit praktiziert und gelegentlich den Nachbarn grüßt, hat Charme. „Tikkun olam“ im modernen Gewand heißt: Sozialarbeit statt Schwertkampf, Spendenbox statt Apokalypse, Friedensdemo statt Kabbala-Séance. Die liberalen Juden des 21. Jahrhunderts haben den Messias in die Rente geschickt und sich selbst als Praktikanten der Weltreparatur eingesetzt.

Man stelle sich die Welt als alte, klapprige Schreibmaschine vor. Jeder gute Akt ist ein Tropfen Öl auf die rostigen Zahnräder. Doch wie viele Tropfen braucht es, bis die Maschine wieder schnurrt? Und was, wenn gleichzeitig jemand anderes – etwa ein Hedgefonds-Manager oder ein Autokrat – die Schrauben herausdreht? „Tikkun olam“ wird so zur Sisyphosarbeit mit moralischem Schraubenzieher: edel, notwendig, und doch nie abgeschlossen.

Kosmische Mystik oder: Licht im Scherbenhaufen

Die Kabbalisten wiederum haben die Sache gleich ins Intergalaktische verlagert. Nach Isaak Luria ist die Welt nichts anderes als ein zerbrochenes Geschirr, in dem göttliches Licht als Funken herumliegt, wie verschüttete Glühwürmchen nach einer misslungenen Party. Aufgabe des Menschen: Funken aufsammeln, Scherben sortieren, kosmische Flickarbeit betreiben.

Das klingt poetisch, fast schon romantisch. Doch stellt man sich die Praxis vor, wirkt es eher wie eine absurde Reality-Show: Milliarden Menschen bücken sich Tag für Tag und sammeln Lichtkrümel, während sie gleichzeitig streiten, wer die bessere Taschenlampe hat. Und wehe, jemand tritt auf die Scherben – dann gibt es nicht nur einen Bluterguss, sondern gleich eine theologische Debatte über den richtigen Besen.

Der Talmud als Werkstatt-Handbuch

Die Rabbiner hatten immerhin Humor, ob beabsichtigt oder nicht. „Wenn Israel umkehrt, wird es erlöst; wenn nicht, wird es nicht erlöst.“ – Das ist Reparaturanleitung im Stil von: „Wenn Sie den Stecker einstecken, funktioniert das Gerät. Wenn nicht, funktioniert es nicht.“ Dazu Sprüche wie: „Auf drei Dingen steht die Welt: Tora, Gottesdienst und Taten der Güte.“ Eine schöne Stützkonstruktion, fast wie die drei Beine eines wackeligen Hockers. Doch wehe, eins bricht weg – dann liegt der ganze Kosmos plötzlich im Dreck.

Maimonides’ goldene Garantiezeit

Und dann Maimonides: Der visionäre Rationalist, der uns eine perfekte Welt verspricht, in der es keinen Hunger, keinen Krieg, keinen Neid mehr gibt – dafür endlose Gotteserkenntnis, als stünde Netflix plötzlich auf Dauerwiederholung mit nur einer Serie im Angebot: „Gott, Staffel 1–∞“. Auch hier wieder: der Traum vom Paradies, das klingt, als wäre die Menschheit ein Kindergarten, der endlich zur Ruhe kommt, wenn alle genug Bastelpapier haben.

Doch seien wir ehrlich: Neid und Rivalität sind nicht lästige Auswüchse, sie sind der Motor der menschlichen Komödie. Ohne sie keine Literatur, kein Theater, kein Shakespeare, keine Satire. Wer würde sich eine Welt ohne Intrigen, Rivalitäten und missratene Dinnerpartys wünschen? Eine Welt, in der alle friedlich in Eintracht „Gott erkennen“, klingt weniger nach Himmel, mehr nach steriler Endlosschleife eines schlechten Kirchenliedes.

Die Pointe: Werkstatt bleibt offen

Am Ende ist „tikkun olam“ beides: edler Auftrag und herrliche Überforderung. Eine Weltreparatur, die niemals fertig wird, weil die Menschheit gleichzeitig klebt und zerstört, flickt und zerreißt. Doch genau darin liegt der Witz: Die große Werkstatt bleibt immer offen, das Werkzeug wird nie eingeräumt, die Schöpfung nie vollständig repariert.

Vielleicht ist das auch besser so. Denn was wäre die Welt ohne ihre Risse, Brüche und Absurditäten? Ein steriles Utopia, das selbst der Messias nach fünf Minuten gelangweilt wieder verlässt. Nein, geben wir es zu: Die kaputte Welt ist unsere Bühne. Wir kleben, wir polstern, wir flicken – und währenddessen stolpern wir über die eigenen Werkzeuge, lachen über den Scherbenhaufen und nennen das Ganze: „tikkun olam“.

Tikkun Olam – Die große Reparaturwerkstatt der Welt

Von der kosmischen Kaffeeküche zur globalen Werkstatt

Man stelle sich die Schöpfung als IKEA-Bausatz vor, bei dem Gott, dieser ewige Handwerker ohne Gebrauchsanleitung, nach sieben Tagen erschöpft den Inbusschlüssel fallen ließ und dachte: „Ach, das passt schon, die Menschheit schraubt den Rest zusammen.“ Seitdem sitzen wir hier, zwischen schiefen Regalbrettern und wackeligen Tischbeinen, und nennen das Ganze „tikkun olam“ – die Reparatur der Welt. Nun, welch grandioser Euphemismus! Die Welt ist nicht „leicht angeknackst“ wie ein Porzellanteller aus Omas Schrank, sie ist vielmehr eine Dauerbaustelle, auf der selbst die Maurer nach Feierabend Bier trinken und heimlich die Steine klauen.

Der jüdische Gedanke, man müsse diese Welt „reparieren“, ist dabei so charmant wie vermessen. Wer jemals versucht hat, ein tropfendes Waschbecken zu flicken, weiß: Reparatur klingt leichter, als sie ist. Und nun also nicht der Wasserhahn, nicht der Dachziegel, nicht die Waschmaschine – nein, gleich die ganze Welt. Der Auftrag lautet, mit Mizwot, guten Taten und moralischem Feilen das Chaos zu bändigen. Kosmische Handwerkskunst als kollektiver Auftrag. Es ist, als hätten die Rabbiner gesagt: „Die Realität ist kaputt, bitte einmal im Großformat nachkleben.“

Messias als Ersatzteilhändler

Natürlich, wenn man schon repariert, braucht man auch einen Meisterschrauber: den Messias. Diese sagenumwobene Gestalt, die angeblich eines Tages erscheint, um Krieg, Hunger und Neid zu verbannen – quasi ein Service-Techniker der Schöpfung mit unbegrenzter Garantie. Doch wie es so ist mit Handwerkern: Man wartet. Und wartet. Und wartet. Die Jahrtausende vergehen, der Messias kommt nicht, aber die Rechnung für den Vorschussglauben steigt ins Unermessliche.

Die Bibel malt Bilder: Schwerter zu Pflugscharen, Spieße zu Sicheln – ein schönes Recycling-Projekt, das Greenpeace vor Neid erblassen ließe. Aber realistisch? Wenn der Mensch seine Waffen nicht mehr gegen Menschen richtet, findet er garantiert ein Ersatzhobby: Schwerter zu Brotmessern, Pflugscharen zu Designer-Skulpturen, Panzer zu Outdoor-Grills. Der Traum vom universalen Frieden ist edel, doch so naiv wie die Hoffnung, man könne eine Grundschule voller Kinder mit nur einem Schokoriegel ruhigstellen.

Ethik als Reparaturkitt

Doch nicht alles ist reiner Messianismus. Die Idee, die Welt wenigstens ein bisschen zu flicken, indem man Gerechtigkeit übt, Barmherzigkeit praktiziert und gelegentlich den Nachbarn grüßt, hat Charme. „Tikkun olam“ im modernen Gewand heißt: Sozialarbeit statt Schwertkampf, Spendenbox statt Apokalypse, Friedensdemo statt Kabbala-Séance. Die liberalen Juden des 21. Jahrhunderts haben den Messias in die Rente geschickt und sich selbst als Praktikanten der Weltreparatur eingesetzt.

Man stelle sich die Welt als alte, klapprige Schreibmaschine vor. Jeder gute Akt ist ein Tropfen Öl auf die rostigen Zahnräder. Doch wie viele Tropfen braucht es, bis die Maschine wieder schnurrt? Und was, wenn gleichzeitig jemand anderes – etwa ein Hedgefonds-Manager oder ein Autokrat – die Schrauben herausdreht? „Tikkun olam“ wird so zur Sisyphosarbeit mit moralischem Schraubenzieher: edel, notwendig, und doch nie abgeschlossen.

Kosmische Mystik oder: Licht im Scherbenhaufen

Die Kabbalisten wiederum haben die Sache gleich ins Intergalaktische verlagert. Nach Isaak Luria ist die Welt nichts anderes als ein zerbrochenes Geschirr, in dem göttliches Licht als Funken herumliegt, wie verschüttete Glühwürmchen nach einer misslungenen Party. Aufgabe des Menschen: Funken aufsammeln, Scherben sortieren, kosmische Flickarbeit betreiben.

Das klingt poetisch, fast schon romantisch. Doch stellt man sich die Praxis vor, wirkt es eher wie eine absurde Reality-Show: Milliarden Menschen bücken sich Tag für Tag und sammeln Lichtkrümel, während sie gleichzeitig streiten, wer die bessere Taschenlampe hat. Und wehe, jemand tritt auf die Scherben – dann gibt es nicht nur einen Bluterguss, sondern gleich eine theologische Debatte über den richtigen Besen.

Der Talmud als Werkstatt-Handbuch

Die Rabbiner hatten immerhin Humor, ob beabsichtigt oder nicht. „Wenn Israel umkehrt, wird es erlöst; wenn nicht, wird es nicht erlöst.“ – Das ist Reparaturanleitung im Stil von: „Wenn Sie den Stecker einstecken, funktioniert das Gerät. Wenn nicht, funktioniert es nicht.“ Dazu Sprüche wie: „Auf drei Dingen steht die Welt: Tora, Gottesdienst und Taten der Güte.“ Eine schöne Stützkonstruktion, fast wie die drei Beine eines wackeligen Hockers. Doch wehe, eins bricht weg – dann liegt der ganze Kosmos plötzlich im Dreck.

Maimonides’ goldene Garantiezeit

Und dann Maimonides: Der visionäre Rationalist, der uns eine perfekte Welt verspricht, in der es keinen Hunger, keinen Krieg, keinen Neid mehr gibt – dafür endlose Gotteserkenntnis, als stünde Netflix plötzlich auf Dauerwiederholung mit nur einer Serie im Angebot: „Gott, Staffel 1–∞“. Auch hier wieder: der Traum vom Paradies, das klingt, als wäre die Menschheit ein Kindergarten, der endlich zur Ruhe kommt, wenn alle genug Bastelpapier haben.

Doch seien wir ehrlich: Neid und Rivalität sind nicht lästige Auswüchse, sie sind der Motor der menschlichen Komödie. Ohne sie keine Literatur, kein Theater, kein Shakespeare, keine Satire. Wer würde sich eine Welt ohne Intrigen, Rivalitäten und missratene Dinnerpartys wünschen? Eine Welt, in der alle friedlich in Eintracht „Gott erkennen“, klingt weniger nach Himmel, mehr nach steriler Endlosschleife eines schlechten Kirchenliedes.

Die Pointe: Werkstatt bleibt offen

Am Ende ist „tikkun olam“ beides: edler Auftrag und herrliche Überforderung. Eine Weltreparatur, die niemals fertig wird, weil die Menschheit gleichzeitig klebt und zerstört, flickt und zerreißt. Doch genau darin liegt der Witz: Die große Werkstatt bleibt immer offen, das Werkzeug wird nie eingeräumt, die Schöpfung nie vollständig repariert.

Vielleicht ist das auch besser so. Denn was wäre die Welt ohne ihre Risse, Brüche und Absurditäten? Ein steriles Utopia, das selbst der Messias nach fünf Minuten gelangweilt wieder verlässt. Nein, geben wir es zu: Die kaputte Welt ist unsere Bühne. Wir kleben, wir polstern, wir flicken – und währenddessen stolpern wir über die eigenen Werkzeuge, lachen über den Scherbenhaufen und nennen das Ganze: „tikkun olam“.

Klarheit vor Einheit!

Demokratie als Dauer-Debattierclub

Man hat sich ja schon daran gewöhnt, dass in den klassischen Darstellungen der Demokratie stets ein idyllisches Bild gezeichnet wird: alle Bürger halten Hände, stimmen harmonisch ab, und am Ende lächelt ein Konsens wie ein genügsamer Hund, der zufrieden mit dem Schwanz wedelt. In Wahrheit ist Demokratie aber alles andere als ein Zuckerguss auf dem Kuchen der Menschheitsgeschichte. Sie ist ein Dauer-Debattierclub, in dem jeder seine Meinung kundtun darf – manchmal auch ungefragt – und in dem der Lärm der Dissenzigen die Musik der Freiheit bildet. Wer denkt, die Einheit sei das eigentliche Ziel, der hat die Grundregeln dieses Spiels nicht verstanden: Demokratie lebt nicht vom gemeinsamen Nicken, sondern vom streitbaren „Ich sehe das anders!“.

Klarheit vor Einheit! Dieser Satz sollte wie eine Leitplanke an jeder Straße zur Macht stehen. Einheit kann man kaufen, erzwingen, oder auf den Altar rhetorischer Manipulation legen; Klarheit hingegen ist ein unbequemes, glasklares Licht, das jeden Winkel der politischen Bühne ausleuchtet. Wer Einheit über Klarheit stellt, darf sich nicht wundern, wenn aus demokratischem Konsens ein autoritäres Einheitsbrei-Gericht wird.

Disens als demokratische Würze

In den alten Demokratien – Athen war kein Wellness-Tempel – war der Dissens das Salz der politischen Suppe. Wer nur zustimmte, der vergaß, dass öffentliche Debatten ein Theater sind, in dem jede Rolle ihre Übertreibung verdient. Der Dissens ist der unverzichtbare Komparse, der Clown, der Kritiker, derjenige, der das Publikum daran erinnert, dass auch die größte Bühne niemals vollkommen gerade ist. Ohne Dissens degeneriert Demokratie zu einem bürokratischen Schauspiel, in dem applaudiert wird, wer am besten die vorgeschriebene Harmonie imitiert.

Heute, in Zeiten digitaler Empörungsmaschinen und algorithmischer Echokammern, zeigt sich besonders deutlich: Menschen lieben die Illusion, dass Konsens etwas Wertvolles sei. Ein Like hier, ein Retweet dort – und schon fühlt man sich als Teil der großen, einheitlichen Wahrheit. Wer diese Schein-Einheit in Frage stellt, wird schnell zum Ketzer, zum Spinner oder zum politischen Exoten erklärt. Dabei ist es genau diese Störung, die Demokratie atmen lässt: der Streit, das Gegenteil, die widersprechende Stimme, die an jeder Ecke sagt: „Hier, halt! So einfach ist das alles nicht.“

Klarheit als moralischer Muskel

Klarheit ist kein hübsches Accessoire. Sie ist ein moralischer Muskel, der trainiert werden will, der schmerzt, der blutet, wenn man ihn benutzt. Wer sich in demokratischen Diskussionen für Klarheit entscheidet, muss oft gegen die Lawinen der Oberflächlichkeit, der manipulativen Rhetorik und der „Einigkeit um jeden Preis“-Mentalität anschieben. Und doch ist es genau diese Anstrengung, die aus Politik ein humanistisches Projekt macht: der Versuch, Begriffe, Argumente und Motive zu durchleuchten, bevor man sie in Gesetzestexte oder Wahlurnen gießt.

Wer Klarheit opfert, um Einheit zu erzeugen, opfert die demokratische Seele. Wer sie verteidigt, selbst wenn es unbequem ist, schafft den Raum, in dem jeder Widerspruch zählt, jeder Zweifel relevant ist, und jede Abweichung von der vermeintlich großen Linie als notwendiger Korrekturmechanismus wirkt. In einer Welt, in der Konsens oft als moralische Tugend verkauft wird, ist Klarheit ein stiller Protest gegen die Diktatur der Glättung.

Konsens ist die sanfte Tyrannei

Konsens ist wie der freundliche Butler einer aristokratischen Diktatur: immer höflich, immer charmant, immer darauf bedacht, das große Chaos zu vertuschen. Wer Konsens zum höchsten Ziel erklärt, der täuscht sich über die Natur des Politischen: Demokratie ist keine Hochzeit, bei der alle Gäste den gleichen Kuchen essen. Sie ist ein endloses Bankett, bei dem jeder seine eigene Portion Ungleichheit, Widerspruch und Irrtum serviert bekommt – und gelegentlich die Gabel nach dem Nachbarn wirft.

Die moderne Sehnsucht nach Konsens ist daher weniger politisch als psychologisch zu erklären: Menschen fürchten Dissens, weil er Unbehagen erzeugt, Konflikt sichtbar macht, die Illusion von Sicherheit zerstört. Aber gerade dieses Unbehagen ist der lebendige Beweis dafür, dass Demokratie funktioniert. Wer immer zustimmt, hat sich längst freiwillig entmachtet. Wer widerspricht, beweist, dass die Macht nicht absolut ist, sondern ein ständiger Prozess der Aushandlung – ein Akt, der Geduld, Mut und gelegentlich Galgenhumor verlangt.

Die Komik der Einigkeit

Man darf die ironische Seite nicht vergessen: Konsens ist selten langweilig, aber oft grotesk. Politische Treffen, bei denen Einheit um jeden Preis gesucht wird, gleichen absurden Theaterstücken: alle nicken synchron, keiner sagt die Wahrheit, und am Ende applaudieren alle für eine Resolution, die niemandem nützt.

Die Satire entfaltet sich besonders schön, wenn man die Absurditäten der Gegenwart betrachtet: Politiker, die sich gegenseitig „Transparenz“ versprechen, während sie Twitter-Kampagnen orchestrieren, Influencer, die ihre Follower zu moralischen Konsenspunkten erziehen, oder Talkshows, in denen jede Meinung gleich behandelt wird – außer natürlich der, die wirklich unbequem ist. Selbst die klassischen Internetdebatten liefern Material: Jeder zweite Kommentar schreit nach Einigkeit, während der andere nach Klarheit verlangt, nur um am Ende gemeinsam in einem Orkan aus GIFs, Memes und halbgaren Fakten zu versinken.

Die Demokratie ähnelt so mehr einem surrealistischen Theaterstück als einem geordneten Salon: Funken fliegen, Wörter explodieren, und gelegentlich stolpert jemand über die eigene Argumentation, nur um sich lachend wieder aufzurichten. Und das ist gut so.

Dissens in Popkultur und Politik

Betrachten wir die Gegenwart: Streaming-Dienste wie Netflix veranstalten interne Krisensitzungen über Diversity-Quoten, während Fans gleichzeitig die lautesten Dissens-Tiraden in Foren führen. Politiker inszenieren „geschlossene Einigkeit“, während ihre WhatsApp-Chats zum digitalen Minenfeld jeder Meinungsabweichung werden. Selbst die Klima-Debatte zeigt, wie köstlich Dissens sein kann: Aktivisten, Skeptiker, Lobbyisten – alle schreien gleichzeitig, und keiner hört dem anderen zu, und genau deshalb bewegt sich etwas.

Die Ironie ist, dass in dieser Kakophonie von Stimmen, Tweets, Live-Streams und Talkshows die Demokratie am lebendigsten ist. Jeder Widerspruch, jede Abweichung, jede provokante Meinung ist wie eine Würze, die den Einheitsbrei in ein scharfes, unverwechselbares Gericht verwandelt. Wer sie wegfiltert, entfernt nicht nur Salz und Pfeffer, sondern das eigentliche Leben selbst.

Fazit: Liebe den Dissens, fürchte den Konsens

„Klarheit vor Einheit!“ ist kein rhetorisches Bonbon, sondern eine provokante Notwendigkeit. Wer glaubt, Demokratie bedeute Einheit, hat vergessen, dass Politik ohne Konflikt eine Plastiktüte ohne Luft ist: leer, zerknittert und leicht wegzufliegen. Die wahre Kraft der Demokratie liegt nicht im harmonischen Nicken, sondern im kritischen Aufstampfen, im lauten „Nein, so nicht!“, im unbequem lauten „Das sehe ich anders!“

Dissens ist nicht störend, sondern existenziell; nicht destruktiv, sondern konstitutiv. Wer die Demokratie liebt, sollte den Dissens umarmen wie ein widerspenstiges Haustier, das einen ständig an die eigenen Grenzen erinnert. Konsens mag bequem sein, Einigkeit mag beruhigen, aber nur Klarheit und Streit garantieren, dass die Demokratie atmet, denkt und lebt – und das mit einem Augenzwinkern, das selbst den hartnäckigsten Harmoniesucher zum Schmunzeln bringt.

Denn am Ende ist Demokratie wie ein gigantisches Online-Forum, in dem niemand weiß, wer die Moderatoren sind, jeder seinen Senf dazugeben darf, und nur wer widerspricht, die Chance hat, tatsächlich gehört zu werden. Und das, meine Damen und Herren, ist ein Grund zum Lachen – über sich selbst, über die anderen, und über die wunderbare, chaotische Maschine namens Freiheit.