Der Muslimbruder und der Geheimdienst-Chef

Der Sicherheitsstaat als Tragikomödie mit wechselnder Besetzung

Es ist eine dieser Geschichten, die so absurd sind, dass man sie keinem Satiriker durchgehen ließe, käme er mit einem solchen Plotvorschlag daher: Ein islamistischer Maulwurf nistet sich mitten in einer Behörde ein, deren einziger Daseinszweck darin besteht, Maulwürfe zu verhindern. Gleichzeitig kündigt der Behördenchef seinen Abgang „aus privaten Gründen“ an – kurz bevor der Skandal auffliegt. Zufall? Natürlich. In Österreich ist alles Zufall. Korruption, Pannen, Postenschacher, Rücktritte – alles rein zufällig, selbstverständlich unpolitisch, selbstverständlich sachlich begründet.
Man könnte meinen, der österreichische Staatsschutz sei nicht eine Behörde, sondern eine Slapstick-Truppe, die aus lauter schlechten Pointen besteht. Doch leider sind die Pointen echt, und die Witze tragen Uniform.

Vom BVT zum DSN: Die Wiedergeburt des Vertrauens – als Totgeburt

Es war ja einmal ein schöner Traum: Nach dem BVT-Desaster, das uns den Terroranschlag vom 2. November 2020 als schmerzliche Lektion bescherte, sollte die DSN (Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst) die Rettung sein. Eine Behörde mit neuer Struktur, neuen Gesichtern, neuen Computern – oder wenigstens mit Computern, die funktionieren.
Man wollte die politische Einflussnahme beenden, hieß es. Man wollte Professionalität, Modernität, Unabhängigkeit. Was man bekam, war das Gegenteil: eine Behörde im digitalen Steinzeitalter, deren Beamte in der Anfangsphase offenbar mit privaten Laptops von daheim aus arbeiteten, um „extremistisches Gedankengut“ im Internet zu beobachten – ein bisschen wie Teenager, die auf Reddit Verschwörungstheorien widerlegen wollen.
Und während man sich mühte, Telegram-Chats mit Aluhut-Content zu durchforsten, infiltrierte ein Islamist seelenruhig den Nachrichtendienst selbst. Die Realität ist, wie immer, die bösartigste Form der Satire.

Der Rücktritt vor dem Knall: Flucht oder Fügung?

Omar Haijawi-Pirchner, ein Mann, der als Sinnbild für den Neuanfang galt, verlässt die Bühne, bevor der Vorhang brennt. Offiziell aus privaten Gründen – was in der österreichischen Verwaltungssprache so viel bedeutet wie: „Es wird gerade ungemütlich, ich geh dann mal.“
Man kennt das Muster. Sobald die Suppe zu kochen beginnt, riecht der Chef den Dampf, während alle anderen noch sagen: „Da brennt doch nichts.“ Und dann, zack, Rücktritt. Kaum ist er weg, kracht es. Ein Islamist, Maulwurf, Spion – die Schlagzeilen überholen einander wie Rallyeautos auf der Semmeringstraße.
Und die Öffentlichkeit fragt sich: War das Zufall oder Vorwissen?
Die Antwort ist vermutlich so österreichisch wie möglich: Man wusste es, aber man wollte es nicht wissen, weil Wissen Verantwortung bedeutet, und Verantwortung ist bekanntlich der natürliche Feind des Karrierebeamtentums.

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Wenn der Staat blind wird – und sich für sehend hält

Die DSN hat, laut Innenministerium, alles richtig gemacht: „Die internen Kontrollmechanismen haben gegriffen.“ Ein Satz, der so leer ist, dass er schon fast metaphysisch wirkt. Er klingt nach bürokratischer Selbsthypnose – der Glaube, dass, wenn man nur oft genug betont, dass alles funktioniert, es irgendwann auch stimmt.
Doch die Wahrheit ist: Eine Sicherheitsbehörde, die sich selbst lobt, weil sie zufällig ihren eigenen Maulwurf entdeckt hat, ist wie ein Feuerwehrmann, der stolz berichtet, dass er den Brand gelöscht hat, den er selbst gelegt hat.
Seit ihrer Gründung stolpert die DSN von einer Blamage zur nächsten – vom chaotischen Start über personelle Abgänge bis hin zu politischen Eigentoren. Es ist, als würde man den Titanic-Kapitän zum Chef der Eisberg-Überwachung befördern.

Der Staat als Spiegelbild seiner Illusionen

Dass die Muslimbruderschaft in Europa eine langfristige Strategie der Infiltration verfolgt, ist kein Geheimnis. Man kann es nachlesen, man kann es erforschen, man kann es, falls man will, sogar verstehen. Nur glauben will man es in Österreich nicht – zu sehr vertraut man auf die Magie des „Dialoges“, auf das Kuscheln mit dem Problem, bis es verschwindet.
Wir haben uns angewöhnt, Islamismus nur dann ernst zu nehmen, wenn er Bomben wirft. Alles darunter gilt als Folklore.
Und so geschieht das, was immer geschieht: Die Behörden werden infiltriert, die Warnungen ignoriert, die Experten beschwichtigt. Am Ende sitzt der Islamist in der Behörde, der Beamte im Schock und der Minister im „Kein Kommentar“-Modus. Das ist die österreichische Trinität des Versagens.

Das Personalproblem: Kompetenzflucht als nationale Disziplin

Es ist fast schon rührend, wie regelmäßig in Österreich Spitzenbeamte „aus privaten Gründen“ zurücktreten. So viele Familienprobleme kann kein Land haben.
Bei der DSN gleicht das Führungspersonal einem wandernden Theaterensemble: Der eine geht, der andere flieht, der dritte wird versetzt. Man tauscht Direktoren aus wie Glühbirnen – in der Hoffnung, dass es irgendwann wieder hell wird.
Aber das Licht bleibt aus, weil das Problem nicht im Personal, sondern im System liegt. Eine Behörde, die auf politischer Loyalität statt fachlicher Qualifikation beruht, kann gar nicht funktionieren. Sie ist gebaut wie ein Kartenhaus aus Pressemitteilungen.

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Der große österreichische Selbstbetrug

Am Ende dieser Posse bleibt ein bitterer Nachgeschmack: Die DSN wurde geschaffen, um Vertrauen zu schaffen. Doch sie hat es verspielt, bevor sie es überhaupt gewinnen konnte.
Ein Islamist im Nachrichtendienst, ein Chef auf der Flucht, eine Politik im Dauer-Dementi – das alles ergibt ein Bild, das schlimmer ist als jede Verschwörungstheorie.
Denn, während man sich über Querdenker echauffierte, hat man die echten Feinde der Demokratie ins Haus gelassen. Und das Schlimmste: Es war vorhersehbar, es war vermeidbar, und es wird wieder passieren.
In Österreich lernt man aus Skandalen nichts, man verwaltet sie. Man legt einen Bericht an, eine Pressekonferenz nach, ein paar Rücktritte, und dann kehrt man zur Normalität zurück – also zu jenem Zustand, in dem die Katastrophe bereits eingebaut ist.

Epilog: Der Feind im eigenen Büro

Man könnte lachen, wenn es nicht so traurig wäre. Der österreichische Staatsschutz als Parabel auf das Land selbst: voller guter Absichten, grandioser Ankündigungen und heroischer Unfähigkeit.
Ein Land, das die Vergangenheit nie aufarbeitet, weil sie zu schnell Gegenwart wird.
Ein Nachrichtendienst, der über Islamisten im Internet wacht – während einer in der Teeküche die Mails mitliest.
Und ein Innenministerium, das beruhigend erklärt: „Alles unter Kontrolle.“
Genau das ist das Problem.

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