THE PUBIC WARS I

Eine Geschichte der Enthüllungen

Man stelle sich eine Zeit vor, in der das unscheinbare Schamhaar, jener zarte Schleier der Schöpfung, zum Gegenstand eines erbitterten Konflikts zwischen zwei der größten Kulturinstitutionen der Moderne avancierte. Nein, hier ist nicht die Rede von akademischen Debatten über die Bedeutung von Nacktheit in der bildenden Kunst. Hier geht es um die 1960er und 1970er Jahre in den Vereinigten Staaten, eine Epoche, in der nicht nur der Vietnamkrieg tobte, sondern auch ein anderer, weniger beachteter, aber nicht minder dramatischer Krieg: die Pubic Wars. Ein Konflikt so tiefgründig und symbolträchtig, dass man meinen könnte, es handele sich um eine Fortsetzung der punischen Kriege – diesmal allerdings nicht um die Vorherrschaft im Mittelmeer, sondern um die Kontrolle über die visuelle Darstellung des weiblichen Körpers. Es war die Ära der Männermagazine Playboy und Penthouse, deren erbitterter Kampf um nackte Vorherrschaft in den Bildschirmen, oder besser gesagt, auf den Bettkästen von Millionen von Männern ausgetragen wurde.

Hugh Hefner, der selbsternannte Kaiser des guten Geschmacks, erblickte das Schlachtfeld zuerst und erkannte, dass die feine Linie zwischen Erotik und Pornografie die Grenze markierte, die es zu verschieben galt. Die Gesellschaft war gespalten: Auf der einen Seite jene, die sich nach „Kunst“ sehnten, auf der anderen Seite diejenigen, die schlichtweg „alles sehen“ wollten. Doch Hefner wusste, dass ein Hauch von Raffinesse und das Fehlen eines Haares den Unterschied machen konnten. Und so begannen die Schamkriege, in denen die Moral über die Dichte des Schamhaars zu bröckeln begann.

Eine Frage des Geschmacks

Lassen Sie uns zu Beginn festhalten, dass Hugh Hefner kein gewöhnlicher Unternehmer war. Er verstand sich vielmehr als eine Art kultureller Eroberer, der das „gute Leben“ in allen Facetten propagierte. Die Playboy-Bunnys waren in seiner Vision keine nackten Frauen – nein, sie waren vielmehr Symbole eines neuen, aufgeklärten Lebensstils, in dem Jazz, Zigarren und Cocktailpartys den Puls der Zeit bestimmten. Es handelte sich um eine visuelle Ideologie der „sanften“ Erotik, bei der das, was man nicht sah, fast wichtiger war als das, was enthüllt wurde.

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Natürlich lag der Erfolg von Playboy nicht darin, dass man sich für Jazz und Zigarren interessierte. Vielmehr lag er im klugen Spiel mit den Grenzen der Sittsamkeit. Die Models posierten lasziv, aber nie vulgär, und der Fokus lag darauf, den Anschein zu erwecken, dass Nacktheit in einem intellektuellen Kontext etwas durchaus Nobles sei. Kein Schamhaar durfte zu sehen sein. Diese waren verpönt – nicht aus ästhetischen Gründen, sondern weil sie die amerikanische Prüderie herausgefordert hätten. Denn im Amerika der 1950er und 1960er Jahre herrschte eine stille Einigkeit darüber, dass Nacktheit akzeptabel war, solange sie den Anstand nicht verletzte. Und dieser Anstand endete, so die ungeschriebene Regel, exakt am Ansatz des Schamhaars.

Hefner wusste, dass er diesen Graben nicht überschreiten durfte. Playboy war ein Hochglanzprodukt, das in den Wohnzimmern der Vorstadtmänner lag, direkt neben dem Time Magazine und dem Reader’s Digest. Der gepflegte Mann konnte in den Playboy schauen und sich der Illusion hingeben, dass er nicht nur ein lüsterner Voyeur, sondern auch ein Kunstkenner war. Ein bisschen Nacktheit, ein bisschen Feuilleton, und schon fühlte man sich erleuchtet. Doch wehe, jemand hätte das Schamhaar entdeckt – die Illusion wäre dahin.

Mit Haaren gegen den Anstand

Doch dann kam Bob Guccione, der Herausgeber des Penthouse-Magazins, der sich entschlossen hatte, Hefners heilige Regel zu brechen. Guccione erkannte, dass die Gesellschaft sich in einem Wandel befand – die 1960er und 1970er Jahre brachten soziale Umwälzungen, Proteste, sexuelle Befreiung und eine wachsende Skepsis gegenüber den moralischen Standards der „guten alten Zeit“. Was war der Playboy in dieser neuen Ära? Ein altmodisches Relikt einer Zeit, in der man noch glaubte, dass Nacktheit ästhetisch sein müsse, um genossen zu werden.

Guccione hatte keine Lust auf Spielereien. Penthouse versprach mehr „Realismus“, und dieser Realismus bedeutete vor allem eines: mehr Haare. Der Anblick von Schamhaar wurde zu einer Art Manifestation der Aufrichtigkeit. Schamhaare waren in den Augen der aufmüpfigen Jugend kein Symbol der Scham mehr, sondern ein Zeichen der Authentizität. In einer Welt, in der alles zunehmend glatt poliert war – von den Vorstadtgärten bis zu den Fassaden der Politik – verkörperten Schamhaare das wahre, rohe Leben.

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Die Leser von Penthouse wollten keine Illusionen mehr, sie wollten „die Wahrheit“. Sie wollten keine intellektuellen Artikel, die nur dazu dienten, die eigentliche Attraktion des Magazins zu verschleiern. Sie wollten keine „Bunnys“, die sich kokett hinter dem Schleier der Hochglanzfotografie versteckten. Sie wollten nackte, ungeschönte Realität, mit allem, was dazugehört – und das bedeutete Haare. Schamhaare.

Guccione spielte dabei geschickt mit der Provokation. Er wusste, dass jedes Haar, das in seinem Magazin sichtbar wurde, nicht nur ein Tabubruch war, sondern auch ein Affront gegen Hefner und dessen Moralvorstellungen. Und die Leser liebten es. Penthouse bot ihnen das, was Playboy ihnen vorenthielt: den Blick hinter den letzten Schleier. Schamhaare wurden zu einem Symbol der Rebellion – und Guccione zum Helden dieser Revolution.

Der Glanz verblasst

Doch wie bei allen Kriegen kam auch bei den Pubic Wars irgendwann der Punkt, an dem beide Seiten ihre Unschuld verloren. Was als raffinierter Wettbewerb um die Grenze des guten Geschmacks begonnen hatte, endete in einem plumpen Wettrüsten um immer explizitere Bilder. Die Magazine überschritten schließlich jene feine Linie, die sie ursprünglich bewahren wollten. Playboy, das einst die kulturelle Elite ansprach, mutierte zu einem Relikt einer vergangenen Ära. Penthouse, das für seine Authentizität gefeiert wurde, verkam zu einem billigen Abklatsch dessen, was es einst versprach. Die Schamkriege hatten ihre Helden zerstört.

Am Ende verblieben beide Magazine als Symbol einer untergehenden Ära. Mit der Liberalisierung der Medien und der zunehmenden Akzeptanz von Pornografie verloren sie ihre Daseinsberechtigung. Das Schamhaar, einst das Schlachtfeld einer großen moralischen Auseinandersetzung, wurde bedeutungslos. Die Menschen hatten sich an alles gewöhnt – die Aufregung war verflogen. Was einst eine Tabugrenze war, wurde zu einem bloßen Detail, kaum mehr der Rede wert.

Die Moral von der Geschichte

Die Schamkriege mögen heute wie ein kurioses Kapitel der Kulturgeschichte erscheinen, doch sie erzählen uns etwas Grundlegendes über den ewigen Konflikt zwischen Moral und Kommerz, zwischen Kunst und Voyeurismus, zwischen Illusion und Realität. Sie zeigen, wie leicht sich Menschen manipulieren lassen, wenn es darum geht, die Grenze des guten Geschmacks immer ein Stückchen weiter zu verschieben. Und sie erinnern uns daran, dass auch die größten Kämpfe irgendwann ihre Bedeutung verlieren – selbst wenn es nur um ein paar Haare geht.

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In diesem Sinne: Die Schamkriege mögen vorbei sein, aber die Illusionen, die sie schufen, begleiten uns noch immer.


Quellen und weiterführende Links

  1. Friedman, W. (2009). „The Other Wars: A History of the Pubic Wars“. Journal of Cultural Studies.
  2. Guccione, B. (1972). „Penthouse and the American Dream“. Penthouse Press.
  3. Hefner, H. (1967). „On Nudes and Nobility“. Playboy Editions.
  4. Steinem, G. (1983). „The Playboy Philosophy Revisited“. Feminist Journal.

Tja, und wenn es irgendwann so weit ist, dass diese „Schlacht“ mal wirklich in den Geschichtsbüchern steht, können wir uns nur noch an den Kopf fassen und lachen – oder auch nicht.

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