Die große Selbstbedienung

Einführung in die Kunst der politischen Selbstfürsorge

Ein altes Sprichwort besagt: „Wer den Futtertrog bewacht, frisst zuerst.“ Und in der EU, diesem leuchtenden Paradebeispiel für demokratische Selbstkontrolle und fiskalische Zurückhaltung, nimmt man diese Weisheit sehr ernst. Denn während sich Otto Normalverbraucher in Brüssel durch die Bürokratielabyrinthe kämpft, um eine Subvention für seinen maroden Bauernhof oder eine Förderung für sein ambitioniertes Start-up zu ergattern, gibt es eine Elite, die sich gar nicht erst mit solchen profanen Dingen herumschlagen muss: die 66.000 Beschäftigten der EU-Institutionen. Ihnen fließt das Geld in zuverlässiger Regelmäßigkeit zu – und das mit einer Konstanz, die Schweizer Uhrmacher vor Neid erblassen lässt.

Eine Erhöhung jagt die nächste – und niemand fragt nach dem „Warum?“

Zum siebten Mal innerhalb von nur drei Jahren werden die EU-Gehälter nun angepasst. „Angepasst“ – welch wunderbar euphemistischer Begriff für das, was es wirklich ist: eine Gehaltserhöhung! Schließlich lebt es sich mit den drückenden Sorgen eines monatlichen Einkommens von 3.645 Euro (im schlimmsten Fall!) oder gar 34.800 Euro (im besten Fall!) nur schwerlich. Man stelle sich vor, man müsste mit diesem Kleingeld in Brüsseler Feinkostgeschäften überleben, eine Sommerresidenz in Südfrankreich unterhalten oder die internationalen Eliteschulen für den Nachwuchs bezahlen. Unvorstellbar!

Inflation? Die Gießkanne regelt das!

Doch halt – die Erhöhung kommt ja nicht aus heiterem Himmel. Es ist die Inflation, dieses böse Monster, das selbst die Elite nicht verschont. Und weil es der EU-Elite stets um Gerechtigkeit geht, hat man sich eine geniale Lösung überlegt: Anpassung zweimal jährlich! Im Januar und im Juli. Damit nicht genug: Wenn es im Vorjahr nicht ganz zur gewünschten Steigerung reicht, dann gibt es einfach eine Nachzahlung im April. Sozusagen der „Inflationsbonus Deluxe“ – ein Konzept, von dem sich Normalverdiener, Rentner und Selbstständige eine dicke Scheibe abschneiden könnten. Dumm nur, dass sie es nicht können. Denn für sie gibt es kein „automatisches Anpassungsmodell“, sondern nur die mühsame Hoffnung auf Tarifverhandlungen, gnädige Arbeitgeber oder großzügige Sozialleistungen.

Eine Managerin der Sonderklasse

Die EU-Kommissionspräsidentin selbst darf sich fortan über 34.800 Euro monatlich freuen – eine Summe, die sie sich durch unermüdliche Arbeit redlich verdient hat. Denn immerhin muss sie den Kontinent durch schwierige Zeiten steuern, sich mit unbequemen Fragen zur Demokratie in der EU und der Vergabe von Impfstoffverträgen auseinandersetzen und gleichzeitig noch ausreichend Zeit finden, um ihre persönliche Vision eines europäischen Superstaates voranzutreiben. Ein Knochenjob, der selbstverständlich gebührend entlohnt werden muss!

Die „Mäßigungsklausel“ – eine Sternstunde der EU-Logik

Aber, liebe Leser, haltet ein! Die EU hat ja tatsächlich Rücksicht genommen. Letztes Jahr hätte es nämlich eigentlich 8,5 Prozent mehr geben sollen – aber man wollte sich bescheiden zeigen und hat „nur“ 7,3 Prozent ausgeschüttet. Welch eine noble Geste! Die restlichen 1,2 Prozent kommen nun mit leichter Verzögerung. So sieht Verantwortungsbewusstsein in der Politik aus: Man genehmigt sich die Erhöhung einfach ein bisschen später. Vielleicht ein Vorbild für zukünftige Rentenreformen?

Ein Schlaraffenland ohne Grenzen

Was lernen wir also aus dieser Geschichte? Wer clever ist, sorgt dafür, dass er sein Geld nicht von einem knausrigen Arbeitgeber oder einer geizigen Rentenkasse bekommt, sondern direkt von der EU. Denn dort sitzt das Füllhorn so locker, dass selbst die biblische Manna-Versorgung dagegen wie ein karges Almosen erscheint. Und während die einfachen Bürger brav Steuern zahlen, auf Gehaltserhöhungen hoffen oder mit den realen Konsequenzen der Inflation kämpfen, sorgen die Brüsseler Eliten dafür, dass ihre eigenen Gehälter sich stets im Gleichschritt mit den steigenden Preisen bewegen – oder besser noch: ihnen vorauslaufen.

Wer also noch kein EU-Beamter ist, sollte dringend über eine Karriere in Brüssel nachdenken. Die Zukunftsaussichten sind rosig – und die Gehaltserhöhungen sind sicher!

NETFLIX: Die Wirklichkeit ist eine Frage der Perspektive

Es gibt sie noch, die magischen Momente der Popkultur. Diese seltenen Sternstunden, in denen die Verantwortlichen einer milliardenschweren Streaming-Plattform gemeinsam mit einer Handvoll gleichgesinnter Drehbuchautoren in einem Londoner Loft zusammensitzen, ein Glas fair gehandelten Bio-Weißweins schwenken und sich fragen: „Wie können wir die Realität noch ein bisschen schöner, noch ein bisschen richtiger machen?“ Und „richtiger“ heißt in diesem Fall natürlich: politisch stimmiger, moralisch vorteilhafter und – selbstverständlich – pädagogisch wertvoller.

So oder so ähnlich muss es wohl gewesen sein, als die Drehbuchautoren von Adolescence, der neuesten Netflix-Produktion aus Großbritannien, beschlossen, dass ihre Serie auf wahren Begebenheiten beruhen soll – allerdings nur so weit, wie es in ihre ideologische Schablone passt. Ein paar Unannehmlichkeiten der Wirklichkeit? Kein Problem, die kann man doch ganz leicht umdeuten! Ein paar Details, die nicht ins Weltbild passen? Einfach wegstreichen! Und so wurde aus einer Reihe von brutalen Messerangriffen, die von schwarzen Jugendlichen verübt wurden, plötzlich eine ganz andere Geschichte. Plötzlich ist der Täter – oh, Überraschung! – ein weißer Junge.

Die Kunst der kreativen Wahrheitsfindung – oder warum 2 + 2 manchmal 5 ergibt

Nun könnte man natürlich anmerken, dass es sich bei Filmen und Serien um Kunst handelt und Kunst selbstverständlich kreative Freiheiten genießt. Ein Märchen, eine Dystopie, eine Fiktion – warum sollte sie sich an die schnöde Realität klammern? Doch das Problem ist nicht die künstlerische Freiheit. Das Problem ist, dass diese Art der „Fiktion“ nicht als solche verkauft wird. Vielmehr behauptet Netflix mit einem unschuldigen Augenzwinkern, die Serie sei inspiriert von wahren Begebenheiten. Es geht also nicht darum, eine völlig aus der Luft gegriffene Geschichte zu erzählen, sondern eine reale Geschichte bewusst umzudeuten – mit einer ganz bestimmten politischen Absicht.

Warum also dieser Austausch? Warum dieser ideologische Kniff? Die Antwort ist ebenso simpel wie deprimierend: Weil die Wahrheit nicht zur bevorzugten Erzählung passt.

Die Realität, so wie sie sich tatsächlich abspielt, ist unbequem. Sie passt nicht in das Weltbild jener Medienmacher, die sich zum Ziel gesetzt haben, dem Publikum ihre Version der Welt aufzudrängen. Eine Version, in der der „böse weiße Mann“ der ewige Schurke ist und alle anderen bestenfalls bemitleidenswerte Opfer, schlimmstenfalls aber passive Statisten ohne Eigenverantwortung.

Wenn Moral über Logik steht – willkommen in der neuen Normalität

In dieser neuen Art von Erzählkunst geht es nicht mehr darum, was passiert ist, sondern darum, was hätte passieren sollen. Es geht nicht mehr darum, eine Geschichte zu erzählen, die auf Fakten basiert, sondern eine, die auf einer moralischen Wunschvorstellung fußt. Die Prämisse lautet: Wenn die Realität nicht so ist, wie wir sie gerne hätten, dann ändern wir eben die Narrative, bis es passt.

Und genau so entsteht eine Serie wie Adolescence – eine Serie, die sich zwar aus dem Fundus der Realität bedient, aber diesen Fundus dann so lange umsortiert, neu etikettiert und mit ideologischen Filtern überzieht, bis von der ursprünglichen Realität nur noch eine Parodie übrig bleibt. Eine Parodie, die sich zwar als ernsthafte Gesellschaftsanalyse ausgibt, aber in Wahrheit nichts anderes ist als ein didaktisches Lehrstück für all jene, die bereit sind, sich erziehen zu lassen.

Die Macht der selektiven Wahrnehmung – oder warum der Zuschauer immer dümmer werden soll

Das Erschreckende an dieser neuen Form der „realitätsbasierten“ Fiktion ist nicht nur die Dreistigkeit, mit der Fakten verdreht werden, sondern auch die dreiste Annahme, dass der Zuschauer es nicht bemerkt. Oder, schlimmer noch, dass er es bemerkt und trotzdem akzeptiert – weil er längst darauf konditioniert wurde, alles zu schlucken, was ihm serviert wird, solange es nur mit der richtigen moralischen Verpackung daherkommt.

Man könnte fast Mitleid haben mit den Netflix-Machern, wenn man sich vorstellt, wie sie sich gegenseitig auf die Schultern klopfen und sich für ihre gesellschaftliche Verantwortung loben. Für ihre mutige Entscheidung, die Wahrheit ein bisschen zu verbessern. Für ihren Beitrag zum großen, edlen Ziel, die Welt ein Stück gerechter zu machen – auch wenn dazu ein paar Details geopfert werden müssen.

Das Märchen vom edlen Motiv – und warum wir uns nicht für dumm verkaufen lassen sollten

Natürlich werden all jene, die es wagen, diese absurde Verzerrung der Realität zu kritisieren, schnell in eine Schublade gesteckt. „Rechte Hetzer“, „reaktionäre Wutbürger“, „ewig Gestrige“ – die Liste der Kampfbegriffe ist lang. Doch das ändert nichts an der Tatsache, dass eine absichtliche Verdrehung der Realität kein harmloser künstlerischer Kniff ist, sondern ein manipulativer Eingriff in unser kollektives Bewusstsein.

Die Frage ist: Wie lange lassen wir uns das noch gefallen? Wie lange schauen wir noch zu, während Streaming-Plattformen, Medien und Kulturschaffende die Realität so lange umschreiben, bis sie in ihr Weltbild passt? Und wann endlich haben wir den Mut zu sagen: Die Wahrheit ist nicht verhandelbar – auch wenn sie unbequem ist.

Was ist mit der einstigen Friedensbewegung geschehen?

Wer braucht noch den Frieden, wenn es um Haltung geht?

Es war einmal eine Bewegung. Sie füllte die Straßen, trug Plakate mit der simplen Forderung „Frieden“, sang Lieder gegen das Wettrüsten, war jung, war mutig, war laut. Man schüttelte wütend die Fäuste gegen die NATO, gegen Pershing-II-Raketen, gegen den imperialistischen Kriegstreiber auf der anderen Seite des Atlantiks. Man stellte sich mutig der Staatsgewalt entgegen, erklärte den Amerikanern, dass ihre Bomben hier nicht erwünscht seien, und wusste sich stets auf der richtigen Seite der Geschichte. Die Friedensbewegung war ein moralischer Leuchtturm, unerschütterlich, unbeirrbar – und, nun ja, längst vergessen.

Vom Protest zur Stille – ein leiser Abgang

Man könnte fragen: Wo ist sie hin? Die Antwort ist eine leise. Sie hat sich in ihre Einzelteile zerlegt, ist aufgesogen worden von anderen, lauteren, dringlicheren Anliegen. Heute füllen Demonstranten die Straßen nicht mehr mit Forderungen nach Abrüstung, sondern mit Begriffen aus dem Poststrukturalismus. Sie kämpfen nicht gegen Kriege, sondern gegen Begriffe, die verletzen könnten. Gendersternchen und Safe Spaces sind wichtiger als Friedensverhandlungen. Wer „die da oben“ kritisieren will, tut dies nicht mehr mit Transparenten gegen Waffenexporte, sondern mit empörten Tweets über mangelnde Diversität in Talkshows.

Krieg ist Frieden, sagte schon Orwell – und keiner merkt es

Vielleicht ist es ja so: Die Friedensbewegung hat ihren Endgegner gefunden – sich selbst. Denn wenn man sich jahrzehntelang mit moralischer Überlegenheit aufgeladen hat, ist es schwer, zu akzeptieren, dass die Welt nicht schwarz-weiß ist. Heute steht man vor dem Dilemma: Was tun, wenn es nicht mehr der böse Westen ist, der die Kriege führt? Wenn ausgerechnet die Länder, die man einst bewunderte, selbst die Aggressoren sind? Lieber schweigen. Lieber hoffen, dass keiner fragt, wo man eigentlich steht. Und vor allem: Bloß nicht den Fehler machen, den eigenen moralischen Kompass zu hinterfragen. Man könnte ja Gefahr laufen, nicht mehr zur richtigen Szene zu gehören.

Haltung zeigen, aber bitte nicht zu laut

Frieden ist kompliziert geworden. Man kann ihn nicht mehr einfach fordern, denn wer Frieden will, muss mit den falschen Leuten reden. Diplomatie ist verdächtig, Waffenlieferungen sind in Mode, und wer einen Waffenstillstand fordert, wird als Verräter beschimpft. Die Parole „Nie wieder Krieg!“ ist modisch überholt – ersetzt durch „Nie wieder Krieg, aber …“. Die Bewegung von einst hat sich in eine Sammlung einzelner Twitter-Hashtags verwandelt, in wohlklingende Statements in Talkshows, in „Haltung zeigen“ als leere Floskel. Man ist heute gegen Kriege, aber nur gegen die richtigen. Gegen Waffen – aber nur die falschen.

Der Frieden stört nur noch

Früher waren die Friedensbewegten unbequem. Sie störten den Status quo, sie zwangen Politiker, sich zu rechtfertigen. Heute ist Frieden selbst eine Störung. Er ist hinderlich für politische Narrative, unbequem für die eigene Seite. Wenn Krieg dem Guten dient, dann kann man ihn ja nicht mehr einfach ablehnen. Dann muss man differenzieren, abwägen, zwischen „guten“ Bomben und „schlechten“ Bomben unterscheiden. Und so hat sich die einst stolze Bewegung selbst in die Irre geführt, hat sich zerlegt in Bekenntnisrituale, in empörte Debatten über Symbolik statt über Realität.

Ein Appell an das eigene Denken

Ist Frieden noch ein Ziel oder nur noch eine nostalgische Erinnerung? Ist er zu kompliziert für unsere Zeit geworden, zu sehr gefangen in den Verstrickungen von Ideologie und Identitätspolitik? Vielleicht wäre es an der Zeit, wieder über das zu sprechen, was wirklich zählt. Vielleicht wäre es an der Zeit, sich daran zu erinnern, dass Frieden mehr ist als ein moralisches Accessoire. Und vielleicht, ganz vielleicht, wäre es an der Zeit, wieder auf die Straße zu gehen – mit einer simplen, altmodischen Forderung: „Keinen Krieg!“ Aber das wäre wohl zu viel verlangt. Denn wer will sich heute noch den Vorwurf gefallen lassen, einfach nur naiv zu sein?

Kakistokratie, die

Altgriechisch, Substantiv, feminin: Regierung durch die am wenigsten Qualifizierten

Es begab sich zu einer Zeit, die leider nicht nur eine Zeit, sondern vielmehr ein Dauerzustand ist, dass jene an die Schalthebel der Macht gelangten, deren größte Qualifikation ihre schiere Inkompetenz war. Das mag paradox erscheinen, doch wer den menschlichen Hang zur Selbstsabotage kennt, wird sich kaum darüber wundern.

Unsere Epoche erlebte nicht etwa den Sturz der Fähigsten, sondern deren freiwilligen Rückzug ins Private. Wer klug genug war, die Mechanismen der Macht zu durchschauen, war ebenso klug genug, sich nicht in sie verstricken zu lassen. So blieb das Feld jenen überlassen, die in ihrer grenzenlosen Selbstüberschätzung nicht einmal ahnten, dass sie nichts wussten.

Vom Triumph der Mittelmäßigkeit

Es ist nicht so, dass der Niedergang der Vernunft ein plötzliches Ereignis war. Vielmehr handelte es sich um eine schleichende Erosion, eine stille Revolution der Anspruchslosigkeit. Die alten Eliten, einst eine Meritokratie, in der zumindest rudimentäre Kompetenz Voraussetzung für Einfluss war, wurden durch eine Schar professioneller Dilettanten ersetzt. Man feierte nicht mehr den klugen Kopf, sondern den, der am besten mit Allgemeinplätzen jonglierte.

Die Demokratie verwandelte sich in ein groteskes Schauspiel, in dem nicht mehr die Besten gewählt wurden, sondern jene, die am geschicktesten die niederen Instinkte des Volkes bedienten. Wähler wurden nicht mehr mit Argumenten überzeugt, sondern mit dem höchsten Unterhaltungswert geködert. Die ernsthafte Auseinandersetzung wich einer Reality-Show, in der Charisma wichtiger war als Kompetenz und der lauteste Schreihals stets den Vorzug erhielt.

Die Kunst des gepflegten Scheiterns

Es war eine neue Qualität der Politik, dass sich Unvermögen nicht länger verstecken musste. Wo einst Peinlichkeiten vertuscht wurden, wo Inkompetenz als Makel galt, feierte man nun das grandiose Scheitern als Beweis für Authentizität.

Minister prahlten damit, von ihrem Ressort keine Ahnung zu haben, Kanzlerinnen und Kanzler stolperten von Krise zu Krise, ohne jemals eine Lösung zu präsentieren, und die Wähler zuckten nur mit den Schultern: „Sind doch auch nur Menschen!“ Der Anspruch, dass jemand, der ein Land regiert, wenigstens die grundlegenden Mechanismen des Staatswesens verstehen sollte, galt plötzlich als elitaristisch.

Ja, selbst wenn sich eine Regierung in eine groteske Farce verwandelte, in der unfassbare Fehler mit todernster Miene als alternativlose Notwendigkeiten verkauft wurden, blieb das Volk erstaunlich duldsam. Der Trick? Man bombardierte es mit einer solchen Flut an Absurditäten, dass niemand mehr wusste, worüber er sich zuerst aufregen sollte.

Das Paradoxon der Unfähigkeit

Ein faszinierendes Phänomen war, dass je unfähiger ein Herrscher war, desto sicherer er sich seiner Macht sein konnte. Denn seine Unfähigkeit wurde zur ultimativen Immunität. Fehler waren keine Fehler mehr, sondern narrative Stilmittel. Wer darauf hinwies, wurde als Besserwisser verhöhnt, als Nestbeschmutzer denunziert oder einfach als Verschwörungstheoretiker abgestempelt.

Die Kakistokratie schuf sich ihren eigenen Schutzmechanismus: Indem sie die Erwartungen an politische Akteure so weit senkte, dass selbst ein erwähnenswerter Erfolg als unerwartetes Wunder erschien, etablierte sie sich als unantastbar. Das Volk, umgarnt von Nebelkerzen und rhetorischem Bombast, klammerte sich an die Hoffnung, dass es nicht noch schlimmer kommen konnte – nur um jedes Mal eines Besseren belehrt zu werden.

Die Zukunft ist jetzt – und sie sieht nicht gut aus

Wie also weiter? Die Hoffnung, dass sich die Kakistokratie aus sich selbst heraus abschafft, ist ein Trugschluss. Im Gegenteil: Sie perfektioniert sich, indem sie jede Form von intelligenter Opposition im Keim erstickt. Das Erfolgsmodell der Mittelmaßigkeit ist so erfolgreich, dass es sich selbst reproduziert, sich mit jedem Zyklus verstärkt und verfeinert.

Die einzige verbleibende Waffe ist der Spott. Wer die Kakistokratie ernst nimmt, hat schon verloren. Wer sie jedoch als das erkennt, was sie ist – eine tragische Komödie von epischem Ausmaß – kann ihr zumindest mit sarkastischer Resignation begegnen. Die Hoffnung stirbt zuletzt, heißt es. In einer Kakistokratie jedoch stirbt sie stets zuerst – und kehrt als bitteres Lachen zurück.

Der Clown, der König wurde

Es ist das schlussendliche Paradoxon: Die Kakistokratie wächst nicht trotz ihrer Akteure, sondern gerade wegen ihnen. Wo früher Qualifikation zählte, genügt heute die Illusion von Authentizität. In dieser Welt ist der Clown der wahre König, denn sein Reich ist das Chaos – und er allein versteht es zu beherrschen.

STASI reloaded

Alle diese Untersuchungen“, sagte Bärbel Bohley1 1991, „die gründliche Erforschung der Stasi-Strukturen, der Methoden, mit denen sie gearbeitet haben und immer noch arbeiten, all das wird in die falschen Hände geraten. Man wird diese Strukturen genauestens untersuchen – um sie dann zu übernehmen. Man wird sie ein wenig adaptieren, damit sie zu einer freien westlichen Gesellschaft passen. Man wird die Störer auch nicht unbedingt verhaften. Es gibt feinere Möglichkeiten, jemanden unschädlich zu machen. Aber die geheimen Verbote, das Beobachten, der Argwohn, die Angst, das Isolieren und Ausgrenzen, das Brandmarken und Mundtotmachen derer, die sich nicht anpassen – das wird wiederkommen, glaubt mir. Man wird Einrichtungen schaffen, die viel effektiver arbeiten, viel feiner als die Stasi. Auch das ständige Lügen wird wiederkommen, die Desinformation, der Nebel, in dem alles seine Kontur verliert.

Man könnte meinen, die Freiheit hätte gesiegt, die Methoden der Unterdrückung wären mit dem Ende der DDR in den Orkus der Geschichte gekippt worden. Man könnte es meinen. Man könnte auch meinen, dass der moderne Mensch mit seinen individualistischen Idealen, seinem libertären Drang nach Selbstverwirklichung, seinen fähigen Händen an Smartphone und Tastatur heute freier wäre als je zuvor. Und dennoch – schleicht nicht der feine Nebel der Konformität wieder durch die Gassen, dezent duftend nach Fortschritt und Wohlanständigkeit? Es geht ja nicht mehr um grobschächtige Repression, um Folterkeller und schreiende Parteifunktionäre. Nein, es geht um subtilere Werkzeuge, feinjustierte Instrumente der Normierung.

Wie Anpassung zur Tugend wird

Wer braucht noch Gefängnisse, wenn sich die Menschen bereitwillig in den Zellen des digitalen Panoptikums einrichten? Warum direkte Zensur, wenn sich das gemeine Volk freudig selbst reguliert, mit moralisch überhöhter Strebsamkeit nach der einzig erlaubten Meinung? Die moderne Form der Disziplinierung ist nicht weniger effektiv als ihre groben Vorgänger – sie ist nur eleganter, feiner, durchtränkter von einem Gefühl moralischer Überlegenheit.

Das Geheimnis? Man nennt es heute nicht mehr „Unterdrückung“ – man nennt es „soziale Verantwortung“. Man nennt es „Haltung zeigen“. Wer anderer Meinung ist, ist nicht etwa „kritisch“, sondern „problematisch“. Man sperrt ihn nicht ein, aber man sperrt ihn aus.

Die neuen Tugendwächter

Wenn es doch nur die Bösen wären, die uns unterdrücken! Wenn es doch nur eine finstere Elite mit diabolischem Plan gäbe! Aber nein, es sind wir selbst, die sich gegenseitig in Schach halten. Wer früher für den falschen Witz beim „Genossen Abschnittsbevollmächtigten“ gemeldet wurde, kann heute mit einer Horde digitaler Sittenwächter rechnen. Sie kommen nicht mit klobigen Diktiergeräten, sondern mit Screenshots. Sie legen keine Akten an, sondern trendende Hashtags. Wer abweicht, wird nicht zum Umerziehungskurs geschickt – er verliert seinen Job, sein Netzwerk, seine Reputation.

Aber sei beruhigt: Es geschieht nicht aus Bosheit! Es geschieht im Namen des Guten, des Richtigen, des Wahren. Wer sich überwacht fühlt, hat eben ein schlechtes Gewissen. Und wer schweigt, gibt stillschweigend zu, auf der falschen Seite der Geschichte zu stehen.

Fortschritt mit unsichtbaren Ketten

Wie entkommt man dieser neuen Weltordnung der stillen Disziplinierung? Es gäbe Möglichkeiten: Radikaler Nonkonformismus, offene Rebellion, intellektuelle Redlichkeit. Doch das Problem ist: Der Druck, sich anzupassen, ist zu stark. Der Preis für Widerstand zu hoch. Es ist einfacher, sich der vorgegebenen Moral zu beugen, brav zu nicken, mit der Masse zu gehen – und insgeheim zu hoffen, dass man nie selbst in den Fokus dieser neuen Kontrollgesellschaft gerät.

Bärbel Bohley warnte 1991 vor genau diesem Szenario. Und doch haben wir nicht auf sie gehört. Warum auch? Es ist viel angenehmer, sich freiwillig zu fügen, als unter Zwang.

Schöne neue Welt. Oder war das jetzt auch schon wieder problematisch?

1 Bärbel Bohley (1945–2010) war eine deutsche Bürgerrechtlerin, Künstlerin und Mitbegründerin des Neuen Forums, einer bedeutenden oppositionellen Bewegung in der DDR. Sie setzte sich aktiv für Demokratie, Meinungsfreiheit und Bürgerrechte ein und wurde aufgrund ihres Engagements mehrfach von der Stasi überwacht und inhaftiert. Nach der Friedlichen Revolution 1989 spielte sie eine zentrale Rolle bei der politischen Umgestaltung der DDR und engagierte sich später für Transparenz bei der Aufarbeitung der Stasi-Vergangenheit. Trotz ihrer Verdienste um die deutsche Wiedervereinigung blieb sie eine kritische Stimme gegenüber politischen Entwicklungen in Deutschland.

Eine Europäische Verteidigung?

So wird das nichts.

Wieder einmal wird lautstark nach einer europäischen Verteidigung gerufen. Nach einer eigenständigen militärischen Kraft, die nicht von Washingtons Gnaden abhängig ist, nicht den Launen eines transatlantischen Bruders unterworfen, der – man mag es kaum glauben – gelegentlich seine eigenen Interessen verfolgt. Doch wie so oft in dieser schöngeistig-behäbigen Union europäischer Unentschiedenheit bleibt es bei Absichtserklärungen, wolkigen Sonntagsreden und der ewig gleichen Leier: „Mehr Koordination! Mehr Zusammenarbeit!“. Aber keine Entscheidungen. Denn Entscheidungen treffen hieße Verantwortung übernehmen. Und Verantwortung – das ist nun wirklich nichts für Brüsseler Bürokraten oder die nationalstaatlichen Potentaten, die mit eiserner Faust ihre eigenen kleinen Souveränitätsinseln verteidigen.

Die Demokratie, die keine ist

Hier nun das Problem: Es gibt kein europäisches Parlament mit Initiativrecht, keinen legislativen Akteur, der eine Armee überhaupt schaffen könnte. Denn, seien wir ehrlich: Das Europaparlament ist ein Debattierklub mit Wohlgefühlsfunktion. Reden, nicken, symbolische Resolutionen verabschieden, aber bloß nichts wirklich beschließen. Denn das darf nur die Kommission. Und die ist – in genialer Konstruktion – eine Exekutive, die gleichzeitig als Legislative agiert, ohne dafür jemals demokratisch gewählt worden zu sein. Dass eine solche Machtkonzentration sonst nur in den feuchten Träumen autoritärer Technokraten vorkommt, scheint niemanden zu stören. Und so bleibt die Frage: Wer soll diese Parlamentsarmee, die Europa angeblich so dringend braucht, auf den Weg bringen? Ein Parlament, das nichts zu sagen hat? Eine Kommission, die ihre Macht nicht teilen will? Ein Rat, dessen Mitglieder bereits das Wort „europäisch“ mit nervösem Augenzucken quittieren?

Die nationale Eifersucht – oder: warum nichts vorangeht

Natürlich lässt sich auch vortrefflich darüber streiten, welche Streitkräfte da eigentlich unter einem Banner vereint werden sollten. Die Franzosen wollen ihre Force de frappe nicht teilen, die Deutschen wären am liebsten eine pazifistische Kräftegemeinschaft, die Osteuropäer bestehen auf maximale NATO-Nähe, und der Rest? Der Rest will vor allem keine Rechnungen bezahlen. Eine europäische Armee wäre nicht nur eine logistische und strategische Herausforderung, sondern vor allem eine diplomatische. Man stelle sich nur die Kompromisssuche vor: Ein französischer General, ein deutscher Finanzminister, ein italienischer Verteidigungsrat und ein polnischer Oberbefehlshaber sollen sich auf eine gemeinsame Doktrin einigen. Ein Wunder, wenn sie sich auf das gemeinsame Schuhwerk ihrer Soldaten einigen könnten!

Und die NATO?

Es ist ein offenes Geheimnis, ein unausgesprochenes Dogma, ein historisches Artefakt, das dennoch die Gegenwart prägt: Europa mag zwar unter dem Banner der NATO marschieren, doch am Ende kommandiert der amerikanische Oberbefehlshaber – der Supreme Allied Commander Europe (SACEUR). Ein Amerikaner. Immer. Seit der Gründung der NATO. Ohne Ausnahme. Keine Diskussion. Warum eigentlich? Weil es halt so ist. Und weil die transatlantische Symbiose, wie so viele andere Absurditäten, sich selbst zementiert hat. Europa, hochgelobt als wiegende Kulturnation, als Hort der Diplomatie, als Mutter aller Zivilisationen, ist militärisch gesehen bestenfalls der junior partner, schlimmstenfalls das Fußvolk eines entfernten Hegemons.

Der ewige Traum europäischer Eigenständigkeit

Man kann es drehen und wenden, wie man will: Schon Charles de Gaulle sah das Problem und versuchte, Frankreich aus der Umklammerung zu befreien. NATO-Mitglied, ja. Aber nicht in die integrierte Befehlsstruktur eingebunden. Ein Affront für Washington. Und was machte Europa? Stand daneben und schaute zu. Heute, in Zeiten von europäischer Verteidigungsunion, strategischer Autonomie (was für ein hölzerner Begriff!) und Zeitenwende (was für eine Marketingfloskel!), ist das Problem dasselbe geblieben: Die Kommandostruktur der NATO ist in amerikanischer Hand. Und Europa? Redet darüber, eine eigene Armee aufzubauen, während es brav den SACEUR bestätigt.

Die strategische Abhängigkeit Europas

Die NATO mag eine Allianz der „gleichen“ Partner sein, doch sie gleicht eher einer feudalen Pyramide. Oben thront der transatlantische Oberbefehlshaber, unten verteilen sich die europäischen Vasallenstaaten, bereit, auf Kommando zu marschieren. Doch wehe, einer wagt es, die Hierarchie infrage zu stellen! Die Reaktionen kommen prompt und folgen einem bewährten Muster: Zuerst gibt es wohlmeinende Ermahnungen („Es geht doch um Sicherheit!“). Dann folgt der geopolitische Zeigefinger („Russland! China! Gefahren überall!“). Und am Ende steht die moralische Keule („Ihr untergrabt das westliche Bündnis!“). Wer sich widersetzt, wird aus dem Club der artigen Demokraten ausgeschlossen und als Störenfried abgestempelt.

Wird Europa je aus dem Schatten treten?

Die Frage ist nicht, ob Europa unter amerikanischem Kommando kämpft. Die Frage ist, ob es je eine Alternative dazu geben wird. Solange man über „strategische Autonomie“ referiert, während man artig SACEURs Bestellungen befolgt, solange man über europäische Verteidigung philosophiert, während amerikanische Flugzeugträger die europäischen Gewässer dominieren, solange wird Europa bestenfalls der führende Komparse im amerikanischen Drehbuch bleiben. Es sei denn, es passiert ein Wunder. Aber Wunder sind in der Geopolitik leider noch seltener als selbstbewusste europäische Militärstrategien.

Am Ende bleibt alles beim Alten

So läuft es am Ende immer gleich: Große Worte, kleine Schritte, und eine pragmatische Kapitulation vor der Wirklichkeit. Die NATO bleibt die einzige Militärallianz Europas, und jeder macht weiter wie gehabt. Frankreich rüstet für sich, Deutschland zerredet alles, und alle anderen hoffen, dass Washington nicht plötzlich das Interesse verliert. Und so bleibt Europa, was es immer war: Ein Friedensprojekt ohne Verteidigung, eine Union ohne Einheit, und eine Macht, die sich vor nichts mehr fürchtet als vor sich selbst.

Ist die Brandmauer eigentlich ein antifaschistischer Schutzwall

Die rhetorische Architektur der Mauern

Deutschland und Mauern – eine tragikomische Liebesgeschichte, die sich durch die Jahrhunderte zieht, von Limes über Berliner Mauer bis zur neuesten Schöpfung politischer Abgrenzungskunst: der ominösen „Brandmauer“ gegen Rechts. Wer sich auch nur oberflächlich mit den diskursiven Eigenheiten dieses Landes beschäftigt, wird feststellen, dass Mauern hierzulande nie einfach nur Mauern sind. Sie sind Monumente der Gesinnung, architektonische Metaphern für Gut und Böse, Fortschritt und Rückschritt, Demokratie und Diktatur. Sie sind, wenn man so will, die Außenmauern des deutschen Diskurses – und selbstverständlich ein ewiger Quell für heitere Absurditäten.

Eine Mauer, die trennt – und verbindet

Die „Brandmauer“ ist kein bauliches, sondern ein sprachliches Konstrukt, das sich in die lange Tradition deutscher Barrierefantasien einreiht. Ihre Protagonisten – die sich gerne als Verteidiger der Demokratie inszenieren – behaupten, mit ihr den Vormarsch des Autoritären zu verhindern. Tatsächlich jedoch erinnert das Konzept frappierend an andere deutsche Schutzwälle, deren Symbolik stets janusköpfig war: Der antifaschistische Schutzwall der DDR beispielsweise sollte offiziell den Kapitalismus draußen halten, in Wahrheit hielt er aber die eigenen Bürger drinnen. Ist die Brandmauer gegen Rechts also ein Bollwerk für die Demokratie – oder eher ein ideologisches Gefängnis für jene, die nicht exakt der vorgegebenen Meinung folgen?

Die paradoxen Parolen der Verteidiger

Die Brandmauer-Fraktion agiert mit einer bemerkenswerten Rhetorik. Einerseits wird jede Berührung mit dem politischen Gegner als tödlich betrachtet – das Anklopfen an der Mauer allein reicht bereits für den Vorwurf des Verrats. Andererseits ist es aber durchaus gestattet, dem rechten Rand Wählerstimmen abzujagen, indem man dessen Themen kopiert, leicht umdeutet und mit moralischem Heiligenschein versieht. Offenbar ist nicht die Idee selbst, sondern allein ihr Urheber das Problem. Wer sich in dieser Logik verirrt, findet sich in einer politischen Geisterbahn wieder, in der die Maßstäbe täglich wechseln, doch die Alarmglocken nie verstummen.

Die Kraft der Exkommunikation

Die große Stärke der Brandmauer liegt nicht in ihrer physischen Existenz, sondern in ihrer symbolischen Wirkung. Sie markiert, wer noch am Tisch der politischen Kultur sitzen darf und wer hinauskomplimentiert wird. Ihr Fundament ist dabei weniger die Verfassung als vielmehr eine Art moralischer Reinheitskult. Parteien oder Personen, die als zu kontaminiert gelten, werden aus dem demokratischen Prozess ausgeschlossen – egal, ob ihre Forderungen möglicherweise berechtigte gesellschaftliche Anliegen betreffen. Das Prinzip dahinter ist die Exkommunikation nach politischen Opportunitätskriterien: Wer sich mit den Falschen gemein macht, wird selbst zu einem der Falschen. Und so wird das Konzept der Demokratie, das eigentlich auf Meinungsvielfalt und Debatte gründet, zu einer Art exklusivem Club, dessen Türsteher sich als Sachwalter des einzig Wahren und Guten verstehen.

Die Ironie des Unbeabsichtigten

Der vielleicht größte Treppenwitz an der deutschen Brandmauer ist ihre unfreiwillige Förderung jener Kräfte, die sie zu bekämpfen vorgibt. Wer politische Konkurrenz nicht argumentativ stellt, sondern ausgrenzt, treibt sie in die Arme der Protestwählerschaft. Und wer allzu oft „Nazi!“ ruft, ohne echte Nazis vor sich zu haben, erzeugt Abstumpfung gegenüber dem tatsächlichen Extremismus. Die deutsche Geschichte hat gezeigt, dass politische Bewegungen selten verschwinden, nur weil man sie ignoriert oder dämonisiert – oft ist das Gegenteil der Fall.

Mauerbau mit Abrissbirne

Die Frage bleibt also: Ist die Brandmauer ein Bollwerk gegen den Autoritarismus oder eine Karikatur ihrer eigenen Absicht? Ist sie ein antifaschistischer Schutzwall oder ein überdimensionaler Maulkorb, getarnt als moralische Notwendigkeit? Vielleicht wäre es ratsam, Mauern nicht nur zu errichten, sondern auch Mechanismen des Abrisses mitzudenken – oder, noch besser, den politischen Diskurs als etwas zu begreifen, das Mauern eigentlich überflüssig machen sollte. Aber das wäre dann ja fast schon eine Demokratie im eigentlichen Sinne. Und mit der hat Deutschland, wie wir wissen, seine ganz eigenen Erfahrungen gemacht.

REARM(E) DICH, WER KANN!

Krieg ist Frieden, Rüstung ist Abrüstung, und Orwell dreht sich im Grab

Manchmal ist Sprache ein zauberhaftes Mittel, um selbst die härtesten Realitäten weichzuspülen, wie ein sanftes Lavendelbad nach einem Tag im Schützengraben. So auch diesmal: Die EU-Kommission hat beschlossen, ihren martialischen „Plan zur Wiederaufrüstung Europas“ („ReArm Europe“) in das wohlklingende „Readiness 2030“ umzubenennen. Denn wir wissen ja alle: Wenn eine Massenmobilisierung nach mehr Waffen, größeren Budgets und stärkerer Militarisierung schreit, dann liegt das eigentliche Problem nicht in den Kanonen, sondern in der Wortwahl. Schließlich ist es ungleich angenehmer, sich auf eine schöne, runde Jahreszahl vorzubereiten als auf eine Schlacht.

Die Brüsseler Nachrichtenagentur des gesunden Menschenverstands, auch EU-Kommission genannt, weiß: Der europäische Bürger ist sensibel. Nicht etwa, wenn es darum geht, Milliarden in die Verteidigungsindustrie zu pumpen, während Krankenhäuser nach Personal betteln oder die Inflation die Renten auffrisst – nein, das würde ja eine gewisse Reflexion und vielleicht sogar Proteste hervorrufen. Viel schlimmer wäre es, wenn sich jemand beleidigt fühlt! Also wird schnell der Namensgenerator angeworfen, und heraus kommt: „Readiness 2030“. Klingt wie ein EU-Förderprogramm für digitale Bildung, ist aber der Plan, wie Europa sich bis zum Ende des Jahrzehnts strategisch für seine Rolle als Bollwerk der Demokratie rüstet – und sei es nur auf dem Papier.

Ein Planspiel mit realen Konsequenzen

Doch was genau bedeutet „Readiness 2030“? Geht es darum, den Bürgern schonend beizubringen, dass Frieden etwas für Nostalgiker ist? Oder darum, eine Generation darauf vorzubereiten, dass ihre berufliche Zukunft nicht im Homeoffice, sondern im Schützengraben liegt? Zum Glück hat die Kommissionssprecherin Paula Pinho bereits klargestellt, dass man nicht nur zuhören, sondern auch in der Kommunikation darauf eingehen werde. Welch ein Glück! Kommunikation ist in der EU schließlich das A und O – besonders, wenn es darum geht, Dinge schönzureden.

Währenddessen beobachten europäische Waffenhersteller die Entwicklungen mit feuchten Augen. Seit Jahren warnen sie davor, dass das Verteidigungsbudget nicht ausreicht, um Europa „sicher“ zu machen – also in einen Zustand zu versetzen, in dem jedes Land mindestens zwei Panzer pro Einwohner sein Eigen nennt. Endlich hat man in Brüssel begriffen, dass das einzig Wahre gegen Unsicherheit ein dickes Arsenal ist. Niemand fühlt sich sicherer als jemand, der ein Haus voller Sprengstoff hat, oder?

Von Empfindlichkeiten und Empfindungslosigkeit

Dass besonders in Spanien und Italien gewisse „Empfindlichkeiten“ gegenüber dem Begriff „Wiederaufrüstung“ bestehen, ist ein nettes Detail, das zwischen all den Nebelkerzen fast untergeht. Was mag der Grund sein? Die Erinnerung an vergangene Diktaturen? Die bittere Erfahrung, dass das Befeuern von Kriegslogik selten zu dauerhaftem Frieden führt? Oder schlicht die banale Tatsache, dass „Wiederaufrüstung“ sich ungemütlich nach den Zeiten anhört, in denen Europas Staaten ihre Bevölkerungen mit patriotischem Furor in den Abgrund schickten?

Doch keine Sorge: Diese Empfindlichkeiten werden respektiert. Man wird niemanden mehr damit behelligen, was hinter „Readiness 2030“ wirklich steckt. Die Aufrüstung passiert so oder so – aber sie kommt in einem weichgewaschenen, PR-getunten Gewand daher, das jedem Anflug von Besorgnis die Spitze nimmt. „Seid bereit!“, ruft die EU. Aber bitte ohne Panik, ohne Protest und vor allem ohne die Illusion, dass es Alternativen gibt.

Das Ende der Unschuld – und das Ende der Illusionen

Vielleicht sollten wir nicht so naiv sein. Vielleicht ist es in einer Welt, in der die Geopolitik sich wie eine dystopische Netflix-Serie entfaltet, nur logisch, dass Europa seine Verteidigung ausbaut. Vielleicht ist „Readiness 2030“ einfach der Name eines unvermeidlichen Kapitels in unserer Geschichte. Aber wäre es nicht ehrlicher, das auch so zu sagen? Wäre es nicht an der Zeit, einmal nicht die Sprachakrobaten ans Mikrofon zu lassen, sondern jene, die den Mut hätten, offen zuzugeben: „Ja, wir rüsten auf. Ja, das kostet. Ja, das ist ein Bruch mit der europäischen Friedensrhetorik der letzten Jahrzehnte“?

Doch stattdessen haben wir „Readiness 2030“. Einen Namen, der sich anhört wie ein Businessplan für eine agile Softwarelösung, und eine Politik, die von der Geschichte nur eines gelernt hat: dass sich schlechte Nachrichten am besten mit Marketing verpacken lassen.

Also, Europa, sei bereit – aber vor allem, sei still.

Warum Diplomatie anscheinend zu langweilig ist

Europa im Jahre 2025. Ein Jahr, in dem man nicht nur Frühkartoffeln früher ernten kann, sondern auch die Rhetorik des drohenden Krieges zeitig blüht. Ursula von der Leyen, ihres Zeichens EU-Kommissionspräsidentin, hat in gewohnt kantigem Technokratendeutsch die Europäer auf die Möglichkeit eines Großkrieges eingeschworen. In fünf Jahren, heißt es, könne es soweit sein. Spätestens. Vielleicht auch früher. Hört man genau hin, stellt man fest: Es ist weniger eine Prognose als eine Einladung zur Panik.

Krieg als selbst erfüllende Prophezeiung

Wer einen Krieg für unausweichlich erklärt, der ebnet ihm den Weg. Sicher, man muss gewappnet sein. Aber muss man ihn deshalb gleich mit Inbrunst herbeireden? Möglicherweise sind es nicht die politischen Realitäten, sondern die hyperventilierenden Statements, die einen Krieg erst plausibel erscheinen lassen. Eine Spirale der Eskalation lebt von der stetigen Wiederholung des Unausweichlichen. Vielleicht ist das der Trick: Je mehr Menschen glauben, dass es passieren muss, desto weniger traut sich jemand, über Alternativen nachzudenken.

Diplomatie? Langweilig!

Dabei gibt es eine andere Perspektive: Wenn man fünf Jahre Zeit hat, um sich auf einen Krieg vorzubereiten, dann hat man auch fünf Jahre Zeit, ihn zu verhindern. Oder ist das schlicht zu unsexy? Es klingt halt nicht so martialisch, wenn man sagt: „Wir setzen uns an den Tisch und reden.“ Helmut Schmidt, der olle Kettenraucher mit dem unerschütterlichen Pragmatismus, wusste: „Lieber 100 Stunden umsonst verhandeln als eine Minute schießen.“ Heute würde man ihm wohl entgegnen: „Aber dann verpassen wir den Moment, wo wir kriegsbereit sein müssen!“

Die ewige Debatte

Für die Kriegstreiber ist das alles ganz einfach: Wer nicht mitzieht, ist naiv. Wer Zweifel äußert, ein Schwächling. Wer von Friedensverhandlungen spricht, ein Putin-Versteher. Dabei geht es gar nicht darum, Appeasement zu betreiben oder sich blauäugig in die Arme eines Aggressors zu werfen. Es geht darum, in diesen fünf Jahren Möglichkeiten auszuloten, anstatt sich nur ein neues Arsenal zuzulegen. Oder ist das Ziel, die Wirtschaft mit noch mehr Rüstungsausgaben anzukurbeln? Ein alter Trick: Angst verkaufen, Rüstung finanzieren, und wenn’s dann doch nicht knallt, wenigstens die Profite kassieren.

Der Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln – oder?

Carl von Clausewitz ist schuld. Zumindest, wenn es um diese fatalistische Haltung geht, die Politik und Krieg als zwei Seiten derselben Medaille sieht. Wenn man erst einmal an diesen Gedanken gewöhnt ist, scheint es geradezu naiv, keinen Krieg zu erwarten. Und doch haben sich viele Großmächte genau damit über lange Zeit hinweg arrangiert: mit der Kunst der Diplomatie, des stillen Aushandelns, der Drohgebärden, die eben nicht in einen heißen Krieg münden.

Heute scheint diese Haltung als antiquiert zu gelten. Politiker, die sich für eine diplomatische Lösung starkmachen, werden als Weichlinge verspottet. Krieg aber ist ein Spiel mit dem Feuer. Und so, wie man keine Streichhölzer an ein Benzinfass hält, sollte man auch nicht leichtfertig mit Kriegsprophezeiungen um sich werfen. Außer natürlich, man hat Aktien in der Rüstungsindustrie. Dann ergibt plötzlich alles Sinn.

Fazit: Krieg verhindern ist nicht feige, sondern klug

In einer Welt, in der selbst ernste Politik oft zum medialen Spektakel verkommt, scheint die simple Wahrheit zu verblassen: Krieg ist kein unvermeidliches Schicksal. Er ist das Ergebnis von Entscheidungen. Und Entscheidungen kann man anders treffen. Statt sich in Untergangsrhetorik zu üben, wäre es vielleicht ratsam, die Zeit für genau das zu nutzen, was angeblich niemand mehr ernst nimmt: Diplomatie. Und wenn das zu langweilig ist, dann vielleicht, weil wir die falschen Politiker haben.

WIR BRAUCHEN KEINE NA(h)TO(d)-ERFAHRUNG

Es war einmal ein Kontinent, der sich nach zwei selbstzerstörerischen Kriegen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts schwor, sich nie wieder in einen blutigen Taumel gegenseitiger Vernichtung zu stürzen. Es war einmal eine Gemeinschaft von Nationen, die sich nicht länger von Imperialismus, Nationalismus und sinnlosem Morden diktieren lassen wollte, wie sie ihr Dasein zu führen habe. Und es war einmal ein Volk – nein, viele Völker –, die überzeugt waren, dass Frieden nicht nur das Fehlen von Krieg, sondern das aktive Bemühen um Verständigung, Kooperation und Diplomatie bedeutet. Doch dann kam die Realität.

Und mit ihr kamen die Rüstungslobbyisten, die Strategen mit ihren Karten und Pfeilen, die Strippenzieher in dunklen Räumen, die Finanzjongleure mit ihren Aktienportfolios voller Kriegsdividenden. Plötzlich war Frieden nicht mehr so modern, nicht mehr so „realistisch“. Die Logik des Militärischen kehrte zurück – als Dauereinrichtung, als Dauerabo, von dem man sich nicht mehr abmelden konnte. Ein Verteidigungsbündnis, das einst zur Abschreckung gedacht war, wurde zu einem Schlächter, der seine eigene Existenz rechtfertigen musste, indem er neue Feinde fand oder schuf. So wurde der Krieg wieder ein probates Mittel der Politik – aber diesmal mit PR-Agenturen, Twitter-Kampagnen und medialer Inszenierung.

II. NATO: Das Bündnis, das sich selbst verteidigt – gegen den Frieden

Und da stehen wir nun. Wir, das europäische Publikum, das in den Theatersaal der Geschichte gezwungen wird, um ein Schauspiel zu erleben, das sich „Verteidigung“ nennt, aber in Wirklichkeit ein schlecht kaschierter Angriff auf jegliche Vernunft ist. Die NATO, dieses „Verteidigungsbündnis“, hat sich längst verselbstständigt. Es definiert sich nicht mehr durch das, wofür es ursprünglich geschaffen wurde – nämlich die Verteidigung –, sondern durch das, was es am besten kann: Expansion, Eskalation, Provokation.

Wer in diesem Spiel nicht mitspielt, wer auch nur andeutet, dass man vielleicht doch besser verhandeln sollte, wird als naiv, als Verräter, als „Putinversteher“ oder sonstige Absurdität diskreditiert. Es ist eine bizarre Umkehrung von Logik und Ethik: Wer für Frieden plädiert, ist verdächtig; wer Waffen fordert, ist realistisch. Diplomatie gilt als Schwäche, Eskalation als Stärke. Wir leben in einer Zeit, in der die Stärksten nicht diejenigen sind, die Konflikte lösen, sondern diejenigen, die sie weiter anheizen, weil sie davon profitieren.

Friedensnobelpreisträger mit Panzerfabrik

Man könnte fast lachen, wenn es nicht so traurig wäre: Die Europäische Union, jener selbsternannte Hort von Demokratie, Freiheit und Menschenrechten, wurde mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet – und investiert seither mit wachsender Begeisterung in Waffenlieferungen und Aufrüstung. Man könnte es Ironie nennen, wäre es nicht vielmehr ein zynischer Treppenwitz der Geschichte. Während europäische Politiker in Sonntagsreden das Hohelied der Verständigung singen, unterschreiben sie montags neue Rüstungsdeals und genehmigen „defensive“ Waffenexporte in Krisengebiete. Es ist, als würde ein Feuerwehrmann stolz verkünden, dass er neue Benzinkanister gekauft hat, um noch besser Brände löschen zu können.

Europa hat sich entschieden – oder wurde entschieden. Man will kein friedensstiftender Faktor mehr sein, sondern ein „ernstzunehmender sicherheitspolitischer Akteur“. Das bedeutet in der Praxis: Mehr Geld für Waffen, mehr Militärbasen, mehr Drohgebärden. Die Wehrpflicht wird diskutiert, Kriegsrhetorik normalisiert. Der Gedanke, dass Europas Sicherheit vielleicht besser durch Diplomatie als durch Panzerbataillone gewahrt wird, ist nicht mehr opportun. Der industrielle Komplex der Rüstungsindustrie dankt es mit steigenden Aktienkursen.

Raus aus der Spirale – ein Plädoyer für echten Frieden

Es wäre so einfach. Man könnte, statt sich weiter in eine Spirale aus Angst, Aggression und Gewalt zu begeben, einfach an einem Strang ziehen und Alternativen suchen. Man könnte aufhören, sich von den Profiteuren des Krieges manipulieren zu lassen. Man könnte endlich ein Europa erschaffen, das seiner eigenen Erzählung gerecht wird: ein Kontinent der Verständigung, nicht der Konfrontation.

Aber dafür müsste man den Mut haben, gegen den Strom zu schwimmen. Den Mut, gegen die Narrative der ewigen Bedrohung aufzustehen. Den Mut, sich nicht länger von den Sirenengesängen der Militaristen einlullen zu lassen. Denn eines ist sicher: Die „NA(h)TO(d)-Erfahrung“, die einige für unausweichlich halten, ist keineswegs eine Naturgewalt. Sie ist eine menschengemachte Katastrophe, die verhindert werden kann – wenn wir uns nicht länger von denen täuschen lassen, die behaupten, Frieden ließe sich nur durch Krieg sichern.

Europa, entrüste dich! Denn nur ein entwaffnetes Europa kann ein friedliches Europa sein.

Wie wir die Welt mit Wunschdenken retten wollen

Es gibt Geschichten, die so schön sind, dass man sie einfach glauben muss. Sie wärmen das Herz, schenken Hoffnung, suggerieren Kontrolle. Die Klimaneutralität bis 2050 ist eine solche Geschichte. Sie wird erzählt von Politikern, die ihre Wiederwahl sichern müssen, von Aktivisten, die sich nach moralischer Überlegenheit sehnen, von Wirtschaftslenkern, die aus der nächsten grünen Subventionsblase Kapital schlagen wollen. Und vom braven Bürger, der zwar nicht genau versteht, was das alles bedeutet, aber immerhin sein Gewissen beruhigen kann, indem er für zehn Euro im Monat CO2-Zertifikate kauft und sein Steak durch einen Erbsenproteinriegel ersetzt.

Das Problem ist nur: Diese Geschichte hat nichts mit der Realität zu tun. Wer mit Ingenieuren, Physikern oder Energiewirtschaftlern spricht – Menschen, die sich tagtäglich mit den physikalischen, technischen und wirtschaftlichen Realitäten der Energieerzeugung auseinandersetzen –, der hört einen ganz anderen Ton. Einer dieser Stimmen gehört Lino Guzzella, Maschinenbauingenieur und ehemaliger Präsident der ETH Zürich. Sein Fazit? Kurz und bitter: Die Klimaziele sind nicht erreichbar.

Warum das Weltklima sich nicht für europäische Tugendpolitik interessiert

Die Welt ist nicht Europa. Eine schlichte Feststellung, die in den klimabewegten Zirkeln der westlichen Hemisphäre aber nur ungern gehört wird. Während hierzulande über Plastikstrohhalme, Verbote von Verbrennungsmotoren und individuelle Verzichtsleistungen diskutiert wird, steigen in China, Indien und Afrika die Emissionen unaufhaltsam. Der Energiehunger der Welt wächst – und zwar rapide. Bis 2050 werden zehn Milliarden Menschen Energie benötigen, nicht weniger. Und diese Energie wird, nach allem, was die real existierende Infrastruktur und die globalen Marktmechanismen nahelegen, zu einem überwältigenden Teil weiterhin aus fossilen Quellen kommen.

Man könnte sich nun in moralischer Entrüstung üben und den Chinesen und Indern vorschreiben wollen, sie mögen doch bitte gefälligst sofort ihre Kohlekraftwerke abschalten. Man könnte Sanktionen androhen, UN-Resolutionen verabschieden, Weltklimakonferenzen mit dramatischen Appellen spicken. Nur interessiert das niemanden. Die Weltwirtschaft funktioniert nicht nach der moralischen Empörung deutscher Talkshows. Sie funktioniert nach Angebot und Nachfrage, nach Kosten und Nutzen, nach physikalischen Gesetzen. Und diese sagen uns unmissverständlich: Erneuerbare Energien sind weder in der Lage, den aktuellen globalen Energiebedarf zu decken, noch haben sie eine realistische Chance, dies bis 2050 zu tun.

Warum Windräder und Solarpaneele keine Wunder vollbringen

Es ist ein bemerkenswerter Widerspruch: Während sich die Weltöffentlichkeit in grenzenlose Begeisterung über erneuerbare Energien hineinsteigert, explodiert gleichzeitig der Bedarf an fossilen Brennstoffen. Warum? Weil Windräder und Solarpaneele physikalischen Grenzen unterliegen. Sie liefern Energie – aber eben nicht zuverlässig, nicht steuerbar, nicht immer dort, wo sie gebraucht wird. Die berühmte Dunkelflaute – also jene traurigen Momente, in denen weder Sonne noch Wind die Netze speisen – ist keine Petitesse, sondern eine fundamentale Systemschwäche. Und die Speichertechnologien? Sie existieren in der Theorie, nicht aber in einem Maßstab, der es erlauben würde, ganze Volkswirtschaften stabil zu versorgen.

Die oft gepriesene Elektromobilität ist ein weiteres Beispiel für Wunschdenken in Reinkultur. Elektroautos sind nur dann klimaneutral, wenn der Strom, den sie laden, ebenfalls klimaneutral erzeugt wird. Da dies nicht der Fall ist, bleibt die CO2-Bilanz bestenfalls neutral, in vielen Fällen sogar schlechter als die eines modernen Dieselmotors. Aber das interessiert niemanden, weil die Symbolik des „grünen Autos“ viel zu schön ist, um hinterfragt zu werden.

Wer die Welt retten will, muss erst einmal die Realität akzeptieren

Natürlich gibt es sinnvolle Maßnahmen zur Reduzierung von Emissionen. Effizienzsteigerung, intelligente Stromnetze, eine realistische Neubewertung der Kernenergie – all das wären sinnvolle Schritte. Doch statt sich pragmatisch mit diesen Möglichkeiten auseinanderzusetzen, bleibt die Klimapolitik eine von Ideologie getriebene Glaubensbewegung.

Das führt zu grotesken politischen Fehlentscheidungen. Deutschland steigt aus der Kernkraft aus – eine der wenigen Technologien, die tatsächlich emissionsfreie Grundlast liefern kann – und ersetzt sie durch Kohlekraftwerke und teure Importe aus dem Ausland. Gleichzeitig subventioniert man Windräder in einer Region, in der es keine Hochspannungsleitungen gibt, um den Strom abzutransportieren. Und als Krönung des Irrsinns müssen moderne Gaskraftwerke stillgelegt werden, um die Emissionsziele auf dem Papier zu erfüllen – während man dann aber Kohle aus Kolumbien importiert, um die Lücke zu schließen.

Man kann all das als naiven Idealismus abtun. Oder als gigantische Realitätsverweigerung. Fakt ist: Die Klimaziele, wie sie heute formuliert werden, sind nicht erreichbar. Nicht mit den bestehenden Technologien, nicht mit den bestehenden politischen Konzepten, nicht mit der bestehenden globalen Wirtschaftsdynamik.

Wer wirklich etwas ändern will, muss aufhören, Märchen zu erzählen. Und anfangen, sich mit der Welt zu beschäftigen, wie sie ist – nicht, wie man sie gerne hätte.

Der Feiertag als Sicherheitsrisiko

Feiertage, diese altmodischen Anachronismen, sind zweifellos ein Relikt aus einer Zeit, in der Menschen glaubten, Muße sei ein Wert an sich. Wie falsch sie lagen! Ein Tag ohne Arbeit ist ein Tag ohne Produktivität, ein Tag ohne Mehrwertsteuer, ein Tag, an dem das Vaterland vergeblich auf seine wohlverdienten Steuereinnahmen wartet. Und all das, während die Bedrohungslage so alarmierend ist, dass man sich fast fragen muss, ob man in einer ununterbrochenen Simulation des Krisenmodus lebt.

Die Dänen haben es vorgemacht: Ein Feiertag gestrichen, um die Rüstungsausgaben zu steigern. Welch ein Akt der Erleuchtung! Der Direktor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, Guntram Wolff, hat mit kühler Pragmatik festgestellt, dass ein Feiertag allein nicht genügt – zwei müssten es schon sein. 21,5 Milliarden Euro würden so zusammenkommen. Geld, das man besser in Panzer, Drohnen und Abwehrraketen steckt, als in das fragile seelische Gleichgewicht der Bürger.

Produktivität statt Besinnlichkeit

Die bisherige Argumentation für Feiertage war stets dieselbe: Eine Gesellschaft brauche Pausen. Familien müssten Zeit füreinander haben. Menschen hätten ein Recht auf Entspannung. Doch was hat uns das gebracht? Verdauungskoma nach Weihnachtsbraten, Massenandrang auf Skipisten und eine kollektive Sinnkrise zwischen den Jahren.

Der moderne, kriegstüchtige Staat hingegen weiß: Wer sich erholen kann, kann auch mehr leisten. Und wer mehr leisten kann, kann auch mehr zum Verteidigungsetat beitragen. Jedes Stück Kuchen, das an einem Feiertag nicht gegessen wird, ist ein Projektil, das nicht finanziert wurde. Jedes Osterfeuer, das nicht lodert, ist eine Energiemenge, die besser in die Waffenproduktion fließen könnte.

Weihnachten an der Front?

Doch warum sich mit der bloßen Streichung von Feiertagen zufriedengeben? Ein wirklich wehrhaftes Land könnte seine Feste direkt in die Truppenübungsplätze verlegen. Bundeswehrsoldaten könnten an Heiligabend in den Schützengräben Weihnachtslieder singen, natürlich unter scharfer Bewachung, damit keine ineffiziente Fröhlichkeit aufkommt. Ostereiersuchen im Schützenpanzer wäre nicht nur ein ökonomisch sinnvolles, sondern auch ein sicherheitspolitisch wertvolles Konzept.

Abschied von der Freizeit

Doch warum eigentlich nur die Feiertage? In einer Zeit, in der Bedrohung allgegenwärtig ist, sollte sich der gesamte Alltag der Wehrhaftigkeit unterordnen. 40-Stunden-Woche? Pure Verschwendung. Wer seinen Beitrag zur nationalen Sicherheit leisten will, kann auch 60 Stunden arbeiten. Urlaub? Eine nostalgische Vorstellung aus friedlichen Zeiten. Wer den Ernst der Lage begreift, wird ohnehin aufhören, sich nach den Stränden Mallorcas zu sehnen.

Ein Hoch auf die Aufopferung!

Die Zukunft ist klar: Wer Sicherheit will, muss Opfer bringen. Der verzichtete Feiertag ist erst der Anfang. Die wahre Kriegsbereitschaft zeigt sich, wenn wir ohne zu zögern unsere Freizeit, unsere Kultur und unser Seelenheil für die Wehrhaftigkeit der Nation hingeben. Was zählt schon ein bisschen weniger Lebensqualität, wenn dafür die Möglichkeit steigt, an der Front die Freiheit zu verteidigen?

Also, auf die Waffen statt auf die Waffeln! Der Ernst der Lage duldet keine Sentimentalität. Arbeit macht kriegstüchtig – und das ist genau das, was wir brauchen!

Diese unerträgliche Kriegshysterie

Manche wünschen sich den Krieg offenbar regelrecht herbei

Die Nachrichtenlandschaft ist mittlerweile eine groteske Parade der Angstmacherei, eine sich selbst verstärkende Echokammer der Panik. Wo man hinschaut: besorgte Experten, drohende Schlagzeilen, Weltuntergangsprophezeiungen. Kaum eine Talkshow, die nicht in unheilvoller Stimmlage den Krieg als fast schon unvermeidliche Gewissheit behandelt. Es ist, als ob viele in Politik und Medien eine seltsame Lust daran verspürten, das Schreckgespenst des Krieges heraufzubeschwören, als sei es ein natürliches, geradezu willkommenes Ereignis, das wir stoisch hinnehmen müssen. Man fragt sich: Wollen manche diesen Krieg etwa? Oder liegt ihnen schlichtweg nichts an diplomatischen Lösungen, weil Eskalation einfach interessantere Schlagzeilen produziert? Denn ein Krieg, so brutal er auch sein möge, wäre zumindest ein Ereignis. Und Ereignisse verkaufen sich gut.

Die Lust am Alarmismus

Die Mechanismen sind immer die gleichen: Zuerst wird ein mögliches Szenario in die Welt gesetzt. „Was wäre, wenn…?“ Kaum ausgesprochen, wird aus dem Hypothetischen ein zunehmend konkretes Szenario. „Es gibt Hinweise, dass…“ Spätestens wenn ein paar selbsternannte Experten dieses Szenario in Talkshows durchdiskutieren, ist es in der Realität angekommen. Die Politik beginnt zu reagieren, verteidigungspolitische Maßnahmen werden ergriffen, natürlich nur „vorsorglich“. Doch Vorsorge sieht in Zeiten der medialen Dauerhysterie verdächtig nach Eskalation aus. Und so wird aus der Warnung vor einer möglichen Entwicklung eine selbsterfüllende Prophezeiung.

Der selbstzerstörerische Automatismus

Es ist ein perfider Mechanismus: Je mehr über eine Eskalation geredet wird, desto wahrscheinlicher wird sie. Kein Akteur will naiv erscheinen, keiner sich den Vorwurf gefallen lassen, eine Bedrohung nicht ernst zu nehmen. Also wird aufgerüstet, rhetorisch wie real. Der Gegner registriert das natürlich und sieht sich seinerseits genötigt zu reagieren. Am Ende steht ein System der wechselseitigen Absicherung, das niemand mehr durchbrechen kann, weil jeder Angst davor hat, dass ein Zeichen der Entspannung als Schwäche missinterpretiert wird. So rennen wir blindlings in eine Eskalation, die noch vor wenigen Jahren undenkbar schien, aber nun als alternativlos erscheint. Eine Art kollektive Zwangshandlung, die sich mit der Eigendynamik eines Lawinenabgangs entfaltet.

Wer hat eigentlich etwas davon?

Man muss sich fragen: Wem nützt diese ständige Eskalation? Sicherlich nicht der Bevölkerung, die immer mehr Angst haben muss. Nicht den diplomatischen Bemühungen, die durch den Dauerlärm von Kriegsrhetorik regelrecht erstickt werden. Nicht der ökonomischen Stabilität, die durch die Unsicherheit leidet. Aber es gibt Profiteure. Die Rüstungsindustrie zum Beispiel, die sich über volle Auftragsbücher freut. Politiker, die ihre eigene Bedeutung steigern, indem sie sich als krisenfeste Anführer inszenieren. Und natürlich die Medien, die an der Angst verdienen wie ein Drogenhändler an der Sucht. Man mag es zynisch nennen, aber ein gewisses Interesse an Dauerkrisen lässt sich nicht leugnen.

Was wir stattdessen brauchen

Was wäre, wenn wir dieser Dynamik einmal bewusst entgegensteuerten? Wenn wir aus dem Hamsterrad der Eskalation ausbrechen würden? Weniger Panikmache, mehr Nüchternheit. Weniger Kriegsrhetorik, mehr diplomatische Fantasie. Weniger „Was wäre, wenn…?“ und mehr „Was können wir tun, um…?“ Vielleicht wäre das naiv. Vielleicht aber wäre es einfach nur vernünftig. Und Vernunft ist, so scheint es, in diesen Zeiten eine erstaunlich radikale Forderung.

Elon Musk und der Mythos der Empathie

Es gibt sie, diese Menschen, die das Leben auf ihre Weise leben. Sie gehen ihren Weg, egal, ob es der Mainstream ist oder nicht, und wenn sie Fehler machen, dann mit einer so bemerkenswerten Überzeugung, dass es fast schon wieder Bewunderung verdient. Einer dieser Menschen ist Elon Musk. Der Mann, der das Raumfahrtunternehmen SpaceX mit einer solchen Frechheit vorangetrieben hat, dass es fast schon anmaßend ist. Der Mensch, der mit Tesla die Automobilindustrie auf den Kopf gestellt hat, als er noch als Exzentriker und Nerd galt. Und ja, dieser Mann hat die Absicht, uns alle auf Mars zu schicken – und vielleicht auch die Deutschen dazu zu bewegen, ihre eigenen Pendlerautos zu kaufen. Doch nicht nur das: Musk riskiert mit allem, was er tut, viel. Und das könnte die wahre Ursache für die riesige Aversion gegen ihn sein.

Eine Bedrohung für das moralische Weltbild

Elon Musk ist nicht nur ein Technologiemogul, er ist vor allem eines: ein Mann, der es sich leisten kann, auf die Meinung der Welt zu scheißen. Wo andere sich zähneknirschend den drängenden Erwartungen des politischen Mainstreams beugen, da schaut Musk, den hippen weißen Hoodie in den Rücken gedrückt, nach oben, lächelt und dreht sich dann zur nächsten revolutionären Idee. Ein Mann, der sich den Luxus gönnt, nicht jede politische Kröte zu schlucken, die ihm von der gesellschaftlichen Mehrheit oder von einem ganzen Spektrum ideologisch motivierter Kritiker serviert wird. Er versteht es, das Spiel mit einem derartig selbstsicheren „Ich-weiß-es-besser“-Blick zu spielen, dass es den politischen und gesellschaftlichen Eliten Angst machen muss. Was würde denn passieren, wenn sich jeder nur noch nach eigenen Regeln verhalten würde? Ja, das könnte zu einer Bedrohung für die Demokratie werden – zumindest für die Demokratie, die darauf angewiesen ist, dass jeder in das gleiche, moralische Korsett gezwängt wird. Aber nicht jeder Mensch, der sich seine eigene Freiheit leisten kann, wird zur Gefahr für die Demokratie. Manchmal ist er auch nur ein Symbol dafür, wie fragil und eng das, was wir als „die richtige Moral“ betrachten, tatsächlich ist.

Ein Blick auf die linke Hypokratie

Kommen wir nun zu einem weiteren Aspekt, der für viele zu einem Stachel in der Haut geworden ist. Musk hatte die Chuzpe, die größte Schwäche der westlichen Welt zu benennen: Empathie. Nun könnte man erwarten, dass dies ein Kampfbegriff aus der rechtspopulistischen Rhetorik ist, ein Schlag gegen die „Gutmenschen“, die nichts lieber tun, als sich auf der moralischen Überhöhung ihrer „humanitären Hilfe“ zu sonnen. Doch was Musk anspricht, ist viel tiefgreifender. Er spricht nicht von echter Empathie, sondern von jener Pseudo-Empathie, die in unserer westlichen Gesellschaft vorherrscht – jener Empathie, die nicht aus einem echten Verständnis für das Leid eines anderen resultiert, sondern eher ein Reflex ist, um den eigenen moralischen Status zu polieren. Diese Pseudo-Empathie führt zu einer grotesken Mischung aus politischer Korrektheit und sozialer Selbstzerstörung.

Betrachten wir Europa, insbesondere Deutschland, als Paradebeispiel für diese Form der „moralischen Selbstgefälligkeit“. In einem verzweifelten Versuch, „humanitäre Verantwortung“ zu übernehmen, haben wir uns darauf eingelassen, unser eigenes System zu destabilisieren – indem wir eine Asylpolitik verfolgen, die auf einer toxischen Mischung aus Schuld und Empathie basiert. Wir tun so, als hätten wir das moralische Recht, die Welt zu retten, während wir in Wahrheit blind den Weg der Selbstzerstörung gehen. Musks Kritik an dieser „Empathie“ könnte nicht treffender sein: Wir zerstören uns selbst, indem wir zu viel Empathie zeigen – aber nicht für die Menschen, die uns täglich umgeben, sondern für Menschen, die nie wirklich unsere Werte verstehen oder übernehmen wollen. Eine solche Haltung mag edel erscheinen, doch sie ist gefährlich. Sie ist die Mutter vieler Krisen und die Ursache für die Entfremdung von der eigenen Kultur und Identität.

Ein falsches Streben nach Selbstaufopferung

Die westliche Welt steckt in einer existenziellen Krise – einer Krise, die nicht nur durch die zunehmende Unsicherheit in politischen Systemen und die Zersplitterung der Gesellschaft begünstigt wird, sondern auch durch die eigene Verzweiflung, den moralischen Hochmut zu überwinden. Und dieser Hochmut besteht nicht in einer wahren Anerkennung des Leidens der Welt, sondern in einer moralischen Überlegenheit, die uns zwingt, gegen unsere eigenen Interessen zu handeln. Musk spricht von einer Gefahr, die sich wie ein unsichtbarer Nebel über unsere Gesellschaft legt: die Gefahr, sich selbst so weit zu verlieren, dass man letztlich keinen Unterschied mehr zu denen macht, die alles, was wir je aufgebaut haben, abzulehnen scheinen.

Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit – und nicht unbedingt gegen den Kapitalismus, sondern gegen das Versagen unserer eigenen moralischen Orientierung. Der Traum von einer „besseren Welt“ führt uns dazu, uns selbst zu opfern, unsere Ressourcen zu verschwenden und die Zukunft unserer Kinder auf dem Altar der Empathie zu opfern.

Musk als Rettungsanker oder Sündenbock?

Wenn man es ganz pragmatisch betrachtet, ist Elon Musk in vielerlei Hinsicht ein Retter der westlichen Welt. Nicht, weil er Lösungen für all unsere moralischen Dilemmata hat, sondern weil er den Mut hat, die Realität zu benennen – und zwar in einer Weise, die viele von uns nur im Geheimen denken, aber öffentlich niemand auszusprechen wagt. Ob Musk jedoch wirklich als Retter angesehen wird, ist fraglich. Sicherlich, er könnte noch viel erreichen, und vielleicht wird er irgendwann das Weltbild verändern, aber auf diesem Weg wird er mehr Feinde finden, als er Freunde hat.

Vielleicht wird Musk tatsächlich der Wegweiser für eine Welt, in der wir uns wieder auf das Wesentliche besinnen und weniger in Pseudo-Empathie und Wohlfühlpolitik versinken. Oder aber er wird der Sündenbock bleiben, auf dem alle Schuld der westlichen Welt abgeladen wird – ein sehr praktisches Ziel, das auch die Kritiker von Musk nicht mehr loswerden werden. Eines ist jedoch sicher: Elon Musk weiß genau, was er tut. Und das macht ihn gefährlich für alle, die das System bewahren wollen.

Die unsichtbaren Fäden der Macht

Es war einmal ein Land namens Deutschland, bekannt für seine Dichter, Denker und natürlich für seine akribische Bürokratie. In diesem Land gab es eine Praxis, die so alltäglich war wie das tägliche Brot: die Ausgabe von Staatsanleihen. Diese Anleihen wurden von verschiedenen Investoren erworben, darunter auch von einem gewissen Unternehmen namens BlackRock. Nun mag man sich fragen: Was hat BlackRock davon, dem deutschen Staat Geld zu leihen? Die offensichtliche Antwort lautet: Zinsen. Bei einer Summe von 700 Milliarden Euro über einen Zeitraum von zehn Jahren kommt da schon ein hübsches Sümmchen zusammen. Und das bei minimalem Risiko.

Der wahre Gewinn: Einfluss und Macht

Doch der wahre Clou liegt nicht in den Zinsen, sondern im Einfluss. Mit solch enormen Investitionen wird BlackRock zu einem bedeutenden Gläubiger des Staates. Das Unternehmen sitzt zwar nicht im Bundestag, aber es verfügt über andere Mittel, um seine Interessen durchzusetzen. Lobbyisten und marktfreundliche Politik sind da nur die Spitze des Eisbergs. Man könnte sagen, BlackRock hält die Fäden in der Hand, während die Marionetten tanzen.

Friedrich Merz: Vom Politiker zum Aufsichtsratsvorsitzenden

Ein besonders interessantes Kapitel in dieser Geschichte ist die Karriere von Friedrich Merz. Der ehemalige CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende zog sich 2009 aus der aktiven Politik zurück und wechselte in die Wirtschaft. 2016 wurde er Aufsichtsratsvorsitzender der deutschen Tochtergesellschaft von BlackRock

FAZ.NET. In dieser Funktion sollte er nicht nur die Aufsicht führen, sondern auch die Beziehungen zu wichtigen Kunden, Regulierern und Behörden in Deutschland fördern. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Politische Ambitionen und wirtschaftliche Verbindungen

Doch damit nicht genug. Ende 2018 kandidierte Merz für den CDU-Parteivorsitz, unterlag jedoch knapp Annegret Kramp-Karrenbauer

DER SPIEGEL | Online-Nachrichten. Während seiner Kandidatur ruhte er seine Tätigkeit bei BlackRock, nahm sie jedoch nach der Niederlage wieder auf. Diese Doppelrolle warf Fragen auf, insbesondere angesichts der Tatsache, dass BlackRock in zahlreiche deutsche Unternehmen investiert ist und somit erheblichen Einfluss auf die Wirtschaft ausübt.

Treffen mit Spitzenpolitikern: Ein Schelm, wer Böses denkt

In seiner Rolle bei BlackRock traf Merz mehrfach hochrangige Politiker. So kam es zu Gesprächen mit dem damaligen Außenminister Sigmar Gabriel und Finanzminister Olaf Scholz

DIE WELT. Offiziell ging es um Finanzmarktfragen. Doch man darf spekulieren, ob nicht auch andere Themen besprochen wurden. Schließlich ist es immer gut, Freunde in hohen Positionen zu haben.

BlackRock: Der unsichtbare Riese

BlackRock ist der größte Vermögensverwalter der Welt und hält Anteile an zahlreichen deutschen Unternehmen. Mit einem verwalteten Vermögen von 10,7 Billionen Dollar übertrifft das Unternehmen die Wirtschaftsleistung vieler Länder

DIE WELT. Dieser immense Einfluss bleibt oft im Verborgenen, doch die Auswirkungen auf Wirtschaft und Politik sind enorm.

Fazit: Eine Frage der Transparenz

Die Verflechtungen zwischen Politik und Wirtschaft sind komplex und oft undurchsichtig. Der Fall von Friedrich Merz und BlackRock zeigt, wie eng diese beiden Bereiche miteinander verbunden sein können. Es stellt sich die Frage, wie viel Einfluss Unternehmen auf politische Entscheidungen haben sollten und wie transparent solche Verbindungen sein müssen. Letztlich liegt es an der Gesellschaft, wachsam zu bleiben und kritisch zu hinterfragen, wer die Fäden in der Hand hält.

Schlussgedanke: Ein Augenzwinkern in Richtung Zukunft

Während wir uns über die Macht großer Unternehmen und ihre Verbindungen zur Politik wundern, sollten wir nicht vergessen, dass wir als Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit haben, Veränderungen zu fordern. Mit einem Augenzwinkern sei gesagt: Vielleicht sollten wir alle ein wenig mehr darauf achten, wer in den Hinterzimmern die Strippen zieht.

Die Revolution wird nicht getweetet

Früher waren Revolutionäre noch echte Haudegen. Sie standen auf Barrikaden, riskierten Gefängnis, manchmal ihr Leben. Heute? Heute ist die Barrikade eine Kommentarspalte und der größte Feind der Aktivisten ist der Algorithmus, der die eigene Wut nicht genug pusht. Die moderne „Revolution“ findet in klimatisierten Wohnräumen statt, mit Laptop auf dem Schoß, Kaffee in der einen Hand, Smartphone in der anderen.

Der Bundestag hat also wieder eine Unverschämtheit durchgeboxt. Menschen sind entsetzt – online. „Unfassbar!“, „Wir müssen aufstehen!“, „Das lassen wir uns nicht gefallen!“ … schreiben sie, bevor sie auf „Senden“ klicken und sich entspannt zurücklehnen. Irgendwo auf dem Server von Twitter (Verzeihung, X – Gott bewahre, dass wir einen Musk’schen Markennamen falsch aussprechen) verrottet der empörte Post, gelesen von drei Gleichgesinnten, die ihn liken und weiterziehen.

Wenn Widerstand keine Blasen verlässt

Wir leben in einer Welt, in der Menschen glauben, dass politische Macht durch Retweets gebrochen wird. Dass sich ein Ministerium für einen Wut-Thread interessiert. Dass ein Hashtag die Verhältnisse stürzt.

Das politische Establishment lehnt sich derweil entspannt zurück und genießt das Schauspiel. „Lass sie twittern“, denkt sich der Abgeordnete, während er seine nächste Diätenerhöhung plant. „Lass sie toben – solange sie nicht vor meiner Tür stehen.“ Denn wahre Veränderung kam nie aus der Kommentarspalte.

Aber genau das ist der Trick: Gib den Leuten das Gefühl, dabei zu sein, ohne dass sie wirklich etwas tun. Gib ihnen eine Plattform, auf der sie schimpfen können, ohne unbequem zu werden. Lass sie sich moralisch überlegen fühlen, während sie auf dem Sofa versacken.

Straßenprotest? Viel zu anstrengend!

Heute waren also Kundgebungen. Der Bundestag wurde von einigen wenigen Menschen umringt, die wirklich noch glauben, dass Druck auf der Straße funktioniert. Und was machen die anderen 99,9 %? Sie „unterstützen“ – aber passiv. Sie retweeten, sie posten ein Instagram-Story-Bild von der Demo, mit einem kämpferischen Emoji, aber sie bleiben selbst zu Hause.

Klar, es gibt ja auch wichtigere Dinge zu tun! Der neue Netflix-Hit wartet, die Playstation rief, und wer hat schon Lust, bei schlechtem Wetter auf die Straße zu gehen, wenn man auch von der Couch aus „Solidarität zeigen“ kann?

Die Politik lacht – mit Recht

Die politische Klasse beobachtet das Ganze amüsiert. Ein Protest ohne Teilnehmer ist ein Witz. Eine Revolution ohne Widerstand ist ein Geschenk. Und wenn es brenzlig wird, wenn doch mal 50.000 Menschen auf der Straße stehen? Dann startet man eine PR-Offensive, lädt ein paar Vertreter in Talkshows ein, schüttelt verständnisvoll den Kopf und macht am nächsten Tag trotzdem, was man will.

Denn was will das Volk tun? Wieder empört twittern? Noch ein Hashtag starten? Vielleicht eine Online-Petition unterschreiben, damit man sich so richtig aktiv fühlt?

Die Wahrheit ist bitter: Die Leute wollen keinen echten Wandel, sie wollen sich nur so fühlen, als wären sie Teil davon. Doch solange Protest nicht über das Display hinausgeht, bleibt alles, wie es ist – und die Mächtigen reiben sich die Hände.

Ein Fazit für die Hashtag-Krieger

Wirklicher Protest bedeutet Risiko. Unbequemlichkeit. Eine verpasste Netflix-Folge. Kalte Füße auf einer echten Demonstration, nicht nur warme Empörung am Touchscreen.

Also, liebe digitale Empörten, die ihr glaubt, dass euer Wut-Post die Welt verändert: Die Wahrheit ist, er tut es nicht. Und während ihr glaubt, die Politik zum Zittern zu bringen, lacht sie nur über euch.

Widerstand ist kein Tweet. Und wenn ihr das nicht begreift, dann bleibt ihr genau da, wo sie euch haben wollen – in eurer gemütlichen, nutzlosen digitalen Blase.