Vom Exil zum Exzess

Die Verantwortung des Westens für das Regime der Mullahs im Iran

Prolog des Vergessens: Die Geburt eines Ungeheuers unter westlicher Aufsicht

Der 1. Februar 1979 war kein Tag wie jeder andere. An diesem Morgen landete ein alter Mann mit strengem Blick, schwarzem Turban und einer Aura messianischer Entschlossenheit auf dem Flughafen Teheran. Sein Name: Ayatollah Ruhollah Khomeini. Seine Herkunft an diesem Tag: Paris. Sein Ziel: die Macht. Seine Methode: eine Revolution, orchestriert aus dem Exil – und flankiert von einem Westen, der lieber zusah, statt zu verstehen. Was folgte, war keine Befreiung, sondern die Einsetzung einer religiösen Diktatur. Und wer glaubt, dass dieses Regime den authentischen Willen des persischen Volkes ausdrückt, verwechselt Ursache und Wirkung.

Denn das islamistische Mullah-Regime, das sich seither im Iran etabliert hat, war weder der unausweichliche Ausdruck eines „islamischen Erwachens“ noch ein rein inneriranischer Prozess. Es war – und das muss in aller Deutlichkeit gesagt werden – auch ein Ergebnis westlicher Kurzsichtigkeit, strategischer Selbsttäuschung und geopolitischer Interessenpolitik. Es war die Geburt eines Monsters unter westlicher Aufsicht.

Vom Schah zur Schande: Wie der Westen erst unterstützte und dann fallen ließ

Die Geschichte beginnt nicht mit Khomeini, sondern mit einem anderen entscheidenden westlichen Eingriff: dem Putsch von 1953. Damals stürzten amerikanische und britische Geheimdienste (CIA und MI6) den demokratisch gewählten Premierminister Mohammad Mossadegh, der es gewagt hatte, die iranische Erdölindustrie zu verstaatlichen. Das war schlecht fürs Empire und schlecht fürs Business – also musste er weg. An seine Stelle wurde der Schah Mohammad Reza Pahlavi mit eiserner Unterstützung der USA wieder eingesetzt. Die Botschaft war klar: Demokratische Selbstbestimmung wird toleriert – solange sie westliche Interessen nicht stört.

Das Schah-Regime entwickelte sich zu einer modernisierenden, aber zunehmend autokratischen Herrschaft, die innenpolitisch durch Unterdrückung, Geheimdienste (SAVAK) und ein Bündnis aus Eliten und Monarchie geprägt war. Der Westen sah zu – oder besser: profitierte, solange Öl floss, Verträge unterzeichnet wurden und der Iran als Bollwerk gegen den Kommunismus fungierte.

TIP:  Die Apokalypse des Alltäglichen

Khomeinis Rückflug aus Paris: Die stille Komplizenschaft Europas

Doch als der Wind der Unzufriedenheit Ende der 1970er über den Iran fegte – getrieben von sozialer Ungleichheit, Repression und kultureller Entfremdung – war es nicht der Westen, der auf Demokratisierung drängte. Stattdessen zog man sich langsam zurück, versuchte, mit allen Optionen zu liebäugeln und ließ ein Vakuum entstehen, das nur darauf wartete, gefüllt zu werden.

Dass ausgerechnet Frankreich Ayatollah Khomeini großzügig Exil bot, war keine historische Randnotiz, sondern ein geopolitisch folgenschwerer Akt. In einem kleinen Vorort südlich von Paris saß der künftige Revolutionsführer, hielt Audienzen ab, ließ revolutionäre Manifeste auf Tonband aufnehmen und koordinierte von dort die Erhebung gegen den Schah. Die westlichen Medien – fasziniert von der romantischen Idee einer „Volksrevolution“ – stilisierten Khomeini zum Heilsbringer. Die Menschen im Iran, von Zensur und politischer Repression geprägt, griffen nach jedem Symbol des Wandels – ohne zu ahnen, dass sie nicht Freiheit, sondern einen neuen Totalitarismus bekommen würden.

Und was tat der Westen? Er ließ Khomeini gewähren. Frankreich verweigerte dem Schah Asyl, hieß Khomeini willkommen. Washington schwankte zwischen Desinteresse und naivem Kalkül, dass man auch mit dem neuen Regime würde verhandeln können. Die Machtübernahme der Mullahs war kein Betriebsunfall – sie war das Ergebnis westlicher Fehleinschätzung, symbolischer Schwäche und moralischer Inkonsequenz.

Ein Gottesstaat als Exportprodukt: Vom Iran zur globalen Destabilisierung

Seit 1979 herrscht im Iran kein frei gewähltes System, sondern ein theokratischer Machtapparat, in dem politische Macht sich über religiöse Legitimität definiert – kontrolliert von einem „Obersten Führer“, der über allem steht: über Gesetzen, über dem Parlament, über dem Volk. Khomeinis Rückkehr war keine Befreiung – sie war der Beginn einer umfassenden Islamisierung des Staates, der Justiz, der Bildung, der Geschlechterrollen. Frauen wurden entrechtet, Andersdenkende verfolgt, ganze Generationen ideologisch umerzogen.

Aber die Tragödie endet nicht an den iranischen Grenzen. Das islamistische Regime exportierte seine Revolution – ideologisch, strategisch, terroristisch. Von der Hisbollah im Libanon bis zu Milizen im Irak, von antisemitischer Rhetorik bis zur Leugnung des Holocaust: Das Mullah-Regime ist kein lokales Phänomen, sondern eine regional und global destabilisierende Kraft. Und es darf nicht vergessen werden: Dieses Regime existiert nicht, weil die Perser es wollten – sondern weil der Westen zu lange zugesehen, zu spät verstanden und zu oft relativiert hat.

TIP:  Die Ukraine: Ein Festival des finalen Scheiterns

Erinnerung gegen das Vergessen: Warum historische Verantwortung heute zählt

Es geht nicht darum, den Westen als alleinigen Schuldigen zu dämonisieren. Aber es geht darum, Verantwortung nicht in der Gegenwart zu beginnen, sondern in der Vergangenheit zu suchen. Der Iran war einst ein Land mit demokratischem Potential, einer weltoffenen Gesellschaft, einer reichen Kultur und intellektuellen Vielfalt. Dass dieses Land heute von einem klerikalen Machtapparat kontrolliert wird, der das eigene Volk unterdrückt und international mit Terror sympathisiert, ist kein unvermeidliches Schicksal – es ist ein historisch mitverschuldetes Ergebnis.

Man kann die Geschichte nicht ungeschehen machen. Aber man kann – und muss – sie erinnern. Der Westen hat nicht nur die Revolution ermöglicht, er hat sie durch Ignoranz, Eigennutz und Symbolpolitik befördert. Wer heute Freiheit für Iranerinnen und Iraner fordert, muss auch den Mut haben, in den eigenen Spiegel zu schauen.

Denn: Niemals vergessen – dass ein terroristisches Mullah-Regime im Iran existiert, hat mit dem Westen zu tun. Nicht, weil das persische Volk es gewollt hätte. Sondern weil es verraten wurde. Von denen, die wussten – und nichts taten.

Please follow and like us:
Pin Share