Was bedeutet „erneuerbar“ eigentlich?

Wenn man sagt, Energie könne „erneuert“ werden, dann ist das streng physikalisch gesehen eine unglückliche Formulierung. Energie ist eine Erhaltungsgröße – sie kann weder verschwinden noch aus dem Nichts entstehen. Das besagt der Energieerhaltungssatz, einer der grundlegendsten Pfeiler der Physik. Was wir umgangssprachlich „erneuerbare Energie“ nennen, bezeichnet also nicht die Erneuerung der Energie selbst, sondern lediglich Energiequellen, deren Nachschub kontinuierlich aus natürlichen Prozessen entsteht (Sonnenstrahlung, Wind, Gezeiten, Biomasse). Die Energie selbst bleibt immer dieselbe, sie wandelt nur permanent ihre Erscheinungsform.

Der Energieerhaltungssatz: Ein Konto, das nie wächst oder schrumpft

In einem abgeschlossenen System bleibt die Gesamtenergie konstant. Das bedeutet: Egal, ob wir Holz verbrennen, ein Solarpanel bestrahlen oder ein Windrad drehen lassen – wir verwandeln Energie, aber wir erzeugen keine neue. Wird Öl verbrannt, wird seine chemische Bindungsenergie in Wärme und Bewegung umgewandelt. Wird Sonnenlicht aufgefangen, wird elektromagnetische Strahlung in elektrische Energie transformiert. Dieser Prozess ähnelt eher dem Wechseln von Währungen als dem „Erneuern“ von Geld. Das Konto der Gesamtenergie bleibt gleich; nur die Art, in der wir sie nutzen können, verändert sich.

Warum einige Quellen „erneuerbar“ heißen – aber nicht die Energie selbst

Der Begriff „erneuerbar“ bezieht sich darauf, dass bestimmte Energiequellen praktisch nie versiegen, weil ihre Zufuhr durch astronomische oder geologische Prozesse immer wieder nachgeliefert wird. Die Sonne fusioniert Wasserstoff in ihrem Inneren und sendet dabei kontinuierlich Strahlungsenergie aus – nicht, weil Energie neu geschaffen wird, sondern weil dort Masse in Energie umgewandelt wird (E = mc²). Wind entsteht durch Temperaturunterschiede in der Atmosphäre, die wiederum von der Sonne angetrieben werden. Biomasse wächst nach, indem Pflanzen Sonnenlicht in chemische Energie einlagern. All diese Dinge produzieren nicht neue Energie, sondern machen Energieformen nutzbar, die wir zuvor nicht verwenden konnten.

Der entscheidende Unterschied zwischen Quelle und Energieform

Das Missverständnis entsteht häufig durch die Gleichsetzung von Energiequelle und Energie selbst. Eine Quelle kann erschöpflich oder unerschöpflich sein. Fossile Brennstoffe etwa sind erschöpflich: Die darin gespeicherte chemische Energie wurde über Millionen Jahre durch geologische Vorgänge konzentriert, und ihre Regeneration übersteigt bei Weitem den menschlichen Zeithorizont. Sonne und Wind hingegen sind auf Planetenskalen „quasi unendlich“ verfügbar – nicht weil sie Energie „herstellen“, sondern weil die Prozesse, die sie antreiben, so gewaltig und konstant sind.

TIP:  500 Tage

Energie bleibt jedoch immer Energie: Sie wandelt sich, verteilt sich, verliert Nutzbarkeit (Entropie steigt), aber sie verschwindet nie.

Fazit: Energie kann nicht erneuert werden – aber Quellen können es

In der Physik gibt es keine „Erneuerung“ von Energie. Was es gibt, ist eine ununterbrochene Wandlung sowie eine Frage, ob die Prozesse, die eine nutzbare Energieform bereitstellen, langfristig nachgeliefert werden können. „Erneuerbare Energie“ ist daher eine alltagstaugliche Abkürzung für „Energie aus kontinuierlich verfügbaren, natürlichen Quellen“.

Die Energie jedoch – sie bleibt, was sie immer war: ein beständig fließender, aber niemals wachsender oder verschwindender Bestandteil des Universums.

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