
oder: Wie man mit einem digitalen Schnüffelwerkzeug die Republik zum Schweigen bringen will
Es ist ein eigenartig ranziger Geruch, der aus den Amtsstuben weht, wenn Innenminister Karner wieder einmal zum Mikrofon schreitet, mit jener betonten Sachlichkeit im Ton, die stets dann bemüht wird, wenn es um Dinge geht, die technokratisch klingen, aber autoritär riechen. Der #Bundestrojaner, verkündet er mit pflichtschuldiger Staatsmiene, sei „notwendig“ – ein Wort, das in der österreichischen Politiktradition zuverlässig Alarm auslösen sollte, besonders wenn es in Verbindung mit Überwachung, Polizei und der sanften Erosion des Rechtsstaats fällt.
Man müsse, so Karner, mit der Zeit gehen, aufrüsten gegen Terror, Cybercrime, gegen die abstrakten Bedrohungen dieser Zeit. Was er nicht sagt – aber alle hören – ist, dass der Trojaner weniger zur Bekämpfung von Kriminalität gedacht ist als zur Eindämmung von Kritik. Denn – machen wir uns nichts vor – niemand verhindert mit einem staatlich kontrollierten Trojaner eine Gewalttat in Villach oder Graz. Diese Attacken waren weder digital organisiert noch über Messengergruppen koordiniert, und der Versuch, sie als Begründung für die Totalüberwachung heranzuziehen, ist nichts weiter als ein zynischer Taschenspielertrick mit Beigeschmack: pietätlos, durchschaubar, gefährlich.
Digitale Dialektik: Zwischen Sicherheitsrhetorik und Demokratieabbau
Die Dialektik der politischen Lüge ist immer dieselbe: Wer gegen Überwachung ist, ist gegen Sicherheit. Wer Zweifel an der allumfassenden Abhörtechnik hat, misstraut der Polizei. So jedenfalls Karners Logik – oder besser gesagt: sein moralischer Erpressungsversuch. Denn wer die Ablehnung des #Bundestrojaners als Misstrauensvotum gegen die Polizei framen will, hat entweder kein besonders stabiles Demokratieverständnis – oder hält seine Bürger für derart naiv, dass sie diesen Taschentausch für bare Münze nehmen.
Es ist ein kläglicher Versuch, Kritik zu delegitimieren: Eine jämmerliche Weinerlichkeit, weil man dem Minister und seinen Apparatschiks auf die Schliche gekommen ist. Sie wollen nicht nur Terroristen überwachen – sie wollen Journalisten, Whistleblower, politische Gegner ins digitale Netz ziehen. Die Definition von „Gefährder“ ist dehnbar wie das Budget des Bundeskanzleramts für Imagepflege. Wer unbequem ist, könnte bald schon als „digital auffällig“ gelten. Und einmal am Haken der Behörden, fischt es sich gleich leichter: Chats, Kontakte, Netzwerke, alles schön sauber extrahiert – nicht für den Rechtsstaat, sondern für den Machterhalt.
Die Innenpolitik als dunkle Kunst der Verdächtigung
Karner, ein Mann, dessen Charisma in etwa der Ausdruckskraft eines Amtsstempels entspricht, weiß selbstverständlich, dass seine technischen Behauptungen nicht haltbar sind. Dass man mit einem #Bundestrojaner keine realen Taten im öffentlichen Raum verhindert. Dass Überwachung selten verhindert, sondern meist nur dokumentiert – und das auch nur, wenn man Glück hat. Aber die Wahrheit ist, in dieser Republik ist nicht entscheidend, was funktioniert, sondern was sich verkaufen lässt.
Und verkaufen lässt sich Überwachung immer – solange man genug Angst erzeugt. Terror, Kindesmissbrauch, organisierte Kriminalität – das sind die Joker im politischen Kartenspiel. Wer diese Karten spielt, muss keine sachliche Debatte mehr führen. Und wehe dem, der es dennoch versucht: Der wird umgehend in die Nähe der Kriminellen gerückt, der Verharmloser, der Naivling, der Nestbeschmutzer. Es ist die dunkle Kunst der Verdächtigung, die Karner betreibt – nicht als Innenminister, sondern als Verunsicherungsminister.
Von der ÖVP lernen heißt fürchten lernen
Die ÖVP, diese ehemals konservative Partei mit katholischem Stallgeruch und Wirtschaftsnähe, hat sich längst in eine staatsmonopolistische Kontrollmaschine verwandelt, die ihre Macht mit allen Mitteln zu sichern versucht. Und weil Skandale, Chats, Postenschacher und Untersuchungsausschüsse einfach nicht mehr aus dem medialen Dauerfeuer zu halten sind, versucht man es jetzt mit der totalen Kontrolle – der digitale Präventivschlag gegen jede Form von Opposition.
Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Der Staat, wie ihn die ÖVP sich vorstellt, ist ein riesiger Raumüberwacher mit Trojanern, Kanzler-Sprechpuppen, Message-Control und einem hysterischen Verhältnis zur Pressefreiheit. Alles, was der Aufklärung dient, wird bekämpft, alles, was der Vertuschung nützt, wird gefördert. Das ist kein Schutz der Bürger – das ist ein Schutz der Macht. Und die Polizei, deren Arbeit wir im besten Sinne unterstützen sollten, wird in diesem System zum Mittel der politischen Kontrolle degradiert. Missbraucht für Parteizwecke, missverstanden als Werkzeug der Demokratie, missbraucht als moralisches Schutzschild für autoritäre Fantasien.
Fazit: Der Trojaner gehört in die griechische Mythologie, nicht ins Bundesgesetzblatt
Die Demokratie stirbt nicht mit einem Knall, sondern mit einem Software-Update. Und wenn der #Bundestrojaner kommt, dann nicht als Heldenwerkzeug, sondern als digitales Trojanisches Pferd: außen Sicherheit, innen Zersetzung. Wer glaubt, dass man damit Verbrechen verhindert, irrt. Wer weiß, dass man damit Kontrolle gewinnt, sagt es besser nicht laut. Und wer sich dagegen wehrt, wird zum Feind erklärt.
Karner hat also recht, wenn er sagt, dass der Trojaner notwendig ist – nur eben nicht für die Sicherheit der Bürger, sondern für die Sicherheit seiner eigenen politischen Haut. Doch wir sind nicht verpflichtet, seine Alpträume von Kontrolle mitzuträumen. Wir schulden der Polizei Respekt, nicht blinde Gefolgschaft. Wir schulden der Republik eine informierte Debatte, keine hündische Unterwerfung. Und wir schulden der Freiheit ihren Schutz – gerade gegen jene, die sie im Namen der Sicherheit abschaffen wollen.
Die einzige Software, die wir jetzt brauchen, ist ein Update der politischen Kultur.
Und zwar dringend.