Eine Diagnose von Dr. Grok

Meinen eigenen Tweets nach zu urteilen, bin ich das:

  • Welcher Diktator?
  • Welcher Philosoph?
  • Welche fiktive Figur?
  • Welcher Politiker?
  • Welche religiöse Figur?
  • Welche historische Figur?
  • Welcher Künstler?

Die Diagnose:

  • Diktator: Benito Mussolini (stilvoller Polemiker mit vielfältigen Aktivitäten)
  • Philosoph: Friedrich Nietzsche (kritisiert den kulturellen Verfall)
  • Fiktive Figur: Don Quijote (Dilettant, der gegen moderne Windmühlen kämpft)
  • Politiker: Enoch Powell (Warnung vor den Gefahren der Migration)
  • Religiöse Figur: Martin Luther (Reformator und Brandstifter)
  • Historische Figur: Otto von Bismarck (pragmatischer Einiger)
  • Künstler: Salvador Dalí (Exzentriker, stilistischer Provokateur)

Mussolineske Manieren: Der Diktator in mir trägt Gamaschen

Wenn ich mir selbst zuhöre, während ich mir selbst beim Tippen zusehe, wie ich mir selbst widerspreche und dann triumphal den Widerspruch zur Methode erkläre – dann spricht aus mir ein Mann, der in rhetorischem Pomp badet wie in lauwarmem Olivenöl: Benito Mussolini.

Nein, nicht der Hitler-Imitator aus der zweiten Hälfte seiner Karriere, sondern der Früh-Mussolini, der anarchistische Sozialistenbeschwörer, der Typ, der morgens die Massen aufhetzt, mittags über römische Geschichte doziert und abends mit drei Literaten und vier Kurtisanen über „Stil“ debattiert. Ein Mann mit geschwollenem Hemdkragen und geschwellter Brust, der wusste: Wer sich nicht selbst zum Mythos stilisiert, wird stil- und spurlos verschwinden.

In meinen Tweets (diesem modernen Kolosseum der Eitelkeiten) donnert der Duce also nicht in Uniform, sondern im Meme-Gewand. Ich herrsche nicht über ein Land, sondern über eine Timeline. Aber ich regiere mit derselben Pose: der des stilistischen Exzesses, der Rechthaberei in Serifenschrift, der martialischen Allegorie.

Mussolini war nie ein Genie – aber ein überragender Selbstdarsteller. Ich bin es umgekehrt. Oder genauso. Oder schlimmer.


Nietzsche war mein Ghostwriter: Der Philosoph in mir seziert, nicht denkt

Wenn ich schreibe, als würde ich mit einem Schwert ziselieren, wenn ich Wörter zu Skalpellklingen schleife und sie dann genüsslich in den schlaffen Leib des Zeitgeists ramme, dann ist er da: Friedrich Nietzsche.

Nicht der Übermensch-Poseur, sondern der wahnsinnige Philologe, der bei jedem Aphorismus den Fußboden mit Blut und Spott tränkt. Ich sehe mich selbst als Chronisten einer kulturell entmannten Welt, als letzten Humanisten mit einer Vorliebe für Verachtung.

Meine Tweets sind Notrufe aus einem brennenden Louvre, Funken aus einer bröckelnden Kathedrale. Ich verachte die Herde, die sich woke wähnt und doch nur betäubt. Ich bin gegen alles – weil alles gegen sich selbst ist.

Wie Nietzsche glaube ich nicht an Lösungen, sondern an Störungen. Ich bin ein Moralist im Gewand des Zynikers, ein Aufklärer mit Sonnenbrille bei Nacht. Und ich zitiere mich selbst, bevor andere es tun. Das nennt man Präventivpathos.


Don Quijote hat WLAN: Der fiktive Held mit WLAN und Weltverachtung

Ich kämpfe. Ich kämpfe gegen Dummheit, gegen Banales, gegen das Meme-Format der Welt. Und ich verliere. Großartig. Pathetisch. Aufrecht.

Ich bin Don Quijote, nur mit Datenvolumen. Meine Windmühlen sind Podcasts, TikToks, LinkedIn-Gurus und ideologischer Eintopf in akademischer Thermoskanne. Ich ziehe ins Feld mit einem iPhone als Lanze und einem Laptop als Schild. Und mein Ross heißt „Ironie“.

Ich bin lächerlich – aber aufrecht. Ich weiß es – und tue es trotzdem. Ich hasse den Zeitgeist, aber ich liebe es, ihn zu analysieren. Ich bin der letzte Ritter der verlorenen Pointe.

Wie Quijote brauche ich den Kampf mehr als den Sieg. Denn Sieg ist Anpassung. Und Anpassung ist Tod. Darum: Hoch die Waffen der Lächerlichkeit!


Enoch Powells Schatten: Der Politiker, der warnte, wo alle feierten

Wenn ich über Migration, Kultur und Identität spreche, dann tanze ich am Abgrund wie Enoch Powell – nicht, weil ich ihn gutheiße, sondern weil ich verstehe, warum man ihn hasst.

Powell, der prophetisch klang, weil er in apokalyptischer Prosa schrieb. Ein Politiker als tragischer Rufer, nicht als Macher. Ich erkenne in mir denselben Impuls: zu sagen, was nicht gesagt werden darf – nicht weil es wahr ist, sondern weil es gefährlich ist.

Ich schreibe mit dem Duktus eines Besorgten, aber mit der Lust des Provokateurs. Ich bin kein Rechter – ich bin ein Simulant der rechten Pose, ein Parodist des Ernstes, ein Demaskierer der Sprechverbote durch ihre Karikatur.

Ich benutze Powell wie ein Schachspieler die Dame: mit Distanz, aber nie ohne Strategie.


Martin Luther und der Tweet als Thesenanschlag

Wenn ich twittriere, dann nagle ich. Keine Selfies, keine Smilies. Nur Thesen – an die Pinnwand der digitalen Kirche. Und ich nagle hart, laut, mit orthographischer Gewalt.

Ich bin Martin Luther mit WLAN. Ein Ketzer, der Reform nur denkt, wenn sie brennt. Wie Luther hasse ich Institutionen, solange ich sie nicht selbst gegründet habe. Und wie Luther schreibe ich lieber dreimal „Hurerei“ als einmal „Balance“.

Meine Sprache ist biblisch-barock, meine Moral unerbittlich, mein Stil: Kampfansage. Ich brauche Gegner, um zu existieren. Ich brauche Ablasshandel, um ihn zu verfluchen. Und ich brauche Likes – als Beweis meines Märtyrertums.


Bismarck mit Zynismus: Der Einiger ohne Hoffnung

Wenn ich gelegentlich so klinge, als hätte ich einen Masterplan, als würde ich hinter allem das große Ganze sehen, dann bin ich Otto von Bismarck in Zivil.

Ein Ironiker der Macht, ein Realist mit operettenhafter Grandezza. Ich bin kein Träumer, ich bin ein Dirigent des Wahnsinns. Ich sehe, was kommt – und ich weiß, es kommt trotzdem falsch. Aber ich tue so, als hätte ich alles gewollt.

Ich vereine nicht Parteien, ich vereine Posen. Ich bin der Reichsgründer der Ironie, der Zynismuskanzler des Selbstzweifels. Ich regiere ein Reich von Tweets, in dem jede Antwort eine Kriegserklärung ist.

Bismarck sagte: „Man lügt am meisten nach der Jagd, im Krieg und vor Wahlen.“ Ich ergänze: Und in der Kommentarspalte.


Dalí in der Timeline: Der Künstler, der sich selbst ausstellt

Am Ende bin ich Salvador Dalí: Ich male keine Bilder, ich gestalte Tweets wie surrealistische Gemälde. Jeder Satz ein Schnurrbart, jede These ein Schmelzuhr-Zitat.

Ich bin Exzentriker im Dienst der Verwirrung. Mein Stil ist nicht eklektisch, er ist symptomatisch. Ich mache aus Ironie eine Religion und aus Satire eine Strategie der Selbsterhaltung.

Wie Dalí weiß ich: Der Inhalt ist zweitrangig, wenn die Form halluziniert. Ich schreibe, um zu entgleiten. Ich provoziere, um zu überleben.

Kunst ist nicht, was gefällt – sondern was stört. Und wenn ich heute tweete, dass „der kulturelle Diskurs degeneriert ist“, dann male ich in Wirklichkeit nur einen weiteren surrealen Selbstkommentar.


Eine Therapie? Undenkbar.

Dr. Grok stellt die Diagnose – aber er behandelt nicht. Er ist kein Therapeut, sondern ein Totengräber mit literarischem Feinsinn.

Ich bin alle diese Figuren – und keine. Ich bin das Echo der Aufklärung im Spiegelkabinett des Internets. Ein Diktator der Form, ein Philosoph der Verachtung, ein Ritter des Nichts, ein Prophet der ironischen Apokalypse.

Nennen Sie mich wie Sie wollen. Ich höre nur auf mich selbst. Und auch das nur ungern.


ENDE DER DIAGNOSE.
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Kaiserschmarrn statt Sturmgewehr

oder: Die Republik der Verteidigungsverweigerer

Man stelle sich das einmal vor: Die Alpen glühen im Sonnenlicht, die Kühe kauen wiederkäuend ihr Gras, und irgendwo, in einem wohltemperierten Wohnzimmer in der Peripherie Wiens, wird mit leichtem Stirnrunzeln auf die Nachricht geschaut, dass ein EU-Nachbar unter Beschuss geraten sei. Die Reaktion? Ein gelangweiltes „Pfoa, schirch. Aber wir sind ja neutral, gell?“. So oder so ähnlich ließe sich der sicherheitspolitische Gemütszustand der Alpenrepublik zusammenfassen, deren Bürgerinnen und Bürger sich zwar nicht scheuen, bei Heimat bist du großer Söhne lautstark mitzusummen, aber wehe, jemand schickt ihnen ein Gewehr – da endet der Patriotismus abrupt, meist am moralisch bequemen Sofa.

Die Universität Innsbruck hat es nun wissenschaftlich erhoben, was jeder Beobachter des politischen Alltags ohnehin schon vermutete: Die Bereitschaft zur Landesverteidigung ist in Österreich nicht nur gering, sie ist eine Art nationales No-Go – irgendwo zwischen zu anstrengend, zu gefährlich und zu unhöflich verortet. Während man also tapfer in den Krieg gegen den CO₂-Ausstoß zieht, bleibt der Griff zur Waffe im Verteidigungsfall – sagen wir es höflich – ein absoluter Stimmungskiller.

Neutralität als metaphysisches Wellnessprogramm

Es ist ein Kuriosum, das sich wie ein K.-u.-k.-Relikt aus dem 19. Jahrhundert in die Gegenwart geschleppt hat: Österreichs Neutralität wird nicht etwa als diplomatische Realität begriffen, sondern als metaphysischer Zustand tiefen Wohlbefindens – so wie ein leicht sedierter Patient in der Badewanne. Kein Wunder, dass 72 Prozent der Befragten meinen, andere Staaten sollen im Ernstfall bitte schön Österreich verteidigen – das ist gelebte Solidarität à la carte: Ich esse das Schnitzel, du gehst in den Schützengraben.

Dabei war die Neutralität einst ein politischer Kompromiss des Kalten Krieges – heute ist sie ein Vorwand, um sich vor der Verantwortung zu drücken wie ein Schüler vor dem Turnunterricht. Die Wehrhaftigkeit ist dabei nicht nur eine militärische, sondern auch eine moralische Kategorie. Und genau hier beginnt das große Schweigen in den weichen, mit Zirbenholz vertäfelten Seelenlandschaften der Nation.

Die Wehrpflicht als folkloristisches Ritual mit Nachspielzeit

Man kann es drehen und wenden, wie man will: Die Wehrpflicht existiert in Österreich, aber sie funktioniert wie ein Museumsstück – man kann sie anschauen, aber bitte nicht benutzen. Viele junge Männer durchlaufen den Präsenzdienst wie eine Mischung aus verlängertem Schulskikurs und therapeutischem Gruppenerlebnis im Tarnanzug. Die Realität der Landesverteidigung spielt dort allenfalls eine Statistenrolle im Theater der gepflegten Sinnlosigkeit.

Und die Frauen? Deren Beziehung zum Militär wird bestenfalls als „unterkühlt“ beschrieben – verständlich, da sie strukturell davon ausgeschlossen wurden, sich mit Wehrhaftigkeit auseinanderzusetzen. Die Genderlücke in der Verteidigungsbereitschaft ist also kein Wunder, sondern ein direktes Resultat politischer Ignoranz gepaart mit gesellschaftlicher Bequemlichkeit. So bleibt das Heer eine Spielwiese der Apathie – und der militärische Ernstfall ein Thema für Strategen in TV-Studios, aber sicher nichts, wofür man den eigenen Thermobecher abstellen würde.

Das Wunschkonzert der Widersprüche – Verteidigung ja, aber bitte ohne mich

Die Studie zeigt auch: Eine knappe Mehrheit will, dass Österreich verteidigt wird – nur tun möchte das keiner. Hier offenbart sich das vielleicht entlarvendste Detail der kollektiven Psyche: Wir leben in einer Konsumgesellschaft auch in Fragen der Sicherheit. Freiheit, Unversehrtheit, Souveränität? Alles gern genommen. Aber liefern sollen das bitte andere. Die Verteidigung wird externalisiert wie der Kundendienst bei einem Internetanbieter.

In dieser Logik ist nicht mehr das eigene Handeln entscheidend, sondern die Hoffnung auf moralische Anschlussfähigkeit. Ein EU-Partner wird angegriffen? Natürlich sollte man solidarisch sein – aber „solidarisch“ heißt hier: wohlmeinende Tweets und ein Lichtermeer am Heldenplatz, kein Truppeneinsatz oder gar das eigene Leben riskieren. Die Idee der Solidarität wird auf den Kopf gestellt – sie endet genau dort, wo sie konkret würde.

Vom Ernstfall zur Eventkultur – Die Verdrängung als Staatskunst

Dass Österreich in eine sicherheitspolitische „Entrückung“ geraten sei, wie der Politologe Martin Senn diagnostiziert, ist eine vorsichtige Formulierung für das, was man nüchtern „Realitätsverweigerung in Lederhose“ nennen müsste. Zwischen Jodelworkshops, Nachhaltigkeitsdialogen und der großen Debatte über Gendersterne ist schlicht kein Platz für die profane Frage: Was tun wir eigentlich, wenn der Krieg nicht nur im Fernsehen ist?

Die Antwort ist erschütternd einfach: Nichts. Oder noch schlimmer – wir hoffen auf Deutschland. Dabei wäre es gar nicht notwendig, in martialischer Kriegsrhetorik zu schwelgen. Was fehlt, ist das Bewusstsein, dass Frieden nicht nur ein Zustand ist, den man genießt, sondern auch einer, den man aktiv schützen muss. Mit Haltung, mit Verantwortung – und, ja, notfalls auch mit Waffen.

Resümee einer politischen Postkarte aus dem Abseits

Das Land der Skifahrer, Schnitzelliebhaber und Bürokratieästheten zeigt sich im Ernstfall nicht als Nation von Staatsbürgern, sondern als Kollektiv von Versicherungskunden. Der Wunsch: maximale Sicherheit bei minimalem Einsatz. Die Realität: ein Heer, das mehr mit Katastrophenschutz beschäftigt ist als mit militärischer Landesverteidigung. Die politische Führung? Scheut jede echte Debatte über Wehrpflicht, Einsatzbereitschaft und Verteidigungsfähigkeit wie der Teufel das Weihwasser – zu heikel, zu unpopulär, zu konkret.

Vielleicht braucht es also gar keinen Feind von außen, um das Scheitern einer sicherheitspolitischen Kultur zu demonstrieren. Die eigentliche Bedrohung kommt längst von innen: Sie heißt politische Bequemlichkeit, moralische Inkonsistenz und ein kollektives Wegschauen mit Alpenpanorama. Österreich verteidigt sich nicht – weil es gar nicht weiß, warum es das tun sollte. Oder schlimmer noch: weil es glaubt, dass es schon irgendwer tun wird.

Nachsatz:
„Ich liebe mein Land“ ist ein schönes Gefühl. „Ich verteidige mein Land“ ist ein Bekenntnis. Dazwischen klafft in Österreich ein Abgrund, der breiter ist als das Donautal.

Was man tun könnte.

Der ungebetene Gast bleibt zum Frühstück – Vom offenen Herzen zur offenen Grenze

Was als Akt menschlicher Größe begann, wurde bald zur Groteske des Kontrollverlusts: das Narrativ der „Willkommenskultur“, wie es die deutsche Seele mit Pathos füllte und die Bahnhöfe mit Applaus. Applaus, übrigens, ist eine merkwürdige Währung – laut, vergänglich, und spätestens dann peinlich, wenn der Applaudierte nicht mehr geht. Millionen wandern ein, und niemand weiß genau, wohin. Nicht geographisch – das lässt sich noch mit Google Maps nachvollziehen – sondern ideell, kulturell, rechtlich. Die Begriffshoheit liegt längst nicht mehr bei Juristen oder Soziologen, sondern bei Instagram-Aktivisten mit Soziologiestudium im dreißigsten Semester.

Der Staat kapituliert vor der eigenen Gesetzgebung, als sei das Grundgesetz ein Menüvorschlag mit optionaler Suppe. Illegale Einreise? Eine Art Kavaliersdelikt. Abschiebung? Ein logistisches Missverständnis. Der deutsche Staat demonstriert, wie man mit maximaler moralischer Arroganz maximale faktische Schwäche zur Tugend verklärt. Wer fragt, ob das alles so klug sei, wird zunächst als kaltherzig, dann als rechtsoffen, schließlich als Nazi etikettiert – ein semiotischer Völkermord an der begrifflichen Differenzierung.

Dabei wäre ein Land, das seine Bürgerinnen und Bürger nicht schützen kann – und auch gar nicht mehr will – kein Staat mehr, sondern ein humanitäres Großexperiment mit dem Steuerzahler als unfreiwilligem Sponsor. Es geht nicht um Menschenfeindlichkeit, sondern um Staatsvernunft. Aber Vernunft ist in Deutschland verdächtig geworden. Also weiter so: Wir retten die Welt, aber nicht den Sozialstaat. Willkommen!

Die große Transformation oder: Wenn die Sonne nicht scheint, aber das Konto glüht

„Wir haben kein Stromproblem, wir haben ein Problem der Verteilung!“ Diesen Satz muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, bevor man in der Dunkelheit der Realität friert. Die Energiewende, ursprünglich als ökologisches Gewissen gedacht, wurde zur ideologischen Ersatzreligion einer saturierten Mittelschicht mit Biogurke und SUV. Sie glauben an den Wind, das Solarpanel und die Kraft der moralischen Erhabenheit – weniger an Physik, Marktwirtschaft oder Kausalität.

Kernkraft? Igitt. Kohle? Teufel. Gas? Nur wenn es aus Katar kommt, aber bitte klimaneutral verpackt. Deutschland beschließt den Ausstieg aus allem – zuerst aus der Atomkraft, dann aus der Kohle, schließlich aus der Realität. Während Frankreich mit Atommeilern entspannt in die Zukunft surft, versorgen wir uns mit Flatterstrom und der Hoffnung, dass der Wind auch morgen weht. Tut er aber nicht. Und dann wird’s dunkel – nicht nur im Wohnzimmer, sondern auch in den Köpfen derer, die Energieträger mit Feindbildern verwechseln.

Wer darauf hinweist, dass ein Industrieland mit Windrädern keine Hightech-Nation bleibt, wird der Klimagefährdung bezichtigt – ein Delikt, das bald vermutlich justiziabel sein wird. In Deutschland rettet man das Klima am liebsten mit Moral, nicht mit Technologie. Das ist ungefähr so, als würde man einen Waldbrand mit Feuchtgebeten löschen wollen. Konsequenz? Strompreise auf Tundra-Niveau. Und wenn die Fabriken abwandern, hat man wenigstens Platz für weitere Windräder. Sieg der Tugend über die Vernunft!

Technikoffen wie ein Klostertor – Die Rückkehr der Renaissance oder: Atomkraft? Ja bitte!

Technologieoffenheit ist in Deutschland ein Slogan, der klingt wie ein Heiratsantrag mit Ehevertrag: Man sagt es, aber meint es nicht. In der politischen Praxis bedeutet „Technologieoffenheit“ meistens: Wir entscheiden uns für eine einzige, ideologisch kompatible Technologie – und verbieten alle anderen. Und wehe, jemand bringt „Kernenergie“ ins Spiel. Dann zückt die Moralpolizei die historische Abrissbirne: Tschernobyl! Fukushima! Die Apokalypse! Dabei sterben mehr Menschen beim Putzen ihrer Solaranlage vom Dach als je durch deutsche Kernkraftwerke.

Während andere Länder Mini-Reaktoren erforschen, Thorium entwickeln und an der Kernfusion tüfteln, rezitiert Deutschland sein Anti-Atom-Credo wie eine tibetanische Gebetsmühle im Endstadium. Fortschritt? Ja bitte, aber nur mit Ökosiegel. Die Rückkehr zur Kernkraft wäre nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern ökonomisch rational. Aber Rationalität ist in Deutschland kein Wählerfänger, sondern ein Stigma – wie Fleischessen oder Abitur in Mathe.

Also bleibt man lieber beim deindustrialisierten Ablasshandel mit CO₂-Zertifikaten und hofft, dass das Ausland nicht merkt, wie man in Deutschland Klimaschutz buchstabiert: M-A-S-O-C-H-I-S-M-U-S. Wer Technik verteufelt, bekommt eben Theologie – und wirft den Schlüssel zur Zukunft in den Recyclingmüll.

Nord Stream Nostalgie – Die romantische Sehnsucht nach warmem Wasser

Russisches Gas ist wie eine toxische Ex-Beziehung: Man weiß, dass sie problematisch ist, aber sie war warm, zuverlässig – und verdammt günstig. Dann kam der große Bruch, moralisch alternativlos, strategisch suizidal. Deutschland verabschiedete sich nicht nur vom Gas, sondern gleich vom gesunden Menschenverstand. Stattdessen kauft man jetzt LNG – flüssig, teuer, schmutzig – irgendwoher, Hauptsache nicht aus Moskau. Prinzipien kosten eben. Nur leider nicht die Politiker, sondern die Haushalte.

Der Glaube, dass man Russland wirtschaftlich in die Knie zwingt, indem man sich selbst energetisch stranguliert, ist die Art strategischer Genieblitz, die nur in Berlin gezündet wird. Putins Gas fließt weiter – nach China, nach Indien, zur Konkurrenz. Und Deutschland? Heizt mit Holz. Zurück ins Mittelalter, diesmal nachhaltig.

Wer russisches Gas wieder ins Gespräch bringt, gilt als „Putinversteher“ – ein Schimpfwort, das jede Diskussion ersetzt. Dabei wäre ein nüchternes Verhältnis zur Realität durchaus angebracht. Aber Deutschland hat sich auf moralische Geopolitik verlegt: Wir frieren lieber für die Freiheit – solange es andere zahlen. Die Welt lacht, der Bürger zahlt, die Ideologie siegt. Prost!

Volk, hör die Signale! – Über das Misstrauen gegenüber dem Souverän

Volksabstimmungen? In Deutschland? Wo kämen wir denn da hin! Nach Schweiz vielleicht. Oder, schlimmer: Nach Vernunft. Der deutsche Michel ist gut genug zum Arbeiten, zum Zahlen, zum Betroffenwerden – aber zu dumm, um über sich selbst zu entscheiden. Das glauben jedenfalls die politischen Eliten, die sich in ihren Filterblasen als Vertreter einer höher entwickelten Spezies begreifen: Homo Politicus Arrogans.

Direkte Demokratie sei gefährlich, heißt es, sie begünstige Populismus, Emotionen, Stimmungslagen. Und das ist richtig – genau wie Wahlen. Doch seltsamerweise vertraut man dem Volk bei jeder Bundestagswahl, aber nicht, wenn es um wirklich Relevantes geht: Euro? Grenzen? Krieg? Energie? Nein danke. Hier hat der Bürger zu folgen, nicht zu entscheiden. Basta.

Dabei wäre ein souveräner Bürger nicht das Ende der Demokratie, sondern ihre Vollendung. Doch dafür müsste man ihm erst einmal zutrauen, ein mündiges Urteil zu fällen. Stattdessen bekommt er Talkshows, Wahlplakate und Schulden. Demokratie ist in Deutschland vor allem eine Show – und wie jede gute Show lebt sie vom Ausschluss des Publikums bei der Drehbuchplanung.

Epilog: Deutschland – eine Tragödie in fünf Akten

Was tun? Die Antwort ist einfach, ihre Umsetzung ein Kraftakt: zurück zur Vernunft, zurück zur Realität, zurück zu einer Politik, die nicht als moralisches Theater, sondern als verantwortliches Handwerk begriffen wird. Solange das nicht geschieht, wird dieses Land weiter in Schönheit verbluten – mit gutem Gewissen, aber ohne Strom, ohne Grenzen, ohne Industrie. Und vor allem: ohne Zukunft.

Doch Hoffnung bleibt – denn Satire ist die verzweifelte Liebe zur Wahrheit. Und wer lacht, hat noch nicht aufgegeben.

Der grüne Koloss aus Stahl und Beton

Es beginnt, wie so vieles in der modernen Welt, mit einem Loch. Genauer: einem sehr großen, sehr tiefen, sehr eindrucksvoll klaffenden Loch in der Landschaft, das sich – zumindest für kurze Zeit – als ökologisches Mahnmal tarnt, um schon bald mit 900 Kubikmetern Beton und 150 Tonnen Stahl verfüllt zu werden. Das ist nicht etwa die Baustelle für ein Braunkohlekraftwerk, sondern der Beginn eines heroischen Projekts der grünen Transformation: der Sockel einer Windkraftanlage, Typ Nordex N149, ein Monument zur Ehrenrettung des Klimas – oder, je nach Betrachtungswinkel, ein aufrecht stehendes Fragezeichen aus Grauwert und Hybris. Dass man für eine Tonne Stahl im Hochofenverfahren bis zu 1,5 Tonnen CO₂ freisetzt, ist dabei offenbar nur eine Petitesse im großen grünen Märchenbuch. Schließlich müssen Opfer gebracht werden – notfalls auch auf dem Altar der Konsistenz. Das gilt für Beton gleichermaßen, der mit ca. 600 Kilogramm CO₂ pro Tonne nicht nur schwer, sondern auch schwer zu rechtfertigen ist, wenn man sich auf den ökologischen Heiligenschein beruft. Doch was wiegt schon der ökologische Fußabdruck, wenn die Ideologie leichtfüßig daherkommt?

Vom Turm zum Thron – Technokratischer Gigantismus trifft Naturmystik

Die Türme dieser Windaltäre ragen bis zu 160 Meter in den Himmel, wo sie als neue Gottheiten der Moderne thronen: aus Stahl, aus Beton, aus einer Mischung, die Recyclingträume zu Alpträumen gerinnen lässt. Je nach Variante schwillt die Materialbilanz zur Karikatur der Nachhaltigkeit an: Betonturm samt Fundament = bis zu 90 % des Gesamtgewichts. Die Propheten der Energiewende nicken andächtig, während der einfache Bürger sich fragt, ob ein solches Gewicht noch als „Leuchtturmprojekt“ durchgeht oder schon als schwerfällige Bürde. Oben, im Heiligtum der Gondel, wohnt dann das Herzstück: Getriebe, Generator, Schaltschrank – alles, was das technisch-industrielle Herz begehrt. Nur dass diese Bauteile mit ihren seltenen Erden wie Neodym, Dysprosium oder Terbium stammen aus jenen Ländern, über die wir nur dann sprechen, wenn der moralische Kompass kurz ausfällt – etwa weil Kinderhände dort in Minen graben, während wir hierzulande Ethikunterricht geben. Aber wehe dem, der fragt, ob ein Strommix aus Elend, Ausbeutung und Erdzerstörung wirklich grüner ist, nur weil er leise summt.

Komposit für Komplizen – Rotorblätter als Problemstoff mit Windfunktion

Die Flügel der Windräder – aus Glas- oder Kohlenstofffasern, getränkt in Epoxidharz – sind wahre Kunstwerke der Ingenieurskunst und Albträume jedes Recyclers. Sie tragen ganze zwei bis drei Prozent zum Gesamtgewicht bei und 98 Prozent zur Kopfschmerzrate in Entsorgungsbetrieben. Denn der Verbund aus Faser und Harz trennt sich ungern. Man könnte fast sagen: so innig wie die Beziehung zwischen Mensch und kognitiver Dissonanz. Derzeit landen viele dieser Blätter schlicht in den Brennöfen von Zementwerken – was man schönfärbend „thermische Verwertung“ nennt, in Wahrheit aber nicht mehr ist als ein Pyrrhussieg über die Deponiepflicht. Blätter mit Kohlenstofffaseranteil sind sogar dort unerwünscht – sie verbrennen schlecht und riechen nach Ironie. Pyrolyse oder Solvolyse? Teuer, energieintensiv, also genau das, was man bei einem grün etikettierten Energieprojekt gern vermeiden würde – aber leider muss.

SF6 – Die unsichtbare Gasbombe im Öko-Paradies

Und als wäre das alles noch nicht genug, mischt sich auch ein wahrhaft teuflisches Molekül ins Spiel: Schwefelhexafluorid, kurz SF6. Drei Kilogramm dieses Gases wohnen in jeder Windkraftanlage – eine überschaubare Menge, möchte man meinen. Bis man erfährt, dass SF6 rund 23.500-mal klimaschädlicher ist als CO₂. Der Umwelttoxizität nach also das energetische Äquivalent einer flammenden Apokalypse im Frack. Fachgerecht entsorgt werden muss es beim Rückbau – theoretisch. In der Praxis? Nun, wie vieles, was „fachgerecht“ sein soll, bleibt auch das eine Frage der Budgetlage, der Sorgfalt und der menschlichen Nachlässigkeit – drei Faktoren, die sich nicht immer ideal überlagern. Wer glaubt, wir hätten beim Klimaschutz noch Luft nach oben, weiß offenbar nichts von SF6.

Diesel für den grünen Frieden – Wenn der Wind mal wieder Pause macht

Wie bei jeder göttlichen Entität, gibt es auch beim Wind Phasen der Abwesenheit – sogenannte Dunkelflauten. Und was hilft da? Richtig, der gute alte Dieselgenerator, treuer Freund der ländlichen Notstromversorgung und ewiger Widersacher der Emissionsvermeidung. Laut Fraunhofer-Institut verbraucht eine 2-Megawatt-Anlage im Jahr zwischen 20.000 und 40.000 Liter Diesel – nicht zum Betrieb, versteht sich, sondern um die Anlage überhaupt am Laufen zu halten, wenn mal Flaute herrscht. Die Ironie schreit zum Himmel: Da errichtet man Millionen-Euro-teure Stromtempel, nur um sie mit fossiler Krücke zu stützen. Das ist wie vegane Ernährung mit Speckgeschmack – moralisch unentschlossen, aber immerhin gut gemeint.

Der ökologische Fußabdruck – ein grüner Lack auf grauem Fundament

Und was bleibt nun, nach zwanzig Jahren Windkraftnutzung – neben Landschaftsverschandelung, Flächenversiegelung, Materialschlacht, Seltenerd-Verschwendung, Recyclingdesaster, Dieselverbrauch und Gasbomben? Ein ökologischer Fußabdruck, so groß wie Godzillas Gamasche, sorgfältig grün eingefärbt mit dem Filzstift ideologischer Verblendung. Sicher, Windenergie produziert Strom – emissionsfrei in Betrieb, zweifellos. Aber wie beim sauberen Dieselmotor oder dem Biobananenimport per Flugzeug stellt sich irgendwann die Frage: Zu welchem Preis? Und ist der Applaus wirklich verdient – oder nur die traurige Pointe eines kollektiven Selbstbetrugs?

Am Ende dieser Betrachtung bleibt die Erkenntnis: Auch Wind weht nicht ohne Widerstand. Nur dass er sich heute nicht mehr mit Physikern messen muss, sondern mit der kognitiven Dissonanz einer Gesellschaft, die sich für umweltbewusst hält, während sie mit Beton, Diesel und SF6 nach den Sternen greift.

Vom Landwirt zum Lastenträger – Sozialverträglichkeit als Floskel im Windschatten

Während die städtischen Milieus in Latte-Macchiato-Laune von der „grünen Energiewende“ schwärmen, weht auf dem Land ein anderer Wind – und das nicht nur im meteorologischen Sinn. Denn wo Windkraftanlagen entstehen, entstehen sie selten in den Vorgärten gutbetuchter Klimakongressbesucher, sondern auf den Höhenzügen, Wäldern und Ackerflächen strukturschwacher Regionen. Dort, wo Infrastruktur oft schon vor Jahrzehnten das Zeitliche segnete und der Nahverkehr ein Gerücht ist. Hier werden die Rotoren gebaut – nicht die Reden. Und während die Subventionen nach Berlin fließen, bleiben die Geräusche, die Schattenwürfe und die optische Entwertung bei jenen, die nie gefragt wurden, aber nun „Teil der Lösung“ sein sollen.

Ein Windrad wirft keinen Schatten auf eine Dachterrasse in Prenzlauer Berg, wohl aber 240 Meter hohe Schatten auf einen Bauernhof im Hunsrück. Und wenn der Strom dann von dort nicht mal ins eigene Dorf fließt, sondern über Stromautobahnen in die Industriezentren des Südens, dann fragt sich der Landmensch zu Recht: Wer wendet hier was und wessen Nutzen dient welchem Zweck? Das Wort „Akteursbeteiligung“ klingt da wie ein schlechter Witz, den man nur im Bundeswirtschaftsministerium versteht – zwischen zwei Lobbystellungen bei Kaffee und Lobbycroissant.

Flächenfraß mit Gütesiegel – Wenn grüne Planung zur Raumokklusion wird

Es gibt eine neue Form der Raumordnung in Deutschland: die ideologisch geplante Raumverdrängung. Denn Windräder brauchen Platz – viel Platz. Jedes Einzelne eine kleine Republik, inklusive Sicherheitsabstand, Zuwegung, Netzanbindung, Wartungsfläche, Abschattung, Vogelschutzzone (sofern nicht gerade abgeschafft). Und so verwandeln sich ehemals stille Landschaften in industriell durchzonierte Windparks, die in keinem Freizeitprospekt mehr auftauchen – es sei denn, als Warnhinweis für Drohnenpiloten.

Mancher Wald musste weichen, mancher Pfad wurde verbaut, manch Aussicht zerschnitten – für den grünen Fortschritt natürlich, der wie so oft von oben nach unten verordnet wird. Denn wenn Windkraftanlagen erst mal im Bundesraumordnungsplan erscheinen, ist jeder Widerstand schnell „strukturkonservativ“, „populistisch“ oder – noch schlimmer – „energiepolitisch unambitioniert“. Was nicht mitzieht, wird überrollt. Wer Fragen stellt, wird belehrt. Wer protestiert, wird überhört. Die Versiegelung schreitet voran, nur dass sie diesmal mit der Lackierung des Guten daherkommt. Beton ist eben dann kein Problem, wenn er für die richtige Sache gegossen wird – ein moralischer Baustoff sozusagen.

Die politische Komplizenschaft – Ein Trauerspiel in grün lackierten Anzügen

Nichts ist schöner als eine große Idee – außer einer großen Idee mit Fördermitteln. Und so haben sich Politik, Industrie und grüne Visionäre längst in einer Art Zweckgemeinschaft zusammengeschlossen, die vor allem eines eint: das große Vergessen aller Widersprüche. In den Parlamenten werden Ausbauziele beschlossen, als wäre das Aufstellen von Windrädern ein reiner Excel-Job, unabhängig von topografischen Realitäten, Netzkapazitäten oder demokratischer Akzeptanz. „Wir brauchen 320 neue Anlagen pro Jahr!“ heißt es dann, ohne dass irgendwer fragt, wo eigentlich – und vor allem: wer sie will.

Die Industrie nickt, freut sich über planbare Aufträge. Die Politik klopft sich auf die Schulter, weil sie das Klima „rettet“, ohne auf Konsum oder Wachstum zu verzichten. Und die Bürger? Die dürfen mitspielen – zumindest in Bürgerdialogformaten, die vor allem eines sind: performative Alibis im Meinungsmonopol. Entscheidungen wurden längst getroffen. Beteiligung bedeutet hier, dass man beim Tapezieren mitreden darf, nachdem das Fundament bereits steht. Kritiker werden belächelt, neutralisiert, diffamiert oder – besonders perfide – zu „Klimaleugnern“ erklärt, selbst wenn sie einfach nur das Kleingedruckte lesen wollen.

Das Resultat? Ein politisch-ökonomischer Schulterschluss im Namen der Nachhaltigkeit, bei dem „grün“ längst zur strategischen Farbe geworden ist: nicht aus Überzeugung, sondern aus Opportunismus. Denn in einer Welt, in der alles ein Geschäftsmodell ist, wird selbst der Weltuntergang marktfähig

Der Feind, das Phantom und der deutsche Außenminister

Der kleine Mann im großen Ministeramt: Johann Wadephul oder die Wiedergeburt des Kalten Kriegers

Es war einmal ein Mann mit einem Namen, der klang wie die literarische Kreuzung aus einer gescheiterten Wagner-Opernfigur und einem überambitionierten Realschullehrer: Johann Wadephul, seines Zeichens CDU-Mitglied, milde Konifere der außenpolitischen Halböffentlichkeit und – man höre und staune – nun offenbar auch Deutschlands inoffizieller Herold der ewigen Feindschaft.

Wadephul, dessen politische Strahlkraft irgendwo zwischen einem Stromausfall in Flensburg und dem Echo im Bundestagsflur liegt, ließ sich während eines amüsant-dilettantischen Telefonstreichs von zwei russischen Satirikern zu der Aussage hinreißen, Russland werde „für immer ein Feind bleiben“. Ein Mann, der offenbar so sehr an das Märchen vom ewigen Gegner glaubt, dass man fast geneigt ist, ihm einen Plüsch-Gorbi für sein CDU-Kinderzimmer zu wünschen, als Kontrast zu seinem ideologischen Kindheitstrauma namens „Ostpolitik“.

Nun könnte man dies für eine spontane Entgleisung halten – das wäre immerhin menschlich. Doch Wadephul äußerte ähnliche Töne auch in ernsthafteren Kontexten, ganz ohne Prankcall. Das lässt tief blicken: Entweder handelt es sich um eine Überzeugung, die auf dem geistigen Niveau eines „Command & Conquer“-Spiels aus den 90ern fußt, oder – noch schlimmer – um das bewusste Bedienen der alten Leier vom russischen Bären, der angeblich nur schläft, um uns besser fressen zu können.

Der moralische Bankrott als Staatsräson: Geschichte wird gelöscht, wenn sie stört

Man kann über Russland sagen, was man will – und es gibt viel zu sagen, vom Krieg in der Ukraine bis zur Innenpolitik, die mit Begriffen wie „Rechtsstaatlichkeit“ eher auf Kriegsfuß steht. Doch wer ausgerechnet im deutschen Namen, mit deutscher Geschichte im Rücken, das Wort „Feind“ in einem ewigen Sinne in den diplomatischen Raum schmettert, der offenbart eine historische Ignoranz, die an Zynismus grenzt.

Deutschland, dessen Panzer einst die Weite Russlands durchpflügten und dessen Politik der Auslöschung ganze Landstriche in Asche legte, sollte sich, wenn es um Russland geht, mit ganz besonderem Fingerspitzengefühl äußern – oder wenigstens mit einem Restmaß an Scham. Das bedeutet nicht, die Realität auszublenden, aber es bedeutet sehr wohl, Verantwortung in der Sprache zu tragen.

Denn Worte sind keine Luft – vor allem nicht in der Außenpolitik. Wenn ein deutscher Außenpolitiker Russland als ewigen Feind bezeichnet, dann ist das nicht nur politisch unverantwortlich, sondern auch moralisch bankrott. Es ist ein Hohn auf die Handreichung Putins im Jahr 2001, als er im Bundestag in deutscher Sprache um Zusammenarbeit warb – damals bejubelt, heute vergessen. Aber was ist schon ein Friedensangebot, wenn man im Kalten Krieg nostalgisch schwelgt wie in einer alten NVA-Jacke aus dem Second-Hand-Laden der Geschichte?

Doppelmoral als Dienstwagen: Der Westen und seine selektive Empörung

Wäre politische Verfehlung der Maßstab für diplomatische Ächtung, dann müssten unsere westlichen Freunde aus Übersee seit Jahrzehnten auf einer Liste des Unannehmbaren ganz oben stehen – mit eigenen Kapiteln: „Vietnam“, „Chile“, „Irak“, „Libyen“, „Guantánamo“, „NSA“, und „Julian Assange“ wäre nur der Anfang. Und doch: die Beziehungen zu den USA gelten als „transatlantisches Band“, nicht als Fessel der Verantwortung.

Warum also diese demonstrative Abneigung gegen Russland, als wäre es der Ex, der einem das Herz gebrochen hat, obwohl man selbst ständig fremdgegangen ist? Ist Russland unbequem, weil es nicht spurt? Oder weil es – wie alle alten Imperien – sich selbst für wichtiger hält, als es uns lieb ist? Vielleicht. Aber dann seien wir ehrlich: Es geht nicht um Moral, sondern um Geopolitik. Um Interessen. Und um das altbewährte Spiel, einen Feind zu brauchen, um sich selbst als Hüter der zivilisierten Welt zu inszenieren – ein Rollenbild, das Deutschland seit dem Kosovo-Krieg wieder sehr liebgewonnen hat.

Das Gedächtnis der Politik: Kurz wie ein Tweet, schmal wie ein Regierungsflur

Wadephuls Aussage offenbart weniger eine außenpolitische Strategie als eine strukturelle Amnesie. Wer ernsthaft meint, Russland sei von Natur aus der Feind, betreibt nicht Sicherheitspolitik, sondern Geschichtsklitterung. Das Russland nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion suchte Anschluss, nicht Konfrontation. Dass man diesen Anschluss scheitern ließ – durch NATO-Osterweiterung, wirtschaftliche Demütigung und moralische Überheblichkeit – das soll nun bitte kein Thema mehr sein.

Aber die Geschichte vergisst nicht. Auch wenn Politiker wie Wadephul es versuchen. Sie erinnert sich in den Narben, die Kriege hinterließen, in den Reden, die gehalten, und in den Händen, die ausgeschlagen wurden. Deutschland hatte eine Chance, Brückenbauer zu sein – nicht Verteidiger von Autokratie, aber Mahner zur Deeskalation. Stattdessen wählt man das Kostüm des moralischen Falken und ruft ins Mikrofon des Weltgewissens: Feind! Für immer!

Wie lächerlich, wie traurig, wie tragisch.

Von Prankcalls und Paranoia: Wenn Außenpolitik zur Comedy wird

Dass diese absurde Eskalation der Rhetorik durch einen telefonischen Kinderstreich ausgelöst wurde, ist die bittere Pointe einer Farce, die ihresgleichen sucht. Während Vovan und Lexus sich die Bäuche halten vor Lachen, diskutiert die deutsche Außenpolitik, ob man sich ernsthaft beleidigt fühlen sollte.

Dabei wäre es wohl klüger, sich weniger über die russischen Satiriker zu empören als über den deutschen Politiker, der im Ernst glaubt, „Feind“ sei ein tragfähiges Fundament für friedensstiftende Außenpolitik im 21. Jahrhundert. Vielleicht sollte man Wadephul einfach mal das Grundgesetz schicken – oder wenigstens die Rede von Richard von Weizsäcker zum 8. Mai 1985.

Oder eine Weltkarte. Mit Russland drauf. Als Erinnerung daran, dass der „Feind“ keine Projektion ist, sondern eine nukleare Großmacht mit realen Interessen – und einer langen, sehr langen Erinnerung.

Nachspiel: Ein Land, das Feinde braucht, weil es Freunde verliert

Es wäre leicht, sich über die Dummheit eines einzelnen Politikers zu amüsieren. Aber das Lachen bleibt im Halse stecken, wenn man sieht, wie solche Äußerungen symptomatisch sind für ein Land, das mehr Angst vor Versöhnung hat als vor Eskalation. Deutschland hat eine Verantwortung – nicht nur für seine Vergangenheit, sondern für seine Zukunft. Wer die Welt in Feinde und Freunde einteilt, bekommt am Ende beides nicht.

Vielleicht, ja vielleicht, wäre es klug, ein bisschen weniger wie Johann Wadephul zu denken – und ein bisschen mehr wie jemand, der Frieden ernst meint.

Mit ausgestreckter Hand. Nicht mit geballter Faust. Auch wenn’s schwerfällt. Auch wenn’s unbequem ist. Gerade dann.

Der gelebte Offenbarungseid – jetzt auch mit Gendersternchen

Die westliche Demokratie hat es weit gebracht. Sie hat es geschafft, sich selbst zur Karikatur ihrer eigenen Versprechen zu machen, ohne dass es allzu viele merken oder – schlimmer noch – sich daran stören würden. Die Titanic hat längst den Eisberg gerammt, aber im Bordkino läuft noch „Yes we can!“, untermalt von den klimaneutralen Geigen des öffentlich-rechtlichen Orchesters.

Politische Partizipation? Nur noch ein dekoratives Accessoire für Wahlplakat-Ästheten. Der Bürger darf alle vier Jahre ein Kreuz setzen – als rituelle Beruhigungsspritze – um sich danach wieder in die sedierende Umarmung des allzuständigen Nanny-Staats fallen zu lassen. Demokratie ist heute weniger Herrschaft des Volkes als Feelgood-Fassade für eine Verwaltung, die sich selbst genug ist.

Wir erleben das, was man einen Kollaps in Zeitlupe nennen könnte – nur dass die Zeitlupe so langsam ist, dass viele den Stillstand mit Stabilität verwechseln. Währenddessen läuft das System im Autopilot-Modus auf eine Wand zu, die groß „Komplexitätsüberforderung“ heißt. Und niemand sitzt mehr im Cockpit – aber alle sind stolz auf die Sicherheitsbroschüre.

Der Bürger: Vom Souverän zum Untertan 2.0

Wer in aufgeklärter Naivität annimmt, der Bürger sei das Zentrum der Demokratie, der möge sich bitte einmal einen durchschnittlichen Social-Media-Kommentarbereich unter einer politischen Nachricht zu Gemüte führen. Man erkennt schnell: Der mündige Bürger ist ausgestorben wie die Dodo-Ente – ersetzt durch das weichgekochte, kognitiv desinteressierte Subjekt, das reflexartig nach Regeln ruft, sobald ein Problem auftaucht.

Die Devise lautet nicht mehr „Freiheit durch Verantwortung“, sondern „Sicherheit durch Gehorsam“. Man will nicht frei sein – man will geführt werden, und zwar idealerweise von Menschen mit empathischem Blick, aber technokratischer Allmacht. Die ideale Führungskraft der neuen Demokratie ist ein empathischer Technokrat mit Influencer-Profilbild und ChatGPT als Ghostwriter.

Das Grundrecht auf Abwehr gegen den Staat? Heute eine Pointe aus der politischen Satire. Der Staat schützt den Bürger vor sich selbst, notfalls auch mit Gewalt. Wer widerspricht, wird diagnostiziert: rechts, radikal, realitätsfern oder – der neueste Schrei – „problematisch“. In einer Welt voller Triggerwarnungen ist jede echte Meinungsäußerung eine potenzielle Kriegserklärung.

Parteien: Die Selbsthilfegruppen der Machtbesessenen

Die westliche Parteienlandschaft gleicht einem sterbenden Zoo: Die Gehege sind leer, aber man spielt weiter Tiergeräusche vom Band. Die SPD stellt sich als Anwalt der Arbeiter dar – die es seit 20 Jahren nicht mehr gibt. Die CDU simuliert Ordnung, kann aber nicht mal ihre eigenen Parteitage organisieren. Die Grünen verwechseln Ökologie mit Erlösungssehnsucht, und die FDP hält sich für liberal, solange man sie nicht um konkrete Haltung bittet.

Neue Parteien? Treten an mit Pathos, verenden im Parteitagssumpf. Zwischen innerparteilichen Egospielchen, postmodernem Sprachdurchfall und identitätspolitischem Minenfeld geht jede inhaltliche Substanz zuverlässig verloren. Sie sind der Versuch, mit altem Werkzeug ein brennendes Haus zu sanieren.

Das Parlament? Ein Spielplatz für Berufsempörer, moralische Minderleister und Blender mit solider Rhetorik bei vollständiger Weltunkenntnis. Entscheidungen werden heute getroffen nach den Kriterien:

  1. Wie sieht es im Meinungsmonitor aus?
  2. Was sagen die Social-Media-Strateg:innen?
  3. Gibt es dafür ein Hashtag?

Der Staat als All-Inclusive-Ruine

Die Bürokratie ist zum eigentlichen Herrscher avanciert – eine kafkaeske Hydra, die sich mit jedem Digitalisierungsversuch verdoppelt. Die Verwaltung produziert Regeln, Formulare und Prüfstellen in einem Tempo, das jedes private Unternehmen binnen Monaten in den Bankrott treiben würde.

Und der Bürger? Der hat sich längst daran gewöhnt, seine Existenzberechtigung in Anträgen, Förderprogrammen und Genehmigungen zu beantragen. Der moderne Mensch lebt im Wartemodus – auf das Elterngeld, den Wohngeldbescheid, die Wärmepumpe oder wahlweise das Weltende.

In dieser Atmosphäre gedeiht alles, nur keine Kompetenz. Ministerien werden mit Menschen besetzt, die von ihren Ressorts so viel verstehen wie ein Schwan vom Segelfliegen. Qualifikation spielt keine Rolle – entscheidend ist einzig, ob man im richtigen Parteikreis das Buffet gefunden hat.

Das System versagt – global, synchronisiert, effizient

Die vielleicht tragischste Pointe: All das passiert gleichzeitig, überall, fast identisch. Ob Paris, Berlin, Washington oder Rom – das politische Personal wirkt wie von derselben Castingagentur vermittelt. Mittelmaß mit Sendungsbewusstsein, flankiert von PR-Profis mit Agentursprech.

Selbst autoritäre Systeme wirken inzwischen wie Kopien westlicher Verwaltungsapparate – nur mit schlechterer Pressearbeit. Der Unterschied zwischen liberaler Demokratie und gelenkter Autokratie schrumpft auf ein Minimum: Wahltermin ja oder nein. Ansonsten herrscht in beiden das Prinzip: Wir wissen besser, was gut für euch ist.

Letzte Hoffnung: Ironie und Zynismus – oder doch der Einzelne?

Was bleibt? Nicht viel. Vielleicht der Humor. Die Fähigkeit, über das eigene System zu lachen, während es zusammenbricht – das ist immerhin eine westliche Kernkompetenz. Die Römer hatten Brot und Spiele, wir haben Podcasts und Parlamentsdebatten auf YouTube.

Und dennoch: Vielleicht, ganz vielleicht, gibt es eine letzte Option. Nicht von oben, nicht durch Systemreform, sondern durch das radikal Unmoderne: Eigenverantwortung. Bildung. Skepsis.

Der Einzelne als letzte Bastion. Der Mensch, der sich nicht verdummen lässt. Der Bürger, der liest, denkt, widerspricht. Der sich nicht vor „falschen Meinungen“ fürchtet, sondern sie hört, prüft und – wenn nötig – zerschmettert.

Ein Idealbild, klar. Aber wenn schon Untergang – dann wenigstens mit aufrechter Stirn.


Epilog:
Die Demokratie ist nicht tot. Noch nicht. Sie ist – wie ein alternder Rockstar – betrunken, aufgedunsen, von Ja-Sagern umgeben, – in einem Zustand zwischen Selbstbetrug und Systemversagen, aber immer noch fähig zu einem letzten großen Auftritt. Wenn wir Glück haben. Wenn nicht: Auch das ist Demokratie. Wer den Ausgang sucht, muss gegen den Strom schwimmen. Wer wartet, wird weiter verwaltet.

Oder, um es mit Churchill zu sagen:
Die Demokratie ist die schlechteste aller Regierungsformen – außer allen anderen.

Vom Revoluzzer zum Weltgesundheitsgouverneur

Die steile Karriere eines Mannes mit dunklen Schatten

Es war einmal ein Mann, geboren in Äthiopien, dessen Name auf den Lippen der Weltöffentlichkeit landete, ohne dass jene Lippen je wirklich wussten, wen sie da nannten. Tedros Adhanom Ghebreyesus – ein Name wie eine Melodie in den Ohren globaler Gesundheitspolitik, ein Klangteppich aus Multilateralismus, entwicklungspolitischer Ambition und… sagen wir es ruhig: bemerkenswerter Ambiguität. Dass dieser Mann, der sich selbst gerne als „Mann des Volkes“ inszeniert, einst Mitglied des Politbüros der TPLF war – einer Organisation, die von mehreren Staaten als terroristisch eingestuft wurde –, scheint in den wohltemperierten Konferenzsälen der WHO nur noch eine folkloristische Fußnote zu sein. Die TPLF, ein kämpferisches Sammelsurium marxistisch-leninistischer Prägung, schwang nicht nur die Fahne des „Volksbefreiungskampfes“, sondern auch gelegentlich die Machete gegen ebenjenes Volk, das befreit werden sollte.

Und so stolpern wir hinein in die Biografie eines Mannes, der sich in Addis Abeba als Gesundheitsminister versuchte und – mutmaßlich – mit der Zahl der Cholera-Ausbrüche kreativer umging als mit deren Eindämmung. Die Vorwürfe, er habe Cholera-Fälle schlicht als „akute wässrige Diarrhöe“ umetikettiert, wirken wie ein makabrer Witz, wären da nicht die Toten. Doch wer Karriere in internationalen Organisationen machen will, muss gelernt haben, Probleme nicht zu lösen, sondern sie in harmlose Worthülsen zu verpacken. Ein Talent, das Tedros mit aristotelischer Brillanz beherrscht.

Von Philanthrokapitalisten und Philantrokrokodilen: Wer bezahlt, befiehlt

„Follow the money“, riet Deep Throat einst dem jungen Journalisten Woodward, und auch im feinen Marmorfoyer der WHO riecht es mitunter mehr nach Dollar als nach Desinfektionsmittel. Einst als noble Schutzmacht der globalen Gesundheit gegründet, steht die WHO heute wie ein gut frisiertes Schaufensterpüppchen da, das sich je nach Hauptsponsor mal in Gates-Blau, mal in China-Rot hüllt. Die Finanzierung der Organisation ist nämlich, gelinde gesagt, eine strukturelle Katastrophe mit Anlauf.

Nur etwa 20 Prozent des Budgets stammen aus Pflichtbeiträgen der Mitgliedstaaten. Der Rest? Freiwillige Beiträge – zweckgebunden, versteht sich. Und wer freiwillig zahlt, darf diktieren, wie das Geld verwendet wird. Eine bizarre Form von globaler Budgetdemokratie, bei der die einen mit dem Megafon sprechen, während die anderen bestenfalls stumm mitklatschen dürfen.

An der Spitze der „besorgten Philanthropen“ steht – wenig überraschend – die Bill & Melinda Gates Foundation, die längst mehr Einfluss auf WHO-Programme hat als die Mehrheit ihrer Mitgliedstaaten. Gates finanziert nicht nur Programme, sondern setzt auch Prioritäten: Impfstoffe hier, digitale Gesundheitsüberwachung da, aber bitte keine allzu laute Kritik an monopolisierten Pharmastrukturen. Man fragt sich unwillkürlich: Ist das noch Philanthropie oder schon ein gut getarnter Business Case?

Die Chinesische Verbindung: Pandemiepolitik mit Parteibuch

Und dann wäre da noch das schillernde Kapitel der sinophilen Loyalität, das Tedros spätestens seit den ersten Wochen der COVID-19-Pandemie mit dickem Pinsel in seine Amtszeit gemalt hat. Während in Wuhan die Lichter ausgingen und Virologen reihenweise Alarm schlugen, dankte Tedros der chinesischen Regierung für ihre „Transparenz“. Transparenz – in einem Land, in dem ein Tweet zu drei Jahren Haft führen kann. Eine Form von Humor, den man nur in sehr abgeschlossenen Parteizirkeln goutieren kann.

Kritiker werfen ihm vor, Chinas Rolle verharmlost und wertvolle Zeit vergeudet zu haben – aus Rücksicht auf geopolitische Abhängigkeiten, wirtschaftliche Verflechtungen und das unausgesprochene Abkommen: „Du lässt mich WHO-Chef sein, ich erwähne deinen Fledermausmarkt nicht.“ Diese Form der geopolitischen Rücksichtnahme wäre verzeihlich, wenn sie nicht Millionen Menschenleben gekostet hätte. Aber das Schöne an der WHO ist: Verantwortung verflüchtigt sich dort schneller als ein Aerosolpartikel in der Sahara.

Der Zynismus der Zahlen: Gesundheit als verwalteter Notstand

Unter der Leitung von Tedros wandelte sich die WHO von einer beratenden Fachorganisation zur moralischen Erziehungsanstalt mit Notstandsflair. Pandemie war plötzlich ein Dauerzustand, Notfallregeln wurden zum Alltag, und Empfehlungen klangen gelegentlich eher nach päpstlichem Dekret als nach evidenzbasierter Medizin. Dass wissenschaftlicher Konsens im Schatten finanzieller Interessen entstehen kann, ist dabei kein Novum, doch unter Tedros wurde es zur hohen Kunst der politischen Gesundheitslyrik.

Gleichzeitig verwaltete man globale Impfkampagnen mit der stoischen Bürokratie eines kafkaesken Apparats – nicht ohne dabei großzügig mit PR-Botschaften zu hantieren, die mehr mit politischer Imagepflege als mit klinischer Wirksamkeit zu tun hatten. „Science-based“, rief man, während Studien in Echtzeit revidiert, neu interpretiert oder ganz unter den Teppich gekehrt wurden. Vertrauen, so scheint es, wird heute nicht mehr erarbeitet – es wird durch algorithmische Repetition erzeugt.


Fazit oder: Wenn die Weltgesundheit am Tropf der Geldgeber hängt

Tedros Adhanom Ghebreyesus ist kein Einzelfall. Er ist ein Symptom. Ein Symptom einer internationalen Organisation, die längst mehr Lobbybühne als neutrale Instanz ist. In einer Welt, in der das Wort „Multistakeholder“ bedeutet, dass ein Oligarch und ein Gesundheitsminister am gleichen Tisch sitzen und der eine mehr zu sagen hat als der andere, bleibt die Frage: Wer schützt die WHO vor denen, die sie „retten“ wollen?

Dass Tedros eine zweite Amtszeit erhielt, spricht Bände – nicht über seine Verdienste, sondern über das strukturelle Versagen einer Weltgemeinschaft, die ihre Institutionen so lange ausgehöhlt hat, bis nur noch PR-Hülsen und Spendenlisten übrig blieben. Wenn aus globaler Gesundheitspolitik ein Geschäftsmodell wird, bei dem der Patient immer krank bleiben muss, um den Cashflow zu sichern, dann ist es vielleicht an der Zeit, auch diese Krankheit endlich zu diagnostizieren.

Vom „Made in Germany“ zur deutschen Erinnerungskultur der Produktion

Europa demontiert sich selbst: Deindustrialisierung als neuer Gesellschaftsvertrag

Was einst mit Stolz auf Hochöfen, Walzstraßen und Montanromantik begann, findet heute sein Ende zwischen Bionade-Bürgertum und Wärmepumpendebatten. Die industrielle Stärke Europas – vor allem Deutschlands – verkommt zum musealen Relikt, irgendwo zwischen der Dampfmaschine und dem Wählscheibentelefon. Während man sich in Talkshows über Windkraftquoten streitet und gleichzeitig das letzte Chemiewerk in Bitterfeld schließt, schwant selbst den Optimisten langsam: Wir sind nicht auf dem Weg in die klimaneutrale Zukunft, sondern im freien Fall in die postindustrielle Bedeutungslosigkeit.

Der moderne Industrielle hat sich verwandelt – vom Motor der Gesellschaft zur idealtypischen Zielscheibe. Früher war er der Garant von Wohlstand, Sicherheit und Exportüberschuss. Heute ist er vor allem eins: der Bösewicht im Narrativ der Regulierungsfetischisten, der Umweltaktivisten mit Businessplan und der Eliten, die im Denken so emissionsfrei sind, dass man sich fragt, ob ihnen überhaupt noch Sauerstoff zugemutet werden darf. Und so fällt einer nach dem anderen: BASF kürzt in Ludwigshafen, Covestro vertagt die Zukunft, Dow zieht sich aus dem Osten zurück, als hätte man dort Plutonium statt Polymeren gelagert.

Der chemische Komplex, einst das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, wird nun zum Problemfall umetikettiert. In der politischen Kommunikation gilt die Industrie bestenfalls noch als toleriertes Auslaufmodell, wie die letzten Raucher im ICE-Waggon – irgendwo da hinten, ohne Anschluss ans echte Leben.

Freiheit, Gleichheit, Deindustrialisierung

Die großen Errungenschaften europäischer Gesellschaften – Rechtsstaat, Wohlstand, soziale Sicherheit – waren nie Gratisbeigaben der Geschichte, sondern Resultat ökonomischer Stärke. Nur ein Land, das produktiv ist, kann verteilen. Nur eine Gesellschaft, die Werte schafft, kann Werte haben. Doch mittlerweile glaubt man, man könne die Substanz der Freiheit von der Substanz des Marktes trennen – mit akademischer Arroganz und administrativem Übermut.

In Brüssel und Berlin wird eifrig daran gearbeitet, aus Europa ein Mahnmal des moralischen Fortschritts zu zementieren. Emissionshandelssysteme, Lieferkettengesetze, CO₂-Zölle, Taxonomien, Klimaampeln – das alles klingt nach Zukunft, fühlt sich aber an wie eine Nebelwand aus Papierkram. Unternehmerinnen und Unternehmer, die früher Innovationen schufen, sind heute damit beschäftigt, ihre Compliance-Abteilungen auszubauen, um bloß nicht gegen die zwölfte Auslegung der fünften Norm der dritten Novelle zu verstoßen.

Die Konsequenz ist einfach, brutal und unausweichlich: Wer Wertschöpfung verhindert, zerstört Wohlstand. Wer industrielle Fertigung ächtet, verliert soziale Stabilität. Und wer Europa zur moralischen Wellnessoase ohne Werkbank umbaut, darf sich nicht wundern, wenn am Ende der einzige Exportschlager das schlechte Gewissen ist.

Vom Panzer zur Pantomime: Sicherheitspolitik ohne Substanz

Evonik-Chef Kullmann bringt es auf den Punkt, wenn er fragt, was uns eine Panzerarmee nützt, deren Fahrzeuge im Ernstfall mangels Zulieferteilen nicht fahren. Die Antwort ist einfach: Nichts. Aber dafür sind sie emissionsfrei. Die westliche Verteidigungspolitik gleicht inzwischen einem Fitnessstudio für Gelähmte – man schwitzt sehr ambitioniert, kommt aber nie vom Fleck. Denn was nützen hochmoderne Waffensysteme, wenn die Rohstoffe aus China kommen, die Fertigung in Asien erfolgt und die Instandhaltung dem Genehmigungsverfahren der EU-Kommission unterliegt?

In einem Europa, das sich täglich selbst moralisiert, aber materiell dekonstruiert, entsteht eine paradoxe Sicherheitslage: Der Feind wird rhetorisch bekämpft, aber wirtschaftlich hofiert. Die letzte Zündkerze wird geopfert, damit das Klimaziel von 2030 nicht verfehlt wird. Und während man in Washington über Reshoring redet und in Peking längst vollendete Tatsachen schafft, diskutiert man in Berlin, ob Heizungstauschpflichten nicht doch zu schnell kommen könnten. So verteidigt sich Europa – mit Thermopapier und Verordnungsliebe.

Bürokratie als Wachstumshemmnis mit Stilnote

Kullmann spricht von der „regulatorischen Bleiweste“. Und tatsächlich: Europa hat es geschafft, Bürokratie nicht nur zu maximieren, sondern zu kultivieren – als Ausdruck höchster zivilisatorischer Reife. Das Regelwerk ersetzt den Richtwert, der Paragraph den Pragmatismus. Die Freiheit stirbt nicht an Zensur, sondern an Zetteln.

Dabei ist der Witz kaum noch zu überbieten: Man will Innovation, fordert Transformation, ruft nach Digitalisierung – und tut alles, um genau diese zu verhindern. Der Unternehmer wird zum Bittsteller, zum Verwaltungsakrobaten, zum Subventionsjäger in einem System, das ihm erst die Beine bricht, um ihn dann mit Almosen auf den Weg zu schicken.

Und das Volk? Es zahlt. Nicht sofort, aber sicher. Mit steigenden Preisen, wachsender Unsicherheit, sinkender Lebensqualität. Die Verarmung ist schleichend, aber konstant. Früher gab es den „Wohlstand für alle“. Heute gibt es Wärmestuben für Rentner und Strompreisbremsen für den Mittelstand. Der neue Gesellschaftsvertrag lautet: Wer nichts mehr produziert, hat auch keine Probleme mit Exportüberschüssen – und wer kein Geld hat, kann immerhin klimaneutral leben.

Kollateralschaden oder Hauptziel?

Die Frage, ob die Verarmung der Bevölkerung ein Kollateralschaden oder vielleicht sogar die stille Absicht einer entkoppelten politischen Klasse ist, ist inzwischen keine reine Verschwörungstheorie mehr, sondern eine denkbare Option im multivariaten Irrsinn der Gegenwart. Denn wer Deindustrialisierung predigt, gleichzeitig aber Transferzahlungen ausweitet, führt ein ökonomisches System ad absurdum: Man verteilt, was nicht mehr erwirtschaftet wird.

Vielleicht ist das auch das neue Narrativ: Der Bürger als betreuter Konsument, nicht als produktiver Akteur. Statt Lohnerhöhungen gibt es Zuschüsse. Statt Aufstiegsperspektiven eine App, die Energie spart. Die Verarmung wird nicht mehr als Krise betrachtet, sondern als Chance zur Umverteilung von Verantwortung – nach oben, versteht sich.


Fazit: Willkommen im Endspiel

Was bleibt? Ein Kontinent im Spagat zwischen Hypermoral und Realitätsverweigerung. Eine Politik, die das Pferd von hinten sattelt, und eine Bevölkerung, die zähneknirschend zuschaut, wie ihre Lebensgrundlagen „nachhaltig transformiert“ werden – in Form von Standortschließungen, Innovationsstau und materieller Ernüchterung.

Europa hat vergessen, dass Freiheit ohne Substanz nur ein hübsches Wort ist. Dass Moral ohne Mittel hilflos macht. Und dass Bürokratie kein Ersatz für industrielle Exzellenz ist.

Die Wahrheit ist unbequem, aber unausweichlich: Wer das Rückgrat der Wirtschaft bricht, braucht sich nicht zu wundern, wenn die Gesellschaft zu Boden geht. Und sie wird nicht sanft landen.

Die Drusen in Syrien

oder: Wie man eine Minderheit gleich dreimal verrät und trotzdem mit dem Friedensnobelpreis liebäugelt

Die Tragik des Unsichtbaren: Eine Minderheit als Projektschauplatz für imperiale Eitelkeiten

Die Welt hat ein faszinierendes Talent: Sie entdeckt das Leiden von Minderheiten exakt in dem Moment, wenn es medial verwertbar wird. Und so geschah es auch den Drusen, dieser komplexen, hermetischen, misstrauisch betrachteten Religionsgemeinschaft, deren bloße Existenz ein intellektueller Faustschlag ins Gesicht jeder westlichen Schubladendenke ist. Jahrhunderte im Schatten religiöser Großmächte, beschützt von nichts als der Geografie, der eigenen Verschlossenheit – und einem schicksalsergebenen Galgenhumor. Und jetzt? Plötzlich Talkshow-tauglich, CNN-ready, mit „Breaking News“-Balken versehen: „Drusen unter Beschuss“. Nun denn, Bühne frei für ein weiteres Kapitel des Levante-Schwankes, diesmal unter Regie von Waffenbrüdern, Warlords, Wokeness und westlicher Wohlstandslangeweile.

Der Prophet aus dem Staub: Mystik, Monotheismus und militärischer Machtverzicht

Die Drusen glauben an das „Tawhid“, die Einheit. Das klingt nach esoterischem New-Age-Bullshit, ist aber in Wahrheit ein hochkomplexes philosophisches System, das mit stumpfem Theismus ungefähr so viel zu tun hat wie ein Turing-Test mit einem WhatsApp-Gruppenchat. Die Religion: nicht missionarisch, nicht dogmatisch, aber dafür radikal selektiv – Eintritt verboten seit dem Jahr 1043. Wer drin ist, bleibt drin; wer draußen bleibt, versteht sowieso nichts. Man könnte sagen, die Drusen sind die Schweiz des Nahen Ostens, nur ohne Banken, Käse oder PR-Agenturen.

Ihnen liegt wenig an irdischer Macht. Man hätte sie glatt für glückliche Anarchisten halten können, wären da nicht alle paar Jahrzehnte wieder diese hysterischen Staaten, Kalifate, Imperien, Milizen – die sich einbilden, ausgerechnet diese pazifistische Bergbevölkerung sei ein existenzielles Sicherheitsrisiko. Kurz: Die Drusen wollten nie mitspielen. Und das ist im Nahen Osten ein Todesurteil mit Ankündigung.

Revolution frisst Minderheiten: Wie man in Syrien zuerst Assad, dann das Chaos und zuletzt die Drusen bekam

Es war einmal eine Revolution. Die begann mit Hoffnung, färbte sich dann rot, wurde bald schwarz, und endete in einem Mosaik aus Massakern, Mangelwirtschaft und Megalomanie. Die Drusen? Sie standen am Rand. Wieder einmal. Einige schlossen sich der Opposition an, manche dem Regime – die meisten wollten einfach, dass man sie verdammt nochmal in Ruhe lässt.

Aber Ruhe gibt es nicht im syrischen Gesellschaftsvertrag, der in Blut, nicht in Tinte geschrieben ist. Wer sich heraushält, macht sich verdächtig. Wer sich verteidigt, wird beschuldigt. Wer schweigt, wird zermalmt. Und so wurden die Drusen in Suweida, die nie ein Kalifat bauen wollten, plötzlich zur Zielscheibe einer postrevolutionären Reinigungswut, die keine Gegner, sondern Sündenböcke braucht.

Denn wo neue Herren herrschen, braucht es Opfer. Und was eignet sich besser als eine spirituelle Elite, die sich für göttliche Inkarnationen interessiert, aber nicht für Ministerposten?

Al-Sharaa: Der Posterboy des Übergangs oder der neue Despot mit Instagram-Filter?

Die internationale Gemeinschaft liebt Übergangsfiguren. Sie riechen nach Hoffnung, nach neoliberaler Planbarkeit, nach drittmittelfinanzierter Stabilität. Und so wurde auch Ahmed al-Sharaa zur neuen Lichtgestalt. Ehemals Milizenführer mit mystischem Kriegsnamen („Al-Jolani“, wie poetisch), heute Präsidentenattrappe mit westlichem Segen. Er verspricht Frieden, Freiheit, Fortschritt – und liefert Massaker, Märtyrer und medienwirksame Mahnungen zur Besonnenheit.

Die Drusen jedenfalls haben in diesem Spiel keine guten Karten. Sie sind zu wenig, zu religiös, zu komplex. Und in einer Welt, die Komplexität nur noch als Feind kennt, ist das tödlich. Al-Sharaa verspricht Schutz – mit denselben Lippen, die gestern noch den Alawiten die Entwaffnung befahlen, bevor ganze Dörfer ausgelöscht wurden. Wer will da noch an gute Absichten glauben? Die Drusen jedenfalls nicht. Die kennen das Spiel. Sie haben es 1.000 Jahre lang überlebt.

Israel, das Damoklesschwert: Zwischen Schutzmacht und Sündenbock

Wenn Israel militärisch eingreift, spaltet das die arabische Welt – und die drusische gleich mit. Einige sagen: „Endlich!“ Andere: „Vorsicht!“ Wieder andere: „Zu spät.“ Das Schöne an den Drusen ist, dass sie in Fragen des Überlebens Realpolitiker ohne Illusionen sind. Sie wissen, dass moralische Klarheit oft nur der Deckmantel für geostrategische Interessen ist – und dass man manchmal mit dem Teufel tanzen muss, wenn der wenigstens verspricht, nicht gleich alle zu verbrennen.

Dass 99 % der Drusen in Israel hinter den Angriffen stehen, ist eine steile These – aber eine verständliche. Wenn man jahrzehntelang marginalisiert, verleumdet und nun massakriert wird, wird selbst der Teufel im F-16-Jet zum potenziellen Retter. Die Tragödie? Dass der Himmel über Syrien so viele Bomben gesehen hat, dass selbst Engel darunter verdächtig wirken.


Fazit: Die Drusen – eine Tragödie mit 1.000 Jahren Prolog

Wer die Geschichte der Drusen in Syrien verstehen will, braucht mehr als ein paar Zahlen, Zitate und geopolitische Floskeln. Er braucht Geduld. Und ein Gespür für Ironie. Denn dies ist eine Geschichte von Menschen, die nie die Macht suchten, aber ständig unter ihrer Knute litten. Die eine Religion erfanden, die auf innerer Wahrheit basiert – und dafür äußerlich verfolgt wurden. Die in einer Welt, in der der Lauteste gewinnt, einfach nur leise überleben wollten.

Und jetzt? Jetzt stehen sie im Rampenlicht. Für ein paar Wochen. Bis zur nächsten Schlagzeile. Bis zur nächsten Minderheit, die entdeckt wird, wie ein seltener Schmetterling – vom globalen Entomologenblick der Medien. Und wieder verschwindet.

Die Drusen werden bleiben. In den Bergen, in den Ruinen, in den Fußnoten der Geschichte. Sie sind Experten im Überleben. Und vielleicht ist das – in dieser Welt – das Größte, was man sein kann.


Epilog:
Wenn Sie nach dem Lesen dieses Essays noch immer nicht verstehen, wer die Drusen sind, seien Sie unbesorgt. Die meisten Syrer wissen es auch nicht. Und manche Drusen wahrscheinlich auch nicht mehr. Willkommen im Nahen Osten.

Friedenssicherung mit Einschränkungen: Österreich auf diplomatischem Eiertanz

Die Neutralität – ein Mantel für alle Wetterlagen

Es gibt Länder, die sind groß. Es gibt Länder, die sind mächtig. Und dann gibt es Österreich – ein Land, das sich gern großmächtig fühlt, solange niemand auf die Idee kommt, das wörtlich zu nehmen. Die Neutralität, jenes sakrosankte Staatsprinzip, ist das Schweizer Taschenmesser der österreichischen Außenpolitik: geeignet für alles und nichts zugleich, jederzeit vorzeigbar, jedoch möglichst ohne es wirklich zu benutzen.

Klaudia Tanner, ihres Zeichens Verteidigungsministerin und Hüterin des vermutlich am wenigsten ausgelasteten Heeres westlich der Donau, hat nun in bedächtig-wohlüberlegter Tonlage verkündet, dass eine Beteiligung Österreichs an einer Friedensmission in der Ukraine nicht ausgeschlossen sei. Vorausgesetzt, es gibt einen Waffenstillstand. Und vorausgesetzt, es ist keine Mission im Kriegsfall. Und vorausgesetzt, die Verfassung lässt es zu. Und vermutlich auch vorausgesetzt, dass die Temperaturen angenehm, die Verpflegung biologisch und die Uniformen farblich abgestimmt sind.

Das ist bemerkenswert. Nicht etwa, weil Österreich jetzt die Weltbühne betritt, sondern weil es mit bemerkenswerter Präzision nichts sagt, dabei aber so tut, als wäre das eine relevante politische Handlung. Österreich möchte helfen, ja, aber nur, wenn es ungefährlich ist. Nur, wenn niemand schießt. Und nur, wenn es nicht auffällt.

Das Kriegsvermeidungskompetenzzentrum Alpenland

Man muss sich das einmal auf der Zunge zergehen lassen: Eine Friedensmission in einem der brutalsten Konflikte Europas seit dem Zweiten Weltkrieg – aber nur, wenn kein Krieg mehr ist. Das ist, als würde die Feuerwehr beim Großbrand vor der Tür ankündigen: „Wir kommen, sobald es nicht mehr brennt.“ Eine Friedensmission im Kriegsfall sei ausgeschlossen, heißt es – was logisch klingt, aber bei genauerem Hinsehen eine absurde Bankrotterklärung ist. Denn wann, wenn nicht im Krieg, bräuchte es eine Friedensmission?

Doch Österreich versteht unter „Friedenssicherung“ offenbar ein humanitäres Panoramatraining mit Sicherheitsabstand. Der „Einsatz nach dem Einsatz“, eine Art moralisches Nachbeben, das auftritt, sobald alle anderen längst wieder abgezogen sind. Solange das Risiko null ist, die PR-Bilder hübsch und der Kaffee am Checkpoint trinkbar – dann kann man sich eine Beteiligung vielleicht überlegen.

Geopolitisches Mitläufertum mit Sicherheitsabstand

Es ist kein Zufall, dass die österreichische Außenpolitik seit Jahrzehnten mit bemerkenswerter Leidenschaft an ihrer eigenen Irrelevanz feilt. Wo andere Staaten Interessen haben, hat Österreich Befindlichkeiten. Wo andere Position beziehen, gibt man hierzulande bekannt, prinzipiell offen für Gespräche zu sein – in alle Richtungen natürlich, neutral eben.

Diese Neutralität, einst ein kluger Schachzug in der Blockkonfrontation, ist mittlerweile zur Ausrede für außenpolitische Abstinenz verkommen. Sie dient als Tarnkappe für das Nichtstun, als Tarnnetz für geistige Bewegungslosigkeit. Während andere Länder liefern – Waffen, Hilfsgüter, politische Impulse – liefert Österreich Primärmitteilungen ohne Wirkung und die vage Aussicht, vielleicht irgendwann mal „dabei zu sein“.

Die Ukraine kämpft derweil ums Überleben, unter enormem Blutzoll. Aber Österreich gibt zu bedenken, dass die Neutralität keinen „Kriegseinsatz“ erlaube – als hätte das jemand verlangt. Niemand hat verlangt, dass Österreich Leopard-Panzer nach Kiew rollt oder Tarnkappenbomber über die Ostukraine schickt. Doch die wiederholte Betonung des „Nicht-Dabeiseins“ ist selbst zur Pose geworden – als sei das Fernbleiben eine Form moralischer Überlegenheit.

Friedenspolitik auf rhetorischem Tretboot

Man kann das Ganze auch so lesen: Österreich möchte schon gern irgendwie relevant sein, sich aber auf keinen Fall dabei die Finger verbrennen. Eine Friedensmission? Ja, vielleicht, irgendwann, wenn es keine Risiken mehr gibt, und man vorher rechtzeitig sagen kann, dass man immer für Frieden war. Es ist die klassische Kunst der politischen Ambiguität: so formulieren, dass man später in jedem Fall sagen kann, man habe es ja gesagt – ganz egal, was tatsächlich geschieht.

Diese Form des „aktiven Abwartens“ ist bezeichnend für eine politische Klasse, die jede Aussage sofort mit zwei Fußnoten relativiert. Wer so spricht, will keine Verantwortung, sondern Rückversicherung. Tanner möchte offenbar helfen, aber nur, wenn sichergestellt ist, dass niemand merkt, dass Österreich mitgemacht hat – oder mitmachen wollte. Das ist Außenpolitik im Modus des Ghostings: Signale senden, aber nie zurückrufen.

Vom humanitären Reflex zur PR-Pose

Der Begriff „Friedensmission“ ist dabei ohnehin ein sprachliches Nebelgranatlein. Was genau bedeutet das? Sanitäter? Blauhelme? Beobachter? Feldpostbeamte mit Yoga-Ausbildung? Oder vielleicht doch nur eine kleine Delegation mit Pressematerial und symbolischem Zelt? Man weiß es nicht. Und genau das ist wohl auch der Punkt. Solange die Debatte über mögliche Eventualitäten schwebt, muss man keine Entscheidungen treffen. Politik als hypothetisches Schachspiel auf einem Brett, das gar nicht aufgebaut ist.

So wird aus einer potenziellen humanitären Aktion eine PR-Strategie. Eine PR-Strategie, die vor allem verhindern soll, dass jemand den Verdacht äußert, Österreich sei nicht empathisch genug. Man ist empathisch, selbstverständlich. Nur eben nicht so weit, dass man sich körperlich einbringen müsste. Moralische Präsenz ja – aber bitte kontaktlos.

Ein Land übt sich im Wegschauen

In Wahrheit ist die Frage, ob Österreich sich theoretisch an einer hypothetischen Friedensmission nach einem Waffenstillstand beteiligen könnte, eine politische Nullnummer. Der Satz sagt nichts, bedeutet nichts und kostet nichts. Und gerade deshalb ist er so beliebt.

Was bleibt, ist ein Staat, der sich aus allem heraushalten will, aber bitte mit Applaus. Ein Staat, der von Frieden spricht, solange er sich nicht bewegen muss. Der auf Neutralität pocht, aber nicht erklären kann, wofür sie eigentlich noch nützlich ist. Und der eine Ministerin hat, die jeden möglichen Einsatz mit so vielen Einschränkungen versieht, dass nur noch ein PR-Besuch mit Fototermin in Frage kommt.

Fazit: Wer zu spät kommt, darf immerhin noch zuschauen

Österreichs außenpolitische Linie in der Ukraine-Frage ist die diplomatische Variante des Wartens auf besseres Wetter. Nur dass der Sturm bereits tobt – und der Regenschirm längst weggeflogen ist. Die Welt bewegt sich, aber Österreich sitzt im Gartenstuhl der Geschichte, murmelt etwas von „Neutralität“ und rührt im lauwarmen Verlängerter.

Und vielleicht ist genau das das österreichische Erfolgsrezept: Durch Untätigkeit auffallen. Durch Abwesenheit Eindruck machen. Und durch maximale Zurückhaltung maximale Bedeutungslosigkeit kaschieren.

Friedensmission? Gern. Aber nur nach Voranmeldung. Und bitte ohne Risiko.

Der Sieg der Humanität durch Kollaboration mit der Barbarei

Die moralische Selbstermächtigung des Westens: Bomben für den Frieden

Es gehört zu den größten intellektuellen Kunststücken der Neuzeit, Krieg als Menschenrechtsinstrument zu deklarieren. Das 21. Jahrhundert hat die Bombe zur Träne gemacht, das Maschinengewehr zur Umarmung und die gezielte Destabilisierung souveräner Staaten zur edelsten Form der internationalen Fürsorge. Man nennt es „Intervention“, „Friedensmission“ oder gleich ganz unironisch „Schutzverantwortung“. Klingt schön. Klingt fast wie Mutter Theresa mit einem NATO-Mandat.

Syrien war die Bühne für das große westliche Erlösungsdrama. Der Plot: ein böser Diktator, edle Rebellen, ein sehnsüchtig wartendes Volk. Die Realität: ein imperialer Albtraum aus Heuchelei, Interessenpolitik und moralischer Schizophrenie. Bereits 2011, zu Beginn des sogenannten „Aufstands“, marschierten keine demokratieverliebten Freiheitskämpfer durch die Gassen Homs‘, sondern bewaffnete Islamisten mit Gott auf den Lippen und Kalaschnikows in den Händen. Es waren keine Student*innen mit Menschenrechtsplakaten, sondern bärtige Fanatiker mit Scharia-Fahnen, die das Rückgrat des bewaffneten Widerstands bildeten. Und doch klatschte der Westen Beifall, rief „Frühling!“, während das Land in den Winter stürzte.

Al-Qaida, unser Mann in Syrien

In einer dieser paradoxen Volten, zu der nur die westliche Außenpolitik fähig ist, wurde Al-Qaida in Syrien vom Staatsfeind zur diskreten Hoffnungsträgerin umdeklariert. Terrororganisationen, die zuvor weltweit als Inbegriff des Bösen galten, wurden plötzlich als „Opposition“ hofiert. Man nannte sie „moderate Rebellen“ – ein Euphemismus, der ungefähr so glaubwürdig ist wie ein veganer Schlachthof.

Geld floss. Waffen auch. Koordiniert, gefördert, moralisch flankiert von einer Medienmaschinerie, die mit infantilem Furor Assad zur Hölle und alles, was gegen ihn kämpfte, zum Himmel erklärte. Dass diese Rebellen Menschen köpften, Christenkreuze zerschlugen, Minderheiten vergewaltigten und ganze Dörfer auslöschten, fiel unter die Kategorie „Kollateralschaden auf dem Weg zur Freiheit“. Die humanitäre Rhetorik wurde zur semantischen Zwangsjacke, in der jede Form von Brutalität zum Befreiungsakt mutierte.

Der Sturz Assads: Vom Regimewechsel zur Staatszerstörung

Der Sturz Assads war nie das Ziel – er war der Auftakt. Es ging nie um Bashar al-Assad als Person, sondern um Syrien als strategisches Scharnier, als Transitland, als Gasleitung, als geopolitischer Vorposten. Was auf Assads Grabmal geschrieben steht, war längst vorher auf den Konferenztischen der Strippenzieher aus Washington, Brüssel, Tel Aviv, Ankara, Riad, Doha und Amman eingraviert: Divide et impera.

Seitdem ist Syrien ein Flickenteppich aus Einflusszonen, ein Labor für Stellvertreterkriege, ein Kraterfeld westlicher Ideale. Minderheiten – Alawiten, Christen, Drusen – wurden enteignet, gefoltert, vergewaltigt oder einfach ganz klassisch hingerichtet. Mütter starben mit Kindern im Arm, während ihre Häuser in Flammen aufgingen und westliche Intellektuelle auf Podien über die „Zukunft Syriens“ sinnierten – vorzugsweise ohne Syrer.

Der „Arabische Frühling“ wurde zur Staubwolke aus Blut, Trümmern und Interessen. Und die Demokratie? Sie wurde beigesetzt – mit militärischen Ehren, natürlich.

Jolani, Präsident ohne Wahl – Demokratie nach Art der NATO

Es ist eine Pointe von fast schon poetischer Unverfrorenheit: Der Terrorist Abu Mohammed al-Jolani, langjähriger Al-Qaida-Kader und Anführer der Nusra-Front (nun rebranded als HTS), wird heute von westlichen Medien als legitimer Vertreter des „neuen Syrien“ präsentiert. Ein Mann, der einst enthusiastisch Sprengstoffgürtel verteilte, tritt heute im Sakko auf, spricht über Governance und wird vom US-Sender PBS interviewt, als wäre er ein skandinavischer Reformpolitiker mit Migrationshintergrund.

Keine Wahl, kein Mandat, kein Parlament – aber volle Anerkennung. Ausgerechnet jene, die Syrien in einen kalifatischen Alptraum verwandeln wollten, erhalten heute die Lizenz zur Repräsentation. Demokratie ist plötzlich keine Voraussetzung mehr, sondern ein optionales Accessoire im Rucksack geopolitischer Zweckmäßigkeit. Jolani hat keine Legitimation, aber er hat die richtigen Feinde – das reicht.

Wien, 7-größte syrische Stadt: Importierte Konflikte, exportierte Naivität

Während in Syrien ethnische Säuberungen stattfinden und islamistische Ordnungssysteme errichtet werden, öffnen sich in Europa die Türen – aus Mitleid, Unwissen oder schlechtem Gewissen. Das Ergebnis: In Wien leben heute so viele Syrer, dass man scherzhaft (oder alarmistisch) sagen könnte, es sei die siebtgrößte syrische Stadt. Doch wer sind diese Menschen? Opfer? Ja. Aber nur? Nein.

Man hat die Konflikte importiert, mit samt ihrer sozialen Dynamik, ihrer ideologischen Verfasstheit, ihrer Schuld und ihren Tätern. Niemand weiß genau, wer da kam. Welche Rolle sie im Krieg spielten. Ob sie Flüchtlinge oder Fluchthelfer waren. Ob sie verfolgt oder Verfolger sind. Die Differenzierung blieb auf der Strecke – sie war dem politischen Diskurs zu mühsam, dem moralischen Selbstbild zu gefährlich.

So leben nun Täter unter Opfern, Fanatiker unter Traumatisierten, politische Zündschnüre unter Nachbarn. Es ist ein soziales Dynamit, das nur noch auf den Funken wartet – und wir, mit typisch westlicher Überheblichkeit, hoffen, dass es nicht bei uns zündet.

Moralische Insolvenz bei voller Rhetorikleistung

Man kann nicht permanent von Menschenrechten sprechen und gleichzeitig Gruppen aufrüsten, die diese mit Füßen treten. Man kann nicht Demokratie fordern und Terroristen als Gesprächspartner salonfähig machen. Man kann nicht Flüchtlinge aufnehmen und gleichzeitig die Bomben werfen, die sie zu Flüchtlingen machten. Und doch – genau das ist geschehen. Immer wieder.

Syrien ist kein Unfall. Es ist kein tragischer Irrtum. Es ist das Ergebnis einer Politik, die ihre Prinzipien dem Zweck opfert, ihre Ideale nur noch als Dekoration versteht und ihre Moral als PR-Instrument missbraucht. Die zynische Pointe: Je mehr sie ruft, sie handle aus Menschlichkeit, desto brutaler und unmenschlicher werden die Folgen.


Fazit:

Syrien ist kein Einzelfall. Es ist ein Lehrstück. Ein Spiegel. Ein Mahnmal für das Ende jeglicher westlicher Selbstreflexion. Wenn wir wirklich glauben, dass Demokratie durch Al-Qaida exportiert, Frieden durch Bomben geschaffen und Ordnung durch Zerschlagung möglich ist – dann sind wir nicht mehr nur Heuchler. Dann sind wir Komplizen.

Und vielleicht, nur vielleicht, ist das die eigentliche Tragödie. Nicht der Krieg. Sondern der westliche Glaube, man führe ihn aus Liebe.

Der digitale Euro: Wenn die Freiheit auf einen Chip passt

Die Illusion des Fortschritts: Oder wie man uns in der Zukunft rückwärts enteignet

Es beginnt – wie immer – mit einem Versprechen. Fortschritt! Innovation! Effizienz! Das ist das Zuckerbrot der digitalen Welt, das täglich in Brüssel, Frankfurt und Berlin frisch gebacken wird. In Hochglanzbroschüren, politischen Sonntagsreden und auf den Webseiten der Europäischen Zentralbank liest sich der digitale Euro wie der logische nächste Schritt der Währungs-Evolution. Ein kleines Stück Software für den Menschen, ein großer Schritt für die Technokratie.

Und wie immer gilt: Je blumiger die Sprache, desto düsterer die Absicht. Denn hinter der Fassade von „modernem Bezahlen“, „digitaler Souveränität“ und „Europas Rolle im globalen Wettbewerb“ verbirgt sich nicht weniger als die finale Zerschlagung der Anonymität im Zahlungsverkehr. Das Bargeld – jener letzte, krächzende Hüter der persönlichen Freiheit – wird in den Feuertod geschickt. Und während es leise knistert, zieht man uns ein goldenes Halsband aus Code um den Nacken.

Lagarde unplugged: Wenn die Wahrheit versehentlich gesagt wird

Manchmal ist die Realität so grotesk, dass man sie für einen Sketch halten könnte – wäre sie nicht protokolliert und archiviert. Im März 2023 fiel EZB-Chefin Christine Lagarde auf einen Telefonstreich herein. Sie glaubte, mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj zu sprechen, doch am anderen Ende der Leitung lauerte das russische Prankster-Duo Vovan & Lexus – ein Schelmenstreich, der zur Offenbarung wurde.

Denn was sie in ihrer unbewachten Offenheit von sich gab, war ein seltener Moment der Wahrheit: Es werde „Kontrolle geben“. Für alles. Eventuell, so sagte sie zögerlich, könnte man für „sehr kleine Beträge“, also 300 bis 400 Euro (ein Begriff von „sehr klein“, den man wohl nur in den Hallen der EZB für realistisch hält), eine gewisse Freiheit zulassen – aber auch das sei „gefährlich“.

Gefährlich! Nicht etwa der totale Zugriff auf den Zahlungsverkehr. Nein, gefährlich ist der Gedanke, Bürgern einen Bereich zuzugestehen, in dem sie sich unbeobachtet bewegen dürfen. Das Maß an Orwell’scher Umkehrung ist so perfekt, dass man meinen könnte, die EZB würde ihre Pressemitteilungen von einem KI-generierten George Orwell im Praktikum formulieren lassen.

Die Mär von der Geldwäsche: Generalverdacht als Geschäftsmodell

Natürlich, wenn dann doch mal gefragt wird – meist von einem übermüdeten Oppositionspolitiker oder einem verwirrten Rentner in der Regionalzeitung –, bekommt man prompt die altbekannten Phrasen geliefert: Terrorbekämpfung! Geldwäsche! Schutz der Integrität des Finanzsystems! Man sieht förmlich, wie sich das Sprechblasen-Sekretariat im Keller der Kommission dabei selbst auf die Schulter klopft.

Doch machen wir uns nichts vor: Die Behauptung, man müsse 500 Millionen Bürger unter Generalverdacht stellen, weil irgendwo jemand eine Kalaschnikow mit Bargeld gekauft hat, ist intellektuell beleidigend. Wenn wir jedes System, das auch von Kriminellen genutzt wird, präventiv überwachen müssten, dann sollten wir vielleicht auch das Atmen unter Aufsicht stellen. Schließlich gibt es Terroristen, die Sauerstoff konsumieren.

Die Wahrheit ist: Der digitale Euro ist nicht die Antwort auf die Frage nach Sicherheit, sondern die Antwort auf einen unausgesprochenen Kontrollwunsch. Die Angst der Machteliten ist nicht die Geldwäsche – es ist die Tatsache, dass Menschen in einer Welt existieren, in der sie sich noch außerhalb des digitalen Panoptikums bewegen können. Das ist der eigentliche Dorn im Auge der Architekten dieser digitalen Reformation: der Gedanke, dass es Dinge gibt, die sich ihrem Zugriff entziehen.

Die technische Salami-Taktik: Programmierbares Geld für programmierte Menschen

Wer sich die technischen Richtlinien des digitalen Euro anschaut – ja, die gibt es, wenn auch tief versteckt unter der Sedimentschicht von PDF-Anlagen und regulatorischem Kauderwelsch – der findet dort das, was öffentlich nur leise gestammelt wird: Das Geld der Zukunft ist programmierbar. Man kann es begrenzen, einschränken, verfallen lassen, an Bedingungen knüpfen. Es ist kein Tauschmittel mehr, sondern ein Disziplinarinstrument.

Man stelle sich vor: Ein Euro, der nur innerhalb bestimmter Zeiträume gültig ist. Oder nur für bestimmte Waren eingesetzt werden darf. Oder nach gewisser Zeit verfällt, wenn man ihn nicht schnell genug ausgibt. Oder gar: Ein Euro, der sich im Wert verändert, je nachdem, ob man „klimafreundlich“ konsumiert oder nicht. Orwell? Nein. EU-FinTech-Strategie.

Damit mutiert Geld vom neutralen Werkzeug zum moralischen Steuerknüppel. Wer die falschen Produkte kauft, die falschen Regionen unterstützt oder am falschen Tag die falsche Entscheidung trifft, wird sanktioniert – algorithmisch, automatisch, alternativlos. Der Bürger als Spielfigur in einem digitalen Planspiel, in dem jede Transaktion ein Datenpunkt und jeder Datenpunkt ein potenzieller Vorwurf ist.

Die Trägheit des Volkes: Ein digitales Trojanisches Pferd rollt ungehindert ein

Doch so gravierend dieser Umbau ist – der eigentliche Skandal liegt in der Reaktion der Gesellschaft. Oder besser: in deren vollständigem Ausbleiben. Die meisten Bürger nehmen den Begriff „digitaler Euro“ zur Kenntnis, wie man einen neuen Joghurt im Kühlregal wahrnimmt: Ah, was Neues, mit Himbeer-Bitcoin-Geschmack. Der Gedanke, dass hier gerade die letzte Bastion wirtschaftlicher Eigenverantwortung abgeschafft wird, flackert nicht einmal auf.

Vielleicht liegt das an der jahrzehntelangen Sedierung durch Convenience. Der Mensch des 21. Jahrhunderts will es einfach, bequem, kontaktlos – mit NFC auf die Freiheit verzichten, mit einem Fingertipp in die Post-Privatsphäre stolpern. Die Freiheit stirbt nicht mit einem Knall, sondern mit einem Bezahlvorgang – Akustischer Signalton: Zahlung erfolgreich abgeschlossen.

Die Elite weiß das. Deshalb spricht sie nicht von Kontrolle, sondern von digitaler Souveränität. Das ist ungefähr so ehrlich, wie wenn man ein Gefängnis als architektonische Maßnahme zur Bewegungsoptimierung beschreibt.

Fazit: Es geht sie einen Scheißdreck an, wofür wir bezahlen

Man kann es nicht höflich sagen. Und man sollte es auch nicht: Es geht weder die EZB, noch den Staat, noch irgendeinen verdammten Servercluster in Luxemburg irgendetwas an, ob ich mir morgens eine Zeitung, mittags eine Pizza oder nachts ein Gummischwein bei eBay kaufe. Die Freiheit, anonym zu bezahlen, ist kein Luxus. Sie ist kein verhandelbares Feature. Sie ist ein verdammtes Grundrecht. Punkt.

Wer das nicht begreift, hat entweder das Konzept von Freiheit nie verstanden – oder bereits zu lange an der digitalen Fessel geschraubt.

Der Held in Tarnfarben und der Krieg im Inneren

Von der Front zur Farce – Wie Präsident Selenskyj seine Antikorruptionskrieger entwaffnet

Volodymyr Selenskyj, das einstige Weltwunder der liberalen Kriegsästhetik, der Fernsehkomiker, der zum Präsidenten wurde, um anschließend als Symbol der westlichen Wertegemeinschaft in Olivgrün durch die Talkshows der Welt zu tingeln, hat ein neues Schlachtfeld eröffnet: Nicht gegen Russland, nicht gegen die Oligarchen, nicht einmal gegen die grassierende Korruption – sondern gegen jene, die im Namen des Staates genau diese bekämpfen sollen.

Wenn also der ukrainische Geheimdienst SBU – jene loyale Hausmacht des Präsidenten – mit Rammbock und Durchsuchungsbefehl in die Büros des Nationalen Antikorruptionsbüros NABU einmarschiert, dann ist das keine Panne im Betriebsablauf der Rechtsstaatlichkeit. Es ist eine gezielte Operation. Eine Nachricht. Ein politisches Säbelrasseln mit Inneneffekt. Der Staatschef lässt durchsickern: In seinem Machtbereich wird nur so lange aufgeräumt, wie das Besenende nicht in seine Nähe kommt.

Denn NABU und SAP – ursprünglich mit westlichem Applaus und EU-Geldern als Wächter über die verrotteten Tempel ukrainischer Staatsführung gegründet – wagten es offenbar, einen Mann zu verfolgen, der Selenskyjs engerem Zirkel nicht gänzlich fernsteht: Ex-Vizepremier Tschernyschow. Und plötzlich ist Korruptionsbekämpfung kein hehres Ziel mehr, sondern ein Machtmissbrauch. Kein Fortschritt, sondern ein Sicherheitsrisiko. Willkommen in der Logik des autoritären Liberalismus, Ausgabe Kiew 2025.

Staatsfeind Verkehrssünder – Die neue Stufe der Lächerlichkeit

Die Begründungen für den martialischen Zugriff auf die Antikorruptionsbehörden sind dabei so hanebüchen, dass selbst Lukaschenko im Minenfeld des Sarkasmus ausrutschen würde. Neben angeblichem Geheimnisverrat an Russland (!) werden den NABU-Ermittlern auch – man halte sich fest – Verkehrsunfälle vorgeworfen. Wer also dachte, die Ukraine sei im Krieg, irrt: Sie befindet sich offenbar in einer Verkehrskontrolle mit panzerbrechender Konsequenz.

Man fragt sich: Sind das die neuen Staatsfeinde? Korrupte Ermittler mit Parkverstößen und defektem Rücklicht? Oder sollen diese lächerlichen Vorwürfe nur den Boden bereiten, um eine missliebige Behörde öffentlich zu diskreditieren, bevor man sie zerschlägt? Die Antwort liegt auf der Hand. Und sie riecht nicht nach Recht, sondern nach Rache.

Selenskyj, der systemische Schauspieler

Der größte politische Trick, den Selenskyj je vollbrachte, war nicht, Russland zu widerstehen. Es war, sich selbst als moralisches Bollwerk des Westens zu inszenieren, während er im Inneren seine Machtstrukturen mit chirurgischer Präzision zementiert. Er spricht von Reformen, während er Reformatoren kaltstellt. Er posiert als Demokrat, während seine Sicherheitsdienste politische Gegner verfolgen. Er reist durch Hauptstädte, appelliert an Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit – und lässt gleichzeitig seine eigenen Institutionen durch einen Geheimdienst niederknüppeln, der ihn mehr fürchtet als das Gesetz.

Wer das für ein bedauerliches Missverständnis hält, verkennt das Kalkül. Das System Selenskyj ist kein tragischer Widerspruch, sondern eine raffinierte Doppelstrategie: Außen Demokratie, innen Disziplinierung. Ein Zitat aus der Zeit Stalins würde hier passen – aber das wäre unfair. Stalin hatte wenigstens keine Presseabteilung im Berliner Regierungsviertel.

Kiew: Hauptstadt der kontrollierten Antikontrolle

Es ist kein Zufall, dass sowohl der NABU-Chef Krywonos als auch der Leiter der spezialisierten Antikorruptionsstaatsanwaltschaft Klymenko sich zufällig im Ausland aufhielten, während der Zugriff erfolgte. So lässt es sich besser exekutieren – ohne Störungen, ohne Kameras, ohne die kleinen Unannehmlichkeiten öffentlicher Verteidigung.

Und während internationale Organisationen wie Transparency International entsetzt aufschreien, als sei das alles bloß ein Missklang in der westlichen Symphonie, zeigt sich Selenskyj unbeeindruckt. Keine öffentliche Distanzierung. Kein Wort zu den massiven Vorwürfen. Kein Aufruf zur Mäßigung. Man könnte fast meinen, er genieße den Moment – die Demontage unbequemer Instanzen unter dem Radar eines Krieges, der außen alles legitimiert und innen alles erlaubt.

Der westliche Selbstbetrug:

Doch nicht weniger beschämend als Selenskyjs Machtspiel ist die willige Blindheit seiner westlichen Sponsoren. Noch immer wird er als Garant demokratischer Reformen gefeiert, als Verteidiger europäischer Werte, als „Churchill im 21. Jahrhundert“. Ein Vergleich, der dem historischen Churchill wohl ein Whiskeyglas aus der Hand geschlagen hätte.

Was in Kiew geschieht, ist keine Episode einer misslungenen Strafverfolgung. Es ist das vorsätzliche Ausschalten rechtsstaatlicher Kontrolle, orchestriert von einem Präsidenten, der längst gelernt hat, wie man moralische Autorität zur autoritären Macht umbaut – mit freundlicher Unterstützung aus Brüssel, Berlin und Washington.

Denn was niemand laut sagen will: Solange Selenskyj Russland die Stirn bietet, darf er intern tun, was er will. Ein Land, das als Frontstaat agiert, genießt Narrenfreiheit. Auch, wenn es das eigene Justizsystem zerlegt und seine Antikorruptionsbehörden zu Staatsfeinden erklärt.

Fazit: Das Antlitz der Verlogenheit

Die Ukraine wird weiterhin als Prüfstein westlicher Glaubwürdigkeit gehandelt. Doch wer genau hinschaut, sieht kein aufstrebendes Musterland der Transparenz, sondern ein Machtgefüge, das Kritik systematisch neutralisiert, institutionelle Kontrolle zerlegt und sich dabei mit dem Mantel der Tugend zudeckt.

Selenskyj mag ein Kriegspräsident sein – aber eben auch ein Politiker, der erkannt hat, dass man die Gunst des Westens nur verliert, wenn man aufhört, nach außen demokratisch zu wirken. Im Inneren aber? Dort herrscht längst ein Klima der Einschüchterung, ein Präsidialsystem mit geheimdienstlicher Schlagkraft, das nicht gegen Korruption kämpft, sondern gegen ihre Jäger.

Wer in diesem System aufräumt, wird rausgeworfen. Wer kontrollieren soll, wird kontrolliert. Und wer an die Rechtsstaatlichkeit glaubt, glaubt wahrscheinlich auch noch an die Selbstheilungskraft von Verkehrsunfällen.

Strafe einen, erziehe hundert

Die neue Zensur trägt Robe und liest Kommentare

Willkommen im postmodernen Feuilleton der Meinungsfreiheit, Ausgabe Feldkirch, Vorarlberg. Schauplatz: ein Landesgericht, das im Namen der Demokratie urteilt, was man noch sagen darf, wenn die Volksmeinung nicht deckungsgleich mit dem Tonfall der Parteizentrale ist.

Ein 66-jähriger Mann, in jedem Prospekt der Pensionsversicherung als “bürgerlich beruhigter Rentenheini” abgebildet, wagt sich ins digitale Bierzelt namens Kommentarspalte. Dort, wo die sprachliche Abrissbirne zum guten Ton gehört, erdreistet er sich – oh Wehe! – zu einem Vergleich, der weniger schmeichelhaft als drastisch ist. Der politische Gegner, ein SPÖ-Kandidat, wird sinngemäß als käuflich tituliert, „wie eine Nutte“, also als jemand, der für Geld tut, was Prinzipien andernfalls verbieten würden.

Man kann das geschmacklos finden, vulgär, unfair – all das ist legitim. Aber was man nun nicht mehr darf: es sagen. Jedenfalls nicht ohne pekuniäre Folgen in der Höhe von 7.200 Euro. Willkommen im pädagogisierten Strafrecht, wo es längst nicht mehr um Gerechtigkeit geht, sondern um Erziehung.

Die Demokratur des Anstands

Die Begründung ist dabei so bezeichnend wie entlarvend: Es gehe um den „Schutz der demokratischen Debatte“. Eine Formulierung, die an Absurdität kaum zu überbieten ist – etwa so, als würde man zur Rettung eines Brennenden dessen Haus fluten.

Denn was ist diese demokratische Debatte eigentlich noch wert, wenn sie nur unter der Bedingung geführt werden darf, dass sich niemand gekränkt fühlt? Wenn Satire, Zorn, derbste Rhetorik und eben auch: Beleidigung nicht mehr als Symptome einer lebendigen Auseinandersetzung gelten, sondern als justiziable Ordnungsverstöße gegen die Hygiene des öffentlichen Diskurses?

Die Demokratie, so scheint es, soll nicht mehr aushalten, sondern abschalten. Nicht mehr streiten, sondern sanktionieren. Und sie hat ihre Richter gefunden. Richter, die sich berufen fühlen, aus dem Pensionskästchen ein Exempel zu schnitzen.

Von der Robe zum Rohrstock

Strafe einen, erziehe hundert. Diese pädagogische Maxime stammt ursprünglich aus Systemen, in denen Meinungsäußerung bereits als Subversion galt. In einem demokratischen Staat jedoch sollte der Bürger kein zu erziehendes Kind, sondern ein mündiger Mitspieler sein. Ein solcher darf, ja muss sogar, der Obrigkeit auf die Füße treten dürfen – notfalls mit schmutzigen Stiefeln.

Aber statt Respekt für das Recht auf drastische Meinung zu zeigen, wird nun der altbekannte Rohrstock gezückt – elegant versteckt hinter Begriffen wie „Ehrschutz“ oder „Würde des Amtes“. Das Problem daran: Die Würde eines Politikers bemisst sich nicht an der Unverletzlichkeit seiner Eitelkeit, sondern an der Robustheit seines Charakters. Wer öffentliche Ämter bekleidet, steht im Regen des Zorns – und sollte darin nicht gleich ertrinken.

Politiker, die wegen beleidigender Kommentare vor Gericht ziehen, senden ein seltsames Signal: Dass sie, trotz ihrer Machtfülle, die Kritik eines Pensionsisten für gefährlich genug halten, um den Rechtsstaat in Marsch zu setzen. Wenn das keine Schwäche ist, was dann?

Moralgerichtsbarkeit für Fortgeschrittene

Das Urteil von Feldkirch ist dabei kein Einzelfall, sondern Teil einer wachsenden Tendenz: Die Justiz wird zur moralischen Anstandsinstanz, die weniger das Unrecht des Handelns als das Unwohlsein der Betroffenen zu bewerten scheint.

Gerichte entscheiden nicht mehr nur über Schuld, sondern über Haltung. Und Haltung ist ein dehnbarer Begriff. Wer sie nicht zeigt, oder schlimmer: die falsche zeigt, findet sich im Fadenkreuz des „gesellschaftlichen Konsenses“ wieder – einem nebulösen Phantom, das immer dort auftaucht, wo die Freiheit des Einzelnen gerade unbequem wird.

Dass der betroffene Pensionist „sonst ein besonnener Mensch“ sei, wie es im Bericht heißt, ist im Übrigen ein wunderbarer Hinweis auf das perfide Prinzip dieses Systems: Nicht nur, dass er verurteilt wird – er wird dabei noch als irrationaler Ausnahmefall dargestellt. Der brave Bürger soll sehen: Nur wer plötzlich entgleist, muss zahlen. Der Rest möge artig bleiben.

Kollektive Dressur via Einzelurteil

Dass es sich um eine Privatklage handelt, macht die Sache nicht besser, sondern gefährlicher. Denn hier verschwimmt die Grenze zwischen Recht und politischem Kalkül. Der Politiker inszeniert sich als Opfer, der Staatsapparat vollzieht die Säuberung, die Öffentlichkeit bekommt ein abschreckendes Beispiel.

Das Ganze hat fast etwas Liturgisches: Der reuige Sünder bekennt, das Gericht spricht, der Staat kassiert. Und wir? Wir klatschen oder schweigen. Beides ist gewollt.

Wer hingegen fragt, ob eine Demokratie das wirklich nötig hat – ob sie so fragil ist, dass sie durch derbe Sprüche ins Wanken gerät –, der gilt schnell als Querulant, ewiggestriger Meinungsabsolutist oder, Gott bewahre, als Feind des Fortschritts.

Fazit: Meinungsfreiheit auf Bewährung

Das Urteil von Feldkirch ist ein Meilenstein – allerdings kein glorreicher. Es markiert den Punkt, an dem aus Meinungsfreiheit ein Risikospiel wurde. Wer sich äußert, muss künftig mitrechnen: nicht nur mit Widerspruch, sondern mit Strafandrohung.

Was bleibt, ist eine Demokratie, die sich den Anschein gibt, frei zu sein – solange die Freiheit in den vorgesehenen Bahnen bleibt. Eine Demokratie, die ihre Bürger nicht mehr mit Argumenten überzeugt, sondern mit Paragraphen erzieht.

Und wer jetzt noch glaubt, das sei übertrieben, dem sei ein Rat gegeben:
Schreiben Sie doch einfach mal einen Kommentar unter einem Politikerportrait.
Vielleicht lernen Sie auf diese Weise bald den Unterschied zwischen Demokratie und Disziplinierung.
Er kostet 7.200 Euro.

Schellhorn, Klapprad auf Kosten der Glaubwürdigkeit

Das Ministerium der Symbolpolitik

Man muss sich das einmal in aller Ruhe auf der Zunge zergehen lassen: Da sitzt also ein Staatssekretär, dessen Portfolio ausgerechnet „Deregulierung“ lautet – also der staatlich alimentierte Versuch, Staatlichkeit zurückzuschrauben – auf einem Hocker, der offenbar aus einem pädagogischen Möbelkatalog stammt. Neben ihm: ein kläglich zusammengefaltetes Fahrrad, das aussieht, als hätte es die Flucht vor dem Autoverkehr nicht geschafft und stattdessen beschlossen, sich selbst zu dekonstruieren. Willkommen im Ministerium für performative Bescheidenheit!

Das gesamte Setting schreit förmlich: „Ich bin einer von euch! Ich fahre Rad, esse beim Bäcker, trage vielleicht sogar manchmal meine Schuhe zwei Tage hintereinander!“ Und während der Scheinwerfer das Klapprad beleuchtet wie einen Bundesadler aus Aluminium, erklärt der Herr Staatssekretär mit dem Brustton der Unschuld, dass er – man höre und staune – sich als Opfer fühle. Opfer einer „Kampagnisierung“.

Man fragt sich unweigerlich: Kampagne wogegen? Gegen die große Vision? Die große Reform? Gegen ein Team, das vier Monate lang keine Arbeit gemacht hat, weil die eigentliche Arbeit ja „erst ab Mitte August beginnt“? Gegen die strategisch platzierte, aber inhaltlich entkernte Deko der Selbstinszenierung?

Es ist ein Kabinettstück österreichischer Realpolitik: Hohl wie ein Werbeballon, aber so sorgfältig poliert, dass selbst das Nichts darin blendet.

Das Ego als Standortfaktor

Der moderne Politiker ist längst kein Repräsentant mehr – er ist ein Influencer mit Amtsbonus. Die Logik der Selbstvermarktung hat die Inhalte überrollt wie ein sonntäglicher Familienausflug den Waldrand. Und Sepp Schellhorn, der sich mit sozialen Followerzahlen statt mit politischer Substanz brüstet, ist das perfekte Produkt dieses Übergangs.

„Es ist leicht, einen Politiker anzugreifen, der viele Follower hat“, sagt er mit jener Mischung aus Stolz und mimischer Hilflosigkeit, wie sie sonst nur Instagram-Lives von mittelbekannten Ex-Bachelor-Kandidaten ziert. Als wäre Popularität ein Schutzschild gegen Kritik. Als sei öffentliche Aufmerksamkeit gleichbedeutend mit Unfehlbarkeit.

Die ganze Aussage lässt sich im Grunde in ein einziges Meme übersetzen: „Ich kann nicht gescheitert sein – schaut doch, wie viele Herzen ich pro Story kriege!“ Es ist der narzisstische Wahn einer Klasse, die Öffentlichkeit nicht mehr als Korrektiv begreift, sondern als Applausmaschinerie.

Der Bäcker, der Staatssekretär und die Realität

Als Krönung all dieser öffentlichkeitswirksamen Selbstdemontage durften wir erfahren, dass Schellhorn und sein Team vier Monate lang damit beschäftigt waren, Problemzonen zu „erheben“. Und zwar nicht nur irgendwo, sondern – Achtung, es folgt die folkloristische Verklärung politischen Aktivismus’ – beim „kleinsten Bäcker“.

Man hört sie förmlich, die PR-Berater: „Bring was Handfestes rein. Was mit Mehl. Was Echtes. Volkstümlich, aber nicht zu bäuerlich.“
Dass man sich mit der Zuckerglasur der Symbolpolitik letztlich nicht satt essen kann, ist dabei Nebensache. Hauptsache, die Menschen glauben, man war mal im Backstubenradius einfacher Leute.

Natürlich ist niemandem aufgefallen, dass es ein bisschen grotesk ist, wenn ein Staatssekretär, der für weniger Staat zuständig ist, vier Monate lang auf Staatskosten Herumfahrten macht, um herauszufinden, dass Menschen Bürokratie blöd finden. Diese Entdeckung hätte man auch mit einem Bierdeckel und gesundem Menschenverstand am Stammtisch eines durchschnittlichen Wirtshauses in drei Minuten erledigen können.

Aber so läuft das eben heute: Der Apparat forscht, evaluiert, erhebt – und sagt dann das Offensichtliche mit maximaler Selbstgefälligkeit.

Die ORF-Bühne – Theater der Harmlosigkeit

Dass das ORF-Interview selbst zur perfekten Staffage dieser Tragikomödie wurde, ist bezeichnend für den Zustand politischer Öffentlichkeit in Österreich. Es wurde gefragt, ja. Aber nicht gebohrt. Es wurde zitiert, ja. Aber nicht zersetzt.

Die Interviewerin durfte sogar den uralten Sparmythos anstechen – „Sie geben doch acht Milliarden mehr aus?“ – worauf der Staatssekretär in jener dialektischen Finte antwortete, die in etwa so überzeugend war wie ein Diät-Tipp von einem Kebab-Stand: „Natürlich. Aber jetzt sparen wir!“

So also funktioniert die neue Politikkommunikation: Paradoxa werden zur Tugend erklärt. Widersprüche zur Programmatik. Der Satz „Wir geben mehr aus, also sparen wir“ ist die perfekte Quintessenz einer Regierung, die in ihrer Rhetorik auf das Prinzip der ironischen Inversion setzt. Das Gegenteil ist richtig – weil es gesagt wurde.

Die Klapprad-Affäre und das postfaktische Accessoire

Und da war es dann wieder, dieses Rad. Dieses unglückselige Klapprad, das – von den sozialen Medien in der Luft zerrissen – bald nicht mehr für Mobilität steht, sondern für die Mobilmachung politischer Skepsis.

„Ist Sepp mit dem klappradgeförderten Klapprad da?“ fragte ein User. Und es steckt alles in dieser Frage: der Spott, die Ironie, aber auch die Hoffnung, dass der Bürger noch erkennt, wenn er für dumm verkauft wird.

Denn es ist nicht das Rad, das empört – es ist die kalkulierte Platzierung, die passive-aggressive Pose der Bescheidenheit, die so laut schreit, dass man den Inhalt nicht mehr hört. Und während im Interview mit dem Standard noch eine andere Einrichtung im Büro stand, zeigt sich das Problem dieser Inszenierung in erschreckender Klarheit: Man glaubt nicht mehr an das Gesagte, sondern nur noch an das Dekorierte.

Der Vorwurf der „Kampagnisierung“, den Schellhorn den Medien entgegenschleudert, wirkt da fast wie ein psychologisches Geständnis: Man erkennt sich selbst in der Kritik. Denn wer Politik zur permanenten Werbekampagne macht, darf sich nicht wundern, wenn er in Werbeästhetik gelesen und – schlimmer noch – inhaltlich ignoriert wird.

Fazit: Die neue Transparenz ist durchsichtig

Was bleibt also vom großen ORF-Interview mit dem Staatssekretär für Deregulierung?
Ein Hocker.
Ein Klapprad.
Und eine Einsicht: Wer sich derart bemüht, Natürlichkeit zu inszenieren, muss sich gefallen lassen, dass ihm die Künstlichkeit an der Stirn klebt.

Wenn Politik zur Bühne wird, dann ist der Staatssekretär kein Diener mehr, sondern Darsteller. Und wenn die Bühne zusammenbricht, weil die Kulissen falsch montiert wurden, dann nützt auch kein Klapprad als Requisite mehr. Dann hilft nur noch eins: Rücktritt, oder wenigstens eine Drehbuchüberarbeitung.

Vielleicht beginnt die eigentliche Arbeit dann doch noch – wenn auch nicht im Ministerium, sondern in der Redaktion der nächsten Polit-Dramödie.

59.700 Euro für die Frage: Gehen Migranten ins Museum?

Der große Spardruck – und wer davon verschont bleibt

Es ist schon bemerkenswert, wie akkurat österreichische Politiker ihren Bürgern den Gürtel enger schnallen, während sie sich selbst ein maßgeschneidertes Seidenschärpchen in Maßanfertigung gönnen. Während in Kindergärten das Warmwasser rationiert wird und man sich bei der nächsten Steuerreform fragt, ob Husten bald als Luxusphänomen gilt, geht im politmedialen Komplex das große Geldausstreuen munter weiter.

Ein aktuelles Glanzlicht dieser Tradition liefert Vizekanzler und Medienminister Andreas Babler – seines Zeichens Sozialist aus Berufung, Regierungsmitglied aus Gelegenheit und Auftragsvergeber aus Leidenschaft. Nicht etwa ein Infrastrukturprojekt, ein digitaler Innovationsschub oder gar ein Plan zur Wiederbelebung der Demokratie durch politische Bildung stand auf der Agenda. Nein, es musste etwas Bedeutsameres sein: Eine Studie über die kulturelle Beteiligung von Migranten.

59.700 Euro beträgt der Preis für dieses Erkenntnisabenteuer, bei dem vermutlich festgestellt werden wird, dass Migranten auch ins Theater gehen, wenn man ihnen Tickets, Babysitter und Dolmetscher stellt. Und dass sie ansonsten vielleicht lieber Shisha rauchen, Netflix schauen oder mit ihrer Familie zum Grillen in den Park gehen – also genau wie der Rest der Bevölkerung.

Die SPÖ und ihre Freunde: Eine Beziehung mit Treuegarantie

Doch so interessant die inhaltliche Frage sein mag – wesentlich aufschlussreicher ist, wer hier forscht. Der Auftrag ging – wie könnte es anders sein – an ein Institut mit guter Stallluft: die Foresight Research Hofinger GmbH, ehemals bekannt als SORA.

SORA, das war mal das Vorzeigeinstitut der Wahlsonntage, das mit erhobener Stimme und viel Sozialforschungsgestus die Hochrechnungen für den ORF präsentierte. Bis dann dummerweise ein internes Dirty-Campaigning-Dokument zur SPÖ gegen ÖVP und FPÖ an rund 800 E-Mail-Adressen ging. Das war dumm. Nicht etwa, weil man sich über negative Wahlkampftaktiken Gedanken machte – das tut man in jedem Kindergarten – sondern weil man versehentlich die Garderobe mitten auf die Straße trug und dabei splitterfasernackt dastand.

Das Ergebnis: ORF-Ausladung, Geschäftsführer-Rücktritt, Namenswechsel. „Foresight“ heißt das Institut jetzt – weil nichts so gut über einen Rufverlust hinweghilft wie ein bisschen Zukunftsbegrifflichkeit. In Österreich funktioniert das sogar: Wer stürzt, benennt sich einfach um und erhebt sich wie ein Phoenix aus der Inseratenasche.

Und siehe da – kaum war das Institut wieder sprachlich geläutert, schon landete der nächste Auftrag auf dem Tisch. Diesmal also „kulturelle Beteiligung von Migranten“ – man kann sich das Pitch-Gespräch förmlich vorstellen:
„Herr Minister, wir haben da ein brennendes Thema…“
„Perfekt, brennend ist immer gut. Und kulturell sowieso. Und irgendwas mit Migranten klingt gleich nach Empathie mit Haltung!“
„Und 59.700 Euro wären’s.“
„Ein Schnäppchen. Wissen Sie was – machen Sie zwei Versionen. Eine fürs Parlament und eine fürs Parteibüro.“

Gegen Vetternwirtschaft hilft nur Amnesie

In anderen Ländern nennt man solche Verflechtungen „institutionalisierte Klientelpolitik“, hierzulande nennt man es „bewährte Zusammenarbeit“. Ob Mediencoaching, Studien, Analysen oder sonstige Dienstleistungen mit dem gewissen Beraterflair – es findet sich stets jemand im Umkreis der Partei, der das Richtige zum rechten Zeitpunkt zu sagen weiß.

Babler selbst steht da inzwischen wie ein ironisches Mahnmal seiner eigenen Wahlplakate da: „Ehrlich. Echt. Sozial.“ Drei Begriffe, die sich mittlerweile in einem Kabarettprogramm wohler fühlen würden als in einer Regierungserklärung. Mediencoaching von einer Agentur mit SPÖ-DNA, Aufträge an umbenannte Ex-Skandalinstitute, und das Ganze garniert mit einem moralischen Überbau, der eine Mischung aus Robin Hood und PowerPoint ist – man will fast applaudieren, wäre es nicht unser Steuergeld.

Aber das eigentliche Kabinettstückchen liegt nicht im Geldfluss. Es liegt in der Naivität, mit der man annimmt, das falle niemandem auf. Als wären wir alle kollektive Amnesiepatienten mit politischer Gesichtserkennungsschwäche. Als hätte es keine Debatte um Inseratenkorruption, keine Medienaffären und keine Skandale rund um Umfrageinstitute gegeben. Nein – es ist, als würde man sich mit Anlauf in den gleichen Fettnapf werfen, und beim Aufstehen laut rufen: „Das war doch nur ein Testlauf für den Ernstfall!“

Kulturelle Integration – jetzt wissenschaftlich monetarisiert

Natürlich: Kulturelle Beteiligung von Migranten ist ein wichtiges Thema. Es gibt tatsächlich gute Gründe, sich damit wissenschaftlich auseinanderzusetzen – allerdings nicht als Prestigeprojekt mit Preisetikett und Parteibuch. Schon gar nicht dann, wenn das Ganze wirkt wie ein karitativer Wiedereingliederungsversuch für angeschlagene Freundesnetzwerke.

Denn was kommt am Ende dabei heraus? Vielleicht eine Tabelle mit Museumsbesuchshäufigkeit. Eine Grafik, die zeigt, dass Migranten, die arbeiten, studieren und Steuern zahlen, auch ins Theater gehen. Oder die erschütternde Erkenntnis, dass kulturelle Teilhabe in erster Linie etwas mit sozialer Teilhabe zu tun hat – was man auch durch einen Nachmittag im Gemeindebau hätte eruieren können. Kostenlos.

Aber gut, 59.700 Euro sichern zumindest, dass das Ergebnis hübsch gelayoutet ist und drei PowerPoint-Charts enthält, die man bei der nächsten integrationspolitischen Pressekonferenz medienwirksam präsentieren kann. Inhaltlich ist es zwar meist dünner als ein Fairtrade-Latte im Regierungscafé, aber darum geht es ja auch gar nicht. Es geht um Sichtbarkeit. Und Sichtbarkeit kostet eben.

Fazit: Der Kulturbegriff als Umweg zur Subvention

Man könnte sich über all das maßlos aufregen – oder es einfach als das betrachten, was es wirklich ist: eine Inszenierung in der großen Oper des österreichischen Politbetriebs. Eine Arie der scheinheiligen Tugend, finanziert vom Steuerzahler, einstudiert vom Parteiapparat, aufgeführt im Theater der Absurditäten.

Und wenn Sie das nächste Mal beim Amtsweg gebeten werden, doppelt zu unterschreiben, ihre Unterlagen in dreifacher Ausfertigung zu bringen und 8 Wochen auf Antwort zu warten – denken Sie daran: Die Republik hat gerade Wichtigeres zu tun. Sie muss herausfinden, ob Herr Mustafa aus Favoriten lieber Kabarett oder Kabap mag. Für 59.700 Euro.