
Warum Fortschritt auch rückwärts funktionieren kann
Endlich! Nach Jahrzehnten der selbstauferlegten humanitären Kastration wagt sich Europa wieder an die wirklich wichtigen Fragen des militärischen Fortschritts. Litauen hat es vorgemacht, nun denkt Polen darüber nach, den feuchten Träumen alter Generalstäbe neue Realität zu verleihen: Landminen und Streumunition als legitime Mittel zur nationalen Selbstverwirklichung. Denn, so erklärt es Polens Regierungschef Donald Tusk mit feurigem Pathos: Man müsse jede Möglichkeit zur Verteidigung nutzen! Ein Satz, der klingt, als hätte er sich gerade selbst in den Uniformrock eines Napoleon hineinmetamorphisiert.
Lange genug hatten sich Gutmenschen, Menschenrechtsgruppen und andere „Naivlinge“ mit ihren Moralpredigten gegen die hochentwickelte Kunst des Verstümmelns gewandt. Sie sprachen von Dingen wie „kollateralen Schäden“, von Bauernkindern, die auf dem Heimweg ihre Beine einbüßen, oder von ungezählten, blind durch die Lande irrenden Sprengkörpern, die noch Jahre nach einem Konflikt willkürlich explodieren. Doch nun dürfen wir endlich wieder pragmatisch sein! Eine Mine, die Jahrzehnte auf ein Ziel wartet, ist schließlich eine wahre Investition in die Zukunft. Und wenn schon eine Nation keine guten Rentensysteme zu bieten hat, so kann sie wenigstens verlässliche Tretfallen hinterlassen.
Humanismus ist Luxus, den sich Kriegswirtschaft nicht leisten kann
Man möchte sich fragen, was dieser verirrte Humanismus die letzten Jahrzehnte überhaupt gebracht hat. Die Hoffnung auf eine zivilisierte Welt? Pff. Frieden? Sieht man ja, wohin das geführt hat! Wozu sich also mit überkommenen Idealen wie der Genfer Konvention oder gar dem gesunden Menschenverstand belasten, wenn man sich stattdessen endlich wieder auf das Wesentliche konzentrieren kann: die Kunst des Krieges!
Und wo, wenn nicht in Polen, dem Land mit einer langen Tradition als europäisches Schachbrett der Geopolitik, wäre diese Renaissance des Sprengstoffs besser aufgehoben? Wo doch der westliche Nachbar Deutschland allzu lange im Friedensmief verweilte, stets larmoyant mahnt und mit weichen Waffenlieferungen nervt. In Polen hingegen kehrt die Realpolitik zu ihren Wurzeln zurück: Minen und Streumunition sind nicht nur pragmatisch, sie sind auch eine Art kollektive Versicherung – nach dem Motto: Wer uns nicht will, soll uns wenigstens nicht unbeschadet betreten können.
Universaldienstpflicht – weil auch der Frieden militärische Übung braucht
Doch damit nicht genug! In einem mutigen Schritt Richtung Wehrhaftigkeit dürfen bald alle polnischen Männer – und auf Wunsch auch die Frauen! – eine militärische Ausbildung durchlaufen. Welch Fortschritt! Welch Gleichberechtigung! Endlich kann sich niemand mehr auf biologische Gegebenheiten oder gesellschaftliche Friedensillusionen herausreden. Die Moderne verlangt nach Schützengräben, und die Demokratie verpflichtet nun einmal alle gleichermaßen zum Exerzieren.
Und man mag sich ausmalen, welche Perlen zivilisatorischer Harmonie daraus erwachsen werden: Junggesellenabschiede mit echten Handgranaten, Management-Seminare mit Scharfschützen-Training und romantische Picknicks, bei denen die Panzerabwehrrakete gleich griffbereit liegt. Man stelle sich nur die Hochzeiten der Zukunft vor: Der Brautvater hält keine langweilige Rede mehr, sondern feuert zur Feier des Tages ein paar Salven gen Himmel.
Ein bisschen Vergangenheit hat noch niemandem geschadet
Vielleicht wird Polen damit sogar zum Trendsetter in Europa. Frankreich könnte seine Fremdenlegion zum Pflichtprogramm für Schulabgänger machen, Deutschland den Pazifismus offiziell abschaffen und Finnland seine Wehrpflicht auf Touristen ausweiten. Schließlich muss sich der alte Kontinent gegen eine zunehmend unsichere Welt wappnen. Und wer könnte das besser als Nationen, die bereits historisch bewiesen haben, dass Krieg eine wunderbare Möglichkeit ist, die Bevölkerungsdichte langfristig zu reduzieren?
Man könnte fast meinen, die Menschheit sei auf dem besten Wege, sich selbst ad absurdum zu führen. Doch wer braucht schon Humanismus, wenn es Landminen gibt? Und so schreiten wir entschlossen voran – zurück in eine Zukunft, die so aussieht wie das dunkle Kapitel, das wir eigentlich schon geschlossen hatten.