Ist das Demokratie, oder kann das weg?

Demokratie, nur in der EU-Deluxe-Ausführung – ohne Demokratie

Es gibt demokratische Systeme, in denen das Volk entscheidet.
Es gibt oligarchische Systeme, in denen eine kleine Elite entscheidet.
Und es gibt die Europäische Union, in der eine winzige Elite entscheidet, aber nur, nachdem sie das Volk vorher mit einer geradezu rührenden Auswahl an pseudodemokratischen Beschäftigungstherapien unterhalten hat.

Man könnte sagen, die EU sei eine Demokratie, so wie ein Fisch ein Baum ist: Sie hat ungefähr dieselbe Beziehung zum Konzept, teilt aber weder die Eigenschaften noch den Lebensraum. Wenn Churchill sagte, Demokratie sei die schlechteste Regierungsform, ausgenommen alle anderen, so würde er bei der EU vermutlich anmerken: „Das ist nicht die schlechteste Regierungsform – das ist ein IKEA-Baukasten, bei dem man nie alle Schrauben findet, die Anleitung auf Maltesisch ist und der Schrank am Ende wie eine Zeitmaschine aussieht, aber nicht funktioniert.“

Der Zaubertrick mit den Institutionen – und das Kaninchen ist tot

Das Europäische Parlament ist der glamouröse Magier auf der Bühne. Es winkt, lächelt, verbeugt sich, und das Publikum denkt: „Ah, das sind die, die uns vertreten.“ Hinter dem Vorhang jedoch zieht die Kommission die Fäden – ein Gremium, das man weder direkt wählt noch wirklich kontrolliert.

Und genau hier liegt die Magie: Die EU hat es geschafft, ein System zu schaffen, in dem man wählen darf, aber nicht wählen kann, was zählt. Das Parlament darf sprechen – manchmal sogar laut –, aber die Partitur liegt woanders, bei den Kommissaren. Diese wiederum wurden entsandt von nationalen Regierungen, die im Zweifel lieber ihre parteipolitischen Restposten nach Brüssel verschicken, damit diese dort unter Aufsicht und sicherer Verwahrung keinen Schaden mehr daheim anrichten.

Bürokratie als göttliche Offenbarung

Die EU liebt Regeln. Nicht so wie ein Richter Gesetze liebt – sondern so wie ein Pyromane Zündhölzer liebt: exzessiv, mit ungesunder Leidenschaft und ohne Rücksicht auf Kollateralschäden.
Jedes Problem wird in einer Brüsseler Kloake aus Komitologie, Subsidiarität und Binnenmarktlogik ertränkt, bis es – wenn überhaupt – als 1.200-seitiges Dokument wieder auftaucht, das in allen 24 Amtssprachen gleich unverständlich ist.

TIP:  Das Trauerspiel einer Möbelhausoper

Beispiel gefällig? Die „Bananenkrümmungsverordnung“. Ja, die ist mittlerweile abgeschafft. Aber allein die Tatsache, dass sie existierte, sagt alles. Es ist die poetische Vollendung eines Apparates, der glaubt, die Natur selbst müsse sich gefälligst an die Zolltarifnummer halten.

Die Wahlfarce im Schaufenster

Alle paar Jahre: Wahl zum Europäischen Parlament. Die Plakate versprechen „Mehr Europa“ oder „Ein anderes Europa“ – was in der Praxis meist „Genau das gleiche Europa, nur mit neuem Logo“ bedeutet. Die Wahlbeteiligung dümpelt vor sich hin, und selbst jene, die wählen gehen, wissen, dass sie im Grunde darüber abstimmen, wer in Brüssel die besten Kantinenplätze bekommt.

Dem Bürger wird eine Rolle zugestanden, die an das kleine Kind bei der Hochzeit erinnert, das die Ringe bringt: Man darf feierlich durchs Mittelgang marschieren – aber die Ehe wird danach trotzdem ohne einen beschlossen.

Kann das weg?

Ob das noch Demokratie ist? Ja, im selben Sinne, wie ein Tiefkühl-Fertiglasagneprodukt noch italienische Küche ist: technisch gesehen ja, kulturell gesehen eine Beleidigung.
Ob es wegkann? Man könnte, klar. Aber man müsste auch bereit sein, alle Konsequenzen zu tragen – und zwar die, die man sich nicht auf EU-Gegner-Plakaten ausmalt, sondern jene, bei denen plötzlich der innereuropäische Güterverkehr so flexibel ist wie ein britischer Zollbeamter nach dem Brexit.

Die EU ist wie ein verhaltensauffälliger, aber unersetzbarer Hund: Sie frisst Ihre Möbel an, bellt nachts grundlos, legt Ihnen tote Mäuse vor die Tür – aber Sie behalten ihn, weil die Alternative darin bestünde, allein im Haus zu sitzen und zuzusehen, wie Einbrecher kommen.

Bis dahin bleibt die EU, was sie ist: eine feierlich lächelnde Bürokratiemaschine, die Demokratie spielt wie ein mittelmäßiger Schauspieler Shakespeare – mit großem Gestus, holprigem Text und der unerschütterlichen Überzeugung, dass niemand es wagen wird, den Saal vor der Pause zu verlassen.

Please follow and like us:
Pin Share