Eine Übung in politischem Sprechblasen-Gedöns

Ach, wie wunderbar, dass wir in einer Welt leben, in der internationale Politik nicht nur von der Kaltblütigkeit der Realpolitik diktiert wird, sondern von einem unfassbar selbstbewussten, inhaltsleeren Diskurs über „Werte“ und „solidarische Verantwortung“. Deutschland, ein Land mit einer Historie der militärischen und politischen Niederlagen, feiert sich regelmäßig als moralische Instanz, als Weltverbesserer und als Leuchtturm der Zivilisation, insbesondere wenn es darum geht, den Zeigefinger zu erheben und anderen Staaten zu sagen, was sie zu tun und zu lassen haben. Ganz besonders dann, wenn es um Syrien geht. Und wie könnte es anders sein: Außenministerin Annalena Baerbock, mit ihrer glänzenden Rhetorik der feministischen Außenpolitik, gibt sich erneut die Ehre und verspricht, was sonst? Genau – Geld. Viel Geld. 300 Millionen Euro, um genau zu sein.

Das ist eine Summe, die so klingt, als ob sie den heiligen Gral des Wiederaufbaus in Syrien sichern könnte. Klar, die 300 Millionen Euro werden selbstverständlich nicht ausreichen, um den zerbombten Wüstensand zu beseitigen, aber immerhin hat man das Gefühl, dass hiermit ein starkes moralisches Statement abgegeben wird. Nicht zu vergessen: Man kann sich für diese Summe, als Teil eines großzügigen internationalen Projekts, hervorragend in einer Pressemitteilung inszenieren. Die Zahlen klingen nach Politik, nach Verantwortung, nach einer Lösung. Doch wer sich fragt, was Baerbock und ihre politische Agenda eigentlich wirklich hinter diesem Akt der finanziellen Wohltätigkeit verbergen, der könnte beim genaueren Hinsehen feststellen, dass die Antwort weniger heroisch und viel mehr ungenau und heuchlerisch ausfällt. Aber gut, man kann es ja so oder so sehen.

So viele Lippenbekenntnisse, so wenig Substanz

Baerbocks Appell, den Machthabern Syriens doch bitte klarzumachen, dass Minderheiten zu schützen (oder wenigstens nicht zu massakrieren) seien, klingt nach einem sehr noblen Anliegen. Schließlich, so hört man es aus den Reden der Ministerin, ist die feministische Außenpolitik, die sie pflegt, nichts weniger als der zivilisatorische Fortschritt schlechthin. Es geht um die Rechte der Frauen, der Minderheiten und der unterdrückten Bevölkerung. Doch hier wird ein kluges, gut verpacktes Narrativ erzählt, das schlichtweg nicht das Problem beschreibt, sondern nur die Symptome einer äußerst komplexen internationalen Misere.

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Was bedeutet eigentlich „feministische Außenpolitik“ in einem Land, in dem Frauen nicht gerade als gleichberechtigt gelten, was den politischen Zugang betrifft? Und wie setzt man dieses feministische Engagement mit einer Regierung um, deren Außenpolitik weniger von idealistischen Werten und mehr von pragmatischen wirtschaftlichen Interessen geprägt ist? Was für eine Farce! Das Ziel ist löblich, keine Frage – die Umsetzung aber eine farbenfrohe Ansammlung von politischen Hohlformeln, die den tiefen Riss in der geopolitischen Realität nicht einmal ansatzweise zu heilen vermögen. Denn egal, wie viele millionenschwere Hilfspakete man verspricht, die Frage bleibt: Was genau will man eigentlich erreichen? Minderheiten in Syrien schützen, indem man einem Assad einen ordentlichen Scheck zuschreibt, der seinen „feministischen“ Außenministerinnen dann in der Presse erklärt, wie wichtig es ist, nicht ganz so viele Frauen und Kinder bei Luftangriffen zu töten?

Der moralische Imperativ, den es zu kaufen gilt

Die 300 Millionen Euro, die nun als Teil der deutschen Antwort auf die syrische Tragödie im Raum stehen, müssen natürlich unter dem Deckmantel einer übergeordneten moralischen Verantwortung abgegeben werden. Dass dies nicht mehr als eine durchdachte PR-Strategie ist, wird aber spätestens dann klar, wenn man sich fragt, warum eine solche Summe überhaupt ausreicht, um „den Wiederaufbau“ Syriens zu fördern. Wiederaufbau? Sicher, der Wiederaufbau ist ein edles Ziel. Aber, meine Damen und Herren, wir sprechen hier von einem Land, das seit Jahren von einem brutalen Bürgerkrieg heimgesucht wird. Wiederaufbau erfordert nicht nur eine ordentliche Summe Geld, sondern vor allem auch ein stabiles politisches Umfeld. Doch was tut Deutschland? Es schüttet eine Prise Geld in den Abgrund einer Region, die von Kriegsverbrechern regiert wird, die sich wahrscheinlich lieber die Taschen vollstopfen, als irgendetwas zu tun, das „die Menschenrechte“ fördert.

Es ist, als würde man ein brennendes Haus mit einem Gartenschlauch löschen, während man gleichzeitig auf einer glitzernden Bühne verkündet, wie wichtig es ist, das Klima zu retten. Ein bisschen hilflos und, sagen wir, ausgesprochen zynisch. Und da sind wir wieder beim Thema „feministische Außenpolitik“ – eine starke, zukunftsweisende Ideologie, die wunderbar klingt, aber – siehe oben – die Realität an der Grenze der Machbarkeit und der echten Einflussnahme weit hinter sich lässt. So entsteht das Bild von Annalena Baerbock, die mit ihrem ökologischen Elan durch die Welt reist und an all die „feministischen“ Werte appelliert, die der Diplomatie eine glänzende Hülle verleihen – aber kein Innenleben haben.

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Die Farce des Wiederaufbaus und die nackte Realität

Nun kommt der Rest der Zaubershow. Deutschland wird Syrien mit viel Geld unter die Arme greifen. Doch, und hier liegt der Haken, die Macher des Krieges, die Assad-Regierung, sind diejenigen, die im Wesentlichen entscheiden, wie dieses Geld verwendet wird. Natürlich, aus deutscher Sicht, stellt sich dann die Frage: Wie weit reicht eigentlich die politische Macht, um bei den syrischen Machthabern tatsächlich eine Verbesserung zu erreichen? Keine hundert Jahre zurückliegend, war Deutschland noch in der „Axel Springer“-Ära damit beschäftigt, eigene Interessen durch Diplomatie und Deals durchzusetzen. Heute verpackt man das ganze Elend als internationale „Hilfsmaßnahme“, weil der Geist der feministischen Außenpolitik es erfordert. Aber um wen geht es wirklich?

Es geht nicht um Syrien, es geht nicht um den Wiederaufbau, es geht nicht einmal um die Frauen und Minderheiten. Es geht darum, wie man als Deutschland, als moralische Instanz, sein Gesicht wahren kann, während man gleichzeitig seine geopolitischen Interessen nicht aus den Augen verliert. Ein klassisches Stück geopolitische Großzügigkeit, das die Welt zu einem besseren Ort machen soll – nur leider ohne den notwendigen Tiefgang.

Eine billige Inszenierung eines noch billigeren Narrativs

Nun, was bleibt uns zu sagen? Annalena Baerbocks syrische Hilfe ist nicht mehr als ein weiteres Beispiel für die Bühne der politischen Zynikerei, auf der westliche Regierungen ihre humanitären Großtaten inszenieren, ohne dabei auf die Realität zu schauen. Es ist ein perfektes Beispiel für den Widerspruch zwischen dem, was gesagt wird, und dem, was tatsächlich passiert. Das Geld mag fließen, doch es wird wenig tun, um das Land tatsächlich zu stabilisieren. Und am Ende bleibt uns der Eindruck, dass es weniger um Syrien geht und viel mehr um die Selbstdarstellung Deutschlands in einer Welt, die sich nach einem Idealbild von Feminismus und Solidarität sehnt, jedoch weit davon entfernt ist, dieses Bild jemals zu erreichen. Ein schönes Schauspiel, aber – um es ganz ehrlich zu sagen – ein völlig unzureichendes Mittel gegen den Abgrund, der Syrien heute noch heimsucht.

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