Wenn Geld keine Rolle spielt

Die große Umverteilungsorgie des Steuergelds

Man kennt sie, diese magischen Momente im Leben, in denen Geld plötzlich keine Rolle mehr spielt. Geburtstage, Hochzeiten, Lottogewinne – und, wie es scheint, die Verteilung von Corona-Hilfsgeldern in Deutschland. Während sich Otto Normalverbraucher fragt, ob er sich den Aufschnitt beim Discounter noch leisten kann, regnet es Millionen auf die Konten der größten Unternehmen des Landes. Novomatic, Flughafen Wien AG, OBI, Deichmann – sie alle singen im Chor: „Dankeschön, liebe Steuerzahler!“ Und die Bundesregierung? Sie nickt zufrieden. Denn schließlich gilt: Wer hat, dem wird gegeben. Und wer nicht hat, tja, der darf die Rechnung zahlen.

Willkommen im Club der Unverfrorenen

Man könnte meinen, der Staat habe die Covid-Pandemie zum Anlass genommen, eine moderne Interpretation von Robin Hood aufzuführen – nur mit umgekehrten Vorzeichen. Statt den Armen zu geben und den Reichen zu nehmen, pumpte man Milliarden in die Konten von Konzernen, die ohnehin glänzend dastanden. Glücksspielunternehmen wie Novomatic, deren Gewinne sich wie ein Einarmiger Bandit an guten Tagen vervielfachen, bekamen Millionen. 14 Millionen Euro, um genau zu sein, allein in diesem Jahr. Der Firmeneigentümer Johann Graf, Multimilliardär und Inbegriff des Kapitalismus im Adrenalinrausch, dürfte sich vor Lachen die Hände gerieben haben. Vielleicht sogar mit einem goldenen Handtuch.

274 Millionen Euro Gewinn im letzten Jahr? Kein Problem, sagt der Staat, hier ist noch ein kleiner Zuschuss. Schließlich hat auch ein Milliardär Ausgaben: Villen, Yachten, Privatjets. Diese Dinge finanzieren sich nicht von allein.

Flughäfen, die abheben – dank Steuergeld

Die Flughäfen waren natürlich auch nicht zu kurz gekommen. Die Flughafen Wien AG kassierte stolze 22,7 Millionen Euro – in einem Jahr, in dem die Gewinne um knapp 50 Prozent stiegen. Man könnte meinen, Flughäfen hätten in Pandemiezeiten gelitten. Doch die Realität spricht eine andere Sprache. Während wir uns in den Lockdowns häuslich einrichteten, saßen Aktionäre der Flughafen Wien AG bequem auf ihrem Dividendenberg. 110 Millionen Euro flossen im letzten Jahr direkt in die Taschen von Investoren. Ein Großteil davon verschwand in einem Netzwerk aus Briefkastenfirmen, das sich wie ein Schatten durch Luxemburg und die Karibik zieht.

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Und wer sitzt am Ende der Rechnung? Natürlich der Steuerzahler. Danke, Merkel! Danke, Scholz!

Seilbahnen und Schuheinzelhändler im Förderfieber

Die Krone der Absurdität gebührt jedoch den Seilbahnbetreibern. Nichts gegen die Idylle eines alpinen Winterurlaubs, aber 22,7 Millionen Euro für eine Branche, die einen Umsatz von 1,7 Milliarden Euro erzielt? Da wird einem doch ganz schwindelig. Man könnte denken, die Seilbahnbetreiber hätten sich in den Höhen der Berggipfel mit einem falschen Seil an die Fördertöpfe gehängt. Aber nein, das war kein Unfall – das war Politik.

Und dann wäre da noch Deichmann, Europas größter Schuheinzelhändler. 1,3 Millionen Euro für ein Unternehmen, das „im 111. Jahr weiter auf Erfolgskurs“ ist? Hier zeigt sich, wie wunderbar absurd unser System funktioniert: Erfolgreiche Unternehmen, die Branchenrekorde brechen, müssen offenbar vom Staat „gerettet“ werden. Wovor eigentlich? Vor ihrem eigenen Erfolg?

Eine Ode an die Überförderung

Natürlich könnte man sagen: „Aber die Pandemie war ja für alle eine Herausforderung!“ Doch während kleine Selbstständige monatelang auf Hilfen warteten oder in bürokratischen Sackgassen strandeten, flossen die Millionen wie ein unendlicher Champagnerstrom zu den Großen. Die großen Konzerne hatten die besten Anwälte und Steuerberater, um die Fördertöpfe effizient anzuzapfen. Kleine Betriebe hatten dagegen oft nicht einmal das Kleingeld, um die Formulare auszufüllen.

Und wie reagiert die Regierung auf die Kritik? Mit einem Schulterzucken. Schließlich ist es so viel einfacher, große Unternehmen zu „retten“, die ohnehin eine starke Lobby besitzen, als sich mit den Problemen der kleinen Leute herumzuschlagen.

Die moralische Insolvenz des Systems

Der Rechnungshof hatte bereits während der Pandemie lautstark kritisiert, dass viele Hilfszahlungen völlig aus dem Ruder liefen. Aber wer hört schon auf Mahnungen, wenn man gerade mit vollen Händen Geld verteilt? Es war eine Umverteilung von unten nach oben in einer beispiellosen Dimension. Und jetzt, 2024, setzt sich dieses groteske Schauspiel fort. Der Staat subventioniert Gewinne, Dividenden und Multimilliardäre, während Schulen verfallen, Pflegekräfte überarbeitet sind und Millionen Menschen nicht wissen, wie sie ihre Heizkosten bezahlen sollen.

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Das Ganze wirkt wie ein makabres Schauspiel, bei dem der Staat sich als großzügiger Wohltäter inszeniert, während er gleichzeitig soziale Ungerechtigkeit weiter zementiert.

Schluss mit lustig – oder

Was bleibt, ist die bittere Erkenntnis: In Deutschland wird nicht nur die soziale, sondern auch die finanzielle Schere immer größer. Die Pandemie hätte eine Gelegenheit sein können, Solidarität und Gerechtigkeit zu fördern. Stattdessen wurden Milliarden verpulvert, ohne nachhaltige Effekte zu erzielen. Große Konzerne lachen sich ins Fäustchen, während die Gesellschaft mit den Folgen der Krise allein gelassen wird.

Doch ändern wird sich vermutlich nichts. Denn, wie schon der Volksmund weiß: „Wir haben es ja!“


Quellen und weiterführende Links

  1. Bundesrechnungshof: „Bericht über Corona-Hilfen und Missstände“, 2024.
  2. Der Spiegel: „Warum große Konzerne von der Pandemie profitiert haben“, Artikel vom Oktober 2024.
  3. Die Zeit: „Corona-Hilfen: Eine Chronik der Überförderung“.
  4. FAZ: „Milliarden für Millionäre – Die absurde Verteilung der Staatshilfen“.
  5. Novomatic Geschäftsbericht 2023: „Ein Jahr voller Rekorde – Dank Steuergeldern?“.
  6. Flughafen Wien AG: Aktionärsbericht 2023/24.
  7. taz: „Die Seilbahnlobby – Auf Erfolgskurs dank Steuergeld“.
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