Kakistokratie, die

Altgriechisch, Substantiv, feminin: Regierung durch die am wenigsten Qualifizierten

Es begab sich zu einer Zeit, die leider nicht nur eine Zeit, sondern vielmehr ein Dauerzustand ist, dass jene an die Schalthebel der Macht gelangten, deren größte Qualifikation ihre schiere Inkompetenz war. Das mag paradox erscheinen, doch wer den menschlichen Hang zur Selbstsabotage kennt, wird sich kaum darüber wundern.

Unsere Epoche erlebte nicht etwa den Sturz der Fähigsten, sondern deren freiwilligen Rückzug ins Private. Wer klug genug war, die Mechanismen der Macht zu durchschauen, war ebenso klug genug, sich nicht in sie verstricken zu lassen. So blieb das Feld jenen überlassen, die in ihrer grenzenlosen Selbstüberschätzung nicht einmal ahnten, dass sie nichts wussten.

Vom Triumph der Mittelmäßigkeit

Es ist nicht so, dass der Niedergang der Vernunft ein plötzliches Ereignis war. Vielmehr handelte es sich um eine schleichende Erosion, eine stille Revolution der Anspruchslosigkeit. Die alten Eliten, einst eine Meritokratie, in der zumindest rudimentäre Kompetenz Voraussetzung für Einfluss war, wurden durch eine Schar professioneller Dilettanten ersetzt. Man feierte nicht mehr den klugen Kopf, sondern den, der am besten mit Allgemeinplätzen jonglierte.

Die Demokratie verwandelte sich in ein groteskes Schauspiel, in dem nicht mehr die Besten gewählt wurden, sondern jene, die am geschicktesten die niederen Instinkte des Volkes bedienten. Wähler wurden nicht mehr mit Argumenten überzeugt, sondern mit dem höchsten Unterhaltungswert geködert. Die ernsthafte Auseinandersetzung wich einer Reality-Show, in der Charisma wichtiger war als Kompetenz und der lauteste Schreihals stets den Vorzug erhielt.

Die Kunst des gepflegten Scheiterns

Es war eine neue Qualität der Politik, dass sich Unvermögen nicht länger verstecken musste. Wo einst Peinlichkeiten vertuscht wurden, wo Inkompetenz als Makel galt, feierte man nun das grandiose Scheitern als Beweis für Authentizität.

Minister prahlten damit, von ihrem Ressort keine Ahnung zu haben, Kanzlerinnen und Kanzler stolperten von Krise zu Krise, ohne jemals eine Lösung zu präsentieren, und die Wähler zuckten nur mit den Schultern: „Sind doch auch nur Menschen!“ Der Anspruch, dass jemand, der ein Land regiert, wenigstens die grundlegenden Mechanismen des Staatswesens verstehen sollte, galt plötzlich als elitaristisch.

TIP:  Frau Nancy F.

Ja, selbst wenn sich eine Regierung in eine groteske Farce verwandelte, in der unfassbare Fehler mit todernster Miene als alternativlose Notwendigkeiten verkauft wurden, blieb das Volk erstaunlich duldsam. Der Trick? Man bombardierte es mit einer solchen Flut an Absurditäten, dass niemand mehr wusste, worüber er sich zuerst aufregen sollte.

Das Paradoxon der Unfähigkeit

Ein faszinierendes Phänomen war, dass je unfähiger ein Herrscher war, desto sicherer er sich seiner Macht sein konnte. Denn seine Unfähigkeit wurde zur ultimativen Immunität. Fehler waren keine Fehler mehr, sondern narrative Stilmittel. Wer darauf hinwies, wurde als Besserwisser verhöhnt, als Nestbeschmutzer denunziert oder einfach als Verschwörungstheoretiker abgestempelt.

Die Kakistokratie schuf sich ihren eigenen Schutzmechanismus: Indem sie die Erwartungen an politische Akteure so weit senkte, dass selbst ein erwähnenswerter Erfolg als unerwartetes Wunder erschien, etablierte sie sich als unantastbar. Das Volk, umgarnt von Nebelkerzen und rhetorischem Bombast, klammerte sich an die Hoffnung, dass es nicht noch schlimmer kommen konnte – nur um jedes Mal eines Besseren belehrt zu werden.

Die Zukunft ist jetzt – und sie sieht nicht gut aus

Wie also weiter? Die Hoffnung, dass sich die Kakistokratie aus sich selbst heraus abschafft, ist ein Trugschluss. Im Gegenteil: Sie perfektioniert sich, indem sie jede Form von intelligenter Opposition im Keim erstickt. Das Erfolgsmodell der Mittelmaßigkeit ist so erfolgreich, dass es sich selbst reproduziert, sich mit jedem Zyklus verstärkt und verfeinert.

Die einzige verbleibende Waffe ist der Spott. Wer die Kakistokratie ernst nimmt, hat schon verloren. Wer sie jedoch als das erkennt, was sie ist – eine tragische Komödie von epischem Ausmaß – kann ihr zumindest mit sarkastischer Resignation begegnen. Die Hoffnung stirbt zuletzt, heißt es. In einer Kakistokratie jedoch stirbt sie stets zuerst – und kehrt als bitteres Lachen zurück.

Der Clown, der König wurde

Es ist das schlussendliche Paradoxon: Die Kakistokratie wächst nicht trotz ihrer Akteure, sondern gerade wegen ihnen. Wo früher Qualifikation zählte, genügt heute die Illusion von Authentizität. In dieser Welt ist der Clown der wahre König, denn sein Reich ist das Chaos – und er allein versteht es zu beherrschen.

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