Der Fall Torode

Kulinarische Katastrophen in der postironischen Empfindlichkeitsgesellschaft

Es war einmal ein Koch, der dachte, es ginge ums Kochen. Welch rührender Irrtum.

John Torode, der australisch-britische Fernsehkoch mit der Stimmlage eines rostigen Woks und der Aura eines stets leicht überwürzten Schweinebratens, wurde aus den luftigen Höhen der Fernsehunterhaltung in die zähe Brühe der gesellschaftlichen Ächtung geschleudert. Der Grund? Nicht eine schlecht gebratene Jakobsmuschel. Nicht der Fauxpas, bei einem „MasterChef“-Finale Koriander mit Petersilie verwechselt zu haben. Nein, viel schlimmer: Der Mann benutzte, so die bestätigte Anschuldigung, einen „extrem beleidigenden rassistischen Ausdruck“. Was genau er sagte, bleibt—wie es sich für unsere moderne Medienethik gehört—in der Schwebe, zwischen Geheimhaltung, journalistischer Zurückhaltung und der süffisanten Suggestion des Schlimmstmöglichen. Das Publikum darf sich den Ausdruck selbst ausmalen, und seien wir ehrlich: Es tut es mit Leidenschaft.

So wurde aus Torode, dem Küchenonkel der Nation, über Nacht ein kulinarischer Paria, ein aus dem Fernsehen exkommunizierter Küchenketzer, der nicht mehr am Pass steht, sondern am Pranger.

Cancel Culture oder: Die Guillotine hat jetzt WLAN

Man muss sich das vorstellen: Der Mann, der jahrelang genüsslich zwischen Bœuf Bourguignon und Pavlova-Baiser vermittelte, steht nun am medialen Pranger, als wäre er mit einem Löffelchen Foie Gras durch den moralischen Minenpark der Gegenwart gestolpert. Die postironische Gesellschaft duldet keine Ausrutscher, schon gar keine sprachlichen. Worte sind nicht länger Werkzeuge der Verständigung, sondern Stolperdrähte sozialer Hinrichtung. Wer sie falsch setzt, wird nicht korrigiert, sondern vernichtet.

„Es war ein Fehltritt“, sagen die einen. „Es war unverzeihlich“, sagen die anderen. Und alle zusammen klicken, teilen, posten und genießen die kollektive Moralschau mit der gleichen sadistischen Wollust, mit der sie früher bei MasterChef den schlecht pochierten Lachs auseinandernahmen. Früher flog der Kandidat, jetzt der Moderator. So viel Demokratie muss sein.

Der soziale Totalschaden als Volkssport

Die Geschwindigkeit der Entrüstung ist dabei das eigentlich Bemerkenswerte. Früher reichte ein Shitstorm für eine Woche, heute braucht es den Exitus innerhalb von 24 Stunden. Es ist, als hätte man die Empörung industrialisiert: Massenproduktion von Empfindlichkeit, Fließbandfertigung moralischer Entrüstung, mit Overnight-Shipping ins kollektive Bewusstsein.

Der Torode-Fall zeigt das Prinzip in Reinform: Ein Satz, ein Ausdruck, ein toxisches Wort—und der Mensch wird auf seine schlimmste Sekunde reduziert. Sein Lebenswerk? Nebensache. Seine Verdienste? Obsolet. Der prallgefüllte Teller mit marinierten Garnelen und Estragon-Schaum? Verpufft wie ein zu schnell flambierter Crêpe Suzette.

Der Preis der Reinheit: Selbstkannibalisierung als gesellschaftliches Ritual

Man könnte sich fragen: Warum gerade jetzt? Warum so heftig? Warum so endgültig?

Die Antwort ist einfach: Wir leben in einer Zeit der hypermoralischen Selbstdarstellung, in der jeder kleine Fehltritt als Gelegenheit dient, den eigenen ethischen Reinheitsgrad öffentlich zu demonstrieren. Der „extrem beleidigende Ausdruck“ wird dabei nicht nur John Torode angelastet, sondern dient als Spiegel für alle anderen, um sich selbst möglichst fleckenlos zu zeigen. Das Internet ist nicht mehr das globale Dorf, es ist das globale Kloster. Und der moralische Ablasshandel floriert besser als im Mittelalter.

Ironischerweise ist diese Art der kollektiven Reinheitsprüfung auch eine Form des Kannibalismus: Man frisst den eigenen Helden auf, weil man sich seiner moralischen Unversehrtheit so sicher sein möchte, dass man lieber alle möglichen Gefährder ausmerzt, bevor das eigene Bild Risse bekommt. Torode? Weg damit. Sicher ist sicher.

Humor als letzte Zuflucht: Satire in Zeiten des Moralfurors

Und hier kommt der bittere Witz an der ganzen Sache: John Torode, der Mann, der früher über verkochte Pasta die Stirn runzelte, ist nun selbst in der gesellschaftlichen Mikrowelle geendet, auf höchster Stufe, ohne Abdeckung, spritzend, dampfend, bis das soziale Fett an den Wänden klebt. Die Ironie könnte man kaum schärfer würzen.

Man hätte es auch anders machen können. Eine Entschuldigung, ein Dialog, eine Reflexion über Sprache, Verantwortung, die Grenzen des Sagbaren. Aber das setzt eine Gesellschaft voraus, die Gespräch sucht, nicht Exekution. Leider ist der Humor, den man bräuchte, um das auszuhalten, längst ausverkauft. Die Regale der Satire sind leergefegt, der Bestand rationiert. Lachen darf nur noch, wer vorher die Reinheitsprüfung bestanden hat.

Fazit: Das Menü der Zukunft – Lauwarm, fade, garantiert unanstößig

Was bleibt? Wahrscheinlich ein Fernsehprogramm der Zukunft, in dem Moderatoren mit stoischer Miene glutenfreie Quinoasalate besprechen, ohne einen einzigen Witz, ohne eine einzige Floskel, garantiert ohne jedes Risiko. Die Kamera schwenkt auf den Teller, nicht auf den Menschen. Das ist sicherer. Der Mensch ist unberechenbar. Der Quinoasalat nicht.

John Torode ist der neueste Eintrag auf der Liste der medial Geköpften. Aber keine Sorge, der nächste Kandidat steht schon bereit. Die Guillotine des Zeitgeists hat keinen Wartungsbedarf, sie läuft auf Hochtouren. Sie braucht nur ein falsches Wort – und der Rest erledigt sich von selbst.

Bon Appétit.

Die neue Bonifatius-Lehre

Wo das Kreuz den Halbmond küsst

Es begab sich aber zu der Zeit, als die Bonifatiusschule II zu Göttingen auf Instagram verkündete, dass nun das Himmelreich erweitert werde. Nicht mehr nur die Bibel ist dort Leitfaden für pädagogische Bemühungen, sondern auch der Koran darf, als interreligiöse Randnotiz, im Kirchenraum Platz nehmen. Der Altar bleibt zwar katholisch, aber wer genau hinsieht, könnte schon bald eine dezente Auslegeware aus orientalischem Muster darunter entdecken – für den Fall, dass jemand spontan niederknien möchte.

Der moderne Katechismus lautet: „Christlich geprägt“ ist, was im Diversity-Portfolio gut aussieht. Alles andere wäre schließlich exklusiv, gar ausgrenzend, also böse. Und was böse ist, wird im 21. Jahrhundert nicht mehr mit dem Fegefeuer, sondern mit Shitstorms bestraft. Also segnet man heute lieber das Multikulturelle, koste es die religiöse Identität, was es wolle. Hauptsache, der Like-Button wird gedrückt und die Schulhomepage bleibt politisch korrekt bebildert.

So sitzt man nun in der „St. Heinrich und Kunigunde“-Kirche, lässt sich zwischen Heiligenfiguren das Kopftuch erklären und vernimmt vom Minbar zwischen Marienaltar und Weihwasserbecken den Satz: „Auf Allah sollen die Gläubigen vertrauen.“ Wer sich dabei wundert, hat offenbar den pädagogischen Zeitgeist verschlafen. Denn heute wird aus einem katholischen Gottesdienst gerne mal eine theologische Fusion, so wie McDonald’s den McRib mit Asia Sauce serviert. Der Kunde will Vielfalt, der Glaube hat zu liefern.

Milli Görüs? Millimeter egal! – Der Imam als Wellnessprodukt

Natürlich könnte man fragen, ob es klug ist, einen Imam mit Verbindungen zur Milli Görüs in einer katholischen Kirche predigen zu lassen. Man könnte auch fragen, ob es gesund ist, mit verbundenen Augen über eine Autobahn zu laufen. Doch wer solche Fragen stellt, hat offenbar den „interreligiösen Dialog“ nicht verstanden.

Denn interreligiöser Dialog bedeutet heute nicht mehr das mühsame Aushandeln gemeinsamer Werte, sondern das devot-naive Hoffen, dass das Gegenüber es schon gut meint. Auch wenn es mit den Schriften der Muslimbruderschaft flirtet oder sich auf Veranstaltungen blicken lässt, bei denen von einer „islamischen Ordnung“ die Rede ist – wir sind ja hier schließlich in Göttingen, nicht in Ankara, also Augen zu und durch.

Der Imam, der da in der Kirche spricht, hat sich das perfekte Branding zugelegt: interreligiös, dialogbereit, Instagram-tauglich. Ob hinter dem freundlich lächelnden Selfie das organisatorische Rückgrat einer legalistisch-islamistischen Bewegung steckt, ist Nebensache. Hauptsache, der Feed bleibt schön bunt.


Die katholische Schule als multikulturelle Erlebniswelt

Manchmal hat man das Gefühl, die Bonifatiusschule II verwechselte den Religionsunterricht mit einem Workshop für „kulturelle Erlebnisreisen“. Der „Tag der offenen Moschee“ wird beworben wie ein Schulausflug ins Schokoladenmuseum, inklusive Selfies im Gebetsraum. Moscheebesuch? Klar! Kopftuch im Unterricht? Warum nicht! Ditib-Verbindungen? Nun ja, wer wird da so kleinlich sein?

Die katholische Schultradition ist dabei nur noch Dekoration. Ein paar Kreuze hängen noch, vielleicht auch mal eine Kerze. Aber das Herz des Curriculums schlägt längst im Takt des interkulturellen Eventmanagements. Die Kirchenbänke werden zur Bühne für die große Vielfaltsshow: Verschleierte Mädchen in „wunderschöner Landestracht“, Fürbitten in Muttersprachen, die keiner versteht, aber alle beklatschen. Wer genau hinschaut, merkt: Hier wird nicht mehr missioniert, sondern auf politischer Korrektheit meditiert.

Das Bistum schweigt – und der Teufel zwinkert

Das Bistum Hildesheim tut, was man heute von einem kirchlichen Verwaltungsapparat erwartet: Es hält die Füße still und referiert lieber die „Nostra Aetate“, jenes vatikanische Dokument der 60er Jahre, das heute als Rechtfertigungsgrundlage für jede Form von religiösem Ballett zwischen den Konfessionen dient. Dass darin Respekt und Dialog gefordert werden, ist richtig. Dass daraus allerdings ein interreligiöses Schlaraffenland für Islamverbände gebastelt wird, die den Rechtsstaat zum Werkzeug der Umgestaltung betrachten, war vermutlich nicht ganz so gemeint.

Doch das Bistum reagiert nicht – warum auch? Wer heute kirchliche Verantwortung trägt, hat vor allem eines gelernt: Den Skandal verwaltet man am besten, indem man ihn ignoriert. Wenn man lange genug schweigt, ist der nächste Aufreger nur eine Schlagzeile entfernt. Dann reden alle wieder über Klima, Krieg oder die Bundesliga. Bis dahin heißt es: Ruhe bewahren und weiter dem interreligiösen Hochseilakt zuschauen.

Die Mutter als Störfall – wenn Betroffene plötzlich merken, dass Vielfalt kein Ponyhof ist

Da ist sie, die Stimme aus der Elternschaft: Brigitte U., katholisch geprägt, entsetzt, enttäuscht. Sie wollte für ihre Kinder eine christliche Schule – bekommen hat sie eine moralpädagogische Multikulti-Festwiese, bei der der eigene Glaube nur noch als Staffage dient. Statt Rosenkranz also Ramadan, statt Hostie der Hinweis auf den „Sheytan“, der ins Herz kriecht, wenn man den Imam-Vortrag verpasst.

Doch wehe, man kritisiert das. Dann ist man nicht etwa eine besorgte Mutter, sondern wird wahlweise als ewiggestrig, intolerant oder gar latent rassistisch gebrandmarkt. Wer nicht mitklatscht, wird ausgegrenzt – im Namen der Toleranz, versteht sich. So funktioniert der moderne Ablasshandel: Wer Vielfalt nicht zelebriert, sündigt gegen den Zeitgeist.

Der interreligiöse Frieden – ein Tanz auf dem Vulkan mit Instagram-Filter

Und so läuft es weiter in der Bonifatiusschule II: Die Mädchen hüllen sich, die Jungs lernen den Gebetsruf auf Arabisch, und der Imam kommt wieder, weil es so schön war. Auf der Schulwebsite heißt es dann erneut: „wunderschön“. Und wer daran zweifelt, ist nicht nur „hinterwäldlerisch“, sondern gefährdet angeblich den gesellschaftlichen Frieden.

Doch vielleicht sollte man sich erinnern: Ein Frieden, der aus Ignoranz entsteht, ist nur das Pfeifen im Walde vor dem Sturm. Wenn eine katholische Schule ihren eigenen Glauben so bereitwillig zur Folklore degradiert, dann ist das nicht interreligiöser Dialog, sondern religiöse Selbstaufgabe. Mit einem Lächeln. Und Instagram-Filter.

Amen – oder wie man heute sagt: Mashallah.

Das Ende der Federnfreiheit

Es war einmal in Rostock, einer kleinen, beschaulichen Hansestadt, die sich – wie ganz Deutschland – in jenen seltsamen Zustand zwischen Verunsicherung und Tugendterror hineinschlafwandelt, den man wohl euphemistisch als „gesellschaftlichen Diskurs“ bezeichnen möchte. Dort, in der Kita „Fischbank“, planten einige Kinder eine Party. Eine Feier, nichts weiter. Ausgelassen sollte sie sein, mit Spiel, Spaß und eben jenem Thema, das Kinder seit Jahrzehnten begeistert: „Indianer“. Das Wort allein genügt heute freilich schon, um empfindsame Seelen in Schnappatmung zu versetzen und Erwachsene in hysterische Diskussionszirkel zu stürzen, als handele es sich um den Startknopf für den dritten Weltkrieg.

So kam es, wie es kommen musste: Ein Vater erhob Einspruch. Nicht etwa gegen den Zuckergehalt des Partygebäcks oder die CO₂-Bilanz der Luftballons – das wäre zu banal gewesen. Nein, er protestierte gegen den Begriff „Indianer“. Dieses Wort, so lautet die neue Glaubensdoktrin, sei ein Relikt kolonialer Gewalt, ein rassistisches Unwort, das Kindern nicht zugemutet werden dürfe. Dass die Kinder es sich selbst gewünscht hatten? Geschenkt. Die Moral ist schließlich kein Wunschkonzert, sondern eine pädagogische Maßregelungsanstalt mit geregeltem Einlass.

Der moralische Imperativ der Kostümkontrolle

Es sei den Kindern nicht zuzumuten, sagt man, dass sie sich „als Indianer verkleiden“. Federschmuck, Marterpfahl, Pfeil und Bogen – alles Symbole kultureller Gewalt, kolonialer Klischees, mit denen der westliche Blick angeblich den edlen Wilden in den Schmutz zieht. Dass besagte Kinder mit all dem Kram nicht den Kolonialismus reenacten, sondern schlicht spielen wollen – wurscht. Dass sie Cowboys genauso gerne spielen – Kollateralschaden. Dass sie ohnehin in ihrem kindlichen Geist in erster Linie sich selbst darstellen, in bunten Kostümen und wildem Durcheinander, frei von ideologischen Fallstricken – irrelevant.

Die Alternative? Ponys und Pferde. Das ist politisch sicher, denn Pferde haben bekanntlich keine Vertretung im Antidiskriminierungsrat. Pferde äußern keine Einwände, wenn man ihnen eine Satteldecke überwirft, sie in Glitzerlack pinselt oder auf ihren Rücken das neueste Einhorn-Merchandise drapiert. Keine Lobby, keine Klage. Tiere sind die besseren Minderheiten – still, duldsam, medienuntauglich.

So schwenkte die Kita „Fischbank“ also kurzerhand um: Statt Federn im Haar gab es Hufe auf der Stirn. Statt Pfeil und Bogen durfte der Nachwuchs an diesem Donnerstag das Ponyreiten zelebrieren, vermutlich unter den wachsamen Augen eines zertifizierten Diversity-Beauftragten, der sicherstellte, dass kein Steckenpferd sich versehentlich wie ein Mustang anfühlte.

Die Infantilisierung der Debatte

Die Frage ist längst nicht mehr, ob das Wort „Indianer“ als Begriff „korrekt“ ist – sie lautet: Warum traut man den Kindern nicht mehr zu, zwischen spielerischem Rollenspiel und realer Unterdrückung zu unterscheiden? Ist es wirklich denkbar, dass ein fünfjähriges Mädchen, das sich einen Stirnreif mit Pappfedern bastelt, einen Beitrag zur kolonialen Gewaltgeschichte leistet? Oder ist es eher so, dass wir Erwachsenen nicht mehr in der Lage sind, zwischen Kontext und Inhalt zu unterscheiden?

Die kindliche Phantasie kennt keine Cancel Culture. Ein Kind spielt Indianer aus Bewunderung, nicht aus Geringschätzung. Das weiß jeder, der jemals einem Kind beim Spielen zugesehen hat. Aber in der postmodernen Überwachungswelt der moralischen Reinheitsgebote wird aus kindlicher Neugier ein Fall fürs Sittengericht. Das linke Milieu, das früher einmal stolz auf seine Toleranz pochte, kultiviert heute einen Überempfindlichkeitskult, der sich nur noch selbst übertrifft, indem er immer neue Formen der Empörung entdeckt. Wer das Spiel mit dem Federschmuck als rassistische Tat deklariert, produziert keine gerechtere Welt – er erzieht Kinder zu kleinen Zensoren ihrer selbst.

Die Spaltung der Gesellschaft als pädagogischer Nebenjob

Es wäre mir neu – und da bin ich wahrscheinlich nicht allein –, dass die indigenen Völker Nordamerikas in Gruppenbesprechungen zusammenkommen, um zu beschließen: „Die Kinder in Rostock müssen aufhören, Indianer zu spielen!“ Vielmehr ist das ein moralisches Hobbyprojekt westlicher Aktivisten, die offenbar den dringenden Wunsch verspüren, ihren eigenen Schuldkomplex auf dem Rücken der Kindergartenpädagogik abzutragen. Der sogenannte „antirassistische Diskurs“ wird hier zur Ersatzreligion, in der das Bußritual wichtiger ist als die tatsächliche Realität.

Die eigentliche Herabwürdigung besteht darin, den Menschen jenseits des Atlantiks das Recht abzusprechen, selbst zu entscheiden, worüber sie sich ärgern wollen. Stattdessen werden sie paternalistisch als Opfer in Geiselhaft genommen, um den deutschen Moralhaushalt zu entlasten. Das hat, ironischerweise, kolonialistische Züge: Der deutsche Aktivist weiß besser als der Lakota, der Cherokee oder der Blackfoot, was für diese gut ist.

So trägt der Überkorrekte – nebenbei und wahrscheinlich ungewollt – aktiv zur Spaltung der Gesellschaft bei. Während die einen im Namen der Gerechtigkeit das Federspiel verbieten, rollen die anderen die Augen und wählen beim nächsten Mal eine Partei, die verspricht, endlich wieder „normale Kindergeburtstage“ zuzulassen. Die Fronten verhärten sich, und zwischen Pferdeparty und Ponydiktat bleibt das Kind auf der Strecke.

Das letzte Wort der Vernunft (nur hört keiner mehr hin)

Die „Indianer“-Party in der Kita „Fischbank“ ist nicht bloß eine Petitesse des Alltags. Sie ist ein Symptom. Ein Symbol dafür, dass wir uns in eine Gesellschaft verwandeln, in der der moralische Überbietungswettbewerb längst den Kontakt zum Alltagsverstand verloren hat.

Es ist nicht böse, wenn Kinder Indianer spielen. Es ist nicht rassistisch, wenn ein Kind einen Kopfschmuck aus Bastelpapier trägt. Und es ist kein Fortschritt, wenn wir den Jüngsten das freie Spiel verbieten, weil wir Erwachsenen uns in ideologischen Selbstgesprächen verheddern.

Stattdessen könnten wir – radikaler Vorschlag – den Kindern das eigene Urteil zutrauen. Wir könnten ihnen erklären, wie echte Kulturen respektiert werden, ohne den spielerischen Blick auf die Welt zu verbieten. Und vielleicht könnten wir uns selbst daran erinnern, wie es war, als wir noch mit Kostümen und Fantasie durch den Garten tobten, statt mit Zwergenmaßstäben den Alltag zu regulieren.

Doch das wäre vermutlich zu einfach. Da reitet man doch lieber auf Ponys. Politisch korrekt, selbstverständlich. Ohne Federschmuck. Dafür mit Maulkorb.

Die Selbstabschaffung des Weiblichen

Es ist vollbracht. Deutschland, das Land der Dichter, Denker und Datensätze, hat sich wieder einmal als Vorreiter des Fortschritts inszeniert. Allerdings nicht etwa auf den Feldern der Wissenschaft oder der Wirtschaft, sondern im Reich der sozialen Phantasmagorien. Das „Selbstbestimmungsgesetz“ ist in Kraft – ein juristisches Kunststück, das es jedem Menschen ermöglicht, per Sprechakt sein Geschlecht neu zu definieren. Simsalabim, Hokus Pokus, Geschlechtswechsel per Behördengang! Wer bisher dachte, Magie sei in säkularen Gesellschaften ausgestorben, der hat die Rechnung ohne den deutschen Bundestag gemacht.

Man muss nicht lange suchen, um zu ahnen, wohin das führen wird. Es ist die nächste Etappe in der systematischen Kolonialisierung der Weiblichkeit. Männer kapern Frauenräume, Männer definieren Weiblichkeit um, Männer schreiben die Gebrauchsanweisung für den weiblichen Körper neu – diesmal mit der moralischen Prämisse, dabei unglaublich progressiv zu sein. Der Feminismus klatscht Beifall, während er sich selbst ins Knie schießt. „Schön bunt ist’s geworden“, heißt es aus den diversen Gender-Stabsstellen. Ja, bunt wie ein Zirkuszelt – nur dass die Manege längst den Clowns gehört, und der Tigerkäfig steht leer.

Von der Frau zur Funktion – Der Siegeszug des Neofeudalismus

Die Frau ist nicht mehr Person, sondern Dienstleistung. Ihre Existenz wird sukzessive zerlegt in nützliche Einzelteile: Waschraumbestätigung für Transfrauen, Sexualobjekt für den globalisierten Prostitutionstourismus, Gebärmaschine für den internationalen Reproduktionsmarkt. Der Zugriff erfolgt auf allen Kanälen: sprachlich, rechtlich, technologisch. Die Frau wird dekonstruiert, bis nur noch die Funktionen übrigbleiben, die andere für sich beanspruchen. Der Rest kann weg.

Und während andere Länder gerade schweißgebadet aus ihrem progressiven Rausch erwachen – siehe Schweden, siehe Großbritannien –, rennt Deutschland noch tiefer in den Kaninchenbau der sogenannten „Selbstidentifikation“. Der Begriff selbst ist bereits ein semantisches Meisterwerk: Wer widerspricht, ist natürlich reaktionär, herzlos, ein Nazi im bunten Mantel. Die Diskussion ist beendet, bevor sie beginnt.

Deutschland schreibt seine eigene Version von Margaret Atwoods „Der Report der Magd“. Nur dass diese Dystopie nicht mehr von weißen Evangelikalen geschrieben wird, sondern von akademisch dekorierten Queer-Theoretikern mit Twitter-Account. Die Vokabeln haben gewechselt, das Grundmuster bleibt: Frauenkörper werden der Verfügbarkeit preisgegeben. Früher nannte man das Patriarchat, heute heißt es „Inklusion“.

Der Waschraum als Kampffeld – Trans-Identität und der Narzissmus der neuen Frau

Die Strategie ist so simpel wie perfide: Erst wird die Frau sprachlich entsorgt, dann realitätslogisch ausradiert, und am Ende bleibt von ihr nur noch das übrig, was sie für andere nützlich macht. Für jene Männer, die sich selbst zur Transfrau erklären, ist der weibliche Körper kein Begehrensobjekt, sondern ein Abzeichen der Selbstbestätigung. High Heels an, Lippenstift drauf, und hinein in die Frauentoilette – das ist keine Notwendigkeit, das ist Ritual. Die Frau wird nicht als Gegenüber akzeptiert, sondern als Spiegel. Und wehe, der Spiegel zeigt nicht das gewünschte Bild! Dann folgen Strafandrohungen, Denunziationskampagnen und Shitstorms, denn der Mann, der sich Frau nennt, duldet keinen Widerspruch. Er „ist“ eine Frau, weil niemand mehr widersprechen darf.

Die Selbstermächtigung der Transfrau erfolgt durch die Entmachtung der echten Frau. Eine dialektische Volte, bei der Hegel sich im Grab umdrehen würde – aus Neid, vermutlich.

Sextourismus und Gummipuppen – Der globale Markt der Weiblichkeitsattrappen

Im Jahr 2022 kamen etwa 1,5 Millionen Sextouristen nach Deutschland. Das liest sich wie ein Druckfehler, ist aber keiner. Der deutsche Körpermarkt läuft auf Hochtouren, während das Land gleichzeitig öffentlich beteuert, es ginge ihm um Menschenwürde. Doppelmoral ist der neue Exportschlager.

Wer sich den ganzen Körper der Frau leisten will, geht ins Bordell. Wer nur noch ihre reproduktiven Organe braucht, bestellt sich eine Leihmutter. Und wer weder das eine noch das andere möchte, der bestellt sich eine Silikonpuppe aus Asien – praktischerweise mit eingebautem Ausschaltknopf. Der Fortschritt ist eben unaufhaltsam: Die Frau wird von der Person zum Service-Produkt, von der Geliebten zum Konsumartikel, von der Mutter zur Mietgebärmutter. Und alle nicken: Diversität ist wichtig.

In Japan boomt der Markt für KI-gesteuerte „Companion-Robots“. Sogenannte „Love-Dolls“ hören zu, widersprechen nicht und freuen sich algorithmisch über jede noch so groteske Zärtlichkeit. Wer braucht da noch eine echte Frau, die womöglich schlechte Laune hat oder – noch schlimmer – eine eigene Meinung?

Die Gebärmutter als Handelsware – Fortschritt auf Leihmutterschaftsplattformen

Die finale Entkopplung der Frau von ihrer eigenen Existenz ist die Leihmutterschaft. Sie ist die logische Konsequenz eines Weltbilds, in dem der weibliche Körper ein Marktplatz ist, auf dem Gene, Eizellen und Schwangerschaften gehandelt werden. Eine Frau, die lediglich noch als Brutkasten dient, ist perfekt: Sie hält den Mund, sie stellt keine Fragen, sie liefert das Produkt ab und verschwindet wieder in der Bedeutungslosigkeit.

Das postmoderne Patriarchat ist raffinierter als das alte. Es kleidet sich in das Gewand der Vielfalt und Toleranz, während es im Kern dasselbe bleibt: Männer bestimmen, was eine Frau zu sein hat. Nur diesmal mit Regenbogenfahne.

Warum eigentlich immer nur die Frau? – Eine Machtfrage

Und da stellt sich eine letzte, unangenehme Frage: Warum reden wir eigentlich ununterbrochen darüber, was eine Frau ist? Warum diskutieren wir nicht mal darüber, was ein Mann ist?

Die Antwort ist so banal wie bitter: Weil der Mann, der sich als Frau ausgibt, keine Gefahr für andere Männer darstellt. Der Transmann wird nicht im Herrenklo verlangen, dass alle aufstehen, wenn er den Raum betritt. Der Transmann wird nicht den Männerfußball erobern oder dort Medaillen abräumen. Er stört den Status quo nicht.

Die Definition von Weiblichkeit ist das Schlachtfeld, weil es um Macht geht. Nicht um Identität, nicht um Befreiung, nicht um Diversität – sondern um Dominanz. Der weibliche Körper ist der letzte zu plündernde Rohstoff im globalen Machtspiel. Und wir sind mittendrin, mit gesetzlich sanktionierter Woke-Glocke und rot-grünem Heiligenschein.

Wer das bezweifelt, braucht nur die Geschichte zu betrachten. Es ist ja nicht das erste Mal, dass Frauen zu Verfügungsobjekten erklärt werden. Der einzige Unterschied: Früher trug die Unterdrückung den Namen „Tradition“, heute heißt sie „Progressivität“.

Schwitzkasten fürs Weltklima

Wie der deutsche Steuerzahler in Gambia um die Erderwärmung ringt

Man stelle sich die Szene vor: Im Staub der gambischen Provinz steht eine brandneue Wrestling-Arena, glänzend im Sonnenlicht – gebaut mit dem Geld aus deutschen Lohn- und Mehrwertsteuern. Auf den Tribünen schwitzen die Zuschauer. Im Ring umklammern sich zwei muskulöse Männer in kunstvoll geknoteten Lendenschurzen. Der Schiedsrichter schaut streng. Der lokale Bürgermeister klatscht Beifall. Und irgendwo im Hintergrund – hinter all dem Schweiß, Sand und Pathos – schwebt ein unsichtbarer Feinstaubgeist, der zufrieden nickt: Das Klima wurde soeben gerettet.

Nein, das ist kein Plot aus einer Kafka-Parodie, auch kein verlorenes Drehbuch eines Monty-Python-Sketches, sondern die nüchterne Realität europäischer Entwicklungshilfe im Jahr 2025. Genauer gesagt: Es handelt sich um den neuesten Geniestreich der EU-Generaldirektion für internationale Zusammenarbeit und Entwicklung, kurz DEVCO – jene Behörde, die offensichtlich den Begriff Entwicklung längst ins Metaphysische überführt hat.

Die hohe Kunst der Geldverflüchtigung

499.950 Euro – also exakt 50 Euro unter der magischen Schwelle, ab der es noch mehr lästige Prüfmechanismen gäbe – flossen von 2020 bis 2023 an das „Gambia Wrestling Forum“. Offizieller Zweck? Die Förderung von „Investitionen in Kultur, Kunst und Sport zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit lokaler Gemeinschaften gegen den Klimawandel“.

Was zunächst klingt wie das verwirrte Gemurmel eines übernächtigten NGO-Praktikanten nach der dritten Mate-Limo ist tatsächlich EU-Politik. Wrestling gegen den Klimawandel. So sieht nachhaltige Resilienzbildung heute aus. Nicht etwa Entsalzungsanlagen, keine Aufforstung, keine Solarpanels auf Wellblechdächern – sondern Muskelpakete, die sich im Ring wälzen. Und irgendwo auf dem Excel-Sheet in Brüssel steht dann: „Ziel erreicht.“

Man möchte fast applaudieren. Aber nur fast.

Die Therapie der postkolonialen Schuldgefühle

Warum tut man so etwas? Warum finanziert eine durchregulierte, an ihrer eigenen Bürokratie erstickende Union Wrestling-Arenen in Westafrika mit dem Pathos, als würde sie damit den Fortbestand des Planeten sichern?

Die Antwort ist vielschichtig, aber nicht kompliziert: Weil der moderne europäische Bürokrat im Hamsterrad der Weltrettung gefangen ist. Wer keine Lösungen hat, erfindet Probleme, die zu den Maßnahmen passen. Und wenn diese Maßnahmen dann auch noch so schön symbolisch sind, umso besser.

Denn Ringen ist in Gambia traditionell. Es ist identitätsstiftend. Es ist… kulturell nachhaltig. In den Köpfen der EU-Entwicklungsideologen verschmelzen dann Tradition und Klimaschutz zu einer Emulsion aus postkolonialer Wiedergutmachung und paternalistischer Lebenshilfe. Der europäische Funktionär kann sich auf die Schulter klopfen: Wir haben euch nicht nur das CO₂-Problem erklärt, sondern auch gleich eure Kultur aufgewertet. Bitte danken Sie uns nicht – es war uns eine Pflicht.

Die große Weltrettungs-Industrie

Natürlich könnte man nun spöttisch fragen, warum das Geld nicht in sinnvollere Projekte floss. Etwa in den Bau von Deichen, Trinkwasserbrunnen oder ein funktionierendes Abwassersystem für Banjul. Aber das wäre zu einfach gedacht. Solche Projekte sind langweilig, mühselig, sie erzeugen keine schicken Hochglanz-Fotos für den Jahresbericht.

Viel besser eignen sich bunte Sport-Events mit folkloristischem Einschlag. Sie liefern genau das, was die Fördermittel-Manager in Brüssel brauchen: Messbare, medienwirksame Ergebnisse ohne allzu große Komplikationen. Drei Wrestling-Arenen sind gebaut worden? Haken dran. Ein paar Jugendliche haben trainiert? Noch ein Haken. Ob das irgendetwas mit Klimawandel zu tun hat? Nebensache.

Die globale NGO-Industrie hat längst gelernt, solche Programme als Selbstzweck zu inszenieren. Es geht nicht mehr um den Nutzen, sondern um das Weiterlaufen der Maschinerie. Förderanträge schreiben, Mittel abrufen, Maßnahmen evaluieren – und nächstes Jahr dasselbe in grün. Oder in diesem Fall: in schweißnassem Braun.

Wenn der Regen ausbleibt, hilft der Bodyslam

Aber was genau versteht man eigentlich unter „Stärkung der Widerstandsfähigkeit gegen den Klimawandel“ durch Wrestling? Die gambische Zeitung The Standard wusste zu berichten, dass durch den Bau der Arenen „die Jugend beschäftigt“ werde. Das klingt auf den ersten Blick vernünftig – bis man merkt, dass hier ein meteorologisches Problem durch sportpädagogische Beschäftigungstherapie ersetzt wird.

Der Meeresspiegel steigt? Gut, dann schicken wir die Dorfjugend auf die Matte. Die Ernte vertrocknet? Kein Problem, wir halten ein Seminar zur richtigen Grifftechnik ab. Und wenn der nächste Zyklon das Blechdach abreißt – dann kann der Betroffene immerhin stolz erzählen, dass er im letzten Turnier den „Double-Leg Takedown“ gemeistert hat.

Das ist nicht nur zynisch, das ist der Offenbarungseid einer ganzen Förderpolitik. Man kann den Klimawandel offenbar nicht mehr bekämpfen, also tarnt man das Scheitern als Kulturförderung.

Der ironische Kollateralschaden

Ironischerweise profitieren von dieser absurden Praxis am Ende die, die es gar nicht so schlecht trifft: Die gambischen Ringer. Sie haben jetzt drei neue Arenen. Sie müssen nicht nach Europa flüchten, weil sie zu Hause einen Trainingsplatz haben. Vielleicht können sie sogar lokale Eintrittsgelder nehmen. Vielleicht finden sie Sponsoren. Vielleicht wird aus dem Wrestling-Projekt am Ende ein Wirtschaftsfaktor, den selbst die kühnsten Klima-Strategen in Brüssel nicht geplant hatten.

Das wäre dann der größte Witz an der ganzen Geschichte: Dass der Unsinn aus Brüssel – aus Versehen – tatsächlich funktioniert. Nicht als Klimaschutzmaßnahme, versteht sich, sondern als Wirtschaftsförderung. Das nennt man wohl die Dialektik der Entwicklungshilfe.

Das große Schulterzucken der Steuerzahler

Und der deutsche Steuerzahler? Der sitzt derweil zu Hause, blättert im Prospekt der Stadtwerke nach dem nächsten Strompreisanstieg, während sein Gasheizungsverbot im Briefkasten liegt. Vielleicht ringt er mit den eigenen Nebenkostenabrechnungen – was immerhin im weitesten Sinne auch eine Form von Resilienzbildung ist. Nur bezahlt wird ihm dafür niemand.

Er kann sich aber trösten: Irgendwo in Gambia wird gerade ein Bodyslam vollführt. Und das Weltklima? Das schaut zu. Wahrscheinlich mit einem müden Lächeln.

Der große Windrausch

Wer profitiert vom Windkraft-Boom – und wer bleibt im Gegenwind?

Es war einmal eine Menschheit, die wollte den Planeten retten. Der Planet selbst hatte zwar nie um Hilfe gebeten, sondern drehte sich stoisch weiter, egal ob mit Wäldern, Ozeanen oder wachsenden Betonwüsten. Aber der moderne Mensch, stets bereit für moralische Selbstüberhöhung, erklärte den Klimanotstand – und das bedeutete: Jetzt wird’s ernst. Oder besser gesagt: Jetzt wird’s lukrativ. Denn wo Not herrscht, wächst die Geschäftsidee. Und so spannt sich über die Republik ein Netz aus rotierenden Mahnmalen namens Windkraftanlagen. Sie stehen für Hoffnung, Fortschritt, Klimaschutz – und für Geld. Viel Geld. Die Frage ist nur: Für wen?

Der Stromkunde: Bezahlen bis der Rotor kracht

Der gewöhnliche Stromkunde – also der Mensch, der abends das Licht anknipst, um die Weltlage in der Tagesschau zu ertragen – wird zur Kasse gebeten. Aber nicht nur ein bisschen. Nein, er zahlt mit jeder Kilowattstunde seinen ganz eigenen Ablassbrief an die Windgötter der Energiewende. Der Preis: kontinuierlich steigend. Der Dank: ausbleibend. Denn während sich das Gefühl einstellt, Teil einer heroischen Transformation zu sein, wandert das Industriegewerbe klammheimlich in Länder mit billigem Strom. Dort produziert man dann die Batterien für deutsche E-Autos – powered by Kohlekraft aus China. So schließt sich der grüne Kreis. Nur eben nicht beim Stromkunden. Der darf sich über Rekordpreise freuen und nachts darüber nachdenken, ob er den Kühlschrank als nächsten einsparen kann.

Der Staat: Vom Zahler zum Abkassierer

Der Staat wiederum hat den Dreh raus – im wahrsten Sinne des Wortes. Erst verteilt er Subventionen an Windpark-Betreiber, damit diese sich selbst bejubeln können. Dann schöpft er über höhere Steuern den Wohlstandsrest der Bürger ab, um die Subventionen zu finanzieren, die er gerade verteilt hat. Ein Perpetuum Mobile der Umverteilung, von dem Physiker noch in Jahrhunderten sprechen werden – sofern der Strom dann reicht, um noch Bücher zu lesen. Wer nicht zahlt, zahlt trotzdem: Über steigende Schulden, neue Abgaben oder den Verlust der Wettbewerbsfähigkeit. Willkommen in der Energiewende, wo der Staat als Geld-Recycler auftritt. Altglas war gestern, jetzt wird der Bürger recycelt.

Die Windpark-Betreiber: Geld schaufeln im Gegenwind

Windpark-Betreiber sind die neuen Mühlenbesitzer der Neuzeit – nur ohne Esel und mit einem deutlich besseren Geschäftsmodell. Bei angenommenen Umsätzen von bis zu zwei Millionen Euro pro Jahr pro Windrad und läppischen 20 bis 30 Prozent Betriebskosten bleibt ein Nettogewinn, der sogar Hedgefonds blass werden lässt. Und falls der Wind mal zu stark weht und die Rotoren abgeschaltet werden müssen? Kein Problem! Auch dann fließen Entschädigungen, denn schließlich könnte man ja Strom produzieren. Mögliches Geld ist heute faktisch dasselbe wie tatsächliches Geld. Das hat man in der Finanzwelt schon lange verstanden, nur der Rest der Gesellschaft muss noch nachziehen. Aber keine Sorge: Das lernen sie gerade – unfreiwillig.

Die Lobby-Gruppen: Die neuen Hohepriester der Windreligion

Lobbyisten und „Klimaschutz-Institute“ sind die PR-Agenturen des grünen Fortschritts. Sie erstellen Studien, die den ökologischen Segen der Windkraft belegen – finanziert von Steuergeldern und freundlichen Spenden der Windbranche. Das Ergebnis: „Unabhängige“ Wissenschaft, die so unabhängig ist wie ein Zigaretten-Studie von Philip Morris in den 60ern. Doch der Trick funktioniert. Politiker verweisen auf diese Studien, um den nächsten Windpark durchzuwinken, und wer dagegen protestiert, wird als Klimasünder diffamiert. Ein genialer Schachzug: Man nennt es Klimarettung, kassiert Fördergelder und hebt gleichzeitig die moralische Keule gegen jeden, der fragt, ob das alles wirklich so sinnvoll ist. Der Lobbyismus ist nicht verschwunden – er hat sich nur einen grünen Anstrich gegeben. Bio-Lobby, mit Fair-Trade-Siegel.

Die Kommunen: Bürgermeister auf Schatzsuche

Für viele Kommunen ist die Windkraft der Goldesel der Neuzeit. Gewerbesteuern, Pachtverträge, die ominöse 0,2-Cent-pro-Kilowattstunde-Prämie – das alles spült Geld in die Kassen. Manche Bürgermeister geraten in einen wahren Baurausch. Plötzlich wird aus dem abgelegenen Dorf ein Hotspot der Energiezukunft. Das Rathaus wird saniert, die Kita renoviert, der Haushaltsplan ausgeglichen. Nur schade, dass dabei niemand nachfragt, was mit den Immobilienwerten der Anwohner passiert. Aber das ist ja Privatsache. Und Privatsache wird in der deutschen Kommunalpolitik traditionell nicht so hoch bewertet wie Haushaltssanierung. Schließlich dreht sich nicht nur der Rotor, sondern auch das Bürgermeisterkarussell.

Die Anwohner: Im Windschatten des Fortschritts

Der Windkraft-Ausbau wäre so einfach, wenn es nicht diese lästigen Anwohner gäbe. Sie stehen herum, schauen aus dem Fenster und stellen fest: Wo früher Wald war, dreht sich jetzt Stahl. Wer sein Haus in der Nähe eines Windparks hat, darf sich über den Preisverfall der eigenen Immobilie freuen. Manchmal bietet der Betreiber Trostpflaster an: den sogenannten Bürgerwindpark. Das ist quasi der Ablasshandel der Moderne. „Kauf dich frei“, lautet das Motto. Wer brav Anteile erwirbt, bekommt eine kleine Rendite – und darf im Gegenzug gefälligst den Mund halten, wenn der Schattenwurf der Rotoren morgens durchs Schlafzimmer zieht. Wer sich nicht beteiligt, bleibt eben draußen. Im sprichwörtlichen Wind.

Die Landbesitzer: Der neue Feudaladel

Besonders gut lachen haben die Landbesitzer. Der Bauer, der früher mit Mühe und Not vom Kartoffelanbau lebte, wird plötzlich zum Windkraft-Paten. Pachtzahlungen in Höhe von 200.000 Euro und mehr pro Jahr und pro Windrad sind keine Seltenheit. Da fragt sich mancher: Warum noch ackern, wenn der Wind für mich arbeitet? Der Nebeneffekt: Die soziale Spaltung auf dem Land wächst. Der eine kassiert die Pacht, der andere schaut auf sein entwertetes Haus und hört nachts das Brummen der Rotoren. Aber wie sagte schon Brecht? Erst kommt das Fressen, dann die Moral. Und wenn das Fressen vom Wind bezahlt wird, dann bläst man eben in die richtige Richtung.

Die Hersteller: Der letzte dreht das Licht aus

Die großen Hersteller von Windkraftanlagen – Vestas, Nordex, Siemens Gamesa – haben den Standort Deutschland längst hinter sich gelassen. Warum auch hier produzieren, wo die Lohnkosten hoch sind und die Bürokratie windig? Gebaut wird in Fernost, montiert wird irgendwo, verdient wird überall – nur nicht unbedingt dort, wo die Räder sich drehen. Der ökologische Fußabdruck dieser Globalproduktion interessiert dabei niemanden. Hauptsache, auf dem Papier steht „grün“. Der Begriff Nachhaltigkeit hat eben viele Facetten – darunter auch die nachhaltige Vernichtung von Arbeitsplätzen im eigenen Land.

Die Kapitalanleger: Der grüne Flop

Wer als Anleger dachte, er könne mit Windkraft satte Gewinne einfahren, hat sich gründlich geschnitten. Minus 36 Prozent in drei Jahren – das ist nicht die Rendite, das ist der Verlust. Nachhaltig eben. Denn grüne Investments sind nicht zwingend gute Investments. Aber sie haben einen Vorteil: Man kann sich moralisch überlegen fühlen, während das Depot schmilzt. Das ist auch eine Form von Wärmewende.

Fazit: Der Verbraucher zahlt – immer und überall

Am Ende bleibt ein bitteres Fazit: Es zahlt immer der Verbraucher. Er bezahlt die Subventionen mit seinen Steuern, er zahlt den teuren Strom, er zahlt für teure Produkte, die in einer teuren Energiewelt hergestellt wurden, er zahlt mit seinem Wohnwert, seiner Lebensqualität und seiner Geduld. Und während oben die Rotoren rauschen, bleibt dem unten nur das dumpfe Gefühl, dass dieser grüne Fortschritt vor allem eins ist: ein großartiges Geschäftsmodell. Für alle – nur nicht für ihn.


„Die Energiewende ist kein Naturgesetz, sie ist ein Geschäftsmodell.“

Doch in diesem Modell ist der Wind frei – der Rest kostet.

Warum der Kapitalismus nach Nougat riecht

Es gibt Erlebnisse, die brennen sich ein. Die erste Liebe. Der erste Kuss. Der Moment, in dem man feststellt, dass die Milka-Tafel jetzt 1,99 Euro kostet und nur noch 90 statt 100 Gramm wiegt. Ein Initiationsritus moderner Konsumbürgerlichkeit – irgendwo zwischen Ernüchterung, Fassungslosigkeit und dem dumpfen Gefühl, dass es so eigentlich nicht weitergehen kann, während es natürlich exakt so weitergehen wird.

Mondelez, das Multikonglomerat mit dem Namen eines Asteroiden, hat es wieder getan. Erst die Preise erhöhen, dann den Inhalt kürzen – ein Taschenspielertrick, der so durchschaubar ist, dass er schon wieder genial wirkt. Die Zauberer von Mondelez nennen es „Shrinkflation“, ein Begriff, der klingt wie eine Fitness-App aus dem Silicon Valley, dabei aber nichts anderes bedeutet als den systematisierten Griff in die Tasche der Verbraucher. 1,99 Euro für 90 Gramm Alpenmilch – das entspricht einer Preissteigerung von 48 Prozent, wenn man ehrlich rechnet. Und wenn man unehrlich rechnet, was die Marketingabteilung vermutlich bevorzugt, dann ist es natürlich eine „qualitative Premiumanpassung“, ein „Schritt in Richtung Nachhaltigkeit“ oder, noch besser, eine „Resilienzmaßnahme im globalen Lieferkettenmanagement“. Was immer das heißen soll. Der Konsument versteht es ohnehin nicht. Er kaut halt weiter. Schokolade. Frust. Realität.

Der schmelzende Sozialvertrag: Warum der Konsument schuld ist

Natürlich könnte man Mondelez jetzt vorwerfen, sie hätten die Dreistigkeit zur neuen Unternehmensphilosophie erhoben. Doch das wäre zu kurz gedacht – und außerdem viel zu bequem. In Wahrheit ist der moderne Konsument ein Komplize im System der stillen Enteignung. Er will es so. Er liebt es so. Er braucht es so. Denn Verzicht ist keine Option. Ein Leben ohne Milka? Undenkbar! Da müsste man ja selber backen, Schokolade von regionalen Manufakturen kaufen, die tatsächliche Kakaobauern bezahlen oder – Gott bewahre – den eigenen Konsum reflektieren.

Stattdessen kauft man also weiter. Und Mondelez weiß das. Die Ökonomie der kleinen Schritte hat längst den Bereich der Notwendigkeiten verlassen und ist in den Bereich der psychologischen Kriegsführung vorgedrungen. 90 Gramm statt 100? Merkt doch keiner. Oder wenn doch, dann wird es eben zähneknirschend akzeptiert. Die Menschen regen sich auf – ja, natürlich. Auf Twitter. Auf TikTok. In der Mittagspause. Und beim nächsten Einkauf greifen sie trotzdem wieder zur lila Kuh. Der moderne Verbraucher ist wie ein Hund, der seinen eigenen Schwanz jagt, nur mit weniger Würde und ohne Aussicht auf Erfolg.

Das Schlaraffenland war gestern: Willkommen in der Zuckersteuerhölle

Wer denkt, die Preisspirale sei eine zufällige Folge geopolitischer Verwerfungen, glaubt wahrscheinlich auch, dass der Weihnachtsmann noch selbst am Band steht und die Schokoladenhohlkörper liebevoll bemalt. Doch der Wahnsinn hat Methode. Mondelez ist nicht irgendein Hersteller – es ist ein Börsenunternehmen. Und an der Börse geht es nicht um Schokolade, sondern um Quartalszahlen. Jedes Gramm weniger ist ein Bonuspunkt für den CFO, jede Preiserhöhung ein Beleg für „Pricing Power“, jenes neoliberale Ungeheuer, das dafür sorgt, dass der Konsument jedes Jahr ein bisschen mehr blutet, während der Vorstand jedes Jahr ein bisschen mehr lacht.

Die Alpenmilch-Tafel ist dabei nur das Schlachtfeld einer viel größeren Auseinandersetzung: Der globale Konzernkrieg um Margen, Renditen und Shareholder-Value hat längst die Supermarktregale erobert. Es ist ein bitteres Schauspiel, bei dem der Konsument die Rolle des Komparsen spielt – unbezahlt, versteht sich – und trotzdem jeden Cent investiert, um wieder dabei sein zu dürfen. Ironischerweise wird er dabei immer dicker und immer ärmer zugleich. Willkommen im neuen Schlaraffenland: Die Regale sind voll, der Geldbeutel leer, und hinter jeder Ecke lauert die nächste Zuckersteuer.

Kapitalismus in Reinform: Von der Schokolade zur Zynikerschule

Man kann die Preiserhöhung bei Milka auch als Lehrstück betrachten. Wer wissen will, wie der Kapitalismus wirklich funktioniert, muss kein BWL-Studium absolvieren. Es reicht, eine Tafel Schokolade zu kaufen. Da steckt alles drin: Gier, Täuschung, Abhängigkeit, Selbstbetrug. Die Verpackung wird lilafarbener, die Kuh lächelt breiter, der Preis steigt, der Inhalt schrumpft – und das Spiel geht weiter. In den oberen Etagen wird mit Pokerface von „Wertschöpfung“ gesprochen, während unten die Kundschaft an der Kasse steht und sich fragt, ob man 2 Euro für eine Tafel Plastikmilch mit Zucker wirklich ausgeben sollte. Spoiler: Man tut es trotzdem.

Die wahre Pointe ist aber eine andere: Mondelez braucht uns nicht. Wir brauchen Mondelez. Wir sind längst gefangen im System der Markenabhängigkeit, dressiert durch Jahrzehnte der Werbung, genormt durch Geschmacksprofile, die unser Hirn so zuverlässig triggern wie der Pawlowsche Hund bei der Klingel. Milka schmeckt nach Kindheit, sagen sie. Milka schmeckt nach Heimat. Milka schmeckt nach Kuh. In Wahrheit schmeckt Milka nach Palmöl, Zucker und dem Gefühl, über den Tisch gezogen worden zu sein – aber das will niemand hören.

Und jetzt? Nichts. Natürlich nichts.

Die Empörung wird verrauschen. Das tut sie immer. Der Shitstorm ist das neue Ventil der bürgerlichen Hilflosigkeit: kurz mal Dampf ablassen, dann weiter konsumieren wie bisher. Vielleicht kauft der eine oder andere eine andere Schokolade. Vielleicht weicht man aus auf Eigenmarken oder Bio-Riegel. Aber spätestens an der Kasse wird der Konsument wieder in sein altes Muster zurückfallen. Milka ist ein Systemprodukt. Es geht hier nicht um Geschmack, sondern um Prägung.

Mondelez weiß das. Sie lachen vermutlich leise, während sie den nächsten Preiszettel ausdrucken. Und der Verbraucher? Der wird weiterkaufen. Natürlich. Was denn sonst? Verzicht ist unmodern, Wut ist folgenlos, und wer keine Milka isst, der hat wahrscheinlich auch keinen Netflix-Account, kein Prime-Abo und keinen Thermomix. Das ist kein Leben, das ist Askese. Und Askese ist im Jahr 2025 der einzige wirkliche Skandal.

Heilige Worte und unheilige Wahrheiten

Mit der unnachahmlichen Mischung aus päpstlicher Würde und medienwirksamer Inszenierung hat Papst Leo XIV. sich jüngst zu Wort gemeldet. Anlass war das 34. Benefizspiel Partita del Cuore, ein Ereignis, bei dem Prominente und Sportler – arm in arm, Herz für Herz – für den guten Zweck kicken. Welch treffender Rahmen, um die Menschlichkeit zu beschwören und – oh Wunder – zum Waffenstillstand aufzurufen! „Unsere Menschlichkeit steht auf dem Spiel“, so der Papst, als habe die Welt gerade erst begonnen, sich dieser Erkenntnis zu nähern. Die Aufforderung klingt fast so frisch wie die einstigen Schwüre der Kreuzzügler, mit Frieden und Liebe im Gepäck. Doch ist es nicht gerade das Evangelium, das die Menschlichkeit predigt? Oder hat der Heilige Stuhl erst jetzt in der postmodernen Medienwelt entdeckt, dass Krieg etwas so Unmenschliches ist wie Päpste selbst Unfehlbarkeit beanspruchen?

Da steht er also, der Oberhirte der katholischen Welt, und ruft zu einem Ende des Hasses auf – was wir alle ja durchaus begrüßen. Aber ist es nicht ein Hohn, wenn er im gleichen Atemzug von einer „Barbarei, die weitaus größer ist als in früheren Zeiten“ spricht? Haben wir uns wirklich so weit vom Holocaust entfernt, dass die grausamste, systematischste Vernichtung von Millionen Menschen in Europa in der Erinnerung verblasst ist? Oder wird hier bewusst historisch gewindelt, um das eigene Bild als moralischer Kompass der Gegenwart nicht zu beschmutzen?

Die Unfehlbarkeit des Papstes und die Unfehlbarkeit der Ignoranz

Man kann nur staunen, wie gekonnt die katholische Kirchenführung sich der Kunst des Verdrängens und Beschönigens bedient. Der unfehlbare Papst, von dem die Katholiken glauben, er könne nicht irren, scheint selbst vor historischen Fakten nicht haltzumachen, wenn es dem Zweck dient. „Tradition ist alles“, so Papst Pius XII., der Vorgänger, dessen Schweigen zu einem der dunkelsten Kapitel der Kirchengeschichte gehört – doch wer erinnert sich schon gern daran? Vielleicht hätte Leo XIV. sich eine Scheibe davon abschneiden sollen, nicht nur das Vergessen zu fördern, sondern wenigstens die eigene Geschichte nicht durch groteske Übertreibungen zu entstellen.

Die Predigt gegen Krieg und Hass ist nobel – fast rührend – aber sie schwingt auf dünnem Eis. Während weltweit Bomben fallen, Menschen fliehen und Staaten zerbrechen, bleibt der Heilige Vater in seiner gewohnten Haltung: eindringlich, jedoch blind für die eigenen blinden Flecken. Die Heiligkeit als Synonym für Unfehlbarkeit – was für eine Ironie! Denn in dieser Unfehlbarkeit liegt eine tödliche Gefahr: die Unfähigkeit zur Selbstkritik, zur echten Umkehr, die nötiger wäre als all die hochtrabenden Appelle.

Die „Barbarei“ im Spiegel der Heiligen

Wenn Leo XIV. von einer „Barbarei, die weitaus größer ist als in früheren Zeiten“ spricht, offenbart sich ein zynisches Spiel mit der Wahrheit. Die Barbarei des 20. Jahrhunderts mit ihren industriellen Vernichtungsmaschinen, dem Holocaust, den Gulags und Atombomben wird in einem Atemzug relativiert mit den Kriegsgräueln der Gegenwart. Sicher, die Gegenwart ist grausam, blutig und brutal. Doch die Geschichte zeigt uns, dass Grausamkeit nicht linear wächst, sondern sich in Wellen schlägt, mal leiser, mal lauter, mal vernebelt, mal in brutaler Klarheit.

Wie soll man diese Aussage verstehen? Als Versuch, die heutigen Konflikte dramatischer erscheinen zu lassen? Als rhetorischen Kniff, um mediale Aufmerksamkeit zu erhaschen? Oder als Ausdruck einer moralischen Hilflosigkeit, die ihre eigenen Grenzen nicht zu erkennen vermag? Die Menschen in den Kriegsgebieten der Ukraine, Israels, Gazas und Irans leiden sicherlich – doch wer nicht die Schatten der Vergangenheit kennt, verliert sich in einer Narration, die weder gerecht noch hilfreich ist.

Satire als letzte Zuflucht der Vernunft

Am Ende bleibt die Satire als Schutzschild gegen die allzu großen Worte der Mächtigen. Denn wenn selbst der Papst mit zynischem Pathos die „Barbarei“ unserer Zeit überhöht, muss man fragen: Wer bewahrt uns vor der Heiligkeit selbst? Die Ironie steckt nicht nur in den Worten, sondern auch im Fehlen der Konsequenz: Wo waren die Appelle gegen die jahrzehntelangen Untaten, die Kollaborationen, das Schweigen? Wo ist der Mut, sich den eigenen historischen Versäumnissen zu stellen? Stattdessen große Gesten, die wie vom Theaterregisseur inszeniert wirken – nicht selten als bloße Selbstinszenierung, die mehr blendet als erhellt.

Vielleicht liegt die größte Barbarei darin, dass die Stimme, die sich als moralische Autorität erhebt, manchmal nichts anderes tut, als die tiefen Wunden der Geschichte zu übertünchen – mit dem weißen Tuch der heiligen Worte und dem bitteren Geschmack der Heuchelei. Doch selbst in dieser bitteren Ironie steckt ein Hoffnungsschimmer: die Erkenntnis, dass auch Heiligkeit nicht unfehlbar ist, und dass die Menschlichkeit nicht allein in hohlen Worten, sondern im ehrlichen Handeln liegt.


Was bleibt? Ein bitteres Lachen über die Widersprüche, ein augenzwinkernder Blick auf die Welt, und die stete Mahnung: Auch die höchsten Würdenträger sind nur Menschen – und Menschen irren. Zum Glück. Denn nur so bleibt uns die Chance, Menschlichkeit wirklich zu leben.

Die Werte-Wüste Österreich

Vom großen Scheitern der moralischen Nachhilfestunde

Es gibt Zahlen, die sprechen für sich. Und dann gibt es Zahlen, die schreien. Die neuesten Ergebnisse aus den Integrationsstatistiken Österreichs gehören zur zweiten Kategorie. Jeder vierte Migrant bricht den sogenannten „Wertekurs“ ab. Also jenes freundliche, pädagogisch liebevoll verpackte Nachhilfeprogramm, in dem wir den Neuankömmlingen erklären, was hierzulande als zivilisierter Minimalkonsens gilt. Man sollte meinen, dass es sich dabei um Grundlegendes handelt – wie etwa, dass Frauen nicht der verlängerte Arm des Eigentumsbegriffs sind, dass das Wort „Meinungsfreiheit“ nicht „ich darf andere niederbrüllen“ bedeutet, und dass man Konflikte im Zweifel nicht mit der Machete löst, sondern mit einer Anzeige bei der Polizei. Aber nein – offenbar sind diese kulturellen Basics für einen nicht unbeträchtlichen Teil der Kursteilnehmer derart schwer verdaulich, dass ihnen der Lernprozess auf halber Strecke im Hals stecken bleibt.

Wohlgemerkt: Wir reden hier nicht über den Abbruch eines Yogakurses, sondern über das freundliche Angebot der Republik Österreich, in einem klimatisierten Seminarraum das zarte Pflänzchen westlicher Werte aufblühen zu lassen. Doch was passiert? Der Kurs wird abgebrochen. Die Hand, die man reicht, wird ausgeschlagen. Mancherorts wohl auch gebissen. Und wieder einmal sitzen wir in der ersten Reihe beim Trauerspiel einer Integration, die im besten Fall holpert und im schlimmsten Fall nicht einmal den Anlauf übersteht.

Der Wertekanon als Zumutung – oder: Warum Gleichberechtigung manchen Kopfschmerz bereitet

Ein besonders pikantes Detail, das diese Statistik so delikat wie bitter macht, ist der Blick auf das Geschlechterverhältnis unter den Kursabbrechern. Spoiler: Es sind vor allem Männer, die sich bei der Präsentation unserer gesellschaftlichen Leitlinien dezent abwenden. Offenbar ist der Gedanke, dass Frauen in Österreich nicht nur zum Kinderkriegen und Kochen da sind, sondern auch als selbstbestimmte Individuen auftreten dürfen, für einige Teilnehmer schwerer zu ertragen als ein Drei-Gänge-Menü aus Glasscherben.

Man kann sich lebhaft vorstellen, wie der Vortrag über Gleichberechtigung verläuft. Da sitzt der Vortragende, vermutlich ein pensionierter Gymnasiallehrer mit einer PowerPoint-Präsentation, die irgendwo zwischen „Erklärbär“ und „Moralkeule“ changiert, und erklärt geduldig, dass es in Österreich keine patriarchale Hackordnung gibt, jedenfalls nicht offiziell. Auf der anderen Seite sitzen die Zuhörer, die das mit einer Mischung aus Fassungslosigkeit, innerlichem Augenrollen und offenem Desinteresse quittieren. Manche stehen irgendwann auf, packen ihre Jacke und gehen. Integration abgebrochen. Wertevermittlung gescheitert. Der Kursleiter bleibt ratlos zurück und spürt, wie seine Resthoffnung langsam verdampft.

Die linke Erzählung vom ewigen Opfer – oder: Das Märchen von der Anpassungspflicht des Gastgebers

Natürlich dauert es nach solchen Enthüllungen nie lange, bis die üblichen Stimmen ertönen. Der Chor der Betroffenheitsbeauftragten ist schnell zur Stelle. „Man müsse mehr Verständnis haben“, heißt es dann. „Die Menschen sind traumatisiert.“ „Wir müssten nur empathischer sein.“ Und so weiter. Dieselbe Leier seit Jahrzehnten. Das Mantra lautet: Wer nicht ankommt, dem wurde nicht genug beim Ankommen geholfen.

Doch diese Erklärung ist, mit Verlaub, intellektuell faul. Sie ist bequem, weil sie die Verantwortung ausschließlich beim Aufnahmeland ablädt. Der Migrant wird darin zum willenlosen Blatt im Wind der Umstände, unfähig zur eigenen Entscheidung, zum eigenen Lernen, zum eigenen Handeln. Eine paternalistische Sichtweise, die, wenn man es genau nimmt, zutiefst herablassend ist. Wir fordern nichts weiter als die Akzeptanz dessen, was hierzulande für selbstverständlich gehalten wird. Und wenn das schon zu viel verlangt ist, dann darf – nein, dann muss – das Konsequenzen haben.

Sanktionen als letzte Bastion – oder: Warum Zuckerbrot allein nicht reicht

Es ist an der Zeit, dass wir den Werteunterricht nicht länger als kostenlosen Feel-Good-Workshop begreifen, bei dem man jederzeit die Türe leise hinter sich schließen kann, wenn einem das Thema nicht schmeckt. Wer den Kurs abbricht, soll spüren, dass das nicht ohne Folgen bleibt. Punkt. Andernfalls sind unsere Integrationsbemühungen nichts weiter als gut gemeinter Kitsch für den politischen Folkloreabend.

Natürlich regen sich sofort die üblichen Verdächtigen: Menschenrechts-NGOs, Sozialarbeiter mit Weltrettungspathos, linke Kolumnisten auf der Suche nach dem nächsten moralischen Höhenflug. Sie werfen mit Begriffen wie „Diskriminierung“, „Ausgrenzung“ und „Rassismus“ um sich, als wären das Konfetti auf einer Feier der Selbstgerechtigkeit. Doch am Ende bleibt die Frage: Wollen wir Integration als ernsthaften Prozess begreifen oder als therapeutische Begleitveranstaltung ohne jede Verbindlichkeit? Wenn wir Letzteres wählen, dann brauchen wir uns über die Ergebnisse nicht mehr wundern. Dann ist das Scheitern Programm.

Der blinde Fleck der liberalen Demokratie – oder: Wer keine Werte definiert, wird überrannt

Die unangenehme Wahrheit ist: Niemand kann sich anpassen, wenn es nichts gibt, woran man sich orientieren könnte. Eine Demokratie, die nicht in der Lage ist, ihre eigenen Grundsätze klar zu benennen und zu verteidigen, lädt unweigerlich dazu ein, ausgehöhlt zu werden. Wer immer nur Verständnis predigt, aber nie Grenzen zieht, macht sich am Ende selbst zur Karikatur seiner Werte.

Der Druck wächst. Der Unmut wächst. Die Resignation wächst. Immer weniger Einheimische glauben noch an ein harmonisches Zusammenleben mit Zuwanderern – und das ist kein Gefühl, das vom rechten Rand ins Land getragen wird, sondern eine Alltagserfahrung. Vor drei Jahren war noch jeder Dritte optimistisch, heute ist es nur noch jeder Fünfte. Der Rest hat kapituliert oder schweigt betreten.

Der Abschied vom naiven Humanismus – oder: Ein Land zwischen Anspruch und Realitätsverlust

Vielleicht ist es an der Zeit, Abschied zu nehmen von der Illusion, Integration sei ein Spaziergang. Sie ist ein harter, steiniger Weg – für beide Seiten. Doch wer diesen Weg geht, muss wissen, dass es Regeln gibt. Wer das nicht akzeptiert, bleibt eben draußen stehen. So funktioniert jede Gemeinschaft, seit es Menschen gibt. Und Österreich ist da keine Ausnahme, auch wenn es sich gelegentlich einbildet, der moralische Nabel der Welt zu sein.

Wir müssen endlich aufhören, uns selbst etwas vorzumachen. Nicht jeder, der hier ankommt, will auch Teil dieser Gesellschaft werden. Und nicht jeder, der es versucht, schafft es. Das ist bitter, das ist schmerzhaft, aber es ist auch die Realität. Vielleicht hilft es, wenn wir diese Tatsache nicht länger als Skandal betrachten, sondern als das, was sie ist: eine schlichte Beschreibung des Zustands.

Und manchmal ist genau das der erste Schritt zur Besserung.

Die Ukraine: Ein Festival des finalen Scheiterns

Herzlich willkommen im geopolitischen Theater der Groteske

Stellen Sie sich vor: Ein Land steht in Flammen. Der Feind marschiert. Die Hauptstadt versinkt im Bombennebel. Und was macht die politische Elite?

Sie trifft sich zum Pokerabend.

Die Karten sind aus Menschenleben, der Einsatz ist der Staat, der Gewinn ist irrelevant – Hauptsache, man bleibt am Tisch, solange es noch Chips gibt.

Der Präsident spielt Kriegsherr. Der Berater spielt Präsident. Der Rest spielt Tetris.

Wolodymyr Selenskyj hält Reden über Heldenmut, während ihm hinterrücks die Macht entgleitet.

Andrij Jermak, sein Chefberater, sortiert Minister wie Spielsteine in einem Puzzle, das gar kein Bild mehr ergibt.

Die Militärs zählen Panzer. Die Oligarchen zählen Geld. Der Westen zählt die Tage bis zum totalen Zusammenbruch, nennt das aber „Optimismus“.

Waffenlieferungen ins Nirwana

Die NATO schickt Raketen, als wäre das der Weltfriedenstombola-Hauptpreis.

„Hightech-Waffen für ein Hochofen-Inferno“, sagt der eine.

„Geopolitische Verantwortung“, sagt der andere.

„Ein Bunker voller neuer Uniformen!“, ruft der Dritte – und alle applaudieren, obwohl draußen der Staat implodiert.

Es ist, als würde man einen brennenden Kindergarten mit Benzin löschen, weil Wasser gerade ausverkauft ist.

Die ukrainische Regierung: Ein Schützengraben aus Intrigen

In Kiew regiert längst nicht mehr der Präsident, sondern ein amorphes Machtkonglomerat aus Beratern, Cousins, Lobbyisten und Leuten, die zufällig gerade im Raum sind, wenn Entscheidungen fallen.

Jermak ist der Türsteher dieses Systems. Wer nicht durch ihn geht, bleibt draußen – oder wird gleich ganz entfernt: aus dem Amt, aus dem Leben, aus dem Gedächtnis.

Der Krieg? Ach ja, der Krieg. Der ist Kulisse.

Politische Hygiene als Genickschuss

Man „säubert“ das System – sagt man. In Wirklichkeit ist es eine offene Gehirnoperation mit Gabel und Löffel.

Der Verteidigungsminister wird abgesägt, der Geheimdienstchef zermürbt, der Premierminister ausgetauscht, bevor er selbst weiß, dass er es war.

Die Methode ist simpel: Wer im Weg steht, wird Teil des Bodens.

Der Westen als Spendensammler für den kollektiven Selbstmord

Washington und Brüssel schauen zu und nicken verständnisvoll.

Sie wissen längst, dass das hier nicht mehr um Sieg oder Niederlage geht, sondern nur noch um den eleganten Abgang eines gescheiterten Projekts.

Man gibt der Ukraine Geld, damit sie den Krieg verliert – aber bitte stilvoll. Ohne Gesichtsverlust. Ohne hässliche Bilder. Am besten mit PR-Begleitung.

Putin? Der muss gar nichts mehr tun.

Putin schaut dem Schauspiel zu wie ein müder Casino-Besitzer, der weiß, dass sich die Spieler gerade selbst erstechen, weil sie sich über die Spielregeln gestritten haben.

Er braucht keine Offensive mehr. Er braucht nur Popcorn.

Ein Land fällt – nicht durch Bomben, sondern durch Meetings

Während an der Front gestorben wird, werden in Kiew Excel-Tabellen erstellt, um festzulegen, wer morgen noch Einfluss hat.

Der Tod ist da draußen – aber der Machtkampf ist drinnen.

Draußen explodieren Städte – drinnen explodieren Egos.

Das ist keine Regierung mehr, das ist ein Escape Room aus Intrigen, aus dem keiner mehr herausfindet.

Friedensverhandlungen? Mit wem?

Der Westen redet von Verhandlungen.

Mit wem denn bitte?

Mit einem Staat, der sich gerade selbst entkernt wie ein Kürbis an Halloween?

Mit einem Präsidenten, der längst der Sprecher seines eigenen Beraters ist?

Mit einer Bürokratie, die in der Kantine Würfel wirft, um zu entscheiden, ob morgen noch existiert, was gestern beschlossen wurde?

Der finale Akt: Selbstzerstörung als olympische Disziplin

Die Ukraine ist nicht mehr in einem Krieg. Sie ist in einem Wettbewerb: Wer kann sich schneller selbst zerlegen, bevor der Feind es tut?

Der Sieger gewinnt nichts. Der Verlierer auch nicht. Aber es gibt Trostpreise: Ministerposten, Fluchtkoffer, Schweizer Bankkonten.

Der Westen klatscht höflich Beifall, solange der Vorhang noch nicht ganz gefallen ist. Und wenn es vorbei ist?

Dann wird man sagen:

„Schade, das war wirklich eine interessante Phase der Geschichte.“

Und dann?

Dann kommt der Abspann.

In Zeitlupe.

Ohne Musik.

Mit Nebelmaschine.

Und das Publikum sitzt da, klatscht nicht – und bestellt noch eine Runde Wodka.

Der Hack(er) des Systems

Von der Kunst, Geld von unten nach oben zu drehen

Wien, diese schweratmende Schönheit an der Donau, liebt ihre Stadträte, vor allem wenn sie mit grantigem Schmelz und Nikotinstimme das Elend der Verwaltung besingen. Und Peter Hacker, Gesundheitsstadtrat der SPÖ, beherrscht diese Kunst mit der Eleganz eines Sozialpolitikers, der zwischen Parkbank und Parteibuch laviert.

Da sitzt er also in „Wien heute“, dem Wohnzimmer der Wiener Befindlichkeit, und erklärt der geneigten Zuschauerschaft, dass das Gesundheitsressort jetzt „jeden Cent von unten nach oben drehen“ muss. Ein Satz wie ein zynisches Koan: Wieso denn bitte von unten nach oben? Üblicherweise dreht man Münzen, um zu sehen, ob der Adler oder die Zahl oben ist – nicht, ob der Cent noch Lust hat, beim Sozialamt vorbeizuschauen.

Aber gut, in Wien denkt man sozialdemokratisch anders über Physik. Die Schwerkraft ist hier ein ideologisches Konstrukt. Wer nach unten fällt, ist selbst schuld. Wer unten ist, wird wenigstens noch gedreht – zur Kontrolle, ob noch was zu holen ist.

Das Prinzip der planbaren Gnade

Doch Hacker kann nicht nur drehen, er kann auch relativieren. Ja, die Wartelisten für Operationen seien lang, sagt er. Das liege aber nur an den sogenannten „planbaren Eingriffen“. Wer also eine Hüfte braucht, soll halt erst mal mit Schmerztabletten planen. Wer einen grauen Star hat, darf sich darauf verlassen, dass der Termin für die Operation genauso sicher kommt wie das nächste Budgetloch – irgendwann, vielleicht, nach den nächsten Wahlen.

Für den Notfall, betont Hacker, gibt es keine Wartezeiten. Die Wiener Lösung lautet also: Erst dann Hilfe, wenn es blutet, brennt oder der Tod an der Tür klopft. Eine Medizin des finalen Augenblicks. Wer leben will, muss leiden; wer stirbt, wird bevorzugt behandelt.

Man könnte fast meinen, Wien habe ein besonderes Gesundheitskonzept erfunden: Das „Hospital der letzten Stunde“. Kommen Sie ruhig dann, wenn es zu spät ist – dafür müssen Sie nicht anstehen.

Vom Spendierhosen-Sozialismus zum Spitalsbrief-Bombardement

Tags darauf, wieder Hacker, wieder „Wien heute“. Ein Déjà-vu, nur mit neuem Drehbuch. Jetzt geht es um die Ukrainer, die seit Sonntag nicht mehr automatisch krankenversichert sind. Ein Skandal, ruft der Stadtrat. „Wir werden sicher keine Privatrechnung ausstellen!“ Das klingt heldenhaft – wäre da nicht der Nebensatz vom Vortag, dass für alle anderen streng gespart werden muss.

Für den Österreicher ohne Job gibt es das Angebot einer Selbstversicherung für 526 Euro im Monat. Für den Ukrainer dasselbe für 76 Euro. Das nennt man dann Solidarität, jedenfalls in der Version 2.0, in der der Sozialstaat ein bisschen nach Herkunft sortiert. Wer das anspricht, gilt natürlich sofort als Unmensch. Denn Wien liebt seine Flüchtlinge – solange sie in den Pressetext passen.

Der Brief an den Bundeskanzler ist da schon geschrieben, bevor der Fernseher ausgeschaltet wird. Vielleicht steht sogar noch ein Faxgerät in Hackers Büro, auf dem die SPÖ seit den 80er Jahren ihre moralische Überlegenheit ausdruckt. Der Kanzler bekommt Post, der Bürger bekommt Wartezeiten, der Ukrainer bekommt eine Sonderkondition, und der Steuerzahler bekommt den Blues.

Der Sozialstaat als Schrödingers Katze

Was hier passiert, ist nicht neu, aber immerhin konsequent paradox. Der Wiener Sozialstaat ist wie Schrödingers Katze: Er ist gleichzeitig totgespart und hypermoralisch großzügig – je nachdem, von welcher Seite man die Schachtel öffnet.

Die Wiener Bevölkerung darf sich ihre OP-Termine selbst planen, vorzugsweise im Kalenderjahr 2030. Aber wehe, jemand fragt nach, warum bestimmte Gruppen Sondertarife erhalten, während der eigene Blinddarm eine PowerPoint-Präsentation braucht, bevor er entfernt wird.

Es ist der Charme der Wiener Gesundheitspolitik: Die Widersprüche sind so groß, dass man gar nicht mehr weiß, ob man weinen oder lachen soll. Also tut man beides gleichzeitig – das ist dann typisch wienerisch.

Das letzte Aufgebot der Moral

Peter Hacker spielt in diesem grotesken Theaterstück den Fürsorgedirektor mit Doppelmoral. Einer, der den Gürtel enger schnallt, aber nur bei denen, die ohnehin schon Bauchweh haben. Einer, der gleichzeitig Spartakus und Säckelwart sein will. Der lieber einen Skandal an den Bund delegiert als an den eigenen Verwaltungstisch.

Und doch: Man muss ihn fast mögen, diesen Stadtrat, der zwischen Pragmatismus und Pathos taumelt wie ein Betrunkener am Gürtel um drei Uhr früh. Vielleicht weiß er selbst, dass das alles ein absurdes Spiel ist. Vielleicht schmunzelt er sogar dabei, wenn er vor der Kamera steht und sagt: „Wir sparen bei den Wienern, aber bei den Ukrainern sicher nicht.“

Man hört den Subtext mit: „Weil’s besser klingt.“

Epilog: Wien bleibt Wien – auch im Gesundheitswesen

In dieser Stadt ist alles ein bisserl Kafka und ein bisserl Kabarett. Der Gesundheitsstadtrat, der Sozialstaat, die Wartezeiten, die Fernsehauftritte, die Briefe an den Kanzler – alles Teil einer bürokratischen Operette, in der das Orchester schon lange nicht mehr bezahlt wird.

Der Wiener sagt dazu: „Passt scho.“
Der Kranke sagt: „Aua.“
Und der Politiker sagt: „Wir kümmern uns.“

Nur wann – das bleibt planbar. Irgendwann.

Der kleine Abdullah erklärt die Welt

Zwischen Kindchenschema und Kalaschnikow

Es war einmal, im fernen Gazastreifen, ein 13-jähriger Bub namens Abdullah. Abdullah hatte große, dunkle Augen, ein schüchternes Lächeln und eine Zahnlücke – jene Sorte Kind, bei der selbst alte Damen in britischen Vorstädten mit feuchten Augen vor dem Fernseher sitzen und murmeln: „Ach, die armen Kinder dort.“

So weit, so bekannt. Denn Kinder sind per se unschuldig, oder?

Dumm nur, wenn das Kind zufällig der Sohn eines Terror-Funktionärs ist. Dumm auch, wenn es nicht einfach nur einen Alltag zwischen Trümmern beschreibt, sondern politisches Framing betreibt, als hätte es gerade ein Rhetorik-Seminar bei der Hamas-Pressestelle abgeschlossen. Und besonders dumm – oder besser gesagt: hochgradig perfide – wenn die BBC das alles sendet, ohne zu erwähnen, wer eigentlich hinter dem Mikrofon steht.

Die Märchenstunde wird erst dann kritisch, wenn man den Erzähler kennenlernt. Abdullah ist nicht irgendein Bub mit Milchbart und Sandalen. Er ist der Sohn von Ayman Alyazouri, einem Hamas-Minister. Richtig gelesen: Minister. Nicht Straßenkehrer, nicht Bäcker, sondern ein Funktionär jener Terrororganisation, die am 7. Oktober den israelischen Süden mit Massakern überzogen hat. Man kennt sie, die Hamas: Raketen statt Rosen, Tunnel statt Turnhallen, Sprengstoff statt Spielplatz.

Der „neutrale“ Blick aus der Dschihad-Kinderstube

Doch Abdullah war neutral, erklärte uns die BBC. Ein Kind, das den Krieg erklärt – ganz kindlich natürlich, aus der Sicht des Opfers. Und wer wollte ihm das verübeln? Schließlich weiß der kleine Abdullah ja auch nur, was Papa ihm so abends beim Tee erzählt. Was Papa als Minister sagt, muss ja stimmen.

Die Dokumentation „Gaza: How to Survive a Warzone“ – produziert von Hoyo Films für die BBC – war deshalb ein besonderes Lehrstück: Nicht in Medienkompetenz, sondern in der Kunst, Propaganda in Kinderstimmen zu verpacken. Man reichte uns den ideologischen Giftbecher, serviert mit Strohhalm und Zuckerrand.

Man stelle sich das mal umgekehrt vor: Ein israelischer Siedlerjunge erklärt den Zuschauern, warum es völlig okay sei, palästinensische Olivenbäume zu roden. Oder der Sohn eines IDF-Generals führt durch den Alltag an einem Checkpoint. Da würde die BBC vermutlich einen Shitstorm auslösen, der noch in der Antarktis Staub aufwirbelt. Aber bei Abdullah? Da hieß es: „Das ist authentisch.“

Authentisch? Sicher. So authentisch wie ein Wolfsrudel im Schafspelz.

Wenn der Journalismus den Terror zum Kindergeburtstag verklärt

Es ist ein alter Trick, eigentlich schon zu abgedroschen für das 21. Jahrhundert: Man nehme ein Kind, lasse es mit brüchiger Stimme von Bombennächten erzählen, blende dazu Aufnahmen von zerbombten Häusern ein – fertig ist der moralische Freifahrtschein. Wer hier noch Fragen stellt, ist kaltherzig. Wer hier noch nachfragt, wird als Zyniker gebrandmarkt.

Dass Abdullahs Familie aber zur Hamas gehört? Dass der Vater die Hand schüttelt, die den Raketenwerfer bedient? Kleines Detail, weitergehen bitte, nichts zu sehen.

Es ist, als hätte die BBC einem jungen Goebbels-Sprössling 1943 das Mikrofon gereicht, um das Bombardement Berlins zu beklagen – und vergessen zu erwähnen, wer gerade im Propagandaministerium arbeitet.

„Signifikantes Versäumnis in Sachen Genauigkeit“ – Der Euphemismus als höchste Kunstform

Erst Monate später räumte der britische Staatssender den Skandal ein. Ein interner Report sprach von einem „signifikanten Versäumnis in Sachen Genauigkeit“.

Ein hübscher Euphemismus.

So wie „kreativer Umgang mit der Wahrheit“ für Lügen. Oder „alternative Fakten“ für Desinformation.

In Wahrheit ist es keine Nachlässigkeit gewesen, sondern ein wohlkalkuliertes Wegsehen. Mehrere BBC-Mitarbeiter wussten von Abdullahs familiärem Background. Und trotzdem wurde der Hinweis unterdrückt. Warum? Vielleicht, weil es so gut ins Narrativ passte. Weil es so schön simpel ist, die Welt in Täter und Opfer zu teilen – und den kleinen Abdullah auf der richtigen Seite zu wissen.

Erst als der öffentliche Druck zu groß wurde, flog die Sache auf. Die Doku wurde gelöscht, aber die Schrammen am journalistischen Selbstverständnis bleiben. Der propagandistische Kollateralschaden auch.

Kindermund tut Wahrheit kund – oder doch nicht?

Das besonders Perverse an der Geschichte ist: Der Mechanismus funktioniert. Der Bub mit der Zahnlücke hat geliefert. Er war der perfekte Überträger für ein ideologisches Virus, das sich mit kindlicher Stimme viel leichter verbreitet als mit den üblichen Hamas-Kampfvokabeln.

Denn wenn Kinder reden, hört der Westen zu. Wenn Kinder weinen, klatscht der Boulevard. Und wenn Kinder Propaganda verbreiten? Dann ist das plötzlich „Perspektivenvielfalt“.

Der kleine Abdullah hat der Welt nicht nur erklärt, wie man im Krieg überlebt. Er hat uns auch gezeigt, wie man den Journalismus tötet: Mit süßem Blick, in schusssicherer Weste, unter dem schützenden Dach einer staatlichen Sendeanstalt.


Nachsatz, augenzwinkernd:

Man könnte nun sagen: Das war doch nur ein Film. Ein Ausrutscher. Ein Fehler im System.

Aber genau darin liegt das Problem: Der Fehler IST das System.

Und während der mediale Kompass immer schneller rotiert, sitzt irgendwo in Gaza ein kleiner Junge und schreibt vielleicht schon am nächsten Drehbuch. Papa hilft bestimmt beim Text.

Von der Kunst, das Problem zu verdoppeln

Die große Karawane der Verantwortungslosigkeit

Afghanistan – jenes unverwüstliche Stück Weltkarte, das es trotz aller gutgemeinten Bemühungen des Westens noch immer gibt. Ein Land, das sich tapfer weigert, im Orkus der Weltgeschichte zu verschwinden. Schon 1950, in jenen goldenen Jahren, als Europa mit Trümmerfrauen und Moralvorstellungen experimentierte, hatten die Afghanen gerade einmal 7,7 Millionen Einwohner – eine überschaubare Zahl für ein unüberschaubares Land. 2015 dann 33,7 Millionen. Und für das Jahr 2050 prognostizieren die Demographen kühl ihre Zahlen in den Computer: 61 Millionen. Fast eine Verzehnfachung innerhalb eines Jahrhunderts.

Das ist bemerkenswert. Besonders, wenn man bedenkt, dass Afghanistan eigentlich die perfekte Blaupause für Bevölkerungsrückgang sein müsste: jahrzehntelanger Krieg, marode Infrastruktur, Bildungssystem auf Talfahrt, medizinische Versorgung optional und ohnehin meist tödlich. Aber nein – die Menschen vermehren sich trotzdem, vielleicht gerade deshalb. Wo der Tod regiert, scheint das Leben zur Protestbewegung zu werden. Es ist, als würde jeder afghanische Vater seinem Sohn zuflüstern: „Sie werden uns bombardieren, mein Junge – also schnell, zeugen wir noch drei Brüder!“

Die Völkerwanderung 2.0 – diesmal ohne Pferde, dafür mit EU-Asylrecht

Und weil es in Afghanistan ungemütlich ist, macht man sich auf den Weg. Sechs bis neun Länder sind kein Hindernis, sondern ein Abenteuer. Für uns vielleicht der Jakobsweg mit Trekkingrucksack und spiritueller Selbsterfahrung, für afghanische Jugendliche das Ticket in die europäische Unendlichkeit. Wer einmal den Hindukusch verlassen hat und es irgendwie über Iran, Türkei, Balkanroute und diverse europäische Abschiebestopps geschafft hat, ist praktisch durch. Endgegner Deutschland: besiegt.

Zurück? In ein Land, das im „Fragile States Index“ zuverlässig den letzten Platz anpeilt? Wohl kaum. Selbst die Taliban fragen sich inzwischen, ob sie das wirklich verdient haben – immer diese Rückführungen. Der Westen ruft laut „Wir müssen helfen!“, liefert aber bevorzugt die Hilfsbedürftigen direkt aus dem Flieger ins Sozialsystem.

Ein genialer Trick der postmodernen Weltordnung: Erst destabilisiert man Länder durch Krieg, Waffenexporte und neokoloniale Geopolitik, dann importiert man die Menschen, denen man das Zuhause kaputt gemacht hat. Doppelt hält besser.

Ressourcen sind endlich – Zynismus nicht

Das Problem ist nur: Auch der Wohlstand ist endlich. Selbst Deutschland, diese hypermoralische Rettungsinsel mit Sozialstaat auf Pump, kann nicht unendlich Menschen aufnehmen, die aus verzweifelten Systemen fliehen. Irgendwann platzt auch die großzügigste Willkommenskultur aus den Nähten. Aber darüber redet man hierzulande lieber nicht. Wer es doch tut, gilt als Unmensch, Rechtspopulist oder mindestens als jemand, der das Schlechte im Menschen sieht – und das auch noch ausspricht. Igitt.

Dabei wäre die Frage eigentlich logisch: Was tun, wenn sich die Bevölkerung Afghanistans von 7 auf 61 Millionen steigert, während der Lebensraum und die Ressourcen gleich bleiben – oder schlimmer noch, schrumpfen? Na klar: Man exportiert das Problem. Globale Arbeitsteilung in der postfaktischen Ära.

Es ist ein bisschen so, als würde man eine brennende Matratze aus dem Fenster werfen, um das eigene Schlafzimmer zu retten, und dann den Nachbarn auffordern, sie doch bitte nicht anzuzünden, sondern nachhaltig zu entsorgen.

Realpolitik trifft auf Betroffenheitslyrik

Natürlich hat jeder, der es durch den Hindukusch, die Ägäis und diverse Grenzzäune geschafft hat, Schlimmes erlebt. Das ist gar keine Frage. Und selbstverständlich will niemand zurück in ein Land, das von Kriegsfürsten, religiösen Fanatikern und Hunger regiert wird. Das ist menschlich. Aber was, wenn das System der Aufnahme irgendwann implodiert?

Die europäischen Staaten haben sich da in eine Mischung aus moralischem Selbsterlösungswahn und geopolitischem Realitätsverlust verrannt. Man rettet, was zu retten ist – sich selbst, das eigene Selbstbild, den globalen Süden. Am Ende bleibt meist nur der große Satz: „Wir schaffen das.“ Nur fragt keiner: Was genau schaffen wir da eigentlich?

Und wenn man vorsichtig andeutet, dass es vielleicht irgendwann eine Grenze des Schaffbaren gibt, kommt der große moralische Zeigefinger: „Aber wir sind doch ein reiches Land!“ Ja, schon. Nur leider sind wir auch ein immer älteres Land mit immer weniger jungen Menschen, die arbeiten, und immer mehr Menschen, die versorgt werden wollen. Eine klassische Lose-Lose-Situation, die wir mit der Leidenschaft eines pathologischen Spielsüchtigen ignorieren.

Der Elefant im Raum trägt einen Turban

Vielleicht braucht es neue Ideen. Irgendwas Kreatives, Frisches. Könnte man nicht mal aufhören, nur Symptome zu verwalten? Vielleicht – verrückter Gedanke – wäre es sinnvoll, den Blick auf die Ursachen zu lenken: Warum explodiert die Bevölkerung in Ländern, die nichts zum Leben bieten? Warum werden dort mehr Kinder geboren, als der Planet erträgt? Und warum reagiert der Westen darauf, als wäre es ein Naturgesetz wie die Gravitation?

Stattdessen verwalten wir den Kollaps wie ein schlecht gelaunter Hausmeister die kaputte Heizung: Man dreht an ein paar Knöpfen, schimpft über die Technik und hofft auf den Frühling.

Aber der Frühling wird nicht kommen. Stattdessen werden Millionen weiterer Afghanen, Syrer, Somalier, Sudanesen und all die anderen aus den „failed states“ dieser Welt irgendwann an Europas Tür klopfen. Sie werden sagen: „Wir sind jetzt hier.“ Und Europa wird antworten: „Das haben wir kommen sehen – und trotzdem nichts getan.“

Vielleicht sollte man sich wirklich „etwas einfallen lassen“, wie Sie so schön sagen. Sonst wird’s tatsächlich „unrund“. Oder – um es mit dem Sarkasmus der Gegenwart zu sagen:

Willkommen in der postmoralischen Sackgasse. Ausgang leider versperrt.

Die heilige OIC – ein Club der Verweigerung

Europas moralischer Selbstmord und das große arabische „Nicht-wollen“

Syrien, Afghanistan, Marokko, Irak, Somalia, Algerien, Iran – allesamt Länder, deren Bürger in Österreich bisher am eifrigsten um Asyl baten. Alle Mitglieder oder zumindest Partner der „Organisation für Islamische Zusammenarbeit“ (OIC), einem Klub von 56 islamischen Staaten, der wie ein aufgeblasenes Vakuum voller Ankündigungen, aber ohne Konsequenzen funktioniert. Ein Zusammenschluss, der – in eleganter Einigkeit – genau dort versagt, wo Solidarität gebraucht wird: bei der Aufnahme und Integration eigener Glaubensgeschwister.

Doch anstatt ihre moralische Pflicht selbst zu übernehmen, weisen sie mit ausgestrecktem Finger auf Europa. Und der Westen, getrieben vom postkolonialen schlechten Gewissen, zahlt und zahlt, während die OIC wie eine verschrobene Clique von Wohlstandsgipfeln ihre Hände in Unschuld wäscht.

Palästina – Europas ewige Schuld und die arabische Nicht-Verpflichtung

Und dann wäre da noch das „ewige“ Problem, die offene Wunde der arabisch-islamischen Welt: die Palästinenser. Ein Volk, das in keinem arabischen Staat wirklich willkommen ist – ein staatenloser Menschenstrom, den die arabischen Nachbarn elegant ignorieren. Warum auch nicht? Ein paar Millionen unerwünschte Gäste mehr oder weniger im eigenen Land? Lieber nicht. Lieber den Konflikt in die Hände eines anderen Spiels geben: Israel und seinen „Menschenrechtsverletzungen“.

Europa, besonders Frankreich, aber auch Deutschland, haben diese Rolle mit Begeisterung übernommen. Frankreich erkennt kollektiv die Palästinenser als „persönliche Opfer“ der IDF an, liefert moralische Phrasen und manchmal Geld – und behält dabei den Status quo stabil. Kein arabischer Staat braucht den Konflikt auf eigenem Boden, also überlässt man ihn Europa. Ein genialer Trick: Die arabische Welt nimmt keine Verantwortung für ihre Brüder, doch sie verlangt die moralische Absolution Europas, um sich selbst als Opfer historischer Ungerechtigkeiten zu stilisieren.

Die arabische Welt als Flüchtlingsfabrik – und Europas williger Endkunde

Die OIC-Staaten sitzen auf riesigen Öl- und Gaskassen, aber niemand öffnet ernsthaft die Tore für Flüchtlinge, die aus ihren eigenen kulturellen und religiösen Milieus stammen. Warum? Weil Verantwortung unbequem ist. Weil das Akzeptieren von Millionen Geflüchteten auch gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel bedeuten würde. Lieber überlässt man das dem „europäischen Sozialstaat“, der dankbar und gleichzeitig selbstzerstörerisch jedes Asylgesuch aufsaugt.

Europa ist das letzte Auffangbecken für die weltweite Flucht – nicht aus humanitärem Überfluss, sondern weil die reale Politik anderswo feige wegsieht. Die arabischen Staaten haben verstanden, wie man Moral auf Kosten anderer einkauft. Sie sitzen mit vollem Magen im klimatisierten Palast, während Europa für die „Brüder“ blutet.

Europa, die moralische Selbstmordkommune

Wir reden hier nicht über naïve Hilfsbereitschaft, sondern über eine anmaßende Übernahme einer moralischen Last, die nicht unsere ist. Europa ist zum Weltenrichter und Sozialarbeiter geworden, weil man hier glaubt, Schuld mit Geld und offenen Grenzen tilgen zu können.

Die Doppelmoral ist grotesk: Frankreich erkennt die Palästinenser als Opfer an, während arabische Staaten diese Menschen de facto in Lager sperren oder mit sozialer Ausgrenzung strafen. Israel wird kritisiert – doch wer spricht von der arabischen Weigerung, Verantwortung zu übernehmen? Von der Verweigerung der OIC, den eigenen Glaubensbrüdern Schutz zu gewähren? Von der politischen Instrumentalisierung der Palästinenser als Trophäen eines antiwestlichen Populismus?

Fazit: Der große europäische Irrtum

Europa hat sich zum moralischen Müllplatz der Welt gemacht. Es nimmt, umsonst und bis zur Erschöpfung, die Folgen anderer Kulturen, Staaten und Interessenskonstellationen auf sich, die selbst längst aufgehört haben, Verantwortung zu tragen. Die arabische Welt – repräsentiert durch die OIC und ihre reichsten Mitglieder – weigert sich, solidarisch zu sein. Die Palästinenser, deren Schicksal das europäische Gewissen seit Jahrzehnten quält, sind ein Symbol dieser Verweigerung.

Wenn Europa nicht endlich diese Illusion aufgibt, wird es an der eigenen selbstaufgelegten Bürde zerbrechen. Die Frage ist nicht mehr, ob wir das schaffen, sondern wie teuer dieser moralische Selbstmord wird.

Der große Gleichmacher

Der Zeitgeist und sein semantischer Kuhhandel

Es ist eine der beliebtesten Disziplinen unserer Gegenwart: das kategorische Verwischen von Grenzen, das große Einebnen, das Abschleifen aller Unterschiede – semantisch, politisch, moralisch. In Zeiten, in denen jede noch so komplexe Frage auf das Format eines Tweets eingedampft wird und jeder zweite Diskurs an der ideologischen Selbstverpflichtung zur Vereinfachung scheitert, geschieht das, was zwangsläufig geschehen muss: Das Unvergleichbare wird verglichen, das Unvereinbare vereint, das Untrennbare zwangsverheiratet. Und niemand merkt’s – oder schlimmer noch: Niemand will’s merken.

Da steht also nun der klamme Begriff „Migration“, der im Grunde nichts weiter bedeutet als: „Menschen bewegen sich irgendwohin“. Ein konturloser Terminus, wie geschaffen für eine Welt, die sich nach Auflösung sehnt. Er umfasst alles und nichts, vom Rentnerpaar, das in die Toskana zieht, bis zum syrischen Arzt, der im gummibereiften Schlauchboot der EU-Grenzschutzagentur FRONTEX die Hand zum Winken hebt. Migration – ein Wort so vage wie das Versprechen, das es begleiten soll.

Und dann, als Gegenstück, das sperrige, schmerzhafte Wort „Flucht“. Ein Begriff mit Schweiß auf der Stirn, Angst im Blick und einem Rucksack, der kaum mehr fasst als ein bisschen Brot und ein Handy mit leerem Akku. Flucht ist nicht der Traum vom besseren Leben, sondern die nackte Panik vor dem baldigen Tod. Wer flieht, der entscheidet nicht, der wird entschieden.

Doch der Zeitgeist, der große Gleichmacher, kennt keine Unterschiede mehr. Er serviert uns beides im selben Satz, als seien es siamesische Zwillinge der Globalisierung. Migration und Flucht. Als Paarlauf, als Zwillingsgeburt, als Synonympaare für die großen Menschheitsbewegungen des 21. Jahrhunderts. Hauptsache keiner fühlt sich ausgeschlossen. Hauptsache niemand muss nachdenken.

Die moralische Mogelpackung: Wer differenziert, verliert

Das große Missverständnis hat Methode, denn Differenzierung ist anstrengend und steht im Ruf, den Spaß an der moralischen Selbstüberhöhung zu verderben. Wer unterscheidet, gerät schnell in den Verdacht der Kälte. Wer sagt: „Das eine ist Flucht, das andere ist Migration“, wird von der Sprachpolizei der Empörungsindustrie bereits mit einem Bein in der populistischen Besenkammer verortet.

Also wird getan, was in postfaktischen Zeiten üblich ist: Man wirft alles in denselben Topf, rührt kräftig um und nennt das Ergebnis dann „Solidarität“. Wer aus Nigeria kommt, weil er hofft, als Influencer mit dem Thema „Herrenmode und Proteinshakes“ den deutschen TikTok-Markt zu erobern, wird im selben Atemzug bedacht wie die Frau aus Homs, die auf der Flucht vor Fassbomben ihr Kind im Schlepptau trägt. Alles Migration. Alles menschliche Mobilität. Alles irgendwie gleich schlimm. Oder gleich gut. Oder gleich gültig.

Es ist der moralische Ramschladen der Neuzeit: Alles muss raus, auch die Unterschiede.

Die Erpressungsrhetorik: Wer helfen will, muss lügen

Wer ernsthaft helfen möchte, steht in einem perfiden Dilemma. Er muss lügen, um helfen zu dürfen. Denn wer sagt: „Wir sollten Flüchtlinge aufnehmen, aber nicht jeden, der aus freien Stücken sein Heimatland verlässt“, der wird sofort der Unmenschlichkeit geziehen. Also bleibt nur der rhetorische Trick, den alle beherrschen, weil sie ihn täglich trainieren: Man tut so, als wäre jeder Migrant ein Flüchtling.

Das ist praktisch. Es spart Debatten. Es erspart den Journalisten, in Talkshows unbequeme Nachfragen zu stellen. Es erspart den Politikern, differenzierte Gesetze zu schreiben. Und es ermöglicht es all den wohlmeinenden Bürgern, mit dem guten Gefühl der grenzenlosen Hilfsbereitschaft ins Bett zu gehen, ohne sich mit der schmutzigen Realität auseinandersetzen zu müssen.

Dass man damit die echten Flüchtlinge verrät – geschenkt. Die eigentlichen Opfer dieser Gleichmacherei sind nämlich jene, die tatsächlich fliehen. Denn wer den Begriff der Flucht ausweitet wie einen ausgeleierten Wollpulli, der entwertet ihn. Er macht aus einer existenziellen Notlage ein globales Wunschkonzert.

Der geopolitische Gemischtwarenladen: Willkommen im „Everything Goes“

„Push-Faktoren“ nennen das die Geostrategen, wenn Menschen aus prekären Situationen ihr Heil anderswo suchen. „Pull-Faktoren“, wenn es um die Verlockungen der besseren Welt geht: stabile Sozialsysteme, Krankenversicherung ab dem ersten Tag, Mietzuschüsse, Netflix-Flatrates und Mindestlohn bei McDonald’s.

Beides zusammen ergibt eine Weltkarte der Wanderungsbewegungen, die sich nicht mehr mit den Begriffen der Nachkriegszeit erklären lässt. Aber erklären will das auch niemand. Stattdessen flüchtet man – welch Ironie – in die wohlige Umarmung der Begriffsverwirrung.

Das Ergebnis: Ein afrikanischer Student, der sich mit gefälschtem Pass als syrischer Kriegsflüchtling ausgibt, wird an der Grenze freundlich begrüßt, denn zu prüfen wäre diskriminierend, und zu unterscheiden wäre unmenschlich.

Das nennt man dann „Willkommenskultur“. Oder neuerdings auch: „Einreiseoptimismus“.

Die Wohltätigkeits-Industrie: Ein Geschäft mit der Vermengung

Der moralische Ablasshandel hat längst Konjunktur. Es gibt NGOs, die mit jeder eingesammelten Spende ihre Geschäftsgrundlage weiter festigen. Es gibt Thinktanks, die mit jedem verfassten Papier zur Gleichsetzung von Flucht und Migration ihre Budgets sichern. Es gibt Parteien, die aus der Haltung Kapital schlagen, weil sie Inhalte längst gegen Gesinnung getauscht haben.

In dieser neuen Weltordnung der Sprachvernebelung wird nicht mehr gefragt, ob jemand vor Bomben flieht oder vor Langeweile. Hauptsache, er kommt. Hauptsache, er wird hier zur Nummer im Statistik-Diagramm. Hauptsache, der große moralische Maschendrahtzaun wird noch einmal ein Stück höher gezogen, damit keiner drüberklettert und fragt, was da eigentlich wirklich passiert.

Der satirische Nachsatz: Ein Vorschlag zur Güte

Vielleicht sollten wir konsequent sein und alle Menschen weltweit einfach prophylaktisch zu Flüchtlingen erklären. Jeder, der nicht da bleibt, wo er geboren wurde, ist dann per Definition auf der Flucht – vor irgendwas wird er schon fliehen. Vor dem Wetter, vor der Schwiegermutter, vor Netflix-Langweile, vor zu kleinen Wohnungen oder zu großen Problemen.

Und sollten die Deutschen mal wieder ans Mittelmeer fahren, dann nennen wir das bitte nicht mehr „Urlaub“, sondern „Erholungsasyl“. Wer nach Österreich zieht, um der deutschen Bürokratie zu entkommen, ist ab sofort ein „Bürokratieflüchtling“. Wer aus München nach Leipzig umzieht, weil es dort günstiger ist, wird zum „Mietpreisexilanten“.

Und wer in Talkshows weiterhin von Migration spricht, obwohl er Flucht meint, der ist dann eben: ein Wahrheitsflüchtling.


Moral der Geschichte:
Wer nicht mehr unterscheidet, kann irgendwann nichts mehr begreifen. Und wer nichts mehr begreift, der kann auch nicht mehr helfen. Aber immerhin kann er sich auf die Schulter klopfen. Das ist ja auch was.

Die Realität frisst das Menschenbild

Der Versuch, das 21. Jahrhundert mit Tools aus der Nachkriegszeit zu verwalten

Es gehört zu den bemerkenswerteren Ironien der Gegenwart, dass wir versuchen, ein globales Phänomen zu regulieren, das in seiner Dimension und Dynamik historisch einzigartig ist – mit den verwitterten Instrumenten einer Welt, die es nicht mehr gibt. Die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951, das Protokoll von 1967, das internationale Seerecht, das Asylrecht, das Völkerrecht – allesamt Produkte einer Ära, in der ein Pass noch ein in Leder gebundenes Stück Papier war und nicht ein QR-Code im Handy. Die UN-Charta von 1945, das EMRK-Instrumentarium von 1953 – das sind feine juristische Kunstwerke, geschaffen für eine Zeit, als das moralische Weltbild noch relativ übersichtlich war: Man hatte gerade Auschwitz gesehen, man hatte Dresden brennen sehen, man wollte verhindern, dass die Welt erneut in Schutt, Asche und Leichenbergen versinkt.

Nur: Damals gab es drei Milliarden Menschen. Heute sind es über acht. Damals hatte Afrika keine 300 Millionen Einwohner, heute marschiert es stramm auf 1,5 Milliarden zu – und wächst weiter, als gäbe es kein Morgen.

Und trotzdem tun wir so, als könne man das 21. Jahrhundert mit den ethischen und rechtlichen Betriebssystemen des Kalten Krieges steuern. Als könnte man „Avatar“ auf einem IBM PC 5150 rendern, mit 640 KB RAM und Diskettenlaufwerk. Es quietscht, es raucht, es stürzt ab – aber niemand zieht den Stecker. Stattdessen gibt man dem veralteten Rechner einen neuen Anstrich und nennt es Humanität.

Der neue Darwinismus – Survival of the Fittest im NGO-Schlauchboot

Man redet gerne von den Schwachen. Vom „Schutzbedürftigen“. Vom „Verfolgten“. Das klingt gut, das beruhigt das Gewissen, das macht sich hervorragend in Talkshows. Nur hat die Realität, wie so oft, andere Pläne. Denn wer es heute aus einem afghanischen Bergdorf, aus einem sudanesischen Flüchtlingscamp oder aus der marokkanischen Provinz in ein Schlauchboot über das Mittelmeer schafft, der ist per Definition kein Schwacher.

Er ist ein Sieger. Ein Überlebender des globalen Auswahlprozesses, den man im Tierreich „natürliche Selektion“ nennen würde, bei uns aber aus PR-Gründen lieber „Flucht vor Not und Elend“. Der Schwache, der Alte, der Kranke bleibt zurück. In den Lagern. In den Dörfern. In den Slums. Er stirbt dort, wo keine Kameras sind. Wer hingegen bis Europa durchkommt, ist stark. Jung. Männlich. Widerstandsfähig. Und vor allem: mobil.

Migration ist kein Wunschkonzert, aber sie ist auch kein humanitärer Akt mehr. Sie ist knallharte globalökonomische Realität. Es geht um Chancen, Ressourcen, Perspektiven – und das Recht des Stärkeren, nicht das des Schwächeren. Das klingt zynisch? Das ist es auch. Nur eben auch: wahr.

Die Moral als Wohlstandsbürgerpflicht – Oder: Warum wir uns so gerne belügen

Natürlich erzählen wir uns andere Geschichten. Der gute Mensch liebt es, sich selbst zu feiern. Er hängt Seenotrettungsplakate ins Fenster, spendet für NGO-Boote, die an den Küsten Libyens kreuzen und dafür sorgen, dass der Verkehr auf der Mittelmeerroute nicht ins Stocken gerät – und streicht sich dafür innerlich einen Orden an die Brust.

Die Wirklichkeit ist weniger dekorativ. Wer die Schleuserindustrie am Leben erhält, wer den Sog-Effekt verstärkt, der sorgt dafür, dass noch mehr Menschen aufbrechen – wissend, dass viele auf dem Weg sterben werden. Er akzeptiert, dass das Geschäft mit der Hoffnung ein Geschäft mit der Verzweiflung ist.

Doch darüber reden wir nicht. Denn wir sind die Guten. Und wer das infrage stellt, ist der Böse. Das macht die Debatte so gemütlich einfach. Ein Schwarz-Weiß-Film, in dem wir die Helden sind – während die Realität längst in Technicolor läuft.

Juristische Fossilien im Zeitalter des globalen Migrationsmarktes

Die Genfer Flüchtlingskonvention wurde 1951 geschrieben, da hatten viele Europäer noch Ruinen als Wohnzimmer. Das Abkommen war nie dafür gedacht, Armutsmigration zu regeln. Es war für politisch Verfolgte gemacht. Für Dissidenten, für Widerständler, für Menschen, denen Folter, Haft und Tod drohten.

Heute aber ist der Begriff des „Flüchtlings“ zu einem Universal-Schlüssel geworden, mit dem man sämtliche Grenzen aufschließen möchte. Man tut so, als wären Hunger, Armut, Perspektivlosigkeit, Gewalt und Korruption stets politisch verfolgungswürdig – obwohl sie in Wahrheit der Normalzustand großer Teile der Welt sind.

Das ist tragisch. Aber es ist kein Rechtsgrund für dauerhaften Aufenthalt in Österreich, Deutschland, Schweden oder den Niederlanden. Es sei denn, man definiert die Welt als globales Sozialamt – wobei sich der Sitz des Amtes zufällig in der EU befindet.

Seerecht für Schlauchboote – Oder: Der Missbrauch des Rettungsgedankens

Das internationale Seerecht kennt die Pflicht zur Seenotrettung. Doch es wurde nicht für Massenmigration in Gummibooten geschrieben. Es stammt aus einer Zeit, in der Seeleute Schiffer in Seenot retteten – nicht globale Wanderungsströme logistisch unterstützten.

Heute funktioniert das so: Man setzt sich absichtlich in seeuntaugliche Boote, ruft dann per Satellitentelefon nach Hilfe, um sich von NGOs oder Küstenwachen retten zu lassen – mit anschließendem Eintritt in den europäischen Rechtsraum. Das ist kein Zufall, sondern System. Ein Geschäftsmodell, das sich perfekt eingespielt hat zwischen Schleusern, Aktivisten und Politikern, die dankbar sind, dass sie ihre Hände in der humanitären Unschuld waschen können.

Man stelle sich vor: Der Rettungsring wird zum Fährticket. Nur dass niemand das offen sagen darf, weil es zu hässlich klingt.

Reden wir endlich. Aber ehrlich.

Ja, man wird reden müssen. Aber nicht mit dem moralischen Tremolo, das jeden Widerspruch als Rechtsradikalismus diffamiert. Sondern mit nüchternem Blick. Mit der Bereitschaft, die Komplexität zu akzeptieren.

Man wird darüber reden müssen, dass Migration keine Lösung für das demografische Problem Afrikas ist. Dass Europa nicht die Rettungsinsel für eine Welt sein kann, die sich selbst demografisch in die Luft sprengt.

Man wird reden müssen über Grenzen. Über Selektion. Über das Recht auf Nein. Und darüber, dass nicht jede Hilfe eine gute Hilfe ist. Man wird sich fragen müssen, ob es ethisch vertretbar ist, Menschen Hoffnung zu machen, wo in Wahrheit nur Frustration wartet.

Man wird reden müssen über Realismus. Über Ehrlichkeit. Über die Frage, wie viel Belastung ein System tragen kann, bevor es selbst zusammenbricht. Und darüber, was mit den Menschen passiert, die dann nichts mehr haben – weder Schutz noch Heimat noch Solidarität.

Und ja: Man wird auch darüber reden müssen, ob das alles überhaupt noch Migration ist – oder längst ein globales Wettrennen um den Zugang zu den letzten sicheren Flecken der Erde.

Bis dahin aber trinken wir weiter fair gehandelten Kaffee, klicken auf Petitionen, hängen Refugees-Welcome-Plakate ins Fenster und tun so, als wären wir die moralische Avantgarde einer neuen Weltordnung.

Während wir in Wahrheit nur versuchen, mit einem rostigen Völkerrecht-Oldtimer durchs digitale, globalisierte 21. Jahrhundert zu fahren – der Kühler dampft schon, das Getriebe ächzt. Aber keiner will aussteigen. Weil wir uns dann eingestehen müssten: Das Ziel, das wir ansteuern, gibt es nicht.