
Europa hat eine neue Leidenschaft entdeckt. Nein, nicht Wein, nicht Käse, nicht einmal den Eurovision Song Contest. Es ist eine alte Liebe, eine mit Pulverdampf getränkte Romanze: die Aufrüstung. Zwischen 2020 und 2024 stiegen die Rüstungsgüterimporte der europäischen NATO-Staaten um schwindelerregende 105 Prozent. Endlich! Der Kontinent, einst bekannt für seine dekadente Friedensmüdigkeit, zeigt wieder Kampfgeist – wenn auch nur an der Kasse.
In Waffen wir vertrauen
Besonders erfreulich ist dabei die wachsende transatlantische Partnerschaft. Die Vereinigten Staaten, die jahrzehntelang befürchteten, ihre europäischen Partner könnten eines Tages auf eigene Beine stehen, können nun beruhigt aufatmen. Der Anteil der US-Waffen an Europas Importen ist von 52 auf satte 64 Prozent gestiegen. Damit wird bewiesen, dass Europa sehr wohl in der Lage ist, große Entscheidungen zu treffen – solange sie in Washington abgesegnet wurden.
Europas Rüstungsdrache erwacht
Die Ukraine hat sich in kürzester Zeit vom Exporteur für IT-Talente und Sonnenblumenöl zur europäischen Speerspitze der Aufrüstung entwickelt. 8,8 Prozent aller weltweiten Waffenimporte gingen allein an Kiew. Welch ein Erfolg für eine Nation, die vor nicht allzu langer Zeit noch glaubte, Diplomatie und internationale Verträge könnten gegen einen revisionistischen Nachbarn helfen. Nun lernt sie, dass es in der freien Welt nur eine Sprache gibt, die verstanden wird: die Sprache des Kalibers.
Von der Friedensdividende zur Kriegsrendite
Die europäischen Rüstungskonzerne, einst belächelt als Relikte des Kalten Krieges, erleben eine Renaissance. Während die einen über Inflation, Klimawandel und soziale Ungleichheit jammern, blüht eine Branche auf, die für wahre Werte steht: Raketensysteme, Kampfpanzer und Drohnenschwärme. Und während europäische Haushalte mit Energiepreisen kämpfen, explodieren andere Preise – für Präzisionsmunition etwa. Aber seien wir ehrlich: Wer braucht schon Gas, wenn man Hyperschallraketen hat?
Zukunftssicherheit durch Kriegswirtschaft
Wie wunderbar es doch ist, endlich wieder Prioritäten zu setzen! Während in Klassenzimmern die Heizungen heruntergedreht werden, um Gas zu sparen, während Krankenhäuser mit Personalmangel kämpfen und öffentliche Infrastruktur verrottet, sorgt die neue militärische Großzügigkeit für Hochkonjunktur in der Rüstungsindustrie. Investitionen in Bildung und Soziales sind gut und schön – aber was nützt Bildung, wenn es keinen sicheren Planeten gibt, auf dem man sie anwenden kann?
Frieden war gestern
Vorbei die Zeiten, in denen sich Europa mit weichgespülten Friedensappellen begnügte. Sicherheit durch Diplomatie? Wie lächerlich! Der Frieden der Zukunft wird nicht durch Verträge gesichert, sondern durch eine möglichst große Anzahl von Sprengköpfen. Was sind schließlich 75 Jahre relativer Stabilität gegen die aufregende Perspektive, wieder einmal an vorderster Front eines Weltkonflikts zu stehen?
Fazit: Der europäische Kontinent hat seine wahre Berufung wiederentdeckt. Der industrielle militärische Komplex wird die europäische Wirtschaft retten, und mit ein wenig Glück wird der nächste Weltkrieg die Arbeitslosigkeit endgültig lösen. Also, liebe Europäer: Kauft Waffen, solange es noch was zu kaufen gibt! Die Zukunft gehört den Wohlgerüsteten.