Die Gerichtshöfe als heimliche Gesetzgeber

Ein neuer Staat im Staate: Die Gerichte, die Parlamente überflüssig machen

Wer heute noch glaubt, dass in einer Demokratie das Parlament die letzte Instanz der Willensbildung und des Gesetzes sei, der lebt in einer postmodernen Illusion. Denn längst haben wir es mit einer schleichenden Entmachtung der Volksvertretungen zu tun – ein Prozess, der nicht in großen, öffentlichkeitswirksamen Schritten verläuft, sondern im Zwielicht der Gerichtssäle und hinter den Kulissen von NGO-Büros. Es ist kein Zufall, dass gerade der Nationale Asylgerichtshof Frankreichs (CNDA) kürzlich mit einer Entscheidung für Schlagzeilen sorgte, die einem kalten Schlag ins Gesicht der demokratischen Selbstbestimmung gleichkommt: Die Aufnahme palästinensischer Flüchtlinge, gefördert und faktisch angestoßen von einem Quartett politisch höchst engagierter Nichtregierungsorganisationen, die nicht nur das Recht auf ihrer Seite wähnen, sondern mit juristischem Fingerspitzengefühl und strategischem Einsatz von Anwälten und Lobbyarbeit eine eigene, parallele politische Machtstruktur etablieren.

NGOs als Schattenparlamente: Vier Player, ein Masterplan

Die Rolle der NGOs in diesem Prozess ist symptomatisch und symptomatisch zugleich. ELENA, die European Legal Network on Asylum, frönt nicht einfach der Rechtsberatung, sondern versteht sich als motorisierende Instanz einer transnationalen Rechtswahrnehmung, die nationale Gesetzgebungen mit normativem Überbau überzieht. Die Ligue des Droits de l’Homme, einst stolzer Verteidiger bürgerlicher Freiheiten, ist längst zum selbsternannten Hüter eines weltumspannenden Humanitarismus mutiert, der nicht vor den Toren nationaler Parlamente Halt macht. La Cimade und GISTI schließlich agieren nicht nur als Interessenvertretungen von Migranten, sie verkörpern eine quasi-religiöse Mission der „Befreiung“ der Einwanderung aus den Fesseln der bürokratischen und politischen Entscheidungsprozesse.

In dieser Allianz von juristischer Expertise, politischer Agitation und moralischer Überhöhung bündeln sich Kräfte, die nicht mehr länger im Schatten agieren, sondern als selbstbewusste Akteure staatliche Grenzen und parlamentarische Kompetenzen neu definieren. Dass diese vier Organisationen auch die drei Anwälte stellten, die vor dem CNDA agierten, ist kein Zufall, sondern Ausdruck einer Strategie, die von parlamentarischer Gesetzgebung nichts mehr wissen will.

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Der Nationalen Asylgerichtshof als autonomer Gesetzgeber – Mythos und Realität

Der CNDA, einst als letzte Instanz zur fairen Prüfung von Asylanträgen gedacht, hat sich zu einer eigenständigen politischen Instanz entwickelt, die zunehmend wie ein gesetzgeberisches Ersatzparlament agiert. Statt Gesetze anzuwenden, interpretiert und gestaltet er sie um – oft im Sinne jener NGOs, die ihre politische Agenda mit juristischem Nachdruck durchsetzen wollen. Damit wird das Parlament nicht etwa nur übergangen, sondern schlicht entmachtet: Warum soll man sich noch auf einen komplexen, langwierigen demokratischen Gesetzgebungsprozess einlassen, wenn ein Gericht – flankiert von gut vernetzten NGOs – in wenigen Wochen weitreichende politische Entscheidungen treffen kann?

Diese Entwicklung ist fatal. Denn die demokratische Legitimation parlamentarischer Beschlüsse beruht auf Wahlen, öffentlicher Debatte und Mehrheitsentscheidungen. Ein Gericht, das sich jenseits dieser Regeln stellt und politische Entscheidungen trifft, zerstört das Fundament der parlamentarischen Demokratie und setzt sich selbst als neue, undemokratische Instanz ein. Damit entstehe ein System der „juristischen Überherrschaft“, in dem Richter und ihre Verbündeten aus dem zivilgesellschaftlichen Aktivismus als heimliche Regenten eines postdemokratischen Zeitalters agieren.

Satire des Rechtsstaats: Wenn Recht zu politischem Theater wird

Man könnte diese Szenerie fast als groteskes Theaterstück begreifen: Da sitzen vier NGOs mit ihren Anwälten vor einem Gericht, das eigentlich nur Recht sprechen soll, und diktieren dem Parlament die politische Agenda – mit der Grazie eines Marionettenspielers, der seine Fäden geschickt zieht. Die Inszenierung ist so perfekt, dass sie fast bewundernswert wäre, wäre sie nicht so zutiefst alarmierend.

Der Bürger, der noch an die hehren Ideale von Gewaltenteilung und Rechtsstaat glaubt, schaut irritiert zu, wie sich die Bühne verengt und das Stück zur Farce verkommt: Eine demokratisch gewählte Volksvertretung, die durch ein Netzwerk von Nichtregierungsorganisationen und einem willigen Gerichtshof marginalisiert wird. Die Akteure tragen alle das Gewand der Rechtsstaatlichkeit, doch die Fäden im Hintergrund ziehen andere – die eigentlichen Regisseure eines Rechtsstaats im Rückwärtsgang.

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Fazit: Die stille Erosion der parlamentarischen Demokratie

Die Entscheidung des CNDA, die Aufnahme palästinensischer Flüchtlinge gegen den Willen oder zumindest ohne die ausdrückliche parlamentarische Zustimmung durchzusetzen, ist mehr als ein juristischer Präzedenzfall. Sie steht exemplarisch für eine systematische Umgehung demokratischer Prozesse durch eine Allianz aus Justiz und NGO-Lobbyismus, die sich zu einer eigenen politischen Machtform herausgebildet hat.

In dieser neuen Machtarchitektur sind Parlamente längst nicht mehr der einzige oder gar der wichtigste Ort politischer Willensbildung. Stattdessen müssen wir uns darauf einstellen, dass Gerichte mit NGO-Unterstützung zunehmend als Schattenparlamente agieren, die demokratische Grundprinzipien aushöhlen und letztlich eine postdemokratische Zukunft vorbereiten.

Was bleibt, ist die bitter-satirische Erkenntnis: In einer Demokratie, in der das Recht zum politischen Instrument wird und NGOs die Gesetzgebung aus dem Hintergrund dirigieren, ist das Parlament zum bloßen Statisten degradiert – und wir Zuschauer eines Stücks, dessen Ende sich allmählich wie eine düstere Tragödie abzeichnet.

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