Die symbiotische Liaison der deutschen Industrie

Es ist eine wahre Freude, den deutschen Verteidigungsminister Boris Pistorius dabei zu beobachten, wie er mit der unerschütterlichen Eleganz eines Beamten im Hochsommer die altehrwürdige Trennung zwischen Rüstungs- und ziviler Industrie in Stücke zerschlägt. Man könnte fast glauben, hier stehe ein moderner Prometheus, der nicht das Feuer, sondern gleich die gesamte industrielle Ethik aus den Fugen hebt. Die Vorstellung, dass ein Land, dessen industrielle Landschaft traditionell in penibel voneinander getrennten Kanälen operiert, nun plötzlich in einer Art militärisch-industriellen Ehegemeinschaft zusammenfinden soll, ist gleichermaßen faszinierend wie beängstigend. Pistorius’ Argumentation ist dabei so subtil wie ein Panzer in der Innenstadt: Warum sollten wir uns die Mühe machen, zivile Produkte von tödlichen Wundermaschinen zu trennen, wenn man doch alles auf einem Fließband zusammenschustern kann? Schließlich, so verkündet er, sei die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands ein Ziel, das jede zarte Rücksicht auf wirtschaftliche Moral übertrumpft.

Produktionseuphorie in Zeiten geopolitischer Dramaturgie

Die Logik, die Pistorius verfolgt, erinnert an den Sturm der Moderne auf die mittelalterliche Burg der Bürokratie: Wenn die Bedrohung – in diesem Fall Russland – schneller kommt, als man die passende Schraube zur Hand hat, dann muss die Rüstungsindustrie eben lernen, auch zivile Fertigungsstraßen in Rekordzeit in Panzer- oder Drohnenmanufakturen umzuwandeln. Die Vorstellung, dass Politik und Industrie in einem heiligen Pakt die Verteidigungsfähigkeit synchronisieren, wirkt wie ein Theaterstück, in dem Regisseur und Schauspieler sich gegenseitig versichern müssen, dass sie schon rechtzeitig aufeinander reagieren werden, während das Publikum, sprich die Bevölkerung, den Applaus verweigert. Pistorius fordert die Erhöhung der Produktionskapazitäten, und man spürt beinahe den Schweiß der Ingenieure, die nun ihre Kaffeemaschinen beiseite schieben müssen, um an der nächsten Generation von Panzergetrieben zu werkeln.

Die politische Choreographie des „Wir-halten-uns-an-Vereinbarungen“-Tanzes

Besonders charmant ist Pistorius’ insistierender Hinweis, dass die Politik ja ihren Teil der Verabredung einzuhalten habe. Es ist, als hätte er die parlamentarische Mechanik auf das Niveau eines feierlichen Händeschüttelns reduziert: „Ihr liefert die Budgets, wir liefern die Waffen, und alle tun so, als sei die Welt in Ordnung.“ Man erkennt darin eine subtile Form von politischem Zynismus, gepaart mit der stoischen Gelassenheit eines Mannes, der weiß, dass Worte wie „Verabredung“ und „Verpflichtung“ in Deutschland traditionell eher flexible Interpretationsspielräume genießen. Währenddessen kann man sich bildhaft vorstellen, wie in den Produktionshallen eine Mischung aus Ingenieurskunst, improvisierter Kreativität und mildem Verzweiflungsdrama herrscht, um den Anforderungen einer plötzlichen militärischen Dringlichkeit gerecht zu werden.

TIP:  Der unbequeme Poet

Die Illusion der unaufhaltsamen Effizienz

Abschließend könnte man sagen, dass Pistorius’ Vision die romantische Vorstellung einer perfekt orchestrierten militärisch-industriellen Symbiose beschwört, die so effizient ist, dass selbst die bürokratischen Winde der Hauptstadt sich harmonisch um die Fertigungsstraßen legen. Die Realität, versteht sich, wird vermutlich eine Mischung aus Improvisation, Überstunden und gelegentlichen Pannen sein, aber das tut der literarischen Schönheit seines Vortrags keinen Abbruch. Die satirische Pointe liegt in der Erkenntnis, dass man in Deutschland nun anscheinend glaubt, die Verteidigungsfähigkeit ließe sich durch einen simplen Schulterschluss zwischen Panzerwerkstatt und Kaffeetassenfabrik steigern, während die Bevölkerung draußen staunend die Hände über dem Kopf zusammenschlägt.

Wenn man es genau betrachtet, ist Pistorius’ Ansatz ein Spiegelbild unserer Zeit: schnelles Handeln, pragmatische Moral, elegante bürokratische Ignoranz – und eine gehörige Portion Humor, den man entweder sieht oder verzweifelt überhört.

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