Die selbstverschuldete Ohnmacht der Eliten

Fake News und Desinformation funktioniert nur in Ländern, wo Politiker und Medien ihre eigene Glaubwürdigkeit verloren haben

Es ist eine Ironie der Geschichte, dass ausgerechnet jene, die sich als Fackelträger der Wahrheit und Wächter der Demokratie inszenieren, am eifrigsten an ihrem eigenen Glaubwürdigkeitsverlust arbeiten. Politiker und Medien – zwei einst ehrwürdige Säulen der öffentlichen Ordnung – taumeln mittlerweile durch den Sumpf der Selbstgerechtigkeit und Skandalisierung, unfähig zu erkennen, dass ihr erbärmlicher Zustand nicht das Werk finsterer Mächte ist, sondern das Ergebnis ihrer eigenen Hybris.

Da stehen sie also, die Meinungsmacher und Würdenträger, fassungslos vor dem Scherbenhaufen ihrer Autorität, während sich das gemeine Volk, müde von unzähligen Widersprüchen, Manipulationen und offensichtlichen Lügen, kopfschüttelnd abwendet. Die größte Tragödie dabei? Sie begreifen nicht einmal, dass ihr Problem hausgemacht ist. Denn Fake News gedeihen nicht im luftleeren Raum – sie wurzeln in der Desillusionierung der Massen, die ihren sogenannten Leitfiguren längst nicht mehr vertrauen.

Die Kunst der Inszenierung – oder: Wie man sich selbst entlarvt

Es beginnt mit der Sprache. Einst war sie ein Werkzeug zur Differenzierung und Klärung. Heute dient sie vor allem der Moralisierung und Manipulation. Ein Politiker, der sich erwischen lässt, hat nicht einfach einen Fehler gemacht – er hat „versagt“. Ein Journalist, der eine unbequeme Meinung äußert, ist nicht nur umstritten – er ist ein „Gefährder der Demokratie“. In dieser aufgeheizten Atmosphäre gibt es nur noch Gut und Böse, nur noch Schwarz und Weiß.

Und genau hier setzt das Problem an: Wer ständig „Wahrheit“ predigt, aber selektiv informiert, wer sich als moralische Instanz inszeniert, aber doppelte Standards anlegt, der verliert auf lange Sicht jegliche Glaubwürdigkeit. Fake News entstehen nicht, weil das Volk dumm ist. Fake News entstehen, weil das Volk intuitiv spürt, dass es von offizieller Seite belogen wird. Und wenn die Wahrheit erst einmal als manipulierbar entlarvt wurde, dann öffnen sich die Tore für jede noch so absurde Alternative.

Der Preis der Arroganz: Die Geburt der Alternativrealitäten

Jahrelang predigten die selbsternannten Eliten, dass sie wüssten, was für die Gesellschaft am besten sei. Die Wirtschaft müsse „wachsen“, Kriege müssten „notwendig“ geführt werden, Freiheitsrechte müssten „temporär“ eingeschränkt werden. Und jedes Mal, wenn sie widerlegt wurden – sei es durch wirtschaftliche Krisen, gescheiterte Militärinterventionen oder übergriffige Maßnahmen –, erwarteten sie doch allen Ernstes, dass man ihnen weiterhin vertraut. Aber Vertrauen ist eine fragile Währung, und es hat sich abgenutzt wie eine überstrapazierte Kreditkarte.

In dieser Atmosphäre gedeihen die „alternativen Fakten“ prächtig. Denn wer einmal erkennt, dass die offiziellen Narrative mindestens genauso verzerrt sind wie die wildesten Verschwörungstheorien, wird sich irgendwann fragen: Warum sollte ich den einen glauben und den anderen nicht? Hier beginnt der eigentliche Erosionsprozess der Wahrheit – ein Zerfall, der nicht durch dunkle Machenschaften fremder Mächte, sondern durch die unersättliche Selbstgefälligkeit der herrschenden Klasse befeuert wird.

Der verzweifelte Kampf um Deutungshoheit

Nun stehen sie also da, die Kommentatoren und Experten, ratlos und entsetzt. Sie schimpfen über den „Populismus“, klagen über die „Verrohung der Debattenkultur“, warnen vor „Desinformation“. Doch in Wirklichkeit beklagen sie nichts anderes als ihren eigenen Bedeutungsverlust. Die Bürger informieren sich längst auf anderen Wegen, die Glaubwürdigkeit klassischer Medien liegt am Boden, und Politik wird zunehmend als Schauspiel entlarvt.

Anstatt sich mit Selbstkritik zu befassen, setzen die vermeintlichen Wahrheitswächter auf Repression: Zensurgesetze, Faktenchecker-Orgien, moralische Brandmarkung Andersdenkender. Sie merken dabei nicht, dass sie den Niedergang ihrer eigenen Deutungshoheit nur noch beschleunigen. Denn wer das Recht auf eigene Meinungen, auf Skepsis, auf Zweifel unterdrückt, dem glaubt man erst recht nicht mehr.

Die bittere Pointe: Das Vertrauen ist weg – und es wird nicht zurückkommen

Die Wahrheit ist eine paradoxe Geliebte: Wer sie zu sehr umklammert, wer sich selbst zum Alleinherrscher über sie erklärt, der verliert sie. Politiker und Medien haben ihre Glaubwürdigkeit über Jahrzehnte hinweg selbst demontiert. Das kann kein Faktenchecker und kein Gesetz der Welt mehr reparieren. Die Menschen wissen längst, dass sie es mit Berufsrednern und Inszenierungskünstlern zu tun haben. Und wer einmal erkennt, dass die Realität nicht von oben diktiert, sondern durch eigene Wahrnehmung erschlossen wird, der wird sich nicht mehr so leicht für dumm verkaufen lassen.

Fake News gedeihen, weil die Wahrheit korrumpiert wurde. Und in einer Welt, in der die Eliten selbst den Grundstein für ihre Irrelevanz gelegt haben, bleibt nur eine Frage offen: Wer glaubt eigentlich noch, dass das Problem bei den Falschnachrichten liegt – und nicht bei denen, die sie möglich gemacht haben?

Schreibe etwas…

Das demokratische Paradoxon

oder wie man einen Elefanten im Raum unsichtbar macht

Es gibt Strategien, die sind so raffiniert, dass sie in ihrer Brillanz fast wieder dümmlich wirken. Die Methode, eine unliebsame Partei einfach zu ignorieren, auszugrenzen und in eine Art politisches Vakuum zu verbannen, ist eine davon. In der deutschen Demokratie des 21. Jahrhunderts hat sich genau dieses Verfahren als probates Mittel etabliert, um sich eines Problems zu entledigen, indem man es demonstrativ nicht sieht. Oder besser gesagt: indem man so tut, als wäre es ein unsichtbares Gespenst, ein kontaminiertes Element, dessen bloße Erwähnung bereits toxische Dämpfe freisetzen könnte.

Der Bundestag als Hochsicherheitstrakt der Moral

Man könnte fast meinen, der Bundestag sei ein Hochsicherheitstrakt der moralischen Reinheit geworden. Hier drinnen nur die „Guten“, dort draußen (oder zumindest in einer symbolischen Quarantäne) die „Bösen“. Dumm nur, dass 152 Abgeordnete der AfD einfach nicht kleinzukriegen sind, weil sie – und das ist die eigentliche Unverschämtheit – demokratisch gewählt wurden. Sie sitzen nun einmal da, mitten im Plenarsaal, von der rechten Seite aus bis tief in die Mitte hineinragend, eine unübersehbare Tatsache, die man jedoch mit aller Gewalt unsichtbar machen möchte.

Nun hat man sich allerlei Tricks ausgedacht, um das Problem zu lösen. Der erste und vielleicht eleganteste dieser Kniffe bestand darin, kurzerhand die Geschäftsordnung des Bundestags zu ändern. Früher war es Usus, dass der älteste Abgeordnete als Alterspräsident die erste Sitzung eröffnete. Das mag altmodisch sein, aber es hatte Tradition. Blöd nur, dass diese Regel dazu geführt hätte, dass 2017 Alexander Gauland diese Ehre zuteil geworden wäre. Also änderte man die Vorschrift, sodass nicht mehr der älteste, sondern der dienstälteste Abgeordnete das Amt übernahm. Eine „Lex AfD“, könnte man sagen. So durfte statt Gauland Gregor Gysi von der Linkspartei ans Rednerpult treten, ein Mann, dessen rhetorische Schärfe unbestreitbar, aber dessen politisches Erbe mindestens diskussionswürdig ist.

Vizepräsident? Nein, danke!

Es gehört zum parlamentarischen Brauchtum, dass jede Fraktion einen Bundestagsvizepräsidenten stellt. Das klingt logisch, ist aber nur so lange praktikabel, wie alle Beteiligten genehm sind. Die AfD hat bislang konsequent keinen ihrer Kandidaten durchgebracht. Der neueste Fall: Gerold Otten, ein Mann, der dreimal an der Wand des Widerstands zerschellte, weil die anderen Fraktionen schlicht nicht für ihn stimmen wollten. Das ist einerseits legal, andererseits könnte man sich fragen, was das über die Demokratie aussagt, wenn eine Partei mit 152 Abgeordneten nicht einmal eine zeremonielle Funktion besetzen darf.

Die Grünen-Abgeordnete Irene Mihalic erklärte dazu mit strengem Blick, dass die AfD mit ihrer Kritik an dieser Praxis „parlamentarische Prozesse diskreditiere“ und die „Würde des Hauses“ störe. Es ist eine bemerkenswerte Argumentation: Wer sich darüber beschwert, systematisch ausgeschlossen zu werden, gefährdet also die Demokratie? Das ist ungefähr so, als würde man einem Fußballteam, dem man alle Tore zunagelt, vorwerfen, es schade dem Spiel, weil es sich über die Ungerechtigkeit beschwert.

Demokratie – aber bitte nur mit den Richtigen

Die Strategie der demonstrativen Ausgrenzung könnte funktionieren, wenn sie nicht so sichtbar absurd wäre. Die AfD ist kein Virus, den man durch Nichtbeachtung austrocknen kann. Sie ist ein politisches Phänomen, das sich nicht in Luft auflöst, nur weil man so tut, als existiere es nicht. Im Gegenteil: Diese Form der taktischen Ignoranz wirkt vielmehr wie eine Bestätigung für ihre Anhänger, dass das System tatsächlich etwas gegen sie hat – ein Geschenk für jede Protestpartei.

Eine wehrhafte Demokratie zeichnet sich nicht dadurch aus, dass sie politische Gegner aus dem Parlament verbannt oder deren Existenz leugnet, sondern dadurch, dass sie sich mit ihnen argumentativ auseinandersetzt. Die Strategie der Ausgrenzung mag bequem erscheinen, sie ist aber letztlich ein Armutszeugnis für eine parlamentarische Demokratie, die sich ihrer eigenen Stärke nicht mehr sicher zu sein scheint.

Der Elefant im Raum bleibt also weiterhin sichtbar. Und er wächst mit jeder Wahl weiter.

#FreeShlomo

Es ist ein klarer Fall, oder vielleicht auch nicht – zumindest, wenn man dem rotierenden Karussell der öffentlichen Meinung Glauben schenken darf. Der Fall des „rechten Streamers“ Aron P., alias Shlomo Finkelstein, spaltet die Gemüter wie ein schlecht geführtes Messer durch Butter. Denn eines ist sicher: Hier wird mehr geklärt als nur die Frage, ob man ihn nun als rechten Hetzer oder als Opfer politischer Verfolgung begreifen soll. Nein, hier geht es um das viel tiefer liegende Problem einer zunehmend politisierten Justiz, die sich offenbar nicht mehr nur mit der Anwendung von Recht und Ordnung begnügt, sondern längst zum Werkzeug politischer Agenda geworden ist. Willkommen in einer Welt, in der der Stempel „rechts“ als Freifahrtschein für extreme Maßnahmen fungiert, der Staat sich als moralischer Richter aufspielt und der Zuschauer darüber entscheiden muss, ob er nun mit dem oder gegen das System sympathisiert.

Der erste Akt: Die Festnahme – Dramatischer als ein Actionfilm, aber weniger unterhaltsam

Am 10. Dezember 2020 wurde der junge Aron P. also wegen Volksverhetzung, der Verbreitung verfassungsfeindlicher Symbole und des Anstößigen gegen Religionsgemeinschaften verurteilt. Und man fragt sich: Hat er diese „verruchten“ Taten wirklich begangen, oder sind wir es gewohnt, uns eine Schablone zurechtzulegen, mit der alles, was von der normativen Linie abweicht, in eine schiefe Ecke gestellt wird? Die Gerichtsentscheidung, ein Jahr Haft zur Bewährung, klingt fast schon wie der Versuch, eine politische Haltung durch ein Gerichtsverfahren zu manifestieren, die in einer Demokratie eigentlich keinen Platz haben sollte. Doch das ist nur der Anfang. Denn was danach kam, hat das Potenzial, eine neue Dimension der staatlichen Überwachung zu eröffnen.

Die Bilder von P.s Festnahme bleiben im Gedächtnis: Ein Spaziergang mit seinem kleinen Kind – was ein wunderbares Setting für einen Horrorfilm wäre. Über ein Dutzend, teilweise maskierte Polizisten, die den jungen Mann auf offener Straße in die Mangel nehmen, wie einen Schwerverbrecher. So lautete jedenfalls das Bild in P.s Schilderungen. Der entscheidende Moment ist dabei weniger die Festnahme an sich als die Tatsache, dass die Behörden darauf bestanden, in diesem Moment zu handeln, unter den Augen eines Kindes, ohne Rücksicht auf dessen psychische Belastung. Auch die Frage, warum die Behörden nicht auf subtilere Methoden zurückgriffen, drängt sich auf: Hätte man nicht in der Wohnung, im Büro oder zu einem anderen Zeitpunkt zugreifen können? Hier erweist sich der Fall nicht nur als rechtlich bedenklich, sondern auch als politisch motiviert – oder im besten Fall als übertriebene Symbolpolitik. Es ist ein Strafverfahren, das als Schauprozess inszeniert wird, ein Akt der Einschüchterung und der Demütigung.

Der zweite Akt: Die Haft – Wo Gesetze zu einer Waffe werden

Der Fall nimmt jedoch eine noch bizarresere Wendung, wenn es um den Haftstatus von P. geht. Hier schlägt das Pendel der Justiz noch weiter in die Richtung politischer Repression. Ein Antrag auf Halbstrafe, also die Möglichkeit, die Strafe nach der Hälfte der Haftzeit zur Bewährung auszusetzen, wurde von einer Richterin abgelehnt – nicht etwa aus Mangel an Kriterien oder aus Sicherheitsbedenken, sondern explizit aufgrund der politischen Ansichten von Aron P. Dies ist kein Vorfall, den man als bloße Anekdote abtun kann. In diesem Moment wurde deutlich, dass nicht mehr das Gesetz die Messlatte für die Urteile darstellt, sondern das politische Weltbild des Richters – oder, noch schlimmer, der Staat als politischer Akteur, der sich nicht nur in die Vergangenheit einmischt, sondern auch in die Ideologien seiner Bürger.

In einer demokratischen Gesellschaft sollte die politische Ausrichtung eines Angeklagten keinerlei Einfluss auf die Rechtsfindung haben. Doch die Richterin, deren Name hier nicht genannt werden muss, sprach in einer höchst fragwürdigen Entscheidung aus, dass P. aufgrund seiner politischen Einstellung keine Möglichkeit auf eine vorzeitige Haftentlassung habe. Es ist ein beunruhigendes Zeichen für die Unabhängigkeit der Justiz, wenn politische Zugehörigkeit über den Ermessensspielraum von Richterinnen und Richtern bestimmt.

Der dritte Akt: Die Konsequenzen einer ideologisierten Justiz

Die bitterste Ironie dieser Geschichte liegt darin, dass P. nie als Sicherheitsrisiko galt. Berichte seines Umfelds deuten darauf hin, dass er sich im Gefängnis absolut regelkonform verhielt und keinerlei Auffälligkeiten zeigte. Sogar die Haftleitung soll ihn als unauffällig und kooperativ eingeschätzt haben. Doch all das spielte keine Rolle. Der Mann, der sich bereit erklärte, an einem Deradikalisierungsprogramm teilzunehmen, der seine Strafe mit scheinbar aufrichtigem Bedauern absitzen wollte, wurde dennoch mit der Härte behandelt, die einem politischen Gegner vorbehalten ist. Die Frage stellt sich also: Was passiert hier eigentlich? Geht es um Gerechtigkeit? Oder geht es lediglich darum, einem politischen Gegner ein Exempel zu statuieren?

Ein solches Vorgehen hat weitreichende Konsequenzen für die Glaubwürdigkeit unseres Rechtssystems. Denn was passiert, wenn sich Bürger eines Staates fragen, ob sie vor Gericht nicht nach der Schwere ihrer Taten, sondern nach ihrer politischen Ausrichtung beurteilt werden? Was bleibt von der Vorstellung einer neutralen Justiz, die sich nur an den Fakten orientiert? Diese Fragen sind nicht nur theoretischer Natur, sondern betreffen die Grundfesten unserer demokratischen Werte.

Der epische Schlussakt: Ein System, das gegen seine eigenen Prinzipien kämpft

Die Frage bleibt: Wo endet dieser Fall? Und was wird aus den Idealen von Gerechtigkeit und Freiheit? Die Antwort ist sowohl bedrohlich als auch tragisch: In einer Welt, in der der Staat als Hüter der politischen Ordnung fungiert, droht eine Aushöhlung von Grundrechten und einer fairen Rechtsfindung. Denn hier geht es nicht nur um einen Mann, der in Haft sitzt, sondern um die Integrität des gesamten Systems.

Die Politik hat das Justizsystem längst in ihre Fänge genommen. Der Fall P. mag nur der erste Schritt sein, doch wenn er nicht mit einer breiten Diskussion über die Unabhängigkeit der Justiz und die Rechte von Bürgern endet, könnte dies die Richtung vorgeben, die in den nächsten Jahren immer mehr Menschen betrifft. Und wer weiß? Vielleicht finden sich dann bald schon nicht nur die rechten Strömungen, sondern auch die gemäßigten, die sich zu „fehlerhaften Staatsbürgern“ stempeln lassen müssen, wenn ihre Meinung nicht den „richtigen“ Konsens widerspiegelt.

Die Frage bleibt: Was ist wichtiger? Ein Fall von politischer Verfolgung im Namen des Rechtsstaates oder die Aufrechterhaltung einer Gesellschaft, die sich durch Gleichheit, Freiheit und Gerechtigkeit auszeichnet? Es ist ein Dilemma, das nicht nur Aron P. betrifft, sondern uns alle – und eines, das sich auf einer Ebene abspielt, die mehr ist als nur ein juristisches Theaterstück. Es geht um die Werte, die wir als Gesellschaft vertreten. Und die stehen heute auf dem Prüfstand.

Rüstungslobby und ihre kreativen Vorschläge zur Weltverbesserung

Normalerweise machen Hersteller Werbung für ihre Produkte. Sie preisen ihre Nützlichkeit an, ihre Qualität, ihre bahnbrechende Technologie. Manchmal wird sogar ein bisschen geflunkert – das Auto hält dann doch nicht ewig, das Handy ist in zwei Jahren ein langsamer Schrotthaufen, und die revolutionäre Diätpille führt eher zu revolutionärem Heißhunger. Doch Hersteller von Kriegsgeräten? Die machen keine Werbung. Die fordern. Sie begehren. Sie flehen quasi darum, dass ihre Innovationen endlich zur Anwendung kommen – mit dem kaum verhohlenen Unterton: „Macht doch endlich Krieg, verdammt noch mal!“

Und so fordert die Firma Helsing, die sich auf militärische KI-Technologie und Drohnensysteme spezialisiert hat, nichts Geringeres als einen „Drohnenwall“ an der NATO-Ostflanke. Eine Mauer aus fliegenden Robotern, eine Festung aus algorithmischer Wachsamkeit, ein Bollwerk gegen das drohende Unheil aus dem Osten. Natürlich – rein zufällig – ist Helsing bereits bestens darauf vorbereitet, diesen Bedarf zu decken. Wobei „Bedarf“ hier wohl eher ein rhetorischer Kniff als eine real existierende Notwendigkeit ist.

Die Logik der Aufrüstung: Vom Nutzen zum Zwang

Man kennt das Prinzip aus anderen Branchen: Der Energydrink-Hersteller informiert uns eindringlich darüber, dass ohne seine koffeinhaltigen Zuckerbomben die Leistungsfähigkeit der Bevölkerung dramatisch sinken könnte. Der Brillenhersteller Fielmann argumentiert, dass Soldaten an der Front eine Zweitbrille brauchen – falls der erste Sehbehelf im Getümmel verloren geht. Und die Hersteller von kugelsicheren Westen werben nicht etwa mit Schutz, sondern mit der Frage: „Wollen Sie etwa sterben?“

Helsing geht da natürlich einen Schritt weiter. Es wird nicht mehr nur argumentiert, dass Drohnen nützlich seien. Nein, sie sind jetzt essenziell. Alternativlos. Wer nicht sofort zigtausend Einheiten ordert, handelt fahrlässig, setzt Europa einer untragbaren Gefahr aus, ist möglicherweise sogar ein Komplize des Gegners! Wir haben diesen Logik-Kreislauf bereits erlebt: Erst sind Waffen eine „Abschreckung“, dann eine „Sicherheitsmaßnahme“, dann eine „Präventionsstrategie“ – und schließlich eine „verantwortungsvolle Pflicht“. Am Ende liegt dann eine ganze Region in Schutt und Asche, und der Hersteller zieht Bilanz: „Das war ein erfolgreicher Monat!“

Von der Drohne zur Utopie: Ein Europa voller fliegender Maschinen

Doch träumen wir einmal mit den Herren und Damen von Helsing. Stellen wir uns ihr Europa vor, durchzogen von einem lückenlosen Netz aus Drohnen, die wie emsige Bienen den Himmel bevölkern. Immer auf der Hut, immer bereit. Sie erkennen Gefahren, bevor sie entstehen. Sie alarmieren die Bevölkerung, bevor die Bedrohung real wird. Sie greifen ein, bevor ein Gegner auch nur den Finger am Abzug hat. Sie patrouillieren über unseren Wäldern, Städten und Vorgärten, damit die Sicherheit nicht mehr von menschlichem Versagen abhängig ist. Und irgendwann? Irgendwann brauchen wir vielleicht gar keine Menschen mehr.

Denn warum noch Soldaten ausbilden, wenn es autonom ablaufende Kampfmechanismen gibt? Warum noch Grenzen durch Grenzposten sichern, wenn eine KI das effizienter erledigen kann? Warum noch politische Diskussionen führen, wenn die Algorithmen bereits errechnet haben, was am besten für uns alle ist?

Ein Europa, geschützt durch Helsing-Technologie – eine vollautomatisierte, gesicherte Zukunft, in der sich niemand mehr Sorgen machen muss. Klingt verlockend, oder?

Oder doch eher nach einer Dystopie, in der nicht nur die Freiheit, sondern auch der gesunde Menschenverstand still und heimlich zu Grabe getragen wird?

Der Markt entscheidet: Krieg als Wirtschaftszweig

Helsing ist nicht das Problem. Helsing ist die logische Konsequenz eines Systems, in dem Krieg nicht mehr eine Notwendigkeit ist, sondern ein Geschäftsmodell. Eine Industrie, die nicht aufhören kann, neue Bedrohungen zu erfinden, weil sie sonst selbst überflüssig wird. Ein Markt, der nicht nur Waffen verkauft, sondern auch die Narrative, die ihren Einsatz rechtfertigen. Eine Maschinerie, die sich selbst füttert – mit Ängsten, Feindbildern und der Hoffnung, dass der nächste Konflikt doch bitte nicht zu früh vorbei sein möge.

Und so fordert Helsing einen Drohnenwall. Morgen fordert ein anderer Hersteller etwas anderes. Und irgendwann fordern sie nicht mehr – sondern liefern einfach. Weil wir uns so sehr an ihre „Notwendigkeit“ gewöhnt haben, dass wir gar nicht mehr merken, wie tief wir bereits in ihrem perfiden Spiel stecken.

Denn eines ist sicher: Wer heute Drohnen bestellt, braucht morgen eine Rechtfertigung für ihren Einsatz. Und übermorgen eine neue Bedrohung, die noch mehr Drohnen erfordert. Willkommen im endlosen Kreislauf der Rüstungslogik. Möge der Beste gewinnen – oder besser gesagt: Möge derjenige mit der größten Produktionskapazität triumphieren.

Warum der deutsche Michel an allem schuld ist

Forscher der Technischen Universität Berlin haben eine bahnbrechende Entdeckung gemacht. Nach über drei Jahren akribischer Forschung, finanziert mit bescheidenen 660.000 Euro aus Steuergeldern, kommt die Studie zu einer revolutionären Erkenntnis: Die Schuld an der Clankriminalität trägt – Trommelwirbel – nicht etwa die Clans selbst, sondern die deutsche Gesellschaft! Ein Paukenschlag, der die Art, wie wir über Kriminalität, Verantwortung und die magische Macht der Sozialisation nachdenken, für immer verändern wird.

Kriminalität? Aber doch nur aus Versehen!

Man stelle sich das Drama vor: Junge Männer mit familiären Wurzeln in Palästina und dem Libanon, aufgewachsen in einem Land, das ihnen nichts als Möglichkeiten bietet, müssen – oh Schreck! – erleben, dass man sich in Deutschland an Gesetze halten soll. Der Schock sitzt tief. Denn die Mehrheitsgesellschaft, in ihrer abgrundtiefen Bosheit, hat es versäumt, diesen Männern eine reibungslose Integration auf dem goldenen Tablett zu servieren. Stattdessen überlässt man sie skrupellos dem Alltagstrott, der so gar nichts mit Schutzgelderpressung, Drogenhandel oder Juwelendiebstahl zu tun hat. Und dann wundert man sich, wenn sie aus purem Protest einen Tresor mit 100 Kilo Gold leeren!

Das methodische Meisterwerk: Interviews in der Shisha-Bar

Die bahnbrechenden Erkenntnisse dieser Studie beruhen auf zehn tiefgehenden Interviews von ein bis drei Stunden Länge. Das sind insgesamt stolze 30 Stunden intensiver Feldforschung! Ein beeindruckender Umfang, den man nur mit bahnbrechenden wissenschaftlichen Werken wie der Relativitätstheorie vergleichen kann. Die Interviews wurden – und jetzt halten Sie sich fest – in Shisha-Bars geführt. Welch idealer Ort, um die ungeschönte Wahrheit ans Tageslicht zu bringen! Vermutlich fand die Forschung in einer gemütlichen Rauchwolke aus Wassermelonen-Minze-Duft statt, während die Befragten mit ihrer Ehrlichkeit um die Wette qualmten.

Die Täter sind eigentlich Opfer – oder so ähnlich

Aus den Interviews geht klar hervor: Die „kriminellen“ Clanmitglieder sind gar nicht so kriminell, wie wir alle immer dachten. Vielmehr sind sie missverstandene Genies der alternativen Wirtschaftsförderung. Die Polizei? Nervig. Der Rechtsstaat? Ein Witz. Die Gesellschaft? Unfair. Und überhaupt, wenn jemand in einer Parallelwelt lebt, dann doch wohl der biedere Durchschnittsdeutsche mit seiner absurden Vorstellung von Recht und Ordnung!

Die Medien sind übrigens auch nicht unschuldig: Sie propagieren ein Zerrbild der „bösen Clans“, statt die wahre Geschichte zu erzählen – nämlich die von einer Gesellschaft, die diese Menschen mit fadenscheinigen Erwartungen wie „gesetzestreues Verhalten“ oder „Arbeiten gehen“ belastet. Skandalös!

Der Staat als Beihilfetäter?

Da stellt sich natürlich die Frage: Wenn nicht die Täter, sondern das System Schuld trägt – müsste dann nicht der Staat ebenfalls angeklagt werden? Schließlich hat er es versäumt, diesen talentierten jungen Männern lukrative Jobs in der Hochfinanz oder der Kunstszene zu vermitteln. Anstatt Millionenbeträge mit Banküberfällen zu erbeuten, hätten sie vielleicht als Investmentbanker Millionen in Cum-Ex-Geschäften verschieben können. Statt teure Uhren bei Juwelieren zu rauben, hätte man ihnen doch einfach welche schenken können!

Fazit: Es bleibt, wie es immer war

Wer nun erwartet, dass sich nach dieser bahnbrechenden Erkenntnis die gesellschaftliche Debatte ändert, der irrt gewaltig. Der brave deutsche Michel wird weiterhin seine Steuern zahlen, während sich Forscher, Politiker und andere Wohlmeinende mit der Erklärung beschäftigen, warum Kriminalität nicht von Kriminellen ausgeht. Und währenddessen wird in Shisha-Bars weiter über die Absurdität der deutschen Gesellschaft gelacht – natürlich nur, wenn die Rauchwolken die Sicht nicht zu sehr beeinträchtigen.

Vergelt’s Gott, Frau Minister

In den ehrwürdigen Hallen des Bundeskanzleramts zu Wien, wo die Geschichte Österreichs in jedem Winkel flüstert und die Schatten vergangener Staatsmänner und -frauen über die polierten Marmorböden huschen, hat sich jüngst eine Szene abgespielt, die selbst den abgebrühtesten Beobachter der politischen Bühne zum Stirnrunzeln bringt. Bundesministerin Claudia Plakolm, frisch ernannt und voller Tatendrang, ließ es sich nicht nehmen, ihr neues Büro von Erzbischof Franz Lackner segnen zu lassen. Ein Akt, der in seiner Symbolik so reichhaltig ist wie ein barockes Gemälde, aber in seiner Botschaft ebenso zwiespältig wie ein schlecht komponiertes Menuett.​

Die heilige Allianz von Staat und Kirche

Man stelle sich vor: In einem säkularen Staat, der stolz auf seine Trennung von Kirche und Staat verweist, wird das Büro einer Regierungsvertreterin mit Weihwasser besprengt, als wäre es ein frisch getauftes Kind. Erzbischof Lackner, seines Zeichens Vorsitzender der Bischofskonferenz und somit oberster Hirte der katholischen Herde in Österreich, schwingt den Weihwedel über den Schreibtisch der Ministerin, während die Kabinettsmitarbeiter andächtig das Haupt senken. Ein Bild für die Götter – oder vielmehr für die Chronisten der politischen Satire.​

Ein schlechtes Vorbild für alle Andersgläubigen

Doch was sagt dieser Akt aus in einem Land, das sich der Integration verschrieben hat? Wie mag sich ein Bürger muslimischen, jüdischen oder konfessionslosen Glaubens fühlen, wenn er sieht, dass höchste Regierungsämter mit christlichen Ritualen eingeweiht werden? Ist dies das Signal einer offenen, pluralistischen Gesellschaft, die alle Religionen und Weltanschauungen gleich behandelt? Oder manifestiert sich hier eine subtile Botschaft, dass einige Glaubensrichtungen eben doch näher am Machtzentrum sind als andere?​

Die Themenverfehlung einer Integrationsministerin

Frau Plakolm, in ihrer Funktion auch zuständig für Integration, hätte hier die Chance gehabt, ein Zeichen der Neutralität und Offenheit zu setzen. Stattdessen wählt sie den Weg der konfessionellen Einseitigkeit und lässt ihr Büro im Beisein des Klerus segnen. Eine Themenverfehlung, die in ihrer Deutlichkeit kaum zu überbieten ist. Man könnte fast meinen, die Ministerin habe das Kapitel über die Trennung von Kirche und Staat in ihrem politischen Handbuch überblättert.​

Vergelt’s Gott, Frau Ministerin!

In Anbetracht dieser Geschehnisse bleibt dem staunenden Beobachter nur noch, der Ministerin ein herzliches „Vergelt’s Gott“ zuzurufen – nicht ohne eine gehörige Portion Ironie. Denn wenn die Grenzen zwischen Staat und Kirche derart fließend sind, könnte man fast meinen, wir befänden uns im Österreich des 19. Jahrhunderts, als der Klerus noch direkten Einfluss auf die Staatsgeschäfte hatte. Doch nein, wir schreiben das Jahr 2025, und solche Bilder sollten eigentlich der Vergangenheit angehören.​

Ein humorvoller Blick auf ernste Fragen

Natürlich könnte man all dies als harmlose Folklore abtun, als liebenswerten Anachronismus in einer sonst so nüchternen politischen Landschaft. Doch gerade in Zeiten, in denen Integration und Gleichbehandlung aller Bürger höchste Priorität haben sollten, wirken solche Aktionen wie ein Schritt zurück in vergangene Zeiten. Vielleicht sollte man der Ministerin beim nächsten Mal statt eines Erzbischofs einen interreligiösen Chor vorschlagen, der mit einem fröhlichen Lied die Vielfalt und Offenheit unseres Landes besingt. Das wäre dann wahrlich ein Segen für alle.

Ein Denkmal der deutschen Energiewende – aus Beton und Sturheit

So einfach weicht das ausgemusterte Hamburger Kohlekraftwerk nicht

Es war einmal ein Kraftwerk. Kein gewöhnliches, sondern ein Meisterwerk deutscher Ingenieurskunst, ein Symbol für Effizienz und Leistungsfähigkeit. Das Kohlekraftwerk Moorburg, erst 2015 in Betrieb genommen, markierte mit einem Wirkungsgrad von 46,5 Prozent die Weltspitze der Steinkohlekraftwerke. Zwei Blöcke mit jeweils 800 Megawatt Leistung versorgten eine pulsierende Wirtschaftsregion mit kostengünstiger und verlässlicher Energie. Aber das reicht in diesen Zeiten nicht mehr. Effizienz und Funktionalität? Schnee von gestern. Ideologie ist gefragt, nicht Ingenieurskunst. So wurde der Koloss nach nicht einmal sechs Jahren Laufzeit aufs Abstellgleis geschoben, die Zukunft besiegelt von grünen Schreibtischkriegern mit Abschaltreflex.

Milliarden für den Schrottplatz

Die Zahlen sind absurd, aber so ist eben die Energiewende: 3,5 Milliarden Euro Baukosten, jahrzehntelange Planungen, Umweltauflagen, Genehmigungsverfahren – alles für ein Kraftwerk, das für mindestens 25 Jahre ausgelegt war. Doch bereits im Juli 2021 war Schluss. Die Bundesnetzagentur, unter grünem Einfluss stehend, winkte die Schließung durch, als gäbe es keinen wirtschaftlichen und energiepolitischen Schaden. Hamburg verlor eine seiner wichtigsten Strom- und Fernwärmequellen, der Hamburger Hafen, Airbus und die metallverarbeitende Industrie mussten sich anderweitig behelfen. Ein Ersatzplan? Fehlanzeige.

Aber immerhin bleibt die Symbolik: Hier ruht ein weiteres Denkmal der deutschen Energiewende, ein Mahnmal aus Stahl und Beton für blinden Eifer und wirtschaftliche Kurzsichtigkeit.

Nicht mal die Sprengung bekommen sie gebacken

Nun könnte man meinen, wenn ein Bauwerk schon zwangsgeschlossen und sinnlos entsorgt wird, könnte dies wenigstens mit einem würdevollen Finale geschehen. Eine finale Explosion, ein sauber inszenierter, präzise geplanter Abriss. Doch auch das misslang grandios. Am Sonntagvormittag sollte es so weit sein: Die beiden riesigen Kesselhäuser, Symbole der einstigen Energieautonomie Hamburgs, sollten mit jeweils 600 Kilogramm Sprengstoff in sich zusammenfallen. Doch nur eines folgte brav dem Plan, das andere widerstand stoisch. Die Sprengladungen zündeten – und nichts geschah.

Die Hamburger Energiewerke geben sich ratlos. Woran lag es? War der Beton zu widerstandsfähig? Die Bauweise zu robust? Oder einfach nur die Planung, typisch für die neue deutsche Gründlichkeit, mangelhaft? Es bleibt eine bittere Ironie: Ein Kraftwerk, das nicht hätte abgeschaltet werden sollen, wehrt sich selbst bei der Demontage gegen sein Schicksal. Vielleicht ein letztes Aufbäumen gegen die Absurdität der Verhältnisse.

Und was jetzt? Planlos ins energetische Vakuum

Mit der Abschaltung von Moorburg wurde nicht nur ein hocheffizientes Kraftwerk geopfert, sondern auch jede Form von Weitsicht. Ersatz gibt es nicht. Während die Stadt Hamburg über Notlösungen für die Fernwärmeversorgung brütet, springen teure Gas- und Ölkraftwerke ein, um die entstandene Lücke zu füllen – wenn sie denn genug Brennstoff bekommen. Die Preise steigen, die Versorgungssicherheit sinkt, aber Hauptsache, der politische Wille wurde exekutiert.

Und so bleibt am Ende eine Stadt, die sich selbst die Lichter ausknipst. Ein Wirtschaftsstandort, der sich mutwillig in eine Abwärtsspirale begibt. Ein Kraftwerk, das nicht einmal würdevoll zu Boden gehen durfte. Und eine Nation, die sich fragt, wie lange sie sich diesen Irrsinn noch leisten kann.

Sicherheit durch Pflicht

Es war einmal ein Land, das war bekannt für seine Effizienz, seine Ingenieurskunst und seine Fähigkeit, aus der Not eine Tugend zu machen. Nun aber, in der Ära der kreativsten politischen Lösungen, war man über diese verstaubten Tugenden hinausgewachsen. Man hatte das Problem erkannt, man hatte die Herausforderung verstanden, und nun, ja nun, hatte man auch endlich die richtige Antwort gefunden: die Messergebotszone.

Denn wie jeder Logiker weiß: Wenn die Verbotszone nichts hilft, dann hilft nur das Gebot! So wie das Alkoholverbot in der Prohibition den Konsum auf wundersame Weise reduziert hat, so wie der Krieg gegen Drogen die Welt in eine friedliche, suchtfreie Idylle verwandelte, so wird auch die Messergebotszone der Schlüssel zu einem neuen, besseren, moderneren Deutschland sein.

In dieser Pionierstadt, deren Name hier aus Diskretionsgründen nicht genannt werden soll – nennen wir sie lieber Exemplarstadt – wurde erkannt, dass das Problem nicht etwa durch die Abwesenheit von Messern entstünde, sondern vielmehr durch deren falsche Nutzung. Wäre es nicht also die beste Lösung, die Pflicht zum Messertragen einzuführen? Ein Messer für jeden, eine Pflicht für alle!

Die Moral der Klinge

Ein Messer ist ja per se nichts Schlechtes. Es gibt Brotzeitmesser, Buttermesser, Taschenmesser, Springmesser, Kampfmesser – eine große Vielfalt, ein Fest der Differenzierung! Ist es nicht bezeichnend, dass sich eine Gesellschaft, die so sehr auf Individualität pocht, ausgerechnet hier so restriktiv zeigt? Warum sollten wir weiterhin in einer Welt leben, in der Messer stigmatisiert werden? Wer keine Waffen hat, ist doch dem wehrhaften Bürger unterlegen! Nein, nein – das kann so nicht weitergehen.

Die neue Maßgabe in Exemplarstadt lautet daher: Jeder Bürger muss mindestens ein Messer sichtbar bei sich tragen. Es soll als Zeichen des Vertrauens gelten, als Symbol des guten Willens. Wer keines trägt, fällt auf. Er ist suspekt, ein potenzieller Störer des sozialen Friedens. Denn er könnte sich ja fragen: Warum verzichten? Was hat er zu verbergen? Wer das System ablehnt, macht sich verdächtig. Wer kein Messer hat, ist eine Gefahr!

Von der Messerpflicht zur Waffengleichheit

Natürlich gibt es Kritiker, diese ewigen Querulanten, die in allem den Untergang des Abendlandes wittern. Sie fragen: „Was ist mit denjenigen, die keine Messer tragen wollen?“ Nun, was war mit denjenigen, die einst keine Helme beim Radfahren tragen wollten? Was war mit denen, die Sicherheitsgurte als Eingriff in ihre persönliche Freiheit empfanden? Sie wurden gezwungen, weil das Kollektiv wichtiger ist als das Individuum. Genauso verhält es sich mit der Messergebotszone.

Und was ist mit den Kindern? Nun, sie müssen früh lernen, Verantwortung zu übernehmen. Ein gut geschliffenes Brotmesser in der Schultasche fördert den Sinn für Disziplin. Das Wissen um die eigene Wehrhaftigkeit schärft das Sozialverhalten. Wer seinem Nachbarn jederzeit mit einer scharfen Klinge in die Augen blicken kann, wird sich zwei Mal überlegen, ob er unfreundlich ist.

Wer sich verteidigt, lebt länger

Die Messergebotszone ist nicht das Ende der Entwicklung – sie ist erst der Anfang! Bald werden wir von einer allgemeinen Bewaffnungspflicht sprechen. Vielleicht kommen noch Schwerter, Speere oder Morgensterne hinzu – warum nicht? Schließlich waren jene Zeiten, in denen Waffen ein Zeichen von Ehre und Stärke waren, nicht unbedingt schlechter als unsere heutige Welt der diffusen Unsicherheit. Wer weiß, vielleicht wird Exemplarstadt das neue Vorbild für ganz Europa?

Eines ist sicher: Die Zukunft gehört den Bewaffneten. Und die Messergebotszone ist der erste Schritt in diese strahlende, scharf geschliffene Welt!

Wie man ein Land mit Tinte unterwirft

Es war einmal, in einem Land, das sich seiner Geschichte rühmte und seiner Zukunft fürchtete, ein Dokument, das mit einer einzigen Unterschrift ein ganzes Volk von der Last der Demokratie befreite. Es war ein Dokument, das den wenigen Erleuchteten die Verantwortung aufbürdete, während die vielen Unwissenden erleichtert aufatmen durften. Schließlich, so sagte man sich, war die Demokratie nichts als eine lästige Fußfessel für jene, die schneller laufen wollten als der Rest.

Man sollte meinen, dass eine solch gravierende Veränderung der politischen Landschaft von lauten Debatten, harten Auseinandersetzungen und intellektuellen Kämpfen begleitet worden wäre. Aber nein, nichts dergleichen. Ein federleichter Federstrich genügte – und schon wurde die Geschichte von einem Parlament, das den eigenen Untergang in Gesetzesform goss, fortan nur noch von Historikern diskutiert, die mit weinerlichem Unterton fragten: „Wie konnte das nur geschehen?“.

Dabei war die Antwort denkbar einfach: Es geschah so, wie immer alles geschieht. Die einen wollten es, die anderen fürchteten sich davor, und die meisten waren zu bequem, um es zu verhindern. Die Worte klangen doch so vernünftig, die Argumente so zwingend, und die Alternativen – gab es die überhaupt? „Ein Notstand“, so hieß es. Und wenn es um Notstände geht, dann hat Vernunft immer Pause.

Die Kunst des Regierens mit leeren Händen

Nun, da die Formalitäten erledigt waren und der Stempel trocken, konnte das große Aufräumen beginnen. Und was für ein Aufräumen das war! Endlich konnte man sich der unnützen Altlasten entledigen: Meinungsfreiheit? Ein Relikt vergangener Tage. Parlamentarische Debatten? Ein Hindernis für effizientes Handeln. Rechtsstaatlichkeit? Eine überflüssige Fessel für jene, die wirklich wissen, was gut für das Volk ist.

Das Volk selbst? Ach, das war ein Kapitel für sich. Man hatte es über Jahre hinweg in dem Glauben gelassen, es könnte selbstbestimmt über sein Schicksal entscheiden. Welch ein groteskes Missverständnis! Demokratie war doch nie mehr als eine theatralische Inszenierung gewesen, ein buntes Spektakel für die Massen, die sich in der Illusion wiegten, sie hätten tatsächlich Einfluss auf das Geschehen. In Wahrheit war die Politik immer ein Spiel weniger Auserwählter gewesen, die geschickt die Fäden zogen, während das Volk mit Brotkrumen und Zirkusspielen bei Laune gehalten wurde.

Nun also war die Maskerade beendet. Endlich konnte man regieren, ohne Rücksicht nehmen zu müssen auf widerspenstige Journalisten, akademische Besserwisser oder bockige Oppositionsparteien. Endlich konnte man die großen Visionen in die Tat umsetzen, ohne sich mit lästigen Details wie Verfassungen oder Grundrechten aufzuhalten. Endlich konnte das Volk in eine strahlende Zukunft geführt werden – ob es wollte oder nicht.

Der Preis der Bequemlichkeit – Wer schweigt, stimmt zu

Die große Ironie an der ganzen Geschichte war jedoch, dass es kaum jemanden zu stören schien. Im Gegenteil, viele waren geradezu erleichtert. Endlich Schluss mit der anstrengenden Eigenverantwortung! Endlich keine Wahlen mehr, bei denen man sich zwischen Pest und Cholera entscheiden musste! Endlich klare Verhältnisse, klare Ansagen und – ach, was für ein Glück – keine Kompromisse mehr!

Natürlich gab es einige Unverbesserliche, die mahnten und warnten, die auf den Straßen protestierten oder gar versuchten, das Undenkbare zu tun: Widerstand leisten. Doch sie wurden schnell eines Besseren belehrt. Die neue Ordnung war gekommen, um zu bleiben, und wer das nicht begriff, der fand sich bald in der angenehmen Stille eines gut geführten Lagers wieder, wo er in aller Ruhe über seine Fehler nachdenken konnte.

Das Volk hingegen passte sich an. Es hatte gelernt, dass Schweigen nicht nur Gold, sondern oft auch Leben bedeutete. Und so schwieg es – aus Angst, aus Desinteresse oder schlicht aus der Einsicht, dass man gegen die Strömung nicht schwimmen kann, ohne dabei nass zu werden. Der Alltag ging weiter, der Brotpreis blieb stabil, und solange das Bier nicht teurer wurde, war die Welt in Ordnung.

Lektionen aus der Geschichte, die niemand lernen will

Es ist immer wieder erstaunlich, wie sehr sich Geschichte wiederholt und wie wenig die Menschen aus ihr lernen. Die Mechanismen sind stets die gleichen, die Muster so offensichtlich, dass man glauben könnte, selbst ein Kind müsste sie erkennen. Und doch – immer wieder marschieren Gesellschaften mit offenen Augen in ihr Verderben, angeführt von charismatischen Führern, die ihnen das Blaue vom Himmel versprechen, während sie heimlich die Grundpfeiler der Freiheit untergraben.

Und wenn dann eines Tages das Erwachen kommt – falls es überhaupt kommt –, dann ist das Staunen groß, die Fassungslosigkeit unermesslich. Wie konnte das geschehen? Wo waren die Warner? Warum hat niemand etwas getan? Die Antwort ist so banal wie bitter: Sie waren da, die Warner, aber niemand wollte ihnen zuhören. Und getan hat niemand etwas, weil es immer bequemer ist, nichts zu tun.

So bleibt am Ende nur eine Frage: Wird es beim nächsten Mal anders sein? Oder wird die Geschichte sich wiederholen – nicht als Farce, sondern als Tragödie? Die Antwort liegt, wie immer, in den Händen jener, die heute noch entscheiden können.

(Natürlich ging es um das Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich, RGBl. I S. 141, alle Ähnlichkeiten mit der heutigen Zeit wären natürlich unbeabsichtig und rein zufällig)

Die große Selbstbedienung

Einführung in die Kunst der politischen Selbstfürsorge

Ein altes Sprichwort besagt: „Wer den Futtertrog bewacht, frisst zuerst.“ Und in der EU, diesem leuchtenden Paradebeispiel für demokratische Selbstkontrolle und fiskalische Zurückhaltung, nimmt man diese Weisheit sehr ernst. Denn während sich Otto Normalverbraucher in Brüssel durch die Bürokratielabyrinthe kämpft, um eine Subvention für seinen maroden Bauernhof oder eine Förderung für sein ambitioniertes Start-up zu ergattern, gibt es eine Elite, die sich gar nicht erst mit solchen profanen Dingen herumschlagen muss: die 66.000 Beschäftigten der EU-Institutionen. Ihnen fließt das Geld in zuverlässiger Regelmäßigkeit zu – und das mit einer Konstanz, die Schweizer Uhrmacher vor Neid erblassen lässt.

Eine Erhöhung jagt die nächste – und niemand fragt nach dem „Warum?“

Zum siebten Mal innerhalb von nur drei Jahren werden die EU-Gehälter nun angepasst. „Angepasst“ – welch wunderbar euphemistischer Begriff für das, was es wirklich ist: eine Gehaltserhöhung! Schließlich lebt es sich mit den drückenden Sorgen eines monatlichen Einkommens von 3.645 Euro (im schlimmsten Fall!) oder gar 34.800 Euro (im besten Fall!) nur schwerlich. Man stelle sich vor, man müsste mit diesem Kleingeld in Brüsseler Feinkostgeschäften überleben, eine Sommerresidenz in Südfrankreich unterhalten oder die internationalen Eliteschulen für den Nachwuchs bezahlen. Unvorstellbar!

Inflation? Die Gießkanne regelt das!

Doch halt – die Erhöhung kommt ja nicht aus heiterem Himmel. Es ist die Inflation, dieses böse Monster, das selbst die Elite nicht verschont. Und weil es der EU-Elite stets um Gerechtigkeit geht, hat man sich eine geniale Lösung überlegt: Anpassung zweimal jährlich! Im Januar und im Juli. Damit nicht genug: Wenn es im Vorjahr nicht ganz zur gewünschten Steigerung reicht, dann gibt es einfach eine Nachzahlung im April. Sozusagen der „Inflationsbonus Deluxe“ – ein Konzept, von dem sich Normalverdiener, Rentner und Selbstständige eine dicke Scheibe abschneiden könnten. Dumm nur, dass sie es nicht können. Denn für sie gibt es kein „automatisches Anpassungsmodell“, sondern nur die mühsame Hoffnung auf Tarifverhandlungen, gnädige Arbeitgeber oder großzügige Sozialleistungen.

Eine Managerin der Sonderklasse

Die EU-Kommissionspräsidentin selbst darf sich fortan über 34.800 Euro monatlich freuen – eine Summe, die sie sich durch unermüdliche Arbeit redlich verdient hat. Denn immerhin muss sie den Kontinent durch schwierige Zeiten steuern, sich mit unbequemen Fragen zur Demokratie in der EU und der Vergabe von Impfstoffverträgen auseinandersetzen und gleichzeitig noch ausreichend Zeit finden, um ihre persönliche Vision eines europäischen Superstaates voranzutreiben. Ein Knochenjob, der selbstverständlich gebührend entlohnt werden muss!

Die „Mäßigungsklausel“ – eine Sternstunde der EU-Logik

Aber, liebe Leser, haltet ein! Die EU hat ja tatsächlich Rücksicht genommen. Letztes Jahr hätte es nämlich eigentlich 8,5 Prozent mehr geben sollen – aber man wollte sich bescheiden zeigen und hat „nur“ 7,3 Prozent ausgeschüttet. Welch eine noble Geste! Die restlichen 1,2 Prozent kommen nun mit leichter Verzögerung. So sieht Verantwortungsbewusstsein in der Politik aus: Man genehmigt sich die Erhöhung einfach ein bisschen später. Vielleicht ein Vorbild für zukünftige Rentenreformen?

Ein Schlaraffenland ohne Grenzen

Was lernen wir also aus dieser Geschichte? Wer clever ist, sorgt dafür, dass er sein Geld nicht von einem knausrigen Arbeitgeber oder einer geizigen Rentenkasse bekommt, sondern direkt von der EU. Denn dort sitzt das Füllhorn so locker, dass selbst die biblische Manna-Versorgung dagegen wie ein karges Almosen erscheint. Und während die einfachen Bürger brav Steuern zahlen, auf Gehaltserhöhungen hoffen oder mit den realen Konsequenzen der Inflation kämpfen, sorgen die Brüsseler Eliten dafür, dass ihre eigenen Gehälter sich stets im Gleichschritt mit den steigenden Preisen bewegen – oder besser noch: ihnen vorauslaufen.

Wer also noch kein EU-Beamter ist, sollte dringend über eine Karriere in Brüssel nachdenken. Die Zukunftsaussichten sind rosig – und die Gehaltserhöhungen sind sicher!

NETFLIX: Die Wirklichkeit ist eine Frage der Perspektive

Es gibt sie noch, die magischen Momente der Popkultur. Diese seltenen Sternstunden, in denen die Verantwortlichen einer milliardenschweren Streaming-Plattform gemeinsam mit einer Handvoll gleichgesinnter Drehbuchautoren in einem Londoner Loft zusammensitzen, ein Glas fair gehandelten Bio-Weißweins schwenken und sich fragen: „Wie können wir die Realität noch ein bisschen schöner, noch ein bisschen richtiger machen?“ Und „richtiger“ heißt in diesem Fall natürlich: politisch stimmiger, moralisch vorteilhafter und – selbstverständlich – pädagogisch wertvoller.

So oder so ähnlich muss es wohl gewesen sein, als die Drehbuchautoren von Adolescence, der neuesten Netflix-Produktion aus Großbritannien, beschlossen, dass ihre Serie auf wahren Begebenheiten beruhen soll – allerdings nur so weit, wie es in ihre ideologische Schablone passt. Ein paar Unannehmlichkeiten der Wirklichkeit? Kein Problem, die kann man doch ganz leicht umdeuten! Ein paar Details, die nicht ins Weltbild passen? Einfach wegstreichen! Und so wurde aus einer Reihe von brutalen Messerangriffen, die von schwarzen Jugendlichen verübt wurden, plötzlich eine ganz andere Geschichte. Plötzlich ist der Täter – oh, Überraschung! – ein weißer Junge.

Die Kunst der kreativen Wahrheitsfindung – oder warum 2 + 2 manchmal 5 ergibt

Nun könnte man natürlich anmerken, dass es sich bei Filmen und Serien um Kunst handelt und Kunst selbstverständlich kreative Freiheiten genießt. Ein Märchen, eine Dystopie, eine Fiktion – warum sollte sie sich an die schnöde Realität klammern? Doch das Problem ist nicht die künstlerische Freiheit. Das Problem ist, dass diese Art der „Fiktion“ nicht als solche verkauft wird. Vielmehr behauptet Netflix mit einem unschuldigen Augenzwinkern, die Serie sei inspiriert von wahren Begebenheiten. Es geht also nicht darum, eine völlig aus der Luft gegriffene Geschichte zu erzählen, sondern eine reale Geschichte bewusst umzudeuten – mit einer ganz bestimmten politischen Absicht.

Warum also dieser Austausch? Warum dieser ideologische Kniff? Die Antwort ist ebenso simpel wie deprimierend: Weil die Wahrheit nicht zur bevorzugten Erzählung passt.

Die Realität, so wie sie sich tatsächlich abspielt, ist unbequem. Sie passt nicht in das Weltbild jener Medienmacher, die sich zum Ziel gesetzt haben, dem Publikum ihre Version der Welt aufzudrängen. Eine Version, in der der „böse weiße Mann“ der ewige Schurke ist und alle anderen bestenfalls bemitleidenswerte Opfer, schlimmstenfalls aber passive Statisten ohne Eigenverantwortung.

Wenn Moral über Logik steht – willkommen in der neuen Normalität

In dieser neuen Art von Erzählkunst geht es nicht mehr darum, was passiert ist, sondern darum, was hätte passieren sollen. Es geht nicht mehr darum, eine Geschichte zu erzählen, die auf Fakten basiert, sondern eine, die auf einer moralischen Wunschvorstellung fußt. Die Prämisse lautet: Wenn die Realität nicht so ist, wie wir sie gerne hätten, dann ändern wir eben die Narrative, bis es passt.

Und genau so entsteht eine Serie wie Adolescence – eine Serie, die sich zwar aus dem Fundus der Realität bedient, aber diesen Fundus dann so lange umsortiert, neu etikettiert und mit ideologischen Filtern überzieht, bis von der ursprünglichen Realität nur noch eine Parodie übrig bleibt. Eine Parodie, die sich zwar als ernsthafte Gesellschaftsanalyse ausgibt, aber in Wahrheit nichts anderes ist als ein didaktisches Lehrstück für all jene, die bereit sind, sich erziehen zu lassen.

Die Macht der selektiven Wahrnehmung – oder warum der Zuschauer immer dümmer werden soll

Das Erschreckende an dieser neuen Form der „realitätsbasierten“ Fiktion ist nicht nur die Dreistigkeit, mit der Fakten verdreht werden, sondern auch die dreiste Annahme, dass der Zuschauer es nicht bemerkt. Oder, schlimmer noch, dass er es bemerkt und trotzdem akzeptiert – weil er längst darauf konditioniert wurde, alles zu schlucken, was ihm serviert wird, solange es nur mit der richtigen moralischen Verpackung daherkommt.

Man könnte fast Mitleid haben mit den Netflix-Machern, wenn man sich vorstellt, wie sie sich gegenseitig auf die Schultern klopfen und sich für ihre gesellschaftliche Verantwortung loben. Für ihre mutige Entscheidung, die Wahrheit ein bisschen zu verbessern. Für ihren Beitrag zum großen, edlen Ziel, die Welt ein Stück gerechter zu machen – auch wenn dazu ein paar Details geopfert werden müssen.

Das Märchen vom edlen Motiv – und warum wir uns nicht für dumm verkaufen lassen sollten

Natürlich werden all jene, die es wagen, diese absurde Verzerrung der Realität zu kritisieren, schnell in eine Schublade gesteckt. „Rechte Hetzer“, „reaktionäre Wutbürger“, „ewig Gestrige“ – die Liste der Kampfbegriffe ist lang. Doch das ändert nichts an der Tatsache, dass eine absichtliche Verdrehung der Realität kein harmloser künstlerischer Kniff ist, sondern ein manipulativer Eingriff in unser kollektives Bewusstsein.

Die Frage ist: Wie lange lassen wir uns das noch gefallen? Wie lange schauen wir noch zu, während Streaming-Plattformen, Medien und Kulturschaffende die Realität so lange umschreiben, bis sie in ihr Weltbild passt? Und wann endlich haben wir den Mut zu sagen: Die Wahrheit ist nicht verhandelbar – auch wenn sie unbequem ist.

Was ist mit der einstigen Friedensbewegung geschehen?

Wer braucht noch den Frieden, wenn es um Haltung geht?

Es war einmal eine Bewegung. Sie füllte die Straßen, trug Plakate mit der simplen Forderung „Frieden“, sang Lieder gegen das Wettrüsten, war jung, war mutig, war laut. Man schüttelte wütend die Fäuste gegen die NATO, gegen Pershing-II-Raketen, gegen den imperialistischen Kriegstreiber auf der anderen Seite des Atlantiks. Man stellte sich mutig der Staatsgewalt entgegen, erklärte den Amerikanern, dass ihre Bomben hier nicht erwünscht seien, und wusste sich stets auf der richtigen Seite der Geschichte. Die Friedensbewegung war ein moralischer Leuchtturm, unerschütterlich, unbeirrbar – und, nun ja, längst vergessen.

Vom Protest zur Stille – ein leiser Abgang

Man könnte fragen: Wo ist sie hin? Die Antwort ist eine leise. Sie hat sich in ihre Einzelteile zerlegt, ist aufgesogen worden von anderen, lauteren, dringlicheren Anliegen. Heute füllen Demonstranten die Straßen nicht mehr mit Forderungen nach Abrüstung, sondern mit Begriffen aus dem Poststrukturalismus. Sie kämpfen nicht gegen Kriege, sondern gegen Begriffe, die verletzen könnten. Gendersternchen und Safe Spaces sind wichtiger als Friedensverhandlungen. Wer „die da oben“ kritisieren will, tut dies nicht mehr mit Transparenten gegen Waffenexporte, sondern mit empörten Tweets über mangelnde Diversität in Talkshows.

Krieg ist Frieden, sagte schon Orwell – und keiner merkt es

Vielleicht ist es ja so: Die Friedensbewegung hat ihren Endgegner gefunden – sich selbst. Denn wenn man sich jahrzehntelang mit moralischer Überlegenheit aufgeladen hat, ist es schwer, zu akzeptieren, dass die Welt nicht schwarz-weiß ist. Heute steht man vor dem Dilemma: Was tun, wenn es nicht mehr der böse Westen ist, der die Kriege führt? Wenn ausgerechnet die Länder, die man einst bewunderte, selbst die Aggressoren sind? Lieber schweigen. Lieber hoffen, dass keiner fragt, wo man eigentlich steht. Und vor allem: Bloß nicht den Fehler machen, den eigenen moralischen Kompass zu hinterfragen. Man könnte ja Gefahr laufen, nicht mehr zur richtigen Szene zu gehören.

Haltung zeigen, aber bitte nicht zu laut

Frieden ist kompliziert geworden. Man kann ihn nicht mehr einfach fordern, denn wer Frieden will, muss mit den falschen Leuten reden. Diplomatie ist verdächtig, Waffenlieferungen sind in Mode, und wer einen Waffenstillstand fordert, wird als Verräter beschimpft. Die Parole „Nie wieder Krieg!“ ist modisch überholt – ersetzt durch „Nie wieder Krieg, aber …“. Die Bewegung von einst hat sich in eine Sammlung einzelner Twitter-Hashtags verwandelt, in wohlklingende Statements in Talkshows, in „Haltung zeigen“ als leere Floskel. Man ist heute gegen Kriege, aber nur gegen die richtigen. Gegen Waffen – aber nur die falschen.

Der Frieden stört nur noch

Früher waren die Friedensbewegten unbequem. Sie störten den Status quo, sie zwangen Politiker, sich zu rechtfertigen. Heute ist Frieden selbst eine Störung. Er ist hinderlich für politische Narrative, unbequem für die eigene Seite. Wenn Krieg dem Guten dient, dann kann man ihn ja nicht mehr einfach ablehnen. Dann muss man differenzieren, abwägen, zwischen „guten“ Bomben und „schlechten“ Bomben unterscheiden. Und so hat sich die einst stolze Bewegung selbst in die Irre geführt, hat sich zerlegt in Bekenntnisrituale, in empörte Debatten über Symbolik statt über Realität.

Ein Appell an das eigene Denken

Ist Frieden noch ein Ziel oder nur noch eine nostalgische Erinnerung? Ist er zu kompliziert für unsere Zeit geworden, zu sehr gefangen in den Verstrickungen von Ideologie und Identitätspolitik? Vielleicht wäre es an der Zeit, wieder über das zu sprechen, was wirklich zählt. Vielleicht wäre es an der Zeit, sich daran zu erinnern, dass Frieden mehr ist als ein moralisches Accessoire. Und vielleicht, ganz vielleicht, wäre es an der Zeit, wieder auf die Straße zu gehen – mit einer simplen, altmodischen Forderung: „Keinen Krieg!“ Aber das wäre wohl zu viel verlangt. Denn wer will sich heute noch den Vorwurf gefallen lassen, einfach nur naiv zu sein?

Kakistokratie, die

Altgriechisch, Substantiv, feminin: Regierung durch die am wenigsten Qualifizierten

Es begab sich zu einer Zeit, die leider nicht nur eine Zeit, sondern vielmehr ein Dauerzustand ist, dass jene an die Schalthebel der Macht gelangten, deren größte Qualifikation ihre schiere Inkompetenz war. Das mag paradox erscheinen, doch wer den menschlichen Hang zur Selbstsabotage kennt, wird sich kaum darüber wundern.

Unsere Epoche erlebte nicht etwa den Sturz der Fähigsten, sondern deren freiwilligen Rückzug ins Private. Wer klug genug war, die Mechanismen der Macht zu durchschauen, war ebenso klug genug, sich nicht in sie verstricken zu lassen. So blieb das Feld jenen überlassen, die in ihrer grenzenlosen Selbstüberschätzung nicht einmal ahnten, dass sie nichts wussten.

Vom Triumph der Mittelmäßigkeit

Es ist nicht so, dass der Niedergang der Vernunft ein plötzliches Ereignis war. Vielmehr handelte es sich um eine schleichende Erosion, eine stille Revolution der Anspruchslosigkeit. Die alten Eliten, einst eine Meritokratie, in der zumindest rudimentäre Kompetenz Voraussetzung für Einfluss war, wurden durch eine Schar professioneller Dilettanten ersetzt. Man feierte nicht mehr den klugen Kopf, sondern den, der am besten mit Allgemeinplätzen jonglierte.

Die Demokratie verwandelte sich in ein groteskes Schauspiel, in dem nicht mehr die Besten gewählt wurden, sondern jene, die am geschicktesten die niederen Instinkte des Volkes bedienten. Wähler wurden nicht mehr mit Argumenten überzeugt, sondern mit dem höchsten Unterhaltungswert geködert. Die ernsthafte Auseinandersetzung wich einer Reality-Show, in der Charisma wichtiger war als Kompetenz und der lauteste Schreihals stets den Vorzug erhielt.

Die Kunst des gepflegten Scheiterns

Es war eine neue Qualität der Politik, dass sich Unvermögen nicht länger verstecken musste. Wo einst Peinlichkeiten vertuscht wurden, wo Inkompetenz als Makel galt, feierte man nun das grandiose Scheitern als Beweis für Authentizität.

Minister prahlten damit, von ihrem Ressort keine Ahnung zu haben, Kanzlerinnen und Kanzler stolperten von Krise zu Krise, ohne jemals eine Lösung zu präsentieren, und die Wähler zuckten nur mit den Schultern: „Sind doch auch nur Menschen!“ Der Anspruch, dass jemand, der ein Land regiert, wenigstens die grundlegenden Mechanismen des Staatswesens verstehen sollte, galt plötzlich als elitaristisch.

Ja, selbst wenn sich eine Regierung in eine groteske Farce verwandelte, in der unfassbare Fehler mit todernster Miene als alternativlose Notwendigkeiten verkauft wurden, blieb das Volk erstaunlich duldsam. Der Trick? Man bombardierte es mit einer solchen Flut an Absurditäten, dass niemand mehr wusste, worüber er sich zuerst aufregen sollte.

Das Paradoxon der Unfähigkeit

Ein faszinierendes Phänomen war, dass je unfähiger ein Herrscher war, desto sicherer er sich seiner Macht sein konnte. Denn seine Unfähigkeit wurde zur ultimativen Immunität. Fehler waren keine Fehler mehr, sondern narrative Stilmittel. Wer darauf hinwies, wurde als Besserwisser verhöhnt, als Nestbeschmutzer denunziert oder einfach als Verschwörungstheoretiker abgestempelt.

Die Kakistokratie schuf sich ihren eigenen Schutzmechanismus: Indem sie die Erwartungen an politische Akteure so weit senkte, dass selbst ein erwähnenswerter Erfolg als unerwartetes Wunder erschien, etablierte sie sich als unantastbar. Das Volk, umgarnt von Nebelkerzen und rhetorischem Bombast, klammerte sich an die Hoffnung, dass es nicht noch schlimmer kommen konnte – nur um jedes Mal eines Besseren belehrt zu werden.

Die Zukunft ist jetzt – und sie sieht nicht gut aus

Wie also weiter? Die Hoffnung, dass sich die Kakistokratie aus sich selbst heraus abschafft, ist ein Trugschluss. Im Gegenteil: Sie perfektioniert sich, indem sie jede Form von intelligenter Opposition im Keim erstickt. Das Erfolgsmodell der Mittelmaßigkeit ist so erfolgreich, dass es sich selbst reproduziert, sich mit jedem Zyklus verstärkt und verfeinert.

Die einzige verbleibende Waffe ist der Spott. Wer die Kakistokratie ernst nimmt, hat schon verloren. Wer sie jedoch als das erkennt, was sie ist – eine tragische Komödie von epischem Ausmaß – kann ihr zumindest mit sarkastischer Resignation begegnen. Die Hoffnung stirbt zuletzt, heißt es. In einer Kakistokratie jedoch stirbt sie stets zuerst – und kehrt als bitteres Lachen zurück.

Der Clown, der König wurde

Es ist das schlussendliche Paradoxon: Die Kakistokratie wächst nicht trotz ihrer Akteure, sondern gerade wegen ihnen. Wo früher Qualifikation zählte, genügt heute die Illusion von Authentizität. In dieser Welt ist der Clown der wahre König, denn sein Reich ist das Chaos – und er allein versteht es zu beherrschen.

STASI reloaded

Alle diese Untersuchungen“, sagte Bärbel Bohley1 1991, „die gründliche Erforschung der Stasi-Strukturen, der Methoden, mit denen sie gearbeitet haben und immer noch arbeiten, all das wird in die falschen Hände geraten. Man wird diese Strukturen genauestens untersuchen – um sie dann zu übernehmen. Man wird sie ein wenig adaptieren, damit sie zu einer freien westlichen Gesellschaft passen. Man wird die Störer auch nicht unbedingt verhaften. Es gibt feinere Möglichkeiten, jemanden unschädlich zu machen. Aber die geheimen Verbote, das Beobachten, der Argwohn, die Angst, das Isolieren und Ausgrenzen, das Brandmarken und Mundtotmachen derer, die sich nicht anpassen – das wird wiederkommen, glaubt mir. Man wird Einrichtungen schaffen, die viel effektiver arbeiten, viel feiner als die Stasi. Auch das ständige Lügen wird wiederkommen, die Desinformation, der Nebel, in dem alles seine Kontur verliert.

Man könnte meinen, die Freiheit hätte gesiegt, die Methoden der Unterdrückung wären mit dem Ende der DDR in den Orkus der Geschichte gekippt worden. Man könnte es meinen. Man könnte auch meinen, dass der moderne Mensch mit seinen individualistischen Idealen, seinem libertären Drang nach Selbstverwirklichung, seinen fähigen Händen an Smartphone und Tastatur heute freier wäre als je zuvor. Und dennoch – schleicht nicht der feine Nebel der Konformität wieder durch die Gassen, dezent duftend nach Fortschritt und Wohlanständigkeit? Es geht ja nicht mehr um grobschächtige Repression, um Folterkeller und schreiende Parteifunktionäre. Nein, es geht um subtilere Werkzeuge, feinjustierte Instrumente der Normierung.

Wie Anpassung zur Tugend wird

Wer braucht noch Gefängnisse, wenn sich die Menschen bereitwillig in den Zellen des digitalen Panoptikums einrichten? Warum direkte Zensur, wenn sich das gemeine Volk freudig selbst reguliert, mit moralisch überhöhter Strebsamkeit nach der einzig erlaubten Meinung? Die moderne Form der Disziplinierung ist nicht weniger effektiv als ihre groben Vorgänger – sie ist nur eleganter, feiner, durchtränkter von einem Gefühl moralischer Überlegenheit.

Das Geheimnis? Man nennt es heute nicht mehr „Unterdrückung“ – man nennt es „soziale Verantwortung“. Man nennt es „Haltung zeigen“. Wer anderer Meinung ist, ist nicht etwa „kritisch“, sondern „problematisch“. Man sperrt ihn nicht ein, aber man sperrt ihn aus.

Die neuen Tugendwächter

Wenn es doch nur die Bösen wären, die uns unterdrücken! Wenn es doch nur eine finstere Elite mit diabolischem Plan gäbe! Aber nein, es sind wir selbst, die sich gegenseitig in Schach halten. Wer früher für den falschen Witz beim „Genossen Abschnittsbevollmächtigten“ gemeldet wurde, kann heute mit einer Horde digitaler Sittenwächter rechnen. Sie kommen nicht mit klobigen Diktiergeräten, sondern mit Screenshots. Sie legen keine Akten an, sondern trendende Hashtags. Wer abweicht, wird nicht zum Umerziehungskurs geschickt – er verliert seinen Job, sein Netzwerk, seine Reputation.

Aber sei beruhigt: Es geschieht nicht aus Bosheit! Es geschieht im Namen des Guten, des Richtigen, des Wahren. Wer sich überwacht fühlt, hat eben ein schlechtes Gewissen. Und wer schweigt, gibt stillschweigend zu, auf der falschen Seite der Geschichte zu stehen.

Fortschritt mit unsichtbaren Ketten

Wie entkommt man dieser neuen Weltordnung der stillen Disziplinierung? Es gäbe Möglichkeiten: Radikaler Nonkonformismus, offene Rebellion, intellektuelle Redlichkeit. Doch das Problem ist: Der Druck, sich anzupassen, ist zu stark. Der Preis für Widerstand zu hoch. Es ist einfacher, sich der vorgegebenen Moral zu beugen, brav zu nicken, mit der Masse zu gehen – und insgeheim zu hoffen, dass man nie selbst in den Fokus dieser neuen Kontrollgesellschaft gerät.

Bärbel Bohley warnte 1991 vor genau diesem Szenario. Und doch haben wir nicht auf sie gehört. Warum auch? Es ist viel angenehmer, sich freiwillig zu fügen, als unter Zwang.

Schöne neue Welt. Oder war das jetzt auch schon wieder problematisch?

1 Bärbel Bohley (1945–2010) war eine deutsche Bürgerrechtlerin, Künstlerin und Mitbegründerin des Neuen Forums, einer bedeutenden oppositionellen Bewegung in der DDR. Sie setzte sich aktiv für Demokratie, Meinungsfreiheit und Bürgerrechte ein und wurde aufgrund ihres Engagements mehrfach von der Stasi überwacht und inhaftiert. Nach der Friedlichen Revolution 1989 spielte sie eine zentrale Rolle bei der politischen Umgestaltung der DDR und engagierte sich später für Transparenz bei der Aufarbeitung der Stasi-Vergangenheit. Trotz ihrer Verdienste um die deutsche Wiedervereinigung blieb sie eine kritische Stimme gegenüber politischen Entwicklungen in Deutschland.

Eine Europäische Verteidigung?

So wird das nichts.

Wieder einmal wird lautstark nach einer europäischen Verteidigung gerufen. Nach einer eigenständigen militärischen Kraft, die nicht von Washingtons Gnaden abhängig ist, nicht den Launen eines transatlantischen Bruders unterworfen, der – man mag es kaum glauben – gelegentlich seine eigenen Interessen verfolgt. Doch wie so oft in dieser schöngeistig-behäbigen Union europäischer Unentschiedenheit bleibt es bei Absichtserklärungen, wolkigen Sonntagsreden und der ewig gleichen Leier: „Mehr Koordination! Mehr Zusammenarbeit!“. Aber keine Entscheidungen. Denn Entscheidungen treffen hieße Verantwortung übernehmen. Und Verantwortung – das ist nun wirklich nichts für Brüsseler Bürokraten oder die nationalstaatlichen Potentaten, die mit eiserner Faust ihre eigenen kleinen Souveränitätsinseln verteidigen.

Die Demokratie, die keine ist

Hier nun das Problem: Es gibt kein europäisches Parlament mit Initiativrecht, keinen legislativen Akteur, der eine Armee überhaupt schaffen könnte. Denn, seien wir ehrlich: Das Europaparlament ist ein Debattierklub mit Wohlgefühlsfunktion. Reden, nicken, symbolische Resolutionen verabschieden, aber bloß nichts wirklich beschließen. Denn das darf nur die Kommission. Und die ist – in genialer Konstruktion – eine Exekutive, die gleichzeitig als Legislative agiert, ohne dafür jemals demokratisch gewählt worden zu sein. Dass eine solche Machtkonzentration sonst nur in den feuchten Träumen autoritärer Technokraten vorkommt, scheint niemanden zu stören. Und so bleibt die Frage: Wer soll diese Parlamentsarmee, die Europa angeblich so dringend braucht, auf den Weg bringen? Ein Parlament, das nichts zu sagen hat? Eine Kommission, die ihre Macht nicht teilen will? Ein Rat, dessen Mitglieder bereits das Wort „europäisch“ mit nervösem Augenzucken quittieren?

Die nationale Eifersucht – oder: warum nichts vorangeht

Natürlich lässt sich auch vortrefflich darüber streiten, welche Streitkräfte da eigentlich unter einem Banner vereint werden sollten. Die Franzosen wollen ihre Force de frappe nicht teilen, die Deutschen wären am liebsten eine pazifistische Kräftegemeinschaft, die Osteuropäer bestehen auf maximale NATO-Nähe, und der Rest? Der Rest will vor allem keine Rechnungen bezahlen. Eine europäische Armee wäre nicht nur eine logistische und strategische Herausforderung, sondern vor allem eine diplomatische. Man stelle sich nur die Kompromisssuche vor: Ein französischer General, ein deutscher Finanzminister, ein italienischer Verteidigungsrat und ein polnischer Oberbefehlshaber sollen sich auf eine gemeinsame Doktrin einigen. Ein Wunder, wenn sie sich auf das gemeinsame Schuhwerk ihrer Soldaten einigen könnten!

Und die NATO?

Es ist ein offenes Geheimnis, ein unausgesprochenes Dogma, ein historisches Artefakt, das dennoch die Gegenwart prägt: Europa mag zwar unter dem Banner der NATO marschieren, doch am Ende kommandiert der amerikanische Oberbefehlshaber – der Supreme Allied Commander Europe (SACEUR). Ein Amerikaner. Immer. Seit der Gründung der NATO. Ohne Ausnahme. Keine Diskussion. Warum eigentlich? Weil es halt so ist. Und weil die transatlantische Symbiose, wie so viele andere Absurditäten, sich selbst zementiert hat. Europa, hochgelobt als wiegende Kulturnation, als Hort der Diplomatie, als Mutter aller Zivilisationen, ist militärisch gesehen bestenfalls der junior partner, schlimmstenfalls das Fußvolk eines entfernten Hegemons.

Der ewige Traum europäischer Eigenständigkeit

Man kann es drehen und wenden, wie man will: Schon Charles de Gaulle sah das Problem und versuchte, Frankreich aus der Umklammerung zu befreien. NATO-Mitglied, ja. Aber nicht in die integrierte Befehlsstruktur eingebunden. Ein Affront für Washington. Und was machte Europa? Stand daneben und schaute zu. Heute, in Zeiten von europäischer Verteidigungsunion, strategischer Autonomie (was für ein hölzerner Begriff!) und Zeitenwende (was für eine Marketingfloskel!), ist das Problem dasselbe geblieben: Die Kommandostruktur der NATO ist in amerikanischer Hand. Und Europa? Redet darüber, eine eigene Armee aufzubauen, während es brav den SACEUR bestätigt.

Die strategische Abhängigkeit Europas

Die NATO mag eine Allianz der „gleichen“ Partner sein, doch sie gleicht eher einer feudalen Pyramide. Oben thront der transatlantische Oberbefehlshaber, unten verteilen sich die europäischen Vasallenstaaten, bereit, auf Kommando zu marschieren. Doch wehe, einer wagt es, die Hierarchie infrage zu stellen! Die Reaktionen kommen prompt und folgen einem bewährten Muster: Zuerst gibt es wohlmeinende Ermahnungen („Es geht doch um Sicherheit!“). Dann folgt der geopolitische Zeigefinger („Russland! China! Gefahren überall!“). Und am Ende steht die moralische Keule („Ihr untergrabt das westliche Bündnis!“). Wer sich widersetzt, wird aus dem Club der artigen Demokraten ausgeschlossen und als Störenfried abgestempelt.

Wird Europa je aus dem Schatten treten?

Die Frage ist nicht, ob Europa unter amerikanischem Kommando kämpft. Die Frage ist, ob es je eine Alternative dazu geben wird. Solange man über „strategische Autonomie“ referiert, während man artig SACEURs Bestellungen befolgt, solange man über europäische Verteidigung philosophiert, während amerikanische Flugzeugträger die europäischen Gewässer dominieren, solange wird Europa bestenfalls der führende Komparse im amerikanischen Drehbuch bleiben. Es sei denn, es passiert ein Wunder. Aber Wunder sind in der Geopolitik leider noch seltener als selbstbewusste europäische Militärstrategien.

Am Ende bleibt alles beim Alten

So läuft es am Ende immer gleich: Große Worte, kleine Schritte, und eine pragmatische Kapitulation vor der Wirklichkeit. Die NATO bleibt die einzige Militärallianz Europas, und jeder macht weiter wie gehabt. Frankreich rüstet für sich, Deutschland zerredet alles, und alle anderen hoffen, dass Washington nicht plötzlich das Interesse verliert. Und so bleibt Europa, was es immer war: Ein Friedensprojekt ohne Verteidigung, eine Union ohne Einheit, und eine Macht, die sich vor nichts mehr fürchtet als vor sich selbst.

Ist die Brandmauer eigentlich ein antifaschistischer Schutzwall

Die rhetorische Architektur der Mauern

Deutschland und Mauern – eine tragikomische Liebesgeschichte, die sich durch die Jahrhunderte zieht, von Limes über Berliner Mauer bis zur neuesten Schöpfung politischer Abgrenzungskunst: der ominösen „Brandmauer“ gegen Rechts. Wer sich auch nur oberflächlich mit den diskursiven Eigenheiten dieses Landes beschäftigt, wird feststellen, dass Mauern hierzulande nie einfach nur Mauern sind. Sie sind Monumente der Gesinnung, architektonische Metaphern für Gut und Böse, Fortschritt und Rückschritt, Demokratie und Diktatur. Sie sind, wenn man so will, die Außenmauern des deutschen Diskurses – und selbstverständlich ein ewiger Quell für heitere Absurditäten.

Eine Mauer, die trennt – und verbindet

Die „Brandmauer“ ist kein bauliches, sondern ein sprachliches Konstrukt, das sich in die lange Tradition deutscher Barrierefantasien einreiht. Ihre Protagonisten – die sich gerne als Verteidiger der Demokratie inszenieren – behaupten, mit ihr den Vormarsch des Autoritären zu verhindern. Tatsächlich jedoch erinnert das Konzept frappierend an andere deutsche Schutzwälle, deren Symbolik stets janusköpfig war: Der antifaschistische Schutzwall der DDR beispielsweise sollte offiziell den Kapitalismus draußen halten, in Wahrheit hielt er aber die eigenen Bürger drinnen. Ist die Brandmauer gegen Rechts also ein Bollwerk für die Demokratie – oder eher ein ideologisches Gefängnis für jene, die nicht exakt der vorgegebenen Meinung folgen?

Die paradoxen Parolen der Verteidiger

Die Brandmauer-Fraktion agiert mit einer bemerkenswerten Rhetorik. Einerseits wird jede Berührung mit dem politischen Gegner als tödlich betrachtet – das Anklopfen an der Mauer allein reicht bereits für den Vorwurf des Verrats. Andererseits ist es aber durchaus gestattet, dem rechten Rand Wählerstimmen abzujagen, indem man dessen Themen kopiert, leicht umdeutet und mit moralischem Heiligenschein versieht. Offenbar ist nicht die Idee selbst, sondern allein ihr Urheber das Problem. Wer sich in dieser Logik verirrt, findet sich in einer politischen Geisterbahn wieder, in der die Maßstäbe täglich wechseln, doch die Alarmglocken nie verstummen.

Die Kraft der Exkommunikation

Die große Stärke der Brandmauer liegt nicht in ihrer physischen Existenz, sondern in ihrer symbolischen Wirkung. Sie markiert, wer noch am Tisch der politischen Kultur sitzen darf und wer hinauskomplimentiert wird. Ihr Fundament ist dabei weniger die Verfassung als vielmehr eine Art moralischer Reinheitskult. Parteien oder Personen, die als zu kontaminiert gelten, werden aus dem demokratischen Prozess ausgeschlossen – egal, ob ihre Forderungen möglicherweise berechtigte gesellschaftliche Anliegen betreffen. Das Prinzip dahinter ist die Exkommunikation nach politischen Opportunitätskriterien: Wer sich mit den Falschen gemein macht, wird selbst zu einem der Falschen. Und so wird das Konzept der Demokratie, das eigentlich auf Meinungsvielfalt und Debatte gründet, zu einer Art exklusivem Club, dessen Türsteher sich als Sachwalter des einzig Wahren und Guten verstehen.

Die Ironie des Unbeabsichtigten

Der vielleicht größte Treppenwitz an der deutschen Brandmauer ist ihre unfreiwillige Förderung jener Kräfte, die sie zu bekämpfen vorgibt. Wer politische Konkurrenz nicht argumentativ stellt, sondern ausgrenzt, treibt sie in die Arme der Protestwählerschaft. Und wer allzu oft „Nazi!“ ruft, ohne echte Nazis vor sich zu haben, erzeugt Abstumpfung gegenüber dem tatsächlichen Extremismus. Die deutsche Geschichte hat gezeigt, dass politische Bewegungen selten verschwinden, nur weil man sie ignoriert oder dämonisiert – oft ist das Gegenteil der Fall.

Mauerbau mit Abrissbirne

Die Frage bleibt also: Ist die Brandmauer ein Bollwerk gegen den Autoritarismus oder eine Karikatur ihrer eigenen Absicht? Ist sie ein antifaschistischer Schutzwall oder ein überdimensionaler Maulkorb, getarnt als moralische Notwendigkeit? Vielleicht wäre es ratsam, Mauern nicht nur zu errichten, sondern auch Mechanismen des Abrisses mitzudenken – oder, noch besser, den politischen Diskurs als etwas zu begreifen, das Mauern eigentlich überflüssig machen sollte. Aber das wäre dann ja fast schon eine Demokratie im eigentlichen Sinne. Und mit der hat Deutschland, wie wir wissen, seine ganz eigenen Erfahrungen gemacht.