
Die Illusion des Fortschritts: Oder wie man uns in der Zukunft rückwärts enteignet
Es beginnt – wie immer – mit einem Versprechen. Fortschritt! Innovation! Effizienz! Das ist das Zuckerbrot der digitalen Welt, das täglich in Brüssel, Frankfurt und Berlin frisch gebacken wird. In Hochglanzbroschüren, politischen Sonntagsreden und auf den Webseiten der Europäischen Zentralbank liest sich der digitale Euro wie der logische nächste Schritt der Währungs-Evolution. Ein kleines Stück Software für den Menschen, ein großer Schritt für die Technokratie.
Und wie immer gilt: Je blumiger die Sprache, desto düsterer die Absicht. Denn hinter der Fassade von „modernem Bezahlen“, „digitaler Souveränität“ und „Europas Rolle im globalen Wettbewerb“ verbirgt sich nicht weniger als die finale Zerschlagung der Anonymität im Zahlungsverkehr. Das Bargeld – jener letzte, krächzende Hüter der persönlichen Freiheit – wird in den Feuertod geschickt. Und während es leise knistert, zieht man uns ein goldenes Halsband aus Code um den Nacken.
Lagarde unplugged: Wenn die Wahrheit versehentlich gesagt wird
Manchmal ist die Realität so grotesk, dass man sie für einen Sketch halten könnte – wäre sie nicht protokolliert und archiviert. Im März 2023 fiel EZB-Chefin Christine Lagarde auf einen Telefonstreich herein. Sie glaubte, mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj zu sprechen, doch am anderen Ende der Leitung lauerte das russische Prankster-Duo Vovan & Lexus – ein Schelmenstreich, der zur Offenbarung wurde.
Denn was sie in ihrer unbewachten Offenheit von sich gab, war ein seltener Moment der Wahrheit: Es werde „Kontrolle geben“. Für alles. Eventuell, so sagte sie zögerlich, könnte man für „sehr kleine Beträge“, also 300 bis 400 Euro (ein Begriff von „sehr klein“, den man wohl nur in den Hallen der EZB für realistisch hält), eine gewisse Freiheit zulassen – aber auch das sei „gefährlich“.
Gefährlich! Nicht etwa der totale Zugriff auf den Zahlungsverkehr. Nein, gefährlich ist der Gedanke, Bürgern einen Bereich zuzugestehen, in dem sie sich unbeobachtet bewegen dürfen. Das Maß an Orwell’scher Umkehrung ist so perfekt, dass man meinen könnte, die EZB würde ihre Pressemitteilungen von einem KI-generierten George Orwell im Praktikum formulieren lassen.
Die Mär von der Geldwäsche: Generalverdacht als Geschäftsmodell
Natürlich, wenn dann doch mal gefragt wird – meist von einem übermüdeten Oppositionspolitiker oder einem verwirrten Rentner in der Regionalzeitung –, bekommt man prompt die altbekannten Phrasen geliefert: Terrorbekämpfung! Geldwäsche! Schutz der Integrität des Finanzsystems! Man sieht förmlich, wie sich das Sprechblasen-Sekretariat im Keller der Kommission dabei selbst auf die Schulter klopft.
Doch machen wir uns nichts vor: Die Behauptung, man müsse 500 Millionen Bürger unter Generalverdacht stellen, weil irgendwo jemand eine Kalaschnikow mit Bargeld gekauft hat, ist intellektuell beleidigend. Wenn wir jedes System, das auch von Kriminellen genutzt wird, präventiv überwachen müssten, dann sollten wir vielleicht auch das Atmen unter Aufsicht stellen. Schließlich gibt es Terroristen, die Sauerstoff konsumieren.
Die Wahrheit ist: Der digitale Euro ist nicht die Antwort auf die Frage nach Sicherheit, sondern die Antwort auf einen unausgesprochenen Kontrollwunsch. Die Angst der Machteliten ist nicht die Geldwäsche – es ist die Tatsache, dass Menschen in einer Welt existieren, in der sie sich noch außerhalb des digitalen Panoptikums bewegen können. Das ist der eigentliche Dorn im Auge der Architekten dieser digitalen Reformation: der Gedanke, dass es Dinge gibt, die sich ihrem Zugriff entziehen.
Die technische Salami-Taktik: Programmierbares Geld für programmierte Menschen
Wer sich die technischen Richtlinien des digitalen Euro anschaut – ja, die gibt es, wenn auch tief versteckt unter der Sedimentschicht von PDF-Anlagen und regulatorischem Kauderwelsch – der findet dort das, was öffentlich nur leise gestammelt wird: Das Geld der Zukunft ist programmierbar. Man kann es begrenzen, einschränken, verfallen lassen, an Bedingungen knüpfen. Es ist kein Tauschmittel mehr, sondern ein Disziplinarinstrument.
Man stelle sich vor: Ein Euro, der nur innerhalb bestimmter Zeiträume gültig ist. Oder nur für bestimmte Waren eingesetzt werden darf. Oder nach gewisser Zeit verfällt, wenn man ihn nicht schnell genug ausgibt. Oder gar: Ein Euro, der sich im Wert verändert, je nachdem, ob man „klimafreundlich“ konsumiert oder nicht. Orwell? Nein. EU-FinTech-Strategie.
Damit mutiert Geld vom neutralen Werkzeug zum moralischen Steuerknüppel. Wer die falschen Produkte kauft, die falschen Regionen unterstützt oder am falschen Tag die falsche Entscheidung trifft, wird sanktioniert – algorithmisch, automatisch, alternativlos. Der Bürger als Spielfigur in einem digitalen Planspiel, in dem jede Transaktion ein Datenpunkt und jeder Datenpunkt ein potenzieller Vorwurf ist.
Die Trägheit des Volkes: Ein digitales Trojanisches Pferd rollt ungehindert ein
Doch so gravierend dieser Umbau ist – der eigentliche Skandal liegt in der Reaktion der Gesellschaft. Oder besser: in deren vollständigem Ausbleiben. Die meisten Bürger nehmen den Begriff „digitaler Euro“ zur Kenntnis, wie man einen neuen Joghurt im Kühlregal wahrnimmt: Ah, was Neues, mit Himbeer-Bitcoin-Geschmack. Der Gedanke, dass hier gerade die letzte Bastion wirtschaftlicher Eigenverantwortung abgeschafft wird, flackert nicht einmal auf.
Vielleicht liegt das an der jahrzehntelangen Sedierung durch Convenience. Der Mensch des 21. Jahrhunderts will es einfach, bequem, kontaktlos – mit NFC auf die Freiheit verzichten, mit einem Fingertipp in die Post-Privatsphäre stolpern. Die Freiheit stirbt nicht mit einem Knall, sondern mit einem Bezahlvorgang – Akustischer Signalton: Zahlung erfolgreich abgeschlossen.
Die Elite weiß das. Deshalb spricht sie nicht von Kontrolle, sondern von digitaler Souveränität. Das ist ungefähr so ehrlich, wie wenn man ein Gefängnis als architektonische Maßnahme zur Bewegungsoptimierung beschreibt.
Fazit: Es geht sie einen Scheißdreck an, wofür wir bezahlen
Man kann es nicht höflich sagen. Und man sollte es auch nicht: Es geht weder die EZB, noch den Staat, noch irgendeinen verdammten Servercluster in Luxemburg irgendetwas an, ob ich mir morgens eine Zeitung, mittags eine Pizza oder nachts ein Gummischwein bei eBay kaufe. Die Freiheit, anonym zu bezahlen, ist kein Luxus. Sie ist kein verhandelbares Feature. Sie ist ein verdammtes Grundrecht. Punkt.
Wer das nicht begreift, hat entweder das Konzept von Freiheit nie verstanden – oder bereits zu lange an der digitalen Fessel geschraubt.