Ein statistischer Scheinriese


Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) ist ein fragwürdiges Instrument. Kritiker:innen weisen immer wieder darauf hin, dass sie keineswegs ein exaktes Bild der Kriminalitätsrealität zeichnet, sondern vielmehr eine verzerrte, verzagte, voreingenommene Momentaufnahme bietet. Besonders auffällig ist dies bei der Frage der sogenannten „Überrepräsentation“ von Ausländer:innen in nahezu allen Deliktsgruppen. Ein alarmierender Umstand? Mitnichten! Denn ein solches Bild entsteht erst durch unzureichende „Bereinigungen“.

Die große Bereinigung

Bevor man übereilte Schlüsse zieht, gilt es, die Daten in einen gerechten, sozialverträglichen Kontext zu stellen. Denn Kriminalität ist keineswegs einfach ein individuelles Fehlverhalten, sondern vielmehr Ausdruck struktureller Bedingungen, gesellschaftlicher Zwänge und natürlich der berüchtigten „verfälschenden Einflüsse“, die wir nun sorgfältig entwirren wollen.

Der heimliche Faktor: Dunkelziffern
Beginnen wir mit der Dunkelziffer, jenem dunklen Fleck auf der Landkarte der Kriminalität, den niemand genau kennt, der aber dennoch zuverlässig als Argument herhalten kann. Es ist eine unbestreitbare Tatsache, dass Deutsche seltener angezeigt werden als Nichtdeutsche. Wer also in der PKS erfasst wird, ist nicht etwa ein Spiegel der Realität, sondern lediglich ein Spiegel der Anzeigegewohnheiten. Die wahren Täter:innen bleiben verborgen, gutbürgerlich abgeschirmt in den eigenen vier Wänden, während auf der Straße das Unrecht öffentlich sichtbar gemacht wird.

Anzeigenbereitschaft: Ein bedauerlicher Bias
Die Bereitschaft, eine Straftat anzuzeigen, ist kulturell geprägt und gesellschaftlich konditioniert. In einer durch subtile Xenophobie geprägten Gesellschaft wie der unsrigen zeigt man gerne mit dem Finger auf das vermeintlich „Fremde“. Folglich werden Straftaten von Nichtdeutschen überproportional gemeldet, während der Herr Müller von nebenan für seine kleinen Eskapaden großzügig übersehen wird.

Freisprüche – der unsichtbare Beweis der Unschuld
Nicht zu vergessen ist die höhere Freispruchquote bei ausländischen Tatverdächtigen. Man könnte meinen, dies wäre ein Beweis für ihre Unschuld – doch auch hier ist es komplizierter. Denn wenn jemand erst einmal als Verdächtiger registriert wurde, dann bleibt dieser Verdacht in der Statistik bestehen, selbst wenn sich später herausstellt, dass es sich um ein Missverständnis oder ein rassistisch motiviertes Fehlurteil handelt.

Die Mär vom „Ausländerrecht“
Ein beliebter Einwand: „Aber das Ausländerrecht ist doch bereits herausgerechnet!“ Tatsächlich wird es in der PKS gesondert erfasst. Doch hier liegt die Crux: Das Ausländerrecht ist nicht etwa eine unabhängige rechtliche Instanz, sondern vielmehr ein perfides Instrument, das Menschen für Dinge kriminalisiert, die für Deutsche vollkommen legal wären. Der Aufenthaltstitel, die Arbeitserlaubnis, die Meldepflicht – wer sich hier einen Fehltritt leistet, gerät sofort in die Mühlen der Statistik.

Gewalttourismus: Die unterschätzte Gefahr
Wenig bekannt, aber unbestreitbar: Tourist:innen begehen Verbrechen. Wer einmal nachts durch eine Altstadt nach einem Fußballspiel geschlendert ist, weiß: Aggressive Reisegruppen sind eine ernsthafte Bedrohung. Und doch werden sie einfach unter „Ausländer“ subsumiert, obwohl sie morgen schon wieder ganz woanders randalieren.

Reisende Täter – ein unangenehmes Detail
In Zeiten der Globalisierung sind Straftäter:innen mobil. Sie agieren international, doch ihre Herkunft wird nicht benannt – aus gutem Grund, denn eine solche Offenlegung könnte einseitige Assoziationen hervorrufen. Schließlich sind Kriminelle nicht per se böse, sondern oft nur von Not und Elend getriebene Akteur:innen.

Sozialstrukturelle Faktoren: Kriminalität als Notwehr
Armut, geringe Bildung, Gewaltopfererfahrung, Fluchttraumata – all dies sind soziale Umstände, die Kriminalität nicht nur erklären, sondern in einem gewissen Maße auch legitimieren. Wer sich in einer Umgebung voller Gewalt befindet, passt sich an. Wer unterdrückt wird, muss sich wehren. Wer nichts hat, muss sich nehmen. Kurz: Kriminalität ist nicht die Ursache, sondern das Symptom einer tief gespaltenen Gesellschaft.

Polizeipräsenz – eine Frage der Perspektive
Schließlich darf nicht unerwähnt bleiben: Dort, wo die Polizei häufiger patrouilliert, werden auch mehr Straftaten registriert. Dass dies besonders in Gegenden mit einem hohen Anteil an Migrant:innen der Fall ist, lässt sich nur auf eines zurückführen: latenten Rassismus. Denn wer kontrolliert wird, wird auch leichter überführt – ein trauriger, aber unvermeidlicher Bias der Strafverfolgung.

Männer als statistischer Trick
Bleibt noch die letzte Bastion der Statistik: die Männerquote. Ja, Männer sind generell krimineller als Frauen. Doch wer sind „die Männer“? In der PKS werden Deutsche und Nichtdeutsche in ihrer Männlichkeit nicht gleich betrachtet. Während der deutsche Mann ein sanfter Romantiker ist, bleibt der ausländische Mann eine latent bedrohliche Gestalt – so will es zumindest das verzerrte Bild der Statistik.

Das Fazit: Die große Gleichheit

Bereinigt man die Daten um all diese Aspekte, zeigt sich eindeutig: Es gibt keinen signifikanten Unterschied zwischen der Kriminalität von Deutschen und Nichtdeutschen. Ein statistischer Mythos, ein verzerrtes Bild, ein Konstrukt, das vor allem eines tut: spalten, statt aufzuklären. Lassen wir uns davon nicht täuschen!

Der neue Rechtsstaat in England: Von Schuld, Sühne und Sozialpunkten

Ein gerechteres Unrechtssystem?

Was ist Gerechtigkeit? War sie nicht immer eine erhabene Idee, ein Ideal, das auf Gleichheit vor dem Gesetz fußte? Nicht so in der modernen britischen Justiz unter der weisen Führung von Premierminister Keir Starmer. England hat nun offiziell die Zwei-Klassen-Justiz eingeführt – oder, je nach Perspektive, endlich eine Justiz mit „historischem Bewusstsein“. Der neue „Two-Tier“-Ansatz macht es möglich: Die Herkunft, Hautfarbe, Religion und der soziale Status eines Angeklagten werden nun zur Richtschnur der Bestrafung. Ein revolutionärer Fortschritt! Endlich eine Justiz, die nicht mehr auf langweiligen Prinzipien wie Unparteilichkeit oder Individualschuld beruht, sondern sich ganz dem modernen Zeitgeist der „korrigierenden Gerechtigkeit“ verschreibt.

Ein Land, zwei Strafmaßstäbe

Wenn zwei dasselbe tun, ist es nicht dasselbe. Diese uralte Weisheit wird nun juristisch geadelt. Nehmen wir zwei Delinquenten: Der eine ein weißer Brite, der andere ein Migrant, vorzugsweise schwarz und muslimisch. Beide begehen dasselbe Verbrechen – sagen wir, einen handfesten Raubüberfall. Doch während der weiße Täter mit der vollen Härte des Gesetzes rechnen muss, lässt man beim Migranten großzügig Milde walten. Warum? Weil er historisch benachteiligt war, weil er strukturell diskriminiert wurde, weil sein kultureller Hintergrund ihn zu solchen Taten quasi zwingt. Der eine geht also für fünf Jahre ins Gefängnis, der andere bekommt eine Bewährungsstrafe mit einem sozialen Trainingsprogramm. Gleichheit vor dem Gesetz? Wie langweilig! Endlich einmal ein Justizsystem, das den sozialen Kontext mitberücksichtigt und auf eine unfassbar scharfsinnige Art neu interpretiert: Strafe ist nicht mehr Strafe, sondern Kompensation.

Die Umkehrung der Schuld: Wer nicht Opfer ist, ist schuldig

Dieses Modell folgt einer einfachen, bestechenden Logik: Wer strukturell bevorzugt wurde – also weiße Briten, vor allem männliche – muss für die historischen Ungerechtigkeiten mitbestraft werden. Es geht nicht mehr um individuelle Schuld, sondern um kollektive Verantwortung. Warum sollte ein weißer Einheimischer milde bestraft werden, wenn er doch Jahrzehnte, gar Jahrhunderte lang von den Vorteilen der westlichen Gesellschaft profitierte? Warum sollte ein Migrant hart bestraft werden, wo er doch durch Kolonialismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit schon genug gelitten hat?

Es ist also nur fair, wenn ein weißer Brite für eine Beleidigung im Netz härter belangt wird als ein Migrant für einen Überfall. Denn was ist schon physische Gewalt gegen die psychische Belastung durch „Hate Speech“? Die neue englische Justiz hat verstanden: Wahre Gerechtigkeit ist eine Frage der Perspektive.

Die freiwillige Selbstunterwerfung der Herrschenden

Das Groteske an dieser Entwicklung ist nicht einmal die Ungerechtigkeit selbst – Ungerechtigkeit gab es schon immer, mal subtil, mal offen. Nein, das wirklich Erstaunliche ist, wie bereitwillig sich die weiße Mehrheitsgesellschaft ihrer eigenen Benachteiligung unterwirft.

War es nicht ein Grundpfeiler der Aufklärung, dass Recht universal sein muss, dass es keine „besonderen“ Gruppen gibt, die milder oder härter bestraft werden? Doch die Erben der Aufklärung schmeißen nun aus freien Stücken alles über Bord. Während sich in anderen Teilen der Welt Menschen gegen Diktatur und Unterdrückung auflehnen, lässt sich die westliche Welt mit einem Lächeln entrechten – solange es nur im Namen der Gerechtigkeit geschieht.

Man könnte es fast schon bewundern: Ein Selbstmord in moralischer Pose, ein Abgesang auf das eigene Rechtssystem mit stolzer Brust. Willkommen in der Zukunft, in der Gerechtigkeit nicht mehr blind ist, sondern selektiv hinwegblickt.

Endlich wieder Stolz auf Blei und Blut!

„Auch wenn es für manche obszön klingt: Deutschland muss wieder lernen, seine Soldaten zu bewundern“, schreibt die NATO, pardon, DIE ZEIT.

Ja, „bewundern“ – empfehle einen Blick auf das Schlachtfeld. Da ist nix mit „bewundern“. Da ist Dreck, zerfetzte Körper, ein Geruch, der sich nie wieder aus der Nase schütteln lässt. Da ist Angst, die jeden klaren Gedanken hinwegfegt. Und doch, Bewunderung? Natürlich! Warum auch nicht? Die Bewunderung des Todes ist eine alte deutsche Tradition.

Die Lüge von der Ehre

Es ist ein Mythos, dass das Militär eine Ehre mit sich bringt, die jenseits des bloßen Dienstes steht. Eine Notwendigkeit, so sagt man, die das Chaos in Ordnung bringt. Ordnung, ja, ein Lieblingswort derer, die Kriege nicht selbst führen, sondern nur darüber schreiben. Ordnung bedeutet in der Kriegslogik, dass die einen schießen und die anderen fallen. Ordnung bedeutet auch, dass die da oben niemals in den Schützengräben liegen, sondern in klimatisierten Büros ihre „Analysen“ anfertigen, in denen sie von „humanitären Interventionen“ und „strategischer Notwendigkeit“ schwafeln.

Der zynische Applaus für den Heldenmut

Die Bewunderung für Soldaten ist immer nur dann laut, wenn sie aus sicherer Entfernung geäußert wird. Wie einfach ist es doch, „Respekt“ zu zollen, wenn die eigene Haut nicht auf dem Spiel steht. Man applaudiert den Männern und Frauen in Uniform, während man sich eine weitere Tasse Cappuccino einschenkt. Und wenn einer von ihnen in einem Sarg zurückkommt? Dann gibt es eine staatstragende Rede, ein Kranz, eine Schweigeminute. Danach geht man zur Tagesordnung über. Denn das Leben geht weiter, für die, die nie gezwungen waren, es aufzugeben.

Die Feindbilder der Gerechten

Aber wer, wenn nicht die edlen Krieger, soll uns denn schützen? Schützen vor wem, bitte? Vor den neuen Feinden, die immer wieder neu erdacht werden? Vor den Barbaren, die irgendwo in der Ferne lauern und angeblich nur darauf warten, die heilige Ordnung zu zerstören? Ach, der Westen braucht seine Feindbilder wie der Bäcker das Mehl. Ohne Feinde keine Rüstung. Ohne Rüstung kein Wirtschaftswachstum. Und ohne Wachstum? Nun, das geht ja nicht. Also braucht es Kriege. Schöne, saubere Kriege. Nicht so ein dreckiges Gemetzel, sondern mit Drohnen, mit „chirurgischen“ Schlägen, mit Präzision und „Intelligenz“. Eine Art Businessmodell des Todes.

Fazit: Kein Applaus für den Wahnsinn

Also nein, wir müssen nicht lernen, unsere Soldaten zu „bewundern“. Wir müssen lernen, Kriege zu verachten. Wir müssen lernen, nicht immer wieder auf die gleichen Parolen hereinzufallen. „Ehre“ ist eine Lüge. „Pflicht“ ein Trick. „Notwendigkeit“ eine Konstruktion. Es gibt keinen ehrenvollen Krieg. Es gibt nur Tod, Leid und endlose Zyklen des Hasses. Wer das bewundern will, der soll sich bitte die nächste Front ansehen. Aber Vorsicht: Vielleicht endet die Bewunderung schneller, als man denkt.

MAN WIRD REDEN MÜSSEN

Die Widersprüche der humanistischen Rechtsordnung in einer Welt des absoluten Pragmatismus

Die Charta der Vereinten Nationen wurde 1945 unterzeichnet, die Europäische Menschenrechtskonvention trat 1953 in Kraft, das wichtigste internationale Übereinkommen für den Schutz von Flüchtlingen ist die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 mit dem 1967 zugefügten Protokoll; auch das internationale Seerecht wurde in einer Zeit kodifiziert, als die Vorstellung von Massenmigration auf Schlauchbooten so absurd erschien wie ein Rücktritt eines römischen Papstes.

Wir operieren heute mit Instrumenten einer kolonialen Welt im kalten Krieg. Einer Welt ohne Internet, ohne Mobiltelefone und mit einer Weltbevölkerung von ca. drei Milliarden Menschen (Afrika damals nicht mal 300 Millionen, heute fast 1,3 Milliarden). Eine Welt, in der die Vorstellung eines massenhaften, durch billige Transportmittel und Informationsflüsse ermutigten „Völkerwanderns“ nicht nur nicht denkbar war, sondern auch in keiner Weise normativ berücksichtigt wurde.

Ungefähr so, als wollte man James Camerons Avatar auf einem IBM PC 5150 mit 640 KB RAM rendern.

Man wird reden müssen.

Die Heiligkeit des Rechts versus die Unausweichlichkeit der Realpolitik

Es wird ungern zugegeben, aber das Völkerrecht hat dieselbe pragmatische Elastizität wie eine Parkuhr in Neapel: in der Theorie ein unbestechlicher Mechanismus, in der Praxis durch höhere Gewalten permanent überstimmt. Die Vereinten Nationen stehen für eine rechtsbasierte Ordnung der Weltgemeinschaft, doch in der Praxis wird diese Ordnung von der Geopolitik in den Schatten gestellt. Die schönen Worte der Konventionen sind für die Rednerpulte gemacht, nicht für die Realität. Denn wenn internationale Regeln mit der politischen Wirklichkeit kollidieren, dann gewinnen nicht selten die Regeln der Wirklichkeit.

Wen also schützen diese Konventionen, wenn sie nicht durchgesetzt werden können? Und wer setzt sie durch, wenn das politische Interesse an ihrer Durchsetzung abhandengekommen ist?

Man wird reden müssen.

Fortschritt durch Technokratie oder die Selbstauflösung der westlichen Wertegemeinschaft

Das Herzstück der modernen Menschenrechte ist die Annahme, dass moralische Werte universell sind. Doch was geschieht, wenn die Menschen, die diese Werte geschaffen haben, nicht mehr willens oder fähig sind, sie zu verteidigen? Die Idee, dass Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und individuelle Freiheiten ein überlegenes Modell darstellen, steht zunehmend unter Druck, weil ihre Verteidiger vor dem Angriff zurückweichen.

Die westlichen Gesellschaften haben sich in eine moralische Sackgasse manövriert, in der das Festhalten an Prinzipien als rigide, ihre Anpassung als opportunistisch und ihre Aufgabe als Verrat betrachtet wird. So oder so, die Diskreditierung ist garantiert. Was bleibt, ist eine endlose Debatte, ein moralisches Ringen mit sich selbst, während andere Akteure mit pragmatischer Entschlossenheit die Zukunft gestalten.

Man wird reden müssen.

Die Fiktion der universellen Verantwortung und die unbequeme Wahrheit der Interessen

Es gehört zur rituellen Selbstbestrafung des Westens, sich als alleinigen Urheber aller globalen Probleme zu betrachten. Die Schuld an Kriegen, am Klimawandel, an der Armut, an der Migration – alles wird in den Spiegel projiziert. Diese moralische Selbstkasteiung mag nobel erscheinen, doch sie ist politisch ein Luxus, den sich nur wohlstandsverwahrloste Gesellschaften leisten können. Der Rest der Welt nimmt sie zur Kenntnis, lächelt und verfolgt eigene Interessen.

Das westliche Mantra der universellen Verantwortung verkennt, dass moralischer Idealismus eine Ressourcenfrage ist. Man kann sich hohe ethische Standards nur leisten, solange man die Mittel hat, sie aufrechtzuerhalten. Doch wenn der wirtschaftliche Druck steigt und die sozialen Systeme an ihre Grenzen stoßen, dann wird aus der großzügigen Willkommenskultur schnell ein erbitterter Wettbewerb um das, was noch zu verteilen ist.

Man wird reden müssen.

Die Zukunft wird entschieden – nur nicht von denen, die debattieren

Die großen Zivilisationen der Geschichte sind nicht durch Debatten untergegangen, sondern durch Handlungen oder das Fehlen derselben. Die Frage ist nicht, ob der Westen debattiert, sondern ob er handelt.

Man kann sich in moralischen Selbstgesprächen verlieren, während andere die Fakten schaffen. Man kann unendlich lange Regeln beschwören, während Realitäten geschaffen werden, die neue Regeln erzwingen. Man kann an Konzepten festhalten, die in einer untergegangenen Welt entwickelt wurden, oder man kann sich der Welt stellen, wie sie ist.

Man wird reden müssen. Doch noch dringender: Man wird handeln müssen.

GEGEN HASS UND HETZE: Ein Gesetzesvorschlag

(1) Wer öffentlich gehässige, hetzerische oder von niedriger Gesinnung zeugende Äußerungen über leitende Persönlichkeiten des Staates, über ihre Anordnungen oder die von ihnen geschaffenen Einrichtungen macht, die geeignet sind, das Vertrauen des Volkes zur politischen Führung zu untergraben, wird mit Gefängnis bestraft.

(2) Den öffentlichen Äußerungen stehen nichtöffentliche böswillige Äußerungen gleich, wenn der Täter damit rechnet oder damit rechnen muss, dass die Äußerung in die Öffentlichkeit dringen werde.


Das Problem, mit dem sich die Welt heute konfrontiert sieht, ist so alt wie die Menschheit selbst, und es gibt keine Anzeichen dafür, dass es in naher Zukunft verschwinden wird. Der Hass. Die Hetze. Die böswilligen Angriffe auf die politische Führung. Man könnte fast meinen, dass es sich dabei um einen unausweichlichen Bestandteil menschlicher Gesellschaften handelt, eine Krankheit, die nicht geheilt werden kann, sondern durch die Umstände, die uns umgeben, ständig am Leben erhalten wird. Doch das muss nicht so bleiben. Hier, meine Damen und Herren, ist der Vorschlag eines Gesetzes, das diese Krankheit zumindest auf der Ebene der legalen Anerkennung heilen könnte. Und wenn es wirklich gut läuft, vielleicht sogar in der ganzen Gesellschaft.

Warum dieses Gesetz? Warum jetzt?

Die Frage, warum ein solches Gesetz notwendig ist, ist schnell beantwortet: Wir leben in einem Zeitalter der Entmenschlichung. Der digitale Mob hat die Straßen der Diskussion erobert, und der Ruf nach dem Kopf der Politiker scheint in allen sozialen Netzwerken immer lauter zu werden. Die Dämonisierung von Staatsspitzen, die Beleidigungen derer, die das Schicksal einer Nation in der Hand halten, nehmen groteske Ausmaße an. Hat der Dichter nicht bereits im 18. Jahrhundert verkündet, dass „der Staat die größte Kunstform der Menschheit“ sei? Heutzutage wird der Staat als Vehikel für die persönliche Agitation gegen politische Gegner verstanden, als Zielscheibe für unreflektierte Hassbotschaften, die, einmal in die Welt gesetzt, wie bösartiger Mageninhalt durch den virtuellen Raum schwirren.

Doch, wie so oft, liegt das Übel im Detail. Diese Äußerungen sind nicht nur trivial. Sie sind von niederer Gesinnung, sie zeugen von einer tiefen Verachtung für die Institutionen und Persönlichkeiten, die unser Land zu führen berufen sind. Anstatt sich mit konstruktiver Kritik auseinanderzusetzen, werden sie Ziel öffentlicher und nichtöffentlicher Diffamierungen, die, wie der Vorschlag in §1 verdeutlicht, das Vertrauen der Bevölkerung in den Staat untergraben.

Absatz (1): Eine Absage an das bösartige Zerrbild des Staates

Der erste Absatz des Gesetzes ist ein direkter Angriff auf die übliche Praxis, durch scharfe, spöttische und teils bösartige Bemerkungen über die Regierung und ihre Repräsentanten das Vertrauen in die politischen Strukturen zu zerstören. Der Wert dieser Institutionen wird durch solche Hetze beschädigt – und wenn man es genau nimmt, handelt es sich nicht nur um einen Angriff auf das Vertrauen, sondern um einen Anschlag auf die fundamentalen Prinzipien der Demokratie.

Denn: Wer hat sich nicht schon einmal über das Getuschel in den sozialen Netzwerken gewundert? Wer hat sich nicht gefragt, wie es möglich ist, dass der wichtigste Akteur einer Nation, der den Fortbestand von Frieden und Wohlstand sichert, wie ein missratener Theaterdirektor behandelt wird? Der Staatsmann oder die Staatsfrau wird von der Masse als unfähig, inkompetent oder gar als korrupt diffamiert, obwohl es keinerlei Grundlage für diese Anschuldigungen gibt – abgesehen von der eigenen, oft sehr begrenzten Sichtweise. Und hier liegt das Problem: Wir sind in eine Gesellschaft geraten, in der der Hass als legitimes politisches Instrument betrachtet wird.

Dieses Gesetz setzt da an. Es stellt klar, dass solche öffentlichen Äußerungen nicht nur unangebracht sind, sondern mit Gefängnis bestraft werden. Nicht, weil das Gesetz auf dem Grundsatz der Meinungsfreiheit fußt, sondern weil diese Meinungsäußerungen das Land an den Rand des Verfalls treiben. Es geht nicht mehr darum, sich an Fakten und Argumenten abzuarbeiten, sondern lediglich darum, zu hetzen, zu stigmatisieren und dabei der moralischen Integrität zu schaden. Dieses Gesetz ist eine Verteidigung des Staates gegen die Schwächung seiner Autorität durch unsachliche Hetze.

Absatz (2): Der virtuelle Dschungel der Privatsphäre und die öffentliche Verantwortung

Doch die Gesetze der modernen Welt hören nicht bei der reinen Öffentlichkeit auf. Wie wir alle wissen, gibt es keine „Privatsphäre“ mehr im digitalen Zeitalter. Die Gemälde von einst, in denen Menschen in ihren privaten Gemächern dargestellt wurden, gehören der Vergangenheit an. Heute können private Äußerungen über soziale Netzwerke genauso gefährlich sein, wie öffentliche – nicht, weil sie sich auf öffentliche Plattformen niederlassen, sondern weil sie die potenzielle Reichweite besitzen, sich dorthin auszubreiten. Was früher ein persönliches Gespräch zwischen zwei Menschen war, das in einem kleinen Raum verhallt, ist heute ein Brandbeschleuniger im Ozean der Informationsgesellschaft.

Der zweite Absatz des Gesetzes spricht genau diese Thematik an: Die „nichtöffentlichen“ böswilligen Äußerungen, die irgendwann in die Öffentlichkeit gelangen könnten. Eine vorsorgliche Regelung, die sicherstellt, dass auch die privaten Angriffe auf die Führung nicht ungestraft bleiben. Denn der digitale Raum kennt keine Grenzen – nicht geografisch und auch nicht gesellschaftlich. Die Worte eines einzelnen können, sei es in einem privaten Chat oder einem Tweet, eine Kettenreaktion auslösen, die das Bild des Staates in den Augen der breiten Masse verzerrt.

Hass als Populärsportart

In der heutigen Zeit ist das politische Geschäft zu einem Spektakel verkommen. Politiker sind zu Zirkusdirektoren geworden, die sich der konstanten, öffentlichen Aufmerksamkeit ausgesetzt sehen. Dabei wird der Hass zunehmend als eine Art Volkssport betrieben. Ein Sport, der so lange aufrechterhalten wird, bis die sozialen Medien wie eine riesige Arena wirken, in der Empörung als Unterhaltung verkauft wird. Der Hass ist die neue Währung, die die sozialen Medien mit dem von der Öffentlichkeit produzierten Treibstoff versorgen – je mehr Hass, desto mehr Klicks.

Doch dieser „Sport“ hat seine Schattenseite: Die Verrohung der Diskussion und die Zerstörung von Vertrauen sind keine Nebeneffekte, sondern die wahre, beabsichtigte Folge solcher Äußerungen. Die sogenannte „Meinungsfreiheit“ wird hier instrumentalisiert, um destruktive Angriffe auf den politischen Betrieb zu legitimieren, als ob Hass und Hetze die legitimen Ausdrucksformen einer aktiven Bürgerschaft wären.

Die Ironie des Gesetzes: Eine Gesellschaft, die den Hass braucht

Es gibt eine gewisse Ironie in der Tatsache, dass ein Gesetz gegen Hass und Hetze überhaupt notwendig geworden ist. Ironie ist in diesem Kontext nicht nur ein literarisches Stilmittel, sondern ein Spiegelbild der Gesellschaft, die dieses Gesetz erfordert. Die Tatsache, dass wir uns mit dieser Problematik auseinandersetzen müssen, sagt mehr über uns als Nation aus, als wir uns eingestehen wollen.

Was bedeutet es, wenn ein Gesetz eingeführt werden muss, das öffentliches Vertrauen durch Äußerungen von Hass und Hetze schützt? Ist dies der notwendige Schritt, um uns aus der Strudelspirale des moralischen Verfalls zu befreien, oder ist es ein weiterer, längst überfälliger Versuch, die Zügel zu straffen, um der Gesellschaft die nötige Orientierung zu geben?

Fazit: Der gesunde Menschenverstand als Maßstab

Am Ende ist der Vorschlag für ein Gesetz gegen Hass und Hetze ein klarer Aufruf zur Rückkehr zu einem politischen und gesellschaftlichen Diskurs, der durch Respekt, Fairness und letztlich auch durch den gesunden Menschenverstand geprägt ist. Wer sich in einer zivilisierten Gesellschaft bewegt, muss in der Lage sein, seine politischen Differenzen ohne die Verzerrung durch schädliche, polemische Angriffe auszutragen. Der Staat sollte nicht als Prügelknabe für die Frustrationen einer Kultur des Hasses dienen müssen.

Ein solcher Gesetzesvorschlag mag in der Praxis nicht vollkommen sein. Aber er ist ein notwendiger Anfang – ein Versuch, einen zerstörerischen Trend aufzuhalten, bevor die Zerstörung zu umfassend wird, um rückgängig gemacht zu werden. Und vielleicht, nur vielleicht, wird dies der Moment sein, in dem wir erkennen, dass die wahre Stärke einer Gesellschaft nicht in der Lautstärke des Hasses liegt, sondern in der Fähigkeit, ihn zu überwinden.

Hass und Hetzte – Dick und Doof der Wokeness

Über die Kunst der gepflegten Entrüstung

Es gibt Begriffe, die klingen, als hätte ein schlecht gelaunter Satiriker sie erfunden. „Hass und Hetze“ zum Beispiel. Zwei Begriffe, die mit der Präzision einer mittelalterlichen Zangenfolter ineinandergreifen, um die letzte Regung freier Rede aus den verzweifelten Lungen ihrer Opfer zu quetschen. Sie sind ein unzertrennliches Duo, ein Comedy-Doppelpack der besonderen Art – Dick und Doof der Wokeness, gewissermaßen. Und während die eine Hälfte in ihrer überbordenden Breite jeden halbwegs kritischen Kommentar zum menschenfeindlichen Pamphlet umetikettiert, stolpert die andere blindlings durch die Diskurse, überall Feinde witternd, wo schlicht Meinungen existieren.

Wer spricht, der hetzt – oder: Die seltsame Logik der neuen Tugendwächter

Im Grunde ist es ein genialer Schachzug: Definiere jede Form der Kritik an der vorherrschenden Ideologie als „Hass“, betitele jede widerständige Äußerung als „Hetze“ – und schon hast du ein wunderbares Werkzeug geschaffen, mit dem du die Grenzen des Sagbaren nach Belieben verengen kannst. Die schiere Simplizität dieser Methode könnte fast als faul durchgehen, wäre sie nicht so erschreckend wirksam.

Wo früher noch Differenzierung gefragt war, herrscht heute die herrlich schlichte Binarität: Gut oder Böse. Tugendhaft oder hasserfüllt. Erleuchtet oder hetzerisch. Einzigartig ist, dass die Selbsternannten stets auf der Seite der Guten stehen. Dass diese Aufteilung exakt so kindlich simpel funktioniert wie eine frühe Disney-Verfilmung, scheint niemanden weiter zu stören – was sagt das über den geistigen Zustand unserer Diskurse aus?

Das moralische Monopol: Wie aus Gerechtigkeit Gesinnungsterror wurde

Es gibt Zeiten, in denen Begriffe ihre ursprüngliche Bedeutung verlieren und zu bloßen Kampfbegriffen verkommen. „Solidarität“, „Respekt“, „Vielfalt“ – einst noble Anliegen, heute zu Marketingslogans des Tugendadels degeneriert. Doch kein Begriff wurde so rücksichtslos instrumentalisiert wie „Hass“. Eine bloße Meinungsäußerung? Hass! Eine abweichende Haltung? Hetze! Eine unbedachte Formulierung, eine ironische Bemerkung? Wohlverdammnis!

Der Trick liegt in der Unschärfe. „Hass“ und „Hetze“ sind Gummi-Begriffe – dehnbar, formbar, einsatzbereit für jede Situation, in der eine kritische Stimme verstummen soll. Es braucht keine Beweise, keine fundierte Argumentation. Die bloße Anklage genügt. Wer angeklagt ist, kann sich kaum verteidigen, denn wer nicht mitheult, ist bereits verdächtig.

Das Prinzip der moralischen Automatik – oder: Wie man Diskurse zerstört

Früher gab es einmal einen Konsens: Worte sind nicht Taten. Dass Sprache Macht hat, steht außer Frage, aber die feine Linie zwischen einer Meinung und einem Aufruf zur Gewalt wurde mit Bedacht gezogen. Heute dagegen genügt die bloße Behauptung, ein Wort „verletze“ jemanden, um daraus eine Art Delikt zu konstruieren. Es ist das Prinzip der moralischen Automatik: Gefühlte Kränkung wird zur Tat, subjektives Unwohlsein zum Indiz für Böswilligkeit.

Das führt zu einer paradoxen Entwicklung: Eine Gesellschaft, die behauptet, für mehr Offenheit und Vielfalt zu kämpfen, erstickt in ihren eigenen Verboten. Jeder Diskurs wird zur verminten Zone, jedes Wort könnte das letzte sein. Die Angst geht um – die Angst, etwas Falsches zu sagen, etwas Falsches zu denken, sich auf der falschen Seite wiederzufinden. Und genau darum geht es: Kontrolle. Wer die Sprache kontrolliert, kontrolliert das Denken.

Der groteske Humor der Unterdrückten: Satire als letzte Bastion

Doch es gibt einen Silberstreif am Horizont. Wo sich Macht zu sicher wähnt, gedeiht Widerstand. Und nichts entlarvt den Schwachsinn der moralischen Inquisition besser als der Humor. Satire ist die letzte Bastion gegen die Tyrannei der Sprachpolizei, die letzte Waffe gegen den dogmatischen Irrsinn. Denn nichts fürchtet die Wokeness-Diktatur mehr als das Lachen ihrer Opfer.

Denn wer lacht, hat bereits gewonnen. Und wer die Absurdität dieser Epoche einmal erkannt hat, kann sie nicht mehr ernst nehmen. „Hass und Hetze“ mögen das neue Mantra der Zensoren sein, aber sie sind in Wahrheit nichts anderes als zwei traurige Clowns, die verzweifelt versuchen, ihre eigene Bedeutungslosigkeit hinter einer Maske moralischer Überlegenheit zu verstecken.

Schluss: Ein Hoch auf die Unangepassten

Die Zeiten sind düster, aber der Widerstand lebt. Es gibt noch jene, die sich nicht von Sprachpolizei und Tugendwächtern einschüchtern lassen. Die sich nicht vorschreiben lassen, was sie denken, sagen oder fühlen dürfen. Die das Recht auf freien Diskurs verteidigen – nicht, weil sie „hassen“, sondern weil sie lieben: die Freiheit, das Denken, die Wahrheit.

Und solange es noch Menschen gibt, die sich diesem Wahnsinn mit einem Augenzwinkern, einem Lachen und einem gesunden Maß an Widerstand entgegensetzen, besteht Hoffnung. Denn am Ende werden es nicht die Sprachverbieter sein, die überdauern – sondern jene, die sich über sie lustig gemacht haben.

Es gibt sie doch noch, die guten Jobs für über 50-Jährige!

Vom Kanzlersessel in den Geldregen – Karriereplanung für Fortgeschrittene

Es gibt Karrieren, die sind so vorhersehbar, dass man sich fragt, warum man nicht selbst darauf gewettet hat. Karl Nehammer, der große Lenker der ÖVP, hat nach Jahren auf der politischen Bühne endlich den Absprung geschafft – direkt hinein in die sanften Polster der Europäischen Investitionsbank (EIB). Das Finanzministerium bestätigte jüngst, dass er für das Amt des Vizepräsidenten der EIB nominiert wird. Es gibt sie also doch noch, die guten Jobs für über 50-Jährige! Man muss nur rechtzeitig die richtigen Leute kennen, die richtigen Türen offenlassen und, wenn es drauf ankommt, mit dem richtigen Lächeln ins richtige Büro spazieren.

Ein Vizepräsident für alle Fälle – Die EIB als Auffangbecken der Politik

Nun ist die EIB ja kein gewöhnlicher Finanztempel, sondern eine Institution, die für hehre Ziele steht: Nachhaltigkeit, Entwicklung, wirtschaftlicher Fortschritt. Und mittendrin Karl Nehammer, der mit jahrelanger Erfahrung in der hohen Kunst der politischen Nebelkerzen durchaus das Zeug dazu hat, große Zahlen eloquent in den Raum zu stellen. Immerhin ist er nicht allein: Das Direktorium der EIB hat einen Präsidenten und ganze acht Vizepräsidenten. Eine beeindruckende Zahl, die vermuten lässt, dass Entscheidungsfindung hier eher ein Gruppenprozess mit viel Raum für Kaffeepausen ist.

Gutes Geld für gutes Nichtstun? – Die feine Kunst des gut bezahlten Schweigens

Die Vergütung für den neuen Posten? Man könnte sagen: angemessen. Oder man könnte sagen: astronomisch. Das Salär eines Vizepräsidenten der EIB entspricht jenem eines Vizepräsidenten der Europäischen Kommission, also rund 31.536 Euro brutto im Monat. Für die meisten Menschen entspricht das dem Jahresgehalt eines gutverdienenden Mittelständlers. Für Nehammer ist es nun die wohlverdiente Ruhe nach dem Sturm der österreichischen Innenpolitik.

Doch halt, Moment: Ruhe? Nein, natürlich nicht! Die Arbeit eines EIB-Vizepräsidenten ist selbstverständlich äußerst anspruchsvoll. Es gilt, Sitzungen beizuwohnen, kluge Phrasen zu dreschen, in Interviews bedeutungsschwer zu nicken und sich gelegentlich daran zu erinnern, dass man ja offiziell für Europas wirtschaftliche Entwicklung mitverantwortlich ist. Eine fordernde Aufgabe, zweifellos!

Der goldene Fallschirm der Politik – Warum sich nichts ändert

Dieses Muster kennt man: Politiker fallen selten tief. Wer aus dem Rampenlicht der nationalen Bühne tritt, verschwindet nicht in der Versenkung, sondern landet weich – sei es in der Wirtschaft, in der EU oder in einer jener Institutionen, die für genau solche Karrieren wie geschaffen sind. Der Posten ist dann keine Frage der Qualifikation, sondern der politischen Netzwerke. Und der Wähler? Der zuckt mit den Schultern, schüttelt den Kopf, ärgert sich kurz und geht dann weiter seinem Alltag nach, während die oberen Etagen der Macht sich selbst versorgen.

Es gibt sie also doch, die guten Jobs für über 50-Jährige – nur eben nicht für jeden. Aber was soll’s? Immerhin bleibt uns der Trost, dass Nehammer nicht arbeitslos sein wird. Wäre ja auch schade um so viel Erfahrung in Sachen „Durchhalten ohne Inhalt“.

Fazit: Ironie bleibt unser letzter Trost

Letztlich ist es ein Trauerspiel mit komödiantischen Zügen. Während die einen von Jobverlust, Umstrukturierung und wirtschaftlicher Unsicherheit betroffen sind, gibt es jene, die einfach auf eine gut gepolsterte Bank umziehen – und sei es wortwörtlich. Was bleibt uns? Ein Lächeln, ein resignierter Seufzer und die Gewissheit, dass auch die nächsten Politiker ihren Weg in die warmen Arme der EU-Institutionen finden werden. Und wer weiß? Vielleicht gibt es ja irgendwann eine eigene Bank nur für ehemalige Kanzler. Man müsste sie nur gründen. Das Gehalt wäre sicher konkurrenzfähig.

Hört mal zu, ihr Jungen!

Eure Vorstellung von Coolness ist lächerlich. Eure Großmütter waren cooler, als ihr es jemals sein werdet. Aber das könnt ihr euch in eurer monochromen Welt der Algorithmus-optimierten Mittelmäßigkeit gar nicht vorstellen.

Coolness war früher nicht nur ein Filter

Eure Großmutter trug Miniröcke, so kurz, dass die katholische Kirche Schnappatmung bekam, hautenge Hosen, die sich wie eine zweite Haut um ihre Beine schlangen, und Stiefel, in denen sie jedem Anzugträger auf Augenhöhe begegnete, und keinen BH. Heute tragt ihr schlabbernde Jogginghosen mit Designerlogo und nennt es Mode. Eure Großmutter wäre lachend auf ihre Vespa gesprungen, um euch die Peinlichkeit eurer selbst gewählten Tristesse zu ersparen.

Spotify-Playlist gegen Vinyl-Sammlung? Bitte.

Ihr haltet euch für musikalisch versiert, weil ihr in euren kabellosen Kopfhörern eine Playlist mit 20 Millionen Songs habt. Eure Großmutter kaufte Platten, stand in verrauchten Plattenläden, debattierte über das beste Album von Led Zeppelin, hörte Janis Joplin nicht wegen eines TikTok-Soundschnipsels, sondern weil sie eine Revolution im Blut hatte. Und ihr? Ihr streamt algorithmisch zusammengestellte Songs, die ihr nach zehn Sekunden skippt.

Wo bleibt euer Wahnsinn?

Eure Großmutter fuhr einen Mini Cooper mit dem Gasfuß eines Formel-1-Piloten, preschte auf ihrer Vespa durch die Stadt, ohne Rücksicht auf Regeln oder rümpfende Blicke. Sie wusste, dass die coolste Art, sich fortzubewegen, nicht im Leasing-Modell mit Elektromotor kommt. Heute bestellt ihr euch ein Uber, weil der Weg zur U-Bahn „zu stressig“ ist. Eure Großmutter wäre entsetzt.

Ihr nennt das Feiern? Ernsthaft?

Eure Großmutter rauchte feine Zigaretten und drehte sich fette Joints, ohne Angst vor „Clean Eating“ und „Self-Care“-Mantras. Sie trank Whisky Shots, nicht Aperol Spritz. Sie kam um vier Uhr morgens nach Hause und ging trotzdem zur Arbeit. Und ihr? Ihr meidet Alkohol wegen „Kalorien“, raucht nur noch „CBD“, und wenn ihr einmal nach Mitternacht wach bleibt, postet ihr „Uff, ich bin zu alt für sowas“.

Eure Großmutter lebte, ihr verwaltet euch nur noch

Sie hatte Skandale. Sie hatte Geschichten. Sie liebte exzessiv, feierte ekstatisch, rebellierte mit Stil. Sie wusste, dass Leben mehr ist als Likes, Matcha-Lattes und Softlife-Philosophien.

Eure Großmutter war die Definition von Coolness. Und ihr? Ihr werdet es nie sein.

Man kann sich alles schönreden.

Wenn Abstürze Erfolge sind, ist Scheitern das neue Gewinnen

Es gibt Tage, da möchte man sich verwundert die Augen reiben, sich kneifen, sich noch einmal kneifen, um sicherzugehen, dass die Welt nicht vollends in die surreale Kulisse einer absichtlich schlechten Satire-Show abgedriftet ist. So ein Tag war der Sonntag, als die „Spectrum“-Rakete des Unternehmens Isar Aerospace – oder sollte man besser sagen: Isar Aerodesaster? – mit donnerndem Ehrgeiz startete, um nur wenige Sekunden später auf die unnachgiebige Realität des Bodens zurückgestürzt zu werden. Und während die Trümmerteile noch dampften und der gesunde Menschenverstand sich ins Exil verabschieden wollte, erklärte das Münchner Unternehmen allen Ernstes: Das war ein Erfolg.

Eine neue Definition von Triumph: Bodenständigkeit in der Raumfahrt

Ja, natürlich, in einer Welt, in der selbst ein Toastbrot als glutenfreie Innovation gefeiert wird, könnte man auch den Sturzflug einer Rakete als Meilenstein der Unabhängigkeit interpretieren. Immerhin hat das Unternehmen eines bewiesen: Man kann auch ohne Hilfe von außen, ganz ohne die NASA, ESA oder SpaceX, grandios scheitern. Europa macht sich also tatsächlich unabhängiger in der Raumfahrt – unabhängiger von erfolgreichen Starts.

Und überhaupt: Ist es nicht gerade die Bodenständigkeit, die man einer europäischen Rakete zutrauen sollte? Während amerikanische Raketen hoch hinaus wollen und chinesische sogar auf dem Mond spazieren gehen, bleibt der europäische Anspruch traditionell bescheiden: kurz durchstarten, dann zurück zur Erde – am besten direkt und ohne Umwege. Effizienz ist schließlich alles.

Die Kunst des positiven Framings: Vom Feuerball zur „heißen Entwicklung“

Aber halt! Vielleicht liegt ja hier das wahre Talent: das Framing. Denn wenn es eine Kunst gibt, die in der modernen PR-Arbeit zur Perfektion gebracht wurde, dann ist es das Schönreden. Ein simpler Satz wie „Das System hat eine kritische Fehlfunktion gezeigt und ist explodiert“ wäre zu einfach, zu direkt, zu nah an der Wirklichkeit. Viel besser klingt: „Unser Prototyp hat wertvolle Daten geliefert und einen Meilenstein erreicht.“ Oder: „Der Testflug hat viele wichtige Erkenntnisse gebracht.“ Und besonders schön: „Der erste Start markiert einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Unabhängigkeit.“ Natürlich, warum sollte man nicht die misslungene Raketenmission als Befreiungsschlag feiern? Der Satellit kann sich ja jetzt auch ohne Rakete auf den Weg machen, irgendwie, zur Not mit dem Postversand.

Europa auf dem Weg zur Raumfahrtmacht: Ein optimistischer Trümmerhaufen

Und so sehen wir ein Europa, das sich ehrgeizig zur Raumfahrtmacht erklärt – mit Raketen, die den Boden nicht verlassen möchten. Ein mutiges Europa, das technologische Höchstleistungen anstrebt – mit Flugobjekten, die das Prinzip der Gravitation eindrucksvoll bestätigen. Ein zukunftsorientiertes Europa, das stolz die Vision einer neuen Unabhängigkeit verkündet – während die Trümmer noch aufgeräumt werden.

Ja, man kann sich wirklich alles schönreden. Manchmal reicht ein guter PR-Berater, ein Hauch von Optimismus und eine ordentliche Portion Chuzpe. Der nächste Raketenstart wird also zweifellos ein noch größerer Erfolg. Egal, was passiert.

NEIN Andi, das ist nicht mein Problem mit Dir.

Es ist ja eine beliebte Taktik derer, die sich ertappt fühlen: Schnell wird ein Narrativ gesponnen, in dem man sich selbst zum armen Opfer stilisiert. So auch hier. Arbeiterkind! Hochgekämpft! Gegen Widerstände durchgesetzt! Und jetzt haben die da oben ein Problem mit mir. Das klingt gut, das schafft Emotionen, das lässt das Publikum nicken. Nur leider, Andi, leider ist das nicht das Problem. Niemand stört sich daran, dass jemand aus einfachen Verhältnissen Verantwortung übernimmt. Im Gegenteil: Das wäre in einem gerechten und funktionierenden System sogar wünschenswert. Das eigentliche Problem ist, was Du mit dieser Verantwortung anstellst.

Die Kunst der Ablenkung – oder: Wie man ein Problem umschifft, indem man es falsch beschreibt

Es ist doch faszinierend: Wann immer berechtigte Kritik laut wird, wird nicht etwa darauf eingegangen. Nein, es wird ein Ablenkungsmanöver gestartet. Der Kritiker wird in eine Ecke gestellt, ihm werden Motive unterstellt, die er gar nicht hat. „Die haben ein Problem mit meiner Herkunft!“ ruft der, der sich unwohl fühlt, weil ihm jemand mit Fakten kommt. „Die gönnen mir den Erfolg nicht!“ heult der, der seine Macht nicht für das Wohl aller, sondern für das Wohl weniger einsetzt. Und so wird aus einem echten Problem – zum Beispiel Inkompetenz, politische Verantwortungslosigkeit oder moralische Fragwürdigkeit – ein völlig anderes, ein diffuses, ein emotional aufgeladenes. So etwas lässt sich besser verkaufen. So etwas kann man leichter gegen das Publikum wenden. Und plötzlich stehen nicht mehr die Fehltritte zur Debatte, sondern die vermeintlich bösen Motive der Kritiker.

Die Inszenierung des Unverstandenen – ein alter Trick der Macht

Es ist ein geschicktes Spiel, eines, das schon oft funktioniert hat. Wer sich als unverstanden, als gegen den Mainstream kämpfend, als „einer von euch“ inszeniert, der hat oft leichtes Spiel. Dabei ist es egal, wie absurd das ganze Konstrukt ist. Jemand, der längst Teil des Establishments ist, kann sich als Außenseiter präsentieren. Jemand, der längst über die Strippen bestimmt, kann so tun, als ob er dagegen kämpft. Und das Publikum? Das schluckt es, weil es bequem ist. Weil es so viel einfacher ist, an eine Mär vom missverstandenen Helden zu glauben als an die banale Wahrheit, dass auch ein Arbeiterkind zu einem skrupellosen Machtmenschen werden kann.

Verantwortung ist kein Schicksalsschlag

Aber Verantwortung, Andi, ist nichts, was einem widerfährt. Sie ist kein Zufall, kein unverdientes Schicksal, das über einen hereinbricht. Verantwortung ist eine Entscheidung. Verantwortung bedeutet, dass man für das, was man tut – und auch für das, was man unterlässt – gerade steht. Dass man nicht auf Mitleid setzt, wenn die Dinge schieflaufen. Dass man nicht Ablenkungsmanöver fährt, wenn Kritik kommt. Dass man sich nicht hinter der eigenen Biografie versteckt, wenn das eigene Handeln infrage gestellt wird. Verantwortung bedeutet, dass man aufhört, sich als Opfer zu inszenieren – und anfängt, ehrlich zu sein. Aber das, Andi, ist ja bekanntlich der schwerste Schritt von allen.

Steuermelken leicht gemacht

Es ist ein stets erfrischendes Vergnügen, wenn kluge Köpfe aus den heiligen Hallen der ökonomischen Weisheit mit neuerlichen Vorschlägen zur fiskalischen Gesundung der Republik ins Rampenlicht treten. Jüngst durfte sich der geneigte Zuhörer der „Pressestunde“ des ORF wieder einmal an der unerschütterlichen Logik erfreuen, mit der uns die wirtschaftliche Elite unseres Landes die Welt erklärt. Holger Bonin, IHS-Chef und somit ein Mann von unbestreitbarer Sachkenntnis, sprach dort aus, was sich so mancher in Regierungsverantwortung wohl nicht offen zu sagen traut: Die Staatsfinanzen sind zu sanieren, und zwar mit tatkräftiger Unterstützung von Ländern, Kommunen und – überraschenderweise – auch von privaten Haushalten.

Die Bösen haben Geld – das kann so nicht bleiben

Nun mag der naive Zeitgenosse an dieser Stelle verwundert die Stirn runzeln und sich fragen: „Moment mal, wer sind eigentlich diese privaten Haushalte?“ Eine berechtigte Frage, denn die Bezeichnung wirkt so abstrakt, so technisch-nüchtern, dass man glatt übersehen könnte, dass es sich dabei um nichts anderes als den gemeinen Bürger handelt – jenes Wesen also, das seine bescheidenen finanziellen Rücklagen in dunklen Zeiten eher für existenzielle Dinge wie Miete, Strom oder gar (höchst luxusverdächtig!) ein Schnitzel mit Erdäpfelsalat zur Seite legt.

Doch Halt! Dieser Tage vernehmen wir aus berufenem Munde, dass „die Menschen aktuell mehr Geld zur Verfügung haben“, während gleichzeitig die Wirtschaftsleistung geschrumpft sei. Ein Skandal! Ein unfassbares Missverhältnis! Menschen haben mehr Geld? Wie kann das sein? Wo bleibt hier der wirtschaftliche Anstand? Und, was noch schwerer wiegt: Warum ist das Geld nicht längst auf den Konten des Staates gelandet, wo es doch viel sinnvoller und effizienter eingesetzt werden könnte?

Die Milchkuh als Schicksalsmetapher – Ein Leben im Dauermelkvorgang

Wenn ein Politiker von „Geld, das die Menschen zur Verfügung haben“, spricht, dann ist dies etwa so, als würde ein Metzger „Rinder, die noch am Leben sind“, kommentieren. Es impliziert eine gewisse Unordnung, einen Missstand, den es zu korrigieren gilt. Denn dass der Bürger plötzlich mehr Geld besitzt, ist in der Logik staatlicher Finanzpolitik ungefähr so akzeptabel wie ein Torwart, der die falsche Mannschaft unterstützt. Ein grober Regelverstoß gegen das Gleichgewicht der Haushaltszahlen, der schleunigst geahndet werden muss.

Doch keine Sorge, die helfende Hand des Fiskus ist bereits erhoben, bereit, den Bürger von seinem unangebrachten Reichtum zu befreien. Und was wäre schließlich fairer als eine gerechte Umverteilung der Mittel – und zwar von unten nach oben, dorthin, wo kluge Ökonomen und umsichtige Politiker sich ihrer sinnvoll annehmen können? Es gilt, Lücken zu stopfen! Haushaltslöcher müssen geschlossen werden! Und das gelingt am besten, indem man Menschen zur Kasse bittet, die ohnehin kaum eine Wahl haben.

Die Krise als Chance – für den Staatshaushalt

Da sich also die Mär von der maroden Staatskasse erneut in den Vordergrund drängt, bleibt es nicht aus, dass altehrwürdige Strategien aus der Mottenkiste geholt werden. Und die bewährteste von allen ist natürlich jene, die beim Otto Normalverbraucher ansetzt: „Da wird man ranmüssen.“ So einfach, so klar, so alternativlos. Doch immerhin – und das ist ja fast schon lobenswert – sagt man es dieses Mal mit einer entwaffnenden Offenheit. Keine Phrasen, kein schöngerädeter Sozialstaat-Talk, sondern eine Art ungeschminkte Wahrhaftigkeit: „Geld her, jetzt!“

Dabei wäre doch noch eine ganz andere Möglichkeit denkbar gewesen. Man hätte vielleicht den Gedanken wagen können, die Schrumpfung der Wirtschaftsleistung nicht als bloßes Defizit zu begreifen, das nun von unten ausgeglichen werden muss, sondern als Anreiz, dort einzuhaken, wo es strukturelle Versäumnisse gab. Vielleicht wäre es ja von Vorteil gewesen, über Anreize für Wirtschaftswachstum nachzudenken, statt reflexartig die Belastung der ohnehin schon stark gebeutelten Haushalte ins Spiel zu bringen. Vielleicht. Aber das wäre natürlich eine ganz andere Geschichte.

Fazit: Immer mehr nehmen, immer mehr geben – solange es nicht die Falschen trifft

Und so bleibt nur ein bitteres Fazit: Der österreichische Staat gleicht einem passionierten Jäger, der seine eigene Herde zähmt, füttert und schlachtet, stets in der Überzeugung, dass das Wild keinen anderen Zweck haben kann, als seiner Verwertung zu dienen. Der Bürger hat Geld? Dann hat er es wohl übersehen, abzuliefern. Und da wird man ranmüssen.

Also, liebe Leserinnen und Leser: Genießt euer verbleibendes Geld, solange es noch geht – und merkt euch eins: Immer wenn man euch einredet, ihr hättet mehr Geld zur Verfügung als zuvor, dann ist das keine freudige Nachricht, sondern eine Vorwarnung. Die Kassen sind offen, aber nicht für euch.

Jung, jünger, Vietnam

Ein Krieg ist immer eine Mahnung, ein mahnendes Bild von Verlust und Zerstörung, doch es gibt keinen Krieg, der in seiner Brutalität so tief in das Herz einer Nation schneidet wie der Vietnamkrieg. Und wer könnte das besser illustrieren als die schockierende, fast lyrische Zahl der Gefallenen? Über 58.000 US-Soldaten fielen in diesem Konflikt, und das Bild, das sich uns dabei aufdrängt, ist ein erschütterndes: eine Armee von jungen Männern, deren Leben gerade erst zu beginnen schien. Ihre Durchschnittsalter betrug nicht einmal das eines frisch gepressten College-Absolventen. Sie waren jung, verloren und, was noch schlimmer ist, sie starben jung – in einem fremden Land, auf einem fremden Kontinent, ohne wirklich zu wissen, was sie dort suchten. Und doch war es nicht der Krieg selbst, der den Großteil ihrer Zahl forderte, sondern vielmehr der gelebte Wahnsinn der kriegsführenden Nationen, deren Imperium auf den Schultern dieser Jünglinge ruhte. Wer von uns könnte sich nach einem Blick auf diese Alterspyramide nicht fragen: Wo liegt die Würde des Krieges, wenn er in solch blutiger Weise die Unschuld fordert?

Eine verwirrende Altersstruktur

Beginnen wir mit einer durch und durch entlarvenden Tatsache: Die Mehrheit der Gefallenen war jung. Und wie jung? Die große Mehrheit der Toten des Vietnamkriegs war zwischen 18 und 24 Jahren alt. Es ist fast schon eine absurde Ironie, dass gerade die Jahrgänge, die ihr Leben gerade erst begannen, am härtesten getroffen wurden. Wie viele der 58.000 hatten überhaupt die Gelegenheit, in den Genuß einer unbeschwerten Jugend zu kommen? Wie viele von ihnen hatten ihre ersten Zigaretten noch im Mundwinkel, als sie zum Militärdienst eingezogen wurden? Und wie viele von ihnen trugen in ihren Taschen mehr Träume als Ausrüstungen für das, was sie bald erleben würden?

Fast die Hälfte der Toten, 50%, gehörte der Altersgruppe der 18- bis 19-Jährigen an. Da staunt man nicht schlecht, wenn man sich vor Augen hält, dass diese Gruppe mit ihrer gerade mal frisch abgeschlossenen Schulbildung und ihrer noch vor sich liegenden „Zukunft“ in den fernen Dschungel geschickt wurde, um die militärischen Ideale ihrer Nation zu verteidigen. In welchem Albtraum erstrahlte der amerikanische Traum, wenn er durch diese Kinderaugen hindurch gesehen wurde?

Krieg als Beruf: Die 20- bis 21-Jährigen

Doch die Tragödie dieses Krieges bleibt nicht auf die ganz jungen Rekruten beschränkt. Auch die 20- bis 21-Jährigen, etwa 30% der Gefallenen, gehörten noch jener Generation an, die den Krieg nicht mit Lebenserfahrung konfrontiert fand. Sie waren die gerade erwachsenen, mehr oder weniger reifen Jungen und Mädchen, die in eine Welt katapultiert wurden, die sie sich kaum hätten vorstellen können. Es war der Moment des Erwachsens, der mit einer Kapitulation der Kindheit verknüpft war. Von der Universität, dem Beginn der Karriere oder auch der ersten Liebe aus, fanden sich viele in einem Albtraum wieder, der an Märchen aus längst vergangenen Jahrhunderten erinnerte. Der Krieg wurde für sie zur einzigen „Berufserfahrung“, die sie je sammeln sollten.

Und doch gibt es hier auch eine finstere, aber keineswegs abwegige Erkenntnis: Der Vietnamkrieg war für viele von ihnen ein „Berufseinstieg“. Wie viele junge Amerikaner hatten in den späten 60er-Jahren die Möglichkeit, etwas anderes zu tun, als sich dem Militär zu verschreiben? Wie viele dieser jungen Erwachsenen waren nicht gerade auf der Suche nach einer Möglichkeit, aus dem Alltagsdruck des sich wandelnden Amerika zu entkommen? Der Krieg war für sie eine Art existenzielles „weiter, immer weiter“, ein Ventil für die Entfaltung ihrer Männlichkeit, das vielleicht nie wirklich hinterfragt wurde. Was bleibt von dieser Form von „Berufserfahrung“? Nur die schmutzigen Uniformen, das unendliche Echo von Schüssen und das lange Verweilen im Dunkel der Erinnerung.

Erfahrene Soldaten in einem unmenschlichen Spiel

Betrachtet man die Altersgruppen von 22 bis 24 Jahren, in denen noch rund 12% der Gefallenen ihren Dienst in einem Krieg fanden, wird ein weiteres, tiefzerrüttendes Bild sichtbar: Es handelt sich hier um Männer, die in der Regel schon etwas mehr Lebenserfahrung hatten. Sie waren keine frisch gepressten Teenager mehr, sondern hatten bereits den „Ernst des Lebens“ erfahren – entweder durch eine abgeschlossene Berufsausbildung, eine erste Familie oder auch durch den Militärdienst. Sie wurden als erfahrene Soldaten in einen Krieg geschickt, dessen Regeln sie nicht kannten. Ihr Wissen über das Leben war nicht die Art von „street-smart“ Taktik, die man im Krieg braucht, sondern das langsame Wissen um die schmerzliche Einsicht, dass der Mensch – trotz allem Überlebenswillen – ein schwaches Geschöpf ist. Auch diese Gruppe verlor mehr als nur ihre körperliche Unversehrtheit. Sie verloren die letzten Reste von Vertrauen in ein System, das sie als „verantwortungsvoll“ und „erfahren“ in den Kampf schickte.

Ein Tropfen Erfahrung, der im Kriegsmeer ertrinkt

Und dann gibt es die „alten“ Soldaten, jene, die schon über 25 Jahre alt waren – eine kaum nennenswerte Gruppe mit 8% der Gefallenen. Aber vielleicht sind gerade sie die bitterste Pille, die der Krieg zu schlucken hat. Denn sie waren die Berufsmilitärs, die Führungskräfte, diejenigen, die den blutigen Tanz der Massen organisierten und planten. Sie wurden in den Konflikt gesandt, um das Chaos zu lenken, ohne zu wissen, dass ihre Erfahrungen in einer anderen Welt nie in einem so monströsen Setting aufgehen würden. Ihr Tod steht symbolisch für das Scheitern eines Militärsystems, das glaubt, durch Erfahrung eine gewisse Immunität gegen das Absurde des Krieges zu besitzen. Doch auch die älteren Soldaten fielen – nicht weil sie nicht wussten, wie man kämpft, sondern weil sie nicht wussten, wie man in einem Krieg bleibt, der nicht mehr nach den Regeln des menschlichen Anstands spielte.

Eine Generation, zerstört durch den Krieg

Die Frage bleibt, was uns diese Altersstruktur der Gefallenen lehrt. Es ist der bittere Gedanke, dass der Vietnamkrieg eine ganze Generation von Jungen und Männern forderte, die nicht nur in ihrer Unschuld geschlachtet wurden, sondern die auch in einer absurden Mischung aus Ideologie, Patriotismus und der Tragödie des jugendlichen Übermuts in den Krieg geschickt wurden. Der Vietnamkrieg war der „Erwachsenwerdungsprozess“ einer Nation, die niemals reif genug war, den wahren Preis des Krieges zu zahlen. Die Zahl 58.000 ist nicht nur eine Zahl von Toten. Sie ist eine Erinnerung an all das, was eine Generation von jungen Amerikanern nie kennenlernen durfte. Und der Vietnamkrieg? Ein mahnendes Bild, das sich mit jeder Stunde weiter in die Geschichte eingräbt und uns sagt: „Vergesst nicht, was ihr tut. Vergesst nicht, wie jung diese Männer waren.“

Die Aktualität von Hannah Arendts Denken

Die politische Philosophie Hannah Arendts zählt zu den scharfsinnigsten Analysen der totalitären Strukturen des 20. Jahrhunderts und bleibt bis heute von ungebrochener Relevanz. Ihr Werk, das sich mit den Mechanismen des Totalitarismus ebenso befasst wie mit den Bedingungen für politische Freiheit, liefert nicht nur eine brillante Diagnostik vergangener autoritärer Regime, sondern auch eine bestechend klare Linse, durch die sich gegenwärtige politische Entwicklungen betrachten lassen. Besonders aufschlussreich ist ihre Analyse jener gesellschaftlichen Gruppen, die zur Trägerschaft des Faschismus und anderer autoritärer Bewegungen werden. Arendt widerspricht der gängigen Auffassung, dass der Mob lediglich das Lumpenproletariat oder soziale Unterschichten repräsentiere. Vielmehr beschreibt sie ihn als eine heterogene Formation der „Abgehängten aller Klassen“, als eine Allianz jener, die sich – unabhängig von ihrem ökonomischen oder sozialen Status – durch gesellschaftliche Marginalisierung, Ressentiments und Verachtung des bestehenden politischen Systems verbunden fühlen. Diese Charakterisierung des Mobs als amorphes, aber wirkmächtiges Gebilde politischer Frustration hat tiefgreifende Implikationen für das Verständnis rechter Massenbewegungen, damals wie heute.

Der Mob als politischer Akteur jenseits der Klassenzugehörigkeit

Traditionell wurden faschistische Bewegungen entweder als eine Manifestation des Kleinbürgertums gedeutet, das seine soziale Stellung bedroht sieht, oder als eine Revolte der unteren Schichten gegen die als abgehoben empfundene Elite. Arendt jedoch widerspricht dieser Vereinfachung. Sie argumentiert, dass die Zusammensetzung des Mobs nicht entlang klassischer ökonomischer Linien verläuft. Vielmehr vereint er Menschen aus unterschiedlichen sozialen Milieus, deren gemeinsamer Nenner nicht ihr materieller Status, sondern ihr Gefühl der politischen und kulturellen Entrechtung ist. Der arbeitslose Handwerker, der gescheiterte Intellektuelle, der verarmte Aristokrat, der kleinbürgerliche Angestellte ohne Aufstiegsperspektive – sie alle finden sich im Mob wieder, nicht als einheitliche soziale Klasse, sondern als kollektiv entwurzelte Individuen, die in einer Welt, die sie nicht mehr verstehen und die sie als feindlich empfinden, nach Halt suchen. Arendt beschreibt diese Gruppen als solche, die von der traditionellen Gesellschaft nicht mehr absorbiert werden können, die keine Rolle im bestehenden System mehr finden und sich daher nach radikalen Umbrüchen sehnen. Diese Sehnsucht nach Zerstörung, nach einer Neuordnung, in der sie eine Rolle spielen können, macht sie anfällig für die Verheißungen totalitärer Bewegungen.

Die Entwurzelung als Motor politischer Radikalisierung

Das zentrale Element, das diese disparate Gruppe eint, ist nicht eine spezifische soziale Benachteiligung im ökonomischen Sinne, sondern die Erfahrung der Entwurzelung – eine Erfahrung, die sowohl materielle als auch ideologische Dimensionen besitzt. Die Industrialisierung, die Urbanisierung und die sich wandelnden gesellschaftlichen Strukturen des 19. und 20. Jahrhunderts führten zu einer massiven Auflösung traditioneller sozialer Bindungen. Während einige Gruppen von diesem Wandel profitierten, hinterließ er andere als verlorene Existenzen, die in ihren alten Rollen keine Bedeutung mehr fanden und in den neuen Strukturen keine neue Heimat hatten. Es ist diese Entwurzelung, so Arendt, die den Mob in besonderem Maße anfällig für Ideologien macht, die einfache Erklärungen bieten und Feindbilder präsentieren. Der Mob sucht nicht nur nach ökonomischer Sicherheit, sondern vor allem nach einer neuen Sinngebung seiner Existenz, einer übergeordneten Ordnung, die ihm seine verlorene Stellung in der Gesellschaft wiedergibt – sei es durch Nation, Rasse oder eine andere Form kollektivistischer Identität.

Die Banalität des Bösen und die Verführbarkeit der Abgehängten

Arendts bekannteste These, die „Banalität des Bösen“, beschreibt die Fähigkeit scheinbar gewöhnlicher Menschen, sich in den Dienst monströser Systeme zu stellen, ohne dabei notwendigerweise ein bewusstes moralisches Kalkül zu entwickeln. Diese These ist eng mit ihrer Analyse des Mobs verbunden. Gerade weil sich der Mob nicht durch eine kohärente politische Ideologie auszeichnet, sondern durch Ressentiment, Enttäuschung und das Bedürfnis nach Zugehörigkeit, ist er besonders empfänglich für totalitäre Verheißungen. Die Menschen, die sich in autoritären Bewegungen zusammenfinden, handeln nicht aus einer genuinen Überzeugung heraus, sondern aus einer tiefen existenziellen Notwendigkeit nach Bedeutung. Sie werden von der Struktur der Bewegung aufgesogen, von der Dynamik der Masse mitgerissen und finden in der Partizipation an der Bewegung eine Ersatzidentität, die sie im normalen gesellschaftlichen Leben verloren haben.

Der Mob und die moderne Politik: Eine historische Konstante?

Arendts Analyse des Mobs ist nicht nur eine historische Reflexion über die Entstehung faschistischer Bewegungen im frühen 20. Jahrhundert, sondern auch eine Warnung für die Zukunft. Die Muster, die sie beschreibt, lassen sich in vielen modernen politischen Phänomenen wiedererkennen. Die populistischen Bewegungen des 21. Jahrhunderts, die sich gegen die „Eliten“ richten und eine radikale Umgestaltung des politischen Systems fordern, rekrutieren sich ebenfalls aus einer heterogenen Mischung von Enttäuschten, Abgehängten und Unzufriedenen aller gesellschaftlichen Schichten. Die Mechanismen der Entwurzelung, der Sinnsuche und der Sehnsucht nach einer einfachen, klaren Weltordnung sind heute so wirksam wie in den 1920er- und 1930er-Jahren.

Fazit: Die Herausforderung der Demokratie

Wenn Arendt uns eines lehrt, dann, dass die Demokratie sich nicht auf ihre formalen Institutionen verlassen kann, sondern stets die sozialen und politischen Bedingungen im Blick behalten muss, unter denen Menschen ihre Zugehörigkeit zur Gesellschaft empfinden. Die größte Gefahr für die Demokratie geht nicht von organisierten extremistischen Gruppen aus, sondern von jener diffusen Masse der „Abgehängten aller Klassen“, die sich politisch heimatlos fühlt und bereit ist, sich autoritären Bewegungen anzuschließen, wenn diese ihnen eine neue Identität und Bedeutung versprechen. Demokratie bedeutet nicht nur freie Wahlen und Rechtsstaatlichkeit, sondern auch die kontinuierliche Arbeit daran, gesellschaftliche Teilhabe für alle zu ermöglichen.

Die Herausforderung bleibt also bestehen: Wie kann eine offene Gesellschaft verhindern, dass sich immer wieder Gruppen bilden, die sich selbst als überflüssig empfinden und in ihrer existenziellen Unsicherheit bereit sind, den Verlockungen totalitärer Ideologien zu erliegen? Die Antworten darauf zu finden, ist eine der drängendsten Aufgaben der politischen Philosophie unserer Zeit.

Die Sicherheitsarchitektur der Angst

Es gibt Dinge, die sind so offensichtlich, dass man sie eigentlich gar nicht mehr aussprechen müsste, wäre da nicht das beharrliche Schweigen des offiziellen Narrativs, das jede Diskrepanz zwischen Ideologie und Realität mit der Eleganz eines antiken Redekünstlers in wohlgesetzte Euphemismen verpackt. Und so stehen in Österreich Synagogen unter Polizeischutz, während Moscheen es nicht müssen. Eine Banalität, ein bloßes Faktum, in Zahlen ausgedrückt: etwa 15.000 Juden, aber über 750.000 Muslime. Doch was sagen Zahlen schon aus in einer Gesellschaft, die sich unaufhörlich in der metaphysischen Selbstbefragung über Identität, Schuld und Fortschritt ergeht? Und vor allem: Warum ist das so?

Der asymmetrische Sicherheitsdiskurs: Wer schützt wen und warum?

Es gibt eine einfache Erklärung, die allerdings in der moralisch erhabenen Blase der gutgemeinten Gesellschaftsdialoge als „unangemessen verkürzt“ gelten würde: Synagogen werden bedroht, Moscheen nicht. Oder genauer: Die größte Gefahr für Juden in Österreich geht nicht von Repräsentanten der Mehrheitsgesellschaft aus, sondern von einer importierten Ideologie, die sich unter dem schönen Banner des Multikulturalismus unbemerkt eingeschlichen hat. Dies auszusprechen, ist jedoch in etwa so ratsam, wie einem versoffenen Wirt zu erklären, dass sein Bier nach Spülwasser schmeckt – es stößt auf wenig Gegenliebe.

Die Logik der Bedrohung ist asymmetrisch: Es gibt keine jüdischen Terroristen, die sich in europäischen Fußgängerzonen in die Luft sprengen. Keine Rabbiner, die fatale Bekenntnisse in schlecht übersetztem Arabisch raunen. Keine jüdischen Gemeinden, die schariarechtliche Paralleljustizen etablieren. Und doch ist es genau diese Asymmetrie, die im allgemeinen Diskurs nicht vorkommen darf. Die feinsinnigen politischen Deuter erklären uns stattdessen, dass Antisemitismus in Österreich ein „gesamtgesellschaftliches Problem“ sei, während die steigenden Sicherheitsmaßnahmen für Synagogen ein „bedauerlicher, aber notwendiger Schutz gegen Extremismus jeglicher Art“ darstellten. Jeglicher Art! Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, während der örtliche Polizeibeamte vor dem jüdischen Gemeindezentrum einen kalten Kaffee schlürft und sich fragt, wie lange es dauert, bis seine Präsenz nicht mehr als provokative Machtdemonstration der übergriffigen Staatsgewalt, sondern als bloße Notwendigkeit anerkannt wird.

Der multikulturelle Balanceakt: Zwischen Opferstatus und Herrschaftsanspruch

Die Krux ist nun, dass sich die kulturelle Hegemonie des Diskurses nicht nach empirischer Evidenz, sondern nach ideologischen Modeerscheinungen richtet. So ist die Vorstellung, dass in Österreich Muslime strukturell benachteiligt würden, so tief in den politischen Reflexen verankert, dass jedes Gegenargument als Ketzerei gilt. Der Schutz von Synagogen wird in dieser Logik nicht als Ausdruck einer realen Bedrohung, sondern als Teil einer verschwörungstheoretischen Rhetorik des „rechten Lagers“ abgetan, das natürlich nur darauf wartet, jede Form islamischer Präsenz zu diffamieren.

Dabei ist die Situation viel einfacher und zugleich unendlich komplizierter: Der Islam in Österreich ist nicht monolithisch, sondern ein Patchwork aus nationalen, ethnischen und theologischen Fraktionen, die einander teils misstrauisch beäugen, teils offen bekämpfen. Und trotzdem eint sie eines: das Image des ewig Bedrohten, des strukturell Diskriminierten, des Marginalisierten. Es ist eine komfortable Position, die es ermöglicht, einerseits als Opfer aufzutreten und andererseits kulturelle Deutungshoheit zu beanspruchen.

Der blinde Fleck des Mainstreams: Warum keine Debatte stattfindet

Die Tatsache, dass Synagogen polizeilich bewacht werden müssen, ist also weniger eine Folge staatlicher Paranoia als vielmehr ein Indikator dafür, dass die real existierenden Spannungen nicht thematisiert werden dürfen. Wer wagt es, die Frage zu stellen, warum die jüdische Minderheit, die in Österreich kaum 0,2 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmacht, als Sicherheitsrisiko betrachtet wird – nicht für andere, sondern für sich selbst? Und warum jene Gruppen, die sich als Opfer institutioneller Islamophobie stilisieren, in der Praxis nicht dasselbe Maß an Bedrohung erfahren?

Die Antwort ist unbequem, also wird sie nicht gegeben. Lieber verbleiben wir im Kokon der wohlmeinenden Ignoranz, in dem jede Form der Islamkritik als Hetze, jede Mahnung zur Vorsicht als Xenophobie und jede Sicherheitsmaßnahme für jüdische Einrichtungen als „traurige Notwendigkeit“ bezeichnet wird, ohne dass jemand die Frage stellt, warum diese Notwendigkeit eigentlich besteht.

Aber gut. Solange man noch ohne Polizeischutz einen Kaffee trinken kann, soll man es wohl einfach dabei belassen.

Zuschauer wie Du und Ich

Ein Spiegelbild des Volkes – oder etwa doch nicht?

Man stelle sich vor, es gäbe eine Institution, deren erklärtes Ziel es sei, das Publikum eines öffentlichen Rundfunksenders zu vertreten, dessen Meinungen und Interessen in die Gestaltung des Programms einfließen zu lassen und, mit einer demokratischen Grundhaltung bewaffnet, eine Art Brücke zwischen Medienbetrieb und Volk herzustellen. Welch noble Idee! Welch strahlende Vision! Eine direkte Mitsprache der Menschen, die schließlich den Rundfunk mit ihren Gebühren alimentieren, wäre ein geradezu revolutionärer Schritt in einer Medienlandschaft, in der Entscheidungen oft hinter verschlossenen Türen fallen. Doch wie so oft klafft zwischen Theorie und Praxis ein tiefer Graben, den selbst die ambitioniertesten Ingenieure der Demokratie nicht mit einer schnöden Hängebrücke zu überwinden vermögen.

Wer bestellt, bezahlt – und bestimmt

Um die Vertretung des Publikums zu gewährleisten, werden die Mitglieder des ORF-Publikumsrats nicht etwa von den Zuschauern selbst gewählt – nein, das wäre ja ein geradezu anarchistischer Gedanke, eine unkontrollierbare Volte in Richtung direkter Demokratie, die nur Unruhe stiften würde! Stattdessen dürfen jene entscheiden, die schon immer über den Medienkonsum des kleinen Mannes gewacht haben: Die honorigen Institutionen der Wirtschaft, der Religion, der Wissenschaft und – nicht zu vergessen – die politische Elite des Landes. Ein Gremium, das wahrlich nichts dem Zufall überlässt. Die Mitgliedschaft in diesem erlauchten Kreis verdankt sich nicht etwa Popularität, Fachkenntnis oder gar einem brennenden Interesse am ORF-Programm, sondern der Zugehörigkeit zu Organisationen, die das Wohl des Volkes stets über ihre Eigeninteressen stellen. Ironie? Nein, nein, das ist die pure Realität!

Die erlesene Auswahl der Volksvertreter

Man könnte sich fragen: Wer vertritt hier eigentlich wen? Hier eine kleine Auswahl der Institutionen, die jeweils ein Mitglied direkt entsenden:

  • Die Wirtschaftskammer Österreich – denn wer kennt den Geschmack und die Sorgen des Durchschnittszuschauers besser als jene, die für Firmeninteressen lobbyieren?
  • Die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern – eine Institution, die zweifellos einen unbestechlichen Blick auf den urbanen Medienkonsum hat.
  • Die Bundesarbeitskammer und der Österreichische Gewerkschaftsbund – was wäre eine mediale Volksvertretung ohne jene, die zwischen Betriebsversammlungen und Tarifverhandlungen ein feines Gespür für das ORF-Nachmittagsprogramm entwickeln?
  • Die Kammern der freien Berufe – denn wer, wenn nicht Notare, Ärzte und Anwälte, könnten das ungeschminkte Meinungsbild des durchschnittlichen TV-Konsumenten abbilden?
  • Die Römisch-katholische und die Evangelische Kirche – man munkelt, der direkte Draht nach oben erleichtere die Programmplanung ungemein.
  • Rechtsträger der staatsbürgerlichen Bildungsarbeit im Bereich der politischen Parteien – was in simpler Sprache bedeutet: Die Parteien schicken jeweils einen ihrer handverlesenen Meinungsführer, um die Unabhängigkeit des ORF mit zarter Hand zu lenken.
  • Die Akademie der Wissenschaften – denn ein Physiknobelpreisträger kann sicherlich mitreden, wenn es um die Sendezeiten von Volksmusik-Shows geht.

Und als Sahnehäubchen auf diesem Fest der gelebten Demokratie bestellt der Bundeskanzler dann noch 17 (!) Mitglieder höchstpersönlich. Ja, so fühlt sich echte Bürgernähe an!

Fazit: Ein Publikum, das sich selbst fremd ist

Es ist doch beruhigend zu wissen, dass die wahren Bedürfnisse der ORF-Zuseher von einer handverlesenen Elite vertreten werden, die sich zweifellos mit den Belangen des Durchschnittsbürgers bestens auskennt. Kritiker könnten einwenden, dass eine Wahl des Publikumsrats durch eben jene Zuschauer, die er repräsentieren soll, eine demokratischere Lösung wäre – doch das wäre naiv. Schließlich wissen die Menschen selbst oft nicht, was sie wollen, und bedürfen der weisen Führung jener, die sich von Berufs wegen mit Machtstrukturen auskennen.

So bleibt der Publikumsrat das, was er immer war: Eine Institution, die sich von der Basis des Volkes so weit entfernt befindet wie der ORF von einem mutigen, unabhängigen Journalismus. Aber das macht nichts. Hauptsache, die Gebühren werden pünktlich bezahlt!

Ein groteskes Loblied auf den ewigen Konflikt

Der moderne Krieg hat viele Vorteile. Man kann ihn als Konjunkturprogramm, als identitären Katalysator oder gar als eine Form evolutionärer Selektion betrachten. Natürlich nur aus der wohltemperierten Distanz klimatisierter Ministerbüros, wo Schreibtische groß, Stühle weich und Kriege vor allem eine Frage der Strategie sind. Also so, wie es der Präsident des Bundesnachrichtendienstes Bruno Kahl unlängst in seinem bahnbrechenden Plädoyer für einen unermüdlichen Fortbestand des Ukraine-Krieges dargelegt hat. Ein Krieg, so scheint es, ist dann am wertvollsten, wenn er niemals endet.

Die geostrategische Blütezeit der Moral

Der Gedanke ist bestechend einfach: Ein längerer Krieg schwächt Russland. Und was könnte erstrebenswerter sein als eine Nation, die über Jahre und Jahrzehnte hinweg in Schüttelfrost taumelt, anstatt sich zu regenerieren und eines Tages möglicherweise als gefährlicher Akteur zurückzukehren? Dass die Ukraine dabei geopfert wird, ist im Grunde zweitrangig. Sie ist nicht das Ziel, sondern das Werkzeug.

Diese Auffassung sorgt nun für Empörung – allerdings nicht in deutschen Regierungskreisen, wo man sich gewohnt ist, mit betontem Ernst und leiser Stimme „harte Realitäten“ zu akzeptieren. Nein, es sind ausgerechnet die Ukrainer selbst, die plötzlich zur Erkenntnis gelangen, dass ein Krieg auf unbestimmte Zeit vielleicht doch keine optimale Zukunftsperspektive bietet. Eine unfassbare Naivität!

Die Überlegenheit der westlichen Langzeitstrategie

Man möge sich das einmal vorstellen: Ein schneller Frieden? Ein früher Waffenstillstand? Geradezu absurd! Es gibt doch noch so viele Rüstungsaufträge zu vergeben, so viele moralische Sonntagsreden zu halten, so viele Think-Tank-Analysen zu schreiben! Was sollte aus den medialen Heroisierungskampagnen werden, wenn der ewige Kampfplätze von heute zu den Ruinen von morgen werden?

Die Forderung der ukrainischen Opposition nach einem sofortigen Friedensabkommen erscheint in diesem Lichte geradezu als Sabotageakt am Fortschritt. Was ist schon ein einzelnes Land, wenn es um die viel größere Ordnung Europas geht? Eine Ordnung, die sich – natürlich rein zufällig – auch durch eine strategische Demontage von Konkurrenten definiert. Und wenn es dabei Menschenleben kostet? Nun, das sind doch nur Zahlen in Berichten. Die Weltgeschichte wurde nie von denen geschrieben, die sich vor Verlusten fürchteten.

Eine Welt ohne Krieg – eine trostlose Vision

Doch stellen wir uns für einen kurzen Moment das Schlimmste vor: Der Krieg endet früher als 2029. Was wäre dann? Womöglich eine Art von Frieden? Oder noch schlimmer: Diplomatie? Es wäre das Ende der klaren Fronten, des einfachen Gut-und-Böse-Narrativs, in dem sich westliche Staaten so wunderbar moralisch inszenieren können. Keine heroischen Reden mehr, keine milliardenschweren „Hilfspakete“, keine grenzenlose Empörung in Talkshows – was für eine Tristesse!

Und erst die wirtschaftlichen Folgen! Was sollten die rüstungsindustriellen Komplexe all jener Nationen tun, die sich auf ein langjähriges „Engagement“ eingestellt haben? Eine rückwirkende Rezession droht! Arbeitsplätze in Gefahr! Es ist ein altbekanntes Problem: Friede mag edel klingen, aber er ist einfach verdammt schlecht fürs Geschäft.

Fazit: Ein Krieg für die Ewigkeit

Während in der Ukraine Millionen Menschen versuchen, ihren Alltag zwischen Luftalarm und Inflation zu meistern, hat Europa längst seine Prioritäten gesetzt. Und Bruno Kahl hat sie in einem ungewollt ehrlichen Moment ausgesprochen. Der Krieg ist keine Tragödie, sondern ein nützliches Werkzeug – das lässt sich mit ein wenig zynischer Distanz und der nötigen Portion politischer Eiseskälte erkennen. Er ist nützlich für Strategie, für Wirtschaft, für die Selbstinszenierung.

Wäre es da nicht am besten, wenn er einfach weitergeht? Unendlich. Oder zumindest, bis die Karten neu gemischt sind. Bis zur nächsten Krise. Bis zum nächsten Großprojekt der Weltordnung.

Denn wer braucht schon Frieden, wenn man einen guten Krieg haben kann?