Die warmen Mahlzeiten des Herrn Babler

Der große Futterneid der Nation

Es gibt politische Versprechen, die sind so zärtlich formuliert, dass man sie am liebsten mit Messer und Gabel verspeisen möchte. „Warme Mahlzeiten für alle“, versprach einst der große Hoffnungsträger der österreichischen Sozialdemokratie, jener revolutionäre Feinschmecker der Gerechtigkeit, Andreas Babler. Doch just dieser kulinarische Robin Hood dreht nun an der Beitragschraube und nimmt den Pensionisten ein paar Dutzend Mittagessen weg. Wahrscheinlich in der festen Überzeugung, dass ein leerer Magen der politischen Bildung dienlich ist.

Noch im Jänner donnerte er im Parlament wie ein Kellner, der sich über geizige Gäste empört: „Als hätten es die Pensionistinnen und Pensionisten nicht schon schwer genug!“ Natürlich, man stelle sich vor: Sie sitzen da, geplagt von der Misere im Gesundheitswesen, von den Hürden der Pflege, vom unerträglichen Umstand, dass ein Viertel der Apotheken aus unerfindlichen Gründen die Blutdruckmedikamente erst nach drei Tagen liefern kann – und nun sollen sie auch noch auf ein warmes Gulasch verzichten! Welch himmelschreiende Ungerechtigkeit! Und der Schuldige ist rasch ausgemacht: Die ÖVP, dieser unermüdliche Catering-Dienst der Reichen, der stets dafür sorgt, dass beim Wirtschaftsbund und der Industriellenvereinigung die Trüffel nicht ausgehen.

Vom Gulaschkommunismus zur Suppenküche

Doch die Zeiten ändern sich, und die rot getünchte Gulaschkanone feuert plötzlich in eine andere Richtung. Der Babler von einst, der empörte Verteidiger der Pensionisten, entdeckt auf einmal eine neue Seite an sich: die des Sparmeisters. 270 Millionen Euro sollen also aus den ohnehin schon knurrenden Mägen der Ruheständler zur Budgetsanierung geschöpft werden. Eine Summe, die in etwa den jährlichen Kaviar-Bedarf eines durchschnittlichen Industriellen deckt, aber sei’s drum. „Solidarität“, wird man uns erklären, bedeutet ja bekanntlich, dass sich immer die Falschen solidarisch zeigen müssen.

Und was sind schon 30 warme Mahlzeiten im Monat, wenn man dafür das Budget retten kann? Man stelle sich vor, wie der ältere Herr im Wiener Gemeindebau, der sich nach dem Suppenteller sehnt, mit Tränen der Rührung die Meldung vernimmt: „Dank deiner Entbehrung, lieber Rentner, haben wir das Finanzloch um exakt 0,0003 Prozent verringert!“

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Eine Frage des politischen Geschmacks

Natürlich ist es verwegen, einem Sozialdemokraten eine gewisse Skrupellosigkeit zu unterstellen, wenn er das tut, was Sozialdemokraten nun mal tun: Versprechen machen, um sie später mit der Präzision eines Chirurgen zu sezieren. Aber lassen wir die Ironie für einen Moment beiseite – wäre es nicht nur fair, wenn Herr Babler, um ein Zeichen zu setzen, selbst einige warme Mahlzeiten weglassen würde? Vielleicht auf eine satte Parlaments-Gulaschsuppe verzichten? Oder, noch radikaler: ein Jahr lang nur von den durchschnittlichen Einkünften eines Mindestrentners leben? Dann könnte er sich aus erster Hand davon überzeugen, wie sich sein Sparpaket auf die Speisekarten der kleinen Leute auswirkt.

Aber nein, so läuft das natürlich nicht. Stattdessen bleibt uns nur die Hoffnung, dass in irgendeinem Keller der Sozialdemokratie ein verschollener Koch sitzt, der endlich wieder jene Rezepte hervorzaubert, die nicht nur den Magen füllen, sondern auch die Seele wärmen. Bis dahin bleibt uns nur, mit vollem oder leerem Magen, der bittere Beigeschmack der Politik: Sie serviert uns stets das, was uns am wenigsten schmeckt.

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