
Die glorreiche Fassade Europas bröckelt
Es ist eine Wahrheit, die viele nicht auszusprechen wagen, während sie im bequemen Lehnstuhl ihrer moralischen Überlegenheit verharren. In einer Zeit, in der Politiker und Medien unermüdlich davon reden, dass die „europäischen Werte“ in der Ukraine auf dem Spiel stehen, wird kaum einmal hinterfragt, was diese ominösen „europäischen Werte“ überhaupt sind und wo sie tatsächlich bedroht werden. Stattdessen wird auf der Bühne des geopolitischen Theaters ein Schauspiel inszeniert, das der Selbstdarstellung Europas als moralischer Leuchtturm dient – und die Ukraine ist die aktuelle Projektionsfläche dieser Erzählung.
Doch während Brüssel, Berlin und Paris ihre politische Kapitulation als Verteidigung der Freiheit feiern, findet der wahre Kampf um die angeblich universellen Prinzipien, die angeblich für alle Menschen gelten sollten, in einem viel älteren und komplexeren Konflikt statt: in Israel. Wer tatsächlich wissen will, wo die Ideale der Aufklärung und der liberalen Demokratie von innen wie von außen attackiert werden, muss nicht auf die Donbass-Ebene blicken. Die wahre Frontlinie verläuft durch Tel Aviv und Jerusalem – und die Misere Europas ist nicht, dass es dies nicht sieht, sondern dass es nicht sehen will.
Die Ukraine als europäische Selbsttäuschung
Selbstverständlich gibt es Gründe, warum der Krieg in der Ukraine Aufmerksamkeit verdient. Keine Frage, dass hier Menschenrechte verletzt, internationales Recht mit Füßen getreten und eine Nation in ihrem Existenzrecht angegriffen wird. Aber man sollte sich nichts vormachen: Europas hysterische Reaktion auf diesen Konflikt ist weniger eine Frage der Moral, sondern eine Frage der geopolitischen Eigeninteressen. Man hat Angst vor Russland, dem altbekannten imperialen Albtraum. Und natürlich möchte man sein hübsches Bild von Europa als Wiege der Zivilisation und des Fortschritts verteidigen.
Der Westen stilisiert die Ukraine zum Vorposten der Demokratie, obwohl sich die Realität dort seit Jahren im Dunstkreis der Korruption und nationalistischen Eiferersysteme abspielt. Dass hier ein lupenreiner demokratischer Staat den autoritären Kräften trotzt, ist ein Mythos, den europäische Politiker gerne nähren – und die Bevölkerung frisst es dankbar. Schließlich hat man sich daran gewöhnt, geopolitische Konflikte als gut gegen böse, schwarz gegen weiß darzustellen. Es beruhigt die Gemüter und passt besser auf den Frühstückstisch.
Aber wo ist die moralische Empörung, wenn es um Israel geht? Wo ist der Aufschrei, wenn die einzige liberale Demokratie im Nahen Osten, die trotz massiven Drucks von Diktaturen und Terrororganisationen um ihre Existenz kämpft, unter den doppelten Standards Europas leidet? Warum verteidigt man Werte an einem Ort, der selbst bestenfalls als moralisch ambivalent beschrieben werden kann, während man das einzige Land, das tatsächlich europäische Ideale im Nahen Osten verkörpert, auf dem Altar der politischen Korrektheit opfert?
Das unbequeme Experiment der Aufklärung
Es ist fast schon ironisch, dass ein Land, das weder geografisch noch kulturell zu Europa gehört, die Prinzipien der Aufklärung auf eine Weise praktiziert, wie es die europäischen Nationen selbst oft nicht mehr tun. Religionsfreiheit, Rechtsstaatlichkeit, Meinungsfreiheit, Minderheitenschutz – all dies sind keine Fremdwörter in Israel, auch wenn man im europäischen Blätterwald das Gegenteil zu hören bekommt. Selbst unter ständigem Beschuss wahrt Israel diese Werte mit einer Entschlossenheit, die in Europa oft nur in Sonntagsreden beschworen wird.
Aber warum unterstützt Europa Israel nicht so wie die Ukraine? Nun, das liegt an einem Gemisch aus historischem Schuldbewusstsein, orientalistischer Verwirrung und schlichter Bequemlichkeit. Schließlich könnte es unangenehm werden, sich klar gegen das palästinensische Narrativ zu positionieren – ein Narrativ, das in vielen europäischen Köpfen tief verwurzelt ist. Schließlich lieben wir die Rolle des Kolonialschuldigen. Israel wird zu einem Symbol für die westlichen Verfehlungen im Nahen Osten gemacht, während die tatsächlichen Unterdrücker – Hamas, Hisbollah, und ihre Gönner im Iran – stillschweigend als „Widerstandskämpfer“ stilisiert werden. Der Feind meines Feindes ist schließlich mein Freund.
Europas Feigheit in Bezug auf Israel ist ein Armutszeugnis der moralischen Verkommenheit. Man gibt vor, die Werte der Aufklärung zu verteidigen, aber wenn es unbequem wird, kuscht man vor jenen, die sie am heftigsten attackieren. Warum? Weil es einfacher ist, Russland als den ultimativen Bösewicht darzustellen und die Ukraine zum unschuldigen Opfer zu stilisieren, als sich mit der Komplexität des Nahostkonflikts auseinanderzusetzen. Wer will sich schon mit der unbequemen Wahrheit konfrontieren, dass Israel genau jene liberalen Werte verteidigt, die Europa zu predigen vorgibt, während seine Gegner sie brutal unterdrücken?
Die Doppelmoral der europäischen Außenpolitik
Europas Außenpolitik in Bezug auf Israel ist ein Paradebeispiel für die institutionalisierte Heuchelei, die den Kontinent seit Jahrzehnten prägt. Auf der einen Seite wird die Ukraine mit Waffen und Milliarden von Euro überschüttet – alles unter dem Vorwand, die Demokratie zu retten. Auf der anderen Seite gibt man sich in Bezug auf Israel mit diplomatischen Lippenbekenntnissen zufrieden und pflegt gleichzeitig engste wirtschaftliche Beziehungen zu den Feinden der einzigen funktionierenden Demokratie im Nahen Osten.
In einem atemberaubenden Akt der Doppelmoral kritisiert man Israel für jede Rakete, die es zur Verteidigung seiner Zivilbevölkerung abschießt, während man stillschweigend die Kriegsverbrechen von Hamas und Co. ignoriert. Dieselben Politiker, die lauthals die Unverletzlichkeit der europäischen Grenzen in der Ukraine beschwören, sind auffällig ruhig, wenn es um die ständigen Grenzverletzungen Israels durch Terrororganisationen geht.
Wo bleibt der Aufschrei, wenn israelische Familien in ihren Häusern ermordet werden? Wo ist die mediale Empörung, wenn Hamas Raketen auf Zivilisten abfeuert? Schweigen. Weil es einfacher ist, Israel als Aggressor zu brandmarken, als sich mit den tiefen ideologischen und religiösen Konflikten auseinanderzusetzen, die die Region durchziehen. In einer Zeit, in der Identitätspolitik und postkolonialer Diskurs in Europa Hochkonjunktur haben, passt Israel einfach nicht ins Bild. Zu viel Komplexität, zu viele unbequeme Wahrheiten.
Warum der europäische Traum in Israel verteidigt wird
Die Illusion, dass die Ukraine der Ort ist, an dem Europas Werte auf dem Spiel stehen, ist ein gefährlicher Trugschluss. Die wahre Bewährungsprobe für die Ideale der Aufklärung findet im Nahen Osten statt, und Israel ist der Prüfstein. Während die Ukraine für Europa eine Projektion seiner Ängste und Hoffnungen darstellt, ist Israel die Realität – eine Realität, die Europa gerne verdrängt.
Es ist nicht die Ukraine, die sich täglich gegen Fanatismus, Intoleranz und religiösen Extremismus behaupten muss. Es ist Israel, das in einer feindlichen Umgebung, umgeben von autokratischen Regimen und terroristischen Gruppen, die Flagge der liberalen Demokratie hochhält. Israel zeigt uns, dass Werte wie Rechtsstaatlichkeit und individuelle Freiheit keine Selbstverständlichkeit sind, sondern tagtäglich erkämpft werden müssen.
Vielleicht ist das der Grund, warum Europa sich weigert, die Rolle Israels anzuerkennen. Es erinnert zu sehr an die eigene Feigheit und Inkonsequenz. Man will sich in der Ukraine als moralischer Akteur inszenieren, aber wenn es darum geht, Israel zu unterstützen, zieht man es vor, sich in die wohlige Ambivalenz des moralischen Relativismus zurückzuziehen. Europa hat seine Ideale längst verkauft – nur will es das niemand zugeben.
Die wahren Werte sterben in den Ruinen Europas
Die europäische Rhetorik von Werten und Moral ist längst zu einem leeren Spiel der Selbstdarstellung verkommen. In der Ukraine verteidigt man keine universellen Werte, sondern geopolitische Interessen. Der wahre Kampf um Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit wird in Israel geführt, weit weg von den erdachten Schlachtfeldern europäischer Phantasie. Doch solange es bequemer ist, die Augen vor dieser Wahrheit zu verschließen, wird Europa weiter seiner eigenen moralischen Bankrotterklärung entgegensteuern.
Quellen und weiterführende Links:
- Benny Morris und Ian Black: Israel’s Wars: A History Since 1947 – Eine detaillierte Darstellung der politischen und militärischen Herausforderungen Israels.
- Hillel Frisch: Israel’s Security and Its Arab Citizens – Eine kritische Analyse der israelischen Demokratie und ihrer Komplexität.
- Amos Oz: Israel, Palestine and Peace – Eine literarisch anspruchsvolle Sammlung von Essays über den Nahostkonflikt.
- Daniel Pipes: Militant Islam Reaches America – Ein Überblick über den Einfluss des Islamismus und seine Bedrohung für westliche Werte.
- Stanley Hoffman: Europe and the World: The Wavering Promise of European Power – Eine Analyse der inkonsequenten Außenpolitik Europas.