Österreich im freien Fall

Die Alpenrepublik als globales Vorbild – für wen eigentlich?

Es gibt Länder, die man mit Eleganz und Stolz betrachtet, während sie an der Spitze von Rankings thronen. Und dann gibt es Österreich. Einst eine leuchtende Perle europäischer Integrität (na gut, zumindest in unserer Eigenwahrnehmung), heute eine Art Schmiermittel der politischen Landschaft, das vor allem dazu dient, die ohnehin schon glitschigen Pfade der Macht noch rutschiger zu gestalten. Rang 25 im Korruptionswahrnehmungsindex! Was für eine Ehre, so tief gesunken zu sein, dass man nicht mehr nur den Skandinaviern beim Saubermann-Dasein zuschauen muss, sondern mittlerweile sogar den Griechen und Esten hinterherhechelt. Ein patriotischer Tiefschlag sondergleichen.

Vom Glanz vergangener Tage zu den Abgründen der Gegenwart

Es gab eine Zeit, in der Österreichs Politiker ihren Machenschaften wenigstens noch den Anschein von Seriosität gaben. Schmiergeldzahlungen liefen diskret, Postenschacher wurde mit sanften Handshakes in Hinterzimmern geregelt und Interventionen waren eine Frage der Ehre. Heute hingegen scheint man nicht einmal mehr den Anstand zu haben, sich richtig zu tarnen. Plumpheit ist die neue Effizienz: Chatrverlauf hier, Ibiza-Video dort, eine staatsanwaltschaftliche Hausdurchsuchung dazwischen – die nationale Polit-Soap hat mehr Staffeln als jede Netflix-Serie.

Wie sich Österreich konsequent selbst demontiert

Wenn ein Land sich im Korruptionsranking so beharrlich nach unten arbeitet, dann ist das nicht einfach Pech – das ist knallharte Teamarbeit! Man stelle sich vor: ein Netzwerk, in dem jeder jeden kennt, wo Freundschaften nicht durch gemeinsame Werte, sondern durch Gefallen und wechselseitige Abhängigkeiten definiert sind. Wer etwas will, muss jemanden kennen. Wer jemanden kennt, hat Chancen. Und wer selbst nichts kann, hat immerhin gute Karten, solange er das Vertrauen der richtigen Personen genießt.

Dabei ist das System wunderbar selbstregulierend: Sollte einmal jemand aus dem inneren Zirkel durch Zufall auffliegen (wir denken an diverse unschöne Chats oder Steuervermeidungstricks), springt das wohlgeölte Netz sofort zur Rettung ein. Ein gut dotierter Job in der Privatwirtschaft oder ein wohldosierter Rückzug ins „Private“ – und schon sind die Sünden der Vergangenheit ein Fall für die Geschichtsbücher.

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Wer kontrolliert hier wen?

Es wäre eine Schande, von Korruption zu sprechen, ohne die Rolle der Medien zu beleuchten. Pressefreiheit ist schön und gut, aber was, wenn es doch so viel einfacher wäre, kritische Berichterstattung durch freundliche Inserate zu ersetzen? Ein paar Millionen hier, ein nettes Interview dort – und schon sieht die Berichterstattung nicht mehr ganz so besorgniserregend aus. Österreich hat das Prinzip der „freundlichen Berichterstattung“ auf ein neues Level gehoben. Wer sich auf den Redaktionsseiten unbeliebt macht, bekommt schneller eine „wirtschaftlich motivierte Neuausrichtung“ serviert als der Kellner den Wiener Schnitzel-Teller.

Keine Generalstaatsanwaltschaft? Kein Problem!

Transparency International zeigt sich alarmiert, weil Österreich keine unabhängige Generalstaatsanwaltschaft hat. Doch warum sollte man ein System grundlegend verbessern, das doch eigentlich ganz hervorragend funktioniert – für jene, die davon profitieren? Die Strafverfolgung von Korruption bleibt ein wackeliger Balanceakt zwischen politischem Einfluss und juristischer Schwerkraft. Es geht eben nicht um Recht und Gerechtigkeit, sondern um den richtigen Zeitpunkt für taktische Skandale und die Verjährung problematischer Vergehen.

Was lernen wir daraus?

Vielleicht sollten wir es positiv sehen: Österreich ist ein Land, das in puncto Korruption über sich hinauswächst. Während andere Länder mühsam an Transparenz arbeiten, bleibt Österreich sich treu und perfektioniert das, was es am besten kann: die Kunst der freundschaftlichen Bereicherung. Doch immerhin gibt es auch Hoffnung: Wer sich in den letzten Jahren an die Abwärtsbewegung gewöhnt hat, wird sich eines Tages vielleicht freuen, wenn Österreich die Top 30 wieder verlässt – nach unten hin versteht sich.

Prost Mahlzeit!

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