WER ZAHLT SCHAFFT AN!

Der Mythos der Demokratie auf der Couch

Die Demokratie, so sagt man, ist jene Staatsform, in der Macht von unten nach oben fließt. Schön wär’s. Denn wie bei einer schlecht geputzten Dusche sammeln sich die Rückstände nicht selten dort, wo niemand mehr hinsieht: in den versifften Ecken des politischen und gesellschaftlichen Alltags. Und während in vielen Bereichen des Lebens noch ein Rest von Transparenz behauptet wird – Wahlen etwa, Volksentscheide, oder die halbwegs ehrliche Wahl zwischen 3-Euro-Wurstsalat und 12-Euro-Bio-Smoothie – scheint ausgerechnet ein Pfeiler unserer demokratischen Grundversorgung völlig losgelöst von solch banalen Konzepten wie „Mitspracherecht“ oder „Einfluss“ zu operieren. Die Rede ist, wie der kluge Leser längst vermutet, vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Ein System, das sich selbst mit unerschütterlicher Überzeugung als „unabhängig“ etikettiert, während es sich Jahr für Jahr an den tropfenden Eutern der Beitragszahler gemächlich mästet. Unabhängig – wovon eigentlich? Vom Publikum? Vom gesunden Menschenverstand? Von der Realität? Die Antwort auf diese Frage ist so komplex wie unnötig, denn wir wissen doch längst: Wer zahlt, schafft eben nicht immer an.

Der Beitragszahler als Märtyrer des Systems

Es beginnt harmlos. Ein Brief im Kasten. Die Gebührenzentrale – pardon, der „Beitragsservice“ – meldet sich höflich, fast freundlich. 18,36 Euro im Monat für die edle Aufgabe, Sie mit Bildungsfernsehen, investigativem Journalismus und kulturellen Meisterwerken zu versorgen. Doch wehe, Sie weigern sich! Dann verwandelt sich diese freundliche Nachfrage in einen kafkaesken Albtraum aus Mahnungen, Vollstreckungsbescheiden und wütenden Postboten, die Ihre Nachbarn neidisch fragen lassen, ob Sie einen heimlichen Ferrari fahren, den Sie vor der GEZ zu verstecken versuchen.

Und dabei, seien wir ehrlich, ist die eigentliche Frage doch nicht, warum man zahlt, sondern wofür. Denn während der Zuschauer sich an der fünften Wiederholung von „Eberhofer – Mord im Kuhstall“ mühsam den Schlaf aus den Augen reibt, fragen sich auch die Hartgesottensten unter uns, wann genau der Punkt kam, an dem die „Grundversorgung“ sich in einen Rausch aus Kochshows, pseudo-historischen Romanzen und Sondersendungen zum Wetter wandelte.

TIP:  #FreeShlomo

Die Rache der Gebühren

Natürlich gibt es die Gegenargumente: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei wichtig! Er sei ein Bollwerk gegen Fake News, ein Leuchtturm der Demokratie! Doch während wir diese wohlklingenden Phrasen hören, ertappen wir uns dabei, wie wir die Hände in die Sofaritzen schieben, auf der Suche nach Münzen, um die nächste Rate zu stemmen.

Wie aber sieht dieses Bollwerk konkret aus? Gibt es eine Pflicht zur Modernisierung, zum Sparen, zur Effizienz? Nicht wirklich. Das System ist wie eine Monarchie im postmodernen Gewand: ein Apparat aus Intendanten, Verwaltungsräten und einem Heer von Mitarbeitern, deren Gehälter regelmäßig höhere Wellen schlagen als die Quoten ihrer Sendungen. Und während der Zuschauer sich mit einer App begnügen muss, die sich anfühlt, als sei sie auf einem Nokia 3310 entwickelt worden, genehmigt man sich in den Chefetagen schon mal die eine oder andere Beraterstudie – für den Preis eines Einfamilienhauses in der Vorstadt.

Humor im Zeitalter der Zwangsfinanzierung

Und dennoch: Man muss dem System eines lassen – es liefert eine Art von Humor, die ihresgleichen sucht. Das Zynische daran ist natürlich, dass dieser Humor unabsichtlich entsteht. Es ist die Art Komik, die entsteht, wenn ein Intendant ernsthaft erklärt, dass seine Arbeit unterbezahlt sei, während man als Zuschauer versucht, die steigenden Heizkosten durch Verzicht auf Butter auszugleichen.

Man könnte sich also aufregen, sich empören, einen Shitstorm lostreten. Oder man nimmt das Ganze einfach mit einem Schulterzucken und einem tiefen, fast philosophischen Seufzen hin. „Man kann ja doch nichts machen“, sagt der kluge Beitragszahler, während er den Fernseher abschaltet, um endlich die Ruhe zu haben, die er sich längst verdient hat.

Die stille Revolution der Fernbedienung

Am Ende bleibt nur eines zu sagen: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist das, was wir aus ihm machen. Oder eben nicht machen dürfen. Und während „Wer zahlt, schafft an“ in den meisten Bereichen des Lebens als Faustregel gilt, zeigt uns dieses System, dass es auch anders geht. Ob wir das gut finden, bleibt jedem selbst überlassen.

TIP:  Jeder weiß, so darf es nicht bleiben.

Aber vielleicht, ganz vielleicht, sollten wir die Fernbedienung öfter mal liegen lassen. Und stattdessen an etwas anderes denken: an die Macht, die wir wirklich haben – jene, die Dinge schlicht und einfach nicht mehr einzuschalten. Wer nicht schaut, schafft irgendwann wirklich ab. Vielleicht. Irgendwann.

Prost, ORF, ARD und ZDF! Die nächste Runde geht auf uns.

Please follow and like us:
Pin Share