Von der Trikolore zum Gebetsteppich

République en prière – Wie man ein Land langsam entkernt

Es war einmal ein Land, das nannte sich selbst stolz „laïque“. So stolz, dass es den Begriff der Laizität geradezu exportierte, wie andere Länder Wein, Düfte oder schicke Revolutionsmodelle exportieren. Frankreich war die Wiege der Säkularität, der republikanischen Vernunft, der Entkoppelung von Kirche und Staat – ein Land, das, um es mit den Worten seiner Universalisten zu sagen, Gott am liebsten in der Garderobe abgegeben hätte, zusammen mit dem nassen Mantel der Vorzeit.

Doch die Zeiten ändern sich. Heute schließt man in Frankreich lieber den Hörsaalflur, um dort Teppiche auszulegen. Der Korridor als Kaaba-Ersatz, die Universität als Notmoschee. Das ist nicht etwa eine Szene aus einem dystopischen Roman, den Houellebecq mal eben zwischen Rotwein und Melancholie hingeschrieben hätte – nein, es ist Realität. Frankreich 2025. Die Republik auf Knien. Wortwörtlich.

Man könnte nun lange darüber diskutieren, ob das ein Zeichen der Offenheit ist, der Multikulturalität, der berühmten französischen „tolérance“. Doch dann müsste man auch darüber sprechen, warum sich diese Toleranz stets als Einbahnstraße entpuppt. Der Islam marschiert voran. Und der laizistische Staat? Der hält ihm die Tür auf, rollt den Teppich aus und bietet noch einen Pfefferminztee an.

Der große Verzicht – Frankreich schafft sich ab, aber mit Stil

Es wäre ja fast lustig, wenn es nicht so tragisch wäre: Da überbietet sich der französische Staat seit Jahrzehnten selbst im Schrumpfen seiner Autorität. Aus der Trennung von Kirche und Staat wurde ein Rückzug des Staates aus der Gesellschaft. Die Kirchen leer, die Moscheen voll – so sieht der Fortschritt aus, wenn man ihn durch die falsche Brille betrachtet.

Die Politiker in Paris – oder besser: in ihren gesicherten Vierteln, wo der Gebetsteppich höchstens als Designobjekt im Concept Store auftaucht – sind inzwischen in einer Art metaphysischer Abwrackprämie unterwegs: Alles, was Frankreich einmal ausmachte, wird entsorgt, in hübsch verpackten Diskursen über Diversität, Inklusion und Postkolonialismus. Wer das kritisiert, ist wahlweise „islamophob“, „reaktionär“ oder gleich ein potenzieller Fall für den Verfassungsschutz.

Es ist der große Verzicht: auf das eigene Erbe, auf die republikanischen Prinzipien, auf die Idee, dass der öffentliche Raum neutral sein sollte – nicht christlich, nicht muslimisch, sondern eben republikanisch. Doch das ist den französischen Eliten längst zu altmodisch geworden. Neutralität ist langweilig, Streit ist unangenehm, und Verteidigung der eigenen Werte gilt als Faschismus mit Handschuhen. Also lieber gleich kapitulieren – das ist einfacher.

Von der Université zur Ummah – Der neue Bildungsauftrag

Es gibt in Frankreich heute Universitäten, in denen Philosophievorlesungen abgesagt werden, weil sich Studenten über „islamophobe Inhalte“ beschweren. Voltaire? Rassist. Sartre? Islamfeindlich. Rousseau? Vermutlich auch nicht halal. Stattdessen organisieren sich auf dem Campus studentische Gruppen, die eher an Religionsgemeinschaften erinnern als an kritische Diskurszirkel. Debatte war gestern. Heute ist es wichtiger, zu wissen, in welche Richtung gebetet wird als in welche Richtung das Denken gehen könnte.

Die Université wird zur Ummah. Das ist natürlich überspitzt – aber Übertreibung war schon immer die Schwester der Wahrheit, zumindest in der Satire. Und Frankreich ist leider längst selbst zur Groteske geworden. Der Citoyen verneigt sich nicht mehr vor der Republik, sondern schaut, ob die Gebetsrichtung korrekt ist. Die Freiheit? Wird gefiltert durch die Angst, jemand könnte beleidigt sein. Gleichheit? Gibt es nur noch unter dem Schleier des Schweigens. Brüderlichkeit? Nur, wenn sie nicht mit Blasphemie verwechselt wird.

Warum die herrschenden Kreise mehr Islamisierung wollen – ein zynisches Gedankenexperiment

Die große Frage bleibt: Warum reicht es den Eliten noch nicht? Warum immer weiter in Richtung einer Gesellschaft, die von Parallelstrukturen durchzogen ist, in der Rechtsstaat und Religion auf Kollisionskurs sind?

Eine mögliche Antwort – und sie ist so bitter wie plausibel – lautet: Weil es für die herrschenden Kreise bequemer ist, mit religiösen Führern zu verhandeln als mit aufgeklärten Bürgern. Der fromme Muslim, der sich an den Imam wendet, stellt keine politischen Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit oder Umverteilung. Er fragt nicht nach Steuerflucht, nach Korruption, nach Vetternwirtschaft in den Eliten. Er will seinen Gebetsraum, seinen halal-Markt, seine religiösen Feiertage. Das ist für die Oligarchie leichter zu handhaben als ein selbstbewusster, kritischer Citoyen, der das System in Frage stellt.

Mit anderen Worten: Der fromme Untertan ist der bessere Bürger, zumindest aus Sicht der Macht. Er lenkt sich selbst ab, hält sich selbst in Schach, und wenn er unzufrieden ist, betet er eben mehr. Ein Volk auf den Knien protestiert nicht.

Frankreich im Endspiel – Das große Schweigen der Intellektuellen

Wo bleibt eigentlich die große intellektuelle Offensive gegen diesen Selbstmord auf Raten? Wo sind die Denker, die Schriftsteller, die Philosophen, die sonst jedes Unrecht wortgewaltig beklagen? Sie sind merkwürdig still. Vielleicht, weil sie wissen, dass das nächste Shitstorm-Fatwaschreiben schneller kommt als der literarische Preis. Vielleicht, weil sie Angst haben, nicht mehr eingeladen zu werden – weder zum Ramadan-Fastenbrechen noch zum Empfang im Élysée.

Es ist ein Schweigen, das laut ist. Ein Schweigen, das den kulturellen Selbstmord begleitet wie die sanften Klänge eines Muezzinrufs über den Dächern von Marseille oder Roubaix.

Man darf es ja nicht falsch verstehen: Es geht nicht um Muslime, sondern um einen Staat, der den eigenen Rückzug als Fortschritt verkauft. Der eigene Werte verramscht, aus Angst vor dem nächsten Eklat. Der lieber den Korridor sperrt, als den Konflikt zu riskieren.

Die letzte Pointe – und sie ist bitter

Frankreich, das Land der Revolution, der Aufklärung, der laizistischen Prinzipien, ist heute ein Staat, der vor seinem eigenen Schatten Angst hat. Es ist, als ob man einem Patienten, der an innerer Blutung leidet, immer wieder die Lippen schminkt, damit er frischer aussieht.

Man könnte lachen – wenn es nicht so traurig wäre. Aber wer lacht, lebt bekanntlich länger. Und in einem Land, das sich selbst aufgibt, muss man wenigstens den Galgenhumor behalten. Schließlich ist das der letzte Rest von Souveränität, der einem bleibt.

Das Gericht der guten Gesinnung

oder: Wie man mit einem Urteil den Nationalstaat abschafft

Man muss es den Pariser Richtern lassen: Sie haben einen Coup gelandet, der selbst den wohlmeinendsten Weltbürgeraktivisten die Tränen der Rührung in die Lieder treibt. Nicht nur, weil sie kurz vor dem 14. Juli – also jenem Tag, an dem die Franzosen traditionell Kanonendonner, Marschmusik und republikanische Selbstvergewisserung feiern – ein Stück Asylrechtshistorie geschrieben haben, das sich gewaschen hat. Sondern weil sie es geschafft haben, das Konzept politischer Verfolgung in ein Delirium postnationaler Entrückung zu katapultieren. Die Klägerin, nennen wir sie Madame H., stammt aus Gaza. Das ist jener Landstrich, der zwischen israelischer Blockade, ägyptischem Misstrauen und interner Hamas-Gewaltherrschaft vor sich hinvegetiert – ein Ort, an dem der Alltag selbst dem Stoiker das Rückgrat brechen könnte. Aber das reicht natürlich noch nicht für Asyl in Paris. Man muss schon einen Haken schlagen, einen eleganten, juristischen Pirouettensprung hinlegen, um aus dieser trostlosen Realität ein urfranzösisches Menschenrechtsdrama zu machen.

Und das haben die Richter getan. Sie erklärten, dass Madame H. „zu Recht befürchten“ müsse, im Falle ihrer Rückkehr „von den israelischen Streitkräften persönlich verfolgt zu werden“. Persönlich, wohlgemerkt. Nicht etwa, weil sie Hamas-Kommandeurin wäre, oder Raketen auf Aschkelon abgefeuert hätte – nein, sondern weil sie palästinensisch ist. Ihre Nationalität reicht aus. Voilà! Der Gazaoui ist geboren, ein neues Volk erfunden, das jetzt offiziell Verfolgtenstatus genießt. So wie einst der Tutsi, der Harki oder der Boat People – nur diesmal geht es um jemanden, der möglicherweise beim israelischen Sicherheitscheck unangenehm angeschaut wird. Die französische Justiz schafft damit, was kein UN-Gremium bislang gewagt hat: Sie definiert Israel zum systematischen Verfolger des palästinensischen Kollektivs um, gleichsam qua Existenz. Und das, ohne auch nur einmal in Jerusalem anzurufen.

Das Märchen vom unpolitischen Schutzbefohlenen

Natürlich sagte Madame H. selbst, sie habe mit der Hamas nichts am Hut. Das ist ein gängiger Satz vor europäischen Asylgerichten – wie auch der Hinweis, dass der Ehemann für ein israelisches Unternehmen arbeitet, während die restliche Kinderschar weiter im „offenen Luftgefängnis“ Gaza verbleibt. Offenbar ist es nicht gefährlich genug für den Familienvater, der bei einer israelischen Baufirma im Westjordanland schuftet. Auch nicht für die sechs anderen Kinder, die weiterhin im Nahen Osten leben. Aber weil Madame H. mit einem Sohn den Weg nach Paris gefunden hat, wird dort ein Präzedenzfall geschaffen, der über das Einzelschicksal hinausweist.

Die französischen Richter denken nicht klein. Sie denken groß, global, gewissermaßen galaktisch. Ihr Urteil ist ein Schlag gegen die Trennung von Zivilist und Terrorist, ein Schlag gegen die Idee des Nationalstaats selbst. Es zählt nicht mehr, wer etwas tut, sondern was er ist. Die Nationalität wird zur Schuld, der Pass zum Schicksal. Das ist die Umkehrung aller Aufklärung – Identität ersetzt Handlung. Die Richtersprüche klingen dabei so zärtlich, so menschenfreundlich, dass niemand merkt, wie radikal sie sind. Die Erfindung des „Gazaoui“ ist die logische Fortsetzung einer Asylpolitik, die längst keine Einzelfälle mehr beurteilt, sondern das Elend der Welt nach Europa importiert – zum Wohle des Selbstbilds, versteht sich.

Kettenmigration als schleichender Staatsumbau

Doch hier geht es nicht nur um das Urteil selbst, sondern um dessen Wirkungsketten. Wer einmal als Verfolgter anerkannt ist, zieht nach und nach den Rest der Familie hinter sich her. Der Begriff „Ankerkinder“ wirkt da schon fast niedlich – es ist eher eine Art juristischer Trojaner, der im Innern der Republik ein völlig neues Einwanderungsrecht etabliert. Erst kommt der Asylbescheid, dann die Nachholung, dann das Dauerbleiberecht. Und alle können sich darauf berufen, dass sie eines Tages womöglich „mit Hamas-Terroristen verwechselt“ werden könnten. Eine Form der Verfolgung, die nur noch ein bisschen von der Paranoia entfernt ist – aber Paranoia reicht ja oft, um politische Wirklichkeit zu schaffen.

Währenddessen streiten sich Islamabad und Berlin darüber, wie man die 2.400 Afghanen, denen Deutschland eine Einreisezusage gegeben hat, endlich nach Mitteleuropa schafft. Pakistan will sie loswerden, Deutschland will sie aufnehmen, und am Ende wundert sich niemand, dass die Grenzen zwischen Flucht, Migration und geopolitischem Verschiebebahnhof immer weiter verschwimmen. Der globale Süden entledigt sich seiner Überbevölkerung, der Westen seiner schlechten Gewissen. Und im Hintergrund klatschen die wohlmeinenden Beobachter Beifall, weil sie glauben, die Welt werde dadurch gerechter.

Die Abschaffung der Verantwortung

Man muss den Richtern zugutehalten, dass sie konsequent sind. Sie handeln nach einer Logik, die sich seit Jahren in den Köpfen der politischen Klasse festgesetzt hat: Einzelfälle sind nie nur Einzelfälle, sondern symbolische Stellvertreter globaler Ungerechtigkeit. Der Palästinenser steht für den Unterdrückten schlechthin, der syrische Flüchtling für das Opfer des Westens, der afghanische Ortskraftnachkomme für die Schuld des Kolonialismus. Dass diese Logik zu absurden Widersprüchen führt – geschenkt. Dass Israel einerseits als Apartheidsstaat gebrandmarkt wird, andererseits aber Millionen arabische Bürger hat, die in der Knesset sitzen, Universitäten besuchen und Sozialhilfe beziehen – Detailfrage. Dass die angeblich Verfolgten oft bessere Überlebensstrategien als die Verfolgten von früher haben – Kollateralschaden.

In Wahrheit geht es längst nicht mehr um Schutz. Es geht um einen moralischen Freibrief für jene, die den Weltlauf verändern wollen, ohne die Kosten zu tragen. Das Asylrecht wird so zur postkolonialen Wiedergutmachungsmaschine, zur großen Umverteilung von Staatsbürgerrechten. Die Grenze wird zum Relikt, das nationale Gemeinwesen zur Bühne moralischer Selbsterhebung. Und der Rechtsstaat dient als Staffage, damit das Ganze nicht wie politischer Aktivismus wirkt, sondern wie ein Akt der Gerechtigkeit.

Fazit: Die Richter als Erlöser der Welt – oder als Totengräber der Republik?

Vielleicht sollte man sich gar nicht mehr aufregen. Vielleicht sollte man anerkennen, dass wir in einem Zeitalter leben, in dem das Wohlwollen wichtiger ist als die Wirklichkeit, die Gesinnung mehr zählt als das Gesetz, und der Einzelfall immer sofort das ganze System umwerfen darf. Madame H. ist nicht mehr nur eine Palästinenserin aus Gaza. Sie ist eine Ikone, ein Fall fürs Panoptikum der moralischen Weltordnung. Ihr Urteil wird Kreise ziehen, so wie einst der Stein im Wasser. Nur dass diese Kreise nicht im See versickern, sondern als Wellen der Umwälzung gegen das Fundament des Rechtsstaats schlagen.

Ob das den Richtern klar war? Vielleicht nicht. Vielleicht haben sie einfach nur gut sein wollen. Vielleicht haben sie geglaubt, sie würden helfen. Vielleicht lächeln sie heute zufrieden beim Frühstückscroissant und denken an Montesquieu. Oder an Voltaire. Aber sie sind keine Aufklärer, sie sind Erlösungsrichter geworden, Missionare einer neuen Weltordnung, in der der Nationalstaat keine Rolle mehr spielt. Die Republik wird zur Asylbehörde, die Welt wird zur globalen Schicksalsgemeinschaft, und Europa zahlt die Zeche.

Das alles klingt böse? Mag sein. Aber es ist nur die Beschreibung dessen, was gerade passiert. Man muss es ja nicht schön finden. Man kann auch lachen. Oder weinen. Oder beides.

Die große Tafel der Menschheit – Gedecke ausverkauft?

Motto:
Ein Mensch, sagte er, der in einer schon okkupierten Welt geboren wird, wenn seine Familie nicht die Mittel hat, ihn zu ernähren oder wenn die Gesellschaft seine Arbeit nicht nötig hat, dieser Mensch hat nicht das mindeste Recht, irgend einen Teil von Nahrung zu verlangen, und er ist wirklich zu viel auf der Erde. Bei dem großen Gastmahle der Natur ist durchaus kein Gedecke für ihn gelegt.“
(Thomas Robert Malthus, sinngemäß – oder zumindest so interpretiert, wie es den Besitzstandswahrern gefällt)


Die Wiederkehr des Malthus – mit Beil und Bilanzen

Wenn ein Gedanke einmal in der Welt ist, lässt er sich nicht so einfach wieder ausladen. Schon gar nicht beim großen Gastmahl der Ideengeschichte. Und Thomas Malthus sitzt seit 1798 unverdrossen am Tisch, kaut auf seiner dürren Theorie herum und legt regelmäßig den Löffel nieder, nur um den anderen Gästen mit belegtem Mund zuzuflüstern, dass es jetzt aber wirklich zu viele geworden sind. Das Buffet sei leer, das Dessert aus, und der Hauptgang—naja, den hätten die oberen Zehntausend ohnehin längst unter der Serviette verschwinden lassen.

Die Frage ist also nicht, ob wir auf eine Malthusianische Katastrophe zusteuern, sondern ob wir ihr nicht längst mit offenen Armen entgegengelaufen sind, versehen mit Selfiestick, Discountflieger und Streaming-Abo. Das globale Menü ist angerichtet, der Planet auf Anschlag, der Kühlschrank summt noch leise, aber der Strompreis steigt. Und während sich einige den dritten Hummer gönnen, argumentieren sie in Talkshows über die Zumutung des Mindestlohns. „Wo soll das hinführen?“, fragt der Millionär mit Blick auf den Hartz-IV-Empfänger, der sich eine neue Jacke gekauft hat.

Malthus, der alte Pfarrer mit der düsteren Prognose, hat wieder Konjunktur. Der Club of Rome reicht ihm das Wasser, die Klimaforschung den Taschenrechner, und der Finanzkapitalismus das Messer, denn es wird schon mal an der Torte geschnitzt, bevor die Kerzen ausgeblasen sind.


Der Planet platzt – aber nur unten

Die Überbevölkerungsfrage ist die Lieblingsausrede der Besitzenden, wenn sie mal wieder erklären müssen, warum der Reichtum der Wenigen unantastbar bleibt. Natürlich, es sind „zu viele Menschen“—aber doch bitte immer die falschen. Nie ist der Jetset zu viel. Nie der Villenbesitzer mit dem SUV-Fuhrpark. Zu viel ist immer der hungernde Bauer in Bangladesch, der Fischer ohne Fangquote, die Mutter mit fünf Kindern in Lagos.

Denn seltsamerweise ist es nie das ressourcenfressende Leben der Reichen, das zum Problem erklärt wird. Es ist das bloße Vorhandensein der Armen. Als wäre ihre Existenz schon eine Art Vergehen an der Ökobilanz.

Dabei zeigt jede Bilanz nüchtern: Das reichste Prozent verursacht den größten CO₂-Fußabdruck. Die ärmsten fünfzig Prozent könnten aufhören zu atmen, und es würde das Klima kaum jucken. Und trotzdem wird in den Foren der Besserverdienenden wieder eifrig über „Bevölkerungskontrolle“ sinniert, am besten in Afrika, Asien oder sonstigen entlegenen Orten, die man eh nur aus der Drohnenperspektive kennt.


„Zu viel“ – eine Frage der Perspektive

Das Problem ist nicht die Anzahl der Menschen, sondern wer wo wie viel bekommt. Es ist ein mathematisches Wunder, dass acht Milliarden Menschen auf einem Planeten leben, der theoretisch locker alle ernähren könnte. Wären da nicht die Logistik der Gier und das Management des Mangels, sorgfältig betrieben von den Hütern der Marktlogik.

Aber es klingt natürlich eleganter, über „natürliche Grenzen des Wachstums“ zu reden, als über Hedgefonds, die auf Weizenpreise wetten. Lieber spricht man von ökologischer Tragfähigkeit als von steuerlicher Umverteilung. Und so erzählt man sich gegenseitig in den gläsernen Bürotürmen von Frankfurt, New York und Dubai, dass die Armen leider die Erde ruinieren, weil sie zu viele Kinder kriegen. Dass man selbst in der Business Class sitzt, wird diskret verschwiegen.


Der große Hunger – eine geplante Knappheit

Der Hunger dieser Welt ist nicht das Ergebnis der Überbevölkerung, sondern der Überverteilung nach oben. Jedes Jahr landen Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll, während anderswo Kinder mit aufgedunsenen Bäuchen sterben. Nicht, weil es keine Nahrung gäbe, sondern weil die Profite besser sind, wenn man sie an die Falschen verkauft.

Die Wirtschaft nennt das „Effizienz“. Die Politik nennt es „Sachzwang“. Und Malthus lächelt dazu dünn und sagt: „Seht ihr, ich hab’s doch gesagt.“ Nur hat er eben nie von Subventionen für Agrarkonzerne gesprochen, sondern von göttlicher Ordnung. Dass die heutige Hungerökonomie von Banken gesteuert wird, war damals noch nicht auf dem Schirm.


Gerechtigkeit – das unbesetzte Gedeck

Vielleicht sollten wir also weniger darüber reden, wie viele Menschen auf der Welt leben, sondern wie viele von ihnen absichtlich übergangen werden. Das große Gastmahl der Natur hat sehr wohl genug Plätze. Es gibt genug Brot, genug Wasser, genug Ressourcen. Nur leider stehen die Tische in den falschen Sälen, bewacht von Lobbyisten mit goldenen Krawatten und politischen Türstehern, die den Zugang regeln.

Wer eintritt, muss entweder das Eintrittsgeld zahlen oder wird als „Leistungsträger“ durchgewinkt. Der Rest steht draußen in der Kälte und darf den Duft des Bratens inhalieren. Nachhaltig, versteht sich.


Der planetare Schlussakkord

Sind wir also auf dem Weg in die Malthusianische Katastrophe?
Vielleicht.
Aber wenn ja, dann nicht, weil die Natur das so will, sondern weil wir sie mit den falschen Rechnungen gefüttert haben.

Die Katastrophe kommt nicht, weil es zu viele Esser gibt, sondern weil einige den Tisch schon leergeräumt haben, bevor der Hauptgang überhaupt serviert war. Und nun sitzen sie da, rülpsen leise ins Einstecktuch und sagen den anderen: „Tut mir leid, das Buffet ist geschlossen. Es war einfach zu viel los.“

Vielleicht sollten wir also aufhören, über die Überbevölkerung zu lamentieren, und endlich die Verteilungsgerechtigkeit auf den Tisch bringen. Das wäre zumindest ein Gespräch, das sich lohnt.

Und wer weiß? Vielleicht würde dann auch Malthus endlich mal satt.

Afrikas Wirtschaft: Zwischen Großsprecherei und Großbaustellen

Von Visionen, die die Realität höflich ignorieren

Es gibt Dinge, die wiederholen sich so zuverlässig wie der Sonnenaufgang über dem Äquator. Dazu gehört der Zyklus aus Hoffnung, Hybris und hilflosem Schulterzucken, der die Berichterstattung über Afrikas Wirtschaftsaussichten prägt. Alle paar Jahre wird Afrika der „Wachstumsmarkt der Zukunft“ genannt, als wäre dieser Satz ein Mantra, das allein durch Wiederholung die Realwirtschaft stimuliert.

2013 erfand die Afrikanische Union die „Agenda 2063“. Ein Masterplan, der sich liest wie das Menü eines Fünf-Sterne-Restaurants in einem Land, das weder einen Herd noch Teller besitzt. Armut beseitigen, den Anteil am Welthandel verzehnfachen, Frieden stiften, Demokratie verbreiten, Bildung, Infrastruktur, Industrialisierung, Digitalisierung – kurz: den Kontinent neu erfinden. Es fehlte eigentlich nur noch das Versprechen, das Wetter ab 2063 auf „sonnig mit gelegentlichen Hoffnungsschauern“ einzustellen.

Doch Visionen sind in Afrika oft der eleganteste Weg, um die Wirklichkeit höflich zu umgehen. Man schreibt schöne Konzepte, gründet runde Tische, veranstaltet Gipfel mit PowerPoint-Folien, deren Ästhetik der Grafikabteilung der UNO Tränen der Rührung entlockt. Währenddessen kreisen die Geier weiterhin über den Rohstoffminen, und der korrupte Funktionär unterschreibt den nächsten Vertrag mit dem Kugelschreiber, den ihm ein chinesischer Investor beim Abendessen gereicht hat.

Die Freihandelszone: Ein Kontinent wird zur Baustelle

Das Paradepferd der wirtschaftlichen Integration heißt AfCFTA – Afrikanische Kontinentale Freihandelszone. Ein Traum von einem Binnenmarkt mit 1,5 Milliarden Menschen und einem BIP von 3,4 Billionen Dollar. Nur dumm, dass ein gemeinsamer Markt nicht allein durch diplomatische Unterschriften entsteht, sondern durch Straßen, Brücken, funktionierende Gerichte und die Abwesenheit von Bürgerkriegen.

Der innerafrikanische Handel dümpelt bei 15 Prozent des Handelsvolumens. In Europa sind es 69 Prozent. Warum? Weil es schwer ist, Tomaten aus Togo nach Benin zu verkaufen, wenn der Lastwagenfahrer zuerst drei Grenzbeamten, zwei Warlords und einem spleenigen Zollchef mit Guerilla-Vergangenheit Bakschisch zahlen muss. Und falls der LKW dann noch fährt, sind die Tomaten auf halber Strecke verrottet, weil jemand vergessen hat, den Asphalt unter der Straße zu installieren.

Doch man wäre ungerecht, nur zu spotten. Es gibt Lichtblicke. Die Ostafrikanische Gemeinschaft (EAC) zum Beispiel, die tatsächlich sowas wie funktionierende Institutionen aufbaut. Ein gemeinsamer Markt, sogar eine geplante Währungsunion. Ostafrika zeigt, dass Kooperation möglich ist, wenn sich nicht gerade der nächste General mit Sonnenbrille als Präsident auf Lebenszeit proklamiert.

Der Hochgeschwindigkeitszug – Geschwindigkeit auf afrikanisch

Ein besonders amüsantes Kapitel des afrikanischen Wirtschaftsepos ist der Plan für ein integriertes Hochgeschwindigkeitszugnetz, das alle Hauptstädte verbindet. Wer Afrika kennt, weiß: Schon das Wort „Zug“ ist vielerorts eine archäologische Referenz an die Kolonialzeit. Die Schienen existieren noch – als wuchernde Mahnmale aus der Zeit, als Europäer Schienen verlegten, um Elfenbein und Erze effizienter abzutransportieren.

Heute fährt da kaum noch was. Und wenn, dann mit der gemächlichen Geschwindigkeit eines Kamelkarawans. Der geplante panafrikanische Schnellzug ist also so realistisch wie ein Tesla-Supercharger in der Sahelzone. Doch die AU hat China ins Boot geholt. Wer auf Unabhängigkeit pocht, unterschreibt halt gerne neue Abhängigkeiten mit Peking. Mit etwas Glück entsteht bis 2063 zumindest der Bahnhofsvorplatz – mit einem Denkmal, das den Baubeginn feiert.

Von Rohstoffflüchen und Wertschöpfungsillusionen

Rohstoffe sind Afrikas Schatz und Afrikas Fluch. Vom Kobalt des Kongo bis zu den Diamanten Botswanas. Und während westliche NGOs auf Fair-Trade-Likör schwenken, kaufen sich chinesische Unternehmen in Minen ein, als gäbe es kein Morgen. In der Demokratischen Republik Kongo besitzen chinesische Firmen 15 der 19 Kobaltminen. Wer da noch von „Partnern auf Augenhöhe“ spricht, sollte dringend seinen Augenarzt konsultieren.

Botswana hingegen zeigt, wie es anders gehen kann: Der Staat verkauft inzwischen 15 Prozent der Diamanten selbst. Das nennt man in Afrika bereits Wirtschaftswunder, obwohl es in Europa als solide Haushaltspolitik durchginge. Namibia verbietet den Export von Rohstoffen in Rohform. Gabun plant das für Mangan. Der Kongo stoppt den Kobaltexport, weil der Preis im Keller ist – was wirtschaftlich ungefähr so ist, als würde ein Bäcker Brötchenverkäufe einstellen, weil die Kunden nicht genug zahlen.

BRICS, Blöcke und Blockaden

Inzwischen drängen neue Spieler auf den afrikanischen Markt. Die BRICS-Allianz – früher ein illustres Grüppchen aus Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika – nutzt Afrika als Bühne für den globalen Systemwettbewerb. Der Westen spricht von „Partnerschaft“, Russland liefert Söldner, China investiert in Infrastruktur (mit Tilgungsklauseln, die man besser nicht zu genau liest).

Die Sahel-Staaten haben der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft den Rücken gekehrt und suchen ihre Zukunft bei Putin & Co. Wer die Wahl hat zwischen französischem Neokolonialismus und russischer Autokratie, wählt halt das kleinere Übel – oder das größere Chaos. Ein Ende der Misere ist nicht in Sicht, aber immerhin gibt es regelmäßig neue Logos für neue Organisationen, die in Brüssel gedruckt werden. Auch das schafft Arbeitsplätze. In der Druckerei.

Agenda 2063 – Zwischen Absichtserklärung und Alibi-Politik

Die Agenda 2063 bleibt ein gigantisches „Work in Progress“. Der Kontinent mit der höchsten Geburtenrate hat bis heute keine industrielle Basis aufgebaut, die den Jobmarkt entlasten könnte. Der informelle Sektor blüht, während der formelle Arbeitsmarkt eine exotische Ausnahme bleibt – eine Art Einhorn der Ökonomie.

Die Regierenden lieben große Worte und kleine Taten. Sie verhandeln lieber mit Weltbank und IWF über neue Kredite als mit der eigenen Bevölkerung über politische Reformen. Demokratie ist dabei nicht unbedingt das bevorzugte Gesellschaftsmodell – es sei denn, man kann sie als Feigenblatt benutzen, um den nächsten Rohstoff-Deal durchzuwinken.

Migration nach Europa bleibt für viele der einzig greifbare Wirtschaftsplan. Währenddessen schickt der Westen Hilfsgelder, die oft den Weg in die Villenviertel der Hauptstädte finden. Dort entstehen dann Swimmingpools, während auf dem Land weiterhin Brunnen fehlen.

Schlussbetrachtung: Der Kontinent der großen Erwartungen

Afrika hat ohne Zweifel gewaltiges Potenzial. Aber das ist nichts Neues – Potenzial hatte der Kontinent auch 1960. Und 1980. Und 2000. Die Agenda 2063 ist in Wahrheit eine Agenda der politischen Selbsthypnose: Man setzt sich Ziele, die so weit entfernt sind, dass ihre Nichterreichung den aktuellen Verantwortlichen garantiert nicht mehr angelastet werden kann.

Doch wer weiß? Vielleicht schafft Afrika es tatsächlich, sich aus den Fesseln des Rohstofffluchs zu befreien, den Handel zu liberalisieren, die Korruption einzudämmen und den Wohlstand zu mehren. Vielleicht fliegt auch eines Tages ein Schwein über den Viktoriasee.

Bis dahin bleibt der Kontinent ein Ort der großen Widersprüche: Reich an Ressourcen, arm an Umsetzung. Voller Versprechen, voller Probleme. Ein Kontinent, der alles sein könnte – und oft das bleibt, was andere aus ihm machen.


„Die Zukunft Afrikas? Vielleicht besser, wenn wir sie nicht in Konferenzsälen erfinden, sondern vor Ort gestalten. Mit mehr Tat und weniger Tagung.“

Vielen Dank, Frau Nuland!

Die große Demokratie-Manufaktur: Exportware „Schicksalsmoment“

Es war einmal – denn so beginnen Märchen, auch wenn sie geopolitisch enden – eine Nation namens Ukraine, die man auf der Landkarte finden konnte, irgendwo zwischen der nostalgischen Großmacht Russland und dem neoliberalen Debattierclub namens EU. Ein Land, das auf der Karte ein Staat war, in der Praxis jedoch eher ein globales Experimentierfeld: ein Gemischtwarenladen aus Korruption, Oligarchen, patriotischem Pathos und unheilbarer Post-Sowjet-Depression.

In dieses brüchige Gefüge trat eine Frau, die sich so gar nicht wie eine Märchenfigur benahm, sondern eher wie eine skrupellos-lächelnde Filialleiterin der globalen Ordnungspolitik. Victoria Nuland, diplomatische Projektmanagerin im Dienste der Freiheit. Ihre Mission: Demokratie aus dem Instant-Beutel. Einfach heißes Wasser drüber, fünf Minuten ziehen lassen, umrühren – fertig ist der Regimewechsel.

„Fuck the EU“, murmelte sie ins Telefon, das dummerweise nicht auf Standby stand. Und siehe da, der Vorhang fiel. Der Westen klatschte, der Osten knirschte mit den Zähnen, und der naive Beobachter rieb sich die Augen: Sollte das alles wirklich so plump sein? Ja. Es war so plump. Plumper geht’s nicht. Geopolitik ist eben keine Kunst, sondern Handwerk. Grobschmied statt Goldschmied.

Von Keksen und Kalaschnikows: Der Maidan als Eventformat

Man stelle sich das vor: Eine aufgebrachte Menge friert sich auf dem Kiewer Maidan die Füße ab, während Frau Nuland mit Pappkarton und Thermoskanne erscheint, als wäre sie die Tante vom Roten Kreuz. Kekse verteilt sie. Cookies für die Demokratie. Zucker für die Zivilgesellschaft. Wer braucht schon Staatskunst, wenn es Gebäck gibt?

Natürlich war das nur die PR-Schicht. Unter der Glasur lief längst der Maschinenraum heiß: Think Tanks, NGOs, US-finanzierte Medientrainer und das übliche revolutionäre Equipment, das in der Rüstungsetage von Freedom House und Co. auf Lager liegt. Man hatte investiert – fünf Milliarden Dollar schwer, wie Frau Nuland stolz verkündete. Kein schlechtes Budget für einen Staatsumbau, wenn man bedenkt, dass man dafür andernorts zwei Flughäfen und eine Kleinstadt bekommt. Hier gab’s dafür „Demokratie-Infrastruktur“.

Infrastruktur bedeutet im Nuland’schen Wörterbuch allerdings nicht Brücken, sondern Brückenköpfe. Nicht Krankenhäuser, sondern Diskursfabriken. Und vor allem keine Straßen, sondern Schneisen in der Souveränität.

Der Maidan war also kein spontaner Volksaufstand allein, sondern auch das Pilotprojekt einer geopolitischen Startup-Idee: Regime Change as a Service.

Der Vorschlaghammer der Freiheit

Als Präsident Janukowitsch fiel – jener schmierige postsowjetische Don Corleone-Verschnitt mit dem Hang zu goldenen Badewannen und rostigen Loyalitäten – da klatschte der Westen. Endlich Demokratie! Endlich ein Sieg der Zivilgesellschaft! Dass Janukowitsch gewählt war? Ach, geschenkt. Wer das falsche Lied singt, wird eben aus dem Chor entfernt. Notfalls mit Tränengas und Scharfschützen, deren Herkunft bis heute nebulös bleibt. Aber wer fragt bei Schicksalsmomenten schon nach forensischer Genauigkeit?

So wurde aus einem „Volksaufstand“ ein geopolitisches Schachmatt, eingeleitet mit der Eleganz eines Vorschlaghammers. Der neue Premier wurde nicht gewählt, sondern bestellt – per Telefonat, als ob es um den nächsten Uber-Fahrer ginge. Nuland machte klare Ansagen, wer den Posten zu besetzen habe. Wer noch an souveräne Entscheidungen glaubte, konnte jetzt getrost den letzten Rest Idealismus im Kiewer Winternebel entsorgen.

Ein Pulverfass auf Kredit

Doch was blieb übrig, nachdem die Konfetti-Kanonen des westlichen Medienjubels verstummt waren? Ein Land, das zerrissener denn je ist. Ein Bürgerkrieg im Osten, Oligarchen im Westen, NATO-Träume in der Regierung und realpolitischer Katzenjammer auf den Straßen. Günstigeres Gas? Fehlanzeige. Dafür Militärhilfen, IMF-Kredite mit Kleingedrucktem und ein neues Kriegsziel auf der Stirn.

Das Land wurde zur Frontlinie aufgerüstet – nicht gegen Korruption, sondern gegen Moskau. Der Preis? Ein geopolitisches Pulverfass mit offenem Zündschnurende. Bezahlt wurde es in Dollar, gezündet mit politischer Hybris.

„Fuck the EU“ war nicht bloß ein Ausrutscher im Tonfall – es war das Bekenntnis zu einer Politik, die keine Partner kennt, sondern nur Spielfiguren.

Der Zynismus als Methode

Man könnte das alles zynisch finden. Aber das wäre naiv. Zynismus ist hier keine Nebenwirkung, sondern Methode. Wer Weltpolitik betreibt, muss den Idealismus beim Check-in abgeben. Demokratie, Freiheit, Menschenrechte – das sind Schlagwörter für Pressekonferenzen, nicht für Operationspläne.

In der realen Welt zählen Interessen, Pipelines, Rüstungsverträge und Einflusszonen. Wer das nicht versteht, wird wahlweise überrollt oder instrumentalisiert.

Frau Nuland hat das verstanden. Sie ist keine Figur aus einem Hollywood-Drama, sondern aus der Betriebsanleitung des geopolitischen Maschinenraums. Dort, wo der Begriff „Souveränität“ nur noch als Eintrag im Wörterbuch existiert – gleich neben „Moral“ und „Völkerrecht“.

Das Nachspiel der Eskalation: Wenn die Rechnung vom Krieg geschrieben wird

Das Pulverfass Ukraine explodierte nicht mit einem dramatischen Knall, sondern mit einem endlosen Crescendo aus Explosionen, Sanktionen, Konferenzen und endlosen Statements. Ein Land, das zum globalen Schlachtfeld wurde, auf dem zwischen Kriegsschauplätzen und Verhandlungstischen die Rechnung geschrieben wird. Aber nicht etwa von denen, die das Pulver verstreuten – nein, die Rechnung tragen vor allem die Rechnungszahler. Die einfachen Leute, die Familien in Donbass, die Rentner in Kiew, und natürlich die Steuerzahler in Berlin, Brüssel und Washington, die per Dauerabonnement für diesen Wahnsinn blechen.

Man stelle sich das vor: Während in den Metropolen der Welt die Lobbyisten mit teuren Weinen die Sanktionen feiern, schaut der durchschnittliche Bürger auf seine steigenden Heizkosten, die leeren Supermarktregale und die unsichtbare, aber drückende Last von Kriegsangst. Die Eskalation wurde zum Verhandlungsthema – ein endloses Hin- und Her von Ultimaten und Kompromisslosigkeiten, die so aussehen, als wären sie aus dem Lehrbuch der Kalten Kriege, das man staubig in einem Büro in Brüssel liegen ließ.

Die EU – das geopolitische Möbelstück

Man muss der EU zugutehalten: Sie ist unbestechlich… unbestechlich unbeweglich, eine Institution, die sich mit der Eleganz einer antiken Steinskulptur gegen jegliche Innovation stemmt. Die EU ist längst kein aktiver Player mehr, sondern eine Art verchromter Gartenzwerg im geopolitischen Garten, der brav nickt, wenn andere sprechen, und gelegentlich mit den Ohren wackelt, wenn es um die wirklich großen Entscheidungen geht.

Als die Ukraine zum Schachbrett der Großmächte wurde, blieb die EU der Zaungast – eine politische Fußnote, die lieber komplizierte Sanktionen formulierte als eigene Visionen entwarf. Während Washington den Stab führte, agierte Brüssel vor allem als moralischer Befehlsempfänger, der verzweifelt versuchte, das Bild von Wertegemeinschaft aufrechtzuerhalten, ohne dabei seine wirtschaftlichen Interessen oder die Nervosität der Nachbarstaaten wirklich zu artikulieren.

Im Grunde ist die EU das Möbelstück, auf das man sich stützt, wenn man höflich wirken will, das aber jeder wegschieben kann, wenn’s ernst wird. Die Folge: Eine zerfaserte Front, die nur noch in sonntäglichen Gipfelerklärungen existiert – viel Symbolik, wenig Substanz.

Die Tragikomödie der Sanktionen: Wirtschaftskrieg mit Lachern

Sanktionen, diese feinen Werkzeuge der Diplomatie, entpuppten sich schnell als das politische Äquivalent von Schuhen in der falschen Größe: Man tritt sich selbst, den Nachbarn und vor allem den eigenen Unternehmen auf die Zehen. Während man Russland isolieren wollte, isolierte man sich selbst in einem Tanz der Hybris, der eher an eine absurde Theateraufführung erinnerte als an effektive Politik.

Die russische Wirtschaft? Wie ein Boxer mit zäher Kinnlade, der sich trotz Schlägen wieder aufrappelt. Die europäischen Verbraucher? Die zogen die Rechnung. Spritpreise, Lebensmittelpreise, und eine Inflation, die uns elegant um den Hals schlängelt wie eine politisch verordnete Schlange im Supermarktregal.

Die Sanktionen wurden zum Symbol einer Tragikomödie, bei der die Zuschauer auf den Rängen vor Wut toben, während die Akteure auf der Bühne in der Rolle der gut gemeinten Unbeholfenheit glänzen. Im Ergebnis: Ein Wirtschaftskrieg, der vor allem den Mittelstand und die Arbeiterklasse trifft – so viel zu den „Werten“, die man angeblich verteidigt.

Showdown zwischen „Werten“ und Waffenexporten: Der moralische Balanceakt

Man könnte meinen, Wertepolitik und Waffenhandel seien unvereinbare Gegensätze. Doch der moderne Staat ist Meister im Jonglieren dieser Widersprüche: Auf der einen Seite die feierliche Inszenierung von Menschenrechten und Demokratie, auf der anderen Seite ein florierender Markt für Kalaschnikows und Drohnen, die „für die Freiheit“ verkauft werden.

Die Ukraine wird dabei zum Schaufenster, auf dem man Waffenexporte als „Defensivhilfe“ etikettiert, während gleichzeitig von „Diplomatie“ gefaselt wird. Ein grotesker Balanceakt, bei dem „Frieden schaffen ohne Waffen“ wie eine Fußnote im Pressematerial untergeht, weil es wirtschaftlich schlicht unlukrativ ist.

Die politischen Akteure leben in der Illusion, sie könnten durch moralisch aufgeladene Rhetorik und Panzerlieferungen gleichzeitig Tugend demonstrieren und Interessen durchsetzen. Doch in Wahrheit ist das ein Tanz auf dem Vulkan, der am Ende nur einen Sieger kennt: das Kriegsgerät, das in der Dunkelheit wächst und gedeiht.

Aus dem Blickwinkel des Bären: Russlands geopolitische Katerstimmung und die NATO-Einkreisung

Wenn man die Geschichte aus russischer Perspektive betrachtet, wird das geopolitische Puzzle gleich ein Stück komplizierter – und ehrlicher. Denn während der Westen die Ukraine als „Schicksalsmoment der Freiheit“ feiert, erlebt Moskau den Vorgang als eine narrative Kränkung, die tief ins kollektive Gedächtnis eingebrannt ist.

Russland, der große Bär mit seinen imperfekten Zähnen und der muffigen Pelzjacke, sieht sich seit Jahrzehnten von einem schleichenden Prozess der Einkreisung umgeben. Ein Prozess, der nicht mit warmen Worten verläuft, sondern mit der schrittweisen Ausdehnung der NATO bis direkt an die eigenen Grenzen – von Polen bis zum Schwarzen Meer, von den baltischen Staaten bis zur Schwarzmeerhalbinsel Krim.

Für Moskau ist die NATO keine Verteidigungsallianz mehr, sondern eine erdrückende Umklammerung. Ein hemmungsloses Vordringen in das geopolitische Wohnzimmer, in dem Russland jahrzehntelang die Möbel selbst gestellt hat. Jeder Schritt der NATO-Expansion ist für den Kreml eine Provokation – eine Demütigung, die man nicht länger stillschweigend akzeptieren will.

Die Sicherheit als Mythos und Realität

Man könnte sagen, dass Russlands Forderungen nach „roten Linien“ nichts weiter als Sicherheitsbedenken sind. Doch der Westen hört zu – wenn überhaupt – wie jemand, der einem nervigen Nachbarn zuhört, der mit dem Gartenschlauch droht, weil man sein Parzellenrecht nicht anerkennt. Die Forderungen nach einer „neutralen Ukraine“, die keine NATO-Mitgliedschaft anstrebt, gelten als obskure Manöver eines autokratischen Zaren, der mit Angstpolitik arbeitet.

Aber die Realität ist: Für Russland ist die Ukraine kein beliebiges Nachbarland, sondern Teil einer historisch und kulturell aufgeladenen Einflusssphäre. Die Erweiterung der NATO hinterlässt deshalb das Gefühl, als ob ein alter Freund, der jahrelang an der Tür stand, plötzlich die Wohnung einrichtet und die Möbel umstellt – und zwar nicht zum Wohl des Hausherrn.

Diese Angst vor strategischer Einkreisung ist in Moskau nicht einfach eine Paranoia, sondern eine existentielle Wahrnehmung. Ob man diese Perspektive teilt oder nicht, spielt für die Dynamik des Konflikts eine immense Rolle.

Der Bär schlägt zurück: Machtpolitik im Zeitalter der Hybris

Russlands Antwort auf die NATO-Erweiterung ist so alt wie die Machtpolitik selbst: Härte, Abschreckung, Demonstration von Stärke. Dabei kann man Putin und sein Umfeld vieles vorwerfen, aber keine Illusionen – hier wird mit kaltem Kalkül agiert, nicht mit naivem Idealismus.

Der Einmarsch in die Ukraine 2014, die Annexion der Krim, die Unterstützung der Separatisten im Donbass – all das sind Bausteine einer Strategie, die verhindern soll, dass die geopolitische Einengung weiter voranschreitet. Natürlich mit humanitären Katastrophen, Kriegsverbrechen und internationaler Ächtung als Begleitmusik.

In diesem Konflikt zeigt sich der Kampf zwischen alter und neuer Weltordnung. Einerseits die NATO, die sich inmitten globaler Machtverschiebungen behaupten will, andererseits Russland, das mit nationalem Pathos und strategischem Kalkül versucht, verlorene Einflusszonen zu verteidigen.

Die Dialektik der Einkreisung: Opfer und Aggressor im Spiegel

Ironischerweise wird Russland oft als der Aggressor dargestellt, dabei ist es selbst Opfer einer Dialektik, die kaum zu entwirren ist: Je mehr Moskau seine Interessen behauptet, desto mehr bestärkt der Westen seine Sicherheitskoalitionen. Und je stärker diese Koalitionen werden, desto radikaler fühlt sich Russland bedroht.

Diese Spirale der Eskalation ist der Tanz der Großmächte im Zeitalter der Hybris, wo Dialog nur noch als Schwäche gilt und Pragmatismus von Moral ersetzt wird – oder umgekehrt. Der Bär ist eingekreist, und der Tanz um die Ukraine ist zugleich ein Kampf um Selbstbehauptung, Image und zukünftige Machtverhältnisse.

Schlusswort: Demokratie, Macht und der Tanz auf dem Pulverfass

So endet das Märchen von Ukraine, Westen und Osten nicht mit einem klassischen Happy End, sondern mit einer Fortsetzung, die keiner so recht schreiben will – oder kann. Ein Theaterstück ohne Schlussapplaus, dafür mit langen Pausen, in denen die Statisten noch versuchen, ihren Text zu lernen, während die Regisseure längst die Bühne gewechselt haben.

Die Ukraine wurde zum Schauplatz eines globalen Machtspiels, in dem Ideale und Werte oft nur Staffage sind, Kulisse für das eigentliche Drama: das Ringen um Einfluss, Sicherheit und wirtschaftliche Interessen. Frau Nuland und ihre Kekse sind dabei nur eine Metapher für eine Politik, die weder frei noch demokratisch ist, sondern vielmehr ein komplexes Geflecht aus Strategie, Hybris und Realpolitik.

Die EU, als geopolitisches Möbelstück, rückt sich noch ein bisschen zurecht, während die Sanktionen ihre Tragikomödie spielen, die vor allem den kleinen Leuten und den Märkten zusetzt. Russland fühlt sich eingekreist und reagiert mit der Härte des verletzten Bären – ein animalischer Reflex, der ebenso verständlich wie verhängnisvoll ist.

Und mittendrin die Ukraine, ein Land zwischen Identitätskrise und Kriegsschauplatz, zwischen Hoffnung und Zerstörung, zwischen Freiheitstraum und geopolitischem Albtraum.

Am Ende bleibt die bittere Erkenntnis: In der großen Inszenierung der Weltpolitik sind Werte oft das Buffet, von dem man sich je nach Bedarf bedient. Und Freiheit – echte Freiheit – ist ein Luxus, den nur wenige sich leisten können, solange die Mächtigen auf dem Pulverfass tanzen.

Vielen Dank, Frau Nuland. Fuck the EU. Und Prost auf die Demokratie – mögen die Kekse nie ausgehen.

Die dressierte Mehrheit

oder: Warum wir gerne die Geisel sind

Der Mensch ist ein erstaunliches Wesen. Er baut Kathedralen, komponiert Symphonien, entschlüsselt das Genom – und legt gleichzeitig in vorauseilendem Gehorsam die eigene Mündigkeit auf den Altar der Bequemlichkeit. Er hätte denken können, aber er hat lieber geklickt. Er hätte widersprechen können, aber er hat sich einen Kaffee gemacht. Der Aufstand bleibt aus, weil der Bildschirm leuchtet.

Der Beherrschte von heute ist kein Sklave mehr, sondern ein Kooperationspartner in seiner eigenen Entwürdigung. Der Kniefall wird als Yoga-Übung verkauft, und man bedankt sich noch beim Trainer für die Anleitung. Statt Fesseln gibt es Compliance-Schulungen, statt Peitschen Toleranz-Workshops. Wer widerspricht, ist nicht mehr der Rebell, sondern der Störer der Prozessabläufe. Und Prozesse müssen fließen, wie wir wissen. Alles muss laufen, sogar der Verstand – den Bach runter, natürlich.

Die Geisel liebt ihren Zustand, solange es WLAN gibt und der Kühlschrank voll ist. Das nennt man dann Fortschritt.

Die totalitäre Wellnesszone

Der klassische Tyrann verlangte Gehorsam, der neue Tyrann verlangt Zustimmung. Es reicht nicht mehr, zu schweigen – man muss begeistert sein. Wer heute nicht mitklatscht, wird gesperrt, gelöscht, ausgegrenzt. Nicht durch die Polizei, sondern durch das Kollektiv der braven Bürger, die in ihren Filterblasen hocken wie unter Tupperdeckeln: luftdicht abgeschlossen, aber hygienisch korrekt.

Die Herrschaft von heute ist ein Spa-Erlebnis. Überall warme Worte, sanfte Stimmen, beruhigende Apps. Die totale Überwachung wird als Gesundheitsschutz verkauft, der totale Konsum als Selbstverwirklichung. Das ist der Endzustand der modernen Gesellschaft: die perfekte Kombination aus Übergriffigkeit und Kuschelfaktor. Der Orwell’sche Big Brother ist passé – jetzt gibt es Big Mother. Und Mutter weiß bekanntlich, was gut für dich ist. Ob du willst oder nicht.

Der Konsument als Kastrat

Ein aufrechter Mensch könnte rebellieren, aber dazu müsste er erst mal aufhören, Pakete zu bestellen. Der Konsument ist der perfekte Untertan: Er möchte nichts wissen, nur kaufen. Der gläserne Bürger schreit nach Datenschutz, während er mit seiner Smartwatch seine Herzfrequenz an Versicherungen übermittelt. Die totale Kontrolle wird freiwillig eingerichtet – mit Alexa, Siri und Google Pay. Der Kühlschrank weiß mehr über den Menschen als der eigene Partner.

Die Konsumgesellschaft hat den Menschen auf seine primitivste Funktion reduziert: fressen, klicken, liken, nicken. Aufklärung war gestern. Heute ist Prime Day.

Die Medien: Der betreute Gedankenraum

Die Presse, einst der „vierte Stand“, ist längst zum Erfüllungsgehilfen der Herrschaft geworden – allerdings im bunten Kostüm. Journalismus heute heißt nicht mehr, den Mächtigen auf die Finger zu schauen, sondern den Beherrschten zu erklären, warum sie die Finger nicht heben sollen. Man nennt das dann Haltungsjournalismus, weil es sich besser verkauft als Hofberichterstattung. Der Unterschied? Früher wurde der König bejubelt, heute wird das System beworben – und wer nicht mitmacht, ist „rechts“, „radikal“, „asozial“, „Gefährder“, „Verschwörer“, „Delegitimierer“. Wörter wie Keulen, in industriellem Maßstab gefertigt.

Die Medien betreiben heute kein Informationsgeschäft mehr, sondern eine Dauertherapie der Massen. Der Bürger wird nicht informiert, sondern sediert. Nachrichten sind Wellness fürs Gehirn: leicht bekömmlich, gut verdaulich, vorgekaut. Der Rest ist Propaganda, aber in vegan.

Der Staat als pädagogische Anstalt

Früher wollte der Staat Steuern, heute will er dein Gewissen. Er will dich nicht mehr nur kontrollieren, er will dich verbessern. Der Bürger wird umgeformt, neu kalibriert, standardisiert – auf Linie gebracht, freundlich natürlich, mit pädagogischem Lächeln. Man nennt das dann Wertevermittlung. Das Ergebnis ist ein moralisch gestanzter Einheitsmensch mit CO₂-Fußabdruck-Scham, politisch korrekter Sprachfilterung und einem Dauerschuldgefühl, das sich hervorragend als Herrschaftsinstrument eignet.

Die totale Übereinstimmung zwischen Beherrschten und Herrschenden ist kein Versehen, sondern Staatsziel. Der perfekte Bürger klagt nicht mehr über Gängelung, sondern bittet um mehr davon. Der neue Untertan möchte nicht befreit werden, sondern optimiert.

Das Ende der Zivilisation als Event mit Buffet

Man könnte meinen, das sei alles schlimm. Aber nein – es ist schlimmer: Es wird als Fortschritt gefeiert. Der Untergang wird heute nicht mehr befürchtet, sondern gebucht. Inklusive Bio-Catering und Genderseminar.

Die Gesellschaft zerfällt nicht, sie wird Event-isiert. Das Ende der freien Rede wird mit Diversity-Workshops flankiert, der Verfall der Kultur mit Influencer-Kampagnen beworben. Der Bürger konsumiert den eigenen Verfall als Serie auf Netflix und bestellt sich dazu noch Sushi. Während die Welt brennt, wird noch schnell der Thermomix geliefert.

Letzter Aufruf zum Untergang: Bitte anschnallen

Was bleibt? Nichts, außer einem zynischen Lächeln. Man könnte versuchen, aufzuwachen, aber wozu? Der Schlaf der Massen ist so komfortabel eingerichtet, dass der Wecker als Angriff empfunden wird. Die Geisel will nicht befreit werden, sondern in Ruhe gelassen – in Ruhe weiter konsumieren, weiter glauben, weiter klatschen. Das Stockholm-Syndrom hat gesiegt, weil es so bequem ist.

Vielleicht war die Freiheit sowieso nur ein Betriebsunfall der Geschichte.

Von Zwergen, Filzläusen und geistiger Umweltverschmutzung

Warum alle, die heute über den Ton im Parlament weinen, dringend mal wieder Strauß und Wehner hören sollten

Es gibt Dinge, die sind in Deutschland immer gleich. Der Fußball wird entweder schlecht oder zu defensiv gespielt, die Bahn kommt entweder gar nicht oder mit Ansage zu spät, und der politische Diskurs ist entweder „verroht“ oder „besorgniserregend im Ton“. Letzteres wird derzeit wieder in epischer Breite beklagt. Kaum wird im Bundestag ein Satz mit erhobener Stimme gesprochen, schon ruft irgendein medialer Schwanengesang den demokratischen Sittenverfall aus. Die Republik, so scheint es, wird von Wortgewaltigen belagert. Der politische Anstand sei in Gefahr, die Debattenkultur kurz vor dem Exodus.

Man fragt sich, ob diese Kommentatoren ihre Erinnerungen irgendwo im Weichspülgang der Geschichte verloren haben. Oder ob sie tatsächlich glauben, dass der Parlamentarismus in den 1970ern ein Kamingespräch unter Klosterschwestern gewesen sei.

Der Bayerische Orkan – Franz Josef Strauß im Originalton

Franz Josef Strauß war kein Freund der leisen Töne. Strauß war die menschgewordene Gegenwart des Orkans im Parlamentarismus. Wenn er sprach, dann zitterte nicht nur das Rednerpult, sondern mitunter auch das Raum-Zeit-Kontinuum. Seine Angriffe? Episch. Seine Wortwahl? Jenseits jeder Pressesprecher-Syntax. Heute würde man nach jedem dritten Satz den Presserat anrufen.

Ein paar Kostproben gefällig?

Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen.

Das ist nicht nur ein Aphorismus, das ist eine rhetorische Betonplatte, die bis heute über der politischen Romantik lastet. Hätte Strauß im Bundestag sanft gegrummelt, wäre er heute vergessen. Stattdessen donnerte er:

Die Opposition benimmt sich wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen!

Und wenn ihm die politische Konkurrenz allzu sehr auf den Wecker fiel, erklärte er sie kurzerhand für intellektuell minderbemittelt:

Die geistige Umweltverschmutzung, die von Ihnen ausgeht, ist unerträglich!

Man stelle sich vor, ein heutiger Abgeordneter würde so etwas ins Mikro brüllen – man müsste wahrscheinlich einen Trauma-Notdienst für Social-Media-Redakteure einrichten.

Strauß war kein Politiker im heutigen Sinne – er war ein rhetorischer Bulldozer. Wer ihn stoppen wollte, hätte mindestens eine Schneise in den Bundestag fräsen müssen. Aber die Leute damals wussten: Das ist Demokratie im Schichtbetrieb. Da wird auch mal Dreck gemacht.

Der eiserne Sensenmann der Rhetorik – Herbert Wehner

Doch wer glaubt, der bayerische Donnerschlag wäre damals allein auf weiter Flur gewesen, der hat Herbert Wehner vergessen. Wehner war kein Lautsprecher wie Strauß – er war schlimmer. Wehner war der Meister der gezielten Demontage. Wo Strauß donnerte, sägte Wehner. Präzise. Kaltschnäuzig. Wenn Wehner sprach, spürte man förmlich, wie im Plenarsaal der Sauerstoff knapp wurde. Nicht weil er schrie – sondern weil er jeden Gegner mit chirurgischem Sarkasmus zerlegte.

Eines seiner berühmtesten Zitate:

Sie sind doch eine Filzlaus am Parlamentarismus!

Stellen Sie sich das mal vor, heute. „Filzlaus“! Man müsste das Wort erstmal wieder in den Sprachgebrauch einführen, bevor man es verwenden könnte. Wehner aber schleuderte es ins Plenum wie ein gepflegtes Florett mit Stacheldraht.

Oder sein Kommentar an die Union:

Ihr Gewäsch ist die Verwesung der Politik.

Das ist nicht der Tonfall einer Sonntagsmatinee, sondern verbale Kriegsführung. Aber Wehner wusste: Demokratie braucht Reibung. Und Reibung erzeugt Hitze – nicht Konsensplüsch.

Sein wohl bösester Satz? Gerichtet an einen FDP-Abgeordneten:

Sie sind ein ungezogener Lümmel, und wenn Sie das Wort nicht richtig verstehen, dann können Sie’s ja mal nachschlagen!

Heute würde das den Ethikrat auf den Plan rufen. Damals war es Alltag.

Der Wandel vom Boxring zur Yogastunde

Was ist passiert, dass aus dem einstigen rhetorischen Boxring namens Bundestag eine Mischung aus Meditationszentrum und moralischem Feuilleton geworden ist? Damals wurden politische Gegner nicht zum Kakao eingeladen, sondern mit dem intellektuellen Knüppel bearbeitet. Es ging nicht darum, ob jemand sich „angegriffen fühlte“. Es ging darum, ob jemand Substanz hatte. Wer sich verletzt zeigte, wurde nicht getröstet – er wurde ausgelacht. Demokratie bedeutete Debatte, nicht Dialogpädagogik.

Heute hingegen wird aus jedem verbalen Rempler ein Fall für den Diskurs-Notstand erklärt. Ein bisschen Polemik – und sofort steht der Chor der Mikroaggressions-Detektoren bereit. Die Grenze zwischen Beleidigung und Meinungsäußerung wird so eng gezogen, dass kaum noch ein Gedanke hindurchpasst.

Politik ist kein Streichelzoo

Strauß und Wehner wussten, dass Demokratie auch Kampf ist. Natürlich kein Kampf mit Fäusten, sondern mit Worten, Konzepten, Ideen – und ja, auch mit Beleidigungen. Warum? Weil das Wesen des Parlamentarismus nicht darin besteht, auf Kuschelkissen gemeinsame Erklärungen zu stricken, sondern in der Auseinandersetzung. Man muss sich die Wahrheit schon gegenseitig ins Gesicht sagen – und manchmal wird dabei gespuckt, statt gesäuselt.

Oder um es mit Strauß zu sagen:

Wenn man sich in der Politik nicht ab und zu die Hände schmutzig macht, dann hat man keine Politik gemacht.

Und Wehner ergänzte sinngemäß:

Wer mit Wattebäuschen wirft, darf sich nicht wundern, wenn er übersehen wird.

Fazit: Mehr Zwergenschläge, weniger Zwergenaufstand

Also, liebe Hyperventilierenden des 21. Jahrhunderts: Spart euch das Mimimi über den angeblich „rohen Ton“. Ihr habt Strauß und Wehner nicht überlebt – ihr habt sie gar nicht erlebt! Das, was ihr heute beklagt, ist im Vergleich zur Vergangenheit ein freundliches Kratzen an der Tür.

Die Demokratie verrottet nicht am Streit. Sie verrottet am Stillstand. An Konsenslethargie. An Leuten, die glauben, politische Debatten müssten wie ein Wellness-Wochenende ablaufen.

Wenn ihr also das nächste Mal einen Abgeordneten hört, der im Bundestag Klartext spricht, dann schnappt euch einen Kamillentee – aber bitte schweigt dabei. Oder lest ein paar Reden aus den 70ern. Dann werdet ihr feststellen: Die Demokratie war schon immer laut. Und das ist auch gut so.

Die Pipeline der Abhängigkeit

oder wie Europa lernte, den Gashahn aus Übersee zu lieben

Es ist ein eigenartiges Gefühl, im Jahr 2025 Europäer zu sein. Ein Gefühl zwischen Fremdscham und Fremdbestimmung, zwischen Eiertanz und Erpressung. Und wer die Nachrichten aufmerksam liest, der weiß: Es geht nicht mehr nur um Inflation, Migration oder den Untergang des Mittelstands. Nein, es geht um Gas. Immer noch. Immer wieder. Gas – dieses schmutzige Molekül, das sich so wunderbar in Geld und geopolitische Macht umwandeln lässt. Und niemand versteht das besser als die transatlantische Achse, an deren Schrauben Ursula von der Leyen mit chirurgischer Präzision dreht.

Die neueste Wendung in diesem absurden Schauspiel: Die Reparatur der gesprengten Nord-Stream-Pipelines – jenes Mahnmals europäischer Selbsttäuschung auf dem Grund der Ostsee – soll faktisch kriminalisiert werden. Wer es wagt, über Flickzeug für Nord Stream zu sprechen, über Wartung, über Wiederinbetriebnahme, der landet nicht auf der Forbes-Liste, sondern auf der Sanktionsliste. Das nennt sich dann nicht mehr Korruption, sondern „strategische Autonomie“. Man merkt: Die Begrifflichkeiten haben sich verändert, die Machtverhältnisse auch.

Der Preis der Freiheit: 40 Prozent Aufschlag und ein freundliches Lächeln aus Texas

Es wäre beinahe komisch, wenn es nicht so teuer wäre. In Washington reibt man sich die Hände, in Houston gleich mit. Denn während Europa sich unter der Führung seiner Kommissionspräsidentin vom russischen Gas lossagt – und dabei wie ein schlecht vorbereiteter Selbsthilfe-Guru auf Entzug geht – füllt sich das US-Portemonnaie mit europäischem Geld. Flüssiggas aus den USA kostet nicht nur mehr, es ist auch ökologisch fragwürdiger, energieaufwendiger, umweltschädlicher in der Förderung – Stichwort Fracking – und: es bindet Europa dauerhaft an die Versorgungskette der Vereinigten Staaten.

Das nennt man dann „Diversifizierung“. Früher sagte man dazu: Abhängigkeit verlagern. Aber Wörter sind geduldig, und wer genug PR-Agenturen füttert, kann aus jeder Abhängigkeit eine Tugend machen. Das ist die wahre Magie der Gegenwart: Man verkauft Knechtschaft als Fortschritt, nennt Vasallentreue „westliche Wertegemeinschaft“ und lässt den Bürger zahlen. Für den Frieden, versteht sich. Für den Frieden, der aus der Zapfpistole eines LNG-Terminals kommt.

Von der Leyens Neusprech: Wenn Korruption Strategie heißt

Natürlich könnte man fragen: Cui bono? Wer profitiert? Aber diese Frage ist heutzutage altmodisch geworden, beinahe obszön. In den feinen Konferenzräumen von Brüssel und Davos spricht man nicht mehr von Korruption, sondern von „Public Private Partnerships“. Von der Leyen, die mit einem Vertrauensvorschuss operiert, der von ihrer Vergangenheit als Verteidigungsministerin eigentlich restlos aufgebraucht sein müsste, erklärt derweil: Europa müsse resilient werden. Resilient gegen den eigenen Verstand, könnte man hinzufügen.

Die Pipeline durch die Ostsee? Ach was, das war gestern. Heute verlegt man unsichtbare Pipeline-Verträge durch die Gremien der EU-Kommission. Geheim gehalten, versteht sich, wegen „sicherheitsrelevanter Aspekte“. Und wenn dann der nächste Energiekommissar nach seinem Brüsseler Dienstjahr in den Aufsichtsrat eines US-Gasunternehmens wechselt, dann wird das nicht als Schmiergeldaffäre verbucht, sondern als „Expertenkarriere im privaten Sektor“. Der Sumpf hat einen neuen Namen bekommen: er heißt Governance.

Die Moral der Geschichte: Satire ist, wenn man trotzdem zahlt

In Wahrheit ist das alles natürlich ein Treppenwitz der Geschichte. Deutschland und Europa haben jahrzehntelang den Mund vollgenommen vom „Green Deal“, von Nachhaltigkeit und Unabhängigkeit. Und jetzt? Jetzt brennt in Wilhelmshaven Tag und Nacht das US-Gas, während Habeck die Bürger zum Sparen anhält und Ursula von der Leyen den nächsten Deal mit den Staaten einfädelt. Man könnte lachen, wenn es nicht so wehtäte.

Die Ironie ist perfekt: Wer heute über die Reparatur der Nord-Stream-Leitungen spricht, der ist kein Ingenieur mehr, sondern ein Krimineller. Wer sich fragt, ob es vielleicht günstiger und klüger wäre, beschädigte Infrastruktur instand zu setzen statt Milliarden für neue US-Terminals auszugeben, der gerät ins Fadenkreuz der transatlantischen Zensur. Energiepolitik wird nicht mehr in Kilowattstunden gerechnet, sondern in Loyalitätspunkten. Wer brav ist, darf kaufen – zu Preisen, die andere machen.

Schlussgedanke: Das ist keine Verschwörung – das ist ein Geschäftsmodell

Man sollte den Fehler nicht machen, hinter all dem eine finstere Verschwörung zu vermuten. Das ist viel zu simpel. Nein, das hier ist einfach nur Kapitalismus in seiner ehrlichsten Form: Angebot, Nachfrage, geopolitisches Geschacher. Ursula von der Leyen spielt dabei nicht die Marionette, sondern die Souffleuse, die den Text ins Ohr flüstert: „Strategische Autonomie!“, „Energiewende!“, „Freiheit von russischer Erpressung!“ – und niemand fragt nach dem Preis, solange die Rhetorik stimmt.

Manchmal, ganz selten, gönnt sich die Geschichte einen besonders bitteren Witz. Der aktuelle lautet: Europa befreit sich von einer Gasabhängigkeit, indem es sich in die nächste begibt. Nur teurer. Nur weiter weg. Und mit weniger Optionen, irgendwann wieder auszusteigen.

Die Reparatur von Nord Stream? Kriminalisiert. Die Abhängigkeit von amerikanischem Flüssiggas? Subventioniert. Man nennt das Fortschritt. Und wer widerspricht, der kann ja schon mal den neuen LNG-Vertrag unterschreiben – mit einem zwinkernden Auge und einer Träne im Portemonnaie.

Der Westen rüstet auf, der Osten gräbt sich ein …

… und dazwischen liegt die Wahrheit im Massengrab

Die Weltgeschichte liebt Wiederholungen, vorzugsweise in der grausameren, lächerlicheren, schlechter inszenierten Version. Wir schreiben das Jahr 2025, aber eigentlich könnte es auch 1916, 1942 oder 2003 sein – nur dass diesmal TikTok mitfilmt. Während Europa brav den Scheck ausstellt und Amerika gewohnt zuverlässig den Raketenwerfer liefert, dreht sich das große Hamsterrad der geopolitischen Moritat weiter. Das Drehbuch ist bekannt, die Rollen sind verteilt, und wie immer sind es die unteren Chargen, die das große Finale mit ihrem Blut bezahlen.

Die Europäer, diese alternden Exportweltmeister mit moralischem Zuckerguss, überweisen Milliarden in die Ukraine, als ob der Krieg ein besonders scharf gewürzter Netflix-Account wäre, den man für den Weltfrieden abonnieren muss. Die Amerikaner hingegen, pragmatisch wie immer, schicken das, was sie am besten können: Waffen. Viele Waffen. Mehr Waffen als nötig wären, wenn es jemals um Frieden ginge – aber wer redet noch von Frieden? Der hat in den Talks von Davos oder den Rüstungs-Messen in Abu Dhabi sowieso Hausverbot.

Die Ukro-Betrugsmasche: Kriegswirtschaft als Ponzi-Schema

Man nennt es Hilfe, aber es ist ein perfider Etikettenschwindel. Die Oligarchen, pardon: die „Führungsschicht“ in Kiew, scheffeln sich goldene Keller voll Dollars und Euros, während im Donbas weiter gestorben wird. Der Westen klatscht artig, liefert weiter Panzer und Patronen, schiebt Geld über die Grenze, das unterwegs auf wundersame Weise in Villen am Genfer See und auf Konten in Zypern verschwindet.

Es ist ein gigantisches Umverteilungsprogramm von unten nach oben, von den Steuerzahlern zu den Kriegsgewinnlern. Nur nennt es niemand beim Namen. Lieber versteckt man den Skandal hinter blau-gelben Flaggen-Emojis und moralisierender Rhetorik. Das nennt man heute Wertepolitik. Früher hätte man es organisierten Betrug genannt.

Sterben für die Rüstungsaktienkurse

Die Armen kämpfen, die Reichen zählen das Geld, oder wie es Rosa Luxemburg formulierte: „Die Dividenden steigen, und die Proletarier fallen“. Das ist keine Neuigkeit, das ist der Naturzustand des Kapitalismus im Krieg. Man könnte es zynisch nennen – wäre es nicht einfach nur die logische Fortsetzung der Wirtschaftsordnung, die wir uns eingerichtet haben.

Während Lockheed Martin, Rheinmetall und Co. Kursgewinne feiern, fliegen an der Front die Körperteile durch die Luft. Der Westen nennt das „Verteidigung der Freiheit“. Der Osten nennt es „militärisch-technische Operation“. Die Wahrheit ist: Es ist Geschäft. Und wo Geschäft gemacht wird, stirbt die Moral zuerst. Danach der Mensch.

Die Russen rücken auf, der Westen rückt Papiersoldaten nach

Während in Brüssel noch über die nächste Tranche nachgedacht wird, machen russische Truppen im Osten langsam, beharrlich Geländegewinne. Die Ukraine ist inzwischen ein Dauerprojekt wie der Berliner Flughafen – nur mit mehr Leichenbergen.

Man redet von Offensiven, von Durchbrüchen, von strategischen Umgruppierungen – und meint in Wirklichkeit Rückzüge, Erschöpfung und das schleichende Eingeständnis, dass die „regelbasierte Weltordnung“ an den Schützengräben verblutet. Aber niemand gibt das zu. Stattdessen verlängert man den Krieg wie eine schlechte Fernsehserie, die längst keinen Handlungsbogen mehr hat, nur noch immer neue Staffeln mit höheren Einschaltquoten für CNN und Fox News.

Die unausweichliche Katastrophe

Wie wird das enden? Natürlich hässlich. Es gibt keinen eleganten Ausgang aus einer Farce, die längst zur Tragödie geworden ist. Entweder wird die Ukraine weiter zerschlissen, bis nur noch ein Protektorat übrig bleibt, verwaltet von den Restbeständen der CIA, der BlackRock-Gruppe und den üblichen korrupten Lokalgrößen. Oder der Krieg eskaliert noch weiter, schwappt über in neue Regionen, bis irgendwann jemand in Washington oder Moskau den falschen Knopf drückt – aus Versehen oder aus Berechnung, was am Ende keinen Unterschied macht.

Das Narrativ vom „langen Krieg“ ist bereits Mainstream: Ein Krieg, der nicht gewonnen, sondern verwaltet wird. Ein Krieg als Dauerzustand. Als Geschäftsmodell. Als Polit-Ersatzprogramm für gescheiterte Eliten, die zuhause nichts mehr geregelt kriegen, aber wenigstens auf dem Globus die Muskeln spielen lassen dürfen.

Und wir? Wir zahlen die Rechnung

Am Ende bleibt die bittere Wahrheit: Wir alle bezahlen das – mit unseren Steuergeldern, mit der geopolitischen Destabilisierung, mit den nächsten Flüchtlingswellen, mit der Inflation, mit der Verrohung der politischen Kultur. Während der einfache Ukrainer und der einfache Russe in den Schützengräben erfrieren oder verbrennen, streiten sich westliche Think Tanks um Fußnoten in ihren Papers über „sinnvolle Eskalation“.

Aber trösten wir uns: Die nächsten Friedenspreise sind schon vergeben, die Talkshow-Sessel sind warm, die Journalisten haben ihre Schlagzeilen. Und irgendwo in einem Penthouse in Kiew, Zürich oder Washington wird gerade angestoßen – auf die nächste Waffenlieferung.

Prost.

Die heroische Zumutung – Egon Flaigs Opferkult

Von der Wohltemperierten Kriegsbeobachtung aus dem Lehnstuhl

Man muss schon eine gewisse Chuzpe besitzen, um aus der behaglichen Sesselfalte des FAZ-Feuilletons heraus der Ukraine vorzuhalten, sie habe ihren „Kairos“ verpasst, weil die Diskotheken noch offen sind und die Hantelbänke weiterhin poliert werden. Egon Flaig hat diese Chuzpe – und noch ein bisschen mehr. Er liefert am 11. März 2025 im Feuilleton der FAZ nicht nur eine Lobeshymne auf den heroischen Opfermut, sondern vergibt auch gleich olympische Haltungsnoten für die Kriegsführung der Ukraine, als säße er in der Jury eines martialischen Eiskunstlaufwettbewerbs. Punktabzug fürs fehlende Blutopfer in der Kür, elegante Armführung beim Patriotismus, aber leider zu wenig Selbstaufgabe in der Pflicht. Und immer schön daran denken: Das Leben der anderen ist zum Verbrauchen da.

Flaig, der sich sonst als Althistoriker mit spartanischen Hopliten oder römischen Virtus-Kulturen beschäftigt, greift nun beherzt zur Gegenwartsdiagnose: Die Ukraine sei – o Graus – längst eine postheroische Gesellschaft geworden. Der Verzicht auf eine flächendeckende Generalmobilmachung im Frühjahr 2022 wird ihm zum historischen Betriebsunfall. Das Volk, so seine Lesart, hätte nur auf das Startsignal gewartet, um massenhaft den Fitnessstudio-Jargon gegen das Marschlied zu tauschen. Stattdessen, wie der grantige Professor im Brustton der Poseidonius-Rezeption raunt, bleibe die zivilgesellschaftliche Sphäre „pulsierend“ – ein schamloses Leben zwischen Latte Macchiato und Tanzfläche, während an der Front gekämpft und gestorben wird.

Man fragt sich unwillkürlich: Sitzt Flaig da im deutschen Eichenholzstuhl und notiert sich, wie viele Ukrainer heute wieder „wehrkraftzersetzend“ ihr Leben leben? Und wem genau, möchte man anmerken, nützt eigentlich eine Gesellschaft, die sich vollständig selbst verzehrt, um ihre „Kampfmoral“ zu stärken? Vielleicht sollte man den Diskothekenbesuch gerade deshalb als patriotische Tat begreifen: als Verweigerung der totalen Selbstaufgabe. Doch dazu später mehr.

Der Opferdiskurs als Sitzkreis der Staatsphilosophie

Flaigs Argumentation erinnert an ein geistiges Manöver, das man aus den besseren Oberseminaren kennt, in denen spätabends nach zu viel Rotwein und Nietzschelektüre der Punkt erreicht ist, wo jemand den Satz sagt: „Gemeinschaft ist das, was wir brauchen!“ Das klingt immer schön archaisch, nach Lagerfeuer und Heldengesängen, lässt sich aber nur schwer in die Praxis überführen, es sei denn, man steht auf Gruppenzwang, Opfermythen und Blutsbande als politisches Organisationsprinzip.

Dass Flaig hier mit einem wohlmeinenden Plädoyer für den Krieg als nationalstiftendes Sakrament aufwartet, zeigt eine gewisse Verachtung für das, was Soziologen gemeinhin als die moderne, komplizierte Gesellschaft bezeichnen. Helmuth Plessner, ein Philosoph, den Flaig vielleicht als weichgespülten Sozialromantiker abtun würde, hat diese Problematik bereits 1924 seziert: Gemeinschaft ist schön, solange sie im Kleinen funktioniert – im Freundeskreis, beim Kegelclub oder beim kollektiven Schlagerabend. Wird sie jedoch zum politischen Leitbild, wird’s eng und irgendwann auch tödlich.

Denn die Opferlogik der Gemeinschaft kennt keine diplomatische Zwischentöne. Wer nicht mitmacht, ist der Verräter, der Drückeberger, der Schädling im Organismus der Nation. Dass diese Vorstellung ihre intellektuelle Duftmarke eher in den 1930er Jahren als in einer liberalen Demokratie hat, scheint Flaig nicht weiter zu irritieren.

Kant als Kronzeuge? Nur wenn man ihn falsch zitiert

Um seinem Opferdiskurs das philosophische Krönchen aufzusetzen, ruft Flaig dann auch noch Kant zu Hilfe. Das ist ungefähr so, als würde man die vegane Kantine der Grünen als Argument für den Konsum von Tatar heranziehen. Denn Kant ist zwar ein Moralphilosoph, der von Pflichtethik schwärmt, aber ganz sicher kein Fan militärischer Totalverfügbarkeit. Seine berühmte Frage, welches Recht der Staat habe, Bürger in den Krieg zu schicken, beantwortet er mit einem lakonischen: eigentlich keins. Menschen sind, so Kant, keine Kartoffeln, die man nach Belieben schälen, kochen und verzehren darf – auch nicht im Dienste des Vaterlandes.

Nur wenn der Bürger – durch seine Repräsentanten – der Kriegserklärung zustimmt, darf der Staat sein Leben fordern. Es ist also keine Einbahnstraße in Richtung Schlachtfeld, sondern ein Vertrag zwischen gleichberechtigten Akteuren.

Flaig jedoch legt Kant auf die Couch und diagnostiziert ihm posthum eine heimliche Liebe zum heroischen Opfer. Das ist in etwa so, als würde man Schiller auf den Satz reduzieren: „Das Leben der anderen ist das Güter höchste nicht.“ Derart verkürzt klingt sogar Pathos nach Zynismus.

Die Heimatfront als Problemzone der Kriegsführung

Flaigs gefährlichster Gedankengang aber ist der Versuch, den Zustand der Heimatfront zum Schicksalsfaktor der Nation zu erklären. Die Vorstellung, dass sich die Zivilbevölkerung geschlossen hinter den Kampf stellen müsse – und das bitte nicht nur mit moralischer Unterstützung, sondern möglichst mit völliger Selbstaufgabe – trägt den Ruch einer mentalen Generalmobilmachung.

Man kennt das Prinzip aus der deutschen Geschichte, und zwar nicht aus den besten Kapiteln. George Mosse hat es beschrieben: Wie nach dem Ersten Weltkrieg der Kriegsmythos den Frieden vergiftete, wie aus den Frontsoldaten die neuen Heiligen wurden, um die sich der Opferkult schlang wie ein Lorbeerkranz aus Stacheldraht. Dieser Mythos überlebte den Krieg und nährte die faschistische Versuchung: Wer nicht kämpfte, war kein ganzer Mann; wer nicht litt, war kein ganzer Bürger.

Die Parole vom Durchhalten bis zum Letzten ist keine historische Randnotiz, sondern ein gut dokumentierter Weg in den Abgrund. Und wenn heute wieder jemand mit der Pathos-Keule wedelt und den Fitnessstudio-Besuch als zivilisatorischen Verfall anprangert, sollte man hellhörig werden.

Arendt, Schiller und das animalische Niveau

Zum Schluss serviert Flaig noch eine bildungsbürgerliche Dessertvariation mit Schiller und Arendt. Das klingt nobel, ist aber ein ziemlich schaler Aufguss. „Das Leben ist der Güter höchstes nicht“, zitiert er Schiller – ein Satz, den man wahlweise bei Trauermärschen oder bei Herrenabenden nach dem vierten Schnaps hervorholt. Doch wie Ludwig Marcuse schon sagte: Wer so zitiert, meint meist das Leben der anderen.

Und Arendt? Sie hat mitnichten den heroischen Opfermut gepriesen, sondern davor gewarnt, dass totalitäre Systeme den Menschen nicht nur das Leben nehmen, sondern die Welt selbst – den Raum der Freiheit, des Denkens, des Handelns. Arendt wollte keine Gladiatorenschule für den Westen, sondern eine politische Welt, in der Menschen mehr tun dürfen, als sich gegenseitig zu opfern.

Fazit: Das heroische Delirium einer saturierten Gesellschaft

Flaigs Artikel ist letztlich das Symptom einer saturierten Gesellschaft, die sich den Krieg als moralisches Planspiel zurechtlegt. Während reale Menschen sterben, diskutiert man im Feuilleton darüber, ob genug gestorben wird. Das hat etwas von einem makabren Brettspiel: Risiko für Bildungsbürger.

Man kann es auch anders sagen: Wer vom Schreibtisch aus Selbstaufopferung predigt, führt keinen Diskurs über Werte, sondern inszeniert ein Rollenspiel auf Kosten der Betroffenen.

Ja, wir müssen über Wehrhaftigkeit reden, über politische Verteidigungsethik, über den Preis von Freiheit. Aber solange die Antwort darauf aus einem Cocktail aus Carl Schmitt, Schiller und Zuchtmeisterton besteht, bleibt der Nachgeschmack bitter.

Vielleicht hilft hier ein letzter Gedanke von Ludwig Marcuse weiter: „Wer das Leben gering achtet, um der Sache willen, muss sehr sicher sein, dass es wirklich die Sache aller ist – und nicht nur seine eigene Idee davon.“

Vom höflichen Verschweigen des Elefanten im Wohnzimmer

Man stelle sich Folgendes vor: Ein Salon voller kluger Köpfe, die sich zur gepflegten Abenddiskussion eingefunden haben. Der Wein ist dekantiert, der Käse stammt aus der Provence, das Licht ist schummrig genug, um Falten gnädig zu verschleiern, aber nicht so dunkel, dass die Überheblichkeit an Schärfe verliert. Und da steht er: der Elefant im Raum. Groß, grau, schwer, mit dem diskreten Charme eines Obdachlosen im Feuilleton – der Kapitalismus. Alle sehen ihn, keiner spricht ihn an. Stattdessen debattiert man lieber über Symptome: autoritäre Versuchungen, soziale Kälte, Rechtsruck, Fake News, der hässliche Populismus. Ach ja, und irgendwo ganz hinten in der Fußnote: der Faschismus, dieses Relikt aus der Mottenkiste der Geschichte.

Max Horkheimer, dieser grantige Frankfurter mit Zigarette im Mundwinkel und pessimistischer Stirnfalte, war da weniger zimperlich: Wer vom Kapitalismus nicht reden will, solle auch vom Faschismus schweigen. Klare Kante, man kann sich dran schneiden. Aber wie unangenehm, wie unhöflich! Denn nichts ist im gutbürgerlichen Diskurs so verpönt wie das Wort „Kapitalismus“. Das riecht nach Klassenkampf, nach Marx, nach rotem Fiebertraum. Lieber philosophiert man über das „böse Internet“ oder das „böse Klima“, als über die ganz banale Tatsache, dass die kapitalistische Produktionsweise ein systemischer Zerstörungsautomat ist. Man nennt es Fortschritt. Oder Freiheit. Oder, wenn man besonders weltgewandt ist, „Marktdynamik“. Und wenn dann am Ende dieser Fortschritt wieder einmal in Stiefeln daherkommt, wundert sich die liberal gesinnte Mitte, warum der Tanz auf dem Vulkan so plötzlich brandgefährlich wurde.

Kapitalismus als Naturgesetz: Das göttliche Prinzip der Unveränderlichkeit

Der Kapitalismus – diese Religion ohne Gott, aber mit Kreditkarte. Er wird nicht mehr als historisch gewachsene Wirtschaftsform betrachtet, sondern als Naturgesetz verkauft. Wie die Schwerkraft, nur ein bisschen gieriger. „Es gibt keine Alternative“, verkündete schon Margaret Thatcher, die eiserne Heilige der Neoliberalen. Wer dagegen aufmuckt, wird behandelt wie ein Esoteriker, der Gravitation leugnet.

Dabei ist es gerade diese Alternativlosigkeit, die das politische Denken stranguliert. Alles wird zur Marktfrage umdeklariert: Gesundheit, Bildung, Wohnen, sogar das Sterben wird optimiert – die Palliativpflege als letztes Wachstumssegment. Und wenn irgendwo ein Staat zu stark reguliert, schreien die Märkte auf wie ein beleidigtes Kind, dem man das Eis verweigert hat.

Das wäre noch halb so schlimm, wenn es beim ökonomischen Darwinismus bliebe. Doch der Kapitalismus braucht den autoritären Schatten, der ihm die Aufräumarbeiten erledigt. Er braucht Grenzschutztruppen, Überwachungssysteme, Sündenböcke, Notstandsrechte. Der Markt frisst keine Grenzen, aber der Kapitalismus braucht sie – wenn nicht geografisch, dann zumindest sozial. Wer unten liegt, bleibt unten. Wer oben ist, darf sich „Leistungsträger“ nennen, selbst wenn sein einziges Talent darin besteht, Aktienpakete zu verwalten.

Faschismus als Reinigungsmechanismus: Das Ventil der bürgerlichen Ordnung

Hier kommt der Faschismus ins Spiel, der ungeliebte Bastard der bürgerlichen Gesellschaft. Er ist nicht das Andere des Kapitalismus, sondern sein Rettungsanker, wenn der schöne Schein der Demokratie brüchig wird. Er reinigt den Markt von überflüssigen Elementen – Arbeitslosen, Fremden, Intellektuellen, Oppositionellen – und verpackt das Ganze als patriotisches Projekt. Das Kapital regiert dann weiter, nur halt etwas grobschlächtiger. Statt Feuilleton gibt’s Propaganda, statt Shareholder-Value nur noch Vaterlandsverteidigung. Der Mehrwert bleibt derselbe.

Natürlich will das niemand hören. Besonders nicht jene, die es sich auf der Plüschcouch des liberalen Mainstreams gemütlich gemacht haben. Sie beklagen den Aufstieg der Rechten, ohne zu fragen, warum die Rechten überall da aufsteigen, wo der Markt das Leben zertrümmert hat. Prekariat, Entwurzelung, soziale Kälte – alles Kollateralschäden der Flexibilisierung. Doch statt den Kapitalismus zu benennen, verlagert man die Schuld auf „die Dummen“, „die Abgehängten“, „die Wutbürger“. Man behandelt das Problem wie eine allergische Reaktion des Pöbels, nicht wie eine systemische Konsequenz.

Die Schweigespirale der Wohlmeinenden: Von der Angst, unmodern zu sein

Warum dieses Schweigen? Weil die Linke in den 1990ern in die Wellnesskur ging. Sie hat den Kapitalismus nicht mehr als Gegner betrachtet, sondern als Partner mit sozialem Antlitz. Schröder, Blair, Clinton – alle wollten sie den Tiger reiten, statt ihn zu erlegen. Heraus kam die Agenda 2010, der dritte Weg, das neoliberale Lächeln. Und als das Kartenhaus 2008 zusammenbrach, reichten die Banken den Kassenzettel an die Gesellschaft weiter. Die Konzerne wurden gerettet, die Armen bekamen Hartz IV. Wer sich darüber beschwerte, war „populistisch“.

Heute gibt es zwar wieder Kapitalismuskritik – aber bitte nur in homöopathischen Dosen. Man redet über Nachhaltigkeit, über grüne Start-ups, über „social entrepreneurship“. Der Kapitalismus soll bitte Bio werden, nachhaltig, gendergerecht und klimaneutral. Wie ein veganer Burger, der trotzdem genauso viel Fett enthält wie der alte. Der Elefant bekommt einen Blümchenkranz um den Hals und darf im Raum bleiben.

Der humorvolle Abgrund: Warum wir trotzdem lachen sollten

Das Tragische an der ganzen Farce ist, dass sie so unfassbar komisch ist. Der Kapitalismus frisst seine Kinder – und die Kinder liefern ihm dafür noch das Catering. Influencer verkaufen uns Detox-Tee, während sie an Burnout leiden. Klimakatastrophen werden als Investitionschance verpackt: „Grünes Wachstum!“ Wer sich das nicht schönsaufen kann, sollte wenigstens lachen. Denn Zynismus ist das letzte Refugium des Verstandes in einer Welt, die sich selbst als alternativlos definiert.

Also ja: Wer vom Kapitalismus nicht reden will, sollte vom Faschismus schweigen. Oder besser noch: die Klappe halten, wenn es wieder heißt, der neue autoritäre Führer sei „aus dem Nichts gekommen“. Er kam nicht aus dem Nichts. Er kam aus dem Markt. Er kam aus dem Shareholder Value. Er kam aus der Angst der Besitzenden, den Laden nicht mehr kontrollieren zu können. Und wenn der Kapitalismus wieder einmal wankt, ruft er nicht nach der Demokratie, sondern nach der Kavallerie.

Coda: Vom Mut, den Elefanten zu benennen

Man muss den Kapitalismus nicht abschaffen, um ihn zu kritisieren. Man muss ihn nur beim Namen nennen, ihn entzaubern, ihn von seinem göttlichen Thron holen. Denn solange wir so tun, als wäre der Markt die Natur und der Faschismus der Betriebsunfall, wird sich die Geschichte wiederholen. Immer wieder. Mit immer neuen Gesichtern, aber demselben alten Spiel.

Der Elefant steht da, freundlich trompetend. Vielleicht wäre es langsam Zeit, ihm ins Auge zu sehen.

Die Stunde der Feldherren

Roderich Kiesewetter und die Kunst der Fernbedienungskriegführung

Vom Oberst zur Schießbudenfigur

Es gibt in der deutschen Politik eine seltene Spezies, die sich selbst als sicherheitspolitischen „Vordenker“ versteht und von der Öffentlichkeit als sicherheitspolitisches Echo empfunden wird. Einer, der immer dann tönt, wenn es gerade besonders knallt. Einer, der militärische Planspiele auf Talkshow-Sofas entwirft wie andere Menschen Kreuzworträtsel lösen. Sein Name: Roderich Kiesewetter, CDU, einst Oberst a.D., heute Oberst im Ankündigungsdienst. Er gehört zu jenen Figuren, die sich in Talkshows nicht setzen, sondern lagern – wie Generäle in Napoleon-Filmen –, den Blick auf unsichtbare Landkarten gerichtet, während sie mit der Hand über den Imaginationsglobus fahren und sich fragen: Warum steht da noch ein Gebäude in Moskau?

Kiesewetter, der inzwischen offenbar als eine Art zivilmilitärischer Eventmanager für Eskalationsrhetorik fungiert, sagte jüngst, was viele sich nicht mal im innersten Stammtischtrauma zu denken trauen: Der Krieg müsse „nach Russland getragen werden“. Ziel: Russische Ölraffinerien, Ministerien, Hauptquartiere, Kommandoposten, Gefechtsstände – kurz gesagt: Alles, was brennt oder sich koordinieren lässt. Die Liste seiner präferierten Einschlagsziele liest sich wie der Wunschzettel eines strategischen Bombers, der das Zeitalter der Diplomatie für einen Betriebsunfall hält.

Man könnte meinen, Kiesewetter habe beim großen Basar der Bellizisten ein All-You-Can-Bomb-Menü gebucht. Außenpolitik als Highscore-Spiel im geopolitischen Arcade-Simulator – mit ihm als Commander-in-Chief im Ledersessel des Morgenmagazins. Der Unterschied zwischen Kiesewetter und einem Computerspiel liegt allerdings darin, dass bei Kiesewetter reale Menschen sterben würden. Aber vielleicht ist gerade das der Reiz für manche, die schon mit Clausewitz als Gute-Nacht-Lektüre einschliefen.

Die Sehnsucht nach der großen Entscheidung

Der Satz „Der Krieg muss nach Russland getragen werden“ hallt durch den deutschen Diskurs wie eine schlecht schallgedämpfte MG-Salve durch eine Bibelstunde. Was Kiesewetter hier vorschlägt, ist nichts Geringeres als die freiwillige Bewerbung Deutschlands als Co-Belligerent. In der Sprache des Völkerrechts klingt das wie ein Eintrittsgesuch ins Clubhaus der Beteiligten. In der Sprache der deutschen Nachkriegspolitik klingt es wie der vollständige Gedächtnisverlust.

Denn während andere noch darüber diskutieren, wie man einen Dritten Weltkrieg verhindern kann, hat Kiesewetter offenbar schon die Einladungskarten gedruckt. Das ist konsequent, wenn man davon ausgeht, dass der historische Fehler des 20. Jahrhunderts nicht der Krieg war, sondern seine unzureichende Führung.

Man spürt in seinen Aussagen die fast kindliche Sehnsucht nach dem „großen Wurf“, nach der „letzten Entscheidung“. Der Krieg als ordnendes Prinzip, als „ultima ratio“, das lateinische Feigenblatt, hinter dem sich die blutige Nacktheit der Gewalt verbirgt. Endlich keine lästige Diplomatie mehr, keine langen Verhandlungen, keine normativen Schwurbeleien. Stattdessen: präzise Einschläge und klare Botschaften.

Man könnte meinen, Kiesewetter habe bei Netflix die Serie „Der Zweite Weltkrieg in Farbe“ gebinged und sich dabei gedacht: „Schade, dass es vorbei ist. Aber vielleicht geht da ja noch was.“

Strategie aus der Fußgängerzone

Nun ist Roderich Kiesewetter kein ungebildeter Mann. Er hat gelernt, er hat gedient, er hat gebrüllt, er hat gebuckelt, er hat befohlen. Er weiß, was Krieg ist – oder zumindest wusste er es einmal. Und genau das macht seine jüngsten Äußerungen so irritierend. Denn wer so genau weiß, was Zerstörung bedeutet, der sollte sich vielleicht zweimal überlegen, ob er sie im öffentlich-rechtlichen Sendeformat propagiert wie den Wetterbericht.

Aber vielleicht sind das gar keine echten Vorschläge, sondern rhetorische Pyrotechnik für das sicherheitspolitische Spektakelpublikum. Ein bisschen wie Schausteller auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten, die mit künstlichen Explosionen werben, um den Sicherheitsgurt des Zuschauers enger zu schnallen.

Kiesewetters Strategie ähnelt der eines Spielzeugpanzers, den man mit viel Getöse über den Asphalt der Talkshow-Kulisse schiebt, während man ruft: „Jetzt wird zurückgeschossen!“ Dabei ist der Unterschied zwischen Krieg führen und Krieg fordern ungefähr so groß wie der zwischen einem Scharfschützen und einem Mann, der mit der Fernbedienung auf den Fernseher zielt.

Es ist die Strategie der Fußgängerzone: große Worte, lauter Ton, möglichst martialisch. Der Soundtrack dazu: Pathos auf 180 Dezibel, garniert mit dem altbewährten „Wir dürfen keine Angst haben“-Narrativ, das traditionell immer dann ausgepackt wird, wenn es darum geht, anderen den Kopf hinzuhalten.

Die Moralphilosophie des Marschflugkörpers

Natürlich verkauft Kiesewetter seine Vorschläge nicht als Kriegshetze, sondern als Moralpflicht. Er verpackt sie in das Etikett des „Schutzes der Ukraine“, des „Einfrierens des Konflikts“, des „Schwächens der russischen Kriegsmaschinerie“. Das klingt alles sehr nach ethischer Verpflichtung, nach Kant mit Kalaschnikow. Nur dass Kant am Ende des „Kategorischen Imperativs“ nicht das Wort „Luftschlag“ stehen hatte.

Doch genau in diesem moralischen Selbstüberhöhungslabor werden die gefährlichsten Ideen geboren. Wer den Marschflugkörper mit Gewissen versieht, der verliert schnell den Überblick über die Trümmerlandschaften, die er erzeugt. Denn wenn der Krieg nicht mehr nur Mittel ist, sondern plötzlich Tugend – dann gibt es keine Grenze mehr zwischen Verteidigung und Angriff, zwischen Notwehr und Eskalation. Dann wird der Präventivschlag zur Wohltat, der Angriff zur Fürsorge, der Krieg zur Therapie.

Kiesewetter liefert uns das in Reinform. Der Krieg muss nach Russland getragen werden – nicht aus Lust am Zerstören, nein, sondern aus einer geradezu pädagogischen Verpflichtung heraus: Der böse Putin muss „lernen“. Das klingt fast so, als hätte man einen lauten Nachbarn, den man nun aus Erziehungsgründen mit der Abrissbirne besucht.

Applaus vom Balkon der Verantwortungslosigkeit

Die Reaktionen auf Kiesewetters Vorschläge sind bezeichnend: Einige applaudieren, andere schweigen, wieder andere zucken mit den Schultern und sagen: „Naja, irgendwer muss es ja mal sagen.“ Dass dieser Satz meistens der Vorbote für Desaster ist, hat die Geschichte bewiesen. Aber in Zeiten der medialen Empörungskonjunktur kann man mit sowas eben Quote machen.

Der moralische Balkon, von dem Kiesewetter seine Wortsalven abfeuert, ist hoch, sehr hoch. Er steht dort oben, weht das Fähnchen der Verantwortung und schreit in den Hof der Realpolitik hinab: „Jetzt seid doch endlich mal mutig! Zieht mit!“ Dass unten auf dem Boden Menschen leben, sterben, frieren, fliehen – das fällt von da oben schwer auf.

Finale Furiosa

Man kann von Roderich Kiesewetter halten, was man will. Ein Dilettant ist er nicht. Ein Leisetreter auch nicht. Er ist vielmehr der Vertreter jener deutschen Post-Helmut-Kohl-Sicherheitselite, die den Krieg als politisches Werkzeug rehabilitieren will, um endlich nicht mehr als Zauderer dazustehen. Lieber „verantwortungsvoll eskalieren“ als „nichts tun“, lautet die Devise. Das klingt klug, solange man sich nicht überlegt, was „alles tun“ eigentlich konkret bedeutet. Oder wie viele Menschenleben dieser „Krieg, den wir nach Russland tragen“, kosten wird – und wessen Leben genau. Spoiler: Vermutlich nicht das von Kiesewetter.

Und so bleibt am Ende der Eindruck eines Mannes, der mit dem Schwert der Moral fuchtelt, während er auf der geopolitischen Bühne steht und ruft: „Ich will nur helfen!“ Aber wer mit solchen Vorschlägen hilft, der sollte sich nicht wundern, wenn am Ende kein Feuer gelöscht, sondern der ganze Kontinent abgefackelt wird.

Der Krieg nach Russland? Vielleicht fangen wir erst einmal damit an, den Wahnsinn zu Hause zu lassen.

Der Opfermut-Industriekomplex

Präludium der Pietät: Wenn der Krieg ins Wohnzimmer klopft

Manchmal öffnet sich das Fenster zur Hölle nicht mit Panzern, sondern mit Interviews. Auf 3sat, jenem Kanal, der sonst mit Beethoven-Sonaten, Astrophysik-Dokus und der neuesten Kafka-Interpretation die Bildungsbürger zum Einschlafen bringt, wurde jüngst das Tor aufgestoßen für eine viel fundamentalere Debatte: die der Opferbereitschaft. Nicht für den Nächsten, nicht für das Gemeinwohl im Sinne der Wohlfahrtspflege oder der Nachbarschaftshilfe. Nein, für den Krieg.

Der Historiker Egon Flaig, offenbar der Hofchronist der neuen Bellizistenklasse, beklagte im Fernsehen öffentlich die Unwilligkeit der Eltern, ihre Kinder als Soldaten zu sehen – als zukünftige tote Soldaten, präziser gesagt. Ein bitteres Lamento über mangelnden Opfermut. Über verweichlichte Eltern, die partout nicht bereit sind, ihre Brut dem Kugelhagel anzuvertrauen, damit diese dort am Frontabschnitt X für das sogenannte Gemeinwesen bluten, wahlweise sterben.

Man müsse, so Flaig, endlich Schluss machen mit diesem „jahrzehntelangen Pazifismus“, der die Gesellschaft lethargisch und moralisch verkommen habe lassen. Die Lösung? Eine kulturelle Umprogrammierung. Wie beim Thermostat: auf kalt stellen. Herz ausschalten, Gewehr sichern.

Die neue Menschenopferkultur: Ein Upgrade aus der Mottenkiste der Geschichte

Da reibt man sich als Zeitgenosse die müden Augen: Ein Historiker will das Kinderopfer zurück. Nicht in Karthago, nicht im alten Sparta, sondern im Jahr 2025, im deutschen Fernsehen.

Natürlich nicht als religiösen Ritus – nein, viel moderner soll es sein, aufgeklärt quasi, mit didaktischer Begleitbroschüre und PowerPoint-Präsentation. „Eltern, lernt eure Kinder loszulassen“, so könnte das Seminar heißen. Untertitel: „Heldentum statt Helikoptereltern“.

Dass die alten Götter nach Blut schrien, ist bekannt. Baal forderte Erstgeborene, die Azteken versorgten Huitzilopochtli täglich mit Menschenherzen. Und nun also Flaig, der sich vermutlich bei Tacitus und Clausewitz warmgelesen hat und dabei übersah, dass wir seit dem Zweiten Weltkrieg dachten, wir seien wenigstens in Mitteleuropa aus dem Schlachthaus der Geschichte ausgestiegen. Dachten wir. Irrtum.

Offenbar wird das Menschenopfer neu ins Sortiment aufgenommen. Der Markt verlangt es.

Der Krieg als Coachingprogramm: Vom Soft Skill zum Hard Kill

Natürlich geschieht das alles mit dem schönsten Euphemismus-Feuerwerk, das die deutsche Sprache hergibt. „Gemeinwohl“, „Verantwortung“, „Tapferkeit“ – es klingt wie eine Mischung aus Bundeswehr-Broschüre, Ratgeberliteratur für Führungskräfte und Sonntagspredigt. Nur dass zwischen den Zeilen das Maschinengewehr lauert.

Der neue Opfermut ist eine Pflicht zur Selbstabschaffung – am besten der anderen, versteht sich. Und damit kommen wir zum eigentlichen Kern der Debatte: Die, die solche Töne anschlagen, sind in der Regel selbst aus dem Alter der Kriegsverwendbarkeit heraus. Der Altersdurchschnitt der Bellizisten-Clique liegt meist deutlich über dem der Wehrpflichtigen. Flaig selbst? Jahrgang 1949. Den Wehrdienst hat er, man darf es annehmen, erfolgreich überlebt – vermutlich, ohne den Atlantikwall gegen die Invasion verteidigen zu müssen. Umso fröhlicher verteilt er jetzt Einsatzbefehle in Talkshow-Studios.

Das nennt man dann „Diskurs“.

Vom Verteidigen zum Vernichten: Wie Sprache zur Waffe wird

Man sollte genauer hinsehen, wenn Begriffe wie „Verteidigung“ benutzt werden. Verteidigung ist so ein freundliches Wort. Es klingt nach Schutzschild, nach Heimatschutz, nach „Mama, der Wolf kommt, ich mach die Tür zu“. Doch in Wahrheit geht es um das Gegenteil: um Angriffskrieg mit moralischem Etikettenschwindel. Wer heute von Verteidigungsbereitschaft spricht, will Aufrüstung. Wer von Opfermut redet, meint Leichen.

Dabei ist es nicht so, dass Pazifismus ein Irrweg wäre. Pazifismus ist schlicht die zivilisatorische Restintelligenz, die nach den zwei Weltkriegen übriggeblieben ist. Wer ihn diskreditiert, will zurück auf Los. Nicht weil er es muss, sondern weil er es kann.

Das Geschäft mit dem Krieg: Shareholder der Waffenlobby klatschen Beifall

Die Waffenindustrie reibt sich die Hände. Rüstungskonzerne jubeln still in ihren Aktionärsberichten, wenn Professoren und Kommentatoren endlich wieder den Krieg als Notwendigkeit verkaufen. Der Satz „Schuld sei ein jahrzehntelanger Pazifismus“ ist der feuchte Traum jeder PR-Abteilung von Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann.

Das Marketing des Todes hat wieder Konjunktur. Die alten Muster werden neu lackiert: Die Kriegspropaganda des 21. Jahrhunderts kommt im Design-Sakko daher, mit Kulturphilosophie-Duktus, in arte-nahen Talkrunden. Sie trägt Lesebrille und ruft zum Töten auf – für das „Gemeinwesen“.

Man könnte lachen, wenn es nicht so perfide wäre.

Die Alternative: Diplomatie als Feindbild

Was wäre denn eigentlich die Alternative? Ganz einfach: Reden. Verhandeln. Diplomatische Lösungen suchen. Verstehen wollen, warum Konflikte eskalieren. Sich die Mühe machen, Friedenslogik zu denken, anstatt Kriegslogik zu befeuern.

Doch das klingt heute wie von einem anderen Planeten. Wer Diplomatie fordert, wird wahlweise als „naiv“, „weltfremd“ oder gleich als „Putin-Versteher“ diffamiert. So einfach ist das. Wer nicht für den Krieg ist, ist gegen das Gute.

Dass es genau das Gegenteil braucht – ein entschiedenes Nein zur Aufrüstung, zu Waffenlieferungen, zur Wiedereinführung des Wehrdienstes –, wird als defätistisch, als unpatriotisch gebrandmarkt. Wer auf Frieden besteht, wird als Gesinnungspazifist beschimpft. Ein Schimpfwort, das es im Duden gar nicht geben sollte, aber in Talkshows inflationär benutzt wird.

Das Resümee: Der Krieg als letzte Antwort der Ideenlosen

Man muss es aussprechen: Wer Opfermut von Eltern fordert, der betreibt nicht Diskurs, sondern Demagogie. Er propagiert das Ende der Zivilisation im Namen ihrer Rettung. Ein Friedhof wird gebaut und als Tempel verkauft.

Die Idee vom „Opfer für das Gemeinwesen“ klingt heroisch, wenn man sie nicht zu Ende denkt. Wer sie zu Ende denkt, sieht Leichensäcke, gebrochene Mütter, amputierte Söhne. Wer sie zu Ende denkt, sieht Propaganda.

Es wird Zeit, sich klar zu positionieren: Nein zu Flaigs Opfermut. Nein zu einer kulturellen Umprogrammierung zurück in die Barbarei. Nein zur Normalisierung des Krieges als Notwendigkeit.

Was es braucht, ist nicht mehr Kriegsbereitschaft, sondern mehr Bereitschaft zum Frieden. Nicht mehr Waffen, sondern mehr Worte. Nicht mehr Helden, sondern mehr Menschen.

Und wenn das naiv klingt, dann sei es so. Lieber naiv als nekrophil.

Und wieder die Ukraine – eine nie versiegende Quelle von Absurditäten

Der Wiederaufbau als Endlosschleife: Willkommen im geopolitischen Perpetuum Mobile

Es gibt Länder, bei denen man den Eindruck hat, sie existieren vor allem als Kulisse für Konferenzen. Die Ukraine ist so ein Land. Man rekonstruiert es permanent, aber nie vollständig. Jede Ruine wird zur Bühne für neue Milliardenversprechen, jedes zerbombte Verwaltungsgebäude zur PowerPoint-Folie in einem G7-Sonderausschuss. Der Wiederaufbau ist längst nicht mehr Mittel zum Zweck, sondern Selbstzweck geworden – wie ein Fitnessstudio-Abo, das man nie kündigt, obwohl man längst weiß, dass man nie hingeht.

Gerade wieder ist es so weit: In Rom – jener Stadt, die selbst so viele Kaiser und Konsuln überlebt hat, dass sie heute alles mit einem milden Lächeln der Ironie betrachtet – treffen sich die westlichen Macher des Fortschritts. Sie sitzen in schallgedämmten Tagungsräumen, tippen auf MacBooks Air, tragen Business-Casual und hören einem Mann zu, der via Video zugeschaltet wird.

Sein Name: Oleksii Chernyshov.
Sein Job: Vizepremierminister der Ukraine für Wiederaufbau.
Sein Status: Angeklagt vom ukrainischen Antikorruptionsbüro wegen Millionenschadens für den Staat.

Und was tut dieser Mann? Er hält – ungerührt, charmant, glatt wie die Fassade eines neu gebauten Shoppingcenters in Dnipro – eine flammende Rede an die Weltgemeinschaft: Investiert in die Ukraine! Helft uns, unsere Zukunft zu gestalten! Vertraut uns!

Die Reaktion? Höflicher Applaus. Einige Notizen. Man nickt zustimmend. Schließlich geht es hier um den Aufbau der Demokratie. Wer wollte da kleinlich sein?

Korruption als System: Der ukrainische Alltag im postheroischen Zeitalter

Man muss das verstehen: In der Ukraine ist Korruption kein Ausrutscher, sondern eine Struktur. Sie ist nicht das Problem des Systems – sie ist das System.

Seit den neunziger Jahren hat sich das Land zu einer Art wirtschaftlicher Parallelwelt entwickelt, in der öffentliche Ämter weniger als Vertrauenspositionen denn als renditestarke Beteiligungen gehandelt werden. Wer ein Ministerium leitet, betreibt kein Ressort – sondern eine Lizenz zur Gewinnmaximierung. Der Staat ist ein Franchise-Modell der Selbstbereicherung.

Oleksii Chernyshov ist da keine Ausnahme, sondern der Prototyp. Der moderne Funktionär, der in teuren Anzügen auftritt, mit perfektem Englisch brilliert und sich im nächsten Atemzug von den gleichen Clans abhängig macht wie seine Vorgänger in den neunziger Jahren, als Oligarchen sich Minister kauften wie andere Leute Golfclubs.

Und das funktioniert bis heute blendend.

Die Oligarchen – oder: Der Elefant im Konferenzraum

Man spricht im Westen gern von „Reformen in der Ukraine“, aber niemand will so genau wissen, was das bedeutet. Das Wort ist längst zu einem Ritual geworden – ein magisches Mantra, das in jedem Statement vorkommen muss, um Seriosität zu simulieren.

Doch in Wirklichkeit weiß jeder: Das Land gehört nach wie vor den Oligarchen. Der Krieg hat das nicht geändert. Im Gegenteil: Krieg ist teuer. Und wer den Krieg finanziert, bekommt auch weiterhin die besten Stücke vom Kuchen.

Die großen Clans – Achmetow, Kolomoiskyi, Firtasch – sie alle sind noch da, auch wenn der ein oder andere zwischendurch mal kurz ins Ausland ausweichen musste, um Sanktionen zu umschiffen. Und immer wenn der Westen Geld schickt, sei es für Waffen, Infrastruktur oder humanitäre Hilfe, dann fließt ein Teil davon – wie von selbst, ohne dass es jemand direkt steuern müsste – in die Taschen dieser Leute.

Das ist keine Panne, das ist Design.

Die NGO-Karawane zieht weiter – mit glänzenden Broschüren und moralischer Überheblichkeit

Aber natürlich sind nicht nur die Oligarchen unterwegs. Auch die NGO-Industrie hat längst die Ukraine als Geschäftsmodell entdeckt.

Von Kiew bis Lwiw zieht eine ganze Armada von westlichen Beratern, Gender-Experten, Transparenz-Coaches und Good-Governance-Konsulenten durchs Land, die den Ukrainern erklären, wie moderne Verwaltung funktioniert. Es ist ein bisschen wie Kolonialismus, nur mit besseren PowerPoint-Folien und ethischen Grundkursen.

Die Honorare der westlichen Berater erreichen bisweilen schwindelerregende Höhen, während sie den Ukrainern die Kunst der Korruptionsbekämpfung näherbringen – in einem Land, in dem jeder weiß, dass das Hauptproblem nicht mangelndes Wissen ist, sondern mangelnder Wille.

Aber das stört niemanden. NGOs sind längst Teil des ökonomischen Ökosystems der Ukraine geworden – sie gehören dazu wie der Zollbeamte an der Grenze oder der Bote mit dem Umschlag im Regierungsflur.

Der Westen will betrogen werden – und die Ukraine liefert

Die eigentliche Pointe ist: Der Westen weiß das alles. Aber er will es nicht ändern. Denn die Ukraine ist zur geopolitischen Projektionsfläche geworden.

Man braucht sie als Bollwerk gegen Russland, als Sinnbild für Freiheit, Demokratie und den Kampf des Guten gegen das Böse. In diesem Narrativ ist kein Platz für Grautöne. Deshalb muss man sich einreden, dass es sich um ein Land handelt, das tapfer auf dem Weg zur europäischen Wertegemeinschaft ist – auch wenn es in Wahrheit ein Clan-Staat mit westlichen Etiketten bleibt.

Das ist die große Doppelmoral:

Man schimpft auf Korruption in Afrika, fordert good governance im Nahen Osten, lässt Entwicklungshilfeprojekte wegen Unregelmäßigkeiten stoppen – aber wenn es um die Ukraine geht, ist plötzlich alles egal.

Weil man es braucht. Weil es nützlich ist. Und weil niemand Lust hat, sich einzugestehen, dass man Milliarden in einen Staat pumpt, der auf den Schmiergeldflüssen reitet wie ein Surfer auf der perfekten Welle.

Und so geht es weiter. Unaufhaltsam.

Der Vizepremier wird also auch weiterhin auftreten. Trotz Anklage. Trotz der Millionen, die irgendwo verschwunden sind. Und das Publikum wird weiterhin zuhören, nicken, investieren, Broschüren drucken und „Zukunft“ sagen, wenn es in Wirklichkeit Gegenwart meint.

Die Ukraine ist eben kein Failed State. Sie ist ein Managed Corruption State.

Mit PR-Abteilung, Konferenzbeteiligung und geopolitischem Freifahrtschein.

Man könnte es fast für eine Satire halten.

Aber es ist Realität.

Und die Realität ist bekanntlich immer die härteste Form des Witzes.

Willkommen im neuen Normal

Vom europäischen Achselzucken im Angesicht iranischer Einschüchterung

Es gibt Dinge, über die man in den besseren Cafés Europas noch nicht spricht. Oder wenn, dann höchstens mit dieser speziellen Mischung aus Weltläufigkeit und schulterzuckender Gleichgültigkeit, die sich so angenehm zwischen Croissant und Flat White einfügt. Zum Beispiel darüber, dass der IRGC – der iranische Revolutionsgarden-Komplex, jene fröhliche Mischung aus Geheimdienst, Miliz und mafiösem Unternehmenskonglomerat – in Schweden mal eben 15.000 Drohbriefe verschickt hat. Ja, richtig gelesen: nicht 15, nicht 150, sondern fünfzehntausend. Das sind mehr als die Auflage mancher Regionalzeitung. Und während sich der durchschnittliche Schwede noch fragt, ob der nächste Brief vom Zahnarzt, von der Steuerbehörde oder vom persischen Gottesstaat kommt, faltet Brüssel sich gemütlich in seine gewohnte Pose der strategischen Ohnmacht.

Man könnte meinen, 15.000 Drohbriefe seien eine Kriegserklärung in Briefmarkenformat. Aber im postheroischen Westen reicht das offenbar gerade einmal für ein betretenes Räuspern auf einer Konferenz. „EU und Iran am Scheideweg“, hieß die Veranstaltung, bei der Shiva Mahboubi, die Sprecherin des Komitees für die Freiheit der politischen Gefangenen, diese kleine Anekdote aus dem europäischen Alltag vortrug. 15.000 Drohungen. Das ist in etwa die Einwohnerzahl von Eslöv. Oder, wenn Sie wollen, die Sitzplatzkapazität eines mittelgroßen Fußballstadions. Nur dass hier eben nicht über den letzten Spieltag geredet wird, sondern über Morddrohungen – ausgeführt mit der Effizienz eines Massenmailings, vermutlich per Excel-Tabelle organisiert.

Das Exportprodukt: Angst

Der Iran hat Öl, Gas und Schiitenmilizen – aber sein Haupt-Exportprodukt scheint mittlerweile die Einschüchterung zu sein. Und diese wird gerne auch mal direkt ins europäische Wohnzimmer geliefert, Porto inklusive. Der IRGC, den Europa immer noch nicht offiziell als Terrororganisation gelistet hat (man will ja niemanden verärgern, schon gar nicht die, die bereits beleidigt sind), nutzt westliche Meinungsfreiheit als Waffe gegen die westliche Meinungsfreiheit. Man könnte fast sagen: Postkoloniale Dialektik auf Scharia-Basis.

Da brennen also irgendwo in Schweden ein paar Bücher – der Koran, um genau zu sein – und die Antwort darauf ist kein theologisches Traktat, sondern eine Drohkulisse aus 15.000 Einschüchterungspostsendungen. Was lehrt uns das? Dass der Gottesstaat den Rechtsstaat nicht fürchtet, sondern benutzt. Während europäische Parlamente noch darüber diskutieren, ob eine Koranverbrennung Ausdruck der Meinungsfreiheit oder nur besonders schlechter Geschmack ist, hat Teheran längst entschieden: Das alles ist eine Einladung zum Mitspielen im asymmetrischen Psychokrieg.

Europas höfliche Kapitulation

Und Europa? Europa murmelt irgendetwas von „Dialog“ und „kritischer Partnerschaft“, bestellt hie und da mal einen Botschafter ein (unter drei Kameras, versteht sich), um dann wieder den diplomatischen Autopilot zu aktivieren. Schließlich geht es um das große Ganze, das berühmte geopolitische Schachbrett, auf dem man sich traditionell lieber selber Schachmatt setzt als unangenehme Züge zu machen. Menschenrechte? Ja, natürlich, ganz oben auf der Agenda – direkt unter Gaslieferungen, Handelsabkommen und der Angst vor noch mehr Flüchtlingen.

Dass der IRGC in Schweden Drohbriefe verschickt, wird da schnell zur „bedauerlichen Einzelfallmaßnahme“. Die EU reagiert mit derselben Entschlossenheit, mit der man auf ein schlechtes WLAN-Signal reagiert: Man tut so, als sei es gleich wieder vorbei, wenn man nur lange genug den Kopf schüttelt.

Sicherheitsgarantie? Nein, danke!

Der Satz „Was wird getan, um die EU-Bürger zu schützen?“ wirkt da fast wie ein Witz mit Anlauf. Was getan wird? Nun ja, man diskutiert. Vielleicht gibt es demnächst ein weiteres Positionspapier, in dem „zutiefst besorgt“ konstatiert wird, dass Bedrohungen dieser Art „inakzeptabel“ seien. Ungefähr so, wie es „inakzeptabel“ ist, wenn ein Hund auf den Teppich macht – nur dass in diesem Fall niemand den Hund wegschickt. Stattdessen streicht man ihm noch übers Fell, weil man auf die nächste Gaslieferung hofft.

Man muss sich das einmal vorstellen: Ein ausländischer Geheimdienst schüchtert europäische Bürger in Massen ein – und die Antwort ist: nichts. Keine Sanktionen. Keine Einreisesperren für Funktionäre. Kein juristisches Vorgehen gegen die Hintermänner. Stattdessen betritt man das Feld der symbolischen Politik und bestellt zum 47. Mal den iranischen Botschafter ein, der sich das wie immer höflich anhört, innerlich gähnt und danach wahrscheinlich sofort den nächsten Telegram-Kanal aktualisiert.

Die Drohung als Normalzustand

Wir leben in Zeiten, in denen der Terror längst nicht mehr mit Bomben kommt, sondern mit Briefumschlägen. Der Schrecken wird nicht mehr in Nacht-und-Nebel-Aktionen ausgeführt, sondern mit der Logik des Callcenters: „Guten Tag, hier ist der IRGC – möchten Sie bedroht werden?“ Und während der postmoderne Europäer noch überlegt, ob das Satire ist oder Ernst, hat der Gottesstaat längst die nächste Excel-Liste vorbereitet.

Die Frage ist also nicht mehr, ob Europa auf der internationalen Bühne eine Rolle spielt. Die Frage ist, ob Europa überhaupt noch Zuschauer ist – oder längst Teil der Kulisse. Der iranische Staat exportiert Drohungen, und der europäische Staat importiert sie klaglos, weil Widerstand unbequem wäre. Das ist der Deal. Das ist der Preis der sogenannten „Zurückhaltung“.

Fazit: Ein Kontinent am Scheideweg – und niemand biegt ab

Man darf sicher sein: Es wird noch viele Konferenzen geben wie „EU und Iran am Scheideweg“. Wahrscheinlich gibt es sie bald im Monatsrhythmus. Und man wird dort viele schöne Worte sagen, die sich gut anhören und nichts bedeuten. Aber am Ende bleibt es beim alten Muster: Der Gottesstaat droht, der Rechtsstaat duckt sich. Und während Shiva Mahboubi noch fragt, wie das alles akzeptabel sein kann, poliert Europa seine rhetorischen Phrasen – bis sie so glatt sind, dass man darauf ausrutschen kann.

Die Drohbriefe sind längst angekommen. Die Frage ist nur: Wann kommt endlich die Antwort?

Das Licht am Ende des Kabels

Von der elektrifizierten Zukunft und der Realität des Verlängerungskabels

Es war einmal ein kleines, wohlhabendes Land mit Windmühlen im Herzen und Solarpaneelen auf den Dächern, das den wohlmeinenden Entschluss fasste, die Welt zu retten – zuerst die eigene, dann vielleicht die der Nachbarn. Die Niederlande, selbsternanntes Paradebeispiel für Klimaschutz und Fortschritt, haben sich in einen leuchtenden Solarstaat verwandelt, in dem selbst der letzte Hinterhof-Kaninchenstall über Photovoltaik verfügt, während der Hase sich fragt, ob er seine Möhre noch roh verzehren darf oder besser kurz über der induktiven Herdplatte gart, bevor das Netz wieder „voll“ ist.

Denn siehe da: Der Strom ist zwar da – nur kommt er nicht mehr durch. Oder nicht überall gleichzeitig. Willkommen in der Ära des Elektro-Stau-Managements, einer Neuinterpretation des technischen Fortschritts: Statt Kohlekraftwerken jetzt Wartelisten für Steckdosen. Man kann es nicht anders nennen: Holland hat sich erfolgreich ins elektrische Nirwana katapultiert, bloß hat niemand daran gedacht, vorher die Verlängerungsschnur zu kaufen.

Von der Gasnadel zur Öko-Überlastung – Ein Volk lernt Entwöhnung

Jahrzehntelang genoss das Land der Tulpen den Luxus, auf seinem eigenen Methan-Kissen zu ruhen, das unter Groningen vergraben lag wie der Schatz des modernen Wohlstands. Doch dann beschloss man, das Gas abzudrehen – ein lobenswerter, geradezu heiliggesprochener Akt ökologischer Buße. Leider war der Beichtstuhl noch nicht fertig verkabelt. Der nationale Netzbetreiber Tennet und seine Kollegen standen also plötzlich da wie ein Elektriker, der am Krankenbett verkündet: „Der Strom kommt… irgendwann. Vielleicht 2034.“

Die Niederlande, so lernen wir, haben die Elektrifizierung mit der Begeisterung eines Vierjährigen angegangen, der das erste Mal mit Bauklötzen spielt: Alles soll größer, bunter, digitaler sein – aber das Fundament ist ein bisschen schief geraten. Man produziert nun brav Solarstrom in rauen Mengen – 2,6 Millionen Haushalte mit Dachmodulen! – nur um festzustellen, dass der selbst erzeugte Strom den Ausgang aus der Steckdose gar nicht mehr findet. Eine Nation erstickt am eigenen ökologischen Ehrgeiz, während auf den Umspannwerken „Überlastet – Bitte später wiederkommen“ blinkt.

Die neue Bescheidenheit: Blackout mit Rabatt

Doch keine Sorge, man hat Lösungen. Und sie sind, wie es sich für ein Land mit Sinn für Pragmatismus gehört, kundenfreundlich verpackt: Wer bereit ist, seinen Stromverbrauch in die Zeit zwischen Frühstück und Mittagsschlaf zu verlegen, darf das zu einem freundlichen Discount tun. Ladestationen für E-Autos? Gerne – aber bitte nicht zwischen 16 und 21 Uhr, da ist das Netz im Koma. Industrielle Großverbraucher erhalten künftig Sonderkonditionen, wenn sie sich verpflichten, zur besten Stoßzeit einfach mal abzuschalten. Das ist kein Witz, sondern Tarifmodell.

Derweil läuft im Fernsehen eine Werbekampagne für „bewussteren Umgang mit Energie“. Im Subtext steht: „Bitte nicht alle gleichzeitig den Toaster benutzen.“ Das ist Klimaschutz mit volkspädagogischer Note, halb Erziehung, halb Kapitulation. Die Technik ist da, das Netz nicht. Aber immerhin die Moral stimmt.

Die Zukunft der Wirtschaft: Batterie oder Bankrott

In Eindhoven, der Region Brainport, sitzt Europas technologische Avantgarde – ein Ort, der lieber Chips herstellt als Kartoffeln schält. Doch auch ASML, Thermo Fisher und Co. müssen jetzt lernen, dass der technische Fortschritt manchmal schneller ist als die Sicherungskasten-Modernisierung. Über 11.900 Unternehmen warten auf einen Netzanschluss, Krankenhäuser inklusive. Innovation braucht Strom, aber den gibt’s nur noch auf Zuteilung. Willkommen in der Planwirtschaft 2.0 – diesmal nicht mit Brotmarken, sondern mit Stromkontingenten.

Die Wirtschaft reagiert pragmatisch: Wer es sich leisten kann, kauft sich ein paar Batterien und baut ein Solarfeld auf dem Parkplatz. Das klingt nach Resilienz, ist aber nichts anderes als der Versuch, die selbst verursachte Netz-Notlage privatwirtschaftlich zu umgehen. Eine elegante Form der Parallelgesellschaft: Während der Mittelstand in Warteschlangen steht, speist der Großkonzern seinen Serverpark aus der eigenen Kellerbatterie.

Der Preis der Dekarbonisierung: 200 Milliarden und ein nervöser Bürgermeister

Die niederländische Regierung schätzt, dass der Ausbau des Stromnetzes bis 2040 rund 200 Milliarden Euro kosten wird. Ein Teil dieser Summe soll durch den Verkauf der deutschen Tennet-Tochter an Investoren aufgebracht werden – was ungefähr so klingt, als würde man den Gartenzaun verkaufen, um den Dachstuhl zu sanieren. Der Rest? Kommt über die Tarife. Also über Sie. Der niederländische Bürger zahlt dann eben, und zwar jedes Jahr mehr – 4,3 bis 4,7 Prozent real, bis mindestens 2034. Wahrscheinlich länger.

Die Bürgermeister sind in heller Aufregung. Jeroen Dijsselbloem aus Eindhoven rechnet bereits durch, wie viele Unternehmen noch abspringen werden, bevor das nächste Umspannwerk fertig ist. Es fehlen 28.000 Techniker, um die Kabel zu verlegen – das ist nicht nur eine Zahl, das ist ein Menetekel. Wer heute Elektriker wird, hat garantierte Vollbeschäftigung bis zur Rente. Wer heute Unternehmer wird, sollte über einen Dieselgenerator nachdenken.

Europa schaut zu – und lernt nichts

Die Niederlande sind, so mahnt man in Brüssel, ein Frühwarnsystem für den Rest der EU. Aber wer hört schon auf Frühwarnsysteme? Wir kennen das aus der Klimapolitik: Erst, wenn der Deich bricht, wird über Sandsäcke gesprochen. Der Kontinent taumelt also weiter in die Elektrifizierungs-Offensive, während die Kupferkabel glühen. Man will das Klima retten – und übersieht dabei, dass auch die banalsten Infrastrukturen irgendwann an ihre Grenzen stoßen.

Vielleicht ist das ja die große Ironie der Energiewende: Am Ende scheitert sie nicht an der Technik, nicht an den Kosten, nicht an der Politik – sondern an der simplen Tatsache, dass kein Mensch rechtzeitig ein Verlängerungskabel bestellt hat.

Fazit? Kein Fazit. Nur ein Stromausfall in Zeitlupe.