
Eine neue Interpretation
Das Motto von Mercedes-Benz, dieser einst glanzvollen Krone deutscher Ingenieurskunst, hat eine frappierend neue Bedeutung erhalten. „Das Beste oder nichts“ klang früher wie das selbstbewusste Credo eines Unternehmens, das Luxus neu definierte. Heute jedoch, in der Ära von Sparprogrammen, klingt es eher wie eine Drohung: entweder Spitzenklasse oder absolute Leere. Und wenn man dem Manager Magazin glauben darf, dann nähert sich der Autobauer mit rasender Geschwindigkeit Letzterem – fünf Milliarden Euro will man einsparen, die Hälfte schon bis 2025. Das Beste? Eher nichts.
Wie praktisch, dass sich ein Sprecher des Unternehmens auf die noble Tradition beruft, solche Zahlen unkommentiert zu lassen. Keine Zahlen, keine Probleme, so das Prinzip. Wer braucht schon Transparenz, wenn die Hauptsache ist, dass der Stern weiterhin leuchtet – auch wenn er heimlich am Pfandautomaten vorbeischaut?
Das Sparen als neues Statussymbol
„Luxus ist, was man nicht hat“, könnte das neue Mantra von Mercedes-Benz lauten. Denn was wirkt mondäner, als ein Auto zu fahren, das nicht nur teuer ist, sondern von einem Hersteller stammt, der derart visionär ist, dass er schon heute an den Milliarden spart, die er übermorgen vielleicht gar nicht mehr hätte? Sparen ist das neue Haben. Es ist die konsequente Weiterentwicklung einer Gesellschaft, die sich längst daran gewöhnt hat, dass Verzicht auch eine Form von Stil ist.
Natürlich spart man bei Mercedes nicht an den Dingen, die wirklich zählen: nicht an den SUVs, die größer als je zuvor sind, nicht an den prestigeträchtigen Showrooms, in denen man die Zukunft der Mobilität bestaunen kann, während die Gegenwart zunehmend wackelig wird. Nein, gespart wird an der Peripherie: an Jobs, an Produktionsstandorten, an Innovationen, die zwar kosten, aber vielleicht nichts bringen – so wie E-Fuels, für die nur Politiker und Oldtimer-Liebhaber noch brennen.
Eine Zahl, die keiner verstehen muss
Fünf Milliarden Euro – eine Summe, die in den Köpfen der meisten Menschen irgendwo zwischen unfassbar und irrelevant schwebt. Was bedeutet das konkret? Wie viele Arbeitsplätze, wie viele Standorte, wie viele Innovationen sind das? Mercedes-Benz gibt sich schweigsam, vielleicht weil es selbst nicht genau weiß, wo diese Milliarden eigentlich eingespart werden sollen.
Die Wahrheit ist: Solche Zahlen haben keinen Bezug zur Realität des Durchschnittsbürgers. Sie existieren in einer Parallelwelt aus Excel-Tabellen und PowerPoint-Präsentationen, in denen „Effizienzsteigerung“ und „Restrukturierung“ magische Formeln sind, die alles lösen – zumindest solange, bis die Presse nachfragt. Doch wer braucht Antworten, wenn man stattdessen schweigen und hoffen kann, dass die Konkurrenz ebenfalls stolpert?
Das Märchen vom ewigen Stern
Mercedes-Benz hat immer gerne Geschichten erzählt: von luxuriösen Reisen, von Innovationen, von der „Faszination Auto“. Doch das Märchen vom ewigen Stern verblasst zunehmend, und die Realität drängt sich auf. Die Realität, in der Kunden sich fragen, warum sie für das Basismodell eines Autos mehr bezahlen sollen als für ein Eigenheim. Die Realität, in der Tesla die Zukunft definiert, während Mercedes weiterhin über „Effizienzpakete“ nachdenkt.
Aber keine Sorge, liebe Kunden! Auch in der Krise bleibt Mercedes sich treu. Die Autos werden weiterhin glänzen, die Sitze werden weiterhin aus hochwertigem Leder sein, und das Lenkrad wird noch immer so angenehm in der Hand liegen, dass man fast vergisst, wie wenig Innovation tatsächlich unter der Haube steckt. Hauptsache, der Stern strahlt – zur Not auch als Hologramm.
Der neue Luxus
Mercedes-Benz steht nicht alleine da. Die gesamte Autoindustrie kämpft mit den Herausforderungen der Transformation: Elektromobilität, Digitalisierung, nachhaltige Produktion. Doch während andere versuchen, mit ambitionierten Visionen nach vorne zu schauen, scheint Mercedes einen anderen Weg zu gehen. Warum in die Zukunft investieren, wenn man stattdessen die Vergangenheit feiern kann?
Die fünf Milliarden Euro, die bis 2027 eingespart werden sollen, sind dabei nur ein Symbol. Sie stehen für die neue Bescheidenheit des deutschen Premiumsegments, für die Kunst, den Kunden ein Maximum an Prestige zu verkaufen, während im Hintergrund die Kosten minimiert werden.
Vielleicht wird der nächste Werbeslogan lauten: „Mercedes-Benz – Luxus für die, die nichts merken.“
Vom Stern zur Glühbirne
Was bleibt von Mercedes-Benz, wenn das große Sparen vorbei ist? Vielleicht ein Unternehmen, das sich radikal neu erfunden hat – oder eines, das nur noch als Schatten seiner selbst existiert. Vielleicht aber auch eine Glühbirne: immer noch leuchtend, aber weit entfernt von der Strahlkraft, die einst ein Weltkonzern definierte.
Eines ist sicher: Der Stern, so wie wir ihn kennen, wird in den nächsten Jahren eine Metamorphose erleben. Ob er danach noch genauso hell leuchtet – oder ob er überhaupt noch leuchtet –, das ist die große Frage. Doch in einer Welt, in der selbst der Weihnachtsbaum aus Plastik sein darf, wird vielleicht auch der Stern aus Sparsamkeit bestehen.