Der grüne Koloss aus Stahl und Beton

Es beginnt, wie so vieles in der modernen Welt, mit einem Loch. Genauer: einem sehr großen, sehr tiefen, sehr eindrucksvoll klaffenden Loch in der Landschaft, das sich – zumindest für kurze Zeit – als ökologisches Mahnmal tarnt, um schon bald mit 900 Kubikmetern Beton und 150 Tonnen Stahl verfüllt zu werden. Das ist nicht etwa die Baustelle für ein Braunkohlekraftwerk, sondern der Beginn eines heroischen Projekts der grünen Transformation: der Sockel einer Windkraftanlage, Typ Nordex N149, ein Monument zur Ehrenrettung des Klimas – oder, je nach Betrachtungswinkel, ein aufrecht stehendes Fragezeichen aus Grauwert und Hybris. Dass man für eine Tonne Stahl im Hochofenverfahren bis zu 1,5 Tonnen CO₂ freisetzt, ist dabei offenbar nur eine Petitesse im großen grünen Märchenbuch. Schließlich müssen Opfer gebracht werden – notfalls auch auf dem Altar der Konsistenz. Das gilt für Beton gleichermaßen, der mit ca. 600 Kilogramm CO₂ pro Tonne nicht nur schwer, sondern auch schwer zu rechtfertigen ist, wenn man sich auf den ökologischen Heiligenschein beruft. Doch was wiegt schon der ökologische Fußabdruck, wenn die Ideologie leichtfüßig daherkommt?

Vom Turm zum Thron – Technokratischer Gigantismus trifft Naturmystik

Die Türme dieser Windaltäre ragen bis zu 160 Meter in den Himmel, wo sie als neue Gottheiten der Moderne thronen: aus Stahl, aus Beton, aus einer Mischung, die Recyclingträume zu Alpträumen gerinnen lässt. Je nach Variante schwillt die Materialbilanz zur Karikatur der Nachhaltigkeit an: Betonturm samt Fundament = bis zu 90 % des Gesamtgewichts. Die Propheten der Energiewende nicken andächtig, während der einfache Bürger sich fragt, ob ein solches Gewicht noch als „Leuchtturmprojekt“ durchgeht oder schon als schwerfällige Bürde. Oben, im Heiligtum der Gondel, wohnt dann das Herzstück: Getriebe, Generator, Schaltschrank – alles, was das technisch-industrielle Herz begehrt. Nur dass diese Bauteile mit ihren seltenen Erden wie Neodym, Dysprosium oder Terbium stammen aus jenen Ländern, über die wir nur dann sprechen, wenn der moralische Kompass kurz ausfällt – etwa weil Kinderhände dort in Minen graben, während wir hierzulande Ethikunterricht geben. Aber wehe dem, der fragt, ob ein Strommix aus Elend, Ausbeutung und Erdzerstörung wirklich grüner ist, nur weil er leise summt.

Komposit für Komplizen – Rotorblätter als Problemstoff mit Windfunktion

Die Flügel der Windräder – aus Glas- oder Kohlenstofffasern, getränkt in Epoxidharz – sind wahre Kunstwerke der Ingenieurskunst und Albträume jedes Recyclers. Sie tragen ganze zwei bis drei Prozent zum Gesamtgewicht bei und 98 Prozent zur Kopfschmerzrate in Entsorgungsbetrieben. Denn der Verbund aus Faser und Harz trennt sich ungern. Man könnte fast sagen: so innig wie die Beziehung zwischen Mensch und kognitiver Dissonanz. Derzeit landen viele dieser Blätter schlicht in den Brennöfen von Zementwerken – was man schönfärbend „thermische Verwertung“ nennt, in Wahrheit aber nicht mehr ist als ein Pyrrhussieg über die Deponiepflicht. Blätter mit Kohlenstofffaseranteil sind sogar dort unerwünscht – sie verbrennen schlecht und riechen nach Ironie. Pyrolyse oder Solvolyse? Teuer, energieintensiv, also genau das, was man bei einem grün etikettierten Energieprojekt gern vermeiden würde – aber leider muss.

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SF6 – Die unsichtbare Gasbombe im Öko-Paradies

Und als wäre das alles noch nicht genug, mischt sich auch ein wahrhaft teuflisches Molekül ins Spiel: Schwefelhexafluorid, kurz SF6. Drei Kilogramm dieses Gases wohnen in jeder Windkraftanlage – eine überschaubare Menge, möchte man meinen. Bis man erfährt, dass SF6 rund 23.500-mal klimaschädlicher ist als CO₂. Der Umwelttoxizität nach also das energetische Äquivalent einer flammenden Apokalypse im Frack. Fachgerecht entsorgt werden muss es beim Rückbau – theoretisch. In der Praxis? Nun, wie vieles, was „fachgerecht“ sein soll, bleibt auch das eine Frage der Budgetlage, der Sorgfalt und der menschlichen Nachlässigkeit – drei Faktoren, die sich nicht immer ideal überlagern. Wer glaubt, wir hätten beim Klimaschutz noch Luft nach oben, weiß offenbar nichts von SF6.

Diesel für den grünen Frieden – Wenn der Wind mal wieder Pause macht

Wie bei jeder göttlichen Entität, gibt es auch beim Wind Phasen der Abwesenheit – sogenannte Dunkelflauten. Und was hilft da? Richtig, der gute alte Dieselgenerator, treuer Freund der ländlichen Notstromversorgung und ewiger Widersacher der Emissionsvermeidung. Laut Fraunhofer-Institut verbraucht eine 2-Megawatt-Anlage im Jahr zwischen 20.000 und 40.000 Liter Diesel – nicht zum Betrieb, versteht sich, sondern um die Anlage überhaupt am Laufen zu halten, wenn mal Flaute herrscht. Die Ironie schreit zum Himmel: Da errichtet man Millionen-Euro-teure Stromtempel, nur um sie mit fossiler Krücke zu stützen. Das ist wie vegane Ernährung mit Speckgeschmack – moralisch unentschlossen, aber immerhin gut gemeint.

Der ökologische Fußabdruck – ein grüner Lack auf grauem Fundament

Und was bleibt nun, nach zwanzig Jahren Windkraftnutzung – neben Landschaftsverschandelung, Flächenversiegelung, Materialschlacht, Seltenerd-Verschwendung, Recyclingdesaster, Dieselverbrauch und Gasbomben? Ein ökologischer Fußabdruck, so groß wie Godzillas Gamasche, sorgfältig grün eingefärbt mit dem Filzstift ideologischer Verblendung. Sicher, Windenergie produziert Strom – emissionsfrei in Betrieb, zweifellos. Aber wie beim sauberen Dieselmotor oder dem Biobananenimport per Flugzeug stellt sich irgendwann die Frage: Zu welchem Preis? Und ist der Applaus wirklich verdient – oder nur die traurige Pointe eines kollektiven Selbstbetrugs?

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Am Ende dieser Betrachtung bleibt die Erkenntnis: Auch Wind weht nicht ohne Widerstand. Nur dass er sich heute nicht mehr mit Physikern messen muss, sondern mit der kognitiven Dissonanz einer Gesellschaft, die sich für umweltbewusst hält, während sie mit Beton, Diesel und SF6 nach den Sternen greift.

Vom Landwirt zum Lastenträger – Sozialverträglichkeit als Floskel im Windschatten

Während die städtischen Milieus in Latte-Macchiato-Laune von der „grünen Energiewende“ schwärmen, weht auf dem Land ein anderer Wind – und das nicht nur im meteorologischen Sinn. Denn wo Windkraftanlagen entstehen, entstehen sie selten in den Vorgärten gutbetuchter Klimakongressbesucher, sondern auf den Höhenzügen, Wäldern und Ackerflächen strukturschwacher Regionen. Dort, wo Infrastruktur oft schon vor Jahrzehnten das Zeitliche segnete und der Nahverkehr ein Gerücht ist. Hier werden die Rotoren gebaut – nicht die Reden. Und während die Subventionen nach Berlin fließen, bleiben die Geräusche, die Schattenwürfe und die optische Entwertung bei jenen, die nie gefragt wurden, aber nun „Teil der Lösung“ sein sollen.

Ein Windrad wirft keinen Schatten auf eine Dachterrasse in Prenzlauer Berg, wohl aber 240 Meter hohe Schatten auf einen Bauernhof im Hunsrück. Und wenn der Strom dann von dort nicht mal ins eigene Dorf fließt, sondern über Stromautobahnen in die Industriezentren des Südens, dann fragt sich der Landmensch zu Recht: Wer wendet hier was und wessen Nutzen dient welchem Zweck? Das Wort „Akteursbeteiligung“ klingt da wie ein schlechter Witz, den man nur im Bundeswirtschaftsministerium versteht – zwischen zwei Lobbystellungen bei Kaffee und Lobbycroissant.

Flächenfraß mit Gütesiegel – Wenn grüne Planung zur Raumokklusion wird

Es gibt eine neue Form der Raumordnung in Deutschland: die ideologisch geplante Raumverdrängung. Denn Windräder brauchen Platz – viel Platz. Jedes Einzelne eine kleine Republik, inklusive Sicherheitsabstand, Zuwegung, Netzanbindung, Wartungsfläche, Abschattung, Vogelschutzzone (sofern nicht gerade abgeschafft). Und so verwandeln sich ehemals stille Landschaften in industriell durchzonierte Windparks, die in keinem Freizeitprospekt mehr auftauchen – es sei denn, als Warnhinweis für Drohnenpiloten.

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Mancher Wald musste weichen, mancher Pfad wurde verbaut, manch Aussicht zerschnitten – für den grünen Fortschritt natürlich, der wie so oft von oben nach unten verordnet wird. Denn wenn Windkraftanlagen erst mal im Bundesraumordnungsplan erscheinen, ist jeder Widerstand schnell „strukturkonservativ“, „populistisch“ oder – noch schlimmer – „energiepolitisch unambitioniert“. Was nicht mitzieht, wird überrollt. Wer Fragen stellt, wird belehrt. Wer protestiert, wird überhört. Die Versiegelung schreitet voran, nur dass sie diesmal mit der Lackierung des Guten daherkommt. Beton ist eben dann kein Problem, wenn er für die richtige Sache gegossen wird – ein moralischer Baustoff sozusagen.

Die politische Komplizenschaft – Ein Trauerspiel in grün lackierten Anzügen

Nichts ist schöner als eine große Idee – außer einer großen Idee mit Fördermitteln. Und so haben sich Politik, Industrie und grüne Visionäre längst in einer Art Zweckgemeinschaft zusammengeschlossen, die vor allem eines eint: das große Vergessen aller Widersprüche. In den Parlamenten werden Ausbauziele beschlossen, als wäre das Aufstellen von Windrädern ein reiner Excel-Job, unabhängig von topografischen Realitäten, Netzkapazitäten oder demokratischer Akzeptanz. „Wir brauchen 320 neue Anlagen pro Jahr!“ heißt es dann, ohne dass irgendwer fragt, wo eigentlich – und vor allem: wer sie will.

Die Industrie nickt, freut sich über planbare Aufträge. Die Politik klopft sich auf die Schulter, weil sie das Klima „rettet“, ohne auf Konsum oder Wachstum zu verzichten. Und die Bürger? Die dürfen mitspielen – zumindest in Bürgerdialogformaten, die vor allem eines sind: performative Alibis im Meinungsmonopol. Entscheidungen wurden längst getroffen. Beteiligung bedeutet hier, dass man beim Tapezieren mitreden darf, nachdem das Fundament bereits steht. Kritiker werden belächelt, neutralisiert, diffamiert oder – besonders perfide – zu „Klimaleugnern“ erklärt, selbst wenn sie einfach nur das Kleingedruckte lesen wollen.

Das Resultat? Ein politisch-ökonomischer Schulterschluss im Namen der Nachhaltigkeit, bei dem „grün“ längst zur strategischen Farbe geworden ist: nicht aus Überzeugung, sondern aus Opportunismus. Denn in einer Welt, in der alles ein Geschäftsmodell ist, wird selbst der Weltuntergang marktfähig

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