„Selbstdenken“ als bürgerliche Ungeheuerlichkeit?

1. Der Aufstand der Synapsen im Sonntagsdress

Man muss sich die Szene bildlich vorstellen: Es ist Sonntag, der Himmel ist wie frisch gestrichen, die Katze sitzt auf dem Kissen, als wäre sie die Königin von England, und Herr Müller, bestens frisiert, öffnet die Teekanne. Alles ist perfekt – perfekt absurd, perfekt steril, perfekt langweilig. Und plötzlich: ein Gedanke. Ein eigener, selbstständiger Gedanke. Ein Skandal! Sofort erstarrt die Gesellschaft, als hätte jemand die Handbremse der Zivilisation gezogen. Die Nachbarin, die sonst über Sträucher und Kaffeekränzchen tratscht, wird blass, ihre Perlenkette rutscht, und Herr Müller schaut so, als hätte man ihm den finalen Akt seiner Existenz gestohlen: „Wer denkt hier? Wer wagt es?“

In diesem Moment wird Selbstdenken zur intellektuellen Waffe: Die kleinen Katastrophen der Bürgerlichkeit, die jahrelang ungestört funktionierten – der akkurat gefaltete Serviettenrand, die sorgfältig polierte Tischplatte, die obligatorische Wiederholung des Satzes „Wie schön der Garten doch blüht!“ – beginnen zu wanken. Es ist, als würde jemand das Fundament der gepflegten Langeweile sprengen, und plötzlich merkt man: Alles war nur Dekoration für das eigene Sicherheitsgefühl.

2. Die groteske Ritualmagie des Kleinbürgers

Man könnte fast glauben, das Bürgertum hat seine eigene Religion erfunden – und tatsächlich: Es gibt Opfergaben (Kuchen), heilige Rituale (Teekränzchen) und hochheilige Texte (lokale Wochenzeitungen). Wer diese Rituale stört, wird sofort exkommuniziert – mit der sanften Gewalt subtiler Augenrollen und scheinbar wohlwollender Kommentare wie: „Ach, Sie haben wieder eine eigenartige Meinung.“ Eigenartig, weil gefährlich. Eigenartig, weil denkend.

Die absurden Regeln reichen von der Auswahl des richtigen Bestecks bis zur korrekten Betonung von „schön“ beim Lob des eigenen Blumengartens. Wer es wagt, eine kritische Bemerkung zu äußern – etwa, dass der Kuchen wie Gummi schmeckt oder dass der Garten eher einem botanischen Missgeschick gleicht –, wird mit einer Mischung aus Empörung, Mitleid und verschämtem Lachen gestraft. Jeder eigenständige Gedanke wird hier behandelt wie ein feuriger Drache, der ins Wohnzimmer stürmt: majestätisch, bedrohlich, völlig unkontrollierbar.

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3. Selbstdenken als Mini-Revolution

Doch das Beste daran: Die Folgen des selbstdenkenden Aktes sind sofort spürbar und gleichzeitig urkomisch. Die bürgerliche Ordnung bricht in leisen, aber verheerenden Schritten zusammen: Plötzlich diskutiert man über Politik, Philosophie oder die Tragik des sonntäglichen Kuchens – und die ehemals makellose Ordnung verwandelt sich in eine Bühne des Chaos. Das Bürgertum reagiert mit einer Mischung aus hysterischem Entrüstetsein und neugierigem Staunen, als hätte jemand eine intellektuelle Bombe gezündet, die die Tassen klirren lässt und die Servietten fliegen.

Jeder selbstständig geäußerte Gedanke wird zum Mini-Aufstand: Man diskutiert, man widerspricht, man lacht. Die groteske Komik liegt darin, dass der Denker zugleich gefeiert und gefürchtet wird – wie ein kleiner, rebellischer Kobold, der das monotone Paradies der Mittelmäßigkeit untergräbt.

4. Absurde Szenen: Die kleine literarische Groteske

  • Frau Schmidt, beim Versuch, den Kuchenteller zu balancieren, stolpert und verheddert sich in ihrer Perlenkette – nur, weil Herr Becker eine eigene Meinung über den Kaffee äußerte.
  • Der Hund des Hauses bellt aufgeregt, als hätte er den intellektuellen Aufstand des Denkers erkannt; der Kater dagegen betrachtet die Szene wie ein Richter.
  • Die Blumenzwiebeln, sonst makellos in Reih und Glied gepflanzt, erscheinen plötzlich anarchistisch verstreut, weil jemand laut sagte: „Vielleicht wächst auch mal etwas Chaos.“
  • Selbst die Wanduhr scheint den Atem anzuhalten: Sekunden dehnen sich zu dramatischen Momenten, als ob die Zeit selbst eine Meinungsäußerung abwarten würde.

Alles wird zur Bühne einer absurden, satirischen Tragikomödie – und jeder Denker zum heimlichen Regisseur dieser grotesken Inszenierung.

5. Fazit: Denkt – und verwandelt die Welt in ein Theater

Selbstdenken ist nicht nur eine Provokation, es ist ein Akt der künstlerischen Schöpfung. Wer sich traut, seinen eigenen Gedanken zu folgen, verwandelt den Alltag in ein absurdes Theater, in dem jede Kleinigkeit zur Farce wird, jede Regel zum Witz, jede langweilige Tradition zur Komödie.

Das Bürgertum mag entsetzt, empört, peinlich berührt sein – aber wir wissen: Es lebt von unseren Gedanken, von unserem Humor, von unserer Fähigkeit, selbst in der langweiligsten Konformität ein Feuerwerk der Absurdität zu entzünden. Wer denkt, ist ein stiller Revolutionär, ein Komiker, ein Magier der Intelligenz – und wer lacht, hat die Oberhand.

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Selbstdenken ist die höchste Form der Freiheit, die eleganteste Form der Rebellion und die köstlichste Form der Unterhaltung. Möge der rebellische Geist niemals schweigen – und möge jeder Salon, jedes Teekränzchen, jeder perfekt gefaltete Serviettenrand Zeuge dieser unaufhaltsamen, grotesken Macht der Synapsen werden.

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