Das ZdK – Ein Wunder an sich

Es gibt Dinge, die kann man nicht erfinden: Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK)

In der endlosen Landschaft deutscher Bürokratie, wo Kommissionen Kommissionen kontrollieren und Räte den Dialog mit Räten führen, gibt es eine Institution, die selbst den dichtesten Nebel der Institutionalisierung überstrahlt: Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken, kurz ZdK. Wenn Sie jetzt spontan glauben, dieser Name entstamme einer Satire oder sei der Restposten eines vergessenen DDR-Witzes, dann seien Sie versichert: Das ZdK ist real. Realer als die monatliche Kirchensteuer. Es existiert und – festhalten – gestaltet aktiv das Leben in Deutschland mit. Und das nicht etwa als ein Relikt vergangener Zeiten, sondern mit einem missionarischen Eifer, der fast schon rührend anmutet.

Der geneigte Beobachter könnte sich fragen: Braucht eine säkulare Gesellschaft im Jahr 2024 wirklich ein „Zentralkomitee“ von Katholiken, das seinen Einfluss auf Politik und Gesellschaft geltend macht? In Zeiten, in denen jeder eine Stimme hat, sei es über Twitter, Instagram oder einen hastig ins Leben gerufenen Blog, scheint das ZdK fast schon anachronistisch. Doch das Beste kommt noch: Dieses Zentralkomitee, das seine historische Schwere in jedem Buchstaben trägt, hat sich der Moderne angeschlossen und präsentiert sich – man staune – auf seiner *gegenderten Webseite! Willkommen in der Welt, in der sich die katholische Tradition und postmoderne Sprachsensibilität in einer paradoxen Umarmung wiederfinden.

Zentralkomitee und Demokratie

Es gibt Wörter, die passen einfach nicht zusammen. Wie Öl und Wasser. Wie Papst und Gender. Wie Zentralkomitee und Demokratie. Doch im ZdK ist alles möglich, so auch diese seltsame Ehe. Ein „Zentralkomitee“ – ein Begriff, der seine besten Jahre irgendwo zwischen Sowjetunion und ZK der SED gesehen hat – versucht sich also an Demokratie, und das unter dem Banner des Katholizismus. Man möchte fast Mitleid mit den Theologen haben, die sich im akademischen Elfenbeinturm mühen, der katholischen Kirche eine tiefere demokratische Legitimierung zu verleihen, während das ZdK diesen Anspruch mit der Eleganz eines Rollstuhls auf einem Sandstrand vor sich herschiebt.

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Natürlich wird man nicht müde, stolz darauf hinzuweisen, dass das ZdK die Stimme der Laien in der Kirche repräsentiert. Aber wenn man genauer hinsieht, stellt man fest: Diese „Laien“ sind oft alles andere als repräsentativ. Wer glaubt, dass hier das einfache Kirchenvolk gehört wird – die alten Damen, die brav den Rosenkranz beten, oder der Messdiener, der sich an den Weihrauch gewöhnt hat – wird bitter enttäuscht. Stattdessen finden wir hier eine erlesene Auswahl von katholischen Bildungsbürgern, akademischen Beratern und politisch aktiven Vertretern, die, mit erhobenem Zeigefinger, nicht nur den Gläubigen, sondern gleich der gesamten deutschen Gesellschaft die moralische Landkarte neu zeichnen wollen.

Die gegenderte Offenbarung

Es gibt kaum etwas, das mehr nach den Worten „das kann man sich nicht ausdenken“ schreit, als die Tatsache, dass die Webseite des ZdK gegendert ist. Wir sprechen hier von einer Organisation, die sich in ihrer langen Geschichte oft schwer damit tat, die Gleichberechtigung von Frauen ernsthaft in ihren eigenen Reihen zu verankern, geschweige denn die heikle Frage nach der Rolle der LGBTQ+-Community in der katholischen Lehre zu klären. Und dennoch: Das ZdK entscheidet sich in einem atemberaubenden Akt des Virtue Signaling, die grammatische Gendergerechtigkeit als eine Art Buße auf sich zu nehmen. Als könne man damit die jahrhundertelange Hierarchie der männlich dominierten Kirchenführung abtragen.

Man stelle sich die Vorstandssitzung vor, in der dies beschlossen wurde: „Wie können wir die Herzen der deutschen Zivilgesellschaft erobern?“ fragt ein Funktionär. „Gendern!“ ruft jemand von hinten, und die Köpfe nicken eifrig. Dass Gendersternchen und Binnen-Is allein noch keinen Fortschritt ausmachen, scheint niemanden zu stören. Wichtiger ist die symbolische Tat, die hier vollzogen wird: „Schaut her, wir sind modern, wir haben verstanden!“ Die katholische Kirche, einst Trägerin von Dogmen, die über Jahrhunderte in Stein gemeißelt wurden, verwandelt sich plötzlich in einen Hashtag.

Man kann fast die Erleichterung spüren, die durch die Reihen der liberalen Katholiken weht. Endlich hat man eine Waffe gegen die vorwurfsvolle Frage: „Warum ordnet ihr euch noch dieser alten, männerdominierten Kirche unter?“ Die Antwort ist nun simpel: „Aber wir gendern doch!“ Dieser Taschenspielertrick verdeckt jedoch nicht die tieferen strukturellen Probleme der katholischen Kirche in Deutschland. Aber gut, wer braucht schon Sakramente, wenn man Syntax hat?

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Der Glaubenskomplex

Man könnte annehmen, dass die Kirche in einer zunehmend säkularisierten Gesellschaft ihren Einfluss schwindend sieht. Doch weit gefehlt! Das ZdK hat nicht nur einen Sitz am Tisch der politischen Entscheidungsfindung – es hat auch noch das beste Werkzeug, um diesen Platz zu verteidigen: die Kirchensteuer. Ja, während die Mitgliederzahlen rapide sinken und die Kirchenbänke immer leerer werden, fließt das Geld der Gläubigen (und oft auch der nicht mehr ganz so Gläubigen) weiterhin in die kirchlichen Kassen. So viel zum Thema „freiwillige Spende“.

Und dieses Geld, so wird uns versichert, dient nicht nur der Instandhaltung baufälliger Kathedralen oder dem Gehalt des Gemeindepfarrers, sondern der aktiven Mitgestaltung der Gesellschaft. Das ZdK sieht sich als moralischer Kompass einer Nation, die offensichtlich so verwirrt ist, dass sie ohne katholische Anleitung nicht einmal mehr weiß, wie man korrekt gendergerecht formuliert. Man könnte fast meinen, dass ohne das ZdK die gesamte Zivilgesellschaft in sich zusammenfallen würde, wie ein Kartenhaus im Sturmwind der Säkularisierung.

Der diskrete Charme des ZdK

Politischer Einfluss und Religion – eine explosive Mischung, die selten zu harmonischen Ergebnissen führt. Doch das ZdK ist ein Meister darin, sich elegant zwischen den Fronten zu bewegen. Offiziell bleibt man bei der Verlautbarung: „Wir mischen uns nicht direkt in die Politik ein.“ Doch ein Blick hinter die Kulissen zeigt, dass das ZdK nichts weniger tut, als genau das. Man könnte fast meinen, die politische Landschaft in Deutschland wäre ein verlängertes Kirchenschiff, in dem die Meinung der katholischen Kirche immer noch mehr zählt als die vermeintlich weltliche Stimme derjenigen, die sich in politischen Debatten tummeln.

Man hat den Verdacht, dass das ZdK den Spagat zwischen Tradition und Modernität auf eine Weise inszeniert, die ihresgleichen sucht. Einerseits tritt man für Werte wie Solidarität und Nächstenliebe ein – immerhin altehrwürdige katholische Tugenden – andererseits drängt man auf Veränderungen, die so überraschend „modern“ sind, dass man fast den Eindruck bekommt, der Katholizismus wäre der heimliche Motor der Progressivität in Deutschland. Ein subtiler politischer Player, der die moralische Bühne betritt, wann immer es notwendig scheint, und sich diskret zurückzieht, wenn die Hitze der Debatte zu groß wird.

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Satirische Ironie oder göttliches Mysterium

Das ZdK ist in seiner gesamten Konzeption ein Phänomen, das irgendwo zwischen Satire und surrealer Komödie angesiedelt ist. Der Name allein verspricht eine Komplexität und Bedeutungsschwere, die in der Realität oft mit den banalen Zwängen des politischen und gesellschaftlichen Lebens kollidiert. Man möchte lachen, aber das Lachen bleibt einem im Halse stecken, wenn man erkennt, dass das ZdK tatsächlich die Dreistigkeit besitzt, sich als Sprachrohr der katholischen Laien zu präsentieren, während es in Wirklichkeit nur ein weiteres Relikt einer längst vergangenen Epoche ist, das verzweifelt um Relevanz kämpft.

Es gibt Dinge, die kann man nicht erfinden – und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken ist definitiv eines davon. Ein Zentralkomitee, das versucht, modern zu sein, indem es gendert und gleichzeitig an einem Glaubenskonstrukt festhält, das sich hartnäckig weigert, in die Realität des 21. Jahrhunderts anzukommen. Vielleicht ist das ZdK am Ende doch das ultimative Mysterium des Glaubens: Etwas, das man nicht verstehen kann, aber akzeptieren muss. Oder auch nicht.

Quellen und weiterführende Links

  1. ZdK Offizielle Webseite: https://www.zdk.de
  2. Weidenfeld, Werner. „Katholizismus und Politik in Deutschland.“ In: Politische Studien, 2019.
  3. Müller, Harald. „Die Kirchensteuer in Deutschland – Ein europäisches Unikum.“ Finanzwissenschaftliche Untersuchungen, Bd. 45, 2020.
  4. Volker, Gerhard. „Der Einfluss der Kirche auf die deutsche Gesellschaft.“ Sozialwissenschaftliche Analysen, 2021.
  5. Bergoglio, Jorge Mario. „Ein Jahr Papst Franziskus: Die neue Ausrichtung der katholischen Kirche.“ Der Spiegel, 2022.
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