Wie man mit drei Silben ein Imperium führt

Die Kunst des politischen Baukastens

Donald Trump, dieser unermüdliche Handelsvertreter im Maßanzug, hat erneut das vollbracht, woran deutsche Politikstrategen seit Jahrzehnten scheitern: Er hat das politische Betriebssystem begriffen, neugestartet und so tief vereinfacht, dass selbst ein halb ausgeschlafener Frühstücksfernseh-Zuschauer in Kansas es mit einer Handvoll Cornflakes in der Kehle noch erfassen kann. Politik ist – Trommelwirbel, Fanfaren, Goldglitzer – schlicht Marketing. Und zwar nicht Marketing für alle, sondern für die eigenen Leute. Für jene, die einem den Eintritt ins Oval Office bezahlt haben, metaphorisch gesprochen.

In Deutschland wird das als Sakrileg empfunden. Hier glaubt man fest daran, dass Politik etwas Höheres sei, eine sakrale Veranstaltung zwischen Lutherbibel und Haushaltsordnung, eine Art moralische Weltrettungs-Olympiade. Wer Politik als Marketing bezeichnet, hat es entweder nicht verstanden oder – schlimmer noch – will es nicht verstehen. Dabei macht Trump nichts anderes, als die offensichtlichste aller Regeln zu befolgen: Wer will, dass jemand für ihn klatscht, sollte vielleicht zuerst an die eigenen Fans denken.

Der US-Präsident als Rabattmarken-Händler seiner Wähler

Trumps Prinzip ist ein ökonomischer Kindergarten-Baukasten: Belohne, wer dich liebt; bestrafe, wer dir auf die Nerven geht. Fertig. Drei Schritte, null Komplexität. „America first“ ist dabei nicht nur Slogan, sondern eine Art Dauerabverkauf für nationale Selbstachtung. Er nimmt der Welt ein bisschen was weg – Zölle hier, Hürden dort – und verteilt es mit einem jovialen Schulterklopfer an die amerikanische Bevölkerung.

Das ist moralisch natürlich irgendwo zwischen „grenzwertig“ und „naja, schwierig“, aber psychologisch schlicht genial. „Johnny Sixpack“ – jener mythische Archetyp aus Iowa – hat das Gefühl, dass jemand im Weißen Haus ab und zu an ihn denkt. In Deutschland müsste Johnny Sixpack erst ein 80-seitiges Förderungsmöglichkeiten-Kompendium durchlesen, drei Bescheinigungen nachreichen und einen Kurs in „Interkultureller Selbstentfaltung im urbanen Raum“ absolvieren, bevor überhaupt jemand merkt, dass er existiert.

Die deutsche Politik: Das permanent erhobene Zeigefingergymnasium

Der deutsche Politikstil dagegen hat etwas zutiefst Pädagogisches. Man könnte glatt glauben, die gesamte Bundesrepublik sei eine einzige Erwachsenenfortbildungseinrichtung. Politik versteht sich nicht als Dienstleistung, sondern als moralische Predigt; nicht als Angebot, sondern als Korrektur. Deutsche Politik will nicht gefallen, sie will bessern, heilen, therapieren – im Zweifel auch gegen den Willen der Patientinnen und Patienten.

TIP:  Made in Germany

Während die Wirtschaft knirscht wie eine rostige Kirchenbank, die Steuerlast fröhlich Spitzenwerte erklimmt und der Mittelstand ächzt wie ein Packesel im Hochgebirge, überweist Deutschland weiterhin Milliardenbeträge in alle Himmelsrichtungen, bevorzugt an jene, die sich mit Begriffen wie „Bedürftigkeit“ kreativ auskennen. Dass China weiterhin Entwicklungshilfe erhält, ist dabei nur die Fußnote einer politischen Selbstwahrnehmung, die überzeugt ist, dass moralische Erhabenheit irgendwann Dividende auszahlt. Spoiler: tut sie nicht.

Weltretter, Lehrmeister, Selbsterzieher – eine deutsche Dreifaltigkeit

Deutschland möchte sein wie der Lieblingslehrer aus der Oberstufe: freundlich, kompetent, moralisch stets überlegen – und leider völlig verkannt von seinen Schützlingen. Während man um die Welt reist, um dort Symposien über Klima, Frieden und globale Gerechtigkeit zu halten, bröckelt daheim der Putz, fällt der ÖPNV auseinander und die einstige Industrie-Ikone wirkt inzwischen wie ein ächzender Dampfkessel aus dem 19. Jahrhundert.

Energiewende? Ein Export-Schlager ungefähr so erfolgreich wie warmer Kartoffelsalat. Asylpolitik? Ein europäisches Dauerkopfschmerzthema. Bürokratie? Ein endloser Hindernislauf, bei dem selbst Sisyphos dankend abgewunken hätte. Die Bürger fragen sich zunehmend, ob sie eigentlich die einzigen Sponsoren einer globalen Wohltätigkeitsshow sind, deren Charme so überschaubar ist wie die Innovationsfreude eines Faxgeräts.

Die Evangelische Kirche: Deutschtum in Reinform – und die Antithese zu Trump

Wenn es eine Institution gibt, die Deutschlands Grundhaltung in Reinform verkörpert, dann ist es die evangelische Kirche. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, ihren verbliebenen Schäfchen nicht etwa Trost, Halt, Sinn oder Glauben zu vermitteln – nein, sie will die Welt verbessern. Die eigenen Mitglieder? Nebensache. Entscheidend ist, öffentliche Positionen zu beziehen, vorzugsweise zu Themen, bei denen die Heilige Schrift eher mit den Schultern zuckt: Klima, Gender, globale Gerechtigkeit.

Dieses gut gemeinte Moralisieren erreicht allerdings niemanden. Im Gegenteil – es bestätigt jenen, die ohnehin schon genervt sind, dass ihre Weltanschauung langsam zu einem pädagogischen Projekt verkommt. Und trotzdem, ironischerweise, findet selbst diese Institution sich durch Trump angetrieben, die Realität der Weltpolitik zumindest kurzzeitig zur Kenntnis zu nehmen. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet ein New Yorker Immobilienmagnat der EKD erklärt, dass Verteidigung manchmal notwendig ist?

TIP:  Warum hat Meinung plötzlich einen Korridor?

Der Trump-Effekt: Politik als Anreizsystem

Man muss ihn nicht mögen – man muss nicht einmal zustimmen –, doch Trump demonstriert ein Grundprinzip, das Volkswirtschaftslehrbücher seit Jahrzehnten predigen: Menschen reagieren auf Anreize. Nicht auf Vorträge, nicht auf moralische Appelle, nicht auf pädagogische Besserwisserei. Wer etwas verspricht, sollte etwas liefern. Wer belohnt, schafft Zugehörigkeit. Wer verständlich bleibt, erzeugt Vertrauen.

In Deutschland hingegen herrscht die Mentalität des moralischen Weltsozialamts: Man sei für alle da, besonders für jene, die nicht gefragt haben. Der eigene Wähler? Der sieht schon zu, wie er klarkommt. Hauptsache, die internationale Gemeinschaft applaudiert.

Gute Absichten, schlechte Bilanz – und die Frage nach der Realität

Die Grundhaltung Deutschlands – edel, altruistisch, kosmopolitisch – ist theoretisch bewundernswert. Praktisch jedoch führt sie zu einer schleichenden Aushöhlung des Vertrauens, der wirtschaftlichen Substanz und der politischen Glaubwürdigkeit. Denn während man Predigten hält, merkt man nicht, dass die eigenen Bürger längst nach Belohnung, Anerkennung und einem Mindestmaß an politischem Pragmatismus dürsten.

Politik ist kein kirchliches Sozialprojekt, sondern ein Wettbewerb um Vertrauen. Und Vertrauen entsteht nicht durch Belehrung, sondern durch Nutzen.

Fazit: Politik als Versprechen – und als Bilanz

Am Ende steht eine simple Wahrheit, die ebenso alt ist wie die Ökonomie selbst: Politik muss sich rechnen. Nicht nur moralisch, sondern konkret – für die Menschen, die sie finanzieren, tragen und ertragen. Und so gilt im politischen wie im geschäftlichen Leben:

Geld ist nicht alles.
Aber ohne Geld ist alles nichts.

Deutschland könnte viel von Trump lernen – nicht unbedingt in Stilfragen (Gott bewahre), aber in der radikalen Fokussierung auf die eigenen Mandatsgeber. Trump wiederum könnte von Deutschland lernen, dass Moral in Maßen und Pragmatismus in Portionen durchaus eine anständige Suppe ergeben.

Doch dafür müssten beide Seiten erst einmal verstehen, dass Politik kein himmlisches Dekret, sondern ein irdisches Geschäft ist. Und dass Kundenorientierung, auch in der Demokratie, kein Schimpfwort, sondern ein Erfolgsmodell ist.

TIP:  Ein Hoch auf Mr. Cleese

Please follow and like us:
Pin Share