
In einer Welt, die so gerne in Schwarz und Weiß denkt, ist es schon fast ein Kunststück, die Zwischentöne zu erkennen. Doch leider gibt es heutzutage kaum noch jemanden, der sich der Kunst des Differenzierens befleißigt. Im Gegenteil: Der heilige Krieg gegen Ungleichheit hat uns zu einem Volk gemacht, das nichts mehr zu tun hat, als in endlosen, empörten Monologen über Gerechtigkeit zu schwelgen. Und mittendrin in diesem Sturm der Empörung steht die Linke – die unerschütterliche Hüterin der sozialen Gerechtigkeit – mit einem tragischen Missverständnis: Ihrer Überzeugung, dass jede Ungleichheit das Resultat von Diskriminierung und jeder Erfolg das Resultat von Privilegien ist. Was könnte in dieser Welt mehr zum Wahnsinn führen als diese simplifizierte Sichtweise?
Ganz einfach: Die Tatsache, dass diese Weltsicht von ihren Anhängern nach wie vor als einzig wahr und moralisch richtig angesehen wird, ungeachtet der Tatsache, dass sie in ihrer Naivität die tiefere Komplexität menschlicher Gesellschaften ignoriert. Wer sich einmal die Mühe macht, hinter die Fassade dieses vor sich hin blubbernden Gutmenschentums zu blicken, wird feststellen, dass dort nicht nur ein Haufen guter Absichten auf der Strecke bleibt, sondern auch ein ganzes Arsenal an unrealistischen, oftmals selbstzerstörerischen Überzeugungen.
Die Ursprungsideologie: Gleichheit als Allheilmittel
„Gleichheit für alle!“ lautet der Schlachtruf der Linken, und wer sich diesem nicht anschließt, der ist mindestens ein Scherge des Kapitalismus oder, noch schlimmer, ein neoliberaler Opportunist. Dabei ist die Vorstellung von absoluter Gleichheit eine ebenso schöne wie gefährliche Illusion. Denn was ist „Gleichheit“ wirklich? Gleichheit vor dem Gesetz, sicher. Gleiche Chancen, auch das ist ein Ziel, das man anstreben sollte. Aber die Vorstellung, dass jeder Mensch exakt dieselben Möglichkeiten im Leben haben muss, dass alle gleichermaßen erfolgreich oder weniger erfolgreich sind, führt in eine Welt, die von einer totalitären Einheitsordnung geprägt wäre. Eine Welt, in der das individuelle Streben nach Exzellenz und persönlichem Erfolg nicht mehr belohnt, sondern als Bedrohung des kollektiven „Gleichheitsgedankens“ unterdrückt wird.
Die Linke, in ihrer Unschuld, hat sich der vermeintlichen Tugend verschrieben, jede Form von Ungleichheit als einen inakzeptablen Fehler des Systems zu betrachten. Unausweichlich führt diese Haltung zu einem Dilemma, das auf den ersten Blick nicht sichtbar ist: die Gleichmacherei. Denn Ungleichheiten sind nicht einfach das Ergebnis von Diskriminierung oder Privilegien – sie sind eine natürliche Konsequenz der unterschiedlichen Talente, Ambitionen und Lebensentscheidungen, die Menschen treffen. Dies zu leugnen bedeutet, die ganze menschliche Erfahrung zu verfälschen und zu nivellieren, als ob alle Menschen, unabhängig von ihren persönlichen Umständen, exakt die gleichen Potenziale und Voraussetzungen hätten.
Privilegien: Der große Sündenbock der Linken
Ein weiteres Lieblingsspiel der Linken ist es, „Privilegien“ zu identifizieren, vorzugsweise dort, wo sie am wenigsten zu finden sind. Wer Erfolg hat, muss – so die ständige Lehre der Linken – dies einzig und allein seinem Privileg verdanken, nicht etwa seinem Fleiß, seiner Intelligenz oder seiner Fähigkeiten. Der Mensch, der aus eigener Kraft in einem System, das angeblich auf Diskriminierung und Ausbeutung fußt, erfolgreich ist, wird sogleich in das unsichtbare Netz der Privilegien verstrickt. Er ist der Benefizient eines unsichtbaren, privilegierten Systems, das ihm seine Erfolge auf einem silbernen Tablett serviert hat.
Doch wie oft haben wir schon den zynischen Blick der Linken auf erfolgreiche Menschen gesehen, die trotz aller Hindernisse und Widrigkeiten das erreicht haben, was sie sich vorgenommen haben? Statt zu fragen, wie jemand es geschafft hat, auf eigenen Beinen zu stehen, wird unermüdlich nach einem unsichtbaren, ungerechten Vorteil gesucht, der ihm den Erfolg angeblich erleichtert hat. Aber ist es nicht vielmehr so, dass der Erfolg derjenigen, die ihn erringen, meist das Resultat unermüdlicher Arbeit, Zielstrebigkeit und der Fähigkeit ist, in einem System voller Widrigkeiten zu überleben? Nein, dies wird nicht anerkannt. Stattdessen wird in die „Privilegien“ der Erfolgreichen auf der Suche nach dem systematischen Fehler gezeigt – als ob Erfolg nur unter der Prämisse einer ungerechten Verteilung der gesellschaftlichen Ressourcen möglich sein könne.
Ein klassisches Beispiel ist der Fall des erfolgreichen Unternehmers, der nicht nur aufgrund seiner wirtschaftlichen Kompetenz und Risikobereitschaft reich geworden ist, sondern nun auch für das „Leiden der Armen“ verantwortlich gemacht wird. Dieser Unternehmer wird nicht mehr als Produkt seiner eigenen Bemühungen wahrgenommen, sondern als der unverschämte Ausbeuter, der vom „privilegierten Status“ der Gesellschaft profitiert. Die Linke vergisst hierbei leider allzu oft, dass die wahre Gerechtigkeit nicht in der Umverteilung von Reichtum besteht, sondern in der Schaffung gleicher Chancen für alle. Doch anstatt diese Chance zu erkennen, wird der Erfolg eines Einzelnen als ein Verbrechen gegen die Gesellschaft stigmatisiert.
Der kollektive Wahnsinn der Gleichmacherei
Die Tragödie der Linken liegt jedoch nicht nur in ihrer verzerrten Sicht auf Privilegien und Ungleichheit, sondern in der Tatsache, dass sie diese Sichtweise in eine absolute Dogmatik überführt hat. Alles, was nicht ihrem Weltbild entspricht, wird sofort als „reaktionär“, „kapitalistisch“ oder schlimmer noch als „faschistisch“ gebrandmarkt. Der Diskurs über Gerechtigkeit ist längst kein konstruktiver Dialog mehr – er ist zu einer Inquisition geworden, bei der jeder Andersdenkende die Rolle des Häretikers übernimmt. Wer es wagt, die heilige Gleichheitsdoktrin zu hinterfragen, wird umgehend in die Ecke der „Rechten“ gestellt, als ob es nur noch zwei Lager gäbe: die Heiligen der Linken und die Dämonen des Restes der Gesellschaft.
Dabei ist die Vorstellung von einer Gesellschaft, in der jeder das gleiche Ergebnis erzielt, eine perfide Fiktion. Erfolgreiche Menschen, die aus eigener Kraft Wohlstand erlangen, sind keine bösen Kapitalisten, die sich auf den Rücken der Armen bereichern. Sie sind vielmehr das Resultat einer Gesellschaft, die es ermöglicht, durch harte Arbeit und Innovation aus dem eigenen Schicksal herauszutreten. Die Linke aber hat sich entschieden, diese individuelle Leistung zu verunglimpfen, um das eigene Weltbild der „Gleichheit“ zu stützen.
Die ironische Pointe: Der Wahnsinn der Gerechtigkeit
Am Ende dieses Diskurses steht die bittere Ironie: Diejenigen, die sich am lautesten als die Hüter der sozialen Gerechtigkeit und der Gleichheit im Namen des Volkes präsentieren, sind oft die, die die natürliche Ordnung der Gesellschaft am meisten zerstören. Sie schlagen mit einer Faust in die Luft, um gegen die „privilegierten“ Reichen zu kämpfen, aber vergessen dabei, dass auch die „Reichen“ – die ganz normalen Menschen – das Produkt einer Gesellschaft sind, die auf individuellen Leistungen beruht. Sie kämpfen gegen den Erfolg und den freien Willen, als ob der Kapitalismus der größte Feind der Menschheit wäre, ohne zu erkennen, dass der Kapitalismus auch der einzige Mechanismus ist, der Wohlstand und Fortschritt möglich macht.
Und so bleibt uns nur noch ein Fazit: Wer die Freiheit und die Möglichkeit zur Selbstverwirklichung unterdrückt, nur um eine utopische Gleichheitsvision zu verfolgen, treibt nicht nur die Gesellschaft in den Wahnsinn, sondern auch sich selbst. Der wahre Wahnsinn liegt nicht in der Ungleichheit – er liegt in der ständigen, dogmatischen Suche nach einem universellen Feindbild, das nicht existiert, aber in den Köpfen einer Generation von selbsternannten Gerechtigkeitsaposteln weiterlebt.
Schlusswort: Die Linke hat die Ungleichheit zum Feind erklärt – doch in Wahrheit kämpft sie gegen die Essenz des Menschseins selbst: gegen die Tatsache, dass wir unterschiedlich sind, mit unterschiedlichen Fähigkeiten, unterschiedlichen Zielen und unterschiedlichen Wegen, die wir beschreiten. Der wahre Wahnsinn? Es ist der Versuch, diese Differenzen zu leugnen und sie als Ungerechtigkeit zu bezeichnen, anstatt sie zu akzeptieren und als Teil unserer menschlichen Erfahrung zu feiern.